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Dezember 2007 - Arche Im Nauen

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2<br />

DER POSTENGEL<br />

Es war einmal ein Stern.<br />

Eines Tages wurde es ihm leid,<br />

mit den anderen Gestirnen am<br />

Himmelszelt seine Bahn zu<br />

ziehen. So beschloss er, auf<br />

Reise zu gehen und kam auf die<br />

Erde.<br />

Dabei landete er in einer<br />

grossen Stadt mitten auf einer<br />

Einkaufsstrasse. Es war eben<br />

Weihnachtszeit, und die Leute<br />

waren sehr in Eile und mit sich<br />

selber beschäftigt. Sie gingen in<br />

die Kaufhäuser und kamen mit<br />

Bergen von Geschenken oder<br />

mit Schachteln voller Süssigkeiten<br />

wieder heraus. An einem<br />

Marktstand verteilte ein Nikolaus<br />

mit angeklebtem Bart Lebkuchenmänner,<br />

und ein kitschig<br />

kostümierter Weihnachtsengel<br />

packte Geschenke ein. In einer<br />

Ecke verkaufte ein alter Mann<br />

Tannenbäume, und nebenan<br />

war ein Maroniverkäufer hinter<br />

seinem Ofen. Zugegeben, es<br />

gab sehr viel zu sehen und die<br />

ganze Stadt strahlte im Licht<br />

und Festtagsschmuck!<br />

So bemerkten sie den<br />

Stern nicht, der auf einer Treppenstufe<br />

bei einem Hauseingang<br />

sass und dem lärmigen<br />

Treiben zusah. Zuerst fand er<br />

das alles sehr interessant und<br />

aufregend, doch bald merkte er,<br />

wie beängstigend einsam eine<br />

solche Menschenmasse ist. Er<br />

fühlte sich verloren und stellte<br />

mit Schrecken fest, dass sein<br />

himmlisches Leuchten zusehends<br />

minder wurde.<br />

Da kam ein kleiner Junge.<br />

Er hatte die Hände leer und<br />

das Herz offen. Seine Augen<br />

staunten ab all dem Glimmer<br />

und Firlefanz. Er schaute in die<br />

reich dekorierten Schaufenster<br />

und schlenderte über den Weihnachtsmarkt.<br />

Doch er wollte<br />

nichts davon haben. Er wollte<br />

schauen.<br />

So sah er den Stern, wie<br />

er so einsam auf der Treppe<br />

hockte, und der Junge hob ihn<br />

auf. Der Stern blinkte schwach.<br />

„Ich war so dumm!“ sagte<br />

er: „Ich habe meinen Weg verlassen<br />

und nun kann ich nie<br />

mehr am hohen Himmelszelt<br />

Kreise ziehen und mit den anderen<br />

Gestirnen spielen.“<br />

Er begann bitterlich zu<br />

weinen und mit den Tränen<br />

gewann er von seinem Leuchten<br />

etwas zurück.<br />

„Ich kann dich nicht<br />

zurückbringen,“ erwiderte der<br />

Junge, „auch kein Flugzeug und<br />

keine Rakete. Dein Zuhause ist<br />

so weit weg, dass Menschen<br />

nicht dahingelangen. Aber ich<br />

kenne jemanden, der dir helfen<br />

könnte. Lass dich überraschen!“<br />

Der Junge führte den<br />

Stern zur Post und fragte dort<br />

nach einem Postengel. Die Frau<br />

am Schalter war keineswegs<br />

erstaunt, denn das ist gang und<br />

gäbe in der Weihnachtszeit. Sie<br />

öffnete nur die Tür zu einem<br />

Hinterzimmer. Dort sassen ein<br />

paar Engel auf einem Schwebebalken,<br />

die einander ihre Erlebnisse<br />

berichteten und dabei vor<br />

Freude lachten. Die Frau winkte<br />

einen herbei und bat ihn, den<br />

Stern in den Himmel zurückzubringen.<br />

„Das kann ich tun,“ sagte<br />

der Postengel und barg den<br />

Stern in seinen Händen. Dem<br />

Jungen wurde der Abschied<br />

etwas schwer, denn er mochte<br />

den Stern und hätte ihn gern<br />

zum Freund gehabt. Aber er<br />

freute sich für den Stern, der<br />

sich so sehr nach Hause sehnte.<br />

So schwebte der Postengel mit<br />

dem Stern in den Händen gen<br />

Himmel. Der Junge blickte den<br />

beiden nach, winkte, bis er nur<br />

noch einen winzigen Punkt sah<br />

und er schaute noch, als er nicht<br />

mehr sichtbar war.<br />

<strong>Im</strong> Himmel angekommen<br />

setzte der Engel den Stern in<br />

das Himmelszelt, wo er seither<br />

seine Bahn zieht.<br />

Sicher habt ihr nun genug<br />

von meinem Fabulieren. Doch<br />

wenn ihr nicht glaubt, dass es<br />

Postengel gibt, so schreibt heute<br />

mal einen Brief...<br />

Suzanne von Ballmoos

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