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Non-<br />

Profit<br />

NPO<br />

Hans Lichtsteiner · Markus Gmür<br />

Charles Giroud · Reinbert Schauer<br />

Das Freiburger<br />

Management-Modell<br />

für Nonprofit-Organisationen<br />

7., neu bearbeitete Auflage


Ressourcen-Management<br />

3. Ressourcen-Management<br />

3.1 Grundlagen<br />

Bei Ressourcen handelt es sich generell um Potenziale und Mittel, mit deren Hilfe die NPO<br />

ihre Aufgaben erfüllt. Die Volkswirtschafts- wie die allgemeine Betriebswirtschaftslehre<br />

sprechen auch von Produktionsfaktoren und beschränken diesen Begriff auf diejenigen<br />

Güter, die knapp sind und auf Märkten beschafft werden müssen. Dazu gehören Boden,<br />

Kapital, Arbeit und Unternehmerleistung. Diese Faktoren sind – wenn auch in unterschiedlichem<br />

Ausmass und zum Teil mit abgewandelten beziehungsweise erweiterten Inhalten –<br />

ebenfalls für die NPO relevant. Im Freiburger Management-Modell werden die Begriffe<br />

«Produktionsfaktoren» und «Betriebsmittel» deckungsgleich verwendet. Die allgemeine Betriebswirtschaftslehre<br />

hingegen zählt nur die objektbezogenen Potenziale, das sogenannte<br />

Realkapital zu den Betriebsmitteln, also die als Sachmittel bezeichneten Ressourcen wie Anlagen,<br />

Maschinen und andere Hilfsmittel. Im Modell hingegen werden auch die Faktoren<br />

Mensch, Finanzmittel und Kooperationen den Betriebsmitteln zugerechnet.<br />

Eine zweite Abgrenzung des Ressourcen-Managements hat gegenüber dem Marketing-<br />

Management zu erfolgen. Dort wurde unter dem Begriff des Beschaffungsmarketings bereits<br />

ein Aspekt der Ressourcenbeschaffung abgehandelt, nämlich die kommunikative Dimension.<br />

Gerade bei Mitgliedern, Ehrenamtlichen, Mitarbeiter, freiwillige Helfern, teils auch für die<br />

Beschaffung von Finanzmitteln wie etwa beim Fundraising, kann diese Kommunikation von<br />

so zentraler Bedeutung sein, dass praktisch der ganze Ressourcenbereich sinnvollerweise im<br />

Marketing abgehandelt wird. Im vorliegenden Abschnitt steht der materiell-inhaltliche Aspekt<br />

von Ressourcen im Vordergrund. Abbildung 74 gibt einen ersten Überblick über die<br />

Komponenten und Elemente des Ressourcen-Managements, ergänzt um die Zielsetzungen,<br />

welche die NPO in den einzelnen Ressourcenbereichen generell verfolgen.<br />

Diese Zielformulierungen zeigen eine für den Beschaffungsbereich diametral dem Marketing-Bereich<br />

entgegengesetzte Problemstellung. Im Marketing wird konsequent von einer<br />

Aussenorientierung ausgegangen. Die Leistungen wie die Kommunikation werden nach den<br />

Bedürfnissen und Erwartungen der Austauschpartner ausgestaltet. Bei der Ressourcenbeschaffung<br />

steht hingegen die Frage im Mittelpunkt: Welche Ressourcen benötigt eine NPO<br />

in welcher Quantität, Qualität und zeitlichen Dauer, um ihre Aufgaben erfüllen zu können?<br />

Definiert wird demnach der erwartete Ressourcenbedarf, bevor auf dem Markt die entsprechenden<br />

Potenziale gesucht werden. Erst wenn die NPO in die Phase der konkreten Ressourcenbeschaffung<br />

übergeht, kommt die Marketing-Orientierung wieder zum Tragen, weil<br />

dann wiederum die Lieferanten von Ressourcen so anzusprechen sind, dass ihre Bedürfnisse<br />

229


Ressourcen-Management<br />

und Erwartungen erfüllt werden und diese deshalb bereit sind, ihre Ressourcen der NPO zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

Abbildung 74: Elemente und Ziele des Ressourcen-Managements<br />

In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Ressourcenbereiche in den Grundzügen<br />

beschrieben. Dabei konzentrieren sich die Ausführungen auf die NPO-spezifischen Aspekte,<br />

also vor allem auf jene Betriebsmittel, die nicht in weitgehend gleichem Masse Gegenstand<br />

der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre sind wie beispielsweise bei der Personalwirtschaftslehre.<br />

Ebenfalls nicht zur Diskussion stehen hier auch jene als Ressourcen bezeichneten<br />

Fähigkeiten, die sich die NPO selbst in internen Prozessen erarbeiten und entwickeln muss.<br />

