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Legalize it<br />

Regulierung des Cannabis-Marktes:<br />

Der Fahrplan steht!<br />

SF. Im Herbst 1999 wird der Bundesrat<br />

den Entwurf des teilrevidierten Betäubungsmittelgesetzes<br />

(BetmG) in die Vernehmlassung<br />

schicken – endlich! Parteien,<br />

Kantone, Fachverbände und weitere<br />

Interessierte werden danach drei Monate<br />

Zeit haben, ihre Antworten einzureichen.<br />

Zu Beginn des nächsten Jahres wird der<br />

Bundesrat aufgrund der Antworten den<br />

neuen Gesetzesentwurf ins Parlament<br />

übergeben, welches etwa im Sommer<br />

2000 entscheiden wird. Sollten rechtsbürgerliche<br />

und stockfromme Kreise das<br />

Referendum ergreifen – was zu erwarten<br />

ist – wird das Volk wohl im Frühjahr 2001<br />

entscheiden – hoffentlich positiv (!), so<br />

dass das neue Gesetz im Verlaufe des Jahres<br />

2001 oder zu Beginn des Jahres 2002 in<br />

Kraft treten könnte. Doch was wird es<br />

beinhalten?<br />

Zwei fundierte Berichte sind in den letzten<br />

Monaten erstellt und veröffentlicht<br />

worden: Einer von der Eidgenössischen<br />

Drogenkommission im Auftrag des Bundesamtes<br />

für Gesundheit und einer von<br />

Prof. Dr. iur. Guido Jenny vom Institut<br />

für Strafrecht und Kriminologie der Universität<br />

Bern im Auftrag der nationalrätlichen<br />

Kommission für Gesundheit und<br />

soziale Sicherheit. Beide Berichte gehen<br />

in dieselbe Richtung: Entkriminalisierung<br />

des Konsums sämtlicher Drogen<br />

sowie die Einführung eines Opportunitätsprinzips<br />

nach holländischem<br />

Muster für den Handel mit Cannabis!<br />

Zudem sollen die Höchststrafen bei<br />

Drogenvergehen verkürzt werden auf<br />

maximal zehn statt wie bisher zwanzig<br />

Jahre Zuchthaus. Die Mindeststrafe bei<br />

sogenannten «schweren Fällen» soll von<br />

einem Jahr auf sechs Monate reduziert<br />

werden. Damit würden künftige Drogenurteile<br />

eher im Rahmen liegen von<br />

Urteilen bei Verbrechen gegen Leib und<br />

Leben, als dies heute der Fall ist, wo (meist<br />

selber abhängige) Drogenhändler häufig<br />

härter bestraft werden als Totschläger!<br />

Professor Jenny schreibt in seinem Bericht:<br />

«Ein strafrechtliches Verbot eines<br />

(möglicherweise) selbstgefährdenden Verhaltens<br />

widerspricht den grundlegenden<br />

Wertentscheidungen einer freiheitlich verfassten<br />

Rechtsordnung und damit der legitimen<br />

Funktion, die ein auf eine solche<br />

Ordnung verpflichtetes Strafrecht haben<br />

kann.… Die Mortalitäts-, Morbiditätsund<br />

Verelendungsrisiken Abhängiger gehen<br />

zu einem hohen Anteil nicht auf das Konto<br />

des Drogenkonsums als solchen, sondern<br />

werden in dem bestehenden Ausmass gerade<br />

erst und nur durch die Kriminalisierung<br />

geschaffen.» Leider ist mit der Legalisierung<br />

des Konsums nach wie vor nicht<br />

geklärt, woher die Konsumierenden und<br />

Süchtigen ihren Stoff erhalten sollen.<br />

Trotzdem ist es ein vernünftiger Schritt,<br />

der getan werden müsste!<br />

Balsam auf die Seelen der BetreiberInnen<br />

von Hanfläden und Hanfgärtnereien ist<br />

