PDF Serviceplus 1/2013 - Dussmann Service
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Evangelisches Stift Freiburg<br />
V<br />
or drei Jahren wurde eine<br />
Idee geboren, die bis heute<br />
Journalisten nach Süddeutschland<br />
führt. Gerade vergangene<br />
Woche war wieder eine Reporterin<br />
hier und hat sich alles erklären<br />
lassen. Als erste Altenpflegeeinrichtung<br />
entwickelte das Evangelische<br />
Stift Freiburg damals ein völlig<br />
neuartiges Konzept: Studierende<br />
sollten Tür an Tür mit Senioren<br />
wohnen. Mittlerweile hat studentisches<br />
Wohnen im Seniorenheim<br />
Schule gemacht und wurde von<br />
zahlreichen anderen Einrichtungen<br />
übernommen.<br />
Als Hartmut von Schöning im<br />
September 2009 als Geschäftsführer<br />
an das Stift berufen wurde, war<br />
das Albert-Ria-Schneider-Haus<br />
im Freiburger Univiertel noch in<br />
einem desolaten Zustand. Die<br />
Appartements für Betreutes Wohnen<br />
waren lange nicht mehr renoviert<br />
worden, über zwei Jahre keine<br />
neuen Bewohner mehr eingezogen.<br />
Etliche der Ein-Zimmer-Wohnungen<br />
standen leer. Von Schöning<br />
und sein Team suchten Optionen,<br />
wie das Haus nach der Sanierung<br />
wieder belebt werden könnte. Da<br />
fiel ihnen in der Universitätsstadt<br />
Freiburg ein Plakat mit Studierenden<br />
in Massenunterkünften ins<br />
Auge. Die Entscheidung fiel: Studierende<br />
sollten mit einziehen.<br />
Die zunächst bestehenden Bedenken<br />
der Heimbewohner waren<br />
schnell zerstreut; die Resonanz in<br />
Fachwelt und Presse nicht nur in<br />
Freiburg riesig. Bereits in der ersten<br />
Woche meldeten sich fünf Senioren.<br />
Sie hatten sich genau eine solche<br />
Konstellation für ihren Lebensabend<br />
vorgestellt.<br />
Von jung ...<br />
Bereits im Oktober 2010 zogen<br />
zehn Erstsemester in die frisch<br />
renovierten 15 Quadratmeter großen<br />
Appartements. Dem Konzept<br />
„Wohnen für Hilfe“ folgend wird<br />
eine sehr günstige Miete ausgeglichen<br />
durch bis zu fünf Stunden<br />
Einsatz pro Woche. Das können<br />
Kleinigkeiten sein, wie etwa einer<br />
Bewohnerin mit Demenz den Weg<br />
in ihre Wohnung zu zeigen, oder<br />
die Teilnahme am Literatur-, Singoder<br />
Bastelkreis, an Ausflügen<br />
oder am 14-tägig stattfindenden<br />
Stammtisch im großen Speisesaal.<br />
„Am Stammtisch geht es oft hoch<br />
Jung und Alt unter einem Dach: Mit studentischem Wohnen im Seniorenheim war das Evangelische Stift Vorreiter<br />
Über das gute Verhältnis der <strong>Dussmann</strong>-Mitarbeiter zu den Bewohnern freut sich Geschäftsführer Hartmut von Schöning (r.)<br />
her“, weiß Peter Penno, Leiter des<br />
Albert-Ria-Schneider-Hauses, zu<br />
berichten. „Am Ende vertragen<br />
sich alle wieder, und das ist ja das<br />
Wichtigste.“<br />
Harmonisch geht es auch zu zwischen<br />
Talitha Müller (24), Studentin<br />
der Biologie und Anglistik, und<br />
ihrer Nachbarin Agnes Ortlieb<br />
(76). Zwischen den beiden stimmt<br />
die Chemie, das sieht man auf den<br />
ersten Blick. „Wie war denn die<br />
Klausur gestern?“, interessiert sich<br />
Frau Ortlieb und versorgt die junge<br />
Frau mit frisch gebackenem Hefezopf.<br />
Für Gesprächsstoff ist stets<br />
gesorgt. Die angehenden Mediziner,<br />
Forstwirte, Biologen, Musikwissenschaftler,<br />
Anglisten und<br />