Dazu gehören insbesondere das Wissen, das in Abschnitt 0.2.7 bereits behandelt wurde, die<br />

als Ressourcen zu betrachtenden strategischen Erfolgspotenziale aus Abschnitt 1.3.3 sowie<br />

die System-Fähigkeiten aus Abschnitt 1.1.3.<br />

230


Mitglieder<br />

3.2 Mitglieder<br />

Während Eigenleistungs-NPO häufig über mitgliedschaftliche Strukturen verfügen, sind bei<br />

Drittleistungs-NPO öfter auch Stiftungsstrukturen anzutreffen. Die folgenden Ausführungen<br />

befassen sich primär mit den typischen mitgliedschaftlichen Strukturen von Eigenleistungs-<br />

NPO und der Rollenvielfalt ihrer Mitglieder. Die Themen Beschaffung und Einsatz von<br />

Mitgliedern gelten zwar auch für mitgliedschaftliche Drittleistungs-NPO, jedoch nicht die<br />

Aussagen zum gesamten Leistungsbereich mit den Mitgliedern als Adressaten. Hingegen sind<br />

wiederum die Überlegungen über die ehrenamtlich Tätigen und das Ehrenamts-System für<br />

alle NPO gültig.<br />

3.2.1 Mitgliederrollen<br />

Ausgehend von den unterschiedlichen Rollen und Funktionen, die Mitglieder gemäss Rollengliederung<br />

von Abbildung 75 in einer Eigenleistungs-NPO wahrnehmen können, werden<br />

diese Rollen nun zunächst kurz beschrieben. Anschliessend wird aufgezeigt, welche Probleme<br />

sich bei der Motivation von Interessenten zur Übernahme dieser Rollen ergeben.<br />

1) Mitglieder als Träger der NPO<br />

Satzungen oder Statuten von NPO legen in der Regel präzise fest, wer als Mitglied aufgenommen<br />

werden kann. Die Mitgliederkategorien und Aufnahmebedingungen leiten sich<br />

aus dem Zweck der NPO ab. Eine volle Mitgliedschaft mit allen Rechten und Pflichten<br />

wird den ordentlichen Mitgliedern zuerkannt. Dies können natürliche Personen wie Mitglieder<br />

einer Gewerkschaft oder Partei sein, es können aber auch Organisationen wie Unternehmen<br />

oder Dachverbände in einem Branchenverband zusammengeschlossen sein,<br />

der die Rolle als Träger der NPO wahrnehmen. Sie bilden das oberste Macht- und Entscheidungszentrum<br />

der Organisation und entscheiden direkt in einer Vollversammlung<br />

oder indirekt über Delegierte oder Abgeordnete über die grundsätzlichen Ziele, Aufgaben,<br />

Leistungen, Ressourcen und Strukturen der NPO. Bezüglich der Rekrutierung von<br />

Mitgliedern sind zwei gegensätzliche Strategien zu unterscheiden:<br />

a) Bei selektiver Mitgliederaufnahme strebt die NPO den Status eines exklusiven Clubs<br />

an. Die qualitativen Anforderungen an Mitglieder werden hoch angesetzt, eigentliche<br />

Eintrittsbarrieren sollen die Aufnahme von Jedermann verhindern. So grenzen beispielweise<br />

Vereine in ihren Statuten oder Satzungen den Kreis der gewünschten Mitglieder<br />

präzise ein, indem sie beispielsweise die Mit-Trägerorganisationen namentlich<br />

aufführen, denen ein Sitz in der Mitgliederversammlung zusteht. Alle anderen können<br />

zwar auch Mitglied werden, haben aber nur beschränkte Mitwirkungsmöglichkeiten.<br />

231


Ressourcen-Management<br />

Abbildung 75: Die nutzenorientierten Fragen bei einem Verbandsbeitritt<br />

b) Andere NPO versuchen einen grösstmöglichen Organisationsgrad innerhalb des<br />

definierten Rekrutierungsbereiches zu erreichen, um für eine Gruppe möglichst repräsentativ<br />

und damit mit Macht auftreten zu können. Bei vielen mitgliedschaftlichen<br />

Drittleistungs-NPO wie Sozialverbänden ist z.B. die Mitgliedschaft sehr offen defi-<br />

232


Mitglieder<br />

niert. Hier soll ein Maximum an Personen und Organisationen gewonnen werden, die<br />

sich mit dem NPO-Zweck identifizieren können und diesen unterstützen wollen.<br />

Neben ordentlichen Mitgliedern eröffnen viele NPO auch weiteren Personen oder Organisationen<br />

die Option einer eingeschränkten Mitgliedschaft, die auch als ausserordentliche<br />

Mitgliedschaft bezeichnet werden kann. Diese Mitglieder haben meistens reduzierte<br />

Rechte und Pflichten. Sie sind an einzelnen NPO-Leistungen interessiert oder wollen die<br />

NPO fördern und unterstützen, ohne die vollen Mitwirkungsrechte wahrnehmen oder<br />

ordentliche Beiträge zahlen zu können oder müssen.<br />

Bei den Nicht-Mitgliedern handelt es sich um diejenigen Personen, Organisationen,<br />

