"Grüner Profit" (PDF-Download: 257,3 KB) - WDR 5
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Musik: Steve Reich: Piano phase Tr. 3<br />
Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
1. Atmo: 1.57 Dr. Hartmut Radel (Abblenden, für Sprecher noch unterlegen)<br />
Gehirnforscher nämlich haben erforscht, dass nämlich, dass jeder Mensch genetisch<br />
akzentuiert ist, auf eines der drei Gehirnteile. Nämlich Stammhirn, Zwischenhirn,<br />
Großhirn. (2.50)<br />
Sprecher 1:<br />
Dozent Dr. Hartmut Radel, Personal Berater, Coach und Astrologe, sitzt vor einem<br />
Dutzend Beschäftigten der Biobranche. Das Seminar mit dem Titel „Biostruktur:<br />
Gekonnt kommunizieren - gekonnt verkaufen“ verspricht „Basis für Kundenbindung<br />
und Mitarbeiterführung“.<br />
1. Atmo: 1.57 Dr. Hartmut Radel (Abblenden, für Sprecher noch unterlegen)<br />
2.51 Und daraus ergeben sich die Bedürfnisse und Verhaltensmuster. Welche<br />
Fähigkeiten zu einer sozialen Kompetenz, zu einer Teamfähigkeit, zu einer<br />
Planungsbefähigung oder zu einer Durchsetzungsfähigkeit entfaltet werden können,<br />
leitet sich ab aus diesen Hirnaktivitäten.<br />
1. Zuspielung: Bio 28 Dr. Alexander Gerber Geschäftsführer BÖLW (Verband)<br />
36.00.<br />
Und die Situation betrachte ich so, dass der Konsument davon ausgeht, dass er mit<br />
einem Bioprodukt ein rundum gutes und ethisch korrektes Produkt kauft. Und es ist<br />
jetzt unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Erwartung der Realität entspricht.<br />
Sprecher 1:<br />
Dr. Alexander Gerber, Agraringenieur und Geschäftsführer des Bundes der<br />
Ökologischen Lebensmittelwirtschaft, dem Spitzenverband der Biobranche.<br />
3. Zuspielung: 11.15. Franz-Josef Möllenberg, NGG<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Denn man gibt sich unter Umständen ein Biomäntelchen, oder ein Mäntelchen<br />
Gutmensch zu sein. Und wenn man genau hinschaut, ist es vielleicht gar nicht so. Es<br />
gibt in der Biobranche kaum tarifgebundene Unternehmen.<br />
Sprecher 1:<br />
Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung Genuss<br />
Gaststätten über die Biobranche: Zum Alltag gehören untertarifliche Bezahlung bis zu<br />
dreißig Prozent, unbezahlte Überstunden, Druck von Vorgesetzen, Teilzeit Verträge,<br />
keine Betriebsräte und wenig Mitbestimmung.<br />
Sprecher 2:<br />
<strong>Grüner</strong> Profit – Die Biobranche zwischen Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus.<br />
Ein Feature von Peter Kessen.<br />
Musik: Ton Steine Scherben: „Schritt für Schritt ins Paradies“<br />
4. Zuspielung: 49.55 Raoul Schäfer–Gröbel (Bioladen Momo, Bonn-Beuel)<br />
Den Kunden ist ja artgerechte Haltung bei unserer Metzgerei sehr wichtig. Aber wie<br />
ist es mit der artgerechten Haltung des Personals? Das steht nicht unbedingt an<br />
erster Stelle...Also bei uns stets an erster Stelle!<br />
Sprecher 1:<br />
Raul Schäfer-Göbel, Inhaber des Bioladens Momo in Bonn, dem Ältesten im<br />
Rheinland. Der Laden entwickelte sich vom linksalternativen Projekt mit 40<br />
Quadratmetern zu einem Biosupermarkt mit 500 Quadratmetern Verkaufsfläche.<br />
Sprecherin 1:<br />
Professor Ulrich Hamm, Agrarökonom, Uni Kassel.<br />
Sprecher 3:<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Alternativ wollen die Momos auch heute noch sein. Darum geht die Wanduhr im<br />
Geschäft verkehrt herum, die Zeiger drehen sich linksherum.<br />
Musik: Ton Steine Scherben: “Schritt für Schritt ins Paradies“.<br />
Sprecher 1:<br />
Der Umsatz in Deutschland mit Bio-Produkten stieg 2012 um 6 % auf 7,04 Milliarden<br />
Euro.<br />
Atmo: Tunix Festival, Wav 2 24.05-25.40//15.20-16.10<br />
Wir reden hier über Kultur.....bürgerliche Kultur und Subkultur.... 15.20<br />
(Stimmengewirr) Frau: Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange die Säcke<br />
unverdrossen zur Mühle getragen hatte...er lief fort (Musik, Band): Kennst du das<br />
Land, wo gebratene Hühner fliegen, von denen wir nur die Knochen abkriegen!<br />
Schlaraffenland!<br />
Sprecher 4: (Hochton, Über Megaphon:)<br />
Uns langt's jetzt hier! Der Winter ist uns zu trist, der Frühling zu verseucht und im<br />
Sommer ersticken wir hier.<br />
Sprecher 1:<br />
Einladung zum Berliner Tunix Festival im Februar 79, das die Alternativszene in<br />
Deutschland aufblühen ließ.<br />
Sprecher 4 (Hochton, Megaphon):<br />
Uns stinkt schon lange der Mief aus den Amtsstuben, den Reaktoren und Fabriken,<br />
von den Stadtautobahnen. Die Maulkörbe schmecken uns nicht mehr und auch nicht<br />
mehr die plastikverschnürte Wurst.<br />
Musik: Ton Steine Scherben Paradies<br />
Musik: Novalis „Schmetterlinge“ ab circa 3.23 mit sphärischem Sound rein<br />
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Sprecher 4:<br />
Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
„Aber mein Bester, antwortete der Agent und zog die Augenbrauen hoch, „Sie<br />
werden doch wissen, wie man Zeit spart! Sie müssen zum Beispiel einfach schneller<br />
arbeiten und alles Überflüssige weglassen. Statt einer halben Stunde widmen sie<br />
sich einem Kunden nur noch eine Viertelstunde. Sie vermeiden zeitraubende<br />
Unterhaltungen. (...) Ich empfehle Ihnen übrigens ganz nebenbei, eine große gut<br />
gehende Uhr in ihren Laden zu hängen, damit sie die Arbeit ihres Lehrjungen genau<br />
kontrollieren können“.<br />
Sprecher 3:<br />
In Michael Endes Märchen-Roman „Momo“, erschienen im Jahr 1973, stehlen die<br />
sogenannten grauen Herren den Menschen die Zeit, damit alle noch härter arbeiten.<br />
Das kleine Mädchen Momo kämpft erfolgreich gegen die Zeiträuber, um eine<br />
menschliche Zeit zurückzuerobern:<br />
Sprecherin 2:<br />
„Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen“.<br />
Sprecher 3:<br />
Der älteste noch bestehende Bioladen im Rheinland hat sich nach dieser kleinen<br />
Romanheldin benannt, Momo, gegründet 1983 in Bonn-Beuel. Der<br />
Inhaber Raoul Schäfer-Gröbel nennt sich immer noch Momo-Raoul.<br />
8. Zuspielung: 27.30 Raoul Schäfer-Gröbel (Momo)<br />
Ja, sowohl hier in Bonn als vorher in Köln, die alten Läden gibt es eigentlich nicht<br />
mehr. Die sind alle verdrängt worden, von den Filialisten, fast alle...Und so gibt es in<br />
Bonn nur noch uns, die wir übrig sind.<br />
Musik: Steve Reich, Tr. 3<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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2. Atmo: 7.30. Bioseminar Dr. Hartmut Radel<br />
Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Und die Aufgabe des Zwischenhirns, also auch ihres Zwischenhirns,<br />
ist...Selbstbehauptung...Selbstbehauptung entstand im Zwischenhirn aus dieser<br />
genetischen Entwicklung heraus, also aus dieser Fressgesellschaft der Reptilien.<br />
Musik: Tangerine Dream: Coldwater Canyon<br />
9. Zuspielung: Professor Hamm Bio 3 11.10<br />
Die Ökonomie macht auch vor dem Biolandbau oder der Biobewegung nicht halt...<br />
Sprecher 3:<br />
Das Fachmagazin „Biowelt“ hat Ende 2012 die Bioläden in Deutschland untersucht,<br />
es sind insgesamt rund 2.170 Geschäfte. Rund 60% der Läden laufen als Filialen<br />
von Biosupermarktketten, selbstständige Kaufleute betreiben rund 40 Prozent der<br />
Geschäfte. Bis auf die Bioladenketten Denn's Biomarkt, Alnatura und Basic sind alle<br />
