DER FREIHANDEL - Börse Stuttgart
DER FREIHANDEL - Börse Stuttgart
DER FREIHANDEL - Börse Stuttgart
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
orientieren<br />
Foto: Carol Bailey<br />
„Vom freien Handel profitieren<br />
tendenziell alle, sogar die Arbeitnehmer<br />
in der westlichen Welt“,<br />
meint Bhagwati. Aber natürlich<br />
könne nicht jeder Arbeitsplatz<br />
gesichert werden, es werde Branchen<br />
geben, die eher schrumpfen.<br />
Aus genau diesem Grund sind<br />
die Konjunkturexperten der Deutschen<br />
Bank nicht ganz so euphorisch<br />
gestimmt. Sie rechnen damit,<br />
dass bestimmte Wirtschaftszweige<br />
von den Verhandlungen ausgenommen<br />
werden. Denn in ihren Augen<br />
befürchten einige europäische<br />
Nationen, dass Deutschland seinen<br />
wirtschaftlichen Vorsprung innerhalb<br />
der EU im Zuge eines vollumfassenden<br />
Abkommens noch<br />
einmal deutlich ausbaut.<br />
Deshalb hätten einige französische<br />
Politiker schon angedeutet,<br />
dass es Einschränkungen geben<br />
müsse. „Traditionell am meisten<br />
geschützt sind die Landwirtschaft<br />
und die Rüstungsbranche“, erklärt<br />
Deutsche-Bank-Analyst Jochen<br />
Möbert. „Deshalb erwarten wir,<br />
dass es nur ein abgespecktes<br />
Abkommen geben wird, im Wesentlichen<br />
begrenzt auf einige Bereiche<br />
von Industrie und Technologie.“<br />
Ähnlich äuSSert sich auch<br />
Autoexperte Dudenhöffer. „Im<br />
Automobilsektor liegen die beiden<br />
Parteien in einigen Punkten so weit<br />
auseinander, dass eine komplette<br />
Anpassung der Märkte sehr unwahrscheinlich<br />
ist.“ Allein beim<br />
Thema CO 2<br />
-Ausstoß gebe es völlig<br />
unterschiedliche Ansichten. „Schon<br />
innerhalb der EU wird immer noch<br />
nach einem Konsens gesucht. Und<br />
die Amerikaner wollen ihre wenig<br />
umweltfreundlichen Pick-ups erst<br />
recht vor zu strengen Auflagen<br />
schützen.“ Dennoch befürwortet er<br />
die TTIP-Pläne. „Wenn künftig Zölle<br />
@<br />
Links<br />
zum Thema:<br />
Studie des Ifo-Instituts<br />
zum TTIP:<br />
http://bit.ly/TTIPifo<br />
Handelsstudie des<br />
Centre for Economic<br />
Policy Research:<br />
http://bit.ly/CEPRstudy<br />
und bürokratische Hürden zwischen USA und EU wegfallen,<br />
wäre das ein großer Vorteil für den Automobilsektor.“<br />
Künftig könne der internationale Werksverbund der<br />
Autobauer besser genutzt werden. Dudenhöffer: „Fahrzeuge,<br />
die in Deutschland produziert werden, lassen sich<br />
deutlich einfacher und kostengünstiger in den USA<br />
verkaufen. Zudem könnte der Fahrzeug- und Teilehandel<br />
künftig viel unbürokratischer erfolgen.“<br />
400.000<br />
Arbeitsplätze würden in der EU durch eine<br />
transatlantische Freihandelszone<br />
entstehen. Der Beschäftigungszuwachs in<br />
den USA wäre geringer. Der Rest der Welt<br />
dürfte etwa 240.000 Jobs verlieren.<br />
Gewaltige Auswirkungen hätte ein erfolgreiches<br />
TTIP-Abkommen sicherlich auch auf globale Logistik-<br />
Konzerne, deren Transportvolumen deutlich steigen<br />
dürfte. UPS-Manager Sportolari rechnet vor, dass über<br />
einen Zeitraum von zehn Jahren 131 Millionen Pakete<br />
hinzukämen. Entsprechend wird in Drehscheiben für<br />
internationale Luftfracht investiert – sie sollen helfen, den<br />
wachsenden Warenverkehr zwischen den USA und Europa<br />
zu handhaben.<br />
Dann könnte auch Winzer Lingenfelder seine von<br />
US-Kunden im Internet georderten Weinflaschen mit<br />
optisch ansprechenden Etiketten ohne Warnhinweise<br />
versehen und per Paket über den großen Teich schicken.<br />
* Die Autoren sind Redakteure der „WELT“ und der „WELT am SONNTAG“<br />
»Zu dem neuen westlichen<br />
Block demokratischer Nationen<br />
wird es in nächster Zeit weltweit<br />
kein adäquates Gegengewicht<br />
geben.«<br />
Richard Rosecrance, Professor an der Harvard University<br />
marktmacher 02/2013 11