HRRS Ausgabe 1/2013 - hrr-strafrecht.de
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Rechtsprechung<br />
Hervorzuheben<strong>de</strong> Entscheidungen <strong>de</strong>s BGH: III. Strafzumessungs- und Maßregelrecht<br />
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus<br />
(Voraussetzungen: Fehlen <strong>de</strong>r Einsicht bei Begehen <strong>de</strong>r<br />
Tat); Schlechterstellungsverbot (Aufhebung <strong>de</strong>s Freispruchs<br />
bei gleichzeitiger Aufhebung <strong>de</strong>r Unterbringung<br />
in einem psychiatrischen Krankenhaus)<br />
§ 63 StGB; § 358 Abs. 2 StPO<br />
1. Der Täter, <strong>de</strong>r trotz erheblich vermin<strong>de</strong>rter Einsichtsfähigkeit<br />
im konkreten Fall die Einsicht in das Unrecht<br />
seiner Tat gehabt hat, ist – sofern nicht seine Steuerungsfähigkeit<br />
erheblich eingeschränkt war – voll schuldfähig.<br />
In einem solchen Fall ist die Unterbringung in einem<br />
psychiatrischen Krankenhaus nicht zulässig.<br />
Angeklagten gegen die alleinige Anordnung <strong>de</strong>r Unterbringung<br />
in einem psychiatrischen Krankenhaus dazu<br />
führt, dass eine Tat, die wegen angenommener Schuldfähigkeit<br />
gemäß § 20 StGB nicht zu einer Bestrafung geführt<br />
hat, ohne <strong>strafrecht</strong>liche Sanktion bleibt, wenn sich<br />
in <strong>de</strong>r neuen Hauptverhandlung herausstellt, dass <strong>de</strong>r<br />
Angeklagte bei Begehung <strong>de</strong>r Tat schuldfähig war. Dieses<br />
gesetzgeberische Ziel kann nur erreicht wer<strong>de</strong>n, wenn<br />
das Revisionsgericht in diesen Fällen nicht nur die auf<br />
rechtsfehlerhaften Feststellungen zur Schuldfähigkeit<br />
beruhen<strong>de</strong> Maßregelanordnung, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n hierauf<br />
gestützten Freispruch aufhebt.<br />
2. Durch die Regelung <strong>de</strong>s § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO soll<br />
vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, dass die erfolgreiche Revision eines<br />
Rechtsprechung<br />
IV. Strafverfahrensrecht mit GVG<br />
1. BGH 3 StR 158/12 – Urteil vom 20. September<br />
2012 (LG Düsseldorf)<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an die Beweiswürdigung bei <strong>de</strong>r Abgrenzung<br />
von Tötungseventualvorsatz und bewusster<br />
Fahrlässigkeit (eingeschränkte Revisibilität; Gesamtschau<br />
aller objektiven und subjektiven Tatumstän<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Einzelfalles; Vertretbarkeit <strong>de</strong>r tatrichterlichen Bewertung<br />
von be- und entlasten<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n; Indizwirkung<br />
von äußerst gefährlichen Gewalthandlungen).<br />
§ 261 StPO; § 15 StGB; § 212 StGB<br />
1. Es ist Sache <strong>de</strong>s Tatrichters, die Be<strong>de</strong>utung und das<br />
Gewicht <strong>de</strong>r einzelnen be- o<strong>de</strong>r entlasten<strong>de</strong>n Indizien in<br />
<strong>de</strong>r Gesamtwürdigung <strong>de</strong>s Beweisergebnisses zu bewerten.<br />
Ist diese Bewertung vertretbar, so kann das Revisionsgericht<br />
nicht auf <strong>de</strong>r Grundlage einer abweichen<strong>de</strong>n<br />
Beurteilung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung einer Indiztatsache in die<br />
Überzeugungsbildung <strong>de</strong>s Tatrichters eingreifen (BGH<br />
NJW 2005, 2322, 2326).<br />
2. Dies muss auch dann gelten, wenn <strong>de</strong>r Tatrichter im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>s bedingten Tötungsvorsatzes<br />
Gewalthandlungen <strong>de</strong>s Täters festgestellt hat, die für das<br />
Opfer objektiv lebensbedrohlich sind. Zwar hat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sgerichtshof<br />
die auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Täter bekannten<br />
Umstän<strong>de</strong> zu bestimmen<strong>de</strong> objektive Gefährlichkeit<br />
<strong>de</strong>r Tathandlung als wesentlichen Indikator sowohl<br />
für das Wissens- als auch für das Willenselement<br />
<strong>de</strong>s bedingten Vorsatzes angesehen (BGH NStZ 2012,<br />
443) und bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen das<br />
Vorliegen bei<strong>de</strong>r Elemente als naheliegend bezeichnet<br />
(BGH NStZ-RR 2010, 144; NJW 2012, 1524; NStZ-RR<br />
2009, 372). Dies be<strong>de</strong>utet jedoch nicht, dass <strong>de</strong>r Tatrichter<br />
<strong>de</strong>r objektiven Gefährlichkeit <strong>de</strong>r Tathandlung bei <strong>de</strong>r<br />
Prüfung <strong>de</strong>r subjektiven Tatseite von Rechts wegen immer<br />
die ausschlaggeben<strong>de</strong> indizielle Be<strong>de</strong>utung beizumessen<br />
hätte. Darin läge vielmehr eine vom Einzelfall<br />
gelöste Festlegung <strong>de</strong>s Beweiswerts und <strong>de</strong>r Beweisrichtung<br />
eines im Zusammenhang mit <strong>de</strong>rartigen Delikten<br />
immer wie<strong>de</strong>r auftreten<strong>de</strong>n Indizes, die einer unzulässigen<br />
Beweisregel nahekäme und <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>m Grundsatz<br />
<strong>de</strong>r freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO)<br />
wi<strong>de</strong>rspräche.<br />
3. Bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>s bedingten Tötungsvorsatzes ist es<br />
nicht an<strong>de</strong>rs als sonst bei <strong>de</strong>r Würdigung <strong>de</strong>r Beweise<br />
aus revisionsrechtlicher Sicht erfor<strong>de</strong>rlich, aber auch<br />
ausreichend, sämtliche objektiven und subjektiven, für<br />
und gegen <strong>de</strong>n Angeklagten sprechen<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Einzelfalles in eine individuelle Gesamtschau einzubeziehen<br />
und zu bewerten. Dies gilt auch für solche Beweisanzeichen,<br />
die sich auf <strong>de</strong>n ersten Blick als ambivalent<br />
darstellen, die also <strong>de</strong>m Tatrichter, je nach<strong>de</strong>m, wie<br />
er sie im Einzelfall bewertet, rechtlich zulässige Schlüsse<br />
sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten <strong>de</strong>s Angeklagten<br />
ermöglichen. Eine rechtlich vertretbare tatrichterliche<br />
Entscheidung darüber, in welchem <strong>de</strong>r möglichen, zueinan<strong>de</strong>r<br />
in einem Gegensatz stehen<strong>de</strong>n Beweiszusammenhänge<br />
ein solcher Umstand im konkreten Fall indizielle<br />
Be<strong>de</strong>utung entfaltet, ist vom Revisionsgericht hinzunehmen.<br />
Der Tatrichter kann in einem solchen Falle<br />
nicht gehalten sein, <strong>de</strong>nselben Umstand nochmals in<br />
<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Beweiszusammenhang zu erwägen und<br />
damit Gefahr zu laufen, sich zu seinem an<strong>de</strong>rweitig gewonnenen<br />
Ergebnis zu Gunsten o<strong>de</strong>r zu Lasten <strong>de</strong>s Angeklagten<br />
in Wi<strong>de</strong>rspruch zu setzen.<br />
72. BGH 1 StR 421/12 – Beschluss vom 25.<br />
Oktober 2012 (LG Leipzig)<br />
Bindungswirkung einer Verständigung.<br />
§ 257c StPO<br />
1. Die Bindung <strong>de</strong>s Gerichts an eine Verständigung entfällt<br />
gemäß § 257c Abs. 4 Satz 1 StPO erst dann, wenn<br />
rechtlich o<strong>de</strong>r tatsächlich be<strong>de</strong>utsame Umstän<strong>de</strong> überse-<br />
<strong>HRRS</strong> Januar <strong>2013</strong> (1/<strong>2013</strong>)<br />
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