Unternehmen bisher erst regional vertreten.<br />
Sprecher 1:<br />
Ulrich Dalibor, Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel bei der Gewerkschaft Verdi.<br />
10. Zuspielung: 12.40 Ulrich Dalibor, Verdi.<br />
Unsere Tarifverträge, das sind ja bereits Kompromisse. Das ist ja nicht von Verdi<br />
festgelegt (...)! Sondern, das ist ein Kompromiss, der am Verhandlungstisch erstritten<br />
wurde! ... Und Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben diesen Tarifvertrag<br />
unterschrieben. Und das ist an sich Mindestbedingung. Und wer von<br />
Mindestbedingungen nach unten abweicht, der muss sich natürlich fragen, wie weit<br />
es her ist mit seiner ethischen Auffassung, seinem ethischen Standpunkt!<br />
Musik: Bots „Sieben Tage“<br />
3. Atmo: Bio 6 14.00-16.00 Biocompany Laden Kasse (abblenden und unterlegen)<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Sprecherin 1:<br />
„Zu wenig Geld, immer mehr Leistung, immer mehr Druck von oben. Das hält auf<br />
Dauer niemand aus.<br />
Sprecher 3:<br />
Die Gewerkschaft Verdi nimmt diese Beschwerden von Mitarbeiter der Bio-<br />
Supermarktkette Biocompany ernst. Zunächst schrieben die Beschäftigten der<br />
Gewerkschaft einen anonymen Brief, dann gelang es der Gewerkschaft Kontakt<br />
aufzunehmen. Auch heute noch wollen sich die Betroffenen aus Angst nicht mit<br />
vollem Namen äußern. Eine Kopie des Briefes liegt dem <strong>WDR</strong> vor:<br />
Sprecherin 1:<br />
„Aber es ist mittlerweile soweit, das schon gegen gesetzliche Bestimmungen<br />
verstoßen wird. Zum Beispiel hatten einige Kollegen aus Filialen das Vergnügen<br />
nach ihrem Dienst zur Inventur anzutreten und überschritten dadurch weit die<br />
gesetzlichen Bestimmungen von 10 Stunden“.<br />
Sprecherin 1:<br />
Die Filiale, aus der wir sind, ist so unterbesetzt, dass zum Teil eine Person für drei<br />
Personen arbeiten muss und vieles auf der Strecke bleibt....Das alles ist ja eigentlich<br />
nur die Spitze vom Eisberg, wenn wir mal die Bezahlung ansprechen. Das ist doch<br />
wohl ein Hohn. Wir bekommen zum Teil genauso viel wie ein ALG 2 Empfänger und<br />
rackern dafür Vollzeit“.<br />
Sprecher 1:<br />
Dumpinglöhne, zuviel Arbeit und Verstöße gegen Arbeitschutzgesetze. Zu diesen<br />
Vorwürfen äußert sich Georg Kaiser, der Chef der Biocompany:<br />
4. Atmo: Bio 6 14.00-16.00 Biocompany Laden Kasse, abblenden<br />
Zuspielung: 39.00 Georg Kaiser, Biocompany<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Mir war wichtig diesen Gehaltseinstieg möglichst schnell hochzubringen, damit wir<br />
von diesem Harz 4 Niveau wegkommen. Damit wir das sagen okay, das ist ein<br />
signifikanter Abstand.<br />
Sprecher 3:<br />
Georg Kaiser, Chef der Kette Biocompany mit Filialen in Berlin, Dresden und<br />
Hamburg, bestätigt das niedrige Gehaltsniveau. Der anonyme Brief der Beschäftigten<br />
traf im Januar 2011 bei Verdi Berlin ein. Im Interview spricht der Biocompany Chef<br />
Kaiser von einem Gehaltsanstieg der unteren Löhne von zwanzig Prozent, der<br />
Einstiegslohn bei der Biocompany betrage nun rund 1550 Euro brutto.<br />
12. Zuspielung: 6.40 Georg Kaiser, Bio Company<br />
Wir haben auch Gewinne gemacht in den letzten Jahren. Signifikant kann man das<br />
jetzt nicht nennen.<br />
Sprecher 3:<br />
Die Berliner BIO COMPANY hat im Jahr 2012 einen Umsatz von 80,5 Millionen Euro<br />
erzielt. Gegenüber 62 Millionen Euro in 2011 entspricht dies einer Steigerung von<br />
29,8 Prozent. Laut der letzten zugänglichen NB Bilanz machte die Bio Company<br />
2010 rund 750.000 Euro Jahresüberschuss. Im Jahr davor waren es rund 111.000<br />
Euro. Die Kette begann im Jahr 1999 mit einem Laden in Berlin Charlottenburg. Auch<br />
Löhne auf Harz 4 Niveau trugen wohl zum rasanten Wachstum bei – Anfang 2013<br />
will man mehr als 30 Läden haben, vor allem im Osten Deutschlands. Berlin,<br />
Hamburg, Dresden und Potsdam sind die bisherigen Standorte. Das Unternehmen<br />
betont auch, dass die Ruhezeiten für Beschäftigte eingehalten werden, Urlaub,<br />
Pausen und Überstunden entsprächen dem Tarifvertrag. Eine genaue Nachfrage per<br />
Mail zur Gehaltsstruktur beantwortet die Pressesprecherin lediglich mit der Angabe<br />
des Stundenlohns:<br />
Sprecherin 2:<br />
Ich darf Ihnen folgendes mitteilen. Unser Brutto-Stundenlohn für angestellte<br />
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vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Verkäuferinnen und Verkäufer (außer Aushilfen) beginnt bundesweit bei 9,18<br />
EUR/Stunde. Dies gilt seit 01.02.2012.<br />
Sprecher 3:<br />
Genaue Angaben über den Anteil und Stundenlohn der Aushilfen will das<br />
Unternehmen nicht machen. Bei Recherchen in einer Filiale des Unternehmens in<br />
Berlin-Schöneberg beschreibt die Marktleiterin ihre Belegschaft: Von 24<br />
Beschäftigten arbeiten 16 als Festangestellte – der Rest sind Aushilfen und<br />
Putzkräfte. Aushilfen sind im Einzelhandel durchweg schlechter bezahlt als<br />
Festangestellte. Janet Duman von Verdi, Landesverband Berlin, spricht von<br />
Dumpinglöhnen bei der Biocompany zwischen 7,50 und 10,50 Euro brutto. Chef<br />
Georg Kaiser ist gegen die Kritik der Gewerkschaft und von Medien nicht gerichtlich<br />
vorgegangen.<br />
Sprecher 1:<br />
Ulrich Dalibor.<br />
13. Zuspielung: 6.30 Ulrich Dalibor, Verdi.<br />
Ja, Tarif ist ja ein Standard, der für tarifgebundene Unternehmen gilt, das muss ich<br />
vor weg schicken. Und wenn man sagt, man lehnt sich an, dann stellen wir doch<br />
große Diskrepanzen fest. Stundenlöhne, die deutlich unter Tarif liegen. Für<br />
ausgebildete Kräfte muss man rechnen, 13 Euro in der Stunde. Und wir sehen in der<br />
Biobranche Stundenentgelte, die unter zehn liegen. Wenn man jetzt noch<br />
berücksichtigt, dass das für 37 bis 38 Stunden gilt. Dort aber länger gearbeitet wird,<br />
für ein festes Monatsentgelt, dann stimmt natürlich die Stundenrelation noch weniger.<br />
Also, geht noch negativer aus für die Biobranche (...) Ja es<br />
sind schon Ketten aus denen wir das hören, wo Arbeitsverträge das beinhalten<br />
Musik: Tangerine Dream “Coldwater Canyon”<br />
Sprecher 4:<br />
"Sie werden in jedem Discounter für den jeweils billigsten Artikel von Mehl, Zucker,<br />
Mineralwasser, Butter, Milch usw., das Gleiche bezahlen. Wenn hingegen eher das<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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Produkt im Vordergrund steht, weil es neu ist oder einen besonderen Nutzen<br />
verspricht, dreht Aldi Süd an der Preisschraube. Gleiches gilt für Artikel, die schwerer<br />
vergleichbar sind. Mit ihnen wird das Geld verdient. Besonders lukrativ sind zum<br />
Beispiel Bio Artikel und die zweimal wöchentlich angepriesenen Aktionsartikel.“<br />
Sprecherin 2:<br />
So urteilt der frühere Aldi Bereichsleiter Andreas Straub in seinem Enthüllungsbuch<br />
„Aldi. Einfach Billig“ über den Discounter. Insider schätzen die durchschnittliche<br />
Gewinnmarge, also die Differenz zwischen Einkaufs und Verkaufspreis beim<br />
Discounter auf fünf Prozent. Bei Bio Produkten soll sie zwischen 20 und 50 Prozent<br />
liegen. Diese Gewinnmargen sind der Firma Aldi zugesandt worden: Der Discounter<br />
