fotocommunity Magazin Gesichter (Vorschau)
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Fotos: Wolfgang Heinen<br />
das dann im wahrsten Sinne des Wortes schon wieder<br />
ganz anders aus – man sehe sich beispielsweise nur<br />
mal die rosa-hellblau-pinkigen Farben in japanischen<br />
Werbeanzeigen an. Das Farbempfinden ist also nicht<br />
überall auf der Welt gleich, sondern ein Ergebnis bestimmter<br />
Sehkulturen.<br />
Besonders intensiv wirken Farbmotive vor neutralem<br />
Hintergrund, besonders wenn das Farbmotiv klein<br />
und die Restfläche entsprechend groß ist. Der Reiz<br />
eines solchen Bilds (beispielsweise kleiner roter Ball<br />
auf großer Sandfläche) liegt dabei nicht nur in dem<br />
Farbspiel, sondern auch in dem Größengegensatz.<br />
Umgekehrt würde diese Formel nicht aufgehen:<br />
Kleines neutralfarbenes Motiv auf großer, intensiv farbiger<br />
Fläche – da geht das Hauptmotiv in der visuellen<br />
Kraft der Farbfläche hoffnungslos unter.<br />
Der hohe Signalwert ist einer der ganz großen Stärken<br />
der Farben in der Bildgestaltung, doch es geht auch<br />
leiser: Pastellartige Farben wirken heller, zarter und<br />
spielen vor allem in der Porträt- und Aktfotografie,<br />
aber auch bei Makrofotos eine große Rolle. Gerade<br />
Aufnahmen kleiner Tiere oder Pflanzen wirken auf<br />
uns besonders stimmig, wenn der unscharfe Hintergrund<br />
in etwa der farblichen Tonlage entspricht wie<br />
das Hauptmotiv. Die Wirkung von Farben wird auch<br />
von der Belichtung maßgeblich beeinflusst: Bei Überbelichtung<br />
zeigt sich die neutrale Umgebung wesentlich<br />
heller als ein Motiv mit einer starken Farbe. Das<br />
heißt an einem Beispiel: Eine Frau mit rotem Kleid auf<br />
neutralem Untergrund wie einem geteerten Parkplatz<br />
bildet bei Überbelichtung einen größeren Kontrast als<br />
bei korrekter Belichtung. Umgekehrt geht die Signalwirkung<br />
der Farbe bei Unterbelichtung mehr und<br />
mehr verloren.<br />
Eine ganz besondere Bedeutung hat die Farbe in der<br />
abstrakten Fotografie, denn hier kann – und muss – sie<br />
sich ganz auf ihre eigene Stärke als emotionales Signal<br />
verlassen. Das ist dann „Farbe pur“ für puren Bildgenuss,<br />
jeder erkennbare Gegenstand fehlt in so einem<br />
Foto. Die Farbe selbst ist dann das Thema, ursprünglich,<br />
unverfälscht und leidenschaftlich.<br />
Wolfgang Heinen<br />
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