rechtsanwaelte.at: 1. 10. 2013 - Österreichischer ...
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Abhandlungen<br />
tes, weshalb der vom ErstG erteilte Verbesserungsauftrag<br />
unzulässig und die nachgereichte Rechtsmittelschrift<br />
verspätet seien. 6)<br />
II. Rechtlicher Rahmen<br />
<strong>1.</strong> ZPO<br />
§ 75 ZPO legt den Mindestinhalt von Schriftsätzen<br />
fest. Danach h<strong>at</strong> jeder Schrifts<strong>at</strong>z<br />
" das Gericht, die Parteien, deren Vertreter und den<br />
Streitgegenstand (Z 1) zu bezeichnen;<br />
" die Beilagen samt Zahl und Inform<strong>at</strong>ion, ob es sich<br />
dabei um Originale oder Kopien handelt (Z 2) zu bezeichnen;<br />
" und schließlich von der Partei oder ihrem Vertreter<br />
unterschrieben zu sein.<br />
Diese Bestimmung ist seit 1919 7) unverändert und dient<br />
der näheren Bestimmung des Streitgegenstandes, insb<br />
soll auch klargestellt werden, wer Partei des Verfahrens<br />
ist. 8) Die einzelnen Personen sind so genau zu bezeichnen,<br />
dass es zu keinen Verwechslungen kommt. Fehlen<br />
Angaben oder sind sie unrichtig, ist dies unschädlich,<br />
wenn nach den im Schrifts<strong>at</strong>z vorhandenen Inform<strong>at</strong>ionen<br />
die Person klar und unzweifelhaft feststellbar ist. 9)<br />
Relevant für die Beurteilung der Parteistellung sind<br />
die Angaben des Klägers. Wenngleich die Parteien üblicherweise<br />
im Kopf des Schrifts<strong>at</strong>zes bezeichnet werden,<br />
ist doch der gesamte Klagsinhalt Gegenstand der<br />
Beurteilung der Parteistellung durch das Gericht. Bei<br />
unklaren oder unrichtigen Angaben über die Parteien<br />
des Verfahrens ist daher der gesamte Inhalt des betreffenden<br />
Schrifts<strong>at</strong>zes zu berücksichtigen und vom Gericht<br />
objektiv zu würdigen. 10)<br />
Diese Bestimmung ist auch im Lichte ihres Alters zu<br />
sehen. Sie stammt aus einer Zeit, in der an Computer<br />
udgl nicht im Entferntesten zu denken war. Schriftsätze<br />
wurden in Bögen eingebracht und es war notwendig,<br />
dass bereits auf der ersten Seite klar ersichtlich war,<br />
wer die Parteien des Verfahrens sein sollten und um<br />
welchen Streitwert es ging. Angaben, die für die richtige<br />
Anlage und Zuteilung des Aktes nach der Geschäftsverteilung<br />
und in weiterer Folge die Zustellungen<br />
an die bezeichneten Parteien zwingend erforderlich<br />
waren und es auch heute noch sind.<br />
Heute erfolgen nahezu alle Eingaben an das Gericht<br />
per web-ERV. Bereits auf dem Deckbl<strong>at</strong>t finden sich<br />
die Angaben gem § 75 ZPO. Die D<strong>at</strong>en werden vom<br />
Gericht direkt übernommen, nach ihnen richten sich<br />
dann zB auch die Zustellungen im Verfahren. Auch<br />
der Zeitpunkt des Einlangens der Eingabe ist auf dem<br />
ERV-Deckbl<strong>at</strong>t vermerkt, womit es zugleich die Funktion<br />
des Rubrums erfüllt, auf dem früher der Eingangsstempel<br />
des Gerichts angebracht wurde.<br />
Auch die Grundkonzeption der ERV-Eingabe ist in<br />
den gängigen Programmen so, dass das eigentliche<br />
Vorbringen direkt in eine Maske eingegeben wird. In<br />
