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Kreatives Schreiben und narrative Ansätze in der ... - DGSF

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Mathias Klasen<br />

persönlichen Kontakt eher zurückhalten, stellt das <strong>Schreiben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> schriftbasierten<br />

Onl<strong>in</strong>eberatung e<strong>in</strong>e Art Brücke dar, e<strong>in</strong> erster Schritt auf e<strong>in</strong>em Weg, sich<br />

Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung zu suchen.<br />

Bislang haben we<strong>der</strong> die Systemische Gesellschaft (SG) noch die Deutsche<br />

Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung <strong>und</strong> Familientherapie (<strong>DGSF</strong>)<br />

das Thema systemische Onl<strong>in</strong>eberatung <strong>in</strong>haltlich <strong>und</strong> fachlich öffentlich aufgegriffen.<br />

Seit 2005 gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DGSF</strong> die Fachgruppe »Systemische Onl<strong>in</strong>eberatung«;<br />

e<strong>in</strong>e f<strong>und</strong>ierte Ausbildung beziehungsweise Weiterbildung <strong>in</strong> systemischer<br />

Onl<strong>in</strong>eberatung wird jedoch bis heute nicht angeboten.<br />

Mit diesem Artikel möchte ich die Kasuistik-Initiative <strong>der</strong> Kontext-Herausgeber<br />

aufgreifen <strong>und</strong> anhand e<strong>in</strong>er Falldarstellung aus dem Bereich <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>eberatung<br />

e<strong>in</strong>en Dialog über systemische Konzepte <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Nutzen beziehungsweise<br />

<strong>der</strong>en Entwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>eberatung anregen. Vorstellen<br />

möchte ich den Fall e<strong>in</strong>er Klient<strong>in</strong> aus dem Projekt »pflegen-<strong>und</strong>-leben.de«,<br />

e<strong>in</strong>em Modellprojekt für pflegende Angehörige, bei dem ich als systemischer<br />

Berater <strong>in</strong> <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>eberatung tätig b<strong>in</strong>. Das theoretische Beratungskonzept von<br />

pflegen-<strong>und</strong>-leben.de basiert auf e<strong>in</strong>em systemischen <strong>und</strong> lösungsorientiertem<br />

Ansatz, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>eberatung durch psychoedukative Inhalte (z.B. Informationen<br />

zu psychischen Belastungen im Kontext <strong>der</strong> häuslichen Pflegesituation)<br />

sowie durch praktische Übungen zur Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>der</strong>ung (Entspannungs-/<br />

Achtsamkeitsübungen) <strong>und</strong> Schreibübungen aus dem Bereich des kreativen <strong>und</strong><br />

therapeutischen <strong>Schreiben</strong>s ergänzt wird.<br />

In <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>eberatung von pflegen-<strong>und</strong>-leben.de schreiben uns Angehörige<br />

von ihren Sorgen <strong>und</strong> Nöten, ihren Ängsten <strong>und</strong> von den vielfältigen <strong>und</strong> herausfor<strong>der</strong>nden<br />

Belastungen im Pflegealltag. Neben den körperlichen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anziellen<br />

Problemen s<strong>in</strong>d es vor allem die emotionalen Belastungen, von denen uns<br />

Angehörige <strong>in</strong> ihren Geschichten schreiben. Es s<strong>in</strong>d Geschichten von erwachsenen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> betagten Eltern <strong>und</strong> Konflikten, die sich aus den gelebten<br />

Rollen <strong>in</strong> diesem Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ergeben. Je nachdem, wie sich die Beziehung zu<br />

den Eltern früher gestaltet hat, wird meistens auch die Unterstützung <strong>der</strong> Eltern<br />

als e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit, als e<strong>in</strong>e Verpflichtung, als e<strong>in</strong> von Zuneigung<br />

getragenes Handeln o<strong>der</strong> eben auch als e<strong>in</strong>e große Belastung erlebt.<br />

Dies spiegelt sich <strong>in</strong> den Geschichten vieler Angehörigen deutlich wi<strong>der</strong>.<br />

Vertraute Vorstellungen von den Beziehungen <strong>und</strong> Rollen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie än<strong>der</strong>n<br />

sich, <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>eberatung begleite ich viele Angehörige Schritt für Schritt<br />

dabei, e<strong>in</strong>e neue, für sie gute Rolle <strong>in</strong> dem stattf<strong>in</strong>denden Beziehungswandel für<br />

sich zu f<strong>in</strong>den, zu beschreiben <strong>und</strong> zu gestalten. Im Dialog mit ihrer »schreibenden<br />

Stimme« begleite ich pflegende Angehörige dabei, »neue, alternative Erzähll<strong>in</strong>ien«<br />

(White, 2010, S. 65) zu entwickeln, die sich im Verlauf <strong>der</strong> Beratung<br />

immer mehr verdichten <strong>und</strong> den Angehörigen e<strong>in</strong>e neue Basis bieten, auf <strong>der</strong>en<br />

Gr<strong>und</strong>lage sie e<strong>in</strong>en für sich guten Umgang mit den Herausfor<strong>der</strong>ungen im<br />

Pflegealltag f<strong>in</strong>den können. In <strong>der</strong> Gestaltung dieser Erzähll<strong>in</strong>ien hat sich <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>satz des kreativen <strong>und</strong> therapeutischen <strong>Schreiben</strong>s als beson<strong>der</strong>s hilfreich<br />

152<br />

KONTEXT 44,2, S. 149 – 174, ISSN 0720-1079<br />

Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Gçtt<strong>in</strong>gen 2013

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