UNUS Ausgabe 01 / 2013 - Bund der Selbständigen (BDS ...
UNUS Ausgabe 01 / 2013 - Bund der Selbständigen (BDS ...
UNUS Ausgabe 01 / 2013 - Bund der Selbständigen (BDS ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 titel<br />
11<br />
Wie planen Sie aus Ihrer Sicht Ihren Rückzug<br />
aus dem Unternehmen?<br />
>> Mir gefällt <strong>der</strong> Begriff Rückzug nicht, ich werde<br />
in Zukunft eher an<strong>der</strong>e Aufgaben wahrnehmen,<br />
weg von <strong>der</strong> Galionsfigur hin zur zweiten Reihe. Dafür<br />
bauen wir seit Jahren auch junge Führungskräfte<br />
auf, die wir in <strong>der</strong> hauseigenen Weyermann-Akademie<br />
aber auch extern schulen. So kombinieren<br />
wir die Vorteile eines Familienunternehmens mit<br />
den Impulsen von gut ausgebildeten Fachkräften.<br />
Was sind aus Ihrer Sicht die berühmten „Knackpunkte“,<br />
die man als mittelständischer Unternehmer bei <strong>der</strong><br />
Übergabe berücksichtigen sollte?<br />
>> Das wichtigste ist Vertrauen. Bauen Sie eine Vertrauenskultur<br />
im Unternehmen auf und leben sie diese<br />
beson<strong>der</strong>s als Chef in hohem Masse! Lernen Sie<br />
schon früh zu delegieren, stellen die Eitelkeiten hinten<br />
an. Bleiben Sie ein offener Mensch und glauben Sie an<br />
die Menschen um sich herum.<br />
Das Interview führte Peter Jordan.<br />
Familie muss zusammenhalten<br />
Vertrauen in die nächste Generation<br />
Wie binden Sie die nachfolgende Generation in das<br />
Unternehmen und damit in die Unternehmensübergabe<br />
mit ein?<br />
>> Da wir in einer wun<strong>der</strong>baren Villa auf dem Firmengelände<br />
leben – dort ist in den unteren beiden<br />
Geschossen auch Labor und ein Teil <strong>der</strong> Verwaltung<br />
–, hat die Verbindung von Privat- und Berufsleben<br />
Tradition bei uns. Die fünfte Generation absolviert<br />
momentan die fachbezogene Ausbildung. Ein<br />
entsprechen<strong>der</strong> Studienabschluss ist eine gute Voraussetzung<br />
für die Firmennachfolge. Und etwa gute<br />
Sprachkenntnisse setzen wir nicht nur bei unseren<br />
Mitarbeitern voraus, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Familie.<br />
Sabine Weyermann (55) ist in <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />
von Weyermann® Malz für<br />
Marketing und Vertrieb zuständig. Das<br />
1879 gegründete, familiengeführte Unternehmen<br />
aus Bamberg kann auf eine lange<br />
Tradition zurückblicken. Im Moment wird<br />
es in <strong>der</strong> vierten Generation geführt, die<br />
fünfte Generation ist in Assistenzfunktion<br />
bereits an Board. Das Unternehmen ist<br />
Weltmarktführer im Bereich <strong>der</strong> Spezialmalze. Zu den Kunden<br />
zählen ca. 4000 kreative Brauereien in 135 Län<strong>der</strong>n.<br />
Werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
diesen Prozess eingebunden?<br />
>> Im Sinne unserer Philosophie als Familienunternehmen<br />
haben wir auch eine beson<strong>der</strong>e Beziehung zu unseren<br />
Mitarbeitern. Das junge Führungsteam lassen<br />
wir in die Verantwortung hineinwachsen und stellen<br />
so auf je<strong>der</strong> Ebene eine Beziehung zur Familie her.<br />
Welche Rolle spielen externe Berater bei einem solchen<br />
Prozess <strong>der</strong> Übergabe auf die nächste Generation?<br />
>> Wir sehen nicht die Notwendigkeit, externe Berater<br />
einzubinden. Wir bauen eher auf unsere eigenen<br />
Stärken. Die Struktur <strong>der</strong> Inhaberfamilie ist intakt<br />
ebenso wie das Verhältnis zu unseren Mitarbeitern. Es<br />
gibt über das Jahr ca. 50 Veranstaltungen, wo wir alle<br />
uns zusammenfinden und unseren Teamgeist stärken.<br />
Wie kann Ihrer Meinung nach das Wissen <strong>der</strong> älteren<br />
Generation für das Unternehmen nach einer Übergabe<br />
weiterhin nutzbar bleiben?<br />
>> Vorausschicken möchte ich, dass ich denke,<br />
die nachfolgende Generation muss nicht alles genauso<br />