Unternehmen oder Haushalte, die vom Verbandszweck und der statutarischen bzw. satzungsmässigen<br />

Definition des Rekrutierungsbereiches her gesehen zwar ebenfalls Mitglieder<br />

sein könnten, die aber aus unterschiedlichen Gründen nicht beitreten. Alle übrigen<br />

Wirtschaftssubjekte, die grundsätzlich nicht Verbandsmitglieder werden können, werden<br />

als Dritte bezeichnet. Auch sie können für die NPO als Spender oder Leistungsbezüger<br />

von Dienstleistungen von Bedeutung sein.<br />

2) Mitglieder als Beitragszahler<br />

Durch ihren Beitritt zu einer NPO übernehmen die Mitglieder bestimmte Pflichten. Dazu<br />

gehört insbesondere die Entrichtung von Mitgliederbeiträgen. Deren mögliche Ausprägungsformen<br />

werden unter den Finanzmitteln behandelt. Die zentrale Stellung dieser Inputleistung<br />

wird dadurch dokumentiert, dass eine Nichtbezahlung des Beitrags trotz wiederholten<br />

Mahnens in vielen NPO als Ausschlussgrund gilt.<br />

3) Mitglieder als Mitwirkende<br />

NPO erwarten jedoch von ihren Mitgliedern nicht nur die Entrichtung der Mitgliedsbeiträge,<br />

sondern auch eine mehr oder weniger intensive Mitwirkung beziehungsweise<br />

Mitarbeit. Sport- und Freizeitvereine könnten beispielsweise ihren Zweck nicht erfüllen,<br />

wenn nicht einige bis viele Mitglieder bei der Organisation und Durchführung des Vereinslebens<br />

wie bei Veranstaltungen mitmachten. Wirtschaftsverbände sind sowohl auf eine<br />

Teilnahme ihrer Mitglieder an Versammlungen und die Übernahme von Ehrenamtsfunktionen<br />

angewiesen als auch auf ein Mitwirken bei der Erfüllung bestimmter Verbandsaufgaben<br />

wie z.B. dem Erarbeiten einer Branchenstatistik; und bei Karitativorganisationen<br />

stellen freiwillige Helfer eine wichtige Stütze bei der Leistungserbringung dar.<br />

4) Mitglieder als Bezüger von Dienstleistungen<br />

NPO erfüllen ihren Zweck durch Erbringen von Leistungen. Typische für eine Eigenleistungs-NPO<br />

ist die Identität zwischen Mitgliedern und Kunden oder Leistungsbezügern.<br />

Die NPO erbringt Dienstleistungen gegenüber ihren Mitgliedern: Der Alpenclub organi-<br />

233


Ressourcen-Management<br />

siert Bergtouren für seine Mitglieder, der Wirtschaftsverband ist als Dienstleister in den<br />

Bereichen Information, Beratung, Schulung gegenüber seinen Mitgliedern tätig. Nur in<br />

Ausnahmefällen besteht für die Mitglieder ein Abnahmezwang, in der Regel entscheiden<br />

sie freiwillig über die Leistungsbeanspruchung, wodurch das Element des Marktes in die<br />

NPO hineingetragen wird.<br />

5) Mitglieder als Betroffene von Kollektivgütern<br />

Neben den individuellen Dienstleistungen produzieren die meisten NPO insbesondere<br />

durch ihre Interessenvertretung auch Kollektivgüter. Mit ihren Aktivitäten und Aktionen<br />

will die NPO bestimmte Drittadressaten zu einem Verhalten beeinflussen, das entweder<br />

ihren Mitgliedern zugutekommt oder zur Verwirklichung des NPO-Zweckes dient. Je heterogener<br />

die Bedürfnisse und Interessen der Mitglieder sind, desto weniger kann jedes<br />

Mitglied die Gewähr haben, dass gerade seine Präferenzen und nicht die anderer Mitgliedergruppen<br />

vertreten werden. Daher kann das Mitglied durch das von der NPO produzierte<br />

Kollektivgut sowohl positiv wie negativ betroffen sein.<br />

6) Mitglieder als Normenvollzieher<br />

Die Mitgliedschaft kann die Pflicht zur Einhaltung bestimmter, von der NPO als verbindlich<br />

festgelegter oder mit anderen Organisationen ausgehandelter Normen umfassen:<br />

Unternehmen haben die in Tarifverträgen vereinbarten Leistungen zu erbringen. Ärzte,<br />

Anwälte und andere Selbstständigerwerbende sind zur Einhaltung von Standesregeln verpflichtet.<br />

Von Kirchenmitgliedern könnten bestimmte ethisch-moralische Verhaltensweisen<br />

erwartet werden usw. Nicht selten werden solche Normen durch Sanktionen gestützt:<br />

Wer sie nicht einhält, kann bestraft werden, zum Beispiel durch Bussen oder Ausschluss.<br />

3.2.2 Motivation zur Rollenübernahme<br />

Die Mitgliedschaft in NPO kann freiwillig oder auch Pflicht sein wie z.B. bei Kammern. Für<br />

