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atp edition Gamification in Kollaborationsnetzwerken (Vorschau)

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3 / 2013<br />

55. Jahrgang B3654<br />

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />

Automatisierungstechnische Praxis<br />

<strong>Gamification</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Kollaborationsnetzwerken</strong> | 24<br />

Vernetzte Apps für komplexe<br />

Aufgaben <strong>in</strong> der Industrie | 34<br />

Das Smartphone als<br />

universelles Diagnosegerät | 42<br />

Kontextsensitive<br />

Benutzungsschnittstellen | 50<br />

Smartphones und Tablets <strong>in</strong> der<br />

<strong>in</strong>dustriellen Produktion | 58


Danke!<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist vom Verband Deutsche<br />

Fachpresse als Fachmedium des Jahres<br />

2012 <strong>in</strong> der Kategorie Industrie/Produktion/<br />

Design ausgezeichnet worden. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

ist e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftsleistung aus der<br />

Branche für die Branche. H<strong>in</strong>ter der hochwertigen<br />

Publikation für Automatisierungstechnik<br />

stecken viele kluge Köpfe. Nicht<br />

nur Chefredakteur, Herausgeber und Beiräte<br />

tragen mit ihrem Agenda-Sett<strong>in</strong>g dazu bei,<br />

dass <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> <strong>in</strong> ihrer seit über 50-jährigen<br />

Tradition die maßgeblichen Themen der<br />

Automatisierungstechnik bestimmt. Auch<br />

die Fachredaktion leistet mit e<strong>in</strong>em Peer-<br />

Review-Verfahren für wissenschaftlich<br />

fundierte Veröffentlichungen e<strong>in</strong>en unverzichtbaren<br />

Beitrag. Nicht möglich wäre dies<br />

ohne unsere zahlreichen Fach-Autoren. E<strong>in</strong><br />

großes Dankeschön an alle, die h<strong>in</strong>ter <strong>atp</strong><br />

<strong>edition</strong> stehen und das Fachmagaz<strong>in</strong> zu<br />

e<strong>in</strong>em Erfolg machen – und nicht zuletzt<br />

an Sie, unsere Leser.<br />

Ihre Entscheidung für die hochwertige<br />

Publikation <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> stärkt die Bedeutung<br />

wissenschaftlicher Forschungsarbeiten<br />

<strong>in</strong> der Automatisierungstechnik.


Pr<strong>in</strong>t wirkt<br />

„<strong>atp</strong> <strong>edition</strong>“ ist e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>ttitel auf höchster<br />

Qualitätsstufe und mit Nachhaltigkeit im<br />

S<strong>in</strong>ne wiederkehrender Nutzung. Der Titel<br />

erfüllt den selbstgestellten Anspruch e<strong>in</strong>es<br />

anspruchsvollen und seriösen Magaz<strong>in</strong>s für<br />

Top-Entscheider zwischen Wissenschaft<br />

und Praxis konsequent.<br />

Entsprechend der journalistischen Konzeption<br />

ist Onl<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>tenangestellt. Die Jury<br />

sah hier „die beispielhafte Umsetzung e<strong>in</strong>er<br />

wissenschaftlich ausgerichteten Fachzeitschrift<br />

mit Magaz<strong>in</strong>charakter“.


EDITORIAL<br />

Apps, Smartphones und Tablets<br />

im <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz<br />

Vor nur sechs Jahren stellte Apple das erste Iphone vor, vor drei Jahren das<br />

Ipad. Seither haben sich Smartphones und Tablets mit atemberaubender<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit verbreitet. Der Anteil mobiler Geräte am gesamten Internetdatenverkehr<br />

hat sich <strong>in</strong>nerhalb von nur zwei Jahren verfünffacht und liegt<br />

<strong>in</strong>zwischen bei etwa 13 Prozent. Die Hersteller althergebrachter PCs h<strong>in</strong>gegen<br />

haben große Absatzschwierigkeiten. Amazon verkauft bereits mehr Bücher <strong>in</strong><br />

elektronischer als <strong>in</strong> gedruckter Form. Geme<strong>in</strong>sam mit sozialen Netzwerken<br />

wie Facebook oder Twitter haben mobile Computer <strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit<br />

unseren Alltag sehr stark verändert. Die Art und Weise, wie wir uns koord<strong>in</strong>ieren<br />

oder Informationen mite<strong>in</strong>ander teilen, bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em tiefgreifenden<br />

und raschen Wandel.<br />

Diese fundamentalen Entwicklungen aus dem privaten Umfeld wirken sich<br />

<strong>in</strong> zweierlei H<strong>in</strong>sicht auf die Industrie aus. Zum e<strong>in</strong>em entsteht bei Benutzern<br />

die Erwartungshaltung, dass leistungsfähige Mechanismen, die von privater<br />

Nutzung her bekannt s<strong>in</strong>d, bei ähnlichen Aufgabenstellungen auch im beruflichen<br />

Umfeld verfügbar se<strong>in</strong> sollten. Zum anderen stehen durch die hohen<br />

Stückzahlen und den enormen Wettbewerbsdruck endlich Geräte zu Verfügung,<br />

die sich <strong>in</strong> puncto Gewicht, Preis, Batteriekapazität und Konnektivität<br />

für viele Aufgabenstellungen im <strong>in</strong>dustriellen Umfeld anbieten.<br />

Smartphones und Tablets eignen sich ideal für <strong>in</strong> weitläufigen Fabrikanlagen<br />

typische Aufgaben mit hohem Informations- und Kommunikationsbedarf. Der<br />

Aufenthaltsort der mobilen Mitarbeiter lässt sich <strong>in</strong> der Regel gut lokalisieren.<br />

Somit kann e<strong>in</strong>erseits für jeden Ort maßgeschneiderte Information angeboten<br />

werden, zum anderen ist im System bekannt, wer sich gerade wo aufhält. Den<br />

fasz<strong>in</strong>ierenden neuen Möglichkeiten steht leider auch e<strong>in</strong> hohes Missbrauchspotenzial<br />

entgegen. Sicherheit muss deshalb das wichtigste Designziel<br />

für neue Lösungen im <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz se<strong>in</strong>.<br />

Smartphones und Tablets können als komfortable Bediengeräte für die Inbetriebnahme,<br />

Parametrisierung und Fehlerdiagnose von digitalen Feldgeräten<br />

direkt vor Ort e<strong>in</strong>gesetzt werden. Das so erfolgreiche Konzept der Apps, also<br />

kle<strong>in</strong>er spezialisierter Programme für e<strong>in</strong>en eng umrissenen Aufgabenbereich,<br />

muss für <strong>in</strong>dustrielle Anwendungen erweitert werden. Geeignete Orchestrierung<br />

sorgt dafür, dass Apps Hand <strong>in</strong> Hand mite<strong>in</strong>ander arbeiten können.<br />

Smartphones und Tablets werden den Alltag <strong>in</strong> der Industrie ähnlich stark<br />

verändern, wie sie dies im privaten Bereich bereits getan haben. Das vorliegende<br />

Heft vermittelt e<strong>in</strong>en ersten E<strong>in</strong>druck davon.<br />

DR. MARTIN<br />

HOLLENDER,<br />

Pr<strong>in</strong>cipal Scientist,<br />

ABB Forschungszentrum<br />

Ladenburg<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

3


INHALT 3 / 2013<br />

FORSCHUNG<br />

6 | Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen:<br />

Chemieorganisationen positionieren sich zur Wahl<br />

Computersimulation des menschlichen Gehirns<br />

Fünf Millionen Euro fließen <strong>in</strong> Oldenburger<br />

Forschungszentrum für sicherheitskritische Systeme<br />

7 | Call for Papers für MINT-Forscher<strong>in</strong>nen<br />

VERBAND<br />

8 | ZVEI: Produktion <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

sank im vergangenen Jahr auf Vorkrisenniveau<br />

Klaus Meder wird neuer Vorsitzender<br />

des ZVEI-Steuerkreises Automotive<br />

9 | Johann-Philipp-Reis-Preis für Veröffentlichungen<br />

der Ingenieur- oder Naturwissenschaften ausgelobt<br />

BRANCHE<br />

10 | Der Kongress Automation 2013 hebt ab <strong>in</strong> die Cloud<br />

Internationales Gipfeltreffen zu Smart Grids<br />

Call for <strong>atp</strong> experts – Wireless Communication<br />

11 | AchemAsia rechnet mit steigenden Ausstellerzahlen<br />

Verbände gründen geme<strong>in</strong>same „Plattform Industrie 4.0“<br />

12 | FETS – Flexibles e<strong>in</strong>gebettetes Telemetrie-System zur<br />

Fernwartung <strong>in</strong> mobilen oder stationären Anwendungen<br />

RUBRIKEN<br />

3 | Editorial<br />

66 | Impressum, <strong>Vorschau</strong><br />

4<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


PRAXIS<br />

16 | „Handgefertigt von Masch<strong>in</strong>en“ <strong>in</strong> der<br />

Schweiz – <strong>in</strong>telligente Automation schlägt<br />

Low-Cost-Produktion<br />

18 | RFID-Technik als Zugangsschlüssel <strong>in</strong><br />

explosionsgefährdeter Arbeitsumgebung<br />

verwenden<br />

20 | Britischer Chemiehersteller „erntet“<br />

Energie für dezentrale Sensoren aus<br />

Wärmeunterschieden<br />

22 | Realtime-Prozesskontrolle korrigiert<br />

automatisch die Schneidparameter und<br />

steigert den Output<br />

Produkte,<br />

Systeme<br />

und Service<br />

für die<br />

Prozess<strong>in</strong>dustrie?<br />

Natürlich.<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

24 | <strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />

P. HERZIG UND A. SALMEN<br />

34 | Vernetzte Apps für komplexe<br />

Aufgaben <strong>in</strong> der Industrie<br />

J. PFEFFER, M. GRAUBE, J. ZIEGLER UND L. URBAS<br />

42 | Das Smartphone als<br />

universelles Diagnosegerät<br />

A. FRIEDRICH UND P. GÖHNER<br />

50 | Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen<br />

M. SEISSLER UND K. BREINER<br />

58 | Smartphones und Tablets <strong>in</strong> der<br />

<strong>in</strong>dustriellen Produktion<br />

M. SCHMITT UND D. ZÜHLKE<br />

Der PostionMaster EDP300<br />

überzeugt durch hohe Luftleistung<br />

(50 kg/h bei 10 bar), Diagnosefähigkeit<br />

nach Namur und<br />

Überdruckfestigkeit <strong>in</strong> fast allen<br />

Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen. Mit den<br />

Zulassungen für den Betrieb <strong>in</strong><br />

Ex-Zone 1 und SIL2 ermöglicht<br />

der EDP300 e<strong>in</strong>e hohe Anlagensicherheit.<br />

Durch die mechanische<br />

Stellungsanzeige ist die Erfassung<br />

der Ventilstellung auch ohne Stromversorgung<br />

möglich. Zuverlässiges<br />

Regelverhalten, Flexibilität und<br />

se<strong>in</strong>e kompakte Bauform zeichnen<br />

den EDP300 aus.<br />

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Wussten Sie, dass Ihnen ABB<br />

neben dem umfassenden Portfolio<br />

für die Instrumentierung ebenso<br />

herausragende Produkte und<br />

Lösungen für die Analysentechnik,<br />

maßgeschneiderte Leitsysteme<br />

sowie erstklassigen Service bietet?<br />

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ABB Automation Products GmbH<br />

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Fax: 0800 111 44 22<br />

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FORSCHUNG<br />

Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen:<br />

Chemieorganisationen positionieren sich zur Wahl<br />

Weniger Hemmnisse bei Innovationen und e<strong>in</strong>e stärker<br />

geförderte Lehre und Forschung fordern Chemieorganisationen<br />

anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl.<br />

In e<strong>in</strong>em aktuellen Positionspapier formulieren<br />

der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC),<br />

DIE DEUTSCHE<br />

CHEMIEINDUSTRIE<br />

gilt als Schlüsselbranche<br />

zur<br />

nachhaltigen<br />

Verbesserung<br />

des Lebens.<br />

Bild: Gerd Altmann /<br />

pixelio.de<br />

die Deutsche Bunsen-Gesellschaft für Physikalische<br />

Chemie (DBG), die Gesellschaft für Chemische Technik<br />

und Biotechnologie (Dechema), die Gesellschaft Deutscher<br />

Chemiker (GDCh), die Gesellschaft für Biochemie<br />

und Molekularbiologie (GBM), die Industriegewerkschaft<br />

Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der Verband<br />

angestellter Akademiker und leitender Angestellter der<br />

chemischen Industrie (VAA) und der Verband der Chemischen<br />

Industrie (VCI) Forderungen an die Politik: Um<br />

die Spitzenposition der deutschen Chemie<strong>in</strong>dustrie zu<br />

sichern, solle die qualitäts- und leistungsorientierte Unterstützung<br />

an Hochschulen und anderen Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />

fortgesetzt werden. Außerdem sprechen<br />

sich die Organisationen für e<strong>in</strong>e steuerliche Forschungsförderung<br />

für Unternehmen aus. Ebenso sollte auf eigene,<br />

sogenannte „Nano-Gesetze“ verzichtet werden, die<br />

meist zusätzliche H<strong>in</strong>dernisse bedeuten. (ahü)<br />

DECHEMA E.V.,<br />

Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt/Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 756 40, Internet: www.dechema.de<br />

Computersimulation des menschlichen Gehirns<br />

Zum „europäisches Flagschiff“ ist es geworden, das<br />

„Human Bra<strong>in</strong> Project (HBP)“: Unter Leitung von Neurowissenschaftlern<br />

aus Lausanne geht es darum, das<br />

menschliche Gehirn mit e<strong>in</strong>em Computermodell nachzubauen.<br />

Insgesamt s<strong>in</strong>d Forscher aus neun europäischen<br />

Staaten an der Arbeit beteiligt. Die Erkenntnisse<br />

sollen helfen, Heilmittel gegen Park<strong>in</strong>son und Alzheimer<br />

zu entwickeln. Die EU stellt für das Forschungsprojekt<br />

e<strong>in</strong>e Milliarde Euro zur Verfügung. Zum E<strong>in</strong>satz kommen<br />

Computertechnik, Assistenzsysteme oder ganze<br />

virtuelle Patienten. Beteiligt s<strong>in</strong>d neben den Neurowissenschaftlern,<br />

Genetiker, Informatiker, Robotikexperten<br />

auch Ethiker. Das Projekt gliedert sich <strong>in</strong> zehn Teilbereiche,<br />

e<strong>in</strong>ige davon unter deutscher Führung. So koord<strong>in</strong>iert<br />

die TU München geme<strong>in</strong>sam mit dem An-Insitut<br />

Fortiss den Bereich „Neurobotics Plattform“. (ahü)<br />

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN,<br />

Arcisstraße 21, D-80333 München,<br />

Tel. +49 (0) 89 289 01, Internet: www.tum.de<br />

6<br />

Fünf Millionen Euro fließen <strong>in</strong> Oldenburger<br />

Forschungszentrum für sicherheitskritische Systeme<br />

Die Universität Oldenburg erhält e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres<br />

Forschungszentrum für sicherheitskritische Systeme.<br />

Die Wissenschaftler setzten sich mit ihrem Antrag „Interdiscipl<strong>in</strong>ary<br />

Research Center on Critical Systems Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />

for Socio-Technical Systems“ bei der Ausschreibung<br />

zur „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit niedersächsischer<br />

