SERVICE - Actimonda krankenkasse
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Ausgabe 2/2013<br />
<strong>SERVICE</strong><br />
Beschäftigung von<br />
Schwerbehinderten<br />
Besondere Bedingungen<br />
10<br />
13<br />
16<br />
Die aktuellen Gleitzonenregelungen<br />
Berufsmäßigkeit kurzfristiger Beschäftigung<br />
Auslandstätigkeiten aus steuerlicher Sicht
EDITORIAL<br />
Fit für heute – fit für morgen!<br />
Josef Alt, Vorstand der<br />
actimonda <strong>krankenkasse</strong><br />
Kontakt<br />
actimonda <strong>krankenkasse</strong><br />
52047 Aachen<br />
Fon 0241/900 66-0<br />
Fax 0241/900 66-9100<br />
info@actimonda.de<br />
www.actimonda.de<br />
Weltweit sind die Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt. Die rasante<br />
Entwicklung auf den nationalen und internationalen Märkten zwingt die Wettbewerber<br />
dazu, bessere Produkte und Dienstleistungen schneller und günstiger anzubieten.<br />
Konsequente Kundenorientierung, modernste Fertigungstechnologie und flexible<br />
und mitarbeiterorientierte Arbeitsorganisation sind hierbei gefragt. Erfolg wird zunehmend<br />
bestimmt durch Flexibilität, Innovationsfähigkeit, Kreativität, Wissen und Erfahrung,<br />
Motivation und Engagement sowie Leistung und Lernvermögen.<br />
Viele Unternehmen haben längst erkannt, dass mehr denn je motivierte, gut qualifizierte<br />
und vor allem gesunde Mitarbeiter zum entscheidenden Produktions- und<br />
Wettbewerbsfaktor geworden sind.<br />
Lesen Sie mehr zu diesem und anderen Themen in unserer aktuellen Ausgabe.<br />
Ihre Fragen beantworten wir gern!<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ihr<br />
SCHWERPUNKT<br />
4 Beschäftigung von<br />
schwerbehinderten<br />
Menschen<br />
Bei der Beschäftigung schwerbehinderter<br />
Menschen müssen Sie wichtige<br />
gesetzliche Regelungen beachten.<br />
KURZ UND KNAPP<br />
3 Kurzmeldungen<br />
SCHWERPUNKT<br />
4 Beschäftigung von<br />
schwerbehinderten Menschen<br />
SOZIALVERSICHERUNG<br />
10 Aktuelle Regelungen bei<br />
Beschäftigungen in der Gleitzone<br />
13 Berufsmäßigkeit kurzfristiger<br />
Beschäftigungen<br />
14 Elterngeld und Elternzeit –<br />
aktuelle Regelungen<br />
15 Berechnung von AAG-Umlagen<br />
aus variablen Arbeitsentgeltbestandteilen<br />
STEUERRECHT<br />
16 Steuerliche Neuerungen bei<br />
Auslandsaufenthalten<br />
ARBEITSRECHT<br />
18 Aktuelle Urteile<br />
GESUNDHEIT IM BETRIEB<br />
19 Stressreport 2012<br />
20 Rundum gesund –<br />
25 Jahre Gesundheitszirkel<br />
SCHLUSSPUNKT<br />
22 Gesetzliche Renten sollen bis<br />
2026 um 36 Prozent steigen<br />
23 Neues zum Meldeverfahren,<br />
Vorschau, Impressum<br />
2 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
KURZ UND KNAPP<br />
+++ Fachkräftemangel steigt<br />
Der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen<br />
verringert die Zahl der Arbeitnehmer mit<br />
Fachausbildung nach mittlerem Bildungsabschluss.<br />
Während manche Branchen leicht<br />
auf ungelernte Kräfte ausweichen können,<br />
wird sich laut dem Institut für Arbeitsmarktund<br />
Berufsforschung (IAB) der Mangel bei<br />
Berufen im Handel, Handwerk und in der<br />
Sozial- und Gesundheitsbranche deutlich<br />
bemerkbar machen – hier kommt es dann<br />
auf die eigene Fachkräfteausbildung an.<br />
(http://bit.ly/SUU8mb)<br />
Angestellte wünschen sich Ruhe<br />
und Tageslicht im Büro<br />
Das Business-Netzwerk LinkedIn befragte 7.000 Fach- und Führungskräfte<br />
weltweit, wie die Mitarbeiterwünsche an den Büro-Arbeitsplatz der Zukunft<br />
aussehen. Bei den deutschen Teilnehmern steht an erster Stelle ein<br />
Büro ohne künstliche Lichtquellen (37 Prozent), gefolgt von Ruhe vor Kollegengesprächen<br />
(21 Prozent).<br />
Generell scheinen viele deutsche Arbeitnehmer von mehr Ruhe bei der<br />
Arbeit zu träumen. Auf dem dritten Rang landete der Wunsch nach einem<br />
„ruhigen Ort im Büro, der für ein kurzes Nickerchen geeignet ist“. International<br />
hingegen wünschten sich die Fach- und Führungskräfte am häufigsten<br />
einen Assistenten, der sie bei der täglichen Arbeit unterstützt – in<br />
Deutschland nur der viertbeliebteste Wunsch.<br />
In der Umfrage wurde darüber hinaus abgefragt, welche Technologien<br />
und Gegenstände in fünf Jahren den Büroalltag bestimmen beziehungsweise<br />
welche bis dahin verschwunden seien. Nahezu alle Befragten waren<br />
sich einig, dass die Zeit für Kassettenrekorder (85 Prozent), Faxgeräte<br />
und Rotationskarteien (jeweils 74 Prozent) abgelaufen ist. Auch Desktop-<br />
Computer (39 Prozent), Festnetztelefone (33 Prozent) und Visitenkarten<br />
(12 Prozent) sahen einige der Teilnehmer in den kommenden fünf Jahren<br />
vom Aussterben bedroht. Ein wenig Ironie dürfte bei jenen 55 Prozent<br />
dabei gewesen sein, die angaben, dass „geregelte Arbeitszeiten“ früher<br />
oder später aus dem Büroalltag verschwinden werden. Im Umkehrschluss<br />
antworteten 58 Prozent, dass „flexible Arbeitszeiten“ die Zukunft prägen<br />
werden, ebenso wie Smartphones (59 Prozent) und Video-Konferenzen<br />
(57 Prozent). International belegten das Cloud Computing und Tablet-PCs<br />
die Spitzenplätze, diese Trends lagen in Deutschland nur auf dem vierten<br />
und fünften Rang.<br />
Komplette Studie: http://bit.ly/WLQJXN<br />
+++ Neue Plattform für Auszubildende<br />
Auf www.yousty.de können Schüler Ausbildungsstellen<br />
in einem bestimmten<br />
Bundesland suchen, sich über potenzielle<br />
Ausbildungsbetriebe informieren und<br />
per Mausklick bewerben. Und auf www.<br />
yousty.de haben Unternehmen die Möglichkeit,<br />
sich den Ausbildungsplatz suchenden<br />
Schülern vorzustellen und den passenden<br />
Jugendlichen zu rekrutieren. Gleichzeitig<br />
können sich Schüler ein Bild des Unternehmens<br />
und den derzeitigen Azubis machen,<br />
denn diese präsentieren sich, ihre jeweiligen<br />
Berufsbilder sowie ihr Ausbildungsunternehmen<br />
auf der Plattform gleich selber.<br />
+++ Kürzung des Bundeszuschusses<br />
zum Gesundheitsfonds geplant<br />
Die Bundesregierung plant weitere Kürzungen<br />
bei den Zuweisungen in den Gesundheitsfonds<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV). Die als Bundeszuschuss<br />
deklarierten Zahlungen für sogenannte „versicherungsfremde<br />
Leistungen“ (insbesondere<br />
die beitragsfreie Familienversicherung)<br />
sollen zumindest teilweise der Sanierung<br />
des Bundeshaushaltes zum Opfer fallen.<br />
+++ Belästigungen im Job<br />
Europaweit berichtet knapp jede zweite<br />
Frau und jeder zehnte Mann von Anzüglichkeiten<br />
und Zudringlichkeiten im Job. Doch<br />
aus Scham oder Angst schweigen die meisten.<br />
Jodoch raten Experten: Auch wenn es<br />
schwerfalle, die Opfer sollten klare Grenzen<br />
ziehen und Zudringlichkeiten laut und deutlich<br />
zurückweisen. Reiche dies nicht aus,<br />
sollten Betriebsrat oder Vorgesetzte eingeschaltet<br />
werden: Der Arbeitgeber ist verpflichtet,<br />
jede Beschwerde zu prüfen und<br />
gegebenenfalls einzuschreiten (lesen Sie<br />
mehr zu diesem Thema unter http://bit.ly/<br />
UUxX3n).<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 3
SCHWERPUNKT<br />
Beschäftigung von<br />
schwerbehinderten Menschen<br />
Bei der Beschäftigung<br />
schwerbehinderter Menschen<br />
müssen Sie wichtige gesetzliche<br />
Regelungen beachten.<br />
Arbeitgeber haben bei der Beschäftigung<br />
schwerbehinderter Menschen verschiedene<br />
Schutzvorschriften einzuhalten und<br />
zahlreiche Prüfungspflichten zu beachten.<br />
Die wichtigsten Regelungen haben wir im<br />
Folgenden zusammengefasst.<br />
Schwerbehinderte Menschen<br />
Der Begriff der Schwerbehinderung ergibt<br />
sich ebenso wie die meisten weiteren Arbeitgeberpflichten<br />
aus dem Sozialgesetzbuch<br />
Neuntes Buch (SGB IX).<br />
Menschen sind behindert, wenn ihre<br />
körperliche Funktion, ihre geistige Fähigkeit<br />
oder seelische Gesundheit mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate<br />
von dem für das Lebensalter typischen<br />
Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe<br />
am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt<br />
ist.<br />
Als schwerbehindert gelten alle Menschen<br />
mit einem Grad der Behinderung<br />
(GdB) von wenigstens 50 Prozent. Die Behinderung<br />
wird meistens durch das Versorgungsamt<br />
des Wohnortes festgestellt.<br />
Die arbeitsrechtlichen Folgen einer<br />
Schwerbehinderung treten ab dem Zeitpunkt<br />
ein, ab dem die gesetzlichen Voraussetzungen<br />
für eine Schwerbehinderung<br />
vorliegen. Wird die Schwerbehinderteneigenschaft<br />
rückwirkend festgestellt, gelten<br />
auch die gesetzlichen Schutzvorschriften<br />
rückwirkend.<br />
Schwerbehinderte Menschen erhalten<br />
einen Schwerbehindertenausweis, der Angaben<br />
über den Tatbestand der Behinderung,<br />
den Grad der Behinderung und weitere<br />
gesundheitliche Merkmale enthält.<br />
Gleichgestellte Personen<br />
Personen mit einem Grad der Behinderung<br />
von mindestens 30 Prozent, aber weniger<br />
als 50 Prozent, sollen schwerbehinderten<br />
Menschen gleichgestellt werden. Voraussetzung<br />
ist, dass die Person infolge ihrer<br />
Behinderung ohne die Gleichstellung einen<br />
geeigneten Arbeitsplatz entweder nicht erlangen<br />