NPO mit gesetzlich geregelter Mitgliedschaft entfällt zwar das Problem der Mitgliederrekrutierung.<br />

Aber auch sie kommen auf Dauer nicht um die Befriedigung der Bedürfnisse ihrer<br />

Mitglieder und das Schaffen von Akzeptanz und Identifikation herum, da auch sie Inputs<br />

von Seite der Mitglieder zu ihrem Funktionieren bedürfen.<br />

Somit liegt das Problem bei allen NPO gleich: Es gilt, hinreichend attraktive Anreize zu<br />

schaffen, damit potenzielle Mitglieder dem Verband beitreten, im Verband verbleiben oder<br />

gar Interessenten zur Übernahme eines Ehrenamts zeigen. Dieser Gedanke entspricht der in<br />

Abschnitt 0.2.2 vorgestellten Anreiz-Beitrags-Theorie, welche in Abbildung 76 am Beispiel<br />

eines Wirtschaftsverbandes illustriert wird: NPO müssen etwas bieten, das von den Adressaten<br />

als Anreiz empfunden wird. Es soll sie dazu veranlassen, die in der NPO zu erfüllenden<br />

Rollen zu übernehmen und möglichst intensiv mitzuarbeiten. Die NPO hat davon auszuge-<br />

234


Mitglieder<br />

hen, dass Interessenten, Nicht-Mitglieder oder Mitglieder dabei Kosten-Nutzen-<br />

Überlegungen anstellen. Die von der NPO angebotenen Anreize werden den erwarteten<br />

Leistungen gegenübergestellt. Nur bei einem als positiv bewerteten Nutzensaldo sind die<br />

Mitglieder bereit, die gewünschten Beiträge auch zu leisten.<br />

Dieses Problem der Motivation zur Rollenübernahme kann auf zwei Ebenen angegangen<br />

werden: durch bedürfnis-, interessen-, erwartungsgerechte Gestaltung der Anreizinhalte oder<br />

durch das Anpreisen dieser positiven Anreize bei Interessenten und Mitgliedern mittels wirksamer<br />

Kommunikations- und Werbemethoden sowie weiterer Marketing-Instrumente.<br />

Zum einen sind also intern Anreize durch Gestaltungsmassnahmen wie z.B. Ziele, Strukturen,<br />

Verfahren oder eine positive NPO-Kultur zu schaffen, zum anderen sind diese Anreize<br />

werbemässig positiv nach aussen zu kommunizieren. Abbildung 76 zeigt den Zusammenhang<br />

zwischen Motivation und Mitgliedertypen und der entsprechenden Anreizgestaltung auf.<br />

Abbildung 76: Mitgliedermotive und Anreize<br />

235


Ressourcen-Management<br />

In diesem Zusammenhang ist auf das so genannte Olson-Theorem hinzuweisen. Olson<br />

(1965) thematisierte das Anreiz-Beitrags-Problem im Zusammenhang mit dem Trittbrettfahren<br />

von Nicht-Mitgliedern. Er nennt diese free-rider. Diese überlassen das Beitragszahlen<br />

und damit die Finanzierung von Kollektivgütern den vermeintlich naiven Mitgliedern. Denn<br />

die Nicht-Mitglieder profitieren ja genau gleich wie die Mitglieder von den durch die NPO<br />

erzeugten Kollektivgütern. Diese sind gerade dadurch definiert, dass die Nichtzahler nicht<br />

von ihrem Genuss ausgeschlossen werden können. Die Solidarität als Beitrittsmotiv wertet<br />

Olson als grundsätzlich gering. NPO, die mit einer hohen Zahl von Trittbrettfahrern konfrontiert<br />

sind, so z.B. Gewerkschaften oder Konsumentenorganisationen, müssen folglich<br />

Solidaritätsappelle vergessen und versuchen, die Nicht-Mitglieder durch selektive Anreize<br />

zu einer Mitgliedschaft zu bewegen. Selektive Anreize sind beispielsweise Individualleistungen<br />

mit Monopolcharakter, welche für die Nicht-Mitglieder hochattraktiv oder gar unerlässlich<br />

sind, die aber nur über eine Mitgliedschaft erhältlich sind. Selektiv können aber auch<br />

soziale oder ethisch-ideologische Anreize wirken. Dieser Mechanismus von Olson, auch<br />

wenn er in seiner Härte und Konsequenz in der Realität nicht durchwegs auftritt, ist eine<br />

ständige Mahnung an alle NPO, ihrem Handeln das Anreiz-Beitrags-Denken permanent<br />

zugrunde zu legen und immer wieder monopolartige, exklusive Dienstleistungen zu entwickeln,<br />

um Mitglieder und damit Beiträge zu gewinnen und zu halten.<br />

236


Ehrenamtliche<br />

3.3 Ehrenamtliche<br />

Ehrenamtliche sind Frauen und Männer, Mitglieder oder nicht, die sich freiwillig für die<br />

