26.02.2014 Aufrufe

stereoplay Die setzen den Maßstab (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Frohlocken gilt nicht: Ja, Vinyl ist wieder zurück – aber noch immer in beschei<strong>den</strong>er Dosis. Nach aktuellen<br />

Zahlen des Bundesverbandes Musikindustrie erreichten Vinyl-Alben 2012 einen Umsatzanteil von 1,4<br />

Prozent. <strong>Die</strong> gute Nachricht: Es geht noch kleiner – unter „Sonstige“ mit 1,2 Prozent fasst der Verband<br />

einst so hoffnungsvoll gestartete Tonträger wie DVD-Audio und SACD zusammen.<br />

Wer kein Vinyl hatte, musste<br />

improvisieren: In der Sowjetunion<br />

kopierten Jugendliche die<br />

Hits des verfemten Westens auf<br />

ausgediente Röntgenbilder. Gut<br />

zu verstecken, rollbar und von<br />

lausiger Qualität. Der Code für<br />

<strong>den</strong> Schwarzmarkt: Hast Du<br />

„Rock auf <strong>den</strong> Knochen“?<br />

Fakt ist: Von 2011 bis 2012<br />

ist der Umsatz in Deutschland<br />

um 40 Prozent gestiegen. Doch<br />

die Euphorie hält sich in Grenzen,<br />

wenn man die Vergleichszahlen<br />

liest und weiß, wie es<br />

etwa 30 Jahre vorher aussah:<br />

1984 verkaufte die Phono-Industrie<br />

71 Millionen Langspielplatten<br />

– im Verhältnis zu drei<br />

Millionen CDs. Nahezu gespiegelt<br />

die Verhältnisse heute: 93<br />

Millionen CDs stehen einer<br />

Million LPs gegenüber. Nur ein<br />

Prozent am gesamten Umsatzvolumen<br />

in Deutschland.<br />

Man muss kein Marktanalyst<br />

sein, um zu erkennen, dass der<br />

Vinyltrend noch nicht in jedem<br />

Wohnzimmer angekommen ist.<br />

Andererseits ist mit der Millionen-Hürde<br />

vielleicht eine kritische<br />

Marke überschritten, die<br />

weitere Käuferschichten anlockt.<br />

Schließlich gilt es, die<br />

Briten zu überholen. Im Mutterland<br />

des Pop wur<strong>den</strong> 2012<br />

bereits drei Millionen frisch gepresste<br />

LPs an <strong>den</strong> Mann gebracht.<br />

Das restliche Europa ist<br />

dagegen Entwicklungsland.<br />

Ohne revanchistisch zu sein:<br />

Vielleicht liegt es nur daran,<br />

dass die Briten ihre alten Schätze<br />

schlecht gepflegt haben und<br />

nun eben wieder neu erwerben<br />

müssen. Im Vergleich zu <strong>den</strong><br />

Millionen tadelloser Vinyl-<br />

Scheiben, die noch in deutschen<br />

Dachbö<strong>den</strong> und Kellerräumen<br />

eingelagert sind – und so langsam<br />

wiederbelebt wer<strong>den</strong>.<br />

Deshalb wird <strong>stereoplay</strong> in<br />

einer der kommen<strong>den</strong> Ausgaben<br />

die schönsten Werkzeuge zur<br />

Wiederbelebung testen: Plattenwaschmaschinen.<br />

Andreas Günther ■<br />

„Wenn Totgesagte plötzlich länger leben...“<br />

<strong>stereoplay</strong>: Spiegel TV verkündete<br />

kürzlich, dass die LP<br />

der Musikbranche wieder<br />

neue Glut einhaucht. Wie kalt<br />

ist das Feuer in Ihrer Branche<br />

wirklich, wie zün<strong>den</strong>d dazu<br />

der Einfluss der LP?<br />

F. Drücke: Es stimmt schon,<br />

die Musikbranche hat eine kleine<br />

Eiszeit hinter sich. Seit 1999<br />

haben sich die Umsätze aus<br />

Musikverkäufen etwa halbiert.<br />

Dass viele derzeit wieder positiv<br />

auf <strong>den</strong> Markt schauen, ist<br />

eine gute Nachricht, die aber<br />

weniger mit dem Vinyl-Trend,<br />

sondern vielmehr mit dem erfolgreichen<br />

Aufbau eines diversifizierten<br />

legalen Musikangebots<br />

– vom Vinyl bis zur Cloud<br />

– zu tun hat. Zwar erleben wir<br />

im Bereich der Schallplatte ein<br />

kleines Mini-Comeback, das<br />

seit 2006 anhält, mit einem<br />

Marktanteil von 1,4 Prozent<br />

befin<strong>den</strong> wir uns aber in einem<br />

Nischenmarkt.<br />

<strong>stereoplay</strong>: Dennoch freuen<br />

Sie sich über die Boom-Zahlen<br />

der LP, nicht wahr?<br />

F. Drücke: Natürlich beflügelt<br />

es die Fantasie, wenn Totgesagte<br />

plötzlich länger leben<br />

und die Platte wieder aktiv am<br />

Musikgeschehen mitmischt.<br />

Allein im letzten Jahr konnte<br />

das Vinyl um 40 Prozent zulegen<br />

– und damit in ähnlicher<br />

Höhe wie die Einnahmen durch<br />

die neuen Streaming-<strong>Die</strong>nste.<br />

<strong>stereoplay</strong>: Könnte diese<br />

überraschende Wachstumsentwicklung<br />

symmetrisch<br />

weiter ansteigen? Wer<strong>den</strong> wir<br />

im Jahre 2051 alle Vinyl-<br />

Hörer sein?<br />

F. Drücke: 2012 haben wir in<br />

Deutschland etwa 93 Millionen<br />

CDs verkauft, während wir bei<br />

<strong>den</strong> Schallplatten erstmals<br />

wieder die 1-Million-Marke<br />

erreicht haben. Es braucht<br />

schon viel Fantasie, sich vorzustellen,<br />

dass sich dieses<br />

Verhältnis wieder umkehren<br />

könnte.<br />

<strong>stereoplay</strong>: Haben Sie selbst<br />

einen Plattenspieler?<br />

F. Drücke: Ich höre Musik<br />

überwiegend von CD oder digital<br />

per Download/Stream.<br />

Aber ich <strong>den</strong>ke auch darüber<br />

nach, mir wieder einen Plattenspieler<br />

zuzulegen; Trends sind<br />

ja auch irgendwie ansteckend.<br />

9/13 <strong>stereoplay</strong>.de 119

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!