HRRS Ausgabe 1/2013 - hrr-strafrecht.de
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Aufsätze und Anmerkungen<br />
Wegner – Transparenz und ein erweitertes Sanktionsrisiko für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
und Steuerberater (§ 80 Abs. 1 S. 2 Steuerberatungsgesetz<br />
[StBerG]) bei <strong>de</strong>r Gefahr einer Selbstbelastung in<br />
Berufsaufsichtsverfahren nicht nur die Aussage, son<strong>de</strong>rn<br />
auch die Vorlage ihrer Handakten verweigern. Nach Ansicht<br />
<strong>de</strong>s VG Berlin 6 sind aber die Berufsgruppen <strong>de</strong>r<br />
Rechtsanwälte und Steuerberater mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfer<br />
insbeson<strong>de</strong>re dann nicht vergleichbar, wenn<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfer als Abschlussprüfer nach § 316<br />
Abs. 1 S. 1 HGB tätig wird, woraus sich eine uneingeschränkte<br />
Pflicht zur Vorlage <strong>de</strong>r Arbeitspapiere aus § 62<br />
Abs. 3 WPO erst ergebe. An<strong>de</strong>rs als Rechtsanwälte und<br />
Steuerberater wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfer als Abschlussprüfer<br />
aufgrund <strong>de</strong>r ihm als Kernaufgabe zugewiesenen<br />
Kontroll- und Bestätigungsfunktion im Rechtsund<br />
Wirtschaftsleben vorrangig im öffentlichen Interesse<br />
tätig. Daher bestehe auch ein beson<strong>de</strong>res öffentliches<br />
Interesse daran, seine Tätigkeit auf mögliche Berufspflichtverstöße<br />
hin zu kontrollieren. In <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
mit <strong>de</strong>r Kammer ist die mandatsbezogene Arbeit <strong>de</strong>s<br />
Berufsträgers also bereits heute sehr transparent.<br />
e) Verwertungsbeschränkungen<br />
Will man sich näher <strong>de</strong>n durch die WPK angestoßenen<br />
o.a. „Transparenz“-Überlegungen widmen, so ist aktuell<br />
auch § 62 Abs. 5 WPO in <strong>de</strong>n Blick zu nehmen. Danach<br />
dürfen die nach <strong>de</strong>n vorstehen<strong>de</strong>n Normen gegebenen<br />
Auskünfte und vorgelegten Unterlagen nur für Zwecke<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Auskunft und <strong>de</strong>r Vorlage zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n<br />
Ermittlungen in Aufsichts- und Beschwer<strong>de</strong>sachen verwertet<br />
wer<strong>de</strong>n; sobald die Unterlagen nicht mehr erfor<strong>de</strong>rlich<br />
sind, sind sie unverzüglich an <strong>de</strong>n Berufsträger<br />
zurückzugeben. Das VG Berlin wies in seiner o.a. Entscheidung<br />
vom 24.11.2011 ausdrücklich darauf hin, dass<br />
die uneingeschränkte Verpflichtung zur Vorlage <strong>de</strong>r<br />
Arbeitspapiere nach § 62 Abs. 1 S. 2 WPO auch <strong>de</strong>shalb<br />
angemessen sei, weil die so gewonnenen Erkenntnisse<br />
nur in einem Berufsaufsichtsverfahren gegen <strong>de</strong>n Wirtschaftsprüfer<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n dürfen und ansonsten –<br />
„beispielsweise in einem parallel geführten Strafverfahren“ – ein<br />
Verwertungsverbot besteht. 7<br />
f) Zwangsgeld<br />
Um Wirtschaftsprüfer zur Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten<br />
nach § 62 Abs. 1 bis 3 WPO anzuhalten, kann<br />
die WPK gegen sie – auch mehrfach – ein Zwangsgeld<br />
festsetzen. Das einzelne Zwangsgeld darf 1.000 EUR<br />
nicht übersteigen (§ 62a Abs. 1 WPO).<br />
6<br />
A.a.O.<br />
7<br />
Auf die strafprozessual be<strong>de</strong>utsame Unterscheidung zwischen<br />
einem Verwertungs- und einem Verwendungsverbot<br />
gehen we<strong>de</strong>r die Kommentierung von Krauß in Hense/Ulrich<br />
(Hrsg.), WPO (2008), § 62 noch das VG Berlin<br />
ein. Soweit sie jeweils davon auszugehen scheinen, dass die<br />
WPK für <strong>de</strong>n Berufsträger ein umfassen<strong>de</strong>r „Schutzhort“ ist<br />
und die dorthin übergebenen Unterlagen je<strong>de</strong>r drittbezogenen<br />
(Weiter-)Nutzung entzogen sind, ist dies sachlich zu<br />