Mitwirkung bei der Erfüllung der NPO-Führungsaufgaben zur Verfügung stellen. Diese<br />

Tätigkeit in Organen, Kommissionen, Ausschüssen, Arbeits- und Projektgruppen repräsentiert<br />

das eigentliche NPO-Typische. Alle diese Gremien, in denen Mitglieder oder Dritte<br />

ehrenamtliche Führungs- und Beratungsaufgaben wahrnehmen, werden unter dem Begriff<br />

des Ehrenamts-Systems zusammengefasst. Davon zu unterscheiden ist die Freiwilligenarbeit<br />

in Sozialinstitutionen, Vereinen, Kirchen usw., wo Frauen und Männer als freiwillige Helfer<br />

tätig sind und einen Dienst am Mitmenschen im Interesse der NPO leisten bzw. durch ihre<br />

Mitarbeit an der Erfüllung des NPO-Zweckes mitwirken. Diese werden in Kapitel 3.6 behandelt.<br />

3.3.1 Charakteristische Merkmale des Ehrenamts<br />

Das Ehrenamt ist idealtypisch durch folgende Merkmale charakterisiert:<br />

1) Ehrenamtsfunktionen werden freiwillig übernommen und ausgeübt.<br />

2) Sie werden grundsätzlich ohne oder gegen eine geringe finanzielle Entschädigung<br />

wahrgenommen, soweit die berufliche Erwerbstätigkeit durch die Übernahme des Amtes<br />

nicht erheblich eingeschränkt ist.<br />

3) Die Arbeit verlangt vom Ehrenamtlichen ein neben- oder ausserberufliches Engagement,<br />

für welches er in der Regel weder umfassende Sachkenntnis noch langjährige Erfahrung<br />

mitbringen muss. Demzufolge können Ehrenamtliche im eigentlichen Sinn des<br />

Wortes als Amateure (nicht Dilettanten) bezeichnet werden. Sie investieren ihre Freizeit<br />

für etwas, das sie gerne tun oder das ihnen am Herzen liegt. Durch ihre Limitationen<br />

bezüglich Zeiteinsatz, Informationen und NPO-spezifischem Fachwissen sind die Ehrenamtlichen<br />

jedoch denjenigen gegenüber benachteiligt, die in der gleichen NPO als Angestellte,<br />

Mitarbeiter oder Geschäftsführer hauptamtlich tätig sind. Die Beschränkung ihres<br />

spezifischen Fachwissens bezieht sich jedoch lediglich auf die in der NPO zu erbringenden<br />

Leistungen und der dort zu lösenden Probleme. Ein Landwirt oder eine Juristin verfügen<br />

über hohen Sachverstand in ihrem angestammten Beruf. In ihrem Berufsverband<br />

hingegen diskutieren sie über die pädagogische Gestaltung eines Ausbildungslehrgangs<br />

oder das journalistische Konzept einer Verbandszeitschrift. Je grösser die Übereinstimmung<br />

zwischen dem beruflichen Know-how der Ehrenamtlichen mit den in der NPO zu<br />

lösenden Problemen ist, umso geringer fällt auch ihr Status als Amateur ins Gewicht.<br />

4) Ehrenamtlichen fehlen oft eine NPO-spezifische Führungsmethodik und -erfahrung.<br />

Auch wenn sie in ihrer hauptamtlichen Tätigkeit eine Führungsposition innehaben,<br />

237


Ressourcen-Management<br />

werden sie feststellen, dass demokratische Strukturen, kollegiale Organe, partizipationsorientierte<br />

Mitarbeiter sowie das organisationsinterne Streben nach Repräsentativität und<br />

Akzeptanz in der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung eine Anpassung ihres von<br />

profitorientierten Unternehmen geprägten Führungsstils bedingen.<br />

5) In mitgliedschaftlich organisierten NPO werden die Ehrenamtlichen von den Mitgliedern<br />

meistens aus ihrem eigenen Kreis in ihre Ämter gewählt. NPO ohne Mitglieder wie Stiftungen<br />

gehen den Weg der Berufung oder Kooptation, um ihrer Organe zu bestellen.<br />

Dies kann dazu führen, dass nicht die Fähigkeiten des Einzelnen über die Aufnahme in<br />

ein Gremium entscheiden, sondern seine Popularität sowie persönlichen Verbindungen.<br />

3.3.2 Die Gestaltung effizienter und attraktiver Ehrenamtsarbeit<br />

Ein attraktives Ehrenamt muss sich – abgesehen von den NPO-Zielen – an den Bedürfnissen<br />

der Ehrenamtlichen ausrichten. Grundsätzlich ist von einer Bedürfnis- und Motivstruktur<br />

auszugehen, wie sie auch einer motivationsorientierten Mitarbeiterführung zugrunde liegt<br />

(Abbildung 51). Neben dem Bedürfnis, gemeinnützig zu sein, spielen Elemente der Selbstverwirklichung,<br />

des sozialen Anschlusses, aber auch des Prestiges und der Macht eine entscheidende<br />

