HRRS Ausgabe 1/2013 - hrr-strafrecht.de
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Aufsätze und Anmerkungen<br />
Wegner – Transparenz und ein erweitertes Sanktionsrisiko für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
Darüber hinaus gibt es Überlegungen innerhalb <strong>de</strong>r<br />
WPK, ob zukünftig nicht auch gegen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
selbst berufsrechtliche Sanktionen<br />
verhängt wer<strong>de</strong>n sollen, d.h. nicht nur gegen <strong>de</strong>n individuell<br />
han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Berufsträger selbst. Verwiesen wur<strong>de</strong> in<br />
diesem Zusammenhang etwa auf die schon heute bestehen<strong>de</strong><br />
Möglichkeit, bei Kartellverstößen auch Unternehmen<br />
direkt zu ahn<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>nen heraus durch einzelne<br />
Personen Straftaten o<strong>de</strong>r Ordnungswidrigkeiten<br />
begangen wor<strong>de</strong>n sind.<br />
1. Berufsaufsicht und<br />
Berufsgerichtsbarkeit<br />
Bevor sogleich näher auf diese bei<strong>de</strong>n Überlegungen <strong>de</strong>r<br />
WPK eingegangen wird, sei zunächst das aktuelle Mo<strong>de</strong>ll<br />
<strong>de</strong>r Berufsaufsicht durch die WPK (§§ 61a WPO) und <strong>de</strong>r<br />
Berufsgerichtsbarkeit (§§ 67 ff. WPO) skizziert; dies<br />
scheint erfor<strong>de</strong>rlich, um die Überlegungen <strong>de</strong>r Kammer<br />
einordnen zu können. Darüber hinaus seien in diesem<br />
Zusammenhang einige verfahrensrechtliche Anmerkungen<br />
gestattet.<br />
a) Anlassunabhängige und anlassbezogene<br />
Kontrollen<br />
In <strong>de</strong>r WPO sind im Anschluss an die Rechte und Pflichten<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfer (§§ 43 ff.) und die Organisation<br />
<strong>de</strong>s Berufs (§§ 57 ff.) die Berufsaufsicht und die Berufsgerichtsbarkeit<br />
geregelt. Zuständig für die Berufsaufsicht ist<br />
die WPK (§ 61a WPO). Sie ermittelt,<br />
– soweit konkrete Anhaltspunkte 3 für einen Verstoß<br />
gegen Berufspflichten vorliegen (Nr. 1) und<br />
– bei Berufsangehörigen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften,<br />
die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen<br />
bei Unternehmen von öffentlichem<br />
Interesse nach § 319a Abs. 1 S. 1 HGB<br />
durchgeführt haben, stichprobenartig ohne beson<strong>de</strong>ren<br />
Anlass (§ 62b WPO) (Nr. 2)<br />
und entschei<strong>de</strong>t, ob das Rügeverfahren eingeleitet (§ 63<br />
WPO) o<strong>de</strong>r ob das Verfahren an die Berufsgerichtsbarkeit<br />
abgegeben (§ 84a WPO) wird (§ 61a S. 2 WPO).<br />
b) Zugriff <strong>de</strong>r WPK auf Handakten und<br />
sonstige Unterlagen<br />
Die Berufsträger können sich dieser Aufsicht bzw. Kontrolle<br />
durch die WPK nicht o<strong>de</strong>r nur unter sehr engen<br />
Veröffentlichung richtungsweisen<strong>de</strong>r berufsgerichtlicher Entscheidungen<br />
erfolgt regelmäßig im WPK Magazin unter <strong>de</strong>r Rubrik<br />
„Aus <strong>de</strong>r Rechtsprechung“. Rügeentscheidungen von allgemeinem<br />
Interesse wer<strong>de</strong>n im WPK Magazin als „Praktischer Fall“ o<strong>de</strong>r als<br />
Beitrag unter <strong>de</strong>r Rubrik „Informationen aus <strong>de</strong>r Berufspraxis“<br />
veröffentlicht. Die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 64 Abs. 1<br />
WPO) erlaubt <strong>de</strong>r WPK <strong>de</strong>rzeit (<strong>de</strong> lege lata) keine Aussagen zu<br />
einzelnen Verfahren, selbst wenn die dahinter stehen<strong>de</strong>n Sachverhalte<br />
von <strong>de</strong>r Öffentlichkeit diskutiert wer<strong>de</strong>n.“ (a.a.O., S. 3).<br />
3<br />
M.a.W.: ein „Anfangsverdacht“ i.S.v. § 152 Strafprozessordnung<br />
(StPO) o<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>n Einleitungsvoraussetzungen<br />
<strong>de</strong>s § 397 Abgabenordnung (AO).<br />
<strong>HRRS</strong> Januar <strong>2013</strong> (1/<strong>2013</strong>)<br />
Voraussetzungen entziehen. So haben persönliche Mitglie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r WPK nach § 62 Abs. 1 S. 1 WPO in Aufsichtsund<br />