oder nicht behalten kann.<br />
Die Anerkennung der Gleichstellung erfolgt<br />
durch die Bundesagentur für Arbeit,<br />
wenn dort zuvor ein entsprechender Antrag<br />
gestellt wurde; sie kann auch befristet erfolgen.<br />
Gleichgestellte Menschen sind also nicht<br />
schwerbehindert. Dennoch dürfen Sie als<br />
Arbeitgeber nicht übersehen, dass dieser<br />
Beschäftigtengruppe fast alle Schutzrechte<br />
zustehen, die auch schwerbehinderte Menschen<br />
in Anspruch nehmen können.<br />
Prüfungspflichten<br />
Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen,<br />
ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten<br />
Menschen, insbesondere mit bei der<br />
Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend<br />
gemeldeten schwerbehinderten<br />
Menschen, besetzt werden können. Dazu<br />
sollten die Arbeitgeber frühzeitig Verbindung<br />
mit der Agentur für Arbeit aufnehmen.<br />
Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst<br />
schlägt dann den Arbeitgebern<br />
geeignete schwerbehinderte Menschen<br />
vor.<br />
Die gesetzliche Vorschrift des § 81<br />
SGB IX wird in der Praxis häufig übersehen.<br />
Sie gilt sowohl für private als auch für öffentliche<br />
Arbeitgeber, und zwar unabhängig da-<br />
4 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
von, ob schwerbehinderte Menschen im<br />
Betrieb beschäftigt werden oder nicht.<br />
Beschäftigungspflicht<br />
Der Gesetzgeber sieht die Integration von<br />
schwerbehinderten Menschen ins Arbeitsleben<br />
als gesellschaftliche Aufgabe und hat<br />
daher allen privaten und öffentlichen Arbeitgebern<br />
eine Beschäftigungspflicht aufgegeben.<br />
Je größer der Betrieb, desto mehr<br />
schwerbehinderte Menschen sollen dort<br />
beschäftigt werden.<br />
Laut § 71 SGB IX müssen in Betrieben<br />
mit<br />
● weniger als 40 Arbeitnehmern ein<br />
Arbeitsplatz,<br />
● 40 bis weniger als 60 Arbeitnehmern<br />
zwei Arbeitsplätze,<br />
● mehr als 60 Arbeitnehmern fünf Prozent<br />
der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten<br />
Menschen besetzt werden.<br />
In allen Fällen sind schwerbehinderte Frauen<br />
besonders zu berücksichtigen. Die Beschäftigungspflicht<br />
gilt nicht für Kleinbetriebe,<br />
die im Jahresdurchschnitt weniger als<br />
20 Arbeitnehmer beschäftigen.<br />
Die genauen Vorgaben für die Besetzung<br />
von Arbeitsplätzen mit schwerbehinderten<br />
Mitarbeitern sowie die Möglichkeiten der<br />
Anrechnung auf die Beschäftigtenquoten<br />
sowie der Förderungsmöglichkeiten durch<br />
die Bundesagentur für Arbeit können Sie<br />
den §§ 72–76 SGB IX entnehmen.<br />
Die Höhe der Ausgleichsabgabe betrug<br />
für das Jahr 2011 gemäß § 77 SGB IX je<br />
Monat und unbesetztem Pflichtplatz:<br />
● 105 EUR bei einer Beschäftigungsquote<br />
ab 3 Prozent bis unter 5 Prozent,<br />
● 180 EUR bei einer Beschäftigungsquote<br />
ab 2 Prozent bis unter 3 Prozent,<br />
● 260 EUR bei einer Beschäftigungsquote<br />
unter 2 Prozent.<br />
Kleinere Arbeitgeber müssen folgende Beträge<br />
zahlen:<br />
● Arbeitgeber mit weniger als 40 Arbeitsplätzen<br />
müssen einen schwerbehinderten<br />
Menschen beschäftigen, andernfalls<br />
zahlen sie je Monat weiterhin 105 EUR,<br />
● Arbeitgeber mit weniger als 60 Arbeitsplätzen<br />
müssen zwei Pflichtplätze besetzen;<br />
sie zahlen 105 EUR, wenn sie<br />
nur einen Pflichtplatz besetzen, und<br />
360 EUR (2 x 180 EUR), wenn sie keinen<br />
schwerbehinderten Menschen beschäftigen.<br />
Ausgleichsabgabe<br />
Wenn Sie die Beschäftigungsquote für<br />
schwerbehinderte Menschen nicht erfüllen,<br />
verpflichtet Sie der Gesetzgeber, für jeden<br />
unbesetzten Pflichtarbeitsplatz monatlich<br />
eine Ausgleichsabgabe zu zahlen.<br />
Die Ausgleichsabgabe wird auf der<br />
Grundlage einer jahresdurchschnittlichen<br />
Beschäftigungsquote ermittelt.<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 5
SCHWERPUNKT<br />
Die Ausgleichsabgabe ist für das Jahr<br />
2012 erhöht worden. Die erhöhten Sätze<br />
sind erstmals zum 31. März 2013 zu zahlen,<br />
wenn die Ausgleichsabgabe für 2012 fällig<br />
wird:<br />
● 115 EUR bei einer Beschäftigungsquote<br />
ab 3 Prozent bis unter 5 Prozent,<br />
● 200 EUR bei einer Beschäftigungsquote<br />
ab 2 Prozent bis unter 3 Prozent,<br />
● 290 EUR bei einer Beschäftigungsquote<br />
unter 2 Prozent.<br />
Fragen nach der Schwerbehinderung<br />
bei Einstellung<br />
Ob Sie als Arbeitgeber im Einstellungsverfahren<br />
während des Vorstellungsgesprächs<br />
einen oder auch alle Bewerber nach einer<br />
Schwerbehinderung fragen dürfen, ist umstritten<br />
und risikoreich.<br />
Zulässig ist die Frage nach einer Schwerbehinderung,<br />
wenn Sie den Anteil der<br />
Schwerbehinderten in Ihrem Betrieb erhöhen<br />
möchten, zum Beispiel um Ihrer Beschäftigungspflicht<br />
nachzukommen und<br />
deshalb ausdrücklich eine schwerbehinderte<br />
Person einstellen möchten. In diesem<br />
Fall hätte die Frage keinen diskriminierenden<br />
Charakter. Allerdings sollte dann schon<br />
in der Stellenausschreibung darauf hingewiesen<br />
werden, dass die Stelle für Schwerbehinderte<br />
geeignet ist und deren Bewerbungen<br />
begrüßt werden. Zur Vermeidung<br />
späterer Klagen sollte die Position dann<br />
auch mit einer schwerbehinderten Person<br />
besetzt werden.<br />
Erfolgt die Frage aus anderen Motiven,<br />
besteht die Gefahr, dass Bewerber Ihnen<br />
diskriminierendes Verhalten vorwerfen und<br />
PRAXIStipp<br />
Zulässig ist, die Bewerber konkret zu fragen, ob gesundheitliche oder<br />
sonstige Einschränkungen bestehen, die angebotene Tätigkeit tatsächlich<br />
und ab sofort ausüben zu können. Je enger der Bezug zur ausgeschriebenen<br />
Stelle ist, desto weniger kann ein diskriminierender Hintergrund behauptet<br />
werden. Voraussetzung ist natürlich, dass allen Bewerbern exakt<br />
die gleichen Fragen nach der gesundheitlichen Eignung gestellt werden<br />
und dies auch entsprechend dokumentiert wird.<br />
Beispiele:<br />
● Liegt bei Ihnen eine Krankheit oder eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes<br />
vor, die es Ihnen auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden<br />
Abständen nicht möglich macht, die ausgeschriebene Tätigkeit<br />
auszuüben?<br />
● Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit<br />
beeinträchtigen, jedoch Kollegen oder Kunden gefährden können?<br />
eine Entschädigung verlangen. Das Allgemeine<br />
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet<br />
die Fragestellung an sich zwar nicht<br />
ausdrücklich, jedoch wird jede Benachteiligung<br />
schwerbehinderter Menschen ausdrücklich<br />
untersagt.<br />
Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG)<br />
hat sich bisher noch nicht eindeutig geäußert,<br />
ob solche Fragen im Vorstellungsgespräch<br />
gestellt werden dürfen oder nicht.<br />
Aufgrund dieser unsicheren Rechtslage sollten<br />
Sie deshalb auf diese Fragestellung besser<br />
verzichten, vor allem, wenn kein konkreter<br />
Bezug zur ausgeschriebenen Stelle<br />
vorhanden ist (siehe Praxistipp links).<br />
6 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
dem aktuellen Stand zu halten, zum Beispiel<br />
um die Zahlung der Ausgleichsabgabe zu<br />
vermeiden. Ebenso ist es zulässig, sich insbesondere<br />
im Vorfeld von Entlassungen einen<br />
Überblick zu verschaffen, welche Mitarbeiter<br />
besonders schutzwürdig sind.<br />
PRAXIStipp<br />
Zur Vermeidung von Diskriminierungen<br />
muss ein Zeitraum von sechs<br />
Monaten seit Begründung des Beschäftigungsverhältnisses<br />
abgewartet<br />
werden, denn schwerbehinderte<br />
Menschen haben erst dann den<br />
vollen Kündigungsschutz nach § 85<br />
SGB IX erworben. Somit können sie<br />
ab diesem Zeitpunkt durch die Beantwortung<br />
der Frage auch nicht mehr<br />
benachteiligt werden.<br />
Fragen nach der Schwerbehinderung<br />
im laufenden Arbeitsverhältnis<br />
Viele Arbeitgeber zahlen die Ausgleichsabgabe,<br />
obwohl sie es eigentlich gar nicht<br />
müssten, weil sie über Schwerbehinderungen<br />
ihrer Mitarbeiter nicht informiert sind.<br />
Das muss nicht sein. Zumindest wenn das<br />
Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate<br />
besteht, dürfen Sie jeden Mitarbeiter nach<br />
dem Vorliegen einer Schwerbehinderung<br />
fragen (BAG, 16.02.2012 – 6 AZR 553/10).<br />
Der Mitarbeiter muss darauf wahrheitsgemäß<br />
antworten.<br />
Jeder Arbeitgeber hat das Recht, die betrieblichen<br />
Personaldaten regelmäßig auf<br />
Kündigungsschutz<br />
Auch die Beschäftigungsverhältnisse<br />
schwerbehinderter Mitarbeiter können gekündigt<br />
werden. Jedoch hält der Gesetzgeber<br />
diese Mitarbeitergruppe für besonders<br />
schutzbedürftig und hat deshalb einige Vorschriften<br />
erlassen, die Sie in jedem Fall zu<br />
beachten haben.<br />
Zunächst gilt eine Mindestkündigungsfrist<br />
von vier Wochen. Vor allem aber sind<br />
Sie zur Prävention verpflichtet, um die Kündigung<br />
eines schwerbehinderten Mitarbeiters<br />
zu vermeiden. Sobald also Schwierigkeiten<br />
auftreten, die zu einer personen-, verhaltens-<br />
oder betriebsbedingten Kündigung führen<br />
könnten, müssen frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung,<br />
