HRRS Ausgabe 1/2013 - hrr-strafrecht.de
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Rechtsprechung<br />
hen wor<strong>de</strong>n sind o<strong>de</strong>r sich ergeben haben und das Gericht<br />
<strong>de</strong>swegen zu <strong>de</strong>r Überzeugung gelangt, dass <strong>de</strong>r in<br />
Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- o<strong>de</strong>r<br />
schuldangemessen ist. Dabei liegt die Prüfung und Entscheidung,<br />
ob eine mit <strong>de</strong>m materiellen Recht in Einklang<br />
stehen<strong>de</strong> Ahndung auch bei verän<strong>de</strong>rter Beurteilungsgrundlage<br />
noch im Rahmen <strong>de</strong>r getroffenen Verständigung<br />
möglich ist, im Verantwortungsbereich <strong>de</strong>s<br />
Gerichts (vgl. BGH NJW 2012, 3113).<br />
2. Bei <strong>de</strong>r Beantwortung <strong>de</strong>r Frage, ob die in Aussicht<br />
gestellten Strafrahmengrenzen auch auf verän<strong>de</strong>rter<br />
Beurteilungsgrundlage eine tat- und schuldangemessene<br />
Ahndung ermöglichen, kommt <strong>de</strong>m Gericht wie auch<br />
sonst bei Wertungsakten im Bereich <strong>de</strong>r Strafzumessung<br />
ein weiter Beurteilungsspielraum zu, <strong>de</strong>r erst überschritten<br />
ist, wenn die zugesagte Strafober- o<strong>de</strong>r die zugesagte<br />
Strafuntergrenze nicht mehr mit <strong>de</strong>n Vorgaben <strong>de</strong>s materiellen<br />
Rechts in Einklang zu bringen ist. Dies wäre etwa<br />
anzunehmen, wenn die Strafrahmenzusage sich unter<br />
Berücksichtigung von neu eingetretenen o<strong>de</strong>r erkannten<br />
Umstän<strong>de</strong>n so weit von <strong>de</strong>m Gedanken eines gerechten<br />
Schuldausgleichs entfernte, dass sie als unvertretbar<br />
erschiene.<br />
71. BGH 1 StR 377/12 – Beschluss vom 23.<br />
Oktober 2012 (LG Hei<strong>de</strong>lberg)<br />
Aufklärungspflicht (alleinige Vernehmung <strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r<br />
Hauptverhandlung gegen einen Zeugen wegen <strong>de</strong>rselben<br />
Tat beteiligten Richters); Inbegriffsrüge; Verwendung<br />
von DNA-Spuren (Darlegung im Urteil im Normalfall<br />
und in Son<strong>de</strong>rfällen).<br />
§ 244 Abs. 2 StPO; 261 StPO<br />
1. Wegen ihrer inzwischen anerkannten Standardisierung<br />
bedarf die bei <strong>de</strong>r DNA-Analyse verwen<strong>de</strong>te Untersuchungsmetho<strong>de</strong><br />
– wie auch diejenigen bei an<strong>de</strong>ren standardisierten<br />
Untersuchungsmetho<strong>de</strong>n, etwa bei <strong>de</strong>r Blutalkoholbestimmung<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Daktyloskopie – als solche<br />
keiner näheren Darlegung in <strong>de</strong>n Urteilsgrün<strong>de</strong>n mehr.<br />
2. An<strong>de</strong>rs soll es sich in bestimmten Konstellationen bei<br />
<strong>de</strong>r sich daran anknüpfen<strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeitsberechnung<br />
verhalten (BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2012 –<br />
3 StR 46/12 mwN, 6. März 2012 – 3 StR 41/12 und vom<br />
12. Oktober 2011 – 2 StR 362/11). Danach bedarf es in<br />
Fällen, in <strong>de</strong>nen diese Berechnung Beson<strong>de</strong>rheiten aufweist,<br />
<strong>de</strong>r Darlegung <strong>de</strong>r Berechnungsgrundlagen, um<br />
<strong>de</strong>m Revisionsgericht die Nachprüfung <strong>de</strong>r Schlüssigkeit<br />
und Richtigkeit <strong>de</strong>r Berechnung zu ermöglichen (vgl.<br />