Rolle. Auch hier gilt, was in Kapitel 1.6 über die so genannte situative Führung ausgesagt<br />

wurde: Die Motivstrukturen von Ehrenamtlichen sind unterschiedlich, weshalb die Anreize<br />

individuell und differenziert auszugestalten, d.h. den unterschiedlichen Typen wie etwa<br />

einem dynamischen Macher oder dem passiven Beisitzer anzupassen sind. Was beispielweise<br />

vom Typ des Machers als Anreize und damit als attraktive Ehrenamtsarbeit erwartet wird,<br />

zeigt Abbildung 77. Diese Checkliste kann gleichzeitig als Anweisung zur motivierenden Gestaltung<br />

des Ehrenamts dienen. Neben dem Setzen von Anreizen ist aber auch zu beachten,<br />

dass bei der Besetzung eines Amts die Ämterkumulation und damit eine Arbeitsüberlastung<br />

vermieden, die Amtszeit beschränkt und der Führungsnachwuchs mittels Ämterrotation<br />

systematisch zu Generalisten aufgebaut werden.<br />

Alle diese Eigenschaften und Erfordernisse stellen hohe Anforderungen an das Auswahlverfahren<br />

von Ehrenamtlichen. Im Sinne einer Bestauslese ist in jedem Fall dem Sachverstand<br />

der Kandidaten und der zeitlichen Verfügbarkeit Vorrang zu geben, insbesondere vor<br />

dem Kriterium der (geographischen) Repräsentativität, das zu zufälligen und fachlich nicht<br />

angemessen Besetzungen führen kann. Es empfiehlt sich deshalb auch für das Ehrenamt<br />

präzise Anforderungsprofile zu formulieren, um die Wahlverfahren rational zu gestalten<br />

und die Auswahl der Kandidaten zu versachlichen. Ein solches Auswahlverfahren ist insbesondere<br />

in sozialen Drittleistungs-NPO von besonderer Bedeutung, geht es dort doch darum,<br />

die Leitung der NPO mit demjenigen Know-how zu ergänzen, das der Geschäftsführung<br />

fehlt wie beispielsweise in Bereichen des Bauwesens, des Rechts oder der Medienarbeit.<br />

238


Ehrenamtliche<br />

Die Ehrenamtlichen übernehmen hier vor allem Beratungs- und Unterstützungsaufgaben für<br />

das Hauptamt.<br />

Abbildung 77: Checkliste für eine attraktive Gestaltung von Ehrenämtern<br />

3.3.3 Abweichungen vom Idealtyp des Ehrenamts<br />

Neben den oben beschriebenen typischen Ehrenamtlichen sind auch abweichende Charakteristika<br />

in der Praxis feststellbar. Dies betrifft zunächst einmal die Unentgeltlichkeit. Diese<br />

beinhaltet, dass Ehrenamtliche auf finanzielle Entschädigung verzichten. In vielen NPO wird<br />

zunehmend von diesem Prinzip abgewichen, indem dem Ehrenamt geringfügige Entschädigungen<br />

bezahlt werden. In Wirtschaftsverbänden geht man sogar soweit, dass lohnähnliche<br />

Entgelte bis hin zu eigentlichen Lohnausfallentschädigungen bezahlt werden. Damit wird auf<br />

den gesellschaftlichen Trend der abnehmenden Bereitschaft zur Übernahme von unbezahlten<br />

Ämtern reagiert. Eine Entschädigung erlaubt zudem, eine effiziente und qualitativ hochstehende<br />

Leistung vom Amtsinhaber einzufordern. Ein Sonderfall der Entgeltlichkeit liegt<br />

jedoch vor, wenn ein Arbeitgeber Mitarbeiter für die Arbeit in NPO freistellt, dies bei fortlaufender<br />

Lohnzahlung. Somit wird dem Ehrenamtlichen kein finanzielles Opfer abverlangt.<br />

239


Ressourcen-Management<br />

Die NPO hat entsprechend den Lohnausfall dem Arbeitgeber zu erstatten, dem Ehrenamtlichen<br />

ist hingegen ausser einer Erstattung von Spesen keine Entschädigung zu entrichten.<br />

Beim Sachverstand treten ebenso Abweichungen vom typischen Ehrenamtsbild auf, insbesondere<br />

wenn vollamtlich Tätige einer ähnlichen oder gar der eigenen Organisation als Angestellte<br />

von Untereinheiten der NPO wie Sektionen oder Landesverbände in die Organe der<br />

zentralen NPO gewählt oder delegiert werden. Diese bringen natürlich einen durchaus professionellen<br />

Sachverstand in ihre Ehrenamtsarbeit mit ein, auch was die NPO-spezifische<br />

Führung betrifft.<br />

Schliesslich weisen auch jene Ehrenamtlichen auf eine zunehmende Professionalisierung der<br />

Ehrenamtsarbeit hin, die zunächst im Nebenamt aktiv waren, später aber ihre ursprüngliche<br />

