UNUS Ausgabe 01 / 2013 - Bund der Selbständigen (BDS ...
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„Weiterbildung ist Trumpf<br />
im Kampf um Talente“<br />
Nicole Gaiziunas, Geschäftsführerin des Institute of Corporate Education(incore), im Interview<br />
Frau Gaiziunas, das von ihnen geleitete Institute<br />
of Corporate Education entwickelt Konzepte<br />
für unternehmensinterne Weiterbildung.<br />
Wie wichtig ist dieses Thema heute für<br />
den Unternehmenserfolg und warum?<br />
>> Das Thema ist außerordentlich wichtig. Gut ausgebildete<br />
Mitarbeiter sichern den Unternehmenserfolg<br />
und sind ein klarer Wettbewerbsvorteil. Sie sind<br />
eine wichtige Quelle für Innovationen und helfen,<br />
neue Blickwinkel zu finden. Warum das heute wichtig<br />
ist, ist eindeutig: Der Wettbewerb wird härter, die<br />
Unternehmen müssen sehr flexibel und anpassungsfähig<br />
auf die zum Teil komplexen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
reagieren. Es geht darum, neue Produkte und Innovationen<br />
schnell in den Markt zu bringen. Das ist sicherlich<br />
das Eine. Das An<strong>der</strong>e ist, dass gute Weiterbildungsprogramme<br />
auch nachweisbar helfen, talentierte<br />
Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Gerade<br />
wenn wir über die junge Generation sprechen.<br />
Diese Trends betreffen auch die mittelständischen<br />
Unternehmen – den meisten von ihnen fehlen aber<br />
für große Lösungen Budgets und Strukturen. Wird<br />
<strong>der</strong> Mittelstand von den Konzernen abgehängt?<br />
>> Man braucht nicht immer das ganz große Budget<br />
für Weiterbildung. Es kommt darauf an, wie man ein<br />
intelligentes Qualifizierungsprogramm zielgerichtet<br />
entwickelt und einführt, wie man die eigenen Synergien<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter aktiviert und Potenziale hebt. Der<br />
Mittelstand hat den Vorteil <strong>der</strong> Flexibilität: Er kann<br />
schneller auf Trends reagieren als die Konzern-Tanker.<br />
Diesen Vorteil muss man allerdings auch nutzen.<br />
Außerdem sollten mittelständische Unternehmen<br />
viel stärker zusammenarbeiten, sich also zusammenschließen<br />
und Ressourcen teilen, wenn die jeweiligen<br />
Budgets nicht für eine gute Personalentwicklung<br />
ausreichen.<br />
Viele mittelständische Unternehmen klagen darüber,<br />
dass die Berufseinsteiger, unabhängig von ihrem<br />
Bildungsabschluss, immer schlechter auf die<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen des Arbeitslebens vorbereitet<br />
sind – was sind die Gründe für diese Entwicklung?<br />
>> Die naheliegenden Gründe sind die Entwicklungen<br />
in den Ausbildungssystemen wie die Umstellung<br />
auf Bachelor und G8 – die Menschen sind<br />
immer jünger, viele fangen nun schon bereits<br />
mit 17 an zu studieren, sie haben weniger Erfahrungen,<br />
wurden weniger intensiv ausgebildet.<br />
Der tiefere Grund liegt aber darin, dass das Anspruchsniveau<br />
stetig steigt, die Mitarbeiter<br />
müssen in kürzerer Zeit mehr leisten, die Anfor<strong>der</strong>ungsprofile<br />
werden komplexer.<br />
Die Welt dreht sich schneller und somit erfolgt auch<br />
<strong>der</strong> Wandel schneller, als unsere Ausbildungssysteme<br />
darauf reagieren können. Aus diesem Grund sollten<br />
neue Mitarbeiter direkt mit einem Entwicklungs- und<br />
Qualifizierungsplan starten, <strong>der</strong> sie auf den Job wirklich<br />
vorbereitet – eine große Herausfor<strong>der</strong>ung für die<br />
Unternehmen und insbeson<strong>der</strong>e fürs Personalwesen.<br />
Der demografische Wandel ist bereits heute spürbar,<br />
viele Unternehmen sind jedoch nicht darauf<br />
vorbereitet, dass ihre Belegschaften immer älter<br />
werden. Was sind die wichtigsten Ansätze, damit die<br />
Idee eines Mehrgenerationenbetriebs Realität wird?<br />
>> Junge Menschen haben ein gänzlich an<strong>der</strong>es Weltbild<br />
als die Generationen, die mittelbar o<strong>der</strong> unmittelbar<br />
den Wie<strong>der</strong>aufbau erlebt haben. Sie sind<br />
nicht mehr ausschließlich leistungsorientiert, son<strong>der</strong>n<br />
stellen das „leben wollen“ in den Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Das for<strong>der</strong>t etablierte Organisations- und Führungsformen<br />
und Anreizsysteme heraus. Deshalb braucht<br />
es ein klares Entwicklungsprogramm, damit Generationen<br />
im Unternehmen zusammenwachsen.<br />
Wie sieht ein solches Programm aus?<br />