Hochschulstandorte“, <strong>in</strong>itiiert vom niedersächsischen<br />

Wissenschaftsm<strong>in</strong>isterium und der<br />

Volkswagen-Stiftung, durch.<br />

Aus dem Förderprogramm „Niedersächsisches Vorab“<br />

fließen fünf Millionen Euro <strong>in</strong> das Oldenburger Forschungszentrum.<br />

Neben der Universität Oldenburg s<strong>in</strong>d<br />

das Informatik<strong>in</strong>stitut OFFIS, das Deutsche Zentrum<br />

für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Kompetenzcluster<br />

beteiligt. Sprecher ist der Oldenburger Informatiker<br />

Prof. Dr. Werner Damm. Sicherheitskritische Systeme<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

s<strong>in</strong>d komplexe computerbasierte Systeme, die <strong>in</strong> der Automobil<strong>in</strong>dustrie,<br />

der Luft- und Raumfahrt, der Meerestechnik,<br />

der Automatisierungstechnik, der Ener gieversorgung<br />

und im Gesundheitswesen e<strong>in</strong>gesetzt werden. Die steigende<br />

Vernetzung dieser Systeme und die E<strong>in</strong>beziehung<br />

menschlichen Verhaltens schaffen sogenannte soziotechnische<br />

Systeme, <strong>in</strong> denen Menschen und technische Geräte<br />

geme<strong>in</strong>sam Aufgaben für die Nutzer lösen. Um die E<strong>in</strong>haltung<br />

der geforderten Sicherheitsstandards zu garantieren,<br />

s<strong>in</strong>d neue, <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Ansätze nötig. (ahü)<br />

CARL-VON-OSSIETZKY-UNIVERSITÄT OLDENBURG,<br />

Department für Informatik, Prof. Dr. Werner Damm,<br />

D-26111 Oldenburg, Tel. +49 (0) 441 972 25 00,<br />

E-Mail: werner.damm@uni-oldenburg.de,<br />

Internet: www.<strong>in</strong>formatik.uni-oldenburg.de


Call for Papers für<br />

MINT-Forscher<strong>in</strong>nen<br />

Mit Sicherheit<br />

kompetent<br />

Besuchen Sie uns:<br />

MEORGA · Halle/Saale<br />

20. März 2013<br />

Halle Messe<br />

Stand C6<br />

EIN FORUM FÜR MINT-FORSCHERINNEN bietet<br />

die VDE-Akademie „Mobilität der Zukunft“ vom<br />

9. bis 12. Oktober <strong>in</strong> München. Bild: VDE<br />

Vom 9. bis 12. Oktober 2013 f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> München das<br />

VDE-MINT-Akademie-Fachsymposium statt. Der<br />

Branchentreff richtet sich an Wissenschaftler<strong>in</strong>nen<br />

und Ingenieur<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Unternehmen, an Hochschulen<br />

und Forschungse<strong>in</strong>richtungen, die an Themen<br />

zukünftiger Mobilität arbeiten. Die Akademie umfasst<br />

Plenarveranstaltungen, Themen-Workshops mit Impulsvorträgen<br />

und Podiumsdiskussionen. Bis 17.<br />

April 2013 können Forscher<strong>in</strong>nen Beiträge als Abstract<br />

an Catr<strong>in</strong>a Grella (catr<strong>in</strong>a.grella@vde.com) e<strong>in</strong>reichen.<br />

Die Manuskripte auf Deutsch oder Englisch<br />

sollten technische Ergebnisse zu zukünftiger Mobilität<br />

vorstellen und als Impulsvortrag dienen.<br />

Insbesondere <strong>in</strong>teressieren dabei Aspekte von Zukunftstechnologien<br />

(wie Mikroelektronik, Informatik,<br />

Mechatronik, Masch<strong>in</strong>enbau), von Produkten,<br />

Infrastrukturen, Anwendungen und Diensten sowie<br />

gesellschaftliche Herausforderungen und Entwicklungstrends<br />

(Verbraucherverhalten, Urbanisierung<br />

oder Mobilitätskonzepte, Nutzungskonzepte, Geschäftsmodelle<br />

oder Rahmenbed<strong>in</strong>gungen). Diskutiert<br />

werden dazgehörige IKT-Infrastrukturen, Technologien,<br />

Anwendungen und Dienste, Smart Cities<br />

und Mobilität, Elektromobilität, Nachhaltigkeit oder<br />

mediz<strong>in</strong>ische Herausforderungen<br />

Die Veranstaltung soll e<strong>in</strong>e Plattform zum fachlichen<br />

Austausch sowie zur Karriereplanungen bieten.<br />

Die VDE-MINT-Akademie spricht Frauen mit<br />

langjähriger Berufserfahrung oder <strong>in</strong>ternationale<br />

Teams an. Auch <strong>in</strong>ternationale Wissenschaftler<strong>in</strong>nen,<br />

die <strong>in</strong> ihrem Fachbereich Doktoranden betreuen<br />

sowie Berufse<strong>in</strong>steiger<strong>in</strong>nen oder Nachwuchswissenschaftler<strong>in</strong>nen<br />

kommen für die Teilnahme<br />

an dem Kongress <strong>in</strong> Frage. E<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>derbetreuung<br />

steht ebenfalls zur Verfügung. (ahü)<br />

Mit den Stellventilen Typ 3241 von<br />

SAMSON s<strong>in</strong>d Sie immer auf der<br />

sicheren Seite. Dank ihrer hohen<br />

MTBF brauchen Sie sich um e<strong>in</strong>en<br />

Ausfall nicht zu sorgen.<br />

Noch mehr Sicherheit garantieren die<br />

Stellungsregler der Bauarten 3730 und<br />

3731. Mit ihrem zertifizierten Magnetventil<br />

und dem <strong>in</strong>duktiven Grenzkontakt<br />

führen sie die Sprung antworttests<br />

automatisch durch und dokumentieren<br />

die Ergebnisse.<br />

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Catr<strong>in</strong>a Grella, Tel. +49 (0) 30 38 38 68 24,<br />

E-Mail: catr<strong>in</strong>a.grella@vde.com,<br />

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VERBAND<br />

ZVEI: Produktion <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

sank im vergangenen Jahr auf Vorkrisenniveau<br />

KOMMUNIKATION und damit verbundene Elektrotechnik<br />

erlebt zwar e<strong>in</strong>en Aufschwung, die Industrie jedoch muss<br />

Auftragse<strong>in</strong>bußen h<strong>in</strong>nehmen. Bild: S.Geissler / pixelio.de<br />

Die deutsche Elektro<strong>in</strong>dustrie strauchelt. Im vergangenen<br />

Jahr g<strong>in</strong>gen die Aufträge, laut vorläufigen Schätzungen<br />

des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und<br />

Elektronik<strong>in</strong>dustrie e.V.), um neun Prozent im Vergleich<br />

zum Vorjahr zurück. „Dieser Rückgang ist <strong>in</strong>soweit überzeichnet,<br />

als es 2011 überdurchschnittlich viele <strong>in</strong>ländische<br />

Großaufträge gegeben hatte und 2012 fast ke<strong>in</strong>e“,<br />

sagt Dr. Andreas Gontermann, Chefvolkswirt des ZVEI.<br />

Die <strong>in</strong>ländischen Orders waren vergangenes Jahr um<br />

14 Prozent rückläufig, die ausländischen um drei Prozent.<br />

Die europäischen Aufträge s<strong>in</strong>d 2012 acht Prozent<br />

unter Vorjahresniveau geblieben. Die Zahl der Bestellungen<br />

aus Drittländern blieb gleich. Im vierten Quartal<br />

2012 lagen die Auftragse<strong>in</strong>gänge sieben Prozent unter<br />

Vorjahr. Im Inland betrug der Rückgang elf Prozent, im<br />

Ausland 2,5 Prozent (Eurozone: -7 Prozent, Nicht-Eurozone:<br />

+0,5 Prozent). Ursache: weniger Arbeitstage im<br />

Dezember.<br />

Die Erlöse der deutschen Elektrounternehmen s<strong>in</strong>d<br />

2012 vorläufig um drei Prozent auf 173 Milliarden Euro<br />

gesunken, nach Zuwächsen von neun Prozent im Jahr<br />

2011 und 13 Prozent im Jahr 2010. Die Geschäfte mit<br />

<strong>in</strong>ländischen Kunden verr<strong>in</strong>gerten sich um vier Prozent<br />

auf 91 Milliarden Euro und die mit ausländischen Kunden<br />

um 2,5 Prozent auf 82 Milliarden Euro. Die um<br />

Preiseffekte bere<strong>in</strong>igte Produktion der Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

verr<strong>in</strong>gerte sich um knappe drei Prozent. Laut Erhebungen<br />

des ZVEI lag sie <strong>in</strong>sgesamt so hoch wie im Vor-<br />

Krisenjahr 2008.<br />

Das Geschäftsklima <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

hat sich im Januar 2013 im Plus behauptet. Ihre aktuelle<br />

wirtschaftliche Lage beurteilten Unternehmen leicht<br />

besser als im Dezember 2012. Etwa 83 Prozent der Firmen<br />

bewerten sie als gut oder stabil. Die allgeme<strong>in</strong>en Geschäftserwartungen<br />

für die kommenden sechs Monate<br />

s<strong>in</strong>d im Januar dieses Jahres zwar etwas zurückgegangen,<br />

bef<strong>in</strong>den sich saldiert aber im positiven Bereich.<br />

Rund 88 Prozent der Unternehmen gehen von anziehenden<br />

oder gleich bleibenden Geschäften aus. Die Produktionspläne<br />

der Elektrofirmen waren im Januar erstmals<br />

seit dem Spätsommer 2012 wieder ausgeglichen.<br />

Die Kapazitätsauslastung <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

ist zu Beg<strong>in</strong>n des ersten Quartals 2013 weiter<br />

ger<strong>in</strong>gfügig von 81,8 Prozent auf 81,1 Prozent der betriebsüblichen<br />

Vollauslastung gesunken. „Sie bef<strong>in</strong>det sich<br />

damit aktuell immer noch etwas unter dem langjährigen<br />

Mittelwert von 83 Prozent“, so Dr. Gontermann. (ahü)<br />

ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />

ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />

Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org<br />

8<br />

Klaus Meder wird neuer Vorsitzender<br />

des ZVEI-Steuerkreises Automotive<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

Klaus Meder wurde vom ZVEI-Steuerkreis der Applikationsgruppe<br />

Automotive zum neuen Vorsitzenden gewählt.<br />

Er folgt Peter Gresch, der sich <strong>in</strong> der Applikationsgruppe<br />

nun verstärkt beim Aufbau und der Bearbeitung<br />

von Software-relevanten Themen engagiert.<br />

Der Automotive-Experte Meder studierte <strong>in</strong> Darmstadt<br />

Elektrotechnik und begann se<strong>in</strong>en Berufsweg 1987 bei<br />

Bosch <strong>in</strong> Schwieberd<strong>in</strong>gen. Dort leitete er <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Positionen <strong>in</strong> Deutschland und Japan die Entwicklung<br />

von Steuergeräten unter anderen für elektrische<br />

Lenksysteme, Airbagsteuergeräte und elektrische Bremsregelsysteme.<br />

Zuletzt war er Vorsitzender des Bereichsvorstands<br />

Automotive Electronics bei Bosch. Der scheidende<br />

Vorsitzende Gresch hatte seit 2006 zunächst die<br />

Applikationsgruppe und ab 2011 den Steuerkreis geleitet.<br />

Er förderte den Ausbau der Applikationsgruppe<br />

und deren Arbeitsgruppen,<br />

sowie die Vernetzung<br />

des Steuerkreises <strong>in</strong>nerhalb des<br />

ZVEI und <strong>in</strong> der gesamten Branche.<br />

Se<strong>in</strong> Nachfolger Meder will nun<br />

die zahlreichen Arbeitsergebnisse<br />

<strong>in</strong> den Reihen der Tier-1- und Tier-<br />

KLAUS MEDER<br />

folgt auf Peter<br />

Gresch. Bild: ZVEI<br />

2-Zulieferer, sowie bei den Automobilherstellern noch<br />

stärker zur Geltung br<strong>in</strong>gen.<br />

(ahü)<br />

ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />

ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />

Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org


Johann-Philipp-Reis-Preis für Veröffentlichungen<br />

der Ingenieur- oder Naturwissenschaften ausgelobt<br />

Der Johann-Philipp-Reis-Preis wird <strong>in</strong> diesem Jahr wieder<br />

vergeben. Die mit 10 000 Euro dotierte Forschungsauszeichnung,<br />

die der VDE (Verband der Elektrotechnik<br />

Elektronik Informationstechnik e.V.), die Deutsche Telekom<br />

sowie die Städte Friedrichsdorf und Gelnhausen<br />

geme<strong>in</strong>sam ausloben, geht an Ingenieur- oder Naturwissenschaftler.<br />

Die Bewerber sollten nicht älter als 40 Jahre<br />

se<strong>in</strong> und über e<strong>in</strong>e bedeutende nachrichtentechnische<br />

Neuerung berichtet haben. Von den Forschungsergebnissen<br />

wird erwartet, dass sie die Volkswirtschaft nachhaltig<br />

bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Als Veröffentlichung gelten auch Beiträge <strong>in</strong> wissenschaftlichen<br />

Fachzeitschriften. Dafür genügt die Annahmebestätigung<br />

der Redaktion. Außerdem können Erf<strong>in</strong>dungen<br />

e<strong>in</strong>gereicht werden, die bereits e<strong>in</strong>en positiven<br />

Prüfungsbescheid von der Patentbehörde erhalten hat.<br />

E<strong>in</strong>zelautoren oder Teams mit bis zu drei Personen müssen<br />

ihre Unterlagen bis zum 8. April 2013 bei der Informationstechnischen<br />

Gesellschaft im VDE (VDE|ITG)<br />

e<strong>in</strong>gereicht haben. Die VDE|ITG ist auch verantwortlich<br />

für die Ausschreibung sowie die sachliche Wertung und<br />

Reihung der e<strong>in</strong>gereichten Arbeiten.<br />

Alle vier Stifter des Preises s<strong>in</strong>d mit Johann Philipp<br />

Reis verbunden. Der Erf<strong>in</strong>der Reis wurde 1834 <strong>in</strong> Geln-<br />

hausen geboren, se<strong>in</strong> Telefon entwickelte er als Lehrer<br />

<strong>in</strong> Friedrichsdorf. Generalpostmeister He<strong>in</strong>rich Stephan<br />

erkannte schon früh die Bedeutung des Telefons<br />

und führte es zielstrebig e<strong>in</strong>.<br />

(ahü)<br />

INFORMATIONSTECHNISCHE GESELLSCHAFT<br />

IM VDE (VDE|ITG),<br />

Stresemannallee 15,<br />

D-60596 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 630 83 60,<br />

E-Mail: itg@vde.com,<br />

Internet: www.vde.com/itg<br />

FORSCHUNG S-<br />

ARBEITEN, die<br />

die Volkswirtschaft<br />

nachhaltig bee<strong>in</strong>flussen,<br />

werden<br />

von der ITG gesucht.<br />

Bild: Dr. Klaus-Uwe<br />

Gerhardt / pixelio.de<br />

Feldbusunabhängig<br />

<strong>in</strong> den Ex-Bereich!<br />

Das WAGO-I/O-SYSTEM 750 – Your <strong>in</strong>telligent<br />

l<strong>in</strong>k between field and control system<br />

Kompakt, flexibel & modular:<br />

• Kle<strong>in</strong>ste, feldbusunabhängige Steuerung (SPS)<br />

• Programmierbar gemäß IEC 61131-3<br />

• Über 400 verschiedene I/O-Module<br />

• Standard-I/O- und Ex-i-Module komb<strong>in</strong>ierbar<br />

• E<strong>in</strong>speisungen verschiedener Potentiale <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Knoten<br />