will sich nicht dazu äußern. Die Hälfte des Gesamtumsatzes mit Biolebensmitteln<br />
wird in Deutschland mit Importen gemacht. Dabei ermöglichen Bioprodukte aus<br />
Mittelamerika, Osteuropa und China höhere Profite: Im Ausland sind die Löhne<br />
niedriger, im Inland die Preise aber hoch. Das bestätigt auch Dr. Alexander Gerber<br />
vom Bundesverband der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft.<br />
15. Zuspielung: 36.10 Dr. Alexander Gerber, Geschäftsführer BÖLW<br />
Zum Teil ist es...tatsächlich so, dass die Margen dort höher sind. Beziehungsweise,<br />
man umgekehrt sagen muss, man kann Produkte aus dem Ausland billiger<br />
einkaufen. (...) Ich kann ihnen ein Beispiel nennen, Buchweizen ist doppelt so teuer,<br />
wenn man...hier deutschen Buchweizen bezieht, als wenn man ihn aus China<br />
bezieht.<br />
5. Atmo: Bio 15 2.22-4.00 von der Strasse Laden aufgenommen (Kasse, Flaschen,<br />
Geldgeklimper).<br />
Sprecher 3:<br />
An der Schaufensterscheibe leuchtet ein knallbuntes Comic Plakat: Junge Leute<br />
besetzten und blockieren einen riesigen Braunkohlebagger. Eine Einladung zum<br />
Klimacamp im Rheinland. Das Plakat klebt an einem Schaufenster eines Bioladens in<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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Köln-Ehrenfeld. Einer Filiale von Deutschlands größter Biosupermarktkette Denn’s<br />
Biomarkt.<br />
5. Atmo: Denn’s Laden wieder Hoch<br />
Sprecher 3:<br />
Der Laden ist circa vierhundert Quadratmeter groß, um kurz nach 13 Uhr an einem<br />
Wochentag arbeiten vier Mitarbeiter im Laden. Zwei an der Brottheke mit Bistro, ein<br />
Mann sitzt an der Kasse, einer sortiert Weinflaschen. Der Laden erinnert an einen<br />
Discounter, einfache Deckenverkleidung, kein aufwendiges Design, keine<br />
Frischetheke, das Hackfleisch ist eingeschweißt. Neben der Kasse locken auch<br />
Krimi- und Bestsellerliteratur.<br />
Musik: Fernwärme, Tr. 5 Klangkörper<br />
Sprecher 1:<br />
In der Tageszeitung „Die Welt“ kritisieren Kölner Beschäftigte der Biokette im<br />
Frühjahr 2012 die Arbeitsbedingungen. Zitat:<br />
Sprecherin 2:<br />
„Eine Angestellte sagt, in den letzten zwei Jahren habe der Stress deutlich<br />
zugenommen, mittlerweile könnten die Pausenzeiten oft nicht mehr eingehalten<br />
werden. Eine andere berichtet, das Lohnniveau liege "sehr deutlich" unter dem Tarif,<br />
je nach Eingruppierung betrage der Abstand vier Euro.“<br />
Sprecher 3:<br />
Das Unternehmen gibt an, im bundesweiten Durchschnitt verdiene eine Vollzeitkraft<br />
knapp über zehn Euro und damit im Schnitt meist über Tariflohnniveau. Auch der<br />
Einkaufsrabatt für Mitarbeiter müsse für eine Beurteilung der Lohnhöhe eingerechnet<br />
werden.<br />
Sprecherin 1:<br />
Die von der Zeitung „Die Welt“ befragten Angestellten in den Kölner Filialen äußern<br />
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dagegen, sie würden keinen einzigen Denn’s-Mitarbeiter kennen, der über Tarif<br />
verdient. Eine der beiden arbeitet schon seit sechs Jahren im Unternehmen. Alle<br />
Mitarbeiter, egal ob gelernt oder ungelernt, erhielten einen Stundenlohn von 9,50<br />
Euro, sagt sie. Der Tariflohn für eine typische Einzelhandelskraft beträgt in<br />
Nordrhein-Westfalen zwölf Euro. Dieser Kundin ist das egal.<br />
19. Zuspielung:6.30 Denn´s Kundin (Interview vor dem Laden)<br />
Ich weiß gar nichts darüber....ist Ihnen das wichtig?...Mir sind viele Dinge wichtig auf<br />
der Welt. Haha, aber das ich jetzt den totalen Fokus darauf hätte, wie diese...Na klar,<br />
man kauft, teuer, für teures Geld Biosachen, da würde man sich auch freuen, wenn<br />
die Arbeitsbedingungen stimmen, ...(Was würden sie fordern?...Tariflohn?) ...Da<br />
kann ich nicht viel dazu sagen...Ich kann ihnen zu anderen Themen etwas erzählen,<br />
aber darüber relativ wenig.<br />
Musik : Fernwärme Klangkörper<br />
Sprecherin 1:<br />
Denn’s Biomarkt - Wir haben ein Gefühl für das Beste.<br />
Sprecher 1:<br />
Aus der Bilanz von Denn’s Biomarkt aus dem Jahr 2010:<br />
Sprecherin 2:<br />
„In diesem oben beschriebenen Markt konnte sich daher Denn’s Biomarkt im<br />
abgelaufenen Jahr mit großem Erfolg behaupten. Der Jahresüberschuss liegt bei<br />
1.136.000 Euro und hat sich damit gegenüber dem Vorjahr...um...133 Prozent<br />
verbessert.“<br />
Sprecherin 2:<br />
Denn’s Biomarkt gestattet keine Aufnahmen in seinen Bioläden. Es existiert kein<br />
Betriebsrat. Fragen zu den Arbeitsbedingungen wurden Denn’s zugeschickt. Zwei<br />
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Interviewtermine hat die Pressestelle kurzfristig abgesagt. Das Angebot eines neuen<br />
Termin blieb unbeantwortet.<br />
7. Atmo: Momo 8.00 neutrale Atmo, Kassentippen, 8.40 Kunde bezahlt.<br />
Musik: Embryo „Opal“<br />
Sprecherin 1: (eingebettet in Musik)<br />
Die Alternativ Band Embryo, gegründet 1969. Die Krautrocker spielen regelmäßig auf<br />
Festen des Bioladens Momo.<br />
Sprecher 3:<br />
Bevor man den 500 Quadratmeter großen Biosupermarkt in der Altstadt von Bonn-<br />
Beuel betritt, muss man eine zweieinhalbe Meter hohe Pinnwand mit<br />
Posterbotschaften passieren:<br />
Sprecherin 2:<br />
Unter dem scheinheiligen Mäntelchen den Welthunger zu bekämpfen greifen<br />
Konzerne in die Evolution ein... Wer Waren billig, also unter Wert, einkaufen will,<br />
nimmt in Kauf, dass Menschen dafür unter Wert behandelt werden - und zwar auch<br />
hier bei uns.<br />
8. Atmo: 2.50 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
Wenn man bei Momo rein kommt, dann muss man nicht rechts rum, wie man sonst in<br />
anderen Läden geführt wird. Sondern man muss links herum.<br />
Sprecher 3:<br />
Tatsächlich gehen die großen Wanduhren verkehrt herum, linksdrehend wird die Zeit<br />
angezeigt. Im Jahr 2013 feiert Momo seinen 30. Geburtstag. Im Jahr 1983 gründeten<br />
angehende Lehrer das linksalternative Kollektiv, damals war Bio noch ein Teil der<br />
Alternativszene. Zum Laden gehörten seinerzeit ein vierzig Quadratmeter großer<br />
Bioladen und ein 30 Quadratmeter großer Infoladen.<br />
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20. Zuspielung: 6.30 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
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Man konnte damals halt nicht schnell irgendwas googeln, sondern es war richtig<br />
Recherche angesagt, um Informationen zu bekommen, die man im Alltag halt nicht<br />
bekommt. Und so gab es verschiedene Gruppen, die da ihre Projekte dargestellt<br />
haben, ob Nicaragua, dritte Welt, Frauenbewegung, Polizeistaat.<br />
Überwachungsstaat…<br />
Sprecherin 2:<br />
Es war nicht selbstverständlich, ohne Grundsatzdiskussion ein Brot<br />
zu kaufen. Und wer eine ganze Kiste Wasser kaufen wollte musste schon mal bis in<br />
den Keller gehen und sie sich selber holen, alles andere wäre einer Ausbeutung<br />
des Proletariats gleichzustellen gewesen.<br />
6.Atmo: Momo Laden Bio 19 0.20-2.00<br />
Sprecher 3:<br />
Safrangelb leuchtet der Kautschukboden des Ladens, getaucht in weiches Licht, hier<br />
knallen nicht die Spots und das Blaulicht der Bioketten, die alles frischer machen<br />
sollen. Rechts ein verpachtetes Bistro, eine riesige Vereinsfahne des FC Barcelona<br />
an der Wand, am Eingang befindet sich die gehobene Weinecke, dann die lange Brot<br />