das Integrationsamt<br />
und der Betriebsrat eingeschaltet werden.<br />
Das Aussprechen einer Abmahnung, in der<br />
dem Mitarbeiter die Kündigung angedroht<br />
wird, darf nicht damit einhergehen, dass Sie<br />
abwarten, wie der Mitarbeiter sich zukünftig<br />
verhält. Alternativ haben Sie zusätzlich umgehend<br />
die zuständigen Stellen einzuschalten<br />
und mit diesen zu erörtern, wie die angedrohte<br />
Kündigung vermieden werden kann.<br />
Eine Kündigung kann auch ohne vorherige<br />
Beratung mit den zuständigen Stellen vorbereitet<br />
werden, jedoch wird das Integrationsamt<br />
dann häufig keine Zustimmung erteilen.<br />
Ohne Zustimmung des Integrationsamtes<br />
ist eine Kündigung im Regelfall<br />
nicht zulässig. Vor jeder Kündigung eines<br />
Schwerbehinderten oder gleichgestellten<br />
Menschen haben Sie als Arbeitgeber einen<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 7
SCHWERPUNKT<br />
schriftlichen Antrag auf Zustimmung des Integrationsamtes<br />
zu stellen und dürfen die<br />
Kündigung erst dann aussprechen, wenn<br />
der Zustimmungsbescheid vorliegt. Dazu<br />
hört das Integrationsamt die Schwerbehindertenvertretung,<br />
den Betriebsrat und den<br />
betroffenen Mitarbeiter an.<br />
Ausnahmen gelten unter anderem, wenn<br />
● das Arbeitsverhältnis bei Zugang der<br />
Kündigung noch nicht länger als sechs<br />
Monate bestanden hat,<br />
● die schwerbehinderte Person auf besonderen<br />
Arbeitsplätzen gemäß § 72<br />
Absatz 2 SGB IX beschäftigt wird oder<br />
● der Schwerbehinderte älter als 58 Jahre<br />
ist und Anspruch auf Abfindung, Entschädigung<br />
oder ähnliche Leistungen<br />
aus einem Sozialplan oder unabhängig<br />
vom Alter Anspruch auf besondere Leistungen<br />
für Arbeitnehmer im Bergbau<br />
hat.<br />
PRAXIStipp<br />
Sobald die Zustimmung des Integrationsamtes<br />
vorliegt, sollten Sie die<br />
Kündigung innerhalb eines Monats<br />
unter Beachtung der Kündigungsfrist<br />
aussprechen. Wenn diese Frist verstrichen<br />
ist, muss ein neuer Antrag<br />
gestellt werden, und das Verfahren<br />
beginnt von Neuem.<br />
Stimmt das Integrationsamt der beabsichtigten<br />
Kündigung nicht zu, dürfen Sie die<br />
Kündigung auch nicht aussprechen. Sie haben<br />
nur die Möglichkeit, gegen den Ablehnungsbescheid<br />
Widerspruch einzulegen,<br />
beziehungsweise vor dem zuständigen Verwaltungsgericht<br />
zu klagen.<br />
Bei einer beabsichtigten fristlosen Kündigung<br />
sind weitere Voraussetzungen zu beachten.<br />
Die Zustimmung des Integrationsamtes<br />
muss innerhalb von zwei Wochen,<br />
nachdem Sie von den für die Kündigung<br />
maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt<br />
haben, beantragt werden. Das Integrationsamt<br />
muss dann innerhalb von zwei Wochen<br />
eine Entscheidung treffen, wobei die<br />
Zustimmung als erteilt gilt, wenn innerhalb<br />
dieser zwei Wochen keine Entscheidung<br />
getroffen wird.<br />
Kündigungswillige Arbeitgeber, die nicht<br />
über die Schwerbehinderung ihrer Mitarbeiter<br />
informiert sind, erwartet in diesem Zusammenhang<br />
häufig folgende Problematik:<br />
Der besondere Kündigungsschutz von<br />
Schwerbehinderten gilt unabhängig von<br />
der Kenntnis des Arbeitgebers ab dem Zeitpunkt<br />
der Feststellung der Schwerbehinderung.<br />
Der schwerbehinderte Mitarbeiter<br />
kann sich sogar dann auf den besonderen<br />
Kündigungsschutz berufen, wenn er die<br />
Feststellung beantragt hat, darüber aber<br />
noch nicht entschieden worden ist. Der Arbeitgeber<br />
wiederum, der ja nichts von der<br />
8 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
Schwerbehinderung weiß, wird natürlich<br />
keine Zustimmung des Integrationsamtes<br />
einholen, mit der Konsequenz, dass die Kündigung<br />
unwirksam wäre. Vor diesem Hintergrund<br />
sollten Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig<br />
befragen, ob eine Schwerbehinderung<br />
vorliegt und die Antworten dokumentieren.<br />
Zusatzurlaub<br />
Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch<br />
auf fünf Arbeitstage zusätzlichen Erholungsurlaub<br />
pro Jahr, wenn im Betrieb die<br />
Fünf-Tage-Woche gilt. Arbeitet der schwerbehinderte<br />
Mitarbeiter an weniger Arbeitstagen,<br />
zum Beispiel in Teilzeit, oder auch<br />
an mehr als fünf Arbeitstagen, wird auch<br />
der Zusatzurlaub entsprechend angepasst.<br />
Wird die Schwerbehinderung erst im Laufe<br />
des Kalenderjahres festgestellt, ist der Zusatzurlaub<br />
anteilig zu gewähren.<br />
Auch unter diesem Aspekt sollte sich<br />
der Arbeitgeber über eine etwaige Schwerbehinderung<br />
informieren.<br />
PRAXIStipp<br />
Gleichgestellte Personen haben<br />
keinen Anspruch auf Zusatzurlaub.<br />
Überstunden/Mehrarbeit<br />
Schwerbehinderte Mitarbeiter können<br />
Mehrarbeit leisten, die Einteilung zu Überstunden<br />
ist also zulässig. Allerdings sind sie<br />
dazu nicht verpflichtet, sondern können verlangen,<br />
von jeder Mehrarbeit freigestellt zu<br />
werden. Dieser Anspruch kann nicht vertraglich<br />
eingeschränkt werden.<br />
Zu beachten ist, dass eine Begründung<br />
nicht erforderlich ist und Sie das Verlangen<br />
des Mitarbeiters auch nicht ablehnen können.<br />
Der Anspruch des Mitarbeiters geht<br />
aber nicht so weit, dass er etwa verlangen<br />
könnte, von Wochenend- und Nachtarbeit<br />
oder Schichtdiensten freigestellt zu<br />
werden.<br />
Nach der gesetzlichen Norm wird Mehrarbeit<br />
als jede werktägliche Arbeit, die über<br />
die normale Arbeitszeit von acht Stunden<br />
hinausgeht, definiert.<br />
Schwerbehindertenvertretung<br />
Wenn in einem Betrieb wenigstens<br />
fünf Schwerbehinderte nicht nur<br />
vorübergehend beschäftigt sind,<br />
wird eine Schwerbehindertenvertretung<br />
gewählt, die aus der sogenannten Vertrauensperson<br />
und mindestens einem Stellvertreter<br />
besteht.<br />
Die Wahlen finden alle vier Jahre in der<br />
Zeit vom 1. bis 30. Oktober statt. Die Vertrauensperson<br />
selbst muss nicht schwerbehindert<br />
sein.<br />
Die Schwerbehindertenvertretung vertritt<br />
die Interessen der schwerbehinderten<br />
Mitarbeiter und steht diesen beratend und<br />
helfend zur Seite. Daneben nimmt sie Anregungen<br />
und Beschwerden von Schwerbehinderten<br />
entgegen und wirkt durch Verhandlungen<br />
mit dem Arbeitgeber auf eine<br />
Erledigung hin. Die Aufgaben und Rechte<br />
der Schwerbehindertenvertretung ergeben<br />
sich im Einzelnen aus §§ 95 und 96 SGB IX.<br />
Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, die<br />
Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten,<br />
die Schwerbehinderte berühren,<br />
unverzüglich und umfassend zu<br />
informieren und vor einer Entscheidung anzuhören.<br />
Beispielsweise haben Sie die Schwerbehindertenvertretung<br />
zu informieren,<br />
wenn sich ein Schwerbehinderter<br />
auf eine ausgeschriebene<br />
Stelle bewirbt oder die Kündigung<br />
eines Schwerbehinderten<br />
beabsichtigt ist. Auch in<br />
Verfahren zur betrieblichen<br />
Wiedereingliederung ist<br />
die Schwerbehindertenvertretung<br />
zu beteiligen.<br />
■<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 9
SOZIALVERSICHERUNG<br />
Aktuelle Regelungen bei<br />
Beschäftigungen in der Gleitzone<br />
Bei den aktuellen Gleitzonenregelungen<br />
gelten für Altfälle<br />
Bestandsschutzregelungen.<br />
Ein Beschäftigungsverhältnis in der Gleitzone<br />
liegt seit dem 1. Januar 2013 vor,<br />
wenn das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt<br />
450,01 bis 850,00 EUR im Monat<br />
beträgt und die Grenze von 850,00 EUR<br />
im Monat regelmäßig nicht überschreitet.<br />
Während geringfügig entlohnte Beschäftigungen<br />
in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung<br />
versicherungsfrei<br />
sind und in der Rentenversicherung ein Befreiungsrecht<br />
von der Versicherungspflicht<br />
auslösen, besteht bei Beschäftigungen in<br />
der Gleitzone in allen Zweigen Versicherungspflicht.<br />
Für Beschäftigungsverhältnisse mit einem<br />
Arbeitsentgelt von 400,01 bis 450,00 EUR<br />
und von 800,01 bis 850,00 EUR, die vor<br />
dem 1. Januar 2013 bereits bestanden haben<br />
und über den 31. Dezember 2012 hinaus<br />
andauern, gelten Bestandsschutzregelungen<br />
bis 31. Dezember 2014.<br />
Beitragsberechnung in der Gleitzone<br />
Für die Beitragsbemessung und Beitragstragung<br />
bei Beschäftigungen mit einem regelmäßigen<br />
monatlichen Arbeitsentgelt<br />
innerhalb der Gleitzone gelten in der Kranken-,<br />
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung<br />
besondere Regelungen. Die Arbeitgeber<br />
tragen weiterhin ihren regulären<br />
Beitragsanteil zu den einzelnen Versicherungszweigen;<br />
Arbeitnehmer jedoch nur einen<br />
reduzierten Beitragsanteil.<br />
Beitragsbemessungsgrundlage<br />
Bei Arbeitnehmern, die gegen ein monatliches<br />
Arbeitsentgelt in der Gleitzone beschäftigt<br />
sind, wird in der Kranken-, Pflege-,<br />
Renten- und Arbeitslosenversicherung für<br />
die Berechnung des Beitrags als beitragspflichtige<br />
Einnahme nicht das tatsächlich erzielte<br />
Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, sondern<br />
ein Betrag, der sich aus nachstehender<br />
