Zur Studie - CARE Deutschland e.V.
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<strong>CARE</strong> auf dem Balkan | Aufbau einer nachhaltigen Zivilgesellschaft<br />
Wie ich die Leiterin einer NRO für<br />
Roma-Frauen wurde – eine persönliche Geschichte<br />
jekten vor Ort. Bald wurde ich selbst zur Trainerin. Zum ersten<br />
Mal in meinem Leben fühlte ich mich beachtet und geschätzt,<br />
und das hat mein Leben für immer verändert. Nur sechs Jahre<br />
nach meinem ersten Kurs gründeten meine Freundin Fatima<br />
Naza und ich die erste NRO für Roma-Frauen. Gemeinsam kämpfen<br />
wir gegen die Diskriminierung sowohl in der Gesellschaft<br />
als auch innerhalb der Familie und arbeiten für eine bessere<br />
gesellschaftliche Stellung von Roma- und Ägypter-Frauen und<br />
-Kindern in Montenegro.<br />
Fana Delija aus Niksic.<br />
„Ich bin Fana Delija, eine 32 Jahre alte, unverheiratete Frau<br />
und gehöre zur Minderheit der Ägypter 6 . Ich bin Koordinatorin<br />
für die NRO Center for Roma Initiatives, die sich für die<br />
Rechte von Roma-Frauen stark macht. Mit meinen Eltern und<br />
Geschwistern lebe ich in einer Siedlung für Roma und Ägypter<br />
in Niksic, Montenegro. Wenn man in meiner Gemeinschaft sowohl<br />
zu einer ethnischen Minderheit gehört als auch eine Frau<br />
ist, bedeutet das nur eins: dass Diskriminierung und Widerstand<br />
doppelt so hart ausfallen, sobald du versuchst, den Teufelskreis<br />
der traditionellen Frauenrolle zu durchbrechen. Mädchen sollen<br />
früh einen Roma oder Ägypter heiraten, der von ihren Familien<br />
für sie ausgesucht wird. Bis dahin wird vor allem darauf Wert<br />
gelegt, dass sie ihre Jungfräulichkeit nicht verlieren. Als Roma-<br />
Frau soll man gehorchen, möglichst unsichtbar sein und sich<br />
nicht einmischen. Oft schließen Mädchen noch nicht einmal<br />
die Grundschule erfolgreich ab, da Bildung als nutzlos für ihr<br />
weiteres Leben gilt. Die Roma sind die am meisten marginalisierte<br />
Minderheit Europas und verfügen über den niedrigsten<br />
Bildungsstand und die höchste Arbeitslosenrate.<br />
Im Jahr 2000 begann ich, Kurse über Frauenrechte zu besuchen,<br />
die von der lokalen Organisation SOS Hotline Niksic und dem<br />
Roma Center Project organisiert wurden. Danach arbeitete ich<br />
als Putzfrau bei der Organisation und beteiligte mich an Pro-<br />
Unsere Organisation Center for Roma Initiatives begann im Jahr<br />
2008 mit <strong>CARE</strong> zusammenzuarbeiten. Gemeinsam entwickelten<br />
wir eine Strategie, um Roma-Mädchen beim Schulbesuch zu unterstützen.<br />
Während des gesamten Projektes stand uns <strong>CARE</strong><br />
stets helfend zur Seite. Durch <strong>CARE</strong>s Roma Women Regional<br />
Empowerment Project konnte ich die weiterführende Schule<br />
besuchen und Englisch-, Computer- sowie Management-Kurse<br />
belegen. So konnte ich meine Fähigkeiten erweitern und auch<br />
unser Organisationsprofil stärken. Ich wurde die erste Frau aus<br />
der Roma- und Ägypter-Gemeinschaft, die als Mitglied in der<br />
Arbeitsgruppe der Regierung an der nationalen Strategie zur<br />
Verbesserung der Lebenssituation von Roma und Ägyptern mitarbeitete.<br />
Zudem war ich die erste Frau unserer Minderheit, die<br />
je zu einer Parlamentssitzung eingeladen wurde. Am 08. März<br />
2012, dem Internationalen Frauentag, setzte ich mich öffentlich<br />
vor dem Premierminister und den Parlamentsabgeordneten<br />
für Frauen aus Minderheitengruppen ein.<br />
Im gleichen Jahr wurden Fatima und ich mit dem Preis des<br />
Anna Lindh Memorial Funds im Bereich der Frauenbeteiligung<br />
und Führung ausgezeichnet. Unsere Arbeit stößt nun auf größere<br />
Anerkennung seitens der Roma- und Ägyptergemeinschaft,<br />
lokaler und internationaler Institutionen und der allgemeinen<br />
Öffentlichkeit. Wir sehen schon erste Veränderungen, und ich<br />
habe nicht die Absicht, jetzt aufzuhören. Dank der Unterstützung<br />
von <strong>CARE</strong> weiß ich heute, dass ich jedem auf Augenhöhe<br />
begegnen und stolz darauf sein kann, eine Ägypter-Frau zu<br />
sein. Ich bin unabhängig, selbstsicher und habe feste Ziele vor<br />
Augen. In näherer Zukunft möchte ich an der Universität Jura<br />
studieren und danach Abgeordnete des montenegrinischen Parlaments<br />
werden.“<br />
6<br />
Die große Gruppe der Roma auf dem Balkan ist unterteilt in Gruppen, sie sich selbst entweder als „Roma“, „Ashkali“ oder auch als „Ägypter“ bezeichnen.<br />
Diese drei Gruppen unterschieden sich hinsichtlich Religion und Sprache, leben aber unter ähnlichen Verhältnissen am Rande der Gesellschaft und werden stark ausgegrenzt.<br />
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