und Käsetheke.<br />
Sprecher 3:<br />
Ganz hinten im Laden befindet sich eine bizarre Installation, an die Tiefkühltruhen mit<br />
Fertigpizza und Nasi Goreng, alles Bio natürlich, wurde eine Spielritterburg für Kinder<br />
angedockt. Mit der Warnung, dass die Tiefkühlabdeckungen keine Spielflächen sind.<br />
Kinder und Tiefkühlkost – die ungesunde Produktkopplung schlechthin.<br />
11. Atmo: 6.00 Mühle beginnt leicht, brummen, surren.<br />
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Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />
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10. Atmo: Raoul Schäfer-Gröbel 4.30<br />
Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Ja, Tiefkühl ist nicht unser Steckenpferd, das vegetiert hier so ein wenig vor sich hin.<br />
Und dann Obst und Gemüse, das ist eigentlich das Herzensland. Das sind hier<br />
fünfzehn Meter Obst und Gemüse, die Hälfte gekühlt. An der Schilderfarbe sieht man<br />
regional oder Ausland, gelbe Schilder regional, grüne Ausland. Rote Schilder ist ein<br />
Sonderpreis, da muss man dann genauer gucken.<br />
Sprecher 3:<br />
Eine drei Meter große Pappmaschee Möhre ziert den Gemüsestand. Daneben ein<br />
Plakat.<br />
Sprecherin 1:<br />
Wir haben den Benzinverbrauch dieses Broccoli deutlich reduziert. Naturkost aus der<br />
Region.<br />
Sprecher 3:<br />
Im Laden stößt man immer wieder auf Tipps, zum richtigen und falschen Konsum.<br />
Beispielsweise lässt sich auch Zucker ersetzen, durch Stärke aus Blättern.<br />
Neben der Kasse hängt ein Klassiker, der Jute statt Plastik Beutel.<br />
11. Atmo: 6.00 Mühle beginnt leicht, brummen, surren.<br />
22. Zuspielung: 13.00 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
Ja, wir haben auf jeden Fall unsere Grenzen, wobei die weniger mit dem Produkt, als<br />
mit dem Hersteller des Produktes zu tun haben. Das wenn jetzt ein konventioneller<br />
Hersteller denkt, man müsste auch mal in Bio Machen, der Markt wächst, der Markt<br />
boomt, verspricht sich Gewinne davon – dann ist uns das nicht seriös genug. Dann<br />
müsste schon jemand der alten Pioniere kommen und sagen, ich muss das jetzt<br />
machen. So wie Ende der 80er Jahre, Samba, der Schokoaufstrich von Rapunzel,<br />
die Szene revolutionierte. Und schließlich die Kunden uns aufs Dach gestiegen sind,<br />
weil wir verweigerten dieses Produkt zu listen. Und es gab schon den<br />
Schritt…Samba, einen vorrangig aus Zucker bestehenden Schokoladenaufstrich zu<br />
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Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
listen…29.20 Transport ist überhaupt Thema, das…im Winter, Flugware, Trauben<br />
aus Südafrika für ökologisch bewusste Verbraucher in den nördlichen<br />
Industrienationen – das ist ja schon witzig...<br />
Musik: Embryo Sound/ kurz Jingle<br />
Sprecherin 2:<br />
Verantwortlich für die Arbeitsplätze sind die Bioverbände, die auch die Qualität der<br />
Lebensmittel garantieren. Dazu gehören beispielsweise Bioland und Demeter.<br />
23. Zuspielung: 12.40 Möllenberg, NGG.<br />
Da gibt es in der Regel zwar Verbände, die sich darum kümmern, Biolabel zu fordern<br />
und nach vorne zu bringen und Kriterien aufzulegen.<br />
Sprecherin 1:<br />
Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung, Gaststätten und<br />
Genuss.<br />
24. Zuspielung: 12.40 Möllenberg, NGG.<br />
Aber in der Regel haben diese Verbände keine sozialpolitische Verantwortung.<br />
Erklären sich für nicht zuständig. (...) Das sind die Verbände des ökologischen<br />
Landbaus, die keine Tarifverträge abschließen. Und was die Verarbeitung angeht,<br />
haben wir es immer wieder und wieder versucht. Aber haben, das sagen meine<br />
Kolleginnen und Kollegen, immer wieder Absagen erhalten.<br />
12.Atmo: Bauer Hanftal<br />
Vögel, Bio 22, 8.10 kauende Kühe, 9.10 Vögel.<br />
25. Zuspielung: 2.40 Bauer Schmitz (abblenden und kurz unterlegen)<br />
Ja, wir stehen hier im Hanftal, man hört hier den Vögeln zu bei uns. Wir haben hier<br />
ein sehr schönes Tal im Westerwald, im Norden vom Westerwald. Und wir<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
bewirtschaften hier einen Biobetrieb, der sich überwiegend mit der Milchproduktion<br />
beschäftigt.<br />
Sprecher 3:<br />
Seit 23 Jahren arbeitet Bernd Schmitz als Bauer. Sein Hof liegt im Hanftal, am Rand<br />
des Westerwaldes bei Hennef, der südlichsten Ecke von Nordrhein Westfalen. Für<br />
die ökologische Landwirtschaft hat er sich 2005 entschieden, seine 45 Milchkühe<br />
sollen weder Gentechnik noch Chemie im Futter haben. Finanziell hat sich das<br />
gelohnt.<br />
26. Zuspielung: 5-00 Bauer Bernd Schmitz<br />
Ich steh mich heute, mit diesen Voraussetzungen, die ich habe, besser da. Man<br />
muss sagen, ich habe konsequent keine Milchmengen gesteigert. Ich habe es genau<br />
andersherum gemacht. Meine Kühe melken heute im Schnitt 1500 Kilogramm<br />
weniger als vor der Umstellung. Dafür setze ich aber wesentlich weniger zugekauftes<br />
Futter ein.<br />
13.Atmo: Kuhstall 12.44 - 14.08<br />
27. Zuspielung: 4.20 Bernd Schmitz<br />
Wir haben klein strukturierte Flächen, für mich entscheidend ist, ich kann keinen<br />
Wettbewerb fahren zu Weltmarktpreisen. (...)Und das...fast ausschließlich im Betrieb<br />
erzeugte Futter ist eine entscheidende Grundlage für eine Milchproduktion im<br />
Betrieb.<br />
Musik: Tangerine Dream: Coldwater Canyon<br />
Sprecher 3:<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Der Bundesverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft zählte im Jahr 2012<br />
genau 23.096 landwirtschaftliche Bio Betriebe, eine Steigerung von rund fünf Prozent<br />
zum Vorjahr.<br />
28. Zuspielung: 5.05 Dr. Alexander Gerber, BÖLW:<br />
Es gibt Vergleichsuntersuchungen des Bundesministeriums bei dem die Betriebe ein<br />
Einkommen haben, dass so bei circa 35.000 Euro liegt, und dass ist etwas höher als<br />
das Einkommen der konventionellen Betriebe, die eher unter 30.000 liegen.<br />
Sprecher 1:<br />
Dr. Alexander Gerber, Agraringenieur und Geschäftsführer des Bundesverbandes<br />
der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft, dem Dachverband der Biobranche.<br />
28. Zuspielung: 5.05 Dr. Alexander Gerber, BÖLW3.30<br />
Wir können sagen, dass der Arbeitsaufwand im Biobetrieb, also im<br />
landwirtschaftlichen Betrieb, etwa ein Drittel höher ist, als im vergleichbaren<br />
konventionellen Betrieb... Es gibt Untersuchungen des Landwirtschaftsministeriums,<br />
aus denen hervorgeht, dass im Biobetrieb etwa ein Drittel mehr Beschäftigte tätig<br />
sind, als im konventionellen Betrieb.<br />
Musik: Tangerine Dream Coldwater Canyon<br />
Sprecher 1:<br />
Nur die Hälfte der Öko-Betriebe sind in den Anbauverbänden organisiert. Für die<br />
Arbeitskräfte gilt kein Tarifvertrag, die ökologische Landwirtschaft beschäftigt auch<br />
Saisonkräfte aus dem Ausland, wie zum Beispiel bei der Spargelernte im Rheinland.<br />
Oder beim Gurkenpflücken in Westfalen.<br />
14. Atmo Kühe: 6.30 – 8.30<br />
Zuspielung: 36.35 Bernd Schmitz<br />
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vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Der Unterschied bei uns ist, wir kalkulieren, so stark es wie es eben nur geht, vom<br />