• Unterstützung der Fernwirkprotokolle IEC 60870 und IEC 61850<br />

Ausgelegt für den Ex-Bereich:<br />

• Zugelassen für den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Zone 2/22<br />

• Ex-i-I/O-Module zum Anschluss eigensicherer Sensorik/Aktorik<br />

• Zertifiziert gemäß ATEX, IECEx, UL ANSI/ISA 12.12.01, UL508,<br />

Schiffbau, GOST-R, etc.<br />

CAGE CLAMP ® -Technologie:<br />

• Gasdichte Federklemmverb<strong>in</strong>dung<br />

• Vibrationsfest und wartungsfrei<br />

• Hohe Anlagenverfügbarkeit und -zuverlässigkeit<br />

www.wago.com/ex


BRANCHE<br />

Der Kongress Automation 2013 hebt ab <strong>in</strong> die Cloud<br />

Mit dem Motto „Automation (<strong>in</strong> the) cloud“ greift der<br />

Kongress Automation 2013 die bevorstehende Nutzung<br />

globaler Netze für automatisierungstechnische Anwendungen<br />

ebenso auf wie die zunehmende lokale Vernetzung<br />

von Komponenten und Softwarewerkzeugen. Die Tagung<br />

am 25. und 26. Juni 2013 <strong>in</strong> Baden-Baden will dazu anregen,<br />

Chancen, Herausforderungen und Risiken dieser offenen<br />

Kommunikation der Automatisierungssys teme über die<br />

klassischen Anlagengrenzen h<strong>in</strong>weg zu diskutieren. Denn<br />

mit der Automation Cloud bieten sich neue Konzepte und<br />

Geschäftsmodelle, betont die VDI/VDE-Gesellschaft Messund<br />

Automatisierungstechnik (GMA) als Veranstalter<strong>in</strong>.<br />

Das reicht von der Verlagerung von Diensten <strong>in</strong> die „cloud“<br />

bis h<strong>in</strong> zu offenen, vernetzten Systemen der Automation.<br />

Der Kongress soll mit e<strong>in</strong>em Blick <strong>in</strong> die Zukunft zeigen,<br />

wie IT-Technologien die Automation von morgen noch effizienter<br />

und flexibler machen. In diesem S<strong>in</strong>ne solle der<br />

Kongress zugleich etwas Licht <strong>in</strong> die vielschichtige Automation<br />

Cloud br<strong>in</strong>gen, betonen die Kongressleiter Dr.-Ing.<br />

Peter Adolphs (Pepperl+Fuchs), Prof. Dr.-Ing. Ulrich Jumar<br />

(ifak e.V.) und Dr.-Ing. Wilhelm Otten (Evonik Industries).<br />

Wie <strong>in</strong> den Vorjahren ordnen sich die Beiträge auch beim<br />

14. Automations-Kongress entlang des Lebenszyklus von<br />

Lösungen der Automation vom Geräte- und Systementwurf,<br />

über den Betrieb automatisierter Anlagen bis zu Wartung<br />

und Diagnose an. Diese Struktur soll den branchenübergreifenden<br />

Dialog befördern. Weitere Informationen s<strong>in</strong>d<br />

zu f<strong>in</strong>den unter www.automatisierungskongress.de. (gz)<br />

VDI/VDE-GESELLSCHAFT MESS- UND<br />

AUTOMATISIERUNGSTECHNIK (GMA)<br />

VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,<br />

VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,<br />

Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de<br />

Internationales Gipfeltreffen zu Smart Grids<br />

Smart Grids zählen weltweit zu den wichtigsten Zukunftsthemen<br />

auch für die Automatisierungstechnik. Vor diesem<br />

H<strong>in</strong>tergrund treffen sich am 24. und 25. September 2013<br />

<strong>in</strong>ternationale Experten zum „World Smart Grid Forum<br />

2013“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, das von der IEC, der State Grid Corporation<br />

of Ch<strong>in</strong>a (SGCC) und dem VDE (Verband der Elektrotechnik<br />

Elektronik Informationstechnik e.V) organisiert wird. Werden<br />

„<strong>in</strong>telligente Stromnetze“ hierzulande vor allem im<br />

Kontext der Energiewende diskutiert, so stehen andernorts<br />

Aspekte wie Versorgungssicherheit, Energieeffizienz oder<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Systemsicht im Vordergrund. Trotz aller<br />

Unterschiede gibt es jedoch e<strong>in</strong> global geme<strong>in</strong>sames Interesse<br />

an der kommunikativen Vernetzung und Steuerung von<br />

Stromerzeugern, Speichern, Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln<br />

<strong>in</strong> zuverlässigen, <strong>in</strong>telligenten Netzen.<br />

Zu den Spitzenmanagern und -experten der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Smart-Grid-Szene, die beim World-Smart-Grid-<br />

Forum vertreten se<strong>in</strong> werden, zählen unter anderem Prof.<br />

Dr.-Ing. Klaus Wucherer, Präsident der Internationalen<br />

Elektrotechnischen Kommission (IEC), Liu Zhenya, Präsident<br />

und CEO der State Grid Corporation of Ch<strong>in</strong>a<br />

(SGCC), sowie VDE-Präsident Dr.-Ing. Joachim Schneider.<br />

Neben der Bewertung technischer, regulatorischer<br />

und wirtschaftlicher Fortschritte und der Ermittlung<br />

des Handlungsbedarfs stehen <strong>in</strong>sbesondere die Zukunftspfade<br />

für robuste und sichere Smart Grids, Smart<br />

Communities und Smart Cities auf der Tagesordnung.<br />

Weitere Informationen zum Kongress s<strong>in</strong>d zu f<strong>in</strong>den<br />

unter www.worldsmartgridforum2013.org. (gz)<br />

VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK<br />

INFORMATIONSTECHNIK E.V.,<br />

Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com<br />

Call for <strong>atp</strong> experts – Wireless Communication<br />

AUSGABE 55 (9) DER ATP EDITION im September<br />

2013 diskutiert aktuelle Aspekte<br />

drahtloser Kommunikation <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dustriellen<br />

Automatisierung. Die Themenpalette<br />

reicht von normativen Bestimmungen, Interoperabilität<br />

und Koexistenzmanagement von<br />

Funklösungen über Aspekte der funktionalen<br />

Sicherheit und der Datensicherheit bis h<strong>in</strong> zu<br />

<strong>in</strong>dustrietauglichen Energie-Harvest<strong>in</strong>g- und<br />

Management-Konzepten. Ebenso s<strong>in</strong>d Beiträge<br />

über Messverfahren oder die Leistungsbewertung<br />

für <strong>in</strong>dustrielle E<strong>in</strong>satzumgebungen<br />

willkommen. Wir bitten Sie, bis zum<br />

1. Mai 2013 zu diesem Themenschwerpunkt<br />

e<strong>in</strong>en gemäß der Autorenrichtl<strong>in</strong>ien der <strong>atp</strong><br />

<strong>edition</strong> ausgearbeiteten Hauptbeitrag an den<br />

Chefredakteur der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>, Prof. Leon Urbas,<br />

unter urbas@di-verlag.de e<strong>in</strong>zureichen.<br />

Die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist die hochwertige Monatspublikation<br />

für Fach- und Führungskräfte<br />

der Automatisierungsbranche. In den<br />

Hauptbeiträgen werden Themen mit hohem<br />

wissenschaftlichem und technischem Anspruch<br />

vergleichsweise abstrakt dargestellt.<br />

Der Journalteil stellt praxisnahe Erfahrungen<br />

von Anwendern mit neuen Technologien,<br />

Prozessen oder Produkten der<br />

Automatisierungstechnik vor. Alle Beiträge<br />

werden von e<strong>in</strong>em Fachgremium aus Automatisierungsexperten<br />

begutachtet. Sollten<br />

Sie sich selbst aktiv an dem Begutachtungsprozess<br />

beteiligen wollen, bitten wir um<br />

kurze Rückmeldung. Für weitere Rückfragen<br />

stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.<br />

Ihre Redaktion der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>:<br />

Leon Urbas, Anne Hütter<br />

CALL FOR<br />

Aufruf zur Beitragse<strong>in</strong>reichung<br />

Thema: Wireless Communication<br />

Kontakt: urbas@di-verlag.de<br />

Term<strong>in</strong>: 1. Mai 2013<br />

10<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Achem Asia rechnet mit steigenden Ausstellerzahlen<br />

Schon zwei Monate vor dem Start am 13. Mai 2013 erwarten<br />

die Organisatoren der Achem Asia leicht wachsende<br />

Ausstellerzahlen. Veranstaltet wird die Messe <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g von<br />

der Dechema <strong>in</strong> Kooperation mit ch<strong>in</strong>esischen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

Partnern. Die neue Kongressstruktur mit Satellitensymposien,<br />

die <strong>in</strong> enger Abstimmung mit ch<strong>in</strong>esischen<br />

und <strong>in</strong>ternationalen Partnern gestaltet werden, stößt ebenfalls<br />

auf positive Resonanz,wie die Dechema meldet.<br />

Die Organisatoren machen für das große Aussteller<strong>in</strong>teresse<br />

vor allem die aktuelle Wirtschaftslage <strong>in</strong> Europa und<br />

das anhaltende Wachstum <strong>in</strong> Asien verantwortlich. „Außerdem<br />

ergeben sich <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a durch die Umstrukturierung<br />

der Wirtschaft und die Vorgaben des Fünfjahresplans <strong>in</strong>teressante<br />

Möglichkeiten“, erläutert Dr. Thomas Scheur<strong>in</strong>g,<br />

Geschäftsführer der Dechema Ausstellungs-GmbH.<br />

Die Achem Asia gilt als <strong>in</strong>ternationalste Veranstaltung für<br />

die Prozess<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Asien. Als wichtiger Treffpunkt für<br />

ch<strong>in</strong>esische und ausländische Anbieter und Interessenten<br />

zieht sie mehr als 400 Aussteller aus über 20 Ländern und<br />

mehr als 12 000 Besucher an. Das Ausstellungsprogramm<br />

umfasst die gesamte Bandbreite von der Labor- und Analysentechnik<br />

bis zum Anlagenbau und deckt alle Branchen<br />

von der Lebensmittel<strong>in</strong>dustrie, der pharmazeutischen Produktion<br />

bis h<strong>in</strong> zu Petrochemie ab.<br />

Das begleitende Kongressprogramm widmet sich <strong>in</strong> diesem<br />

Jahr den Schwerpunkten Fügetechnik im Anlagenbau,<br />

Alternativen zum Erdöl, Umweltschutz, Abwasser-<br />

behandlung, Prozessanalytik und der chemischen Trenntechnik.<br />

Geme<strong>in</strong>sam mit Partnern werden dazu kompakte<br />

Satellitensymposien organisiert. Durch die unmittelbare<br />

Nähe von Kongress und Ausstellung <strong>in</strong> den modernen<br />

Räumlichkeiten des Ch<strong>in</strong>a National Convention Center <strong>in</strong><br />

Beij<strong>in</strong>g ist der fruchtbare Austausch zwischen Wissenschaft<br />

und Anwendung gewährleistet. Weitere Informationen<br />

s<strong>in</strong>d zu f<strong>in</strong>den unter www.achemasia.de. (gz)<br />

DECHEMA GESELLSCHAFT FÜR CHEMISCHE TECHNIK<br />

UND BIOTECHNOLOGIE E.V.,<br />

Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 756 40, Internet: www.dechema.de<br />

KONGRESS UND<br />

AUSSTELLUNG, hier<br />

e<strong>in</strong> Bild von der Messe<br />

2010 f<strong>in</strong>den bei der<br />

AchemAsia <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g,<br />

<strong>in</strong> großer räumlicher<br />

Nähe zue<strong>in</strong>ander statt.<br />

Bild: Dechema<br />

Verbände gründen geme<strong>in</strong>same „Plattform Industrie 4.0“<br />

Die Branchenverbände Bitkom, VDMA und ZVEI wollen<br />

das Thema Industrie 4.0 voranbr<strong>in</strong>gen und gründen<br />

dafür e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Geschäftsstelle. Die „Plattform<br />

Industrie 4.0“ soll im April 2013 <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />

ihren operativen Betrieb aufnehmen. Im Internet wird e<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>sames Informationsportal e<strong>in</strong>gerichtet. Hauptziel<br />

ist die Entwicklung von Technologien, Standards, Geschäfts-<br />

und Organisationsmodellen und ihre praktische<br />

Umsetzung. Industrie 4.0 hat nach Ansicht der drei Verbände<br />

e<strong>in</strong>e herausragende Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der deutschen Industrie. Der Begriff steht für<br />

e<strong>in</strong>e vernetzte, oft per Internet über Unternehmensgrenzen<br />

h<strong>in</strong>weg verbundene <strong>in</strong>dustrielle Produktion.<br />

Die Präsidenten der drei Verbände Prof. Dieter Kempf<br />

(Bitkom), Dr. Thomas L<strong>in</strong>dner (VDMA) und Friedhelm<br />

Loh (ZVEI) betonen, die nächste <strong>in</strong>dustrielle Revolution<br />

werde durch das Internet geprägt se<strong>in</strong> und zu e<strong>in</strong>er engen<br />

Verzahnung von ITK-, Automatisierungs- und Produktionstechnologien<br />

führen. Deutschland habe beste Voraussetzungen,<br />

um im Feld dieser Industrie 4.0 e<strong>in</strong>e Führungsrolle<br />

e<strong>in</strong>zunehmen. Deutschland, so e<strong>in</strong> Ziel der<br />

Initiative der drei Verbände, solle zum Leitmarkt und<br />

Leitanbieter <strong>in</strong>novativer <strong>in</strong>ternetbasierter Produktionstechnologien<br />

werden.<br />

Die geme<strong>in</strong>same Geschäftsstelle wird die Arbeit des<br />

Arbeitskreises „Industrie 4.0“ der Forschungsunion fortsetzen.<br />

Dort haben im vergangenen Jahr Experten aus<br />

Wirtschaft und Wissenschaft Empfehlungen erarbeitet,<br />

wie Deutschland die vierte <strong>in</strong>dustrielle Revolution gestalten<br />

und als Gew<strong>in</strong>ner aus ihr hervorgehen kann. Die ge-<br />

INDUSTRIE 4.0:<br />

Vielmehr als heu t-<br />

zutage werden mit<br />

dem Internet über<br />

Unternehmensgrenzen<br />

h<strong>in</strong>weg<br />

verbundene<br />

Produktionsprozesse<br />

E<strong>in</strong>zug halten.<br />

Bild: VDMA<br />

me<strong>in</strong>same Plattform wird neben der Geschäftsstelle aus<br />

e<strong>in</strong>em Lenkungskreis, e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen Beirat<br />

und mehreren thematischen Arbeitsgruppen bestehen. In<br />

den Arbeitsgruppen können sich weitere Verbände und<br />

Organisationen beteiligen. Dem Lenkungskreis werden<br />

Mitgliedsunternehmen der drei Verbände angehören.<br />

„Wir wollen die zentrale Anlaufstelle für das Zukunftsthema<br />

Industrie 4.0 werden und dafür alle relevanten<br />

Akteure aktiv e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den und koord<strong>in</strong>ieren“, sagt Ra<strong>in</strong>er<br />