Formel (Gleitzonenformel) ergibt.<br />
Die beitragspflichtige Einnahme<br />
(Beitragsbemessungsgrundlage)<br />
wird wie folgt berechnet:<br />
1,2694375 x AE – 229,021875<br />
Die Herleitung dieser Formel haben<br />
wir bereits in der Ausgabe 6-2012 erläutert.<br />
Verfahren bei Mehrfachbeschäftigung<br />
Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt,<br />
liegt eine Gleitzone dann vor, wenn das<br />
insgesamt erzielte Arbeitsentgelt 450,01 bis<br />
850,00 EUR im Monat beträgt und die obere<br />
Gleitzonengrenze von 850,00 EUR im Monat<br />
regelmäßig nicht überschreitet. Die Arbeitsentgelte<br />
aus den einzelnen Beschäftigungen<br />
werden also zusammengerechnet.<br />
Zusammenzurechnen sind jedoch nur<br />
Arbeitsentgelte, die aus versicherungspflichtigen<br />
Beschäftigungen erzielt werden.<br />
Arbeitsentgelte aus geringfügig entlohnten<br />
Beschäftigungen werden berücksichtigt,<br />
wenn aufgrund der Zusammenrechnung<br />
mit anderen geringfügig entlohnten<br />
Beschäftigungen die Voraussetzungen der<br />
Geringfügigkeit entfallen und deshalb Versicherungspflicht<br />
eintritt. Gleiches gilt für<br />
Arbeitsentgelte aus geringfügig entlohnten<br />
10 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
Beschäftigungen, mit Ausnahme einer (der<br />
ersten) geringfügig entlohnten Beschäftigung,<br />
die neben einer mehr als geringfügig<br />
entlohnten (Haupt-)Beschäftigung erzielt<br />
werden und aufgrund der Zusammenrechnung<br />
ebenfalls zur Versicherungspflicht führen.<br />
Diese Regelung gilt nicht in der Arbeitslosenversicherung.<br />
Wenn Arbeitsentgelte aus mehreren Beschäftigungen<br />
zusammentreffen, teilen wir<br />
Ihnen die Summe der Arbeitsentgelte aus<br />
den Beschäftigungsverhältnissen mit. Aufgrund<br />
dieser Mitteilung sind Sie in der Lage,<br />
die beitragspflichtige Einnahme insgesamt<br />
und den auf Sie entfallenden Anteil der beitragspflichtigen<br />
Einnahme festzustellen und<br />
hiervon Gesamtsozialversicherungsbeiträge<br />
und Umlagen zu berechnen.<br />
Die für diese Mitteilung erforderliche<br />
Kenntnis über die Höhe der von den einzelnen<br />
Arbeitgebern gezahlten Arbeitsentgelte<br />
erhalten die Krankenkassen durch die GKV-<br />
Monatsmeldung.<br />
Sofern die Summe der Arbeitsentgelte<br />
aus mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen<br />
(Gesamtarbeitsentgelt)<br />
innerhalb der Gleitzone liegt, sind<br />
die für die Beitragsberechnung zugrunde zu<br />
legenden beitragspflichtigen Einnahmen aus<br />
den einzelnen Beschäftigungen nach der<br />
oben stehenden Formel zu ermitteln.<br />
Formel: Ermittlung des reduzierten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts<br />
bei Mehrfachbeschäftigung<br />
(1,2694375 x GAE – 229,021875) x EAE<br />
GAE<br />
EAE = Einzelarbeitsentgelt aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis<br />
GAE = Gesamtarbeitsentgelt<br />
Die reduzierte beitragspflichtige Einnahme<br />
in der Gleitzone wird dementsprechend auf<br />
der Grundlage des Gesamtarbeitsentgelts<br />
ermittelt und im Verhältnis der jeweiligen<br />
Arbeitsentgelte zum Gesamtarbeitsentgelt<br />
entsprechend aufgeteilt.<br />
Bestandsschutzregelungen für Altfälle<br />
Für Beschäftigungsverhältnisse mit einem<br />
Arbeitsentgelt von 400,01 bis 450,00 EUR<br />
und von 800,01 bis 850,00 EUR, die bereits<br />
vor dem 1. Januar 2013 bestanden haben,<br />
gelten Bestandsschutzregelungen,<br />
die die weitere Anwendung des bis Ende<br />
2012 geltenden Rechts sicherstellen. Die<br />
Bestandsschutzregelungen enden, wenn<br />
sich das regelmäßige Arbeitsentgelt im<br />
Laufe derselben Beschäftigung ändert und<br />
dadurch nicht mehr zwischen 400,01 und<br />
450,00 EUR oder zwischen 800,01 und<br />
850,00 EUR liegt.<br />
850,00 EUR<br />
1,2694375 x AE – 229,021875<br />
(1,2694375 x GAE – 229,021875) x EAE<br />
GAE<br />
1,2395 x AE – 191,61<br />
450,01 EUR<br />
(1,2395 x GAE – 191,61) x EAE<br />
GAE<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 11
SOZIALVERSICHERUNG<br />
Fragen zu den aktuellen Gleitzonenregelungen<br />
richten Sie bitte an uns,<br />
Ihre actimonda <strong>krankenkasse</strong>.<br />
Beschäftigungen mit einem Arbeitsentgelt<br />
von 400,01 bis 450,00 EUR<br />
Arbeitnehmer mit einem monatlichen Arbeitsentgelt<br />
von 400,01 bis 450,00 EUR<br />
waren bis zum 31. Dezember 2012 mehr<br />
als geringfügig entlohnt beschäftigt und daher<br />
in allen Zweigen der Sozialversicherung<br />
grundsätzlich versicherungspflichtig.<br />
Im Rahmen der Bestandsschutzregelung<br />
bleibt die Versicherungspflicht in der Kranken-,<br />
Pflege- und Arbeitslosenversicherung<br />
längstens bis zum 31. Dezember 2014<br />
grundsätzlich erhalten (in der Kranken- und<br />
Pflegeversicherung nur, wenn keine Familienversicherung<br />
möglich ist). Eine Befreiung<br />
von der Versicherungspflicht ist jedoch auf<br />
Antrag möglich. In der Krankenversicherung<br />
musste die Befreiung bis zum 2. April 2013<br />
erfolgt sein.<br />
In der Rentenversicherung besteht die<br />
Versicherungspflicht fort, ohne dass es einer<br />
Übergangsregelung hierfür bedarf.<br />
Bei Fortbestehen der Versicherungspflicht<br />
– ggf. auch nur in einzelnen Versicherungszweigen<br />
– werden die bis zum 31. Dezember<br />
2012 geltenden beitragsrechtlichen<br />
Regelungen zur Gleitzone bis zum 31. Dezember<br />
2014 weiterhin angewendet, wenn<br />
das regelmäßige Arbeitsentgelt monatlich<br />
nicht mehr als 450,00 EUR beträgt. Die Beitragsbemessungsgrundlage<br />
wird dementsprechend<br />
nach der alten Formel, aber mit<br />
dem neuen Faktor F (0,7605) berechnet:<br />
1,2395 x AE – 191,61<br />
Liegt in den Fällen der Mehrfachbeschäftigung<br />
die Summe der Arbeitsentgelte aus<br />
mehr als geringfügig entlohnten versicherungspflichtigen<br />
Beschäftigungen zwischen<br />
400,01 und 450,00 EUR, werden die für die<br />
Beitragsberechnung zugrunde zu legenden<br />
beitragspflichtigen Einnahmen aus den<br />
einzelnen Beschäftigungen auch hier nach<br />
der alten Formel mit dem neuen Faktor F<br />
(0,7605) berechnet:<br />
Wird die Entgeltgrenze von 450,00 EUR<br />
überschritten, endet die Bestandsschutzregelung<br />
bereits vor dem 31. Dezember 2014.<br />
Liegt das regelmäßige Arbeitsentgelt nach<br />
dem Überschreiten zwischen 450,01 und<br />
850,00 EUR, wird die beitragspflichtige Einnahme<br />
unter Berücksichtigung der neuen<br />
Gleitzonenformel ermittelt.<br />
In der Rentenversicherung setzt die weitere<br />
Anwendung der Bestandsschutzregelung<br />
(bis längstens 31. Dezember 2014) voraus,<br />
dass der Arbeitnehmer nicht auf die<br />
Anwendung der Gleitzonenregelung verzichtet.<br />
Verzichtet der Arbeitnehmer nach<br />
dem 31. Dezember 2012, sind die Beiträge<br />
aus dem erzielten Arbeitsentgelt zu erheben.<br />
Die hälftige Beitragstragung gilt für<br />
diese Personengruppe längstens bis zum<br />
31. Dezember 2014.<br />
Bei Arbeitnehmern mit einem regelmäßigen<br />
Arbeitsentgelt von 450,01 bis<br />
800,00 EUR ergeben sich zum 1. Januar<br />
2013 keine Änderungen; entsprechend sind<br />
die vom 1. Januar 2013 an maßgebenden<br />
versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen<br />
uneingeschränkt anzuwenden.<br />
Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt<br />
von 800,01 bis 850,00 EUR<br />
Durch die Anhebung der Entgeltgrenze<br />
in der Gleitzone zum 1. Januar 2013 von<br />
800,00 auf 850,00 EUR werden Arbeitnehmer<br />
mit einem Arbeitsentgelt in Höhe von<br />
800,01 bis 850,00 EUR vom 1. Januar 2013<br />
an dem Grunde nach in die Gleitzone einbezogen.<br />
Im Rahmen des Bestandsschutzes<br />
sind die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten-<br />
und Arbeitslosenversicherung jedoch<br />
auch über den 31. Dezember 2012 hinaus<br />
weiterhin aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt<br />
zu berechnen, wenn die Beschäftigung<br />
vor dem 1. Januar 2013 begonnen wurde.<br />
Diese Arbeitnehmer können aber die Anwendung<br />
der Gleitzonenregelung Ihnen gegenüber<br />
schriftlich erklären. In diesen Fällen<br />
ist die vom 1. Januar 2013 an geltende Gleitzonenformel<br />
anzuwenden. ■<br />
Formel: Ermittlung des reduzierten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts bei<br />
Mehrfachbeschäftigung<br />
(1,2395 x GAE – 191,61) x EAE<br />
GAE<br />
EAE = Einzelarbeitsentgelt aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis<br />
GAE = Gesamtarbeitsentgelt<br />
12 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
Berufsmäßigkeit kurzfristiger<br />
Beschäftigungen<br />
Kurzfristige Beschäftigungen<br />
sind versicherungsfrei, wenn<br />
sie nicht berufsmäßig ausgeübt<br />
werden.<br />
Ein Beispiel zur Berufsmäßigkeit<br />
einer kurzfristigen Beschäftigung<br />
finden Sie im Internet unter<br />
www.bkk.de/service/130201.<br />
Der Begriff „Berufsmäßigkeit” ist im Sozialversicherungsrecht<br />
nicht näher erläutert.<br />
Nach der Rechtsprechung erfüllt eine<br />
Beschäftigung dieses Kriterium, wenn<br />
sie für die in Betracht kommende Person<br />
nicht von untergeordneter wirtschaftlicher<br />
Bedeutung ist.<br />
Eine kurzfristige Beschäftigung ist dann<br />
nicht mehr als geringfügig anzusehen, wenn<br />
