DER FREIHANDEL - Börse Stuttgart
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handeln<br />
der Yen-Abwertung von den Kursgewinnen abziehen.“ Dann<br />
ergibt sich nämlich eine ganz andere Rechnung: Von den<br />
rund 52 Prozent Kurssteigerung im Nikkei 225 seit Beginn<br />
der Hausse bis August 2013 bleiben währungsbereinigt nur<br />
26 Prozent übrig.<br />
Aus Sicht deutscher Anleger schmelzen die erzielten<br />
Kursgewinne also zu einem Großteil wieder dahin. Es sei<br />
denn, sie sichern ihr Japan-Investment gegen Währungsrisiken<br />
ab. Das funktioniert mit ETFs, die mit einem<br />
Währungsschutz ausgestattet sind, oder sogenannten<br />
Quanto-Zertifikaten. Die Absicherung verursacht zwar<br />
zusätzliche Kosten, aber die Kursgewinne bleiben dafür<br />
weitgehend erhalten.<br />
Der schwache Yen ist als Folge der aggressiven<br />
Geldpolitik ein willkommener Wachstumsimpuls für<br />
Japans Exportwirtschaft. Gelddrucken allein kann allerdings<br />
nicht die Lösung für Japans Probleme sein. Deshalb<br />
kündigte Premierminister Abe immer wieder auch Strukturreformen<br />
an, allerdings ohne konkrete Schritte einzuleiten.<br />
Folglich gibt es Zweifel am Reformwillen der<br />
japanischen Regierung, etwa mit Blick auf Steuererhöhungen<br />
oder die Liberalisierung des Arbeitsmarkts. So<br />
warnte die Bundesbank in ihrem Monatsbericht August<br />
2013 vor einem „konjunkturellen Strohfeuer“. Dass die<br />
Bedingungen für einen Erfolg der „Abenomics“ erfüllt<br />
sind, sei „keineswegs gewiss“.<br />
Bereits 2014 könne das Wirtschaftswachstum mit<br />
1,25 Prozent wieder geringer ausfallen als zuletzt. Um<br />
neben dem Export auch die Binnenwirtschaft zu beleben,<br />
die 84 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt,<br />
müssten die Löhne steigen. Das aber sei fraglich, so die<br />
Bundesbank.<br />
Zugleich gilt in vielen japanischen Unternehmen das<br />
Prinzip der lebenslangen Beschäftigung. In Krisen werden<br />
deshalb eher die Löhne gesenkt, als Mitarbeiter<br />
entlassen. Eine weitere landestypische Besonderheit ist,<br />
dass die Bezahlung von Angestellten von Alter und Betriebszugehörigkeit<br />
abhängt. Die Konsequenz: Junge<br />
Beschäftigte werden oft nicht entsprechend ihrer Produktivität<br />
entlohnt. Selbst die „Abenomics“ tun bisher wenig,<br />
um die Perspektiven für junge Japaner zu verbessern.<br />
Auch deshalb liegt die Geburtenrate bei durchschnittlich<br />
RISIKO<br />
MINIMIEREN<br />
Währungsrisiken<br />
lassen<br />
sich mit Quanto-<br />
Zertifikaten<br />
vermeiden: Für<br />
deren Kursentwicklung<br />
ist nur<br />
die absolute<br />
Performance<br />
des Basiswerts<br />
relevant. So<br />
werden beispielsweise<br />
bei<br />
japanischen<br />
Aktien, die in Yen<br />
notieren, mögliche<br />
Währungsverluste<br />
gegenüber<br />
dem Euro<br />
ausgeschaltet.<br />
Der Schutz hat<br />
seinen Preis: Bei<br />
Quanto-Zertifikaten<br />
fallen für<br />
die Absicherung<br />
Gebühren an,<br />
die anteilig vom<br />
Wert des Zertifikats<br />
abgezogen<br />
werden.<br />
Georg Erber,<br />
Ökonom beim Wirtschaftsforschungsinstitut<br />
DIW in Berlin<br />
»Deutsche Anleger müssen den<br />
negativen Wechselkurseffekt<br />
der Yen-Abwertung beachten.«<br />
1,4 Kindern pro Frau. Nach Daten<br />
von Germany Trade & Invest sind<br />
inzwischen 23 Prozent der 128 Millionen<br />
Japaner älter als 65 Jahre. In<br />
Zukunft wird die Bevölkerung stark<br />
schrumpfen. Das dämpft die Inlandsnachfrage.<br />
Zudem verweist die Bundesbank<br />
auf die gigantische Staatsverschuldung<br />
Japans von über 245 Prozent<br />
des Bruttoinlandsprodukts – das ist<br />
weltweit Spitze. Zum Vergleich: Im<br />
EU-Krisenstaat Griechenland liegt<br />
die Verschuldungsquote bei rund<br />
160 Prozent. Dass Japan dennoch<br />
Kapital von Investoren bekommt,<br />
liegt an einer Besonderheit: Statt<br />
am internationalen Kapitalmarkt<br />
leiht sich der Staat bei seinen<br />
Bürgern, Banken, Versicherungen<br />
und Pensionskassen Geld. Gut<br />
90 Prozent der Gläubiger kommen<br />
aus Japan. Dabei liegt die Rendite<br />
zehnjähriger Staatsanleihen seit<br />
15 Jahren meist deutlich unter<br />
zwei Prozent; seit drei Jahren<br />
deutlich unter einem Prozent.<br />
Sollte angesichts der ausufernden<br />
Verschuldung jedoch das<br />
Interesse an Japans Staatsanleihen<br />
schwinden, müsste das Land höhere<br />
Zinsen bieten. Im August sind sie<br />
bereits gestiegen, von 0,5 auf in der<br />
Spitze 1,0 Prozent – obwohl die Bank<br />
of Japan derzeit 70 Prozent der neu<br />
ausgegebenen Staatsanleihen<br />
absorbiert. Dies sei eine Kehrseite<br />
des Aktienbooms, so Erber: „Nicht<br />
nur ausländische Investoren setzen<br />
auf den japanischen Aktienmarkt.<br />
Auch inländische Anleger ziehen<br />
sich aus Staatsanleihen zurück und<br />
investieren verstärkt in Aktien.“<br />
Dabei gilt für Japans Unternehmen<br />
wie für den Staat und die Investoren:<br />
Ein Scheitern der „Abenomics“ kann<br />
sich niemand leisten.<br />
JAN MÜNSTER<br />
Foto: DIW Berlin