der neu vorgesehene Artikel 19c des<br />

BetmG: «Der Bundesrat erlässt nach Anhörung<br />

der Kantone Bestimmungen über<br />

die Strafverfolgung wegen strafbarer Handlungen,<br />

welche Betäubungsmittel des Wirkungstyps<br />

Cannabis betreffen. Diese können<br />

vorsehen, dass von polizeilichen Ermittlungen,<br />

der Strafverfolgung, der Überweisung<br />

an das Gericht oder der Bestrafung<br />

abzusehen ist, wenn der Täter entweder<br />

Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis<br />

in geringen Mengen an Personen<br />

über 16 Jahren abgibt oder verkauft, auch<br />

wenn dies gewerbsmässig geschieht, sofern<br />

dadurch die öffentliche Ordnung nicht<br />

gestört und keine Werbung betrieben wird,<br />

oder… wer Cannabis in grösseren Mengen<br />

anbaut, herstellt, erwirbt oder lagert.»<br />

Hanf wird zwar immer noch zu unrecht<br />

als Betäubungsmittel bezeichnet; wesentlicher<br />

aber ist der neue Umgang mit unserem<br />

guten Kraut!<br />

Wenn dieser Gesetzesentwurf die Vernehmlassung,<br />

die parlamentarische Debatte<br />

und schliesslich die Volksabstimmung<br />

übersteht sowie der Bundesrat<br />

gleich nach der Abstimmung eine «Cannabis-Verordnung»<br />

beschliesst, haben wir<br />

eine fortschrittlichere Rechtspraxis als die<br />

Holländer, deren Grosshandel und Anbau<br />

nicht erlaubt ist! Interessant ist, dass die<br />

Eidgenössische Drogenkommission einstimmig<br />

die Regulierung über die Lizenzierung<br />

verlangt, also das «Legalitätsprinzip»,<br />

wie es die Schweizer Hanf-Koordination<br />

in ihrem Regulierungs-Modell<br />

vorgeschlagen hat. Da aber der Kommission<br />

bewusst ist, dass aus politischen<br />

Gründen das «Legalitätsprinzip» kaum<br />

Chancen hat, empfiehlt sie die Einführung<br />

des «Opportunitätsprinzips»,<br />

welches mit den internationalen Vereinbarungen<br />

von 1961 vereinbar wäre – wie<br />

es uns eben die Holländer schon seit über<br />

zwanzig Jahren vormachen.<br />

Nach Jahren des politischen Kampfes für<br />

die Legalisierung, nach Jahren der Hoffnung<br />

auf baldige Änderung der Gerichtspraxis<br />

und der Gesetze, nach Jahren der<br />

sinnlosen Verfolgung von zehntausenden<br />

Cannabis-KonsumentInnen scheint die<br />

Entkriminalisierung des Konsums und<br />

die Regulierung des Handels in greifbare<br />

Nähe gerückt zu sein.Viele Signale stehen<br />

auf grün, die Zeit scheint endlich, endlich<br />

reif zu sein! Doch vergessen wir dabei<br />

nicht, dass rechtsbürgerliche Politiker es<br />

von Zeit zu Zeit schaffen, die Mehrheit<br />

des Stimmvolkes auf ihre Seite zu ziehen,<br />

wie es jüngst die Abstimmung über die<br />

Mutterschaftsversicherung gezeigt hat. Es<br />

ist damit noch nicht an der Zeit, das<br />

Engagement aufzugeben und sich befriedigt<br />

gegenseitig auf die Schultern zu klopfen<br />

– dieser Zeitpunkt ist erst gekommen,<br />

wenn das skizzierte neue Betäubungsmittelgesetz<br />

die Hürde der Volksabstimmung<br />

genommen hat. Dann sollten wir aber ein<br />

Fest feiern, welches uns noch Jahrzehnte<br />

in Erinnerung bleiben wird!<br />

thuner hanfblatt<br />

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