Elektrotechniker bringen Schwung<br />
in die Hausgemeinschaft. Gleichzeitig<br />
profitieren die jungen Leute<br />
von den Erfahrungen ihrer älteren<br />
Nachbarn.<br />
... bis noch jünger<br />
Das Albert-Ria-Schneider-Haus ist<br />
eines von insgesamt sechs stiftseigenen<br />
Altenhilfeeinrichtungen<br />
in Freiburg und Umgebung.<br />
Dazu kommen vier weitere Häuser,<br />
für die das Unternehmen das<br />
Management im Auftrag der jeweiligen<br />
Träger übernommen hat. Das<br />
Angebot für 780 Senioren reicht<br />
vom eleganten Residenzwohnen<br />
über Betreutes Wohnen und Pflegewohnen<br />
bis hin zum klassischen<br />
Altenheim. Tragende Kraft für die<br />
650 Mitarbeiter ist der christliche<br />
Glaube. Das Stift verfügt über eine<br />
eigene Pfarrstelle mit Stiftskapelle.<br />
Das Freiburger Münster ist nur<br />
einen Steinwurf entfernt. Gleichzeitig<br />
sind aber auch Bewohner, die<br />
keinen Bezug zur Kirche haben,<br />
herzlich willkommen.<br />
Mitten in Freiburg liegen die<br />
meisten Stifts-Häuser. „Mittendrin“<br />
könnte auch als Sinnbild für<br />
das Gesamtunternehmen gelten.<br />
So wird die Begegnungsstätte mit<br />
dem Veranstaltungsraum auch von<br />
externen Gruppen genutzt. Bei Tai<br />
Chi, Französisch oder Vorträgen<br />
treffen junge und alte Menschen<br />
aufeinander. „Wir fühlen uns als<br />
Teil unserer Gesellschaft“, bekräftigt<br />
Geschäftsführer von Schöning.<br />
Mit dieser Haltung und einem diakonischen<br />
Auftrag als Grundlage<br />
schien der Schritt zur Einrichtung<br />
einer Kinderbetreuung im Haus<br />
nicht mehr groß. Mit ihm betrat<br />
das Stift wieder einmal Neuland.<br />
Eine Kleinkindbetreuung sollte<br />
entstehen – im Pflegewohnheim.<br />
„Es existierten zwar schon Kindergärten<br />
in Häusern mit Betreutem<br />
Wohnen. Aber ganz kleine Kinder<br />
zusammen mit teilweise schwer<br />
Pflegebedürftigen, auch demenziell<br />
erkrankten Menschen, das war ein<br />
völlig neuer Ansatz“, berichtet von<br />
Schöning.<br />
Im Haus Schlossberg leben 92<br />
pflegebedürftige Senioren und von<br />
8 bis 16 Uhr acht Kinder im Alter<br />
von sechs Monaten bis drei Jahren.<br />
Schon bei der Suche nach geeigneten<br />
Tagesmüttern meinte das<br />
Schicksal es gut mit dem Projekt.<br />
Der Freiburger Tagesmütterverein<br />
vermittelte einen Kontakt zu zwei<br />
interessierten Frauen. Auch sie<br />
planten eine Kleinkindbetreuung<br />
in einem Pflegewohnheim, doch<br />
keines der bisher von ihnen angesprochenen<br />
Häuser hatte mitziehen<br />
wollen. Die Allianz zwischen den<br />
zwei Tagesmüttern und dem Stift<br />
konnte geschmiedet werden.<br />
Seit Anfang 2012 sind „Die kleinen<br />
Entdecker“ selbstverständlicher<br />
Teil der Gemeinschaft. Beim Spielen<br />
im Stiftspark treffen sie auf spazierende<br />
Senioren. Jeden Dienstag<br />
singen Alt und Jung gemeinsam.<br />
Freitags wird zusammen gefrühstückt.<br />
Dann kommen die Kleinen<br />
direkt auf die Wohnetagen und<br />
verbringen Zeit mit den Bewohnern.<br />
Die Kinder freuen sich über<br />
ihre zusätzlichen Omas und Opas.<br />
Und gerade Senioren, die sonst eher<br />
Abstand halten, profitieren von<br />
24 <strong><strong>Service</strong>plus</strong> 1/<strong>2013</strong><br />
<strong><strong>Service</strong>plus</strong> 1/<strong>2013</strong><br />
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