sie berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Arbeitsentgelt<br />
im Monat 450 EUR übersteigt.<br />
Die Prüfung der Berufsmäßigkeit ist<br />
dann nicht erforderlich, wenn die Entgeltgrenze<br />
von 450 EUR im Monat nicht überschritten<br />
wird. Darüber hinaus braucht die<br />
Berufsmäßigkeit nicht geprüft zu werden,<br />
wenn die Beschäftigung von vornherein die<br />
Zeitgrenze von zwei Monaten beziehungsweise<br />
50 Arbeitstagen überschreitet. Sie ist<br />
dann nicht mehr als geringfügig anzusehen.<br />
Die Bestimmung der Berufsmäßigkeit<br />
geht einher mit der Frage, ob der Arbeitnehmer<br />
zum Personenkreis der Erwerbstätigen<br />
zu zählen ist. Sie ist anhand von Indizien im<br />
jeweiligen Einzelfall bei Beginn der zu beurteilenden<br />
Beschäftigung unabhängig von<br />
der tatsächlichen Einkommenssituation des<br />
Arbeitnehmers zu beantworten. Berufsmäßigkeit<br />
kann sich beispielsweise aufgrund<br />
des Erwerbsverhaltens des Arbeitnehmers<br />
ergeben oder bereits im Status der Person<br />
als Arbeitnehmer begründet sein.<br />
In der Praxis bereitet die Feststellung<br />
der Berufsmäßigkeit anhand der genannten<br />
Kriterien Schwierigkeiten. Die Spitzenorganisationen<br />
der Sozialversicherung haben<br />
den Begriff näher definiert. Danach<br />
sind Beschäftigungen, die nur gelegentlich<br />
ausgeübt werden, grundsätzlich von untergeordneter<br />
wirtschaftlicher Bedeutung und<br />
daher nicht berufsmäßig. Hierzu gehören<br />
zum Beispiel Beschäftigungen zwischen<br />
dem Schulabschluss und beabsichtigter<br />
Fachschulausbildung beziehungsweise beabsichtigtem<br />
Studium. Die Grundsätze der<br />
Vereinfachungsregelung gelten sinngemäß<br />
auch für kurzfristige Beschäftigungen, die<br />
neben einer Beschäftigung mit einem monatlichen<br />
Arbeitsentgelt oberhalb der Grenze<br />
einer geringfügig entlohnten Beschäftigung<br />
(450 EUR) ausgeübt werden.<br />
Folgt eine kurzfristige Beschäftigung auf<br />
bereits ausgeübte Beschäftigungen, ist Berufsmäßigkeit<br />
ohne weitere Prüfung anzunehmen,<br />
wenn die Beschäftigungszeiten<br />
im Laufe eines Kalenderjahres insgesamt<br />
mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage<br />
betragen. Dabei werden alle Beschäftigungen<br />
mit Ausnahme geringfügig entlohnter<br />
und kurzfristiger Beschäftigungen mit einem<br />
(anteiligen) Arbeitsentgelt bis 450 EUR<br />
im Monat berücksichtigt.<br />
Bei Personen, die aus dem Berufsleben<br />
ausgeschieden sind (zum Beispiel Bezieher<br />
einer Vollrente wegen Alters), dürfen nur Beschäftigungszeiten<br />
nach dem Ausscheiden<br />
aus dem Berufsleben angerechnet werden.<br />
Zeiten der Meldung als Arbeitsuchender<br />
mit Beschäftigungslosigkeit stehen den Beschäftigungszeiten<br />
gleich. ■<br />
Eine Entscheidungshilfe zur Prüfung der<br />
Berufsmäßigkeit kurzfristig ausgeübter<br />
Beschäftigungen können Sie unter www.<br />
bkk.de/service/130202 herunterladen.<br />
Darin werden in der Praxis häufig vorkommende<br />
Fallgestaltungen zur Beurteilung der<br />
Berufsmäßigkeit dargestellt.<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 13
SOZIALVERSICHERUNG<br />
Elterngeld und Elternzeit –<br />
aktuelle Regelungen<br />
Bei einer erneuten<br />
Schwangerschaft in der<br />
Elternzeit entsteht Anspruch<br />
auf Mutterschaftsgeld.<br />
Weitere Informationen siehe Besprechungsergebnis<br />
Fachkonferenz<br />
Beiträge vom 13. November 2012,<br />
www.bkk.de/service/130203.<br />
Bei einer erneuten Schwangerschaft ist<br />
die vorzeitige Beendigung der Elternzeit<br />
zur Inanspruchnahme der Mutterschutzfristen<br />
nach dem Mutterschaftsgesetz jetzt<br />
möglich. Endet die Elternzeit, entsteht dadurch<br />
auch ein Anspruch auf Zuschuss zum<br />
Mutterschaftsgeld durch den Arbeitgeber.<br />
Diese bisher nicht bestehende vorzeitige<br />
Beendigungsmöglichkeit der Elternzeit wurde<br />
mit dem Gesetz zur Vereinfachung des<br />
Elterngeldvollzugs geschaffen. Die neue<br />
Fassung des § 16 Absatz 3 Bundeselterngeld-<br />
und Elternzeitgesetz (BEEG) ist seit<br />
18. September 2012 in Kraft.<br />
Für versicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen<br />
bleibt die Mitgliedschaft zur Kranken-<br />
und Pflegeversicherung durchgehend<br />
erhalten, da sich der mit dem Beginn der<br />
neuen Schutzfrist entstehende Anspruch<br />
auf Mutterschaftsgeld nahtlos an das Ende<br />
der Elternzeit anschließt. Der durchgehende<br />
Versicherungsschutz der Kranken- und Pflegeversicherung<br />
für die betreffenden Arbeitnehmerinnen<br />
ist damit gewährleistet.<br />
Zum Beginn der neuen Schutzfrist brauchen<br />
Sie keine neue Meldung abzugeben.<br />
Die zuletzt mit Wegfall des Arbeitsentgelts<br />
bei Beginn der Schutzfrist aus der vorhergehenden<br />
Schwangerschaft beziehungsweise<br />
Inanspruchnahme der Elternzeit abgegebene<br />
Unterbrechungsmeldung gilt weiter.<br />
Übt Ihre Arbeitnehmerin bei einem anderen<br />
Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung<br />
aus und besteht diese über das Ende der Elternzeit<br />
hinaus fort, gilt Ihre Arbeitnehmerin<br />
versicherungsrechtlich als mehrfachbeschäftigt.<br />
Der Arbeitgeber der Teilzeitbeschäftigung<br />
ist daher verpflichtet, bei Wegfall des<br />
Arbeitsentgelts zu Beginn der Schutzfrist eine<br />
Unterbrechungsmeldung zu erstatten.<br />
Wird die Elternzeit wegen einer erneuten<br />
Schwangerschaft beendet, entsteht<br />
auch ein – erneuter – Anspruch auf den Zuschuss<br />
zum Mutterschaftsgeld. Er wird für<br />
die Zeit der Schutzfristen vor und nach der<br />
Entbindung sowie für den Entbindungstag<br />
in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen<br />
13,00 EUR und dem durchschnittlichen kalendertäglichen<br />
Nettoarbeitsentgelt gezahlt.<br />
Zahlen Sie während der Schutzfristen<br />
den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach<br />
dem Mutterschutzgesetz, sind diese Aufwendungen<br />
im Verfahren zum Ausgleich<br />
der Arbeitgeberaufwen- dungen<br />
bei Mutterschaft (U2)<br />
erstattungsfähig.<br />
Dies<br />
gilt ebenfalls,<br />
wenn<br />
während<br />
der Elternzeit<br />
eine zulässige<br />
Teilzeitbeschäftigung<br />
bei<br />
einem anderen Arbeitgeber<br />
ausgeübt wurde,<br />
diese Teilzeitbeschäftigung über<br />
den Zeitpunkt der Beendigung der Elternzeit<br />
fortbesteht und dieser Arbeitgeber infolgedessen<br />
ebenfalls einen Zuschuss zum<br />
Mutterschaftsgeld zahlt. ■<br />
14 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
Berechnung von AAG-Umlagen aus<br />
variablen Arbeitsentgeltbestandteilen<br />
Bei Nachzahlungen aus<br />
variablen Arbeitsentgeltbestandteilen<br />
gelten<br />
besondere Regelungen.<br />
Ein Beispiel hierzu finden Sie im Internet<br />
unter www.bkk.de/service/<br />
130204.<br />
Berechnungsgrundlage für die Umlagen<br />
zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen<br />
nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz<br />
(AAG) sind alle Arbeitsentgelte, von<br />
denen die Beiträge der im Betrieb beschäftigten<br />
Arbeitnehmer zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
bemessen werden oder<br />
bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung zu bemessen wären.<br />
Dabei sind allerdings einmalig gezahlte<br />
Arbeitsentgelte nicht zu berücksichtigen.<br />
Einige variable Arbeitsentgeltbestandteile,<br />
wie zum<br />
Beispiel Mehrarbeits- beziehungsweise<br />
Überstundenvergütungen<br />
oder Provisionen,<br />
können vielfach aus<br />
abrechnungstechnischen<br />
Gründen nicht in dem Monat<br />
abgerechnet werden, in dem<br />
der Anspruch auf diese Arbeitsentgeltbestandteile<br />
entstanden ist.<br />
Ist dies auch bei Ihnen der Fall, können<br />
Sie diese Entgeltbestandteile zur Beitragsberechnung<br />
dem Arbeitsentgelt des<br />
nächsten oder übernächsten Entgeltabrechnungszeitraums<br />
zuordnen. Damit werden<br />
diese Zahlungen zeitversetzt für die<br />
Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge<br />
und Umlagen herangezogen.<br />
Werden variable Arbeitsentgeltbestandteile<br />
auch nicht im nächsten oder übernächsten<br />
Entgeltabrechnungszeitraum ausgezahlt,<br />
sondern angespart, ist es möglich,<br />
die angesammelten Arbeitsentgelte noch<br />
im selben Kalenderjahr oder spätestens bis<br />
März des Folgejahres tatsächlich auszuzahlen.<br />
Aus Vereinfachungsgründen kann in<br />
diesen Fällen für die Nachzahlung auch die<br />
Regelung für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt<br />
angewendet werden, nach der die<br />
anteilige Beitragsbemessungsgrenze des<br />
Nachzahlungszeitraums zugrunde zu legen<br />
ist. Damit können Sie eine abrechnungstechnisch<br />
aufwändige Rückrechnung vermeiden.<br />
Der Charakter der Nachzahlung als laufendes<br />
Arbeitsentgelt – ungeachtet der<br />
Vereinfachungsregel – bleibt allerdings unberührt.<br />
Dies hat zur Folge, dass derartige<br />
Nachzahlungen bei der Berechnung der<br />
Umlagen U1 und U2 zu berücksichtigen<br />
sind. Für die Berechnung werden sie in dem<br />
Umfang herangezogen, in dem auch die<br />
Beiträge zur Rentenversicherung bemessen<br />
werden. Ist der beitragspflichtige Anteil<br />
der Nachzahlung jedoch dadurch gemindert<br />