begrüßen, sollte jedoch sprachlich in <strong>de</strong>r WPO klargestellt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
g) Sanktionsrisiken<br />
Stellt die WPK ein berufsrechtliches Fehlverhalten fest, so<br />
sind unterschiedliche Reaktionen <strong>de</strong>nkbar bzw. drohen<br />
verschie<strong>de</strong>ne Konsequenzen:<br />
aa) Der Vorstand <strong>de</strong>r WPK kann das Fehlverhalten <strong>de</strong>s<br />
Berufsträgers rügen und erfor<strong>de</strong>rlichenfalls die Aufrechterhaltung<br />
<strong>de</strong>s pflichtwidrigen Verhaltens entsprechend<br />
§ 68a WPO untersagen. Ein Antrag auf Einleitung eines<br />
berufsgerichtlichen Verfahrens ist nur dann erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
wenn eine schwere Schuld <strong>de</strong>s Mitglieds vorliegt und<br />
eine berufsgerichtliche Maßnahme zu erwarten ist (§ 63<br />
Abs. 1 S. 1 WPO). Die Rüge kann mit einer Geldbuße<br />
von bis zu 50.000 EUR verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n (S. 3). Der<br />
Vorstand <strong>de</strong>r WPK darf eine Rüge nicht mehr erteilen,<br />
wenn das berufsgerichtliche Verfahren gegen <strong>de</strong>n Berufsträger<br />
eingeleitet ist o<strong>de</strong>r wenn seit <strong>de</strong>r Pflichtverletzung<br />
mehr als fünf Jahre vergangen sind (Abs. 2 S. 1).<br />
bb) Hat <strong>de</strong>r Wirtschaftprüfer seine – gewichtigeren –<br />
Pflichten schuldhaft verletzt, so wird gegen ihn eine sog.<br />
berufsgerichtliche Maßnahme verhängt (§ 67 Abs. 1<br />
WPO). Die berufsgerichtlichen Maßnahmen sind nach<br />
§ 68 Abs. 1 WPO:<br />
– Geldbuße bis zu 500.000 EUR (Nr. 1),<br />
– Verbot, auf bestimmten Tätigkeitsgebieten für die<br />
Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren tätig zu<br />
wer<strong>de</strong>n (Nr. 2),<br />
– Berufsverbot von einem bis zu fünf Jahren (Nr. 3),<br />
– Ausschließung aus <strong>de</strong>m Beruf (Nr. 4).<br />
Ist durch ein Gericht o<strong>de</strong>r eine Behör<strong>de</strong> eine Strafe, eine<br />
Disziplinarmaßnahme, eine an<strong>de</strong>rweitige berufsgerichtliche<br />
Maßnahme o<strong>de</strong>r eine Ordnungsmaßnahme verhängt<br />
wor<strong>de</strong>n, so ist von einer berufsgerichtlichen Ahndung<br />
wegen <strong>de</strong>sselben Verhaltens abzusehen, wenn nicht eine<br />
berufsgerichtliche Maßnahme zusätzlich erfor<strong>de</strong>rlich ist,<br />
um <strong>de</strong>n Wirtschaftsprüfer zur Erfüllung seiner Pflichten<br />
anzuhalten und – d.h. kumulativ – das Ansehen <strong>de</strong>s Berufs<br />
zu wahren (§ 69 Abs. 1 WPO). Wann ein sog. berufsrechtlicher<br />
o<strong>de</strong>r disziplinarischer Überhang vorliegt,<br />
ist für <strong>de</strong>n jeweiligen Einzelfall zu entschei<strong>de</strong>n, ohne<br />
dass sich bislang starre Kriterien entwickelt hätten. 8<br />
cc) Die WPK veröffentlicht zusammengefasste Angaben<br />
über die von ihr und von <strong>de</strong>n Berufsgerichten verhängten<br />
Sanktionsmaßnahmen min<strong>de</strong>stens einmal jährlich in<br />
angemessener Weise (§ 63 Abs. 6 WPO). Ausweislich<br />
<strong>de</strong>s „Bericht über die Berufsaufsicht 2011 über Wirtschaftsprüfer<br />
und vereidigte Buchprüfer“ 9 wur<strong>de</strong>n im Jahr 2011 57<br />
Rügen (davon 25 mit Geldbuße zwischen 500 und<br />
14.000 EUR) bestandskräftig. Von <strong>de</strong>n mit einer Rüge<br />
abgeschlossenen Verfahren überprüfte <strong>de</strong>r Vorstand <strong>de</strong>r<br />
WPK 10 Rügen im Einspruchsverfahren. Sieben Rügen<br />
bestätigte er, in zwei Einspruchsverfahren erhöhte er die<br />
mit <strong>de</strong>r Rüge verbun<strong>de</strong>ne Geldbuße. In einem Fall hob<br />
<strong>de</strong>r Vorstand die Rüge auf und erteilte jeweils eine Beleh-<br />
8<br />
Siehe etwa die Darstellung von Engelhardt in Hense/Ulrich<br />
(Fn. 7), § 69a Rdnr. 12 ff.<br />
9<br />
http://www.wpk.<strong>de</strong>/pdf/WPK_Berufsaufsicht_2011.pdf.<br />
<strong>HRRS</strong> Januar <strong>2013</strong> (1/<strong>2013</strong>)<br />
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