Glatz, VDMA, Leiter der Geschäftsstelle.<br />

(gz)<br />

ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />

ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />

Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

11


BRANCHE<br />

FETS – Flexibles e<strong>in</strong>gebettetes Telemetrie-System zur<br />

Fernwartung <strong>in</strong> mobilen oder stationären Anwendungen<br />

Technologie realisiert die Überwachung und Diagnose mobiler und stationärer Systeme<br />

BILD 1: Struktur der FETS-Technologie<br />

Die Fernwartungstechnologie FETS wurde von Forschern<br />

des Fraunhofer-Institutsteils Angewandte<br />

Systemtechnik (AST) des Fraunhofer Instituts für Optronik,<br />

Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) als<br />

e<strong>in</strong>e Möglichkeit entwickelt, zeitkritische Kommandoabfolgen<br />

mit latenzbehafteter Drahtloskommunikation<br />

zu komb<strong>in</strong>ieren. Die Abkürzung FETS steht für flexibles<br />

e<strong>in</strong>gebettetes Telemetrie-System. Im Folgenden wird das<br />

Zusammenwirken der E<strong>in</strong>zelkomponenten, bestehend<br />

aus e<strong>in</strong>em mikrocontrollerbasierten Modul, e<strong>in</strong>em Fernwartungsserver,<br />

der Software für die Wartung des Systems<br />

und e<strong>in</strong>er Weboberfläche zur Darstellung von Informationen<br />

beschrieben. FETS kann für mobile sowie<br />

stationäre Systeme verwendet werden.<br />

FETS FLEXIBEL ALS BAUKASTENSYSTEM KONZIPIERT<br />

In der modernen Automatisierungs- oder Fahrzeugtechnik<br />

kommen digitale Steuerungssysteme immer<br />

öfter zum E<strong>in</strong>satz. Im Bereich der mobilen Systeme<br />

werden meist CAN-basierte Systeme e<strong>in</strong>gesetzt, bei<br />

denen strikte Timeouts e<strong>in</strong>zuhalten s<strong>in</strong>d. Hierbei werden<br />

e<strong>in</strong>zelne Module über den Systembus parametriert.<br />

Diese Möglichkeit und die steigende Anzahl der Parameter<br />

dieser E<strong>in</strong>zelmodule machen die Fernwartung<br />

für mobile als auch stationäre Systeme zunehmend<br />

<strong>in</strong>teressant.<br />

Infolge verschiedener Möglichkeiten der Datenübertragung<br />

<strong>in</strong> den jeweiligen E<strong>in</strong>satzgebieten s<strong>in</strong>d abweichende<br />

Latenzzeiten zu berücksichtigen. Dabei muss die<br />

Sicherheit des Nutzersystems gewährleistet se<strong>in</strong>. Forscher<br />

des Fraunhofer-Institutsteils Angewandte Systemtechnik<br />

(AST) <strong>in</strong> Ilmenau entwickelten dafür die Fernwartungstechnologie<br />

FETS.<br />

Die Technologie wird bereits bei verschiedenen Systemen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Verwendung f<strong>in</strong>det sie als Fernwartungs-<br />

und -diagnosetool bei hochwertigen Elektrorollstühlen<br />

oder als Flottenmanagementsystem für den<br />

Verleih von Pedelecs. Zudem wird sie für Forschungszwecke<br />

zur Anb<strong>in</strong>dung von Photovoltaik-Anlagen an<br />

zentrale Diagnose- und Steuerungssysteme verwendet.<br />

Die vielfältigen Verwendungszwecke erfordern e<strong>in</strong>e<br />

Technologie, die flexibel und mit m<strong>in</strong>imalem Aufwand<br />

an unterschiedliche Nutzersysteme adaptiert werden<br />

kann. Um dies zu gewährleisten, wurde FETS als Baukastensystem<br />

konzipiert. Die Nutzung verschiedener<br />

Controllersysteme, die Möglichkeiten der drahtlosen<br />

oder drahtgebundenen Kommunikation und die Nutzung<br />

unterschiedlicher Schnittstellen, wie zum Beispiel<br />

CAN, LAN oder RS485 ermöglichen zeitnah e<strong>in</strong>e ressourcen-<br />

und kosteneffektive Anb<strong>in</strong>dung an verschiedene<br />

Nutzersysteme.<br />

KOMPONENTENBASIERTE STRUKTUR<br />

Das Fernwartungssystem arbeitet auf Basis e<strong>in</strong>er Server-<br />

Client-Struktur. Jede System-Komponente meldet sich<br />

an e<strong>in</strong>em zentralen Server an (Bild 1). Die Zentrale des<br />

12<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


BILD 2: Interruptstruktur des Taskmanagements<br />

beim Renesas M16C<br />

BILD 3: Parametrier- und Diagnosesoftware für Elektrorollstühle<br />

Systems ist e<strong>in</strong>e Serveranwendung mit <strong>in</strong>tegrierter Datenbank.<br />

Dieser Fernwartungsserver dient als oberste<br />

Verwaltungs<strong>in</strong>stanz zur Authentifizierung der angemeldeten<br />

Nutzer und zur Verwaltung der e<strong>in</strong>zelnen Fernwartungsmodule.<br />

Die zweite Komponente ist das Fernwartungsmodul,<br />

das mit dem Nutzersystem verbunden ist und mit diesem<br />

den zeitkritischen Datenaustausch realisiert. Zusätzlich<br />

ermöglicht die Drahtlosverb<strong>in</strong>dung die Kommunikation<br />

zum Fernwartungsserver.<br />

Die dritte Komponente ist die Fernwartungs-Software.<br />

Sie stellt die Datenverb<strong>in</strong>dung über den Server zum Fernwartungsmodul<br />

her. Dies ermöglicht die Übertragung<br />

von Messwerten und Parametern des Nutzersystems zur<br />

Wartungssoftware sowie die Anzeige dieser Daten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er nutzerspezifischen Weboberfläche.<br />

ZEITKRITISCHE KOMMUNIKATION ZUM NUTZERSYSTEM<br />

Die Firmware des Fernwartungsmoduls muss auf die<br />

Abarbeitung der zeitkritischen Kommandoabfolgen optimiert<br />

werden. Bei E-Rollstuhlsystemen können solche<br />

Komandoabfolgen aus mehreren 10 000 CAN-Nachrichten<br />

bestehen. Hierbei dürfen ke<strong>in</strong>e Datenpakete bei der<br />

Übertragung verloren gehen, was zum Beispiel durch<br />

begrenzte Hardwareressourcen passieren kann. Zur Lösung<br />

dieses Problems ist e<strong>in</strong> striktes Tim<strong>in</strong>g im Fernwartungsmodul<br />

von enormer Bedeutung. Die Gestaltung des<br />

Tim<strong>in</strong>gs ist sehr stark von den Ressourcen der Hardware<br />

und den laufenden Prozessen abhängig. In der Fernwartungstechnologie<br />

wird hierfür e<strong>in</strong> „ereignisgesteuertes<br />

Multitask<strong>in</strong>gsystem“ mit Taskprioritäts-Prozesszuweisung<br />

genutzt. Es stellt e<strong>in</strong>e Mischform aus kooperativem und<br />

präemptivem Multitask<strong>in</strong>g dar und komb<strong>in</strong>iert die Vorteile<br />

von beiden. Dazu werden verschachtelte Interrupts verwendet.<br />

Es handelt sich um Strukturen <strong>in</strong> Mikrocontrollern,<br />

bei denen Interrupts von anderen mit höherer Priorität<br />

unterbrochen werden können. In Bild 2 ist e<strong>in</strong>e solche<br />

Prioritätszuweisung der e<strong>in</strong>zelnen Interrupts am Beispiel<br />

des Mikrocontrollers M16C zu sehen. Die Zuweisung der<br />

Taskprozesse auf unterschiedliche Interruptlevel ist<br />

auch von den unterschiedlichen Mikrocontrollern abhängig.<br />

Für FETS wurden diese Strukturen für Controller<br />

unterschiedlicher Leistungsklassen entwickelt.<br />

INDIVIDUELLE GESTALTUNG DER WARTUNGSSOFTWARE<br />

Die Software für die Fernwartung und -diagnose dient<br />

zur Parametrierung des Nutzersystems sowie zur Anzeige<br />

dessen Parameter und Messwerte. Sie kann <strong>in</strong>dividuell<br />

an die Anforderungen des Nutzers angepasst werden.<br />

Hierbei kann auf bereits vorhandene Komponenten zurückgegriffen<br />

werden. Außerdem kann die entsprechende<br />

Schnittstelle dem Anwender zur Verfügung gestellt<br />

werden, sodass er die Fernwartungssoftware <strong>in</strong> se<strong>in</strong> eigenes<br />

System <strong>in</strong>tegrieren kann.<br />

Am Beispiel e<strong>in</strong>es Fernwartungs- und Flottenmanagementsystems<br />

für moderne Elektrorollstühle wird e<strong>in</strong>e<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

13


BRANCHE<br />

mögliche Variante vorgestellt (Bild 3). Diese modernen<br />

Rollstühle werden weltweit erfolgreich e<strong>in</strong>gesetzt. Deren<br />

Nutzer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel permanent auf sie angewiesen.<br />

Die modernen Elektrorollstuhlsysteme besitzen abhängig<br />

von der Ausstattung für Spezialfunktionen rund 2000<br />

unterschiedliche Parameter- und Messwerte. Der Vorteil<br />

der Fernwartung liegt bei solch e<strong>in</strong>em System dar<strong>in</strong>, dass<br />

diese Werte, etwa für spezielle Parametrierungen, beim<br />

Anwender verbleiben können. Die Software ermöglicht<br />

das Auslesen der gesamten Fehlerhistorie. Komplette<br />

Datensätze können gesichert sowie neue <strong>in</strong> die Systemmodule<br />

geladen werden.<br />

Betriebe, die Rollstühle beziehungsweise Pedelecs<br />

verleihen oder pflegende Betreuer von gehandicapten<br />

Personen können zusätzlich e<strong>in</strong>e Weboberfläche nutzen,<br />

um Notfallsituationen zu erkennen und zu lokalisieren.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs unterliegt die Anwendung den<br />

Datenschutzbestimmungen. Außerdem zeigt die Visualisierung<br />

aktuelle Systemdaten, wie etwa Akkuzustand<br />

oder Fehlermeldungen, an.<br />

FAZIT UND AUSBLICK<br />

Die beschriebene Fernwartungstechnologie FETS ist<br />

flexibel e<strong>in</strong>setzbar und ermöglicht Wartungs- und Diagnosearbeiten<br />

von e<strong>in</strong>er Servicezentrale aus. Mit diesem<br />

System wurde am Fraunhofer-AST e<strong>in</strong>e Technologie zur<br />

Realisierung der Fernwartung für mobile und stationäre<br />

Systeme, aufbauend auf dem Baukastenpr<strong>in</strong>zip, entwickelt.<br />

Sie ermöglicht die ressourcen- und kosteneffektive<br />

Anb<strong>in</strong>dung an verschiedene Nutzersysteme sowie<br />

e<strong>in</strong>e Adaption an unterschiedliche Schnittstellen. Die<br />

Wartungssoftware kann <strong>in</strong>dividuell an die Nutzeranforderungen<br />

angepasst werden, wobei auf bereits bestehende<br />

Komponenten zurückgegriffen werden kann.<br />

In der Weiterentwicklung wird verstärkt der Sicherheitsaspekt<br />

der Daten<strong>in</strong>tegrität bei der Kommunikation<br />

zwischen Fernwartungsmodul und Server untersucht.<br />

Hierfür ist die Implementierung von Verschlüsselungsalgorithmen<br />

bei der Datenübertragung vorgesehen. Zusätzlich<br />

sollen Verfahren zur Serveridentifizierung <strong>in</strong>tegriert<br />

werden.<br />

AUTOREN<br />

Dipl.-Ing. FRANK WEICHERT ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Fraunhofer-<br />

Instituts teil Angewandte Systemtechnik des<br />

Instituts für Optronik, Systemtechnik und<br />

Bildauswertung (IOSB). Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse<br />

s<strong>in</strong>d die Entwicklung von Hard- und Software<br />

für E<strong>in</strong>gebettete Systeme <strong>in</strong> den Bereichen der<br />

Assistenzsysteme für Elektrorollstühle und<br />

Fernwartungstechnologie.<br />

Fraunhofer – Angewandte Systemtechnik,<br />

Am Vogelherd 50, D-98693 Ilmenau,<br />

Tel. +49 (0) 3677 46 11 45,<br />

E-Mail: frank.weichert@iosb-ast.fraunhofer.de<br />

Dipl.-Ing. ANDRÉ WEISKOPF ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Fraunhofer-Instituts teil<br />

Angewandte Systemtechnik des Instituts für<br />

Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung<br />

(IOSB). Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse s<strong>in</strong>d die Entwicklung<br />

von Hard- und Software für E<strong>in</strong>gebettete<br />

Systeme <strong>in</strong> den Bereichen der Fernwartungstechnologie<br />

und mobile Roboter.<br />

Fraunhofer – Angewandte Systemtechnik,<br />

Am Vogelherd 50, D-98693 Ilmenau,<br />

Tel. +49 (0) 3677 46 11 79,<br />

E-Mail: andre.weiskopf@iosb-ast.fraunhofer.de<br />

Prof. Dr.-Ing. ANDREAS WENZEL leitet die Gruppe<br />

„E<strong>in</strong>gebettete Systeme“ am Fraunhofer-Institutsteil<br />

Angewandte Systemtechnik des Instituts für<br />

Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung<br />

(IOSB). 2012 wurde er zum Professor für E<strong>in</strong>gebettete<br />

Systeme an der Fachhochschule Schmalkalden<br />

berufen. Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse s<strong>in</strong>d die Entwicklung<br />

von Hard- und Software für E<strong>in</strong>gebettete<br />

Systeme <strong>in</strong> den Bereichen Assistenzsysteme und<br />

mobile Roboter.<br />

Fraunhofer – Angewandte Systemtechnik,<br />

Am Vogelherd 50, D-98693 Ilmenau,<br />

Tel. +49 (0) 3677 46 11 44,<br />

E-Mail: andreas.wenzel@iosb-ast.fraunhofer.de<br />

M. Sc. NORBERT FRÄNZEL arbeitet als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der TU Ilmenau im Fachgebiet<br />

Systemanalyse. Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse s<strong>in</strong>d die<br />

Entwicklung von Hard- und Software für E<strong>in</strong>gebettete<br />

Systeme <strong>in</strong> den Bereichen der Mediz<strong>in</strong>technik<br />

und Assistenzsysteme.<br />

TU Ilmenau,<br />

Fakultät IA, FG Systemanalyse,<br />

Helmholtzplatz 5, D-98684 Ilmenau,<br />

Tel. +49 (0) 3677 69 14 16,<br />

E-Mail: norbert.fraenzel@tu-ilmenau.de<br />

14<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Die Referenzklasse für die<br />

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des 10. Fachkolloquiums für angewandte Automatisierungstechnik<br />

<strong>in</strong> Lehre und Entwicklung an Fachhochschulen. Die Veranstaltung<br />

versteht sich als Forum für Fachleute der Automatisierungstechnik<br />

aus Hochschulen und Wirtschaft.<br />

1. Auflage 2013, 350 Seiten, Broschur<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München<br />

Wissen für die<br />

Zukunft<br />

Vorteilsanforderung per Fax: +49 Deutscher 931 Industrieverlag / 4170-494 GmbH | Arnulfstr. oder 124 abtrennen | 80636 München und im Fensterumschlag e<strong>in</strong>senden<br />

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als Heft für € 468,- zzgl. Versand (Deutschland: € 30,- / Ausland: € 35,-).<br />

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Nur wenn ich nicht bis 8 Wochen vor Bezugsjahresende kündige, verlängert sich der Bezug um e<strong>in</strong><br />

Jahr. Die sichere, pünktliche und bequeme Bezahlung per Bankabbuchung wird mit e<strong>in</strong>er Gutschrift<br />

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vom DIV Deutscher Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über <strong>in</strong>teressante, fachspezifische Medien und Informationsangebote <strong>in</strong>formiert und beworben werde.<br />

Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.