oder auf 0 reduziert, weil bereits einmalig<br />
gezahltes Arbeitsentgelt für die Bemessung<br />
der Beiträge zur Rentenversicherung herangezogen<br />
wurde, ist für die Bemessung der<br />
Umlagen aus der Nachzahlung der variablen<br />
Arbeitsentgeltbestandteile eine von der<br />
Rentenversicherung abweichende Bemessungsgrundlage<br />
zu bilden.<br />
Die Ausführungen zur Berechnung der<br />
Umlagen gelten gleichermaßen bei einer<br />
finanziellen Abgeltung von Zeitguthaben<br />
aus einer sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelung.<br />
■<br />
Siehe hierzu auch Besprechung über Fragen<br />
des gemeinsamen Beitragseinzugs am<br />
14./15. November 2012, www.bkk.de/<br />
service/130205.<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 15
STEUERRECHT<br />
Steuerliche Neuerungen bei<br />
Auslandsaufenthalten<br />
Aktuelle steuerliche Neuregelungen<br />
bei beruflicher<br />
Auswärtstätigkeit.<br />
Private Telefonkosten bei beruflicher<br />
Auswärtstätigkeit<br />
In einem aktuellen Urteil vom 5. Juli 2012<br />
(VI R 50/10) hat der Bundesfinanzhof (BFH)<br />
entschieden, dass auch Aufwendungen für<br />
private Telefonate, die während einer längeren<br />
beruflichen Auswärtstätigkeit eines Arbeitnehmers<br />
entstehen, als beruflich veranlasster<br />
Mehraufwand anzusehen sind.<br />
Geklagt hatte ein Soldat, der während eines<br />
längeren Auslandseinsatzes regelmäßig an<br />
den Wochenenden Telefongespräche mit<br />
seiner Lebensgefährtin und Angehörigen<br />
in Deutschland führte. Zwar handelt es sich<br />
bei den Aufwendungen für Telefonate privaten<br />
Inhalts mit Angehörigen regelmäßig um<br />
steuerlich unbeachtliche Kosten der privaten<br />
Lebensführung. Ob Aufwendungen der<br />
beruflichen Sphäre oder der privaten Lebensführung<br />
zuzurechnen sind, entscheidet<br />
sich jedoch unter Würdigung aller Umstände<br />
des Einzelfalls.<br />
16 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
In dem vorliegenden Fall werden die privaten<br />
Gründe der Kontaktaufnahme durch<br />
die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit<br />
überlagert, so der BFH. Denn bei einer<br />
Abwesenheitsdauer von mindestens einer<br />
Woche sind die notwendigen privaten Dinge<br />
aus der Ferne nur durch Mehrkosten für<br />
Telefonate zu regeln. Dieser Mehraufwand<br />
ist ganz überwiegend durch den beruflichen<br />
Veranlassungszusammenhang geprägt, mit<br />
der Folge, dass Arbeitnehmer die anfallenden<br />
Telefonkosten als berufliche Werbungskosten<br />
ansetzen können.<br />
Neue Pauschalen für Auslandsreisekosten<br />
ab 1. Januar 2013<br />
Bei einer beruflichen Tätigkeit im Ausland<br />
treten an die Stelle der Inlandspauschbeträge<br />
länderweise unterschiedliche Pauschbeträge,<br />
die vom Bundesministerium für Finanzen<br />
(BMF) regelmäßig neu festgesetzt<br />
werden. Dabei bestimmt sich der Pauschbetrag<br />
nach dem Ort, den der Arbeitnehmer<br />
vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht,<br />
oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach<br />
dem letzten Tätigkeitsort im Ausland. Das<br />
BMF hat mit Schreiben vom 17. Dezember<br />
2012 (IV C 5 – S 2353/08/10006:003) neue<br />
länderspezifische Pauschbeträge für beruflich<br />
veranlasste Auslandsreisen festgelegt.<br />
Durch das neue BMF-Schreiben wird eine<br />
Reihe von Auslandspauschalen erhöht (zum<br />
Beispiel für Frankreich und Italien) und für einige<br />
wenige Länder herabgesetzt (zum Beispiel<br />
Österreich). Darüber hinaus wurde die<br />
Übersicht um bisher nicht aufgeführte Länder<br />
und Regionen erweitert. Für Länder, die<br />
nicht in der Übersicht der Finanzverwaltung<br />
zu finden sind, ist weiterhin der für Luxemburg<br />
geltende Pauschbetrag maßgebend.<br />
Bei nicht erfassten Übersee- und Außengebieten<br />
eines Landes ist der Pauschbetrag<br />
des Mutterlandes anzusetzen.<br />
Die Mehraufwendungen für Verpflegung<br />
können nur in Form der in der Übersicht<br />
ausgewiesenen pauschalen Auslandstagegelder<br />
und nur für einen Zeitraum von<br />
maximal drei Monaten<br />
steuerfrei<br />
erstattet werden.<br />
Bei einer Abwesenheit<br />
von weniger als<br />
acht Stunden kann –<br />
ebenso wie bei Inlandsreisen<br />
– kein steuerfreier<br />
Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen<br />
gewährt werden. Bei Flugreisen, die sich<br />
über mehr als zwei Kalendertage erstrecken,<br />
ist für die Tage, die zwischen dem Tag des<br />
Abflugs und dem Tag der Landung liegen,<br />
das für Österreich geltende Tagegeld maßgebend.<br />
Bei Flugreisen gilt ein Land in dem<br />
Zeitpunkt als erreicht, in dem das Flugzeug<br />
dort landet. Zwischenlandungen bleiben unberücksichtigt,<br />
es sei denn, dass durch sie<br />
Übernachtungen notwendig werden (R 9.6<br />
Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 Satz 1 LStR). Bei<br />
Schiffsreisen ist das für Luxemburg geltende<br />
Tagegeld und für die Tage der Einschiffung<br />
und der Ausschiffung das für den Hafenort<br />
geltende Tagegeld maßgebend. Besucht der<br />
Arbeitnehmer bei eintägigen Auslandsreisen<br />
mehrere Länder, so richtet sich das Auslandstagegeld<br />
nach dem letzten Tätigkeitsort<br />
im Ausland. Ein volles Auslandstagegeld<br />
kann nur bei einer Abwesenheitsdauer von<br />
mindestens 24 Stunden gezahlt werden.<br />
Die in der Übersicht genannten Pauschbeträge<br />
für Übernachtungskosten sind<br />
ausschließlich in den Fällen der Arbeitgebererstattung<br />
anwendbar. Für den Werbungskostenabzug<br />
können dagegen nur die<br />
tatsächlich angefallenen Übernachtungskosten<br />
geltend gemacht werden. Die neuen<br />
Pauschalen für Auslandsreisekosten gelten<br />
auch für Fälle einer doppelten Haushaltsführung<br />
im Ausland. ■<br />
Eine Übersicht über die steuerliche<br />
Behandlung von Reisekosten und<br />
Reisekostenvergütungen bei betrieblich<br />
und beruflich veranlassten Auslandsreisen<br />
ab 1. Januar 2013 finden<br />
Sie unter: http://www.bundes<br />
finanzministerium.de/Content/<br />
DE/Downloads/BMF_Schreiben/<br />
Steuerarten/Lohnsteuer/2012-<br />
12-17-umzugskosten.pdf?__<br />
blob=publicationFile&v=2<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 17
ARBEITSRECHT<br />
Aktuelle Urteile<br />
Leiharbeiter können mitzählen<br />
Für die Bestimmung der Arbeitnehmerzahl<br />
nach dem Kündigungsschutzgesetz<br />
(KSchG) werden Leiharbeiter mit einbezogen,<br />
wenn sie einen „in der Regel“<br />
vorhandenen Personalbedarf abdecken.<br />
Im verhandelten Fall war der Kläger<br />
seit Juli 2007 mit neun weiteren eigenen<br />
Arbeitnehmern bei seinem Arbeitgeber<br />
beschäftigt. Im November 2009 kündigte<br />
der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis<br />
fristgerecht. In seiner Kündigungsschutzklage<br />
führte der Mitarbeiter an,<br />
bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten<br />
Arbeitnehmer seien auch die im Unternehmen<br />
eingesetzten Leiharbeitnehmer<br />
zu berücksichtigen. Somit habe die<br />
Beschäftigtenzahl über zehn Arbeitnehmern<br />
gelegen und das KSchG sei anzuwenden.<br />
<br />
Das Bundesarbeitsgericht gab dem<br />
Kläger Recht. Es sei nicht auszuschließen,<br />
dass im Betrieb der Beklagten in<br />
der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer<br />
im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 3 KSchG<br />
beschäftigt waren. Die Herausnahme<br />
der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich<br />
des KSchG solle der oft geringen<br />
Finanzausstattung und dem hohen Verwaltungsaufwand<br />
eines Kündigungsschutzprozesses<br />
Rechnung tragen. Dies<br />
rechtfertige keine Unterscheidung danach,<br />
ob die den Betrieb kennzeichnende<br />
regelmäßige Personalstärke auf dem<br />
Einsatz eigener oder entliehener Arbeitnehmer<br />
beruhe.<br />
BAG vom 24.1.2013 – 2 AZR 140/12<br />
▼ ▼<br />
Bewerberdiskriminierung wegen<br />
Alters<br />
Für einen abgelehnten 36-jährigen Bewerber<br />
mit Berufserfahrung ist eine Stellenausschreibung,<br />
in der ein Arbeitgeber<br />
„Hochschulabsolventen/Young Professionals“<br />
sucht, ein Indiz für die Benachteiligung<br />
wegen seines Alters.<br />
In diesem Fall hatte das Unternehmen<br />
Zeitungsinserate für sein Traineeprogramm<br />
aufgegeben, in denen es unter<br />
anderem hieß: „Dabei sollen jährlich zunächst<br />
zwei Hochschulabsolventen rekrutiert<br />
[...] werden. Da es sich der Definition<br />
nach um Berufsanfänger handelt, [...].“<br />
Der damals 36-jährige Bewerber, ein Volljurist<br />
mit mehrjähriger Berufserfahrung,<br />
erhielt eine Absage. Dies sah er als eine<br />
Benachteiligung wegen seines Alters<br />
an und verlangte vom Unternehmen eine<br />
Entschädigung. Die Beklagte bestritt die<br />
Diskriminierung und begründete die Auswahl<br />
mit den Examensnoten. Es seien<br />
nur diejenigen Bewerber in Betracht gezogen,<br />
die Examensnoten von gut oder<br />
sehr gut aufgewiesen hätten.<br />
Der Kläger hatte vor Gericht teilweise<br />
Erfolg. Eine Stellenausschreibung, die<br />
sich an Hochschulabsolventen und Berufsanfänger<br />
richte, begründe ein Indiz<br />
für eine Altersbenachteiligung des abgelehnten<br />