BGH, Beschluss vom 3. Mai 2012 – 3 StR 46/12). Das ist<br />
regelmäßig <strong>de</strong>r Fall, wenn <strong>de</strong>r Angeklagte einer frem<strong>de</strong>n<br />
Hervorzuheben<strong>de</strong> Entscheidungen <strong>de</strong>s BGH: IV. Strafverfahrensrecht mit GVG<br />
Ethnie angehört (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2012 – 3<br />
StR 46/12) o<strong>de</strong>r wenn wegen sonstiger Beson<strong>de</strong>rheiten<br />
bei <strong>de</strong>r Vergleichspopulation infolge <strong>de</strong>s Vorhan<strong>de</strong>nseins<br />
mehrerer DNA-Merkmale (vgl. BGH, Beschluss vom 26.<br />
Mai 2009 – 1 StR 597/08; Urteil vom 12. August 1992 –<br />
5 StR 239/92, BGHSt 38, 320 ff.) die Anwendung <strong>de</strong>r<br />
sog. Produktregel für unabhängige Merkmale in Betracht<br />
kommt.<br />
64. BGH 2 ARs 285/12 (2 AR 256/12) – Beschluss<br />
vom 9. Oktober 2012 (LG Lüneburg)<br />
Zuständigkeitsbestimmung durch <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>sgerichtshof<br />
(keine Analogie; gesetzlicher Richter).<br />
§ 14 StPO; § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; Art. 101 Abs. 1 Satz<br />
2 GG<br />
Kompetenzen zur Zuständigkeitsbestimmung durch <strong>de</strong>n<br />
Bun<strong>de</strong>sgerichtshof können infolge <strong>de</strong>s gelten<strong>de</strong>n Grundsatzes<br />
<strong>de</strong>s gesetzlichen Richters nicht aufgrund einer<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Anwendung von Vorschriften durch die<br />
Rechtsprechung begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können.<br />
91. BGH 2 StR 629/11 – Beschluss vom 7.<br />
November 2012 (BGH)<br />
Ablehnungsantrag wegen Befangenheit (Besetzungsstreit<br />
um <strong>de</strong>n Vorsitz <strong>de</strong>s 2. Strafsenates; Beurteilungsgrundlage;<br />
Einzelfallbetrachtung; keine Befangenheit<br />
bei Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Rechtsansicht).<br />
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; § 24 Abs. 2 StPO; § 25 Abs.<br />
1 StPO; § 27 StPO<br />
1. Der zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch<br />
berufene Spruchkörper darf bei seiner Entscheidung nur<br />
diejenigen Grün<strong>de</strong> berücksichtigen, die in <strong>de</strong>m Antrag<br />
innerhalb <strong>de</strong>s von § 25 StPO vorgegebenen zeitlichen<br />
Rahmens geltend gemacht wor<strong>de</strong>n sind.<br />
2. Befangenheit ist ebenso wie die Unparteilichkeit auf<br />
<strong>de</strong>n konkret zu entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fall bezogen (vgl. EGMR<br />
NJW 2007, 3553, 3554); sie bezieht sich auf die innere<br />
Haltung <strong>de</strong>s Richters zum Verfahrensgang und zum Ausgang<br />
<strong>de</strong>s betreffen<strong>de</strong>n Verfahrens (vgl. BGH, NStZ 2010,<br />
342).<br />
3. Zur Begründung <strong>de</strong>r Besorgnis <strong>de</strong>r Befangenheit völlig<br />
ungeeignet sind Erwägungen, die allein darauf abstellen,<br />
dass <strong>de</strong>r 2. Strafsenat seine Rechtsansicht zu seiner ordnungsgemäßen<br />
Besetzung bzw. <strong>de</strong>n sich daraus ergeben<strong>de</strong>n<br />
Folgen (Aussetzung o<strong>de</strong>r Weiterführung <strong>de</strong>s Verfahrens)<br />
geän<strong>de</strong>rt hat. Neue o<strong>de</strong>r bessere Rechtserkenntnis<br />
kann für sich eine Befangenheit nicht begrün<strong>de</strong>n.<br />
<strong>HRRS</strong> Januar <strong>2013</strong> (1/<strong>2013</strong>)<br />
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