PRAXIS<br />

„Handgefertigt von Masch<strong>in</strong>en“ <strong>in</strong> der Schweiz –<br />

<strong>in</strong>telligente Automation schlägt Low-Cost-Produktion<br />

BMC holt Produktion aus Ch<strong>in</strong>a zurück – Roboter stellen Carbonrohre für Hightech-Rennräder her<br />

Konsequentes Automatisieren eröffnet oft bessere Wettbewerbschancen<br />

als das Auslagern ganzer Fertigungsl<strong>in</strong>ien<br />

<strong>in</strong> Billiglohnländer. Dem Schweizer Fahrradhersteller<br />

BMC gelang es so, die Fertigung se<strong>in</strong>es<br />

Hightech-Produktes erfolgreich aus Ch<strong>in</strong>a zurück <strong>in</strong> die<br />

Schweiz zu holen und dabei wertvolles Know-how im<br />

Hause zu behalten. Die Herstellung der Carbonrohre für<br />

den Rahmen erfolgt nicht mehr manuell, sondern robotergestützt.<br />

Asic Robotics AG konzipierte und realisierte<br />

die Automatisierung und Verkettung der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Prozesse mit <strong>in</strong>sgesamt fünf ABB-Robotern.<br />

Andy Rihs, Geschäftsführer bei BMC, setzt Investitionsschwerpunkte<br />

<strong>in</strong> Entwicklung, Design und Market<strong>in</strong>g.<br />

Die Fertigung der Carbonrahmen für Rennräder<br />

holte BMC aus Ch<strong>in</strong>a zurück, denn das Risiko von<br />

Know-how-Verlusten sowie Qualitätsprobleme wirkten<br />

nachteilig. Mängel resultierten ausschließlich aus der<br />

manuellen Fertigung: Exakte Reproduzierbarkeit und<br />

hohe Präzision s<strong>in</strong>d mit den Arbeitsmethoden des Manufakturzeitalters<br />

kaum zu realisieren. Wenn für e<strong>in</strong><br />

Carbonrohr verschiedene harzgetränkte Kohlefasermatten<br />

<strong>in</strong> Formen e<strong>in</strong>zulegen und zu lam<strong>in</strong>ieren s<strong>in</strong>d, führen<br />

schon ger<strong>in</strong>ge Lageabweichungen zu E<strong>in</strong>bußen bei<br />

Festigkeit und Sicherheit. Auch alle manuell ausgeführten<br />

Folgeschritte vom Zuschneiden und Verkleben der<br />

Rohre über das Schleifen des Rahmens bis h<strong>in</strong> zum<br />

Lackieren s<strong>in</strong>d potenzielle Fehlerquellen und zudem<br />

zeitaufwendig: Alle<strong>in</strong> das Schleifen e<strong>in</strong>es Rahmens erfordert<br />

e<strong>in</strong>en Manntag.<br />

KERNPROZESSE LAUFEN VOLLAUTOMATISCH AB<br />

Andy Rihs suchte ab 2005 nach e<strong>in</strong>er Lösung für die<br />

automatisierte Produktion. Er errichtete am Standort<br />

Grenchen im Schweizer Kanton Solothurn die L<strong>in</strong>ie<br />

zum robotergestützten Bau von Carbonrahmen für<br />

Rennräder. Die Technik-Manager von BMC kooperierten<br />

mit der im schweizerischen Burgdorf ansässigen Asic<br />

Robotics AG. Vier Jahre Entwicklungsarbeit und rund<br />

40 Millionen Schweizer Franken (etwa 33 Millionen<br />

Euro) Investitionen von BMC führten zum Erfolg. Für<br />

das Ergebnis wirbt BMC denn auch mit dem Slogan<br />

„Handgefertigt von Masch<strong>in</strong>en“.<br />

Das Geheimnis der Perfektion des Rennrades „Impec“<br />

liegt zum großen Teil <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em leichten Rahmen. Die E<strong>in</strong>zelteile<br />

weisen lastspezifische Profile und Wanddicken auf<br />

– je nach der im Rahmenverbund zu erfüllenden Aufgabe.<br />

Zwei der dafür bei BMC entwickelten Fertigungsverfahren<br />

heißen Load Specific Weave (LSW) und Shell Node Concept<br />

(SNC). Das LSW-Verfahren ist e<strong>in</strong> vollautomatischer<br />

Prozess und besteht aus den drei Arbeitsschritten Flechten,<br />

Verharzen und Ablängen der Rohre. SNC gewährleistet,<br />

dass die Rohrverb<strong>in</strong>dungen des Rahmens höchstmögliche<br />

Steifigkeit und Stabilität aufweisen. Dazu werden<br />

jeweils zwei spritzgegossene Halbschalen aus e<strong>in</strong>em Carbon-Compound-Material<br />

mit den Knotenpunkten verklebt.<br />

Die Innenflächen dieser Halbschalen s<strong>in</strong>d so gestaltet, dass<br />

sie nach dem Verkleben e<strong>in</strong>en maximalen Kraftschluss mit<br />

den Rohrknoten erzielen.<br />

ROBOTER POSITIONIERT DEN KERN IM FLECHTRAD<br />

Den Transport der Werkstücke zwischen den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Roboter-Arbeitsstationen leistet e<strong>in</strong> automatisiertes<br />

Transfersystem für Werkstückträger. Für jeden<br />

Rohrtyp gibt es e<strong>in</strong>e begleitende Datenplakette, anhand<br />

derer jede Arbeitsstation den Rohrtyp mittels<br />

e<strong>in</strong>es Code-Scanners identifiziert. Die für den jeweiligen<br />

Prozess benötigten Parameter erhält die Arbeitsstation<br />

von e<strong>in</strong>em PC oder Server: Flechtparameter,<br />

Harze<strong>in</strong>spritzmenge, erforderliche Aushärtezeit, Werte<br />

zur Drucküberwachung im Silikonkern oder über<br />

das Mischungsverhältnis von Harz und Härter. Nach<br />

Abschluss e<strong>in</strong>es jeden Prozesses speichert das System<br />

die realen Arbeitswerte der Masch<strong>in</strong>en für jedes Rohr<br />

wieder auf dem Server. So ist die Rückverfolgbarkeit<br />

gegeben.<br />

Die Fertigung beg<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> der Flechtanlage. Mit e<strong>in</strong>em<br />

über drei Meter großen Flechtrad ist sie e<strong>in</strong> technisches<br />

Novum für den Bau e<strong>in</strong>es Rennrades. Bestückt ist sie je<br />

nach zu fertigendem Rohrtyp mit 98 bis 128 Spulen zum<br />

Flechten der Rohre aus hauchdünnen Carbon-Fäden. E<strong>in</strong><br />

Roboter ABB IRB 4400 nimmt den Positivkern des zu<br />

fertigenden Rohres von e<strong>in</strong>em Werkstückträger und positioniert<br />

ihn im Zentrum des Flechtrades. Dieser Kern<br />

besteht aus Silikon mit e<strong>in</strong>em glasfaserverstärkten Stabilisierungsdorn.<br />

VOLLAUTOMATISCHE COMPOSITE-VERHARZUNG<br />

Nach dem E<strong>in</strong>lesen der Produktionsdaten beg<strong>in</strong>nt das<br />

Flechtrad, automatisch e<strong>in</strong>en nahtlosen Tubus aus Carbonfasern<br />

um den formgebenden Kern herum aufzubauen.<br />

Über die Vorschubgeschw<strong>in</strong>digkeit des Positivkerns,<br />

se<strong>in</strong>e Geometrie und die Geschw<strong>in</strong>digkeit des<br />

Flechtrades lässt sich die Ausrichtung der Fasern bestimmen.<br />

Die Wanddicke hängt von der Anzahl der<br />

Flechtlagen ab. Ist die Carbonstruktur fertig, kappt e<strong>in</strong>e<br />

Diamant-Trennscheibe den Tubus ab, und der Roboter<br />

hängt ihn mit dem dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>dlichen Positivkern zurück<br />

<strong>in</strong> den Werkstückträger, der dann die nächste Station<br />

ansteuert.<br />

Den zweiten Schritt der Fertigung erledigt die laut<br />

BMC weltweit erste vollautomatische Verharzungsanlage<br />

für Composite-Werkstoffe. In ihrem Zentrum stehen<br />

die Negativformen der für die unterschiedlichen<br />

impec-Rahmen erforderlichen Rohre.<br />

Das Handl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der Verharzungsanlage übernimmt<br />

e<strong>in</strong> zweiter Roboter vom Typ IRB 4400. Er greift den<br />

umflochtenen Positivkern vom Werkstückträger und<br />

setzt ihn <strong>in</strong> die entsprechende Negativform e<strong>in</strong>. Anschließend<br />

schließt die Spritzanlage die Form und<br />

<strong>in</strong>jiziert e<strong>in</strong> spezielles Zweikomponenten-Harz durch<br />

e<strong>in</strong> im Formboden <strong>in</strong>tegriertes Mischrohr. Das Aushärten<br />

des Formteils erfolgt zeitgesteuert <strong>in</strong> der noch<br />

geschlossenen Form. Nach Ablauf der Aushärtezeit<br />

öffnet sich die Form, der Roboter entnimmt den Rohl<strong>in</strong>g<br />

und setzt ihn anschließend <strong>in</strong> den Werkstückträger<br />

e<strong>in</strong>, um ihn zur dritten und letzten Station der<br />

Fertigung zu transferieren.<br />

16<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


AUTOMATISIERTER<br />

KLEBSTOFFAUFTRAG:<br />

Der ABB-Roboter ist mit der<br />

kompletten Klebe ausrüstung<br />

und e<strong>in</strong>em optischen Kontrollsystem<br />

ausgestattet.<br />

EIN NOVUM IM RENNRADBAU: IM ZENTRUM<br />

dieses Flechtrads mit mehr als drei Metern<br />

Durchmesser positioniert der Roboter den<br />

Positivkern. Um ihn herum wird das Rohr aus<br />

hauchdünnen Carbonfäden von bis zu 128<br />

Spulen geflochten. Bilder: BMC<br />

PERFEKT AUF PASSUNG GEARBEITET:<br />

Die Innenflächen dieser aus e<strong>in</strong>em<br />

Carbon-Compound-Material spritzgegossenen<br />

Halbschalen s<strong>in</strong>d so<br />

gestaltet, dass sie nach dem Verkleben<br />

e<strong>in</strong>en maximalen Kraftschluss mit<br />

den Rohrknoten erzielen.<br />

ABLÄNGEN AUF DEN ZEHNTELMILLIMETER GENAU<br />

Das Ablängen schließt als letzter Arbeitsschritt das<br />

LSW-Verfahren ab. Zum Schneiden auf Maß legt e<strong>in</strong> Industrieroboter<br />

IRB 2400 das ausgehärtete Rohr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Werkzeugaufnahme und entfernt den noch dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>dlichen<br />

Positivkern. Anschließend fährt die Werkzeugaufnahme<br />

mit dem Rohr <strong>in</strong> den Schneidraum, wo Diamantsägen<br />

die Rohrenden auf den Zehntelmillimeter<br />

genau abtrennen. Dazu ermittelten und programmierten<br />

die BMC-Experten für jede der 36 Varianten der impec-<br />

Rohre die Verfahrwege der Sägeachsen.<br />

Die Produktion der für die Montage benötigten Halbschalen<br />

(Shells) für die Knotenpunkte ist e<strong>in</strong> von der<br />

Rohrfertigung unabhängiger Prozess. Von größter Bedeutung<br />

für die Qualität der Halbschalen ist ihre <strong>in</strong>nere<br />

Gestaltung. Sie muss sich so an die Knotengeometrie<br />

anfügen, dass beim Verkleben der Shells mit den Rohren<br />

e<strong>in</strong> optimaler Kraftschluss entsteht. Das Material für die<br />

Shells ist e<strong>in</strong> Verbundwerkstoff mit hohem Carbonanteil.<br />

Er garantiert später die notwendige Festigkeit. Über<br />

Mold-Flow-Analysen haben die BMC-Ingenieure die für<br />

den Spritzguss wichtigen Parameter optimiert.<br />

KLEBERAUFTRAG PER KAMERA KONTROLLIERT<br />

Die Rahmenmontage erfolgt teilautomatisiert. E<strong>in</strong> Werker<br />

setzt die spritzgegossenen Halbschalen <strong>in</strong> die E<strong>in</strong>spannvorrichtungen.<br />

E<strong>in</strong> optisches Kontrollsystem<br />

überprüft die Positionierung der Halbschalen. Dann<br />

appliziert e<strong>in</strong> IRB 1600 den Zweikomponentenkleber<br />

punktgenau auf die dafür vorgesehenen Stellen der<br />

Halbschalen. Programmgesteuert wird die exakt richtige<br />

Menge Composite-Kleber aufgetragen. Die am Roboterarm<br />

montierte Kamera überprüft, ob an den vorgesehenen<br />

Stellen Kleber haftet. Das anschließende Positionieren<br />

von Halbschalen und Carbonrohren auf der<br />

Montageplatte erfolgt manuell. Nach dem Justieren aller<br />

Teile fährt der Werker die bestückte Montageplatte <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Ofen zum Aushärten.<br />

Als letzter Schritt erfolgt die Nass-<strong>in</strong>-Nass-Lackierung<br />

der Rahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lackierkab<strong>in</strong>e – ebenfalls automatisiert<br />

durch e<strong>in</strong>en Roboter. Hier führt e<strong>in</strong> sechsachsiger<br />

IRB 580 die Spritzpistole. Er kann nahezu jede menschliche<br />

Arm- und Handbewegung nachvollziehen.<br />

AUTOR<br />

Dipl.-Ing. HANS P. FRITSCHE<br />

Barbarastr. 10,<br />

D-61231 Bad Nauheim,<br />

Tel. +49 (0) 6032 819 00<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

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PRAXIS<br />

RFID-Technik als Zugangsschlüssel <strong>in</strong><br />

explosionsgefährdeter Arbeitsumgebung verwenden<br />

Grundlagen zur Funkkommunikation über Radiofrequenz und Anwendung <strong>in</strong> der Industrie<br />

Feld H<br />

Reader<br />

Daten<br />

RFID-Datenträger<br />

Antenne<br />

AKTIVIERUNG und Reaktion e<strong>in</strong>es RFID-Datenträgers<br />

AUF DIE ZULASSUNG der Datenträger<br />

<strong>in</strong> explosions gefährdeten<br />

Bereichen weist dieses<br />

Zertifizierungszeichen h<strong>in</strong>.<br />

BEISPIELE für fest zu montierende<br />

Datenträger mit und ohne Mittelloch<br />

Zahlreiche Arbeitsumgebungen bef<strong>in</strong>den sich im explosionsgefährdeten<br />