Bauern an aufwärts. Das ist unsere Art der Kalkulation. Das heißt, wir sagen, wir<br />
müssen den Bauern einen bestimmten fairen Preis bezahlen... Im konventionellen<br />
Bereich werden die Landwirte bei der Milch mit dem Rest abgespeist.<br />
Sprecherin 2:<br />
Im Februar 2013 kostet ein Liter homogenisierte Milch beim Discounter um die 0.50,<br />
Frischmilch um die 79 Cent: Aldi bietet Biofrischmilch schon ab 89 Cent an, in<br />
Bioketten kostet der Liter um 99 Cent. Ein Liter Vollmilch bei der Upländer<br />
Bauernmolkerei kostet einen Euro und 9 Cent.<br />
29. Zuspielung: 15.50 Bernd Schmitz<br />
Ich find, das Bio nicht unbedingt Supermarktware ist. Wir halten es auch so, dass es<br />
auf keinen Fall, wo wir vermarkten, in den Discount geht.<br />
15. Atmo Kühe:: 14.48-15.36<br />
Sprecher 3:<br />
Viele Hersteller von Bio Lebensmitteln betonen, dass sie tarifangelehnt oder sogar<br />
Tarif zahlen. Dazu zählen beispielsweise der Safthersteller Völkel oder die Firma<br />
Demeter. Trotzdem haben die allermeisten Hersteller keinen Tarifvertrag<br />
abgeschlossen.<br />
30 .Zuspielung: 13.50 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
Es gibt schon Grenzen, es liegt ja in unserer Hand auch an der Präsentation zu<br />
arbeiten. (...): Früher haben wir zu jedem Produkt wirklich gestanden. Und es auch<br />
probiert. Heute bei 6000 Artikeln geht das gar nicht mehr. Und wir orientieren uns<br />
natürlich an Kundenwünschen. Aber wenn wir ein Argument dagegen haben, wenn<br />
das Produkt unserer Internen Matrix widerspricht, dann nicht.<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Musik: Michael Rother: Klangkörper<br />
31. Zuspielung: 13.50 Möllenberg, NGG.<br />
Diese Bioverbände sind zunächst einmal Verbände, die Kriterien festlegen, was das<br />
nachhaltige Wirtschaften angeht, was Qualitätsstandards angeht, um soziale<br />
Qualitätsstandards kümmern die sich nicht. 20.00 Und das (...), aus meiner Sicht,<br />
weil, Betriebsverfassung in der Regel nicht angewendet wird, Tarifverträge nicht<br />
bestehen. Und bestimmte Rechte, die Arbeitnehmer aufgrund von Tarifverträgen<br />
haben, oder aufgrund von bestehenden gewählten Betriebsräten haben, können<br />
nicht wahrgenommen werden. Beschäftigte haben kein Mitbestimmungsrecht, wenn<br />
sie keinen Betriebsrat haben. Mitbestimmungsrechte, wenn es um<br />
Arbeitszeitgestaltung geht.<br />
Sprecher 1:<br />
Weiling gehört zu den führenden Großhändlern für Bio Lebensmittel in Deutschland.<br />
Gleichzeit vertreibt die Firma aus Coesfeld eigene Lebensmittel für spezielle<br />
Bioläden. Chef und Gründer des Unternehmens ist Bernd Weiling.<br />
16. Atmo: Betriebsführung Bernd Weiling 13.30<br />
Das ist ein sogenanntes Feng Shui Beet, das also positive Energien für die<br />
Mitarbeiter, die hier im Lager tätig sind, produziert. Und es scheint gut zu<br />
funktionieren. Wir haben also auch mit unseren Lagermitarbeitern mit unseren<br />
Fahrern, eine rundum gute Stimmung.<br />
33. Zuspielung: 18.55 Bernd Weiling<br />
Nehmen wir mal 93, da haben wir 11.000 Euro Gewinn gemacht...2003<br />
...600.000...2007...1,7 Millionen....dieses Jahr bei 1,5 Millionen Gewinn.<br />
Sprecher 1:<br />
Die Firma vertreibt auch eine eigene Fairtrade Marke: Der Bananenanbau in der<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Dominikanischen Republik fördert eine Schule auf der Karibikinsel. Raoul Schäfer-<br />
Gröbel schätzt seinen Großhändler wegen der günstigen Geschäftsbedingungen und<br />
seiner Verlässlichkeit.<br />
34. Zuspielung: 42.00 Bernd Weiling:<br />
46.10 Wir sind im Groß und Außenhandelsverband als Unternehmen organisiert. (...)<br />
Und über diese...Konstellation sind wir immer informiert, wie diese Tarifsituation ist.<br />
Und wir zahlen diese Tarife. Wir haben einen Betriebsrat, der Betriebsrat ist aber<br />
gewerkschaftstunabhängig.<br />
Sprecher 3:<br />
Firmen, die mit den Gewerkschaften einen Tarifvertrag abschließen, müssen nicht<br />
nur Tariflohn zahlen. Es geht auch um Mitbestimmungsrechte. Ein starker Betriebsrat<br />
wird zum Beispiel auch über die Möglichkeit von Überstunden mitentscheiden. Die<br />
Betriebsratsvorsitzende bei Weiling, Monika Abel, betont im Gespräch offen, dass<br />
beispielsweise die Gesetze zu Überstunden unpraktisch seien:<br />
35. Zuspielung: 12.00 Monika Abel, Betriebsratsvorsitzende.<br />
Ja, es ist ein Brimborium. Und wenn man sich, in jedem Fall an das geschriebene<br />
Wort halten würde, dann wäre es ja wahrscheinlich fast schon unmöglich, den<br />
Betrieb aufrecht zu erhalten. So sehe ich es jedenfalls. Es ist im Grunde klar, die<br />
Sachen müssen raus. Und zwar an dem Tag wo sie bestellt werden, der Salat muss<br />
geliefert werden, sonst ist er am nächsten Tag welk, und wenn der Kunde den Salat<br />
bestellt hat, soll er den auch bekommen, also muss so lange gemacht werden, bis<br />
der letzte Salat verladen ist.<br />
Sprecher 3:<br />
Monika Abel ist eine gewerkschaftstunabhängige Betriebrätin, also kein Mitglied bei<br />
Verdi, der stärksten Gewerkschaft im Einzelhandel. Ihr Vorgänger arbeitet heute als<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Pressesprecher des Unternehmens. Die Gewerkschaft Verdi beklagt die<br />
Arbeitsbelastung der Lagerbeschäftigten und der Fahrer. Das Unternehmen<br />
versuche einen größeren Einfluss von Verdi zu verhindern. Es findet sich, trotz<br />
intensiver Versuche, kein Mitarbeiter, der aussagen will. Das Unternehmen betont,<br />
dass alle gesetzlichen Bestimmungen zu Überstunden eingehalten werden.<br />
17. Atmo:14.15 Bernd Weiling, Betriebsführung<br />
Dieser Feng Shui Mensch kommt alle vier Monate zu uns ins Haus, geht am Sonntag<br />
ins Gebäude, zu einer Zeit, wo keine Mitarbeiter dort sind. Und hat...schaut sich alles<br />
an, wo eventuell etwas Feng Shui mäßig verbessert werden könnte. Und wir<br />
sprechen auch darüber, wenn Menschen, wenn es mal in der Kommunikation nicht<br />
so gut läuft, muss man manchmal nur einen Tisch ein bisschen verändern. Es ist<br />
nicht zu glauben, ich habe es auch nicht geglaubt. Aber es funktioniert!<br />
Musik: Embryo „Revolution”<br />
36. Zuspielung: 51.00 Raoul Schäfer-Gröbel.<br />
Wenn jemand einen Betriebsrat gründen will, ich habe da gar kein Problem mit.<br />
Vielleicht wäre das auch für mich einfacher, als dass ich mich mit 30 Knallköpfen rum<br />
schlagen muss, da hätte ich einen Ansprechpartner, das würde vielleicht sogar<br />
besser. Aber will keiner. Finde ich auch. Es gibt ja hier keine Strukturen, die einen<br />
zwingt zu sagen: So geht’s nicht! Im Gegenteil! Es ist ein Paradies hier! Eine Insel!<br />
Sprecher 1:<br />
Auf dieser Insel arbeitet auch Sandra Muss, gerade steht sie hinter der Brottheke<br />
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18. Atmo: 9.50 Sandra Muss, Mitarbeiterin bei Momo (abblenden, unterlegen):<br />
Also, gerade habe ich Mehl gemahlen, mit unserer Mühle... Ja, wir haben gesagt, als<br />
wir hier hingegangen sind, wir brauchen eine Brotschneidemaschine...<br />
Musik: Embryo 'Revolution'<br />
Sprecher 3:<br />
Sandra Muss arbeitet bei Momo. Sie hat Rechtsanwaltsgehilfin gelernt, dann wurde<br />
sie Kneipptrainerin und Ernährungsberaterin. Den Bioladen kannte sie schon seit<br />