Tätigkeit aufgaben, um voll- oder hauptamtlich ihre Ehrenamtstätigkeit auszuüben und<br />

dafür ein mit einem Profi vergleichbares Gehalt zu beziehen. Diese Leute sind Profis, weil<br />

ihr Ehrenamt zum vollen oder hauptsächlichen Gelderwerb geworden ist. Ehrenamtliche<br />

bleiben sie aber trotzdem, weil sie aus einem anderen Beruf stammen als aus dem, den sie<br />

nun in der NPO ausüben. Weiter müssen diese gewählt und regelmässig wiedergewählt werden<br />

und allenfalls unterliegen sie auch einer Amtszeitbeschränkung.<br />

3.3.4 Professionalisierung der ehrenamtlichen Führungsarbeit<br />

Wird von einer Professionalisierung des Ehrenamts gesprochen ist nicht gemeint, dass Ehrenamtliche<br />

zu hauptamtlichen Profis werden, also über gleich viel Wissen, Informationen<br />

und Detailkenntnisse wie die Profis verfügen sollen. Die Professionalisierung bezieht sich<br />

vielmehr auf die Art der Ausübung der Führungsaufgaben und nicht auf das Sach- und Fach-<br />

Know-how. Ziel muss es sein, dass die Ehrenamtlichen ihre beschränkte Zeit so nutzen, dass<br />

ihnen eine effektive Lenkung und Steuerung der NPO gelingt. Dazu ist es erforderlich, jene<br />

Instrumente und Methoden zu erarbeiten, welche die Grundlage für eine effiziente Ehrenamtsarbeit<br />

bilden, und die Ehrenamtlichen zu befähigen, diese Werkzeuge zu kennen und zu<br />

handhaben, also effiziente Ehrenamtsarbeit zu leisten.<br />

Was unter effektiver und effizienter Ehrenamtsarbeit zu verstehen ist, zeigt im Grundsatz die<br />

Checkliste von Abbildung 77. In Ergänzung dazu sind präzisierende Anforderungen zu formulieren.<br />

Diese werden nachvollziehbar, wenn man sich die häufig anzutreffenden Defizite<br />

in der Ehrenamtsarbeit vor Augen führt:<br />

1) Ehrenamtliche tun (oft) das Falsche. Sie kümmern sich um Details, mischen sich in<br />

die Geschäftsführung ein und vernachlässigen dabei die Auseinandersetzung mit Grundsatz-<br />

und Zukunftsfragen.<br />

240


Ehrenamtliche<br />

2) Oft entscheiden die «oben» über das, was die «unten» als Anträge vorbereitet haben. Dieses<br />

Spannungsfeld zwischen Entscheidungsvorbereiter und Entscheider akzentuiert sich<br />

als Stab-Linien-Problem, insbesondere zwischen Vorstand/Stiftungsrat und der Geschäftsführung.<br />

Je ausgereifter das Hauptamt im Sinne von Completed staff-work ihre<br />

Anträge ausgearbeitet haben, desto mehr haben sie über ihre Vorarbeit die damit verbundenen<br />

Entscheidungsinhalte geprägt. Das Ehrenamtsorgan kann dann das Dossier nur<br />

noch genehmigen oder verwerfen, jedoch kaum mehr inhaltlich mitprägen.<br />

3) Verstärkt wird diese Tendenz der indirekten Steuerung der NPO durch das Hauptamt,<br />

wenn dieses zur Absicherung seiner Machtposition den strukturell bedingten Informationsvorsprung<br />

mittels selektiver Informationsweitergabe (gate-keeping) einsetzt. Diese<br />

Informationsasymmetrien erschwert es den Ehrenamtlichen zusätzlich, bei Geschäften<br />

substanziell mitreden zu können.<br />

4) Spüren die Ehrenamtlichen dieses Machtungleichgewicht und kommen sie sich auf die<br />

Dauer manipuliert vor, so greifen sie zur Strategie der Entmachtung des Hauptamts.<br />

Sie nehmen möglichst viele Kompetenzen aus der Geschäftsführung zurück in ihren eigenen<br />

Entscheidungsbereich, überfordern sich dabei und lähmen letztlich die operative<br />

Tätigkeit in der Geschäftsstelle.<br />

Solche Zustände und Machtungleichgewichte führen zu Spannungen, Konflikten, Unsicherheiten<br />

und letztlich Ineffizienzen. Sollen Ehrenamt und Geschäftsführung eine grundsätzlich<br />

unteilbare Verantwortung für die Führung der NPO wahrnehmen, dann müssen professionelle<br />

Lösungen für das Zusammenwirken dieser zwei Elemente gefunden werden.<br />

Dieser Frage der optimalen Zusammenarbeit zwischen Führungsgremium und Geschäftsführung<br />

nimmt sich die in Abschnitt 1.2.2 bereits kurz beschriebene Forschung zur Corporate<br />

bzw. Nonprofit Governance an. Deren zentrale Fragestellung besteht darin, wie zwischen<br />

haupt- und neben- bzw. ehrenamtlichen Gremien ein Machtausgleich zu schaffen<br />

ist, der insbesondere das Ehrenamt befähigt, eine gewichtigere Rolle in der politisch-strategischen<br />