Beschwer<strong>de</strong>sachen vor <strong>de</strong>r WPK zu erscheinen,<br />
wenn sie zur Anhörung gela<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. 4 Sie haben ferner<br />
Auskunft zu geben und ihre Handakten o<strong>de</strong>r sonstige<br />
Unterlagen, die für das Aufsichts- und Beschwer<strong>de</strong>verfahren<br />
von Be<strong>de</strong>utung sein können, vorzulegen (§ 62<br />
Abs. 1 S. 2 WPO). Die Auskunft und die Vorlage von<br />
Unterlagen können (nur) verweigert wer<strong>de</strong>n, wenn und<br />
soweit dadurch die Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt<br />
wür<strong>de</strong> (Abs. 2 S. 1). Die Auskunft kann durch <strong>de</strong>n Berufsträger<br />
verweigert wer<strong>de</strong>n, wenn und soweit sich<br />
dadurch die Gefahr ergäbe, wegen einer Straftat, einer<br />
Ordnungswidrigkeit o<strong>de</strong>r einer Berufspflichtverletzung<br />
verfolgt zu wer<strong>de</strong>n, und sich das Mitglied hierauf beruft.<br />
Wenn die Auskunft o<strong>de</strong>r die Vorlage von Unterlagen<br />
nicht verweigert wur<strong>de</strong>, besteht die Verpflichtung, richtige<br />
und vollständige Auskünfte zu erteilen und richtige<br />
und vollständige Unterlagen vorzulegen (S. 3).<br />
c) Beson<strong>de</strong>re Mitwirkung bei gesetzlicher<br />
Pflicht zur Abschlussprüfung<br />
Eine ganz wesentlich Einschränkung <strong>de</strong>r Dispositionsfreiheit<br />
<strong>de</strong>s Berufsträgers enthält § 62 Abs. 3 WPK: Danach<br />
können die richtige und vollständige Auskunft und<br />
Vorlage von Unterlagen nicht von <strong>de</strong>njenigen persönlichen<br />
Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r WPK verweigert wer<strong>de</strong>n, die zur<br />
Durchführung gesetzlich vorgeschriebener Abschlussprüfungen<br />
befugt sind o<strong>de</strong>r solche ohne diese Befugnis tatsächlich<br />
durchführen, wenn die Auskunft und die Vorlage<br />
von Unterlagen im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Prüfung<br />
eines <strong>de</strong>r gesetzlichen Pflicht zur Abschlussprüfung<br />
unterliegen<strong>de</strong>n Unternehmens stehen; § 62 Abs. 2 S. 2<br />
und 3 WPO gelten aber entsprechend. Nach Ansicht <strong>de</strong>s<br />
Verwaltungsgerichts Berlin 5 – das örtlich für alle verwaltungsrechtlichen<br />
Streitigkeiten mit <strong>de</strong>r WPK zuständig<br />
ist – stellt die nach § 62 Abs. 3 WPO uneingeschränkte<br />
Verpflichtung zur Übergabe <strong>de</strong>r Arbeitspapiere ein geeignetes,<br />
erfor<strong>de</strong>rliches und angemessenes und daher mit<br />
<strong>de</strong>m Nemo-Tenetur-Grundsatz zu vereinbaren<strong>de</strong>s Mittel<br />
zur Gewährleistung einer wirksamen Kontrolle <strong>de</strong>r Berufspflichten<br />
dar. Insbeson<strong>de</strong>re sei kein mil<strong>de</strong>res Mittel<br />
zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle <strong>de</strong>r Einhaltung<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Wirtschaftsprüfer obliegen<strong>de</strong>n Berufspflichten<br />
erkennbar, da ansonsten nur noch <strong>de</strong>rjenige<br />
Wirtschaftsprüfer überhaupt zu einer Vorlage seiner<br />
Arbeitspapiere verpflichtet wäre, <strong>de</strong>r seinen Berufspflichten<br />
in je<strong>de</strong>r Hinsicht nachkommt, womit aber die Vorlagepflicht<br />
– so das Verwaltungsgericht Berlin – „sinnlos“<br />
wür<strong>de</strong>.<br />
d) Unterschie<strong>de</strong> im Vergleich zu<br />
Steuerberatern und Rechtsanwälten<br />
Auffällig ist, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber die Berufsgruppen <strong>de</strong>r<br />
Rechtsanwälte und <strong>de</strong>r Steuerberater an<strong>de</strong>rs als die <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaftsprüfer behan<strong>de</strong>lt. So dürfen Rechtsanwälte<br />
(§ 56 Abs. 1 S. 2 Bun<strong>de</strong>srechtsanwaltsordnung [BRAO])<br />
4<br />
Regelmäßig wird allerdings im schriftlichen Verfahren<br />
Gelegenheit zur Stellungnahme geboten.<br />
5<br />
Urteil v. 24.11.2011 – 16 K 313.10.<br />
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