ihrem Abitur, ehemalige Lehrer haben den Laden gegründet.<br />
37. Zuspielung: 55.40 Sandra Muss<br />
Momo versucht noch sehr, sehr viel, soweit es geht, das urtümliche zu bewahren.<br />
(...) Jetzt haben wir natürlich, aufgrund der Größe des Ladens, müssen wir auch<br />
Auszugsmehl anbieten. ...Aber wir haben das Mehl in der untersten Ecke, wir haben<br />
auch den Zucker in der untersten Ecke. Preisen aber den Honig wir groß an. Also,<br />
versuchen das unter dem Vollwertbewusstsein zu führen. Haben aber auch die<br />
Artikel, die der Kunde im Convenience Bereich auch gern haben möchte<br />
19. Atmo: Sandra Muss an der Brot und Kuchentheke<br />
10.50 Muss und Kunde...Und welcher Kuchen darfst sein? ...Der Apfelkuchen, Apfel<br />
Rosine...Kommt da noch was dazu? ...Ich befürchte das da!...<br />
38. Zuspielung: 56.30 Sandra Muss<br />
Also, mein Arbeitsalltag ist ganz gemischt. (...) Ich mache alles sehr gerne, das heißt<br />
jetzt Brot, Theke, Kasse, Trockenware einräumen, Gemüse und Obst bin ich nicht so<br />
oft..... ? 50! (....). Raul und Ulli haben eine sehr kollegiale Umgangsweise, da ist kein<br />
Hierarchiedenken, das da irgendwie Druck ausgeübt wird, (....) Also, ich kann von mir<br />
sagen, ich fühle mich hier sehr, sehr gut aufgehoben, bin sehr zufrieden.<br />
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39. Zuspielung: 15.40 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
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Wenn ich daran denke, dass ich für vier Mark gearbeitet habe und heute kriegt der<br />
Azubi um die acht Euro oder so. Oder wer hier einsteigt, fängt mit 8,50 Euro an, das<br />
ist natürlich kein Traumgehalt. Aber dafür bieten wir noch andere Dinge hier….Also<br />
neben der besseren Besetzung, die das Arbeitsklima unglaublich fördert,<br />
Selbstverantwortung. Und natürlich ein wachsendes Gehalt mit den Jahren. (...) Und<br />
verschiedene soziale Absicherungen, die dann noch dazukommen…<br />
Rentenansparmöglichkeiten. Da gibt’s verschiedene Momo Modelle, die sich an der<br />
Betriebszugehörigkeit orientieren. Wo es kräftige Zuschüsse noch gibt….nicht nur<br />
vom Staat, sondern auch von mir. Und ein…sehr hoher Einkaufsrabatt.<br />
20. Atmo: 11.50 Sandra Muss und Kunde<br />
Zum Mitnehmen...ist doch eine Kleine Schnitte ...Das ist so mein Trick. Mein Kleiner<br />
Selbstbetrug.<br />
40. Zuspielung: 1.00.30 Sandra Muss<br />
Also, heute Vormittag war ein Dienst, da waren zehn Momos im Laden, wuselten –<br />
da waren wir mehr als die Kunden! Weil wir einfach so gut besetzt waren.<br />
41. Zuspielung: 14.40 Raoul Schäfer-Gröbel:<br />
Ja, man kann durch Aushilfen die Stosszeiten einfach anders besetzen, so dass die<br />
Besetzung insgesamt geringer ist. Das ist bei uns halt nicht so. (....) Aber das gehört<br />
zu unseren Inhalten. Das hier der Mensch an erster Stelle steht. Und ich will hier<br />
keinen für drei Stunden antanzen lassen. Sondern man arbeitet hier seine Acht<br />
Stunden. Früh oder spät. Auch wenn in der Mittagszeit keine zehn Leute im Laden<br />
sein müssten. Sie sind dann da! Insgesamt habe ich dreißig Angestellte, wir haben<br />
aber keine Aushilfen bei Momo. Wir haben nur Festanstellungen zwischen 20 und 50<br />
Stunden.<br />
Musik: Brian Eno 'Musik for Airports'<br />
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42. Zuspielung: 19.10 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
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Unser Lohnniveau geht doch in Richtung dreizehn Euro inzwischen. ...Und mit<br />
unserer neuen Altersversorgung sind wir doch bei vierzehn inzwischen teilweise. Und<br />
wobei da klar unterschieden wird, wie lange bin ich im Betrieb, …und nach zehn<br />
Jahren hat man die volle Vergünstigung.<br />
Sprecher 1:<br />
Das Einstiegsgehalt liegt rund dreißig Prozent unter dem Tarifmonatslohn des<br />
Einzelhandels in Nordrheinwestfalen.<br />
43. Zuspielung: 42.00 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
So genau weiß ich das jetzt auch nicht, wir liegen so bei 150.000 Gewinn im Jahr, ...<br />
Von dem Gewinn muss ich jetzt sämtliche Investitionen bezahlen, die mehr als 200<br />
Euro kosten...Jede neue Kühltruhe...Ich muss mich selber finanzieren aus dem<br />
Gewinn...So haben wir jetzt eine sechsstellige Rücklage gebildet.<br />
22. Atmo: Ladenkasse<br />
44. Zuspielung: 1.01.40 Sandra Muss<br />
Viele Kunden kaufen bei uns Produkte, der Einkaufswagen ist hoch voll – und ich<br />
würde wenig davon als gesund bezeichnen! ...Also, wir haben zum Beispiel auch<br />
Fertiggerichte, wo Zucker drin ist, wo Auszugsmehl drin ist. Das hat zwar noch den<br />
Bioanspruch, weil die Anbaubedingungen besser sind, aber was dem Menschen hilft,<br />
auch gesund zu bleiben, ist diesen Produkten wieder entzogen. Und für viele ist das<br />
eine Alibifunktion, ich hab’s im Bioladen gekauft, aber einen wirklichen Vorteil für<br />
sich, hat er für sich nicht<br />
23. Atmo: 49.10 Thomas Schendel, Ladenchef Basic, Zülpicher Platz, Köln:<br />
Also, wir befinden uns hier mitten im Laden, kurz vor der Mopo, also den<br />
Molkereiprodukten, der Laden an sich hat 1100 Quadratmeter, ist ein Vollsortiment,<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
auch eine Frischetheke, Bereich mit Frischfleisch, Frischwurst und Käse. Wir haben<br />
einen sehr großen Kundenstrom, deshalb haben wir auch einen sehr großen<br />
Mittagstisch, also ich hab einen Riesen Bistrobereich, wo auch viele Büroleute sich<br />
vernünftig und gesund ernähren möchten.<br />
Sprecher 3:<br />
Thomas Schendel arbeitet als Marktleiter bei der bundesweiten Biokette Basic, seine<br />
Filiale liegt in der Kölner City am Zülpicher Platz. Der Laden ist auch für Bioketten<br />
sehr groß, mit 1100 Quadratmetern rund doppelt so groß wie der Durchschnitt. Im<br />
Eingangsbereich leuchten Poster mit Naturfotografie: Eine einsame Eiche vor<br />
wolkenlosem Himmel. Darunter die Zeile: Basic für Alle!<br />
24. Atmo: 9.20 Ramona Klein, Verkäuferin Basic, Köln, Zülpicher Platz:<br />
Heute ist diese Indische Möhrensuppe mit Kokos, herzhaftes Kartoffelgulasch,<br />
Rahmwirsing mit Petersilienkartoffeln, und einmal Spagettis Bolognese vegetarisch...<br />
45. Zuspielung: 41.00 Ramona Klein<br />
Ich bin die Ramona Klein, bin 23 Jahre alt, bin gelernte Bäckereifachvierkäuferin, und<br />
ich bin sehr zufrieden mit meinem Job... Also, es ist schon ziemlich viel, auch gerade<br />
im Bioladen. Da gibt’s verschiedene Sorten von Dinkel, Roggen, Sorten, Weizen,<br />
eine große Auswahl, bestimmt von 120 Broten, verschiedenen Backwaren.<br />
Sprecher 3:<br />
Ramona Klein arbeitet direkt am Eingang des Biomarktes, sie verkauft Brot,<br />
Brötchen, Gebäck und bedient mit ein bis zwei Kolleginnen im großen Bistro, das<br />
Mittagstisch und Kaffe und Kuchen anbietet. Vor ihrem Job bei der Biokette hat sie in<br />
einer kleinen Bäckerei gearbeitet, da war weniger zu tun.<br />
46. Zuspielung: 44.55 Ramona Klein.<br />
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Ja, schon. Das ist halt mehr Laufkundschaft, muss ich sagen, mit den Leuten, die<br />
man kennt, da kann man halt quatschen (...). Das ist im kleinen Betrieb wieder<br />
anders, da kommen die Leute vorbei, ein Stück Kuchen essen, einen Kaffee trinken,<br />