Steuerung einer NPO wahrzunehmen. Dazu sind folgende Ziele zu verfolgen:<br />

1) eine wirkungsvollere Nutzung der beschränkten Kapazitäten an Zeit sowie Sach- und<br />

Informationsstand des Ehrenamts;<br />

2) ein gleichgewichtiges Zusammenwirken von Ehrenamt und Hauptamt, ein Abbau einseitiger<br />

Dominanz und die Schaffung von Gegenmacht auf Ehrenamtsseite statt Entmachtung<br />

des Hauptamts;<br />

3) eine Beschränkung der Ehrenamtlichen auf das Wesentliche. Wesentlich sind Ziele, Pläne,<br />

Grundsätze und damit Vorgaben und Rahmenentscheidungen, die zusammen mit der<br />

Kontrolle der Ausführung eine wirksame Steuerung des Hauptamts gewährleisten. Dies<br />

wird oft auch als strategische Führungsaufgabe der Ehrenamtsorgane bezeichnet;<br />

241


Ressourcen-Management<br />

4) eine partizipative Erarbeitung der Grundsätze, Schwerpunkte, damit der politischstrategische<br />

Gehalt dieser Rahmenentscheidungen durch Ehrenamtliche mitbestimmt<br />

wird;<br />

5) eine gemeinsame Wahrnehmung der unteilbaren Führungs- und Problemlösungsverantwortung<br />

für die NPO insgesamt.<br />

Zur Erreichung dieses Zieles der Professionalisierung bzw. einer Nonprofit Governance<br />

eignet sich das Prinzip der Führung durch Zielvereinbarung und nach dem Ausnahmeprinzip<br />

(mbo + mbe), das in Abschnitt 1.1.4 dargelegt wurde. Dieses gibt präzise Anweisungen darüber,<br />

wie der Prozess der Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Ehrenamtsorgan<br />

und Geschäftsführung sowie deren Zusammenwirken zu gestalten ist: Die Ehrenamtlichen<br />

haben sich auf die Soll-Vorgaben, insbesondere auf strategischer Ebene, zu konzentrieren.<br />

Die Entscheidungen sind im Sinne der Kooperative Interaktion aus Abschnitt 1.2.2 in einem<br />

offenen, kooperativen Prozess gemeinsam mit dem Geschäftsführungsteam zu erarbeiten.<br />

Das Controlling liefert die erforderlichen Informationen in einer Form und einem Umfang,<br />

die dem ehrenamtlichen Gremium eine wirkungsvolle Steuerung ermöglichen.<br />

Flankierend zur Führung und Leitung nach diesem Prinzip sind aber auch die Rahmenbedingungen<br />

der Ehrenamtsarbeit und die konkrete Ämtergestaltung nach Qualitätskriterien zu<br />

gestalten. Abbildung 78 präzisiert die Erfolgsfaktoren stichwortartig und beinhaltet zugleich<br />

eine Zusammenfassung dessen, was unter einer Professionalisierung der Ehrenamtsarbeit<br />

bzw. effektiver und effizienter Nonprofit Governance zu verstehen ist.<br />

Die hier beschriebene Aufwertung der ehrenamtlichen Arbeit beinhaltet eine typisch normative<br />

Forderung der dualen Führung von NPO. Dieses Konzept ist jedoch nicht unumstritten.<br />

In bestimmten praxisnahen Kreisen wird zunehmend in Frage gestellt, ob Ehrenamtliche<br />

heute überhaupt noch in der Lage sind, die zunehmend grösser und komplexer werdenden<br />

NPO zu führen. Diese vermeintliche Überforderung wird insbesondere im Sozial- und<br />

Wohlfahrtsbereich zum Anlass genommen, die Ehrenamtsgremien zu Aufsichtsgremien zu<br />

degradieren. Diese Entwicklung entspricht einem gefährlichen Trend zur sogenannten Denaturierung<br />

von NPO. Die politisch-strategische Steuerung durch die Ehrenamtsorgane zwecks<br />

Vollstreckung des Trägerwillens entspricht einer konstituierenden Eigenart von NPO. Ein<br />

Blick auf die zunehmend angestrengten Verantwortlichkeitsklagen gegenüber Ehrenamtsgremien<br />

zeigt überdeutlich, dass der Weg «Alle Macht den Hauptamtlichen!» in die Irre führt.<br />

Die Existenzberechtigung des Dritten (NPO-)Sektors wird sich gerade dadurch erweisen<br />

müssen, dass es gelingt, die Management-Fähigkeiten des Ehrenamts auszubauen, was nur<br />

durch eine Professionalisierung der entsprechenden Arbeit zu bewältigen ist.<br />

242


Ehrenamtliche<br />

Abbildung 78: Gestaltungsstandards für professionelle Ehrenamtsarbeit<br />

243

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