machen wie die vorhergehende. Das Wissen<br />
im Unternehmen zu halten, ist eine wichtige<br />
Aufgabe. Wir haben dafür einiges eingerichtet:<br />
Seit 15 Jahren ist Weyermann zertifiziert, wir<br />
haben klare Arbeitsanweisungen und Stellenbeschreibungen<br />
und führen alle 14 Tage regelmäßige<br />
Runden zum Wissensaustausch durch.<br />
Jutta Griess übergab das Hotel<br />
– Rheinischer Hof in Garmisch-<br />
Partenkirchen im Jahr 2008 an<br />
ihren Sohn Andreas Griess. Das<br />
Hotel wird als Personengesellschaft<br />
geführt und hat 17 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter.<br />
Wie haben Sie die nachfolgende Generation in den<br />
Betrieb und damit in die Unternehmensübergabe<br />
eingebunden?<br />
>> Für den älteren Sohn kam die Übernahme des Hotels<br />
nicht in Betracht, er hat einen an<strong>der</strong>en Berufszweig ergriffen.<br />
Unser jüngerer Sohn Andreas trat nach dem Studium<br />
in den Betrieb als Angestellter ein. Zwei Jahre später<br />
stelle sich die Gretchenfrage: übernimmst du den Hotelbetrieb<br />
o<strong>der</strong> nicht. Wenn er nein gesagt hätte, hätten<br />
wir einen externen Geschäftsführer einstellen müssen.<br />
Aber er hat ja gesagt. Das war im Jahr 2008. Wir haben<br />
dann die Chance ergriffen, noch vor <strong>der</strong> Erbschaftssteuerän<strong>der</strong>ung<br />
die Übergabe durchzuziehen. Damit befindet<br />
sich das Hotel in dritter Generation in unserer Familie.<br />
Welche Rolle spielten externe Berater bei diesem<br />
Prozess?<br />
>> Externe Berater lieferten die Grundlagen und die Bestätigungen<br />
für unsere Einschätzung. Im gesamten Verfahrenszeitraum<br />
waren insgesamt drei Steuerberater<br />
und drei Wirtschaftsprüfer eingebunden. Letztendlich<br />
entscheidend war aber unser älterer Sohn, <strong>der</strong> neue Modelle<br />
einbrachte, damit alle Beteiligten ihr Auskommen<br />
mit <strong>der</strong> Übergaberegelung hatten. Und erst als alle Familienmitglie<strong>der</strong><br />
mit allen Regelungen einverstanden<br />
waren, wurden die notariellen Verträge gemacht. Die<br />
Übergabe des Betriebs hat unser älterer Sohn übrigens<br />
zum Inhalt seiner juristischen Doktorarbeit gemacht.<br />
Wie kann Ihrer Meinung nach das Wissen <strong>der</strong><br />
älteren Generation für den Betrieb auch nach<br />
<strong>der</strong> Übergabe weiterhin nutzbar bleiben?<br />
>> Für meinen Sohn war Grundvoraussetzung für die<br />
Übergabe, dass ich weiterhin im Betrieb und in <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />
mitarbeite. Damit spielt <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Übergabe auch eine ganze entscheidende Rolle,<br />
denn „junge Senioren“ könne noch viel im Betrieb ausgleichen.<br />
Ich kann nur raten, frühzeitig mit 50 Jahren<br />
mit dem Übergabeprozess zu beginnen, denn dieser<br />
dauert dann bis zum Abschluss drei bis vier Jahre an.<br />
Mein Sohn und ich haben uns nach <strong>der</strong> Übergabe die<br />
Aufgaben geteilt, obwohl er ganz klar <strong>der</strong> Chef im Hause<br />
ist. Die ganze interne Basisarbeit mache ich, für den Erneuerungsprozess,<br />
insbeson<strong>der</strong>e im Marketing und bei<br />
<strong>der</strong> Ausrichtung des Hotels, ist er verantwortlich. Dieses<br />
Miteinan<strong>der</strong> war auch ein wichtiges Signal für unsere<br />
langjährigen Mitarbeiter an den wichtigen Positionen.<br />
So ist unser Koch nun 30 Jahre im Betrieb,<br />
<strong>der</strong> Direktionsassistent<br />
32 Jahre.<br />
Diese Kontinuität<br />
brachte auch die<br />
Ruhe trotz Verän<strong>der</strong>ung<br />
hinein.<br />
Und <strong>der</strong> Erfolg bei<br />
unseren Gästen<br />
gibt uns ebenso<br />
recht. Durch die<br />
Neuausrichtung<br />
konnten wir neue,<br />
vor allem jüngere<br />
Gäste gewinnen.<br />
Und ebenso besuchen<br />
nach wie vor<br />
die langjährigen<br />
Gäste unser Haus.<br />
unus I/2<strong>01</strong>3<br />
unus I/2<strong>01</strong>3