da kann man mehr erzählen, da ist vielleicht weniger los als hier...<br />
47 Zuspielung: 46.20 Ramona Klein<br />
„Ist ganz okay, haha, ist okay, ich kann mich nicht beschweren“.<br />
Sprecher 3:<br />
Mehr will Ramona Klein nicht zu ihrem Gehalt sagen. Die Basic Pressestelle bestätigt<br />
später auf Anfrage, dass der Einzelhandelstariflohn von gut 12 Euro brutto in der<br />
Stunde gezahlt wird. Die Biokette Basic hat in Nordrhein Westfalen sieben Filialen<br />
mit rund 280 Mitarbeitern. Zumeist Fachkräfte.<br />
48. Zuspielung: 25.40 Alex Lebert, Assistent Regionalleitung, West.<br />
An den Tarif angelehnt, wir zahlen nicht unter Tarif hier in Nordrhein Westfalen, in<br />
keiner Position, die mir eigentlich bekannt ist.<br />
Sprecher 1:<br />
Alex Lebert, Assistent der Basic Regionalleitung West.<br />
49. Zuspielung: 25.40 Alex Lebert, Assistent der Regionalleitung West.<br />
26.30 Vierhundert Euro Kräfte haben wir, Aushilfen, halt acht Euro<br />
Stundenmindestlohn zahlen wir in jedem Falle, was im konventionellen auch nicht die<br />
Tagesordnung ist... Die Aushilfenquote ist bei uns gering , also wir haben ...mehr wie<br />
zehn Prozent auf keinen Fall, der Mitarbeiter als Aushilfen.<br />
Musik: Brian Eno 'Musik for Airports'<br />
Sprecher 1:<br />
Biosupermärkte zielen laut dem Fachmagazin Biowelt auf einen Mindestumsatz von<br />
5.000 Euro im Monat pro Quadratmeter. Thomas Roeb, Handelsexperte an der<br />
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Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, schätzt, dass ein Supermarkt im Schnitt rund 3.500<br />
Euro pro Quadratmeter macht. Bei Aldi sollen es nach dieser Expertenmeinung rund<br />
9.000 Euro sein. Topläden im Bio Bereich bringen es auf 7.000 Euro pro<br />
Quadratmeter. Die große Filiale von Basic am Zülpicher Platz in Köln dürfte eher auf<br />
6.000 Euro zu schätzen sein. Die Marktleitung spricht von einem sehr großen<br />
Kundenstrom, der Laden ist doppelt so groß wie der Durchschnitt.<br />
Sprecher 3:<br />
Beim Biosupermarkt Momo in Bonn Beuel müssen die Mitarbeiter in einem Laden<br />
von 500 Quadratmetern mit rund 4.000 Stunden geschätzte 3,5 Millionen Euro<br />
Umsatz bewältigen. Bei Basic in Köln müssen die Beschäftigten in einem Laden von<br />
rund 1100 Quadratmetern mit circa 3.000 Arbeitsstunden geschätzte 6,6 Millionen<br />
Umsatz im Jahr bewältigen.<br />
Sprecher 1:<br />
Die Basic Beschäftigen müssen also mit rund einem drittel weniger Personal als die<br />
Momos auskommen – und dabei auch noch geschätzte 90 Prozent mehr Umsatz<br />
bewältigen. Und das auf einer doppelt so großen Verkaufsfläche.<br />
Sprecher 3:<br />
Die umsatzschwachen Zeiten, zum Beispiel Vormittage und frühe Nachmittage mitten<br />
in der Woche sind bei beim Bioladen Momo stark besetzt. Bioketten fahren in<br />
umsatzschwächeren Zeiten ihr Personal zurück.<br />
51. Zuspielung: 45.10 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
Wir leben im Kapitalismus. Und ich bin Kapitalist. Aber das ist wie mit Zement! Es<br />
kommt drauf an, was man daraus macht! Kapitalist heißt ja nicht Schwein zu sein,<br />
das ist ja Quatsch... Also, ich war noch nie gegen Kapitalismus, ich hab ja gesehen,<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
was der Sozialismus brachte. Das war ja gar nichts. Aber das heißt ja nicht, dass ich<br />
mit Nahrungsmitteln spekuliere. Zum Beispiel. Das sind ja Schweinereinen!<br />
Musik: Steve Reich, Tr. 3<br />
52. Zuspielung: 12.00 Biostrukturseminar Dr. Hartmut Radel<br />
Ein Hinweis, wie man mit den genetisch gesteuerten Unterschiedlichkeiten umgeht,<br />
ist im Zwischenhirnbereich: Schwinge Dich ein auf die Frequenz des anderen, auf die<br />
Bedürfniswelt des Anderen, der sich jetzt gerade aufregt und aufregen will, ganz<br />
ehrlich und echt, der einen roten Kopf bekommt, schwinge dich darauf ein, dass du<br />
ein Unterstützer, dass du derjenige bist, der ihn versteht. Und dann sagen sie: Was?<br />
In meinem Laden haben Sie drei angefaulte Tomaten bekommen! Das kann nicht<br />
wahr sein, da werde ich sofort prüfen, wer da dahinter... Das ist ja ungeheuer! Und<br />
dann sagt rot...dieser Mensch der zwischenhirngesteuert... Na, so schlimm war’s<br />
auch nicht! Dann wird’s sich beruhigen, dann kriegt das plötzliche eine tiefere<br />
Frequenz.<br />
Musik: Robert Hood: Wandering endlessly<br />
Sprecher 3:<br />
Viele Unternehmen der Biobranche haben in den Boomjahren von 2005 bis 2009<br />
glänzende Geschäfte gemacht. Das geht aus der Branchenanalyse "Die Bilanz der<br />
Boomjahre" des Wirtschaftsmagazins Biowelt hervor. Knapp 500 Jahresabschlüsse<br />
der wichtigsten Branchenakteure aus den Jahren 2005 bis 2009 wurden hinsichtlich<br />
der Eigenkapitalquoten und der Gesamtkapitalrendite untersucht.<br />
Sprecherin 1:<br />
So wiesen 2005 15% der untersuchten Biohersteller eine Eigenkapitalquote von<br />
mehr als 40% auf, 2009 waren es bereits 39% der Biohersteller.<br />
Sprecher 3:<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Die Geschäfte vieler Biohersteller liefen auch im Vergleich überdurchschnittlich gut.<br />
So lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote für diesen Zeitraum laut Institut für<br />
Mittelstandsforschung aus Bonn für große Unternehmen bei 27 Prozent, für kleinere<br />
Unternehmen bei rund zwanzig Prozent.<br />
Sprecherin 2:<br />
Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der Analyse der Ertragssituation: 34% der<br />
Hersteller wiesen eine Gesamtkapitalrendite von 10% oder höher aus. Das sind<br />
bessere Zahlen als bei vielen der größten deutschen Familienunternehmen.<br />
Sprecher 3:<br />
Laut einer Untersuchung des Bundesverbandes der deutschen Industrie erzielten die<br />
größten deutschen Familienunternehmen in diesem Zeitraum eine<br />
Gesamtkapitalrendite von sechs bis acht Prozent.<br />
Musik: Novalis: Es färbte sich die Wiese grün<br />
53. Zuspielung: 8.20 Bernd Weiling<br />
Die ersten Läden gab es Anfang der 70er Jahre, unter anderem gab es auch einen<br />
makrobiotischen Laden in Münster, aber wenn Sie dann kamen stand dran: Zehn Uhr<br />
geöffnet, aber wenn Sie dann elf Uhr da waren, hatten sie Glück, dass Sie<br />
reinkommen konnten.<br />
Sprecher 1: Bernd Weiling, Firmenchef des Biogroßhändlers Weiling<br />
53. Zuspielung: 8.20 Bernd Weiling<br />
Es war zum erheblichen Teil relativ luschig. Also, da stand der Kunde absolut nicht<br />
im Mittelpunkt, sondern die Idee, die Ideologie.<br />
54.Zuspielung: 4.30 Raoul Schäfer-Gröbel<br />
Der Laden selber war eigentlich ein Projekt, das nannte sich Projekt Momo, im<br />
Rahmen einer Diplomarbeit. Selbständiges Arbeiten. Kollektives Arbeiten. Es war<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
sogar erstrebenswert damals, kein Gewinn zu erwirtschaften. Wobei uns das gut<br />
getan hätte, etwas Rücklagen zu haben. Ein bisschen Rücklage zu haben. Aber galt<br />
da doch als unseriös in der Szene.<br />
Sprecher 3:<br />
Das Kollektiv umfasste fünfzehn Mitglieder, jeder musste eine Einlage von 500 Mark<br />
bezahlen. Es gab nur gleichberechtigte Mitglieder, inspiriert wurde<br />
alles nach Momo Raoul vom theoretischen Sozialismus.<br />
Musik: Michael Rother 'Klangkörper'<br />