Klägers. Dieses Indiz könne das<br />
Unternehmen zum Beispiel mit der Auswahl<br />
nach Examensnoten widerlegen.<br />
BAG vom 24.1.2013 – 8 AZR 429/11<br />
Frage an einen Bewerber nach<br />
eingestelltem Ermittlungsverfahren<br />
Ein Arbeitgeber darf den Stellenbewerber<br />
nicht nach eingestellten strafrechtlichen<br />
Ermittlungsverfahren fragen. Wird<br />
diese Frage dennoch gestellt und verneint<br />
der Bewerber sie wahrheitswidrig,<br />
darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis<br />
nicht nachträglich wegen dieser<br />
Falschauskunft kündigen.<br />
Der Arbeitnehmer bewarb sich als<br />
Lehrer in NRW. Vor seiner Einstellung<br />
hatte er auf einem Vordruck zu erklären,<br />
ob er vorbestraft sei, und zu versichern,<br />
dass gegen ihn innerhalb der letzten drei<br />
Jahre und auch aktuell kein Ermittlungsverfahren<br />
der Staatsanwaltschaft anhängig<br />
sei. Der Kläger unterzeichnete den<br />
Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen<br />
Ermittlungsverfahren zu machen. Einen<br />
Monat nach seiner Einstellung veranlasste<br />
ein anonymer Hinweis die zuständige<br />
▼<br />
Bezirksregierung, die Staatsanwaltschaft<br />
um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle<br />
zu bitten. Die daraufhin übersandte<br />
Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153<br />
ff. StPO eingestellte Ermittlungsverfahren<br />
gegen den Lehrer aus. Das beklagte<br />
Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich,<br />
hilfsweise ordentlich, weil<br />
der Kläger die Frage nach Ermittlungsverfahren<br />
unrichtig beantwortet habe.<br />
Der Lehrer hielt die Kündigung für unwirksam,<br />
eingestellte Ermittlungsverfahren<br />
habe er nicht angeben müssen.<br />
Sowohl die außerordentliche als auch<br />
die ordentliche Kündigung wurden vor<br />
Gericht als unwirksam angesehen. Eine<br />
unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren<br />
ist in Nordrhein-Westfalen nur<br />
zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift<br />
erlaubt ist oder der Betroffene<br />
einwilligt. Informationen zu abgeschlossenen<br />
Ermittlungsverfahren sind für die<br />
Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht<br />
erforderlich und damit nicht durch § 29<br />
des Datenschutzgesetzes NRW abgedeckt.<br />
Die allein auf die wahrheitswidrige<br />
Beantwortung der Frage gestützte Kündigung<br />
verstieß deshalb gegen das Grundgesetz<br />
und das Recht auf informationelle<br />
Selbstbestimmung und war deshalb gemäß<br />
§ 138 Absatz 1 BGB unwirksam.<br />
BAG vom 15.11.2012 – 6 AZR 339/11<br />
18 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
GESUNDHEIT IM BETRIEB<br />
Stressreport 2012<br />
Die Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen und psychischen<br />
Störungen sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus<br />
von Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik gerückt. Die aktuelle Diskussion<br />
gründet vor allem auf der Annahme, dass immer mehr Erwerbstätige<br />
durch steigende Anforderungen und zunehmende Belastungen im<br />
Beruf an Stress und psychischen Beschwerden leiden und infolgedessen<br />
erkranken. Der „Stressreport Deutschland“ der Bundesanstalt für<br />
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und des Bundesinstituts für<br />
Berufsbildung geht dieser Frage nach und informiert zudem über den<br />
Stand von Arbeitsbedingungen, die sich in Form von Ressourcen als positiv<br />
wirkende Aspekte erwiesen haben. Darüber hinaus geht es um die<br />
Veränderung des Stresserlebens und um die Frage, in welchem Maße<br />
Arbeitnehmer sich den Anforderungen gewachsen fühlen. Ebenso werden<br />
Verbindungen zwischen Anforderungen und Ressourcen einerseits<br />
sowie Stress und Stressfolgen andererseits hergestellt. Psychische und<br />
physische Faktoren werden dabei gleichermaßen beachtet.<br />
Krank zur Arbeit – ein übliches Phänomen<br />
In der aktuellen Erwerbstätigenbefragung wurden 2011/2012 20.000<br />
Menschen unter anderem danach befragt, wie oft sie in den vergangenen<br />
zwölf Monaten krank zur Arbeit gegangen seien. Die Befragten gaben<br />
durchschnittlich 11,5 Tage an. An 17,4 Tagen sind sie nach eigenen<br />
Angaben im Vergleichszeitraum krank zu Hause geblieben. Besonders<br />
unter Leistungs-, Termin- und Zeitdruck stehende Beschäftigte gaben<br />
nach Darstellung der Forschungseinrichtungen an, krank zur Arbeit zu<br />
gehen. Weitere kritische Faktoren waren mangelnde Vertretungsmöglichkeiten<br />
und Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes.<br />
Konkrete Folgen aus diesem Verhalten sieht die BAuA in nachlassender<br />
Leistungsfähigkeit und einer abnehmenden Produktivität. Sie warnt<br />
vor allem vor Langzeit folgen. ■<br />
Den Stressreport 2012 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin (BAuA) können Sie im Internet herunterladen unter<br />
www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd68.html.<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 19
GESUNDHEIT IM BETRIEB<br />
Rundum gesund –<br />
25 Jahre Gesundheitszirkel<br />
Gesundheitszirkel erarbeiten<br />
Lösungen für gesundheitsbelastende<br />
Probleme im Betrieb.<br />
Er ist aus Betrieben kaum mehr<br />
wegzudenken: Der Gesundheitszirkel,<br />
in dem sich Mitarbeiter<br />
und Vorgesetzte über die Arbeitsbedingungen<br />
im Unternehmen austauschen.<br />
Ende 2012 feierte diese<br />
Gesundheitsinstitution ihren 25. Geburtstag.<br />
Die Betriebliche Gesundheitsförderung<br />
(BGF) ist heute aktueller denn je<br />
und in vielen Betrieben bereits fest verankert.<br />
Auch die Politik hat erkannt, dass<br />
von ihrer Seite Handlungsbedarf in diesem<br />
Bereich besteht. Sie plant, ein Präventionsgesetz<br />
auf den Weg zu bringen. Denn eines<br />
war schon vor 25 Jahren klar: Prävention<br />
beginnt nicht erst beim Arzt, sondern<br />
dort, wo die Menschen leben und arbeiten.<br />
Mit der Gründung der Gesundheitszirkel vor<br />
25 Jahren sollten die Präventionsangebote<br />
dort angeboten werden, wo sie wirklich gebraucht<br />
werden. Denn der traditionelle Arbeits-<br />
und Gesundheitsschutz wurde als<br />
vorschriftenzentriert empfunden. Er ließ<br />
keine aktive Mitwirkung der Beschäftigten<br />
zu und löste weder die Probleme der Unternehmen<br />
mit steigenden Krankenständen<br />
durch chronische Volkskrankheiten noch die<br />
der Beschäftigten durch einen wirksamen<br />
Schutz ihrer Gesundheit am Arbeitsplatz.<br />
Analyseinstrumente für BGF<br />
Ausgangspunkt für den „Betrieblichen Gesundheitsbericht“<br />
bildeten und bilden bis<br />
heute vor allem die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen<br />
der Krankenkassen. Mit deren Hilfe<br />
lassen sich Bereiche im Betrieb identifizieren,<br />
in denen erhöhte Arbeitsbelastungen<br />
und<br />
erhöhte<br />
Erkrankungsraten<br />
zusammentreffen.<br />
Später wurden<br />
auch Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen,<br />
Gefährdungsbeurteilungen<br />
und Expertenratings als Datenquellen<br />
einbezogen.<br />
Durchgesetzt hat sich der Betriebliche<br />
Gesundheitsbericht für alle größeren Unternehmen.<br />
Für kleinere Unternehmen bietet<br />
sich dagegen – unter den Aspekten des Datenschutzes<br />
und des geringeren Aufwandes<br />
– die Mitarbeiterbefragung als eine vergleichbar<br />
geeignete Methode der Analyse an.<br />
Gesundheitszirkel überwindet<br />
Hierarchiegrenzen<br />
Gesundheitszirkel stellen eine besonders<br />
wirkungsvolle Methode der Intervention<br />
20 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
Vorgehensweisen übersetzt und die Gesundheitsförderung<br />
nachhaltig im Unternehmen<br />
verankert werden.<br />
Außerdem muss die Betriebliche Gesundheitsförderung<br />
bei ihren Adressaten –<br />
den Beschäftigten – auch wirklich ankommen.<br />
Diese Forderung mag trivial klingen,<br />
ihre Nichtbeachtung hat aber schon viele<br />
engagierte Projekte scheitern lassen. Die<br />
Kommunikation mit den Beschäftigten, aber<br />
auch mit den betrieblichen Stellen, muss<br />
während des gesamten Prozesses gewährleistet<br />
sein.<br />
dar,<br />
weil sie<br />
Betroffene<br />
zu Beteiligten machen<br />
und mit geringem<br />
Aufwand umsetzbare Lösungen<br />
schaffen. Hier kommen die Beteiligten<br />
über die Hierarchiegrenzen hinweg – oft<br />
mit Arbeitnehmervertretern, Geschäftsleitung<br />
und Vertretern der BKK – zusammen,<br />
um sich mit konkreten gesundheitsbelastenden<br />
Aspekten in ihrem Unternehmensteil<br />
zu beschäftigen und gemeinsam nach<br />
Lösungen zu suchen.<br />
Von den Instrumenten zum Prozess<br />
Neben Gesundheitsreport und Gesundheitszirkel<br />
ist ein tragendes, gelebtes Konzept<br />
zur Betrieblichen Gesundheitsförderung<br />
notwendig. Nur so können die<br />
gesammelten Erkenntnisse in praktische<br />
Perspektiven<br />
Hohe Anforderungen, Qualität, Flexibilität<br />
und Unsicherheit sowie älter<br />
werdende Belegschaften sind die<br />
bestimmenden Faktoren der heutigen<br />
Arbeitswelt, und jeder einzelne<br />
würde reichen, die Krankenstände<br />
steigen zu lassen. Hierauf müssen<br />
Unternehmen und Krankenkassen<br />
gemeinsam Antworten finden. Der<br />
beste Weg ist die Beteiligung und die<br />
