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April - die schelle

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Bereits im 12. und 13.<br />

Jahrhundert – zur Zeit der<br />

Grafen von Arnsberg – spielte<br />

Affeln als verwaltungsmäßiger<br />

und kirchlicher Zentralort, aber<br />

auch als Sitz eines gleichnamigen<br />

Adelsgeschlechts eine nicht<br />

unbedeutende Rolle. Am 28. <strong>April</strong><br />

1492 erhob Erzbischof Hermann<br />

IV. von Köln den – wie zu vermuten<br />

steht – wirtschaftlich blühenden<br />

Ort in den Rang einer „Freiheit”,<br />

wodurch das hart an der Grenze zur<br />

Grafschaft Mark gelegene und damit<br />

vielerlei Belastungen ausgesetzte<br />

alte Kirchdorf aus seinem ländlichen<br />

Umfeld herausgehoben wurde und<br />

kommunale Selbstverwaltungsrechte<br />

erhielt.<br />

Über <strong>die</strong> praktische Handhabung<br />

<strong>die</strong>ser Selbstverwaltungsrechte,<br />

wobei nur an <strong>die</strong> Rats- und<br />

der Balver Amtsdrosten im<br />

Staatsarchiv Münster erhalten hat<br />

– nunmehr bis in alle Einzelheiten<br />

nachvollziehbar. Demnach traten<br />

<strong>die</strong> Affelner Bürger am<br />

Pfingstmontag eines jeden Jahres<br />

auf dem gegenüber der Lambertus-<br />

Kirche gelegenen Rathaus<br />

zusammen, um nach einem<br />

althergebrachten Zeremoniell<br />

<strong>die</strong> Wahl des Bürgermeisters<br />

zu vollziehen. Nachdem dem<br />

regierenden Bürgermeister für<br />

seine abgelaufene Amtszeit durch<br />

<strong>die</strong> Bürgerschaft Entlastung<br />

zuteil geworden war, präsentierte<br />

der Amtsdroste oder – wie im<br />

vorliegenden Falle – ein als sein<br />

Vertreter entsandter kurfürstlicher<br />

Beamter mehrere Kandidaten<br />

für <strong>die</strong> anstehende Neuwahl. Die<br />

Auszählung der Stimmen oblag den<br />

sog. Gemeinheitsrepräsentanten,<br />

von denen einer – vermutlich<br />

aus Krankheitsgründen – an der<br />

Wahl nicht teilnehmen konnte.<br />

Bei <strong>die</strong>sen 33 Personen handelt<br />

es sich ausschließlich um <strong>die</strong><br />

alteingesessenen Haus- und<br />

Hofesbesitzer, denen allein das<br />

aktive und passive Wahlrecht<br />

zustand. Alle anderen Bewohner<br />

der Freiheit, also Frauen und<br />

deren erwachsene Söhne und<br />

Töchter, Einlieger sowie Hausund<br />

Hofgesinde hatten am<br />

Wahlgeschehen keinen Anteil.<br />

Wie dem Protokoll sowie noch<br />

unveröffentlichten Forschungsergebnissen<br />

des Autors zu<br />

entnehmen ist, war <strong>die</strong> Wiederwahl<br />

eines Bürgermeisters oder seines<br />

Stellvertreters (Proconsul) in<br />

Affeln gang und gäbe. Der seinem<br />

Konkurrenten Clemens Figgener<br />

folgenden ungekürzt zum Abdruck<br />

kommen.<br />

Actum in der Freyheit Affelen aufm<br />

Rathaus den 5ten Juny 1786<br />

Nachdem zum heut gewöhnlichen<br />

Wahltag eines neuen Bürgermeisteren<br />

auf geziemend an des<br />

Herrn Ambtsdrosten Reichsfreiherrn<br />

v. Landsberg ( d.i. Freiherr Paul<br />

Joseph v. Landsberg-Velen auf<br />

Schloss Wocklum b. Balve) erlaßene<br />

magistralische Einladung nahmens<br />

hochselben der kuhrfürstliche<br />

Rentmeister Ellering ( d.i. Franz<br />

Joseph Ellering, Rentmeister und<br />

Verwalter des Berg-, Hüttenund<br />

Hammerwesens der Familie<br />

Landsberg-Velen) bey versamleter<br />

Bürgerschaft erschienen und der<br />

bishero regierender Bürgermeister<br />

Iken der Bürgerschaft um dermal<br />

Wie man in der<br />

