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Erfahrungen und Werte im Lichte des Studiums - Bundesministerium ...

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AkademikerInnen<br />

sollten jedoch mehr<br />

sein, als Experten<br />

auf ihrem eigenen<br />

Gebiet.<br />

Vor kurzem habe ich zum Thema „Helden <strong>des</strong> Widerstands“ eine Dokumentation<br />

über Sophie Scholl gesehen, die sich mit ein paar Kommilitonen zur<br />

Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ zusammenschloss <strong>und</strong> pr<strong>im</strong>är mittels Flugblätter<br />

gegen den Nationalsozialismus aufbegehrte. Letzten En<strong>des</strong> wurde sie<br />

dafür wegen Hochverrats von einem Gericht verurteilt <strong>und</strong> hingerichtet. Beeindruckt<br />

vom Mut dieser jungen Frau überlegte ich, ob die österreichischen Studierenden<br />

von heute bereit wären, ihre Karriere oder gar Existenz für <strong>Werte</strong> wie<br />

Freiheit, Demokratie oder die Unantastbarkeit der Menschenwürde zu opfern.<br />

Die meisten Demokratie- bzw.<br />

Bürgerrechtsbewegungen weltweit<br />

gingen von den Studierenden<br />

aus oder wurden zumin<strong>des</strong>t<br />

maßgeblich von ihnen geprägt.<br />

Man denke nur an die Julirevolution<br />

von 1830 in Frankreich,<br />

die amerikanischen Antikriegs-<br />

Proteste in den 1960er Jahren<br />

oder die blutig niedergeschlagenen<br />

Demonstrationen <strong>im</strong> Jahr<br />

1989 in China, als Studierende<br />

den Platz <strong>des</strong> h<strong>im</strong>mlischen Friedens besetzten <strong>und</strong> in Hungerstreik traten, um<br />

sich Gehör zu verschaffen. Was müsste jetzt in Österreich passieren, damit<br />

sich die Hochschülerschaft – unabhängig von etwaigen Parteiinteressen – auf<br />

die Füße stellt <strong>und</strong> sich für etwas einsetzt? Zwar lehnt sich zumin<strong>des</strong>t ein Teil<br />

der Studierenden gegen Maßnahmen auf, die sie unmittelbar betreffen, aber<br />

was ist mit allgemeinen gesellschaftlichen Themen? Oder geht es uns allen (!)<br />

hierzulande einfach zu gut?<br />

Vor allem in Massenstudien steigt der Konkurrenzkampf, was Studierende<br />

dazu drängt, möglichst schnell <strong>und</strong> mit guten Noten zu studieren. Neben der<br />

„Ausbildung“ bleibt wenig Zeit <strong>und</strong> Energie für „Bildung“. Was zählt, ist der<br />

Lernerfolg, der Abschluss, die Karriere. Wozu also Zeit vergeuden <strong>und</strong> sich mit<br />

gesellschaftlichen Problemen <strong>im</strong> eigenen Land oder gar <strong>im</strong> Ausland beschäftigen?<br />

Über sogenannte geisteswissenschaftliche „Orchideenstudien“, die zur<br />

<strong>Werte</strong>vermittlung beitragen, wird meist abfällig gesprochen. Ethikfächer wie zB<br />

„Ethik in der Wirtschaft“ werden als lästig empf<strong>und</strong>en, meist sogar belächelt,<br />

<strong>und</strong> sind in Studienplänen daher oft nur noch als schwammiges Leitprinzip zu<br />

finden. Dabei gibt es kein Studium, in dem ethische Fragen keine Rolle spielen<br />

(sollten). Die starke Verschulung der Universitäten macht aus dem Großteil der<br />

HochschülerInnen einzelkämpferische „Brotstudenten“, die sich von Prüfung<br />

zu Prüfung hanteln, ohne über den Tellerrand hinauszublicken. AkademikerInnen<br />

sollten jedoch mehr sein, als Experten auf ihrem eigenen Gebiet. Sie sollten<br />

umfassend gebildete (nicht nur gut ausgebildete) kritische Geister sein, die ihr<br />

Wissen <strong>und</strong> Können zum Wohle der ganzen Gesellschaft einsetzen. Im sechsten<br />

<strong>und</strong> letzten Flugblatt fordern die Mitglieder der Weißen Rose ihre MitstudentInnen<br />

dazu auf, „ein neues geistiges Europa“ zu errichten. Unsere Generation<br />

sollte daran arbeiten, auf Basis unserer gemeinsamen europäischen <strong>Werte</strong> die<br />

geistige Entwicklung der Gesellschaft voranzutreiben. Doch die Universitäten<br />

müssen die Rahmenbedingungen schaffen, die dies möglich machen. Unsere<br />

ethischen Gr<strong>und</strong>werte müssen daher verstärkt Eingang in Lehre <strong>und</strong> Forschung<br />

finden. Natürlich gibt es Studienrichtungen <strong>und</strong> (meist fakultative) Lehrveranstaltungen<br />

r<strong>und</strong> um die Themen Menschenrechte <strong>und</strong> Demokratie; Ziel soll es<br />

jedoch sein, die Studierenden aller Disziplinen dazu anzuregen, unsere Gr<strong>und</strong>werte<br />

nicht nur zu kennen, sondern sie als Handlungsmax<strong>im</strong>e zu betrachten.<br />

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