Sprecher 4:<br />
Aufstieg und Niedergang der Alternativbewegung lasse sich dabei zeitlich kaum<br />
voneinander trennen.<br />
Sprecherin 1:<br />
So der Historiker Arndt Neumann in seinem Buch Kleine Geile Firmen.<br />
Alternativprojekte zwischen Revolte und Management.<br />
Sprecher 3:<br />
Da es der Alternativbewegung entgegen des eigenen Anspruchs nicht einmal<br />
ansatzweise gelang, die kapitalistische Eigentumsmordung zu verändern, waren die<br />
einzelnen Kollektive gezwungen, auf dem Markt mit konventionellen Unternehmen zu<br />
konkurrieren. Zugleich verfügten sie meist nur über ein sehr geringes Startkapital.<br />
Unter diesen Bedingungen konnten viele Alternativprojekte nur durch die Sammlung<br />
von Spenden und vor allem durch einen immensen Arbeitseinsatz der<br />
Kollektivmitglieder überleben. Angesichts der angespannten ökonomischen Situation<br />
rückte die Notwendigkeit einer effizienten Arbeitorganisation immer mehr in den<br />
Vordergrund.<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
26. Atmo: Bio 6 17 Biocompany Fleischtheke, 11.30 Kundin Verkäuferin<br />
Sprecher 3:<br />
Der erste Bioladen wurde 1972 in Hamburg gegründet. 1980 sind es rund 300<br />
Geschäfte. 1985 gibt es bereits 1.200 bis 1.500 Naturkostläden, kaum einer von<br />
ihnen größer als 100 Quadratmeter. Plötzlich ist Stillstand. Manche Läden kommen<br />
in finanzielle Schwierigkeiten, im Jahr 1985 hören 80 Betreiber auf. Gleichzeitig<br />
bieten die ersten Supermärkte Biolebensmittel an. Die Reaktorkatastrophe von<br />
Tschernobyl 1986 führt zu einem neuen Run auf die Bioläden. Die erste deutsche<br />
BSE-Kuh im Dezember 2000 lässt die Umsätze ansteigen. Heute gibt es rund 2.700<br />
Bioläden in Deutschland.<br />
Musik: Kraftwerk „Wir sind die Roboter“<br />
Sprecher 4:<br />
Der grundlegende Widerspruchs von Alternativprojekten besteht darin...<br />
Sprecherin 2:<br />
...dass alle Mitglieder zugleich Lohnarbeiter und Unternehmer sind....<br />
Sprecher 4:<br />
.... Es besteht praktisch ein ökonomischer und politischer Zwang zur permanenten<br />
Identifikation mit der Arbeit. Angesicht der finanziellen Misere der meisten<br />
Alternativprojekte könnten die Beschäftigen vielfach noch nicht einmal die tarifliche<br />
Entlohnung fordern, da dies die ökonomische Existenz des Kollektivs gefährden<br />
würde<br />
Sprecherin 1:<br />
So der Historiker Arndt Neumann in seinem Buch Kleine Geile Firmen.<br />
Alternativprojekte zwischen Revolte und Management.<br />
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56. Zuspielung: 4.30 Prof. Hamm:<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Wenn man die Entlohnung der einzelnen Arbeitskräfte sieht, dann muss man dann<br />
auch deutlich differenzieren. Der Eigentümer hat ein etwas überdurchschnittliches<br />
Einkommen gehabt, aber das wurde auch erwirtschaftet mit einer Vielzahl von<br />
freiwilligen Helfern, die dieses Landwirtschaft unterstützt haben. Es war so, als ich<br />
studiert habe, da war es so, dass man Praktika in der konventionellen Landwirtschaft<br />
bekommen hat, die wurden relativ gut bezahlt. Und ich habe damals 500 DM<br />
bekommen, was viel Geld war, und auf dem Biobetrieb war die Nachfrage nach<br />
Praktikumstellen so groß, dass man froh war, wenn man Kost und Logis bekommen<br />
hat.<br />
Sprecher 3:<br />
So dominieren in der Biowelt nicht die Rollen von Unternehmer und Arbeitnehmer. Im<br />
Grünen Bereich dient ein arbeitnehmender Unternehmer mit untertariflichem Gehalt<br />
dem Produkt. Das gute Produkt rechtfertigt den niedrigen Lohn.<br />
Sprecherin 2:<br />
Alternativen Bioläden ging es auch um Kollektivität und Selbstbestimmung. Niedrige<br />
Löhne und Mehrarbeit dienten diesen Idealen. Dabei rechtfertigte auch das bessere<br />
Produkt die schlechteren Arbeitsbedingungen. Diese Alternativwirtschaft kannte<br />
weder Tarifverträge noch Betriebsräte oder starke Gewerkschaften. Heute können<br />
Biosupermarktketten diese Tradition nutzen, um ihre Gewinne zu steigern. So wurde<br />
die alternative Biobranche der 70er Jahre zum neuen Vorreiter von prekären<br />
Beschäftigungsverhältnissen. Im Jahr 2010 arbeitete nach einer Untersuchung der<br />
Universität Duisburg fast jeder vierte Beschäftigte im Niedriglohnbereich mit einem<br />
Stundenlohn von unter 9,18 Euro brutto.<br />
Sprecher 1:<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
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<strong>Grüner</strong> Profit - Die Biobranche zwischen<br />
Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Christina Gronzki, 46 Jahre, arbeitet als Marktleiterin einer Filiale der<br />
Biosupermarktkette Biocompany in Berlin Schöneberg. Die studierte Quereinsteigerin<br />
begann 2005 bei der Kette. Weltverbesserung, das war ein Motiv:<br />
57. Zuspielung: 8.10 Christina Gronzki<br />
“Auf alle Fälle. Ja, wenn man seinen Arbeitstag beginnt....dann hat man ja ganz<br />
hochwertige und gesunde Lebensmittel in Händen. ....Also, wenn ich ungespritzte<br />
Paprika habe, das ist ja für mich als Arbeitnehmer auch erst mal schön zu wissen,<br />
das ist biologisch angebautes Gemüse, mit dem ich arbeite, es hat eine hohe<br />
Qualität.“<br />
58. Zuspielung: 24.30 Christina Gronzki<br />
„Man müsste jetzt genau wissen, was ist jetzt genau Tarif, bei dieser Marktgröße, mit<br />
dieser Anzahl der Mitarbeiter. Ich ..müsste jetzt nachgucken, ...wo da jetzt der<br />
tarifliche Lohn angesetzt wäre... Das ist mir jetzt nicht bekannt, und ich hab das<br />
ehrlich auch nicht nachgeguckt. Es war mir egal.“<br />
Musik: Steve Reich, Tr. 3<br />
27. Atmo: 14.20/13.40 Dr. Helmut Radel<br />
Wie wird wohl ein zwischenhirngesteuerter Mensch aus seiner genetischen<br />
Steuerung, aus seiner Akzentuierung heraus, Tennis spielen! In diesem schnellen, in<br />
diesem emotionalen, in diesem rekordlustigen: Reinhauen! Umhauen! Abhauen!<br />
(Lachen, Zuhörer) So wird ein Ass nach dem anderen Geschossen und drüben<br />
entsehen vielleicht Tränen oder zumindest eine Unlust das weiter mitzumachen.<br />
Was macht dann Rot, ein Mann, ein zwischenhirngesteuerter Mensch, der sagt<br />
dann... Da bekomm ich Migräne! Es geht um Gewinnen! Ein Spiel, wo es Sieger und<br />
Verlierer gibt! Und ich möchte auf der Gewinnerseite sein!<br />
Musik: Ton Steine Scherben „Schritt für Schritt ins Paradies“<br />
Sprecher 3:<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
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Dok 5 – Das Feature, 17.03.2013<br />
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Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus<br />
Früher gehörte in der alternativen Bioszene die Selbstausbeutung zum Alltag, heute<br />
malen viele Bio-Unternehmer ihren knallharten Kapitalismus grün an.<br />
Sprecher 2:<br />
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Ein Feature von Peter Kessen.<br />
Es sprachen:<br />
Jean Paul Baeck<br />
Axel Gottschick<br />
Bernd Hahn<br />
Hildegard Meier<br />
Frauke Pohlmann<br />
Technische Realisation Gerd Nesgen<br />
Regieassistenz Ute Welteroth<br />
Regie Rolf Mayer<br />
Redaktion Frank Christian Starke<br />
Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks 2013.<br />
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