Nutzung des Erfahrungs- und Veränderungswissens<br />
der Betroffenen. Die<br />
Geschichte der Gesundheitszirkel hat<br />
gezeigt, dass dieses Verfahren funktioniert.<br />
Heute kommt es darauf an, das<br />
Vertrauen der Beschäftigten zu gewinnen,<br />
und ihnen glaubhaft den Sinn ihres Engagements<br />
zu vermitteln. Gesundheitsförderung<br />
im Unternehmen hilft Krankenstände<br />
zu senken. So wird eine Win-Win-Situation<br />
geschaffen, die Unternehmen, Beschäftigten<br />
und Krankenkassen gleichermaßen zugutekommt.<br />
■<br />
HINTERGRUND<br />
Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) geht zurück auf die Verabschiedung<br />
der Ottawa-Charta der WHO im Jahre 1986. Diese stellte fest,<br />
dass auch Präventionsmaßnahmen im beruflichen Zusammenhang zur<br />
Förderung der Gesundheit genutzt werden können und sollten. So gewann<br />
der Arbeitsschutz, aber auch der neu geschaffene betriebliche Gesundheitsschutz<br />
einen höheren Stellenwert.<br />
Der politische Durchbruch kam 1989, als die Gesetzliche Krankenversicherung<br />
mit dem § 20 SGB V einen eigenen Handlungsauftrag zu Prävention<br />
und Gesundheitsförderung erhielt. Danach sollen die Krankenkassen Leistungen<br />
zur primären Prävention erbringen und den Arbeitsschutz ergänzende<br />
BGF-Maßnahmen durchführen.<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 21
SCHLUSSPUNKT<br />
Gesetzliche Renten sollen bis 2026 um 36 Prozent steigen<br />
In den kommenden 14 Jahren werden<br />
die gesetzlichen Renten um 36 Prozent<br />
und der Beitragssatz zur Rentenversicherung<br />
auf knapp 21 Prozent steigen.<br />
Dies prognostiziert die Bundesregierung<br />
im Rahmen ihrer Berichterstattung im<br />
Bundestag.<br />
Modellrechnungen zufolge steigen<br />
die Renten bis zum Jahr 2026 um insgesamt<br />
rund 36 Prozent an. Die Entwicklung<br />
entspreche einer durchschnittlichen<br />
Steigerungsrate von<br />
gut zwei Prozent pro Jahr. Das Sicherungsniveau<br />
vor Steuern sinke von<br />
49,6 Prozent im Jahr 2012 auf 48 Prozent<br />
in 2020 und schließlich weiter auf<br />
46,0 Prozent im Jahr 2026, heißt es in<br />
der Vorlage. Der Rentenversicherungsbericht<br />
liefert auf Basis aktueller Daten<br />
einen Überblick über die Einnahmen und<br />
Ausgaben der Rentenversicherung und<br />
beschreibt mittels Modellrechnungen<br />
die künftige Entwicklung der Rentenfinanzen<br />
in den kommenden 15 Jahren.<br />
Prognose: Beitragssatz steigt auf<br />
20,9 Prozent<br />
Der Beitragssatz, der für das aktuelle<br />
Jahr 18,9 Prozent beträgt, bleibe laut<br />
Bericht infolge der Verstetigungsregel<br />
in der mittleren Variante bis 2018 unverändert<br />
auf diesem Niveau. Anschließend<br />
steige der Beitragssatz wieder an,<br />
auf 19,3 Prozent im Jahr 2019, dann auf<br />
19,7 Prozent im Jahr 2020, auf 19,9 Prozent<br />
im Jahr 2021 und auf 20,1 Prozent<br />
im Jahr 2022. In den Folgejahren nehme<br />
er bis 2026 auf 20,9 Prozent zu. Sowohl<br />
Beitragssatz als auch Sicherungsniveau<br />
vor Steuern bewegen sich damit im Rahmen<br />
der im Gesetz vorgesehenen Grenzen<br />
von 20 Prozent beziehungsweise<br />
46 Prozent bis zum Jahr 2020 und von<br />
22 Prozent beziehungsweise 43 Prozent<br />
bis zum Jahr 2030, heißt es in dem Bericht<br />
weiter.<br />
Heutige Rentnergeneration gut<br />
versorgt<br />
Ebenfalls unterrichtet hat die Bundesregierung<br />
den Bundestag über die Situation<br />
der aktuellen Alterssicherung. Demnach<br />
sei die heutige Generation der<br />
Rentner überwiegend gut versorgt, heißt<br />
es im Alterssicherungsbericht 2012. Nur<br />
etwa 2,5 Prozent der 65-Jährigen und Älteren<br />
seien auf Leistungen der Grundsicherung<br />
angewiesen. Im Jahr 2011 erreichten<br />
Ehepaare ein durchschnittliches<br />
Netto-Gesamteinkommen in Höhe von<br />
2.433 EUR im Monat, alleinstehende<br />
Männer 1.560 EUR und alleinstehende<br />
Frauen 1.292 EUR.<br />
Wunschthema – machen Sie mit<br />
Was brauchen Sie für Ihre Arbeit?<br />
Ihnen brennt etwas unter den Nägeln? Sie möchten gern Informationen zu<br />
einem bestimmten Thema im <strong>SERVICE</strong> lesen? In Ihrem Unternehmen ist eine<br />
Frage aufgekommen? Dann schreiben Sie uns Ihr Wunsch thema per<br />
E-Mail. Unter betriebsservice@bkk.de nehmen wir Ihre Anregungen gern<br />
entgegen.<br />
22 <strong>SERVICE</strong> 2/2013
Neues zum Meldeverfahren<br />
Modifizierung des Abgabegrundes<br />
„34“ – Abmeldung<br />
wegen Beschäftigungsende<br />
Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt<br />
gilt in der Sozialversicherung als<br />
fortbestehend, so lange das Beschäftigungsverhältnis<br />
ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt<br />
fortdauert, jedoch längstens<br />
für einen Monat. Dies gilt auch bei<br />
Zubilligung einer Rente wegen verminderter<br />
Erwerbsfähigkeit.<br />
Eine Beendigung eines Arbeitsverhältnisses<br />
wegen dauerhafter oder<br />
zeitlich begrenzter Erwerbsminderung<br />
oder bei Erreichen der Altersgrenze für<br />
den Bezug einer Altersrente ist gesetzlich<br />
nicht vorgeschrieben. Das Arbeitsverhältnis<br />
endet aus vorgenannten Anlässen<br />
jedoch dann, wenn dies in einem<br />
Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung<br />
oder im Arbeitsvertrag ausdrücklich<br />
so vorgesehen beziehungsweise<br />
vereinbart ist. In einigen Tarifverträgen<br />
sind beispielsweise Regelungen enthalten,<br />
wonach das Arbeitsverhältnis bei<br />
Gewährung einer Rente wegen voller<br />
Erwerbsminderung mit Ablauf des Monats<br />
endet, in dem der Bescheid des<br />
Rentenversicherungsträgers zugestellt<br />
wird. Beginnt die Rente erst nach Zustellung<br />
des Rentenbescheides, endet<br />
das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages<br />
vor Rentenbeginn.<br />
Dadurch kann das sozialversicherungsrechtliche<br />
Beschäftigungsverhältnis<br />
nach Zubilligung einer Erwerbsminderungsrente<br />
bereits vor Ablauf der<br />
Monatsfrist enden. Der Abgabegrund<br />
„34“ für das Meldeverfahren ist daher<br />
modifiziert worden und wird ab sofort<br />
wie folgt beschrieben:<br />
34 = Abmeldung wegen Ende<br />
des Fortbestehens eines sozialversicherungsrechtlichen<br />
Beschäftigungsverhältnisses<br />
nach<br />
§ 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV<br />
Ein Beispiel hierzu finden Sie im Internet<br />
unter www.bkk.de/service/<br />
130206.<br />
Kennzeichen Mehrfachbeschäftigung<br />
Der Hinzutritt einer weiteren Beschäftigung<br />
stellt keinen meldepflichtigen Tatbestand<br />
dar. Daher kann nur der Arbeitgeber<br />
zur Angabe des Kennzeichens<br />
verpflichtet werden, bei dem der Arbeitnehmer<br />
die weitere Beschäftigung<br />
aufnimmt. Dadurch ist auch gewährleistet,<br />
dass in der laufenden Hauptbeschäftigung<br />
nicht rückwirkend Stornierungen<br />
erforderlich werden.<br />
Einzelheiten zu diesem Thema finden<br />
Sie auch im Gemeinsamen Rundschreiben<br />
zum Meldeverfahren vom 15. Juli<br />
1998 in der Fassung vom 6. Dezember<br />
2012 unter www.bkk.de.<br />
Vorschau<br />
Für die nächsten<br />
Ausgaben ist geplant<br />
<br />
<br />
Betriebliches Eingliederungsmanagement<br />
aus gesundheitlicher,<br />
arbeits- und steuerrechtlicher Sicht<br />
Beseitigung sozialer Überforderung<br />
bei Beitragsschulden<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
BKK Bundesverband<br />
Kronprinzenstr. 6, 45128 Essen<br />
E-Mail: betriebsservice@bkk-bv.de<br />
© 2013 BKK Bundesverband<br />
Alle Rechte vorbehalten, Nachdruck und Vervielfältigung<br />
nur mit Genehmigung des Herausgebers.<br />
BKK ® und das BKK Logo sind registrierte<br />
Schutzmarken des BKK Bundesverbandes.<br />
Verantwortlicher Redakteur: Stefan Allary<br />
Redaktion: Axel-Friedrich Foerster, Ines Kaplan,<br />
Sigrun Knoche, Dirk Lenzing, Inken Roeder<br />
in Kooperation mit<br />
Optimum Medien & Service, München<br />
Layout: Nina Schmidt<br />
Redaktionsschluss: 15.3.2013<br />
Verlag:<br />
© MBO Verlag GmbH<br />
Feldstiege 100, 48161 Münster<br />
Druck: Fromm GmbH & Co. KG, Osnabrück<br />
ISSN 2192-788X<br />
Bestellung der Zeitschrift:<br />
MBO Verlag GmbH<br />
Feldstiege 100, 48161 Münster<br />
www.mbo-verlag.com<br />
Dirk Hüsken<br />
Telefon: 02533/9300-300<br />
Telefax: 02533/9300-35<br />
E-Mail: service@wolterskluwer.de<br />
» «<br />
Misstraust Du einem Menschen,<br />
so stelle ihn nicht ein.<br />
Stellst Du ihn aber ein,<br />
so misstraue ihm nicht.<br />
Chinesisches Sprichwort<br />
Bildnachweise:<br />
Titel, S. 2: © beermedia – Fotolia.com<br />
S. 3: © contrastwerkstatt – Fotolia.com<br />
S. 5: © Zoonar – Thinkstock.de<br />
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S. 9: © Picture-Factory – Fotolia.com<br />
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S. 17: © Kaarsten – Fotolia.com<br />
S. 18: © Joachim B. Albers – Fotolia.com<br />
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S. 22: © Lifesize – Thinkstock.de<br />
Aus Gründen der Lesbarkeit werden im <strong>SERVICE</strong><br />
durchgehend die männlichen Wort formen verwendet,<br />
auch wenn geschlechts neutrale Aus sagen getroffen<br />
werden sollen.<br />
<strong>SERVICE</strong> 2/2013 23
actimonda. Mehr als nur Fakten.<br />
www.actimonda.de