Bereich. Der Beitrag schildert<br />

den E<strong>in</strong>satz sicherer Zugangskennung mittels RFID <strong>in</strong><br />

explosionsgefährderter Arbeitsumgebung.<br />

Explosionsgefahr entsteht, wenn brennbare Flüssigkeiten<br />

oder Gase verarbeitet werden. Fe<strong>in</strong>stäube <strong>in</strong> geschlossenen<br />

Räumen, etwa im Bergbau oder bei Mahlvorgängen<br />

<strong>in</strong> Getreidemühlen, s<strong>in</strong>d beispielsweise solche<br />

Risikoquellen. In diesen Umgebungen müssen die<br />

Mitarbeiter durch umfangreiche Maßnahmen geschützt<br />

werden. Insbesondere elektrische Schutzmaßnahmen<br />

sollen Funkenbildung sicher verh<strong>in</strong>dern.<br />

KONTAKTLOSE KOMMUNIKATIONSTECHNIK<br />

Kontaktlose Kommunikations- und Schalttechniken<br />

s<strong>in</strong>d sicherer auszuführen als kontaktbehaftete. E<strong>in</strong> Beispiel:<br />

Wenn jemand e<strong>in</strong>en metallischen Schlüssel <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Schloss steckt, kann sich e<strong>in</strong>e elektrostatische Aufladung<br />

beim Kontaktschluss zwischen Schlüssel und<br />

Schloss unmittelbar mit Funkenbildung entladen. Diese<br />

Gefahrenquelle lässt sich vollständig ausschließen,<br />

wenn man kontaktlos arbeitet. RFID-Technik kann sicher<br />

<strong>in</strong> explosionsgefährdeter Umgebung e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />

da die Technik über Funk kommuniziert. Dazu kann der<br />

Nutzer e<strong>in</strong>en aktiven Sender und Empfänger verwenden.<br />

Praktischer wäre aber e<strong>in</strong> aktives Lesegerät und e<strong>in</strong><br />

RFID-Datenträger, auch Transponder oder Tag genannt.<br />

Das RFID-Schreib-/Lesegerät sendet Funkwellen aus, die<br />

von der im RFID-Datenträger <strong>in</strong>tegrierten Antenne empfangen<br />

werden. Mithilfe der so aufgenommenen Energie<br />

wird der Chip im RFID-Datenträger aktiviert, sodass er<br />

auf die Anforderung des Lesegerätes reagieren kann und<br />

im e<strong>in</strong>fachsten Fall se<strong>in</strong>e UID (=Unique IDentification<br />

number) zurücksenden kann. Die UID ist die Kennnummer<br />

des Chips, die weltweit e<strong>in</strong>malig vom Chiphersteller<br />

vergeben wird. Jeder RFID-Datenträger unterscheidet<br />

sich also e<strong>in</strong>deutig von jedem anderen. So lässt sich<br />

leicht e<strong>in</strong>e Schlüsselfunktion realisieren.<br />

RFID-DATENTRÄGER IN DER PRAXIS<br />

Wie sehen RFID-Datenträger <strong>in</strong> der Praxis aus? Zum e<strong>in</strong>en<br />

kann das Lesegerät fest verbaut se<strong>in</strong>. Dann ist der<br />

RFID-Datenträger mobil. Im <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz dagegen<br />

werden vielfach Güter gekennzeichnet, die fest verbaut<br />

s<strong>in</strong>d. Dann ist der RFID-Datenträger fixiert und das<br />

Lesegerät muss mobil se<strong>in</strong>. Für die fest zu montierenden<br />

RFID-Datenträger gibt es beispielsweise runde Münzenformen<br />

mit Mittelloch, die aufgeschraubt oder mit e<strong>in</strong>em<br />

Kabelb<strong>in</strong>der angebracht werden. Alternativ können runde<br />

oder auch eckige Ausführungen aufgeklebt werden.<br />

Die RFID nutzt drei Wellenlängen: LF mit 125 kHz, HF<br />

mit 13,56 MHz und UHF mit 868 MHz bis 950 MHz. Jede<br />

dieser Kenngrößen br<strong>in</strong>gt Vor- und Nachteile. Die UHF-<br />

Technik ist mit größeren Lesereichweiten verbunden, je<br />

nach Antennenausführung bis zu e<strong>in</strong>igen Metern. International<br />

werden verschiedene Frequenzen im UHF-Bereich<br />

verwendet. 868 MHz <strong>in</strong> Europa, 915 MHz <strong>in</strong> USA<br />

und 950 MHz <strong>in</strong> Japan. Die LF-Technik ermöglicht mit<br />

e<strong>in</strong>facher Antennentechnik Lesereichweiten im Zentimeter-Bereich<br />

und verwendet <strong>in</strong> verschiedenen Anwendungsfeldern<br />

zum Beispiel 125 kHz oder 134 kHz. Die HF-Technik<br />

bietet den Vorteil, dass weltweit nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Fre-<br />

18<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


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quenz (13,56 MHz) zum E<strong>in</strong>satz kommt. Die Lesereichweite<br />

beträgt typischer Weise ebenfalls e<strong>in</strong>ige<br />

Zentimeter, was man sich <strong>in</strong> der Anwendung zu Nutze<br />

macht. Der Benutzer nähert sich beispielsweise mit se<strong>in</strong>em<br />

Schlüsselanhänger oder Armband dem Lesegerät<br />

auf wenige Zentimeter.<br />

ZULASSUNG IN EXPLOSIONSGEFÄHRDETER UMGEBUNG<br />

Sowohl die RFID-Datenträger wie auch die e<strong>in</strong>gesetzten<br />

Lesegeräte unterziehen sich e<strong>in</strong>er speziellen Zertifizierung,<br />

um für explosionsgefährdete Umgebungen<br />

zugelassen zu werden. Nach Richtl<strong>in</strong>ie 94/9/EG werden<br />

nicht-elektrische Geräte <strong>in</strong> der Klasse II (Industrie),<br />

oder <strong>in</strong> der Klasse I (Bergbau) geprüft und freigegeben.<br />

Die Anwendung dieser Richtl<strong>in</strong>ie zeigt häufig<br />

e<strong>in</strong> genormtes Logo an. Diese Zertifizierung nach<br />

ATEX Zone 1 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutschen Prüflabor auszuführen<br />

ist zwar aufwendig, br<strong>in</strong>gt aber die höchstmögliche<br />

Sicherheit und E<strong>in</strong>haltung der vom Gesetz vorgeschriebenen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen. Damit der Anwender am<br />

Ende sicher se<strong>in</strong> kann, dass die e<strong>in</strong>zusetzenden RFID-<br />

Datenträger den Vorschriften entsprechen, wird jeder<br />

RFID-Datenträger fälschungssicher mit der Prüfkennung<br />

versehen.<br />

Die Referenzklasse für die<br />

Automatisierungstechnik<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist das Fachmagaz<strong>in</strong> für die Automatisierungstechnik.<br />

Die Qualität der wissenschaftlichen Hauptbeiträge<br />

sichert e<strong>in</strong> strenges Peer-Review-Verfahren. Bezug zur<br />

automatisierungstechnischen Praxis nehmen außerdem<br />

die kurzen Journalbeiträge aus der Fertigungs- und Prozessautomatisierung.<br />

Sichern Sie sich jetzt diese erstklassige Lektüre! Als exklusiv<br />

ausgestattetes Heft oder als praktisches ePaper –<br />

ideal für unterwegs, auf mobilen Endgeräten oder zum<br />

Archivieren.<br />

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als Heft, ePaper oder Heft + ePaper!<br />

EINSATZMÖGLICHKEITEN DER RFID-TECHNIK<br />

Die E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten dieser Technik gehen natürlich<br />

weit über das gewählte Beispiel der Zutrittskontrolle<br />

h<strong>in</strong>aus. Inventarisierung, Lagerverwaltung,<br />

Service und Wartung s<strong>in</strong>d weitere Anwendungsfälle,<br />

bei denen die RFID Technik ihren E<strong>in</strong>satz f<strong>in</strong>det.<br />

Es ist verständlich, dass <strong>in</strong>sbesondere die Auswahl<br />

geeigneter RFID-Datenträger neben den Schreib-/Lesegeräten<br />

den entscheidenden Erfolgsfaktor jeder RFID-<br />

Implementation ausmacht. Umfassende Beratung zu<br />

E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten und Integration <strong>in</strong> bestehende<br />

IT-Umgebungen verhilft Unternehmen zum erfolgreichen<br />

E<strong>in</strong>satz.<br />

AUTOR<br />

BERND FRANKE ist<br />

Bus<strong>in</strong>ess Development<br />

Manager bei der Smart-Tec<br />

GmbH & Co. KG <strong>in</strong> Oberhach<strong>in</strong>g<br />

bei München.<br />

Smart-Tec GmbH & Co KG,<br />

Kolp<strong>in</strong>gr<strong>in</strong>g 3, D-82041 Oberhach<strong>in</strong>g,<br />

Tel. +49 (0) 89 61 30 07 95,<br />

E-Mail: b.franke@smart-tec.com<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München


PRAXIS<br />

Britischer Chemiehersteller „erntet“ Energie für<br />

dezentrale Sensoren aus Wärmeunterschieden<br />

Praxiserfahrungen mit Temperatur-Messung ohne externe Stromversorgung<br />

eim britischen Chemiehersteller Rob<strong>in</strong>son Brothers<br />

B wurde e<strong>in</strong> drahtloser Temperaturmesser e<strong>in</strong>gesetzt,<br />

der sich über „Energy Harvest<strong>in</strong>g“ selbstständig mit<br />

Strom versorgt. Seit 2011 arbeitet der Hersteller ABB mit<br />

se<strong>in</strong>en Kunden an der Lösung, die <strong>in</strong>dustrielle Energieversorgung<br />

und Wireless verb<strong>in</strong>det und dabei Netzwerkzuverlässigkeit<br />

bietet.<br />

VERMASCHTE NETZWERKE SIND ENERGIEINTENSIVER<br />

Drahtlose Lösungen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Neuigkeit <strong>in</strong> der Prozess<strong>in</strong>dustrie.<br />

Tatsächlich wurden die ersten Systeme bereits<br />

<strong>in</strong> den 1960er Jahren e<strong>in</strong>gesetzt. Wie bei der Feldbustechnologie<br />

benötigt auch die Wireless-Technologie globale<br />

Standards, die von möglichst vielen Geräteherstellern<br />

unterstützt werden, um sich zu etablieren.<br />

E<strong>in</strong> solcher (Kommunikations-)Standard ist Wireless<br />

Hart. Die Netzwerkzuverlässigkeit ist e<strong>in</strong> Hauptschwerpunkt<br />

der Prozessautomatisierung. Vermaschte Netzwerke<br />

<strong>in</strong>nerhalb drahtloser Kommunikation sorgen für die<br />

Zuverlässigkeit. Sie bieten räumlich redundante Kanäle<br />

zwischen zwei Knoten <strong>in</strong>nerhalb des Netzes durch Weiterleitung<br />

von Nachrichten über verschiedene Wege. Dies<br />

erhöht die Fehlertoleranz der Kommunikation und ermöglicht<br />

die Realisierung von Netzwerken, die gegen<br />

den Ausfall von Kommunikationsverb<strong>in</strong>dungen und<br />

Routergeräten tolerant s<strong>in</strong>d. Die räumliche Redundanz<br />

von vermaschten Netzwerken sichert auch <strong>in</strong> ISM-Bändern<br />

(Industrial, Scientific, Medical) die zuverlässige<br />

Kommunikation. Jedoch s<strong>in</strong>d die Weiterleitung von<br />

Nachrichten (<strong>in</strong>folge der vermaschten Netzstruktur) und<br />

die erhöhten Anforderungen an die Datensicherheit mit<br />

zusätzlichem Energiebedarf verbunden, der durch Energieoptimierung<br />

ausgeglichen werden muss.<br />

ENERGY HARVESTING STATT BATTERIEAUSTAUSCH<br />

Der regelmäßige Austausch von Batterien ist ke<strong>in</strong>e Lösung,<br />

da, je nach Konfiguration der Anlage, die durch<br />

den E<strong>in</strong>satz drahtloser Geräte erzielten E<strong>in</strong>sparungen<br />

schnell relativiert werden. Stattdessen gilt Energy Harvest<strong>in</strong>g<br />

als mögliche Antwort bei der Realisierung (energie-)autarker<br />

Geräte. Beim Energy Harvest<strong>in</strong>g (wörtlich:<br />

„Energie-Ernten“) wird Energie aus der Prozessumgebung<br />

<strong>in</strong> nutzbare elektrische Energie umgewandelt. Diese<br />

Energie wird dann zur Versorgung drahtloser Geräte<br />

genutzt wird. Die am häufigsten e<strong>in</strong>gesetzten Mechanismen<br />

s<strong>in</strong>d photovoltaische, thermoelektrische und k<strong>in</strong>etische<br />

Wandler.<br />

Thermoelektrische Generatoren (TEG) nutzen den<br />

Temperaturunterschied zwischen heißen oder kalten<br />

Prozessen und der Umgebung, um Wärmeenergie mithilfe<br />

des Seebeck-Effekts <strong>in</strong> elektrische Energie umzuwandeln.<br />

Der Wirkungsgrad von TEGs ist zwar recht<br />

niedrig, die Technologie jedoch robust. Besonders <strong>in</strong> der<br />

Prozess<strong>in</strong>dustrie stehen häufig große Temperaturreservoire<br />

und damit große Wärmemengen zur Verfügung.<br />

Die von handelsüblichen TEGs bereitgestellte Leistung<br />

reicht aus, um viele drahtlosen Sensorknoten <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Szenarios zu versorgen.<br />

DRAHTLOSES THERMOMETER MIT<br />

ENERGIEAUTARKER VERSORGUNG<br />

Dem <strong>in</strong>ternationalen Team von Entwicklern und Wissenschaftlern<br />

bei ABB ist es gelungen, e<strong>in</strong>en autarken Temperatur-Messumformer<br />

mit e<strong>in</strong>em vollständig <strong>in</strong>tegrierten<br />

Energy-Harvest<strong>in</strong>g-System auf Basis thermoelektrischer<br />

Generatoren zu realisieren. Die TEGs wurden so <strong>in</strong><br />

das Gerät <strong>in</strong>tegriert, dass die Handhabung, Stabilität und<br />

der Formfaktor des Thermometers unverändert bleiben.<br />

Die Lebensdauer und die Messwertaktualisierungsrate<br />

werden gegenüber batteriegespeisten Geräten verbessert.<br />

Der Energy Harvester verfügt über e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Pufferlösung,<br />

die e<strong>in</strong>e Versorgung sicherstellt, wenn die<br />

Temperaturdifferenz e<strong>in</strong>mal nicht ausreicht, um daraus<br />

genügend Energie „abzuzweigen“. Aufgrund der vorgegebenen<br />

Größe des gewählten Thermometers war e<strong>in</strong>e Integration<br />

herkömmlicher TEGs, die normalerweise e<strong>in</strong>e<br />

Größe von 10 cm² bis 20 cm² haben, nicht möglich.<br />

Stattdessen wurden mikrothermoelektrische Generatoren<br />

(Mikro-TEGs) e<strong>in</strong>gesetzt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em waferbasierten<br />