>> Man könnte das vereinfacht in drei Schritten beschreiben.<br />
Zunächst sollte man die Unterschiede <strong>der</strong><br />
Mehrgenerationen im Unternehmen aufzeigen und<br />
gemeinsam die Unterschiede verstehen: Wo kommt<br />
die Generation her? Was hat sie erlebt? Was hat sie<br />
geprägt? Was sind die positiven Eigenschaften? Was<br />
sind ihre Ängste und Nöte, wenn man sich die Welt<br />
in 2020 vorstellt? Nur so entsteht ein gemeinsames<br />
Verständnis. Danach können wie in einer Zukunftswerkstatt<br />
„Mehrgenerationen“-Projekte aufgesetzt<br />
werden, die man kontinuierlich beobachten und för<strong>der</strong>n<br />
muss. Internes Marketing ist hier wichtig, damit<br />
auch an<strong>der</strong>e Mitarbeiter die positiven Ergebnisse sehen.<br />
Und schließlich muss man die gemischten Teams<br />
im Unternehmen verankern, damit die Ergebnisse<br />
aus <strong>der</strong> Projektwerkstatt zur Normalität werden.<br />
Der demografische Wandel zeigt sich heute<br />
auch darin, dass <strong>der</strong> Kampf um Talente härter<br />
wird. Inwiefern können Ihrer Erfahrung nach<br />
die Weiterbildungsangebote eines Unternehmens<br />
die Attraktivität für Bewerber steigern?<br />
>> Weiterbildung ist <strong>der</strong> Wettbewerbsfaktor bei dem<br />
Kampf um Talente. Ich sagte bereits, dass bei jungen<br />
Menschen, <strong>der</strong> Generation Y, finanzielle Anreize<br />
nicht mehr im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Sie wollen wissen:<br />
Was tut das Unternehmen sonst noch für mich?<br />
Das sieht man daran, dass in Einstellungsgesprächen<br />
sieben von zehn Bewerbern aktiv nach Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
fragen. Viele Unternehmen bauen<br />
sogar ihre eigenen Business Schools auf, o<strong>der</strong> arbeiten<br />
intensiv mit Universitäten und an<strong>der</strong>en Weiterbildungsanbietern<br />
zusammen, um ihren Mitarbeitern<br />
mehr zu ermöglichen als die Konkurrenz und<br />
ihre Attraktivität für die Bewerber zu steigern.<br />
Was empfehlen Sie mittelständischen Unternehmen,<br />
die eine Weiterbildungsstrategie<br />
entwickeln wollen, ganz konkret?<br />
>> Im Mittelstand ist <strong>der</strong> demografische Wandel<br />
beson<strong>der</strong>s spürbar, das Durchschnittsalter ist in <strong>der</strong><br />
Regel höher als in Konzernen. Es bedarf deshalb<br />
einer fundierten und ganzheitlichen Strategie,<br />
um auch die Älteren zur Weiterbildung zu motivieren.<br />
Ganzheitlich heißt einerseits auch möglicher Kurzzeitarbeit<br />
entgegenzuwirken o<strong>der</strong> neue Mitarbeiter<br />
gezielt mit einem über 2 bis 4 Jahre angelegten<br />
Weiterbildungs-Ansatz zu entwickeln.<br />
Ganzheitlich heißt aber auch, die Weiterbildungsstrategie<br />
entlang <strong>der</strong> Unternehmensstrategie zu entwickeln,<br />
geleitet von <strong>der</strong> Frage, welche Fähigkeiten und<br />
Kompetenzen, die Mitarbeiter und auch das Management<br />
– in den kommenden Jahren benötigen. Eine<br />
Strategie kann aber nur dann wirksam sein, wenn<br />
sie nachhaltig ist: Heute führen aber rund 40 Prozent<br />
mittelständischer Unternehmen im Vorfeld <strong>der</strong> möglichen<br />
Weiterbildung <strong>der</strong> Unternehmen eine Bedarfsanalyse<br />
durch und überprüfen nicht die Nachhaltigkeit,<br />
sowie den Return on Education <strong>der</strong> Weiterbildung.<br />
Ein weiterer Faktor sind die Weiterbildungsinhalte: Es<br />
ist entscheidend, nicht nur Fachinhalte zu trainieren,<br />
son<strong>der</strong>n auch die „weichen“ Faktoren, die für die Führung<br />
in flexiblen Strukturen notwendig sind. Das ist<br />
ein Faktor, <strong>der</strong> im Mittelstand teilweise vernachlässigt<br />
wird.<br />
Das Interview führte Dimitrij Naumov.<br />
Nicole Gaiziunas ist Geschäftsführerin des Institute of<br />
Corporate Education(incore)i.G.. Sie hat selbst bereits mehr<br />
als 5.000 Menschen trainiert und gecoacht. Nicole Gaiziunas<br />
studierte Betriebswirtschaft und Sozialpädagogik und war<br />
mehrere Jahre in internationalen Managementberatungen<br />
und Weiterbildungsinstitutionen tätig. Nicole Gaiziunas ist<br />
Autorin mehrerer Veröffentlichungen. Zuletzt erschien das<br />
Buch „Manager, die Berge versetzen — Der Return on Education:<br />
Exzellente Mitarbeiter, überragende Performance,<br />
glänzende Ergebnisse“.<br />
unus I/2<strong>01</strong>3<br />
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