rechtsanwaelte.at: 1. 10. 2013 - Österreichischer ...
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Rechtsprechung<br />
Disziplinarrecht<br />
8363<br />
§ 1 DSt – Protest gegen das Verhalten eines Richters durch Verzeichnung von Kosten an das Gericht<br />
Ein an das Gericht gerichtetes Begehren auf einen gesetzlich nicht vorgesehenen Kosteners<strong>at</strong>z für<br />
Handlungen des RA, die eigentlich dem Gericht obliegen, stellt grundsätzlich eine Verletzung des Gebots<br />
der Sachlichkeit im Umgang mit Behörden dar. Unter besonderen Umständen kann das Verschulden<br />
des agierenden RA so geringfügig sein, dass ein Freispruch iSd § 3 DSt ergehen kann.<br />
OBDK <strong>10.</strong> 6. <strong>2013</strong>, 14 Bkd 3/13<br />
Sachverhalt:<br />
Der DR sprach den DB gem § 3 DSt vom Vorwurf der<br />
Verletzung des Sachlichkeitsgebots frei. Er legte seinem<br />
Freispruch folgenden Sachverhalt zugrunde:<br />
Der DB habe über Anordnung des Verhandlungsrichters<br />
mit einem Schreiben einen Zeugen geladen<br />
und danach eine Vertagungsmitteilung an einen Zeugen<br />
übermittelt und diese Leistungen jeweils nach<br />
TP1 sowohl im gerichtlichen Kostenverzeichnis als<br />
auch im Anspruchschreiben gegenüber dem LG geltend<br />
gemacht.<br />
Der DB habe die Durchführung dieser Ladungen,<br />
welche ihm vom Verhandlungsrichter aufgetragen<br />
wurden, deshalb nicht abgelehnt, weil er Rechtsnachteile,<br />
insb einen Prozessverlust für seine Klienten, befürchtete.<br />
Mit der Verzeichnung im gerichtlichen Kostenverzeichnis<br />
und der Geltendmachung gegenüber dem Präsidium<br />
des LG habe der DB auch plak<strong>at</strong>iv die Vorgangsweise<br />
des Verhandlungsrichters anprangern wollen.<br />
T<strong>at</strong>sächlich habe der DB weder von seiner Partei die<br />
Bezahlung dieser Leistungen gefordert, noch habe festgestellt<br />
werden können, dass sein Verhalten einem größeren<br />
Personenkreis bekannt geworden sei bzw dass erhebliche<br />
Folgen aus dem Verhalten des DB entstanden<br />
seien.<br />
Der DR ging angesichts offenbar bestehender Spannungen<br />
zwischen dem DB und dem Verhandlungsrichter<br />
davon aus, dass die Anweisung des Richters: „Dann<br />
bringen Sie den Zeugen her“, nicht nur ein amikaler<br />
Wunsch, sondern eine Anordnung des Richters gewesen<br />
war und der DB die Anordnung zwar ablehnen<br />
hätte können, dies aber deshalb nicht t<strong>at</strong>, weil er<br />
Rechtsnachteile für seine Klientin, insb den Prozessverlust<br />
bei Ablehnung dieser Anordnung befürchtet habe,<br />
was für den DR nachvollziehbar erschien.<br />
Der DR beurteilte das Verzeichnen der beiden Leistungen<br />
und die Geltendmachung gegenüber dem Präsidium<br />
des LG als „Aufschrei“ des RA, welcher eine<br />
entsprechende Vorgeschichte hätte. Daher sei das Verschulden<br />
des DB iSd § 3 DSt geringfügig anzusehen,<br />
weil es ihm darum gegangen sei, auch plak<strong>at</strong>iv auf Umstände<br />
in der Verhandlung hinzuweisen, welche er für<br />
nicht gerechtfertigt hielt, und sprach den DB unter Anwendung<br />
des § 3 DSt frei.<br />
Gegen den Freispruch, insb die Anwendung des § 3<br />
DSt, erhob der KA Berufung. Die OBDK gab dieser<br />
nicht Folge.<br />
Aus den Gründen:<br />
Die OBDK befand, dass gegenüber der ungewöhnlichen<br />
Vorgangsweise des Verhandlungsrichters, den –<br />
mehrfachen – Aufwand bezüglich einer Zeugenladung<br />
einem Parteienvertreter zu überbürden, das – überschießende<br />
– Verhalten des DB nur unbedeutende Folgen<br />
nach sich gezogen h<strong>at</strong>.<br />
Schließlich waren damit lediglich der Präsident des<br />
LG und ein Sachbearbeiter befasst, welche zudem zur<br />
Amtsverschwiegenheit verpflichtet sind und denen immerhin<br />
das Vorgehen des DB die Möglichkeit gab, derartige<br />
Vorgänge in Hinkunft hintanzuhalten.<br />
Die OBDK gab daher der Berufung keine Folge.<br />
Anmerkung:<br />
Der Wunsch des Richters, eine Partei möge einen Zeugen stellig<br />
machen, wird im Regelfall unproblem<strong>at</strong>isch sein und keine<br />
Weiterungen nach sich ziehen. Im vorliegenden Fall war die<br />
Atmosphäre vergiftet, das Verhalten des Richters mag wohl<br />
auch in anderen Fällen problem<strong>at</strong>isch gewesen sein. Daher<br />
wurde der Freispruch unter Anwendung des § 3 DSt bestätigt.<br />
Resümee: Originell, aber disziplinarrechtlich nicht ungefährlich,<br />
wie das Ringen um die Anwendbarkeit des § 3 DSt zeigt.<br />
Nicht zur Nachahmung empfohlen!<br />
Hahnkamper<br />
662<br />
Österreichisches Anwaltsbl<strong>at</strong>t <strong>2013</strong>/11