diesem Fall ist auf der ersten Seite des Deckbl<strong>at</strong>tes<br />
der Zustellzeitpunkt vermerkt, während auf den nächsten<br />
Seiten dann das Vorbringen folgt. Damit unterscheidet<br />
sich die elektronisch eingebrachte Klage nicht<br />
mehr von der Klage, die nicht per ERV eingebracht<br />
wurde.<br />
Weil jedoch das weitere Vorbringen in der Maske<br />
derzeit nicht form<strong>at</strong>ierbar ist, h<strong>at</strong> es sich vor allem bei<br />
längeren Eingaben zweckmäßig erwiesen, einen form<strong>at</strong>ierten<br />
Schrifts<strong>at</strong>z übersichtlich zu gestalten und diesen<br />
dann der ERV-Eingabe als PDF-D<strong>at</strong>ei anzuhängen wie<br />
eine Beilage. Auf dem ERV-Deckbl<strong>at</strong>t finden sich dann<br />
nur noch die Angaben gem § 75 ZPO und der Hinweis<br />
auf das angehängte Dokument. Das angehängte Dokument<br />
sieht in der Regel aus wie ein Schrifts<strong>at</strong>z, der auch<br />
außerhalb des ERV eingebracht werden könnte und vor<br />
Einführung des ERV auch worden wäre. Alle Angaben<br />
des § 75 ZPO sind enthalten.<br />
2. ERV 2006<br />
§ 5 Abs 1 ERV 2006 bestimmt unter anderem, dass<br />
Eingaben und Erledigungen grundsätzlich auch als<br />
PDF-Anhang entsprechend der Schnittstellenbeschreibung<br />
nach Abs 2 übermittelt werden können. In der<br />
Schnittstellenbeschreibung sind zulässige Arten der<br />
D<strong>at</strong>enübermittlung, der vollständigen D<strong>at</strong>enstruktur<br />
und die zulässigen Beilagenform<strong>at</strong>e neben weiteren<br />
technischen Erfordernissen festgelegt.<br />
Einen Hinweis auf die Relevanz der Angaben in einer<br />
Eingabe gem § 5 Abs 1 ERV 2006 findet sich in<br />
§ 8 Abs 1 leg cit. Danach ist von einer elektronisch eingebrachten<br />
Eingabe erforderlichenfalls ein Ausdruck<br />
herzustellen, der insb für gekürzte Urschriften zu verwenden<br />
ist.<br />
Eingaben im Wege des web-ERV dienen nicht zuletzt<br />
der Optimierung des Verfahrensaufwandes bei<br />
Gericht. Dabei spielen die D<strong>at</strong>en des ERV-Deckbl<strong>at</strong>tes<br />
die tragende Rolle, sodass auf deren Richtigkeit jedenfalls<br />
höchster Wert zu legen ist.<br />
3. GOG<br />
Die §§ 89 a – d GOG enthalten die maßgeblichen Regelungen<br />
über elektronische Eingaben und Erledigungen<br />
(elektronischer Rechtsverkehr). Gem § 89 c Abs 1<br />
gelten für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr<br />
die Bestimmungen über den Inhalt schriftlicher Einga-<br />
6) Vgl auch OGH 12. 1<strong>1.</strong> 2009, 2 Ob 212/09 d Zak 2010/202.<br />
7) Stammfassung: RGBl 1895/113, zuletzt geändert durch StGBl 1919/<br />
95 (Z 3).<br />
8) Vgl Gitschthaler in Rechberger (Hrsg), Kommentar zur ZPO 3 (2006)<br />
§ 75 Rz 1; RIS-Justiz RS003647<strong>1.</strong><br />
9) OGH 15. 9. 2004, 9 ObA 87/04 s.<br />
10) Vgl RIS-Justiz RS0035060; RS0039446; Gitschthaler in Rechberger<br />
(Hrsg), Kommentar zur ZPO 3 (2006) § 75 Rz 2.<br />
650<br />
ERV-Deckbl<strong>at</strong>t vs PDF-Anhang<br />
Autor: RA Dr. Dan K<strong>at</strong>zlinger, Innsbruck<br />
Österreichisches Anwaltsbl<strong>at</strong>t <strong>2013</strong>/11