„Freiheit Affeln” den Bürgermeister wählte<br />

– Ein Ratsprotokollbuchauszug aus dem Jahre 1786 –<br />

von Dr. Rolf Dieter Kohl<br />

Bürgermeisterwahlen, an <strong>die</strong><br />

städtische Gerichtsbarkeit sowie<br />

an das kommunale Rechnungsund<br />

Steuerwesen erinnert werden<br />

soll, lagen für Affeln bislang so gut<br />

wie keine Nachrichten vor. Erst<br />

eine intensive Beschäftigung mit<br />

der Affelner Geschichte anläßlich<br />

des 500jährigen Ortsjubiläums<br />

im Jahre 1992 vermittelte –<br />

zumindest für einige der hier<br />

angesprochenen offenen Fragen –<br />

neue Erkenntnisse.<br />

Namentlich das Verfahren der<br />

Bürgermeisterwahlen, über das<br />

bislang nicht das geringste bekannt<br />

war, ist – dank eines aus dem<br />

Jahre 1786 stammenden, durch<br />

den Freiheitssekretär Johann<br />

Theodor Midderhoff gefertigten<br />

Ratsprotokollbuchauszuges,<br />

der sich in der Registratur<br />

einem aus vier Bürgern<br />

bestehenden Kontrollorgan, das<br />

<strong>die</strong> Interessen der Bürgerschaft<br />

beim Rat vertrat und dessen<br />

vornehmste Aufgabe es war, <strong>die</strong><br />

kommunale Rechnungsführung<br />

zu beaufsichtigen. Mit einem<br />

Eid des neuen Bürgermeisters,<br />

einem Treuegelöbnis, das<br />

gleicherweise <strong>die</strong> Rechte des<br />

erzbischöflichen Landesherrn wie<br />

der Kommune berücksichtigte,<br />

fand der eigentliche Wahlvorgang<br />

sein Ende.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle mögen noch einige<br />

ergänzende Bemerkungen zur<br />

Anzahl und sozialen Zuordnung der<br />

<strong>die</strong> Wahl ausübenden Bürgerschaft<br />

sowie zur Wiederwählbarkeit der<br />

Bürgermeister erfolgen. Nach dem<br />

Protokoll des Jahres 1786 lebten in<br />

Affeln 33 wahlberechtigte Bürger,<br />

am 5. Juni 1786 unterlegene<br />

regierende Bürgermeister Johannes<br />

Iken hatte sein Amt<br />

seit 1776 in ununterbrochener<br />

Folge innegehabt; auch das<br />

neue Stadtoberhaupt, Clemens<br />

Figgener, brachte administrative<br />

Erfahrung mit und war bereits<br />

zwischen 1773 und 1776 Proconsul<br />

gewesen. Auch in den Folgejahren<br />

– bis 1792 – wurde Figgener noch<br />

mehrere Male von der Affelner<br />

Bürgerschaft zum Bürgermeister<br />

bestellt, während Iken – ungeachtet<br />

der von ihm vorgegebenen<br />

Amtsmüdigkeit – als sein Stellvertreter<br />

fungierte.<br />

Der Protokollauszug vom 5. Juni<br />

1786 ( das ist der Pfingstmontag<br />

des Jahres 1786 ) soll wegen<br />

seiner Bedeutung für <strong>die</strong><br />

Verfassungsgeschichte Affelns im<br />

eine neu Wahl vorzüglich deswegen<br />

vorzunehmen erinnert hatte: weil<br />

sowohl er selbst als der Proconsul<br />

alters wegen nicht wohl bestand<br />

wären, wo es nöthig seyn sölte,<br />

zum Nutzen der Freyheit Reisen<br />

und auswärtige Geschäfte zu<br />

unternehmen, mithin in allen<br />

Stücken den gehörigen Vorstand<br />

zu leisten, ist vorläufig <strong>die</strong><br />

versamlete Bürgerschaft durch<br />

<strong>die</strong> Gemeinheitsrepräsentanten<br />

befraget, ob und welche Klage sie<br />

wider den bisherigen Bürgermeister<br />

und Rath hätte, worauf selbe<br />

einhellig geantwortet, das sie gar<br />

keine Klagen vorzubringen habe.<br />

Diesemnach wurde dem Herbringen<br />

nach von gemeltem kuhrfürstlichen<br />

Rentmeisteren namens des Heren<br />

Ambtsdrosten als Obmann eröfenet,<br />

daß <strong>die</strong> Bürgerschaft zur neuen<br />

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