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Erfahrungen und Werte im Lichte des Studiums - Bundesministerium ...

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politischen Systems als auch für politische, gesellschaftliche <strong>und</strong> persönliche<br />

Entscheidungen von großer Bedeutung. Daher ist auch der (<strong>im</strong>mer wieder neu<br />

zu führende) Diskus über gesellschaftliche <strong>Werte</strong> sehr zentral für jede Gesellschaft.<br />

Die Entscheidungen <strong>des</strong> Einzelnen betreffen nämlich in ihren Folgen<br />

häufig auch viele andere Menschen. Daher ist eine Verhandlung über gesellschaftliche<br />

<strong>Werte</strong>, an die sich der Einzelne in dieser Gesellschaft halten sollte,<br />

<strong>im</strong>mer wieder wichtig <strong>und</strong> keinesfalls eine obsolete Aktivität für religiöse Eiferer<br />

<strong>und</strong> sonstige Moralapostel. Moral geht alle an.<br />

Wert eines <strong>Studiums</strong>, Studium <strong>und</strong> Erfahrung<br />

Wie ist es nun um die Relevanz <strong>des</strong> <strong>Studiums</strong> <strong>im</strong> Hinblick auf Erfahrung <strong>und</strong><br />

die verschiedenen Kategorien von <strong>Werte</strong>n bestellt?<br />

Zunächst zum ökonomischen Wert eines <strong>Studiums</strong>. Zumin<strong>des</strong>t theoretisch<br />

bringt ein tertiärer Bildungsabschluss höhere Chancen auf beruflichen Erfolg<br />

<strong>und</strong> ein überdurchschnittliches Einkommen. In der Praxis erleben heute aber<br />

viele Akademiker, dass ein Studium keine Garantie für irgendetwas ist (war es<br />

wahrscheinlich nie, aber die Entwicklung scheint sich doch verstärkt zu haben).<br />

In Südeuropa, China aber durchaus auch <strong>im</strong> deutsprachigen Raum gibt es viele<br />

junge Menschen, die trotz (<strong>und</strong> teilweise sogar wegen) ihres <strong>Studiums</strong> keine<br />

Arbeitsstelle finden. Und jene, die Arbeit finden, arbeiten teilweise für Gehälter<br />

um die 1000 Euro <strong>und</strong> darunter. Es gibt Stellenanzeigen für unbezahlte<br />

Praktika, die einen Studienabschluss, mehrere Sprachen fließend, Berufs- <strong>und</strong><br />

Auslandserfahrung sowie diverse Kompetenzen voraussetzen. Und nicht wenige<br />

von diesen Anzeigen tragen den Vermerk, dass überhaupt nur „short listed candidates“<br />

kontaktiert werden. Selbst für diese unbezahlten Vollzeitpraktika über<br />

mehrere Monate geht also eine Flut von Bewerbungen ein. Der ökonomische<br />

Wert eines <strong>Studiums</strong> ist für den Einzelnen also mitunter durchaus fragwürdig.<br />

Insbesondere abseits der technischen Studienfächer.<br />

Der moralische Wert eines <strong>Studiums</strong> ist meines Erachtens <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

zu vernachlässigen. Ich habe durch mein Studium keinen Wert erworben, den<br />

ich nicht schon vorher gehabt hätte. Selbst die wissenschaftliche Redlichkeit<br />

hatte ich <strong>im</strong> Prinzip schon vor meinem Studium verinnerlicht. Ich glaube daher<br />

nicht, dass ein Studium geeignet ist, irgendwelche <strong>Werte</strong> zu vermitteln. Insbesondere<br />

nicht über die wissenschaftlichen <strong>Werte</strong> hinausgehend. (Wobei selbst<br />

in Bezug auf diese kein Automatismus besteht, wie Fälle wie jener <strong>des</strong> ehemaligen<br />

deutschen Verteidigungsministers zu Guttenberg sowie zahlreiche andere<br />

Beispiele für Betrug in der Wissenschaft leider eindrücklich beweisen.) Die<br />

moralische Sozialisation <strong>und</strong> Selbstgestaltung findet meines Erachtens pr<strong>im</strong>är<br />

Der moralische Wert<br />

eines <strong>Studiums</strong> ist<br />

meines Erachtens <strong>im</strong><br />

Wesentlichen zu<br />

vernachlässigen.<br />

in früheren Lebensphasen<br />

statt. Nur in Ausnahmefällen<br />

wird dabei ein Studium<br />

einen Einfluss haben.<br />

Recht unzweifelhaft<br />

dürfte dagegen der gesellschaftliche<br />

Wert eines <strong>Studiums</strong><br />

sein. Eine Wissensgesellschaft<br />

braucht für ihr<br />

Bestehen <strong>und</strong> ihre Weiterentwicklung<br />

entsprechend<br />

qualifizierte Wissensarbeiter. (Was allerdings – wie schon angesprochen – beileibe<br />

keine Garantie für den Einzelnen ist, dass er/sie nach seinem Studium zu<br />

denen gehört, die tatsächlich gewollt <strong>und</strong> gebraucht werden.)<br />

Was noch bleibt, ist der emotionale Wert <strong>des</strong> <strong>Studiums</strong>, der für viele recht<br />

hoch sein dürfte. Jedenfalls war <strong>und</strong> ist er das für mich. Der emotionale Wert<br />

<strong>des</strong> <strong>Studiums</strong> hängt dabei eng mit den <strong>Erfahrungen</strong> zusammen, die man <strong>im</strong><br />

Studium gemacht hat, denke ich. Ich mochte mein Studium sehr <strong>und</strong> bin froh,<br />

es absolviert zu haben. Allerdings ist es für mich bislang nicht wirklich nützlich.<br />

Im Gegenteil, wahrscheinlich wäre ich heute schon viel weiter, wenn ich<br />

nicht studiert hätte. Wenn man nach dem Studium die Erfahrung macht, dass<br />

man mit allen Kompetenzen <strong>und</strong> all dem Wissen am Arbeitsmarkt erstmal nicht<br />

gebraucht wird (sei es auf Gr<strong>und</strong> von mangelnder Berufserfahrung oder irgendwelchen<br />

anderen Gründen), relativiert das den Wert <strong>des</strong> eigenen <strong>Studiums</strong> doch<br />

recht deutlich. Auch den emotionalen Wert.<br />

Was die <strong>Erfahrungen</strong> <strong>im</strong> Rahmen eines <strong>Studiums</strong> angeht, kann man festhalten,<br />

dass ein Studium nicht automatisch umfangreiche <strong>Erfahrungen</strong> oder<br />

auch nur Erlebnisse mit sich bringt. Gerade bei übervollen St<strong>und</strong>enplänen können<br />

Erlebnisse außerhalb <strong>des</strong> <strong>Studiums</strong> sowie die Reflexion (<strong>und</strong> damit die<br />

Erfahrung) <strong>im</strong> Studium zu kurz kommen. Auslandssemester <strong>und</strong> Exkursionen<br />

bieten höheres „Erfahrungspotential“. Die Gleichung „Studium = Erfahrung“<br />

werden aber mit Recht die wenigsten aufstellen wollen.<br />

These<br />

Als etwas pess<strong>im</strong>istisches Zwischenfazit lässt sich also konstatieren: Ein Studium<br />

ist weder für den Bereich der Erfahrung noch für den Bereich der <strong>Werte</strong><br />

sonderlich relevant. Was ist es also, das ein Studium trotzdem zu einer wertvollen<br />

Aktivität macht? Wo liegt neben dem Fachwissen der Wert eines <strong>Studiums</strong>,<br />

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