KMU-Sprechstunde - Gewerbeverband des Kantons Luzern
KMU-Sprechstunde - Gewerbeverband des Kantons Luzern
KMU-Sprechstunde - Gewerbeverband des Kantons Luzern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>KMU</strong>-<strong>Sprechstunde</strong><br />
Arbeitsrecht<br />
Arbeitszeugnis<br />
Zum Glück ist sie vorbei, die Zeit der von Schlaumeiern in der<br />
Führungsetage gezinkten Arbeitszeugnisse. Arbeitnehmenden<br />
wird wieder ein faires, eindeutig und allgemein verständlich<br />
abgefasstes Arbeitszeugnis zugestanden. Ehrlich soll es sein,<br />
klar, aber wohlwollend. Schliesslich soll damit ja auch ein potenziell<br />
neuer Arbeitgeber eine reelle Information erhalten. Claudio<br />
Fanger erklärt, was ein Arbeitszeugnis warum wie enthalten<br />
muss.<br />
Schadenersatzpflicht bei Fehlinformation<br />
Unterlässt der Arbeitgeber relevante Informationen<br />
oder macht der Arbeitgeber auf Nachfrage <strong>des</strong><br />
potenziellen neuen Arbeitgebers die Vertrauenswürdigkeit<br />
<strong>des</strong> Arbeitnehmers glaubhaft, obwohl<br />
dieser einen Vertrauensmissbrauch begangen hat,<br />
so macht er sich gegenüber Dritten schadenersatzpflichtig,<br />
wenn diese als neue Arbeitgeber<br />
aufgrund unrichtiger Zeugnisse oder Auskünfte zu<br />
Schaden kommen (Art. 41 OR).<br />
Claudio Fanger, MLaw,<br />
Gewerbe-Treuhand AG<br />
<strong>KMU</strong>-<strong>Sprechstunde</strong><br />
Mit der <strong>KMU</strong>-<strong>Sprechstunde</strong><br />
fördert der<br />
<strong>Gewerbeverband</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Kantons</strong> <strong>Luzern</strong> offene<br />
Diskussionen und<br />
Meinungsbildungen.<br />
Er bietet damit seinen<br />
Mitgliedern kompetente<br />
Beratungen und<br />
Unterstützung an. Fragen,<br />
welche von allgemeinem<br />
Interesse sind<br />
sowie die jeweiligen<br />
Antworten darauf, veröffentlichen<br />
wir regelmässig<br />
in dieser Rubrik.<br />
Ein Fundus für den<br />
eigenen Geschäftsalltag.<br />
Kompetente<br />
Antworten auf<br />
Ihre Fragen<br />
Die <strong>KMU</strong>-<strong>Sprechstunde</strong><br />
hilft auch Ihnen weiter:<br />
Tel. 041 318 03 33.<br />
Für Verbandsmitglieder<br />
ist die Erstberatung<br />
kostenlos, für<br />
Nichtmitglieder kostet<br />
sie Fr. 100.–.<br />
Anfrage<br />
P. M., Verwaltungsrat der M.<br />
AG, möchte wissen, ob er seinem<br />
Mitarbeiter in ungekündigter<br />
Stellung ein Arbeitszeugnis<br />
ausstellen muss und<br />
was bei der Ausarbeitung <strong>des</strong><br />
Arbeitszeugnisses grundsätzlich<br />
zu beachten ist. Gleichzeitig kam bei ihm die<br />
Frage auf, wie er sich gegenüber potenziellen<br />
neuen Arbeitgebern <strong>des</strong> Arbeitnehmers zu verhalten<br />
hat, insbesondere wenn dieser in der Vergangenheit<br />
mit kleinen und grösseren Verfehlungen<br />
am Arbeitsplatz negativ aufgefallen ist.<br />
Antwort<br />
Von Gesetzes wegen kann der Arbeitnehmer<br />
jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis (Zwischenzeugnis)<br />
verlangen und nicht nur bei Beendigung<br />
<strong>des</strong> Arbeitsverhältnisses. Das Zeugnis<br />
hat sich über die Art und Dauer <strong>des</strong> Arbeitsverhältnisses<br />
sowie über die Leistungen und das Verhalten<br />
<strong>des</strong> Arbeitnehmers auszusprechen (Art.<br />
330a Abs. 2 OR). Mit der Art <strong>des</strong> Arbeitsverhältnisses<br />
ist die detaillierte Tätigkeitsaufzählung und<br />
Funktionsbeschreibung zu verstehen.<br />
Wahrheitsgetreu aber wohlwollend<br />
Das Arbeitszeugnis muss der Wahrheit entsprechen<br />
und wohlwollend sein, wobei die Wahrheitspflicht<br />
dem Wohlwollen vorgeht. Dies bedeutet,<br />
dass die Erwähnung negativer Aspekte<br />
erlaubt ist, sofern es für das Zeugnis von Relevanz<br />
ist. Einerseits darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />
nicht willkürlich in Misskredit bringen und<br />
somit sein wirtschaftliches Fortkommen<br />
erschweren und andererseits ist er zur Wahrheit<br />
verpflichtet. Die Leistungen <strong>des</strong> Arbeitnehmers<br />
sind also nach einem objektiven Massstab zu<br />
beurteilen. Unbedeutende Verfehlungen wie auch<br />
Loblieder auf den Arbeitnehmer sind in einem<br />
Arbeitszeugnis gleichermassen unangebracht.<br />
Eindeutig, klar und allgemeinverständlich<br />
Sprachlich ist das Arbeitszeugnis in der am<br />
Arbeitsplatz verkehrsüblichen, allgemein verständlichen<br />
und klaren Sprache abzufassen und<br />
es hat in seiner Aussage eindeutig zu sein. Dies<br />
hat beispielsweise zur Folge, dass das Arbeitszeugnis<br />
eines Mitarbeiters einer Niederlassung in<br />
der französisch sprechenden Schweiz in Französisch<br />
auszustellen ist.<br />
Vollständig und unterzeichnet<br />
Abschliessend ist festzuhalten, dass das Zeugnis<br />
vollständig sein muss. Sämtliche notwendigen<br />
Angaben zur Person <strong>des</strong> Arbeitgebers als auch <strong>des</strong><br />
Arbeitnehmers sind anzubringen. Die Aussagen<br />
im Zeugnis müssen sich auf die gesamte Arbeitsdauer<br />
beziehen. Die Leistungen <strong>des</strong> Arbeitnehmers<br />
sollen in quantitativer und qualitativer<br />
Hinsicht dargelegt werden und das Verhalten <strong>des</strong><br />
Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten und<br />
Kollegen ist festzuhalten. Der Arbeitgeber respektive<br />
die zuständige vorgesetzte Person hat das<br />
Zeugnis datiert zu unterzeichnen.<br />
Rechte <strong>des</strong> Arbeitnehmenden<br />
Falls das Zeugnis diesen Grundsätzen widerspricht,<br />
kann der Arbeitnehmer die Berichtigung<br />
<strong>des</strong> Zeugnisses verlangen. Darüber hinaus hat der<br />
Arbeitnehmer das Recht, unabhängig von der<br />
Richtigkeit <strong>des</strong> Zeugnisses zu verlangen, dass sich<br />
dieses auf die Angabe über Art und Dauer <strong>des</strong><br />
Arbeitsverhältnisses beschränkt (blosse Arbeitsbestätigung).<br />
Claudio Fanger<br />
GEWERBE LUZERN, April 2013<br />
27