Fertigungsverfahren hergestellt werden. Die größte<br />

Herausforderung bei der Integration beider Geräte bestand<br />

dar<strong>in</strong>, die Stabilität und Robustheit des Messumformers<br />

zu erhalten. In den meisten Fällen ist der Prozess<br />

wärmer als die Umgebungsluft, sodass die „heiße“ Seite<br />

der TEGs mit möglichst optimaler thermischer Leitfähigkeit<br />

an den Prozess gekoppelt werden muss. Um den Wärmestrom<br />

durch die TEGs zu maximieren, wurden umfangreiche<br />

numerische Simulationen durchgeführt. Die<br />

andere („kalte“) Seite muss gekühlt werden und ist daher<br />

über e<strong>in</strong>en Kühlkörper mit der Umgebungsluft gekoppelt.<br />

Um Anwendungen gerecht zu werden, <strong>in</strong> denen das<br />

Prozessrohr von e<strong>in</strong>er dicken Isolierung umgeben ist,<br />

muss der Kühlkörper <strong>in</strong> ausreichendem Abstand positioniert<br />

werden. Bei e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>desttemperaturunterschied<br />

zwischen dem Prozess und der Umgebung von etwa 30 K<br />

ist das System <strong>in</strong> der Lage, genügend Energie sowohl für<br />

die Messtechnik als auch die drahtlose Kommunikation<br />

zu liefern. Bei Temperaturgefällen von mehr als 30 K<br />

wird mehr Energie gewonnen als benötigt wird. Dieser<br />

Überschuss könnte zum Beispiel genutzt werden, um<br />

schnellere Aktualisierungsraten zu ermöglichen.<br />

IN DER PRAXIS GEPRÜFT<br />

Seit 2011 arbeitet ABB mit Kunden zusammen, um zu<br />

e<strong>in</strong>em möglichst früh Praxiserfahrungen zu sammeln<br />

und Anwenderwünsche bei weiteren Produktentwicklungen<br />

zu berücksichtigen. Als e<strong>in</strong>er der ersten setzte<br />

der britische Hersteller von Spezialchemikalien Rob<strong>in</strong>son<br />

Brothers auf Wireless-Technologie komb<strong>in</strong>iert mit<br />

autarker Energieversorgung von ABB. E<strong>in</strong>gesetzt werden<br />

die Thermometer zur Temperaturmessung im Pipel<strong>in</strong>enetz<br />

der zentralen Dampfversorgung. Das Powermanagement<br />

der Geräte erlaubt die pausenlose Auswertung<br />

der momentan aktiven Energiequelle (Pufferbatterie oder<br />

TEG). Zusammen mit der primären Messgröße Mediumstemperatur<br />

und der sekundären Messgröße Elektroniktemperatur<br />

s<strong>in</strong>d Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit<br />

20<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


BEIM ENERGY HARVESTING wird Energie<br />

aus Temperaturunterschieden, Bewegung<br />

oder Strömung gewonnen. Alle drei Fälle<br />

liegen <strong>in</strong> Industrieanlagen vor.<br />

APPLIZIERTER<br />

WIRELESS-<br />

TEMPERATUR-MESSER<br />

an der britischen<br />

Chemie ka lienanlage.<br />

Bilder: ABB<br />

DER TEMPERATUR-<br />

MESSER, der sich<br />

selbst mit Energie<br />

versorgt.<br />

der Harvester-E<strong>in</strong>heit möglich. Das liefert Rückschlüsse<br />

beispielsweise auf die Stabilität der Energieversorgung.<br />

„Das Thermometer ist seit mehr als drei Monaten <strong>in</strong><br />

Betrieb und benötigt ke<strong>in</strong>erlei Energie aus der Pufferbatterie“,<br />

sagt Tom Rutter, Leiter der MSR-Technik am Standort.<br />

„Es sieht so aus, als könnte es ewig so weiter arbeiten,<br />

wenn nur Dampf durch die Leitung strömt.“ Das System<br />

wurde vom Spezialisten ICA Services <strong>in</strong>stalliert, welcher<br />

Energy Harvest<strong>in</strong>g empfiehlt, um <strong>in</strong>sbesondere den<br />

Verdrahtungsaufwand zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

INSTALLATIONSAUFWAND AUF WENIGER<br />

ALS EINE STUNDE REDUZIERT<br />

Die Harvester-Version zur Rohrmontage und <strong>in</strong>direkte<br />

Messung über Oberflächentemperatur reduzierte den<br />

Installationsaufwand auf weniger als e<strong>in</strong>e Stunde bis zur<br />

zentralen Anzeige der ersten Messwerte. Ke<strong>in</strong>e Verdrahtungspläne,<br />

ke<strong>in</strong>e Kabel, ke<strong>in</strong> Schutzrohr. Die Anlage<br />

musste nicht abgeschaltet werden, um den zusätzlichen<br />

Messpunkt zu erschließen. Das System bei Rob<strong>in</strong>son<br />

Brothers benötigt e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>imale Temperaturdifferenz<br />

von etwa 30 K zwischen Rohroberfläche und Umgebung.<br />

Das Thermometer sendet se<strong>in</strong>e Messwerte alle acht<br />

Sekunden aus der Produktionshalle an e<strong>in</strong> Wireless<br />

Gateway, montiert auf dem Dach des gegenüberliegenden<br />

Bürogebäudes. Von dort gelangen die Messwerte <strong>in</strong> das<br />

Firmennetzwerk und per Modbus TCP weiter an e<strong>in</strong>en<br />

Schreiber SM500F von ABB. Dieser stellt die Messwerte<br />

grafisch dar und archiviert sie über viele Wochen.<br />

EINSPARPOTENZIAL IN DER APPLIKATION GETESTET<br />

„Ich sehe ke<strong>in</strong>en Grund, warum wir die Energy-Harvest<strong>in</strong>g-Technologie<br />

nach dieser erfolgreichen Erprobungsphase<br />

nicht weiter e<strong>in</strong>setzen sollten“, sagt Tom Rutter.<br />

„Wir haben immerh<strong>in</strong> um die 10 000 Signale am Standort,<br />

aber bislang kaum Erfahrungen mit Wireless-Technologie.<br />

Wir werden das <strong>in</strong> zukünftigen Projekten auf<br />

jeden Fall berücksichtigen, da das E<strong>in</strong>sparpotenzial bei<br />

Verdrahtungskosten und Installationsaufwand gegenüber<br />

konventioneller Installation offensichtlich ist.“<br />

Mit e<strong>in</strong>em Anteil von 90 % entfällt auf Verdrahtung und<br />

Installation der Löwenanteil bei der Realisierung von Temperaturmessstellen.<br />

Der E<strong>in</strong>satz von Wireless-Technologie<br />

ist also auch wirtschaftlich <strong>in</strong>teressant. ABB arbeitet an<br />

der Erschließung weiterer Energiequellen, die <strong>in</strong> typischen<br />

Installationen der Prozess<strong>in</strong>dustrie zur Verfügung stehen,<br />

wie Licht, Vibration, elektromagnetische Felder, k<strong>in</strong>etische<br />

Energie von strömenden Medien oder bewegten Teilen.<br />

AUTOREN<br />

TILO MERLIN, Dr. PHILIPP<br />

NENNINGER, HORST<br />

SCHWANZER und GARETH<br />

JOHNSTON arbeiten bei der<br />

ABB Division Process Automation<br />

<strong>in</strong> Alzenau, Frankfurt<br />

und St. Neots (UK).<br />

ABB Automation Products GmbH,<br />

Borsigstraße 2,<br />

D-63755 Alzenau,<br />

Tel. +49 (0) 602 39 20<br />

Dr. MARCO ULRICH<br />

arbeitet im Bereich<br />

Corporate Research am<br />

ABB Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

<strong>in</strong> Ladenburg.<br />

ABB AG,<br />

Wallstadter Straße 59,<br />

D-68526 Ladenburg,<br />

Tel. +49 (0) 6203 71 64 80,<br />

E-Mail: marco.ulrich@de.abb.com<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

21


PRAXIS<br />

Realtime-Prozesskontrolle korrigiert automatisch<br />

die Schneidparameter und steigert den Output<br />

Hersteller von SMD-Schablonen optimiert mit neuer Laseranlage Qualität und Produktivität<br />

MODERNE LASER-<br />

SCHNEIDTECHNIK:<br />

Für die Herstellung<br />

von SMD-Schablonen<br />

setzt Photocad auf e<strong>in</strong><br />

High-Speed-System<br />

von LPKF. Die Anlage<br />

wurde eigens entwickelt,<br />

um hochpräzise<br />

Öffnungen zu erzeugen<br />

und den Arbeitsprozess<br />

zu beschleunigen.<br />

Bilder: Photocad<br />

Mit e<strong>in</strong>er modernen Laseranlage, die <strong>in</strong> Echtzeit die<br />

Präzision der Schnitte prüft und automatisch korrigierend<br />

e<strong>in</strong>greift, konnte das Berl<strong>in</strong>er Unternehmen Photocad<br />

die Produktion von SMD-Schablonen um 20 Prozent<br />

steigern. Das Unternehmen ist auf lasergeschnittene<br />

Schablonen für das Surface-Mounted-Device-Verfahren<br />

(SMD) spezialisiert, die seit 2008 auch mit Nanoveredelung<br />

hergestellt und an rund 400 Kunden aus Elektronik<strong>in</strong>dustrie<br />

und Masch<strong>in</strong>enbau geliefert werden.<br />

Mittels der SMD-Schablonen werden Plat<strong>in</strong>en vor dem<br />

Bestücken mit elektronischen Bauteilen mit Lötpaste<br />

bedruckt. Um hochsensible Elektronikbauteile sicher auf<br />

Leiterplatten aufzubr<strong>in</strong>gen, spielen saubere Kanten der<br />

SMD-Schablone e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle. S<strong>in</strong>d die Öffnungen<br />

nicht präzise ausgeschnitten, kann Lötpaste austreten,<br />

was zur Brückenbildung und dadurch zu Kurzschlüssen<br />

führen kann.<br />

JEDER SCHNITT WIRD UNMITTELBAR GEPRÜFT<br />

Als e<strong>in</strong>er der führenden Spezialisten <strong>in</strong> der Produktion<br />

von SMD-Schablonen, setzt Photocad daher auf die neue<br />

Laserschneidtechnik und hat rund 300 000 Euro <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

High-Speed-System von LPKF <strong>in</strong>vestiert: Der Stencil-<br />

Laser G 6080 wurde entwickelt, um hochpräzise Öffnungen<br />

zu erzeugen und dabei den Arbeitsprozess sogar<br />

noch zu beschleunigen. Dafür ist die neue Anlage mit<br />

dem patentierten Real Time Process Control System ausgestattet,<br />

das jeden Schnitt <strong>in</strong> Echtzeit prüft. So lässt sich<br />

die Produktionszeit deutlich verkürzen und der Output<br />

erheblich steigern.<br />

Um mit den stetig wachsenden Ansprüchen des Marktes<br />

Schritt halten zu können, ist es entscheidend, bei der<br />

Anlagentechnologie stets auf dem neuesten Stand zu<br />

se<strong>in</strong>. Dieser Anforderung wurde der Anbieter mit dem<br />

Kauf der neuen LPKF-Laseranlage gerecht. Überzeugt hat<br />

dabei vor allem das <strong>in</strong>novative Kontrollsystem, das jede<br />

geschnittene Schablonenöffnung sofort prüft, mit den<br />

Produktionsdaten vergleicht und die Schneidparameter<br />

gegebenenfalls anpasst – ohne Stillstandszeit. So können<br />

Fehlerquellen unmittelbar erkannt und Mängel vermieden<br />

werden.<br />

ECHTZEITANALYSE VERMEIDET UNTERBRECHUNGEN<br />

Außerdem kommt es dank der Echtzeit-Analyse zu ke<strong>in</strong>erlei<br />

Fertigungsunterbrechungen bei der Schablonenherstellung.<br />

Im Vergleich zum herkömmlichen Scanverfahren<br />

nach dem Schneidprozess ist diese Methode wesentlich<br />

effektiver und um e<strong>in</strong> Vielfaches schneller.<br />

Damit erreicht Photocad e<strong>in</strong>e Steigerung der Produktionsmenge<br />

um 20 Prozent.<br />

E<strong>in</strong>e eigens entwickelte Software macht die Bedienung<br />

der Anlage besonders e<strong>in</strong>fach. Öffnungsformen und -größen<br />

s<strong>in</strong>d frei wählbar. Sie können <strong>in</strong>dividuell e<strong>in</strong>gegeben<br />

und nach Wunsch jederzeit modifiziert werden. Für Sonderlösungen<br />

stehen außerdem Spezialprogramme zur<br />

Verfügung.<br />

Die automatische Rahmene<strong>in</strong>stellung macht dabei e<strong>in</strong>en<br />

Schablonenadapter überflüssig. Der gewünschte<br />

Rahmen wird e<strong>in</strong>fach ausgewählt, die Halterung passt<br />

sich dann <strong>in</strong> weniger als zehn Sekunden an die ge-<br />

22<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Herausforderung<br />

Automatisierungstechnik<br />

Mit dem <strong>atp</strong>-award werden zwei Autoren der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> für<br />

hervorragende Beiträge ausgezeichnet. Ziel dieser Initiative<br />

ist es, Wissenschaftler und Praktiker der Automatisierungstechnik<br />

anzuregen, ihre Ergebnisse und Erfahrungen <strong>in</strong> Veröffentlichungen<br />

zu fassen und die Wissenstransparenz <strong>in</strong> der<br />

Automatisierungstechnik zu fördern. Teilnehmen kann jeder<br />

Autor der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht älter als<br />

35 Jahre ist. Nach Veröffentlichung e<strong>in</strong>es Beitrags ist der Autor,<br />

wenn er die Bed<strong>in</strong>gung erfüllt, automatisch im Pool. Die<br />

Auswahl des Gew<strong>in</strong>ners übernimmt die <strong>atp</strong>-Fachredaktion.<br />

Derjenige Autor, der im Autorenteam der jüngste ist, erhält<br />

stellvertretend für alle Autoren die Auszeichnung. Der Preis<br />

wird <strong>in</strong> zwei Kategorien ausgelobt: Industrie und Hochschule.<br />

Die Kategorien ermittlung ergibt sich aus der <strong>in</strong> dem Beitrag<br />

angegebenen Adresse des jüngsten Autors.<br />

UNMITTELBARE KONTROLLE:<br />

In der Laserschneidanlage werden die<br />

Schablonen-Öffnungen <strong>in</strong> Echtzeit<br />

gescannt und die Parameter gegebenenfalls<br />

geändert – ohne Stillstand.<br />

wünschte Form an. Es können Platten mit Stärken von<br />

20 bis 1000 µm geschnitten werden. Der vergleichsweise<br />

große Arbeitsbereich von 600 x 800 mm erlaubt es, zwei<br />

Schablonen gleichzeitig zu bearbeiten, was zusätzlich<br />

Zeit spart.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus ist die Anlage mit e<strong>in</strong>er Luftkühlung<br />

ausgestattet, auf e<strong>in</strong> externes Kühlsystem kann daher<br />

verzichtet werden. Dies hat den Vorteil, dass Stillstandszeiten<br />

für Wartungsarbeiten an externen Geräten entfallen<br />

und der Energieverbrauch um 30 Prozent gesenkt<br />

werden kann.<br />

AUTOR<br />

ULF JEPSEN ist Geschäftsführer<br />

von Photocad.<br />

Photocad GmbH & Co. KG,<br />

Landsberger Straße 225,<br />

D-12623 Berl<strong>in</strong>,<br />

Tel. + 49 (0) 30 56 59 69 80,<br />

E-Mail: ulf.jepsen@photocad.de<br />

Veröffentlichungen – Beitrag zum Wissenspool im<br />

Fachgebiet Automatisierungstechnik<br />

Die Entwicklung e<strong>in</strong>es Wissensgebietes erfolgt durch e<strong>in</strong>en<br />

kooperativen Prozess zwischen wissenschaftlicher Grundlagenforschung,<br />

Konzept- und Lösungsentwicklung und Anwendung<br />

<strong>in</strong> der Praxis. E<strong>in</strong> solcher Prozess bedarf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />

Informationsplattform. Veröffentlichungen<br />

s<strong>in</strong>d die essentielle Basis e<strong>in</strong>es solchen Informationspools.<br />

Der <strong>atp</strong>-award fördert den wissenschaftlichen Austausch<br />

im dynamischen Feld der Automationstechnik. Nachwuchs<strong>in</strong>ge<br />

nieure sollen gezielt ihre Forschungen präsentieren<br />

können und so leichter den Zugang zur Community erhalten.<br />

Der Preis ist mit e<strong>in</strong>er Prämie von jeweils 2000€ dotiert.<br />

Die Auswahl erfolgt <strong>in</strong> zwei Stufen:<br />

Voraussetzung für die Teilnahme ist die Veröffentlichung<br />

des Beitrags <strong>in</strong> der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>. Jeder Aufsatz, der als Hauptbeitrag<br />

für die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> e<strong>in</strong>gereicht wird, durchläuft das<br />

Peer-Review-Verfahren. Die letzte Entscheidung zur Veröffentlichung<br />

liegt beim Chefredakteur. Wird e<strong>in</strong> Beitrag veröffentlicht,<br />

kommt er automatisch <strong>in</strong> den Pool der <strong>atp</strong>-award-<br />

Bewerber, vorausgesetzt e<strong>in</strong>er der Autoren ist zum Zeitpunkt<br />

der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre. Ausgezeichnet<br />

wird der jüngste Autor stellvertretend für alle Autoren der<br />

Gruppe. E<strong>in</strong>e Jury aus Vertretern der <strong>atp</strong>-Fachredaktion<br />

und des -Beirats ermittelt schließlich den Gew<strong>in</strong>ner <strong>in</strong> den<br />

jeweiligen Kategorien Hochschule und Industrie.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Beiträge richten Sie bitte an:<br />

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />

Herrn Prof. Leon Urbas<br />

Chefredakteur <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

Arnulfstraße 124 • 80636 München<br />

Tel. +49 (0) 89 203 53 66-58 • E-Mail: urbas@di-verlag.de<br />

Beachten Sie die Autorenh<strong>in</strong>weise der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> für<br />

Hauptbeiträge unter folgendem L<strong>in</strong>k:<br />

http://www.<strong>atp</strong>-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Bitte senden Sie Ihre Beiträge an: urbas@di-verlag.de


HAUPTBEITRAG<br />

<strong>Gamification</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />

Chancen und Risiken für die <strong>in</strong>dustrielle Produktion<br />

Unternehmensübergreifende Kollaborationsnetzwerke, die als selbst-organisierende dezentrale<br />

E<strong>in</strong>heiten fungieren, stehen vor der Herausforderung, Transparenz und Vertrauen<br />

zu erzeugen, um e<strong>in</strong>e möglichst effektive Nutzung zu erzielen. <strong>Gamification</strong> als Anwendung<br />

von Spielemechanismen <strong>in</strong> nicht-spielerischen Kontexten bietet Potenzial,<br />

diese Herausforderung zu erfüllen. Der Beitrag diskutiert an e<strong>in</strong>em Beispiel, wie sich<br />

Pr<strong>in</strong>zipien von <strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dezentralen Produktionsnetzwerk anwenden lassen,<br />

um Transparenz und Motivation bei Mitarbeitern zu erzeugen und gleichzeitig mittels<br />

Netzwerkprofilen Wettbewerbsvorteile zu generieren, ohne dabei Unternehmens<strong>in</strong>terna<br />

preiszugeben.<br />

SCHLAGWÖRTER <strong>Gamification</strong> / Dezentrale Geschäftsnetzwerke / Motivation /<br />

Kollaboration / Vertrauen<br />

<strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> decentralized B2B networks –<br />

Risks and opportunities for <strong>in</strong>dustrial production<br />

Inter-organizational networks which are controlled as decentralized self-organiz<strong>in</strong>g units<br />

must establish transparency and trust <strong>in</strong> order to enable effective collaboration. <strong>Gamification</strong>,<br />

the <strong>in</strong>troduction of game mechanisms <strong>in</strong> non-gam<strong>in</strong>g contexts, is a promis<strong>in</strong>g<br />

approach to meet<strong>in</strong>g this challenge. Us<strong>in</strong>g an example, we discuss how pr<strong>in</strong>ciples of gamification<br />

can be applied <strong>in</strong> a decentralized network to <strong>in</strong>crease employees’ trust and<br />

motivation. At the same time, the evolv<strong>in</strong>g network profiles should generate competitive<br />

advantages without divulg<strong>in</strong>g <strong>in</strong>ternal corporate <strong>in</strong>formation.<br />

KEYWORDS gamification / decentralized networks / motivation / collaboration / trust<br />

24<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


PHILIPP HERZIG, ANGELIKA SALMEN, SAP Research, SAP AG<br />

Aktuelle Trends verweisen auf Geschäftsmodelle,<br />

die von dezentralen <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />

geprägt s<strong>in</strong>d [7]. Klassische Zulieferermodelle<br />

werden um offene Strukturen ergänzt,<br />

die effiziente und sich selbst organisierende<br />

E<strong>in</strong>heiten ermöglichen, wobei Konsumenten <strong>in</strong> Designund<br />

Produktionsprozesse e<strong>in</strong>bezogen werden können.<br />

Zum Beispiel kann e<strong>in</strong> Webportal e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche<br />

Schnittstelle zum Kunden bereitstellen, h<strong>in</strong>ter der sich<br />

jedoch diverse Produktionsnetzwerke verbergen, die sich<br />

je nach Kundenwünschen <strong>in</strong>dividuell konfigurieren. Design<br />

und Materialen können nach persönlichen Vorlieben<br />

gewählt oder Produzenten nach Preis oder Lokation ausgesucht<br />

werden. E<strong>in</strong> anderes Modell ist, dass sich Partner<br />

für die Dauer e<strong>in</strong>es Projektes zusammenschließen und<br />

e<strong>in</strong>e temporäre Kollaboration e<strong>in</strong>gehen. E<strong>in</strong> schematisches<br />

Beispiel für e<strong>in</strong> solches Netzwerk zeigt Bild 1.<br />

Welchen komplexen Anforderungen e<strong>in</strong>e Plattform<br />

für dezentrale Kollaboration genügen muss, beantwortet<br />

das EU-Projekt ComVantage (www.comvantage.eu).<br />

Kollaboration verstehen wir als „den Prozess verschiedener<br />

Stakeholder geme<strong>in</strong>same Entscheidungen über<br />

e<strong>in</strong>e Problemdomäne und deren Zukunft zu treffen“ [8].<br />

Hierbei stellt sich die Frage, wie der Mehrwert e<strong>in</strong>er<br />

solchen Kollaboration den e<strong>in</strong>zelnen Stakeholdern/<br />

Partnern, sei es Kunde, Lieferant oder Produzent, aufgezeigt<br />

werden kann. Da dezentrale Netzwerke häufiger<br />

Veränderungen h<strong>in</strong>sichtlich der kollaborierenden Partner<br />

unterworfen s<strong>in</strong>d als traditionelle Zulieferermodelle,<br />

gew<strong>in</strong>nt der Stellenwert von Vertrauen <strong>in</strong> die Kollaboration<br />

deutlich an Relevanz. Wie später noch genauer<br />

def<strong>in</strong>iert, stellt Transparenz über die <strong>in</strong>ternen Geschäftsabläufe<br />

e<strong>in</strong>en wichtigen Faktor dar, welcher zu<br />

höherem Vertrauen führen kann [17].<br />

<strong>Gamification</strong> ist e<strong>in</strong> neuartiger Ansatz zur Nutzung<br />

von Spielemechanismen <strong>in</strong> nicht spielerischen Kontexten.<br />

Hauptziel von <strong>Gamification</strong> ist es, Engagement und<br />

Partizipation von Nutzern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen Domäne<br />

zu verbessern, beispielsweise im Kundenbeziehungsmanagement<br />

[6]. Bei e<strong>in</strong>er effektiven Anwendung von <strong>Gamification</strong><br />

erhalten alle Nutzer des Systems implizit e<strong>in</strong>en<br />

hohen Grad an Transparenz über die Aktivitäten<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Systems, da große Mengen aktionsspezifischer<br />

Daten gesammelt werden können.<br />

Als Arbeitshypothese für diesen Beitrag formulieren<br />

wir, dass <strong>Gamification</strong> zu e<strong>in</strong>er erhöhten Transparenz<br />

und damit zu höherem Vertrauen zwischen den Partnern<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es dezentralen Kollaborationsnetzwerks<br />

beitragen kann. Deshalb schlagen wir e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegriertes<br />

Konzept beider Ansätze vor und diskutieren Chancen<br />

sowie Risiken.<br />

Die grundlegende Idee, mittels Spielemechanismen<br />

das Vertrauen zu verbessern, ist nicht neu. Auf bekannten<br />

Plattformen wie Ebay oder Amazon gibt es schon seit<br />

langer Zeit e<strong>in</strong>fache Spielemechanismen wie Punkte und<br />

Auszeichnungen, die das Vertrauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Händler<br />

respektive e<strong>in</strong> Produkt untermauern sollen. Auf Ebay<br />

f<strong>in</strong>den sich zum Beispiel Punktmetriken wie die Anzahl<br />

positiv bewerteter Transaktionen oder die absolute Zahl<br />

aller Transaktionen e<strong>in</strong>es Händlers. Darauf basierend<br />

gibt es Sterne oder den Powerseller-Status als Auszeichnung<br />

für besondere Aktivitäten.<br />

Jedoch wird von [4] gezeigt, dass solche Rat<strong>in</strong>gsysteme<br />

<strong>in</strong> dezentralen Netzwerken ke<strong>in</strong>en signifikanten Effekt<br />

haben, was die Verfasser auf das Fehlen von Transparenz<br />

zurückführen, wie diese Rat<strong>in</strong>gs zustande kommen. Daher<br />

verfolgt unser Beitrag e<strong>in</strong>en Ansatz, Transparenz<br />

anhand von <strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> dezentralen <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />

zu erzeugen.<br />

1. TRANSPARENZ FÜR VERTRAUENSVOLLE<br />

KOLLABORATION<br />

Der Effektivität und Effizienz von dezentralen Kollaborationse<strong>in</strong>heiten<br />

steht e<strong>in</strong>e Skepsis gegenüber, die aus<br />

e<strong>in</strong>em Kontrollverlust gegenüber selbstorganisierten E<strong>in</strong>heiten<br />

und aus allgeme<strong>in</strong>en Ressentiments gegenüber<br />

Cloud-Comput<strong>in</strong>g resultiert [22]. Schließen sich Firmen<br />

zu e<strong>in</strong>em Kollaborationsnetzwerk zusammen, bleibt die<br />

Frage offen, <strong>in</strong>wieweit diese Produktionskette Vorteile<br />

gegenüber traditionellen Produktionsmodellen hat. Es<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

25


HAUPTBEITRAG<br />

werden Indikatoren benötigt, die Effekte und Wertschöpfungen<br />

aus der Kollaboration transparent machen und<br />

damit Vertrauen generieren.<br />

Zum Thema Vertrauen (trust) f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<br />

wie <strong>in</strong>tradiszipl<strong>in</strong>är vielfältige Def<strong>in</strong>itionen wieder.<br />

Die Psychologie beispielsweise fokussiert auf persönliche<br />

Aspekte, die Soziologie betrachtet das soziostrukturelle<br />

Paradigma, die Ökonomie untersucht die<br />

rationelle Dimension et cetera [15]. Innerhalb e<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong><br />

gibt es weitere Unterschiede, die sich an spezifischen<br />

Fragestellungen orientieren. In der IT kann dies<br />

Sicherheitsmechanismen und Zugangskontrolle <strong>in</strong> Computer-Netzwerken<br />

betreffen, die Verlässlichkeit von verteilten<br />

Systemen, oder die Nutzungspr<strong>in</strong>zipien von Applikationen<br />

basierend auf <strong>in</strong>dividuellen Haltungen [1].<br />

E<strong>in</strong>er der fachgebietsübergreifenden Aspekte ist, dass<br />

Misstrauen stets mit Intransparenz und Unsicherheit e<strong>in</strong>hergeht.<br />

Pieters [17] beleuchtet hierbei Grade der Intransparenz<br />

und Unsicherheit. Basierend auf Arbeiten von Luhmann<br />

[13, 12] unterscheidet er zwischen Vertrauen und<br />

Zutrauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> System. Während Zutrauen vom Unwissen<br />

gegenüber Risiken und fehlenden Alternativen gekennzeichnet<br />

ist, ist Vertrauen das Ergebnis abgewägter Risiken<br />

und Alternativen. Darauf aufbauend vergleicht er diese<br />

Systeme mit dem aus der IT bekannten Konzept der Black-<br />

Box, das heißt die <strong>in</strong>ternen Strukturen und Abläufe des<br />

Systems s<strong>in</strong>d unbekannt und lediglich die Wechselwirkungen<br />

mit dem System als Ganzes s<strong>in</strong>d beobachtbar.<br />

Für die Interaktion mit e<strong>in</strong>er Black-Box ist demnach<br />

Zutrauen erforderlich. Vertrauen h<strong>in</strong>gegen ist erst dann<br />

Schneiderei<br />

Stickerei<br />

Packer<br />

Transporteur<br />

Kunde<br />

BILD 1: Beispiel für<br />

e<strong>in</strong> dezentrales<br />

Produktionsnetzwerk<br />

BILD 2: Managementzyklus<br />

nach [16]<br />

Operationaler<br />

Effekt<br />

Metrik<br />

Kosten Zulieferung Bestellkosten<br />

Qualität<br />

Qualität<br />

Effizienz<br />

Flexibilität<br />

Innovation<br />

Nachhaltigkeit<br />

Vermarktung<br />

und Vertrieb<br />

Zulieferung<br />

Operationale<br />

Ebene<br />

Operationale<br />

Ebene<br />

Fehlbestand<br />

Geschäftsprozess<br />

Beschaffungslogistik<br />

Kundenbeschwerden<br />

Auftragsdurchlaufzeit<br />

Anzahl<br />

neuer Designs<br />

Distributionslogistik<br />

Lieferzeitflexibilität<br />

Produktionsausschuss<br />

Beschreibung<br />

Kosten von Rohmaterial über e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Dauer<br />

Häufigkeit von Fehlbeständen über<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte Dauer<br />

Anzahl von Beschwerden über e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Dauer<br />

Leerlaufzeiten zwischen Materialanforderung<br />

und -lieferung<br />

Pünktlich gelieferte Waren<br />

Anzahl neuer Designs über e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Dauer<br />

Menge an Ausschuss pro Produktionsschritt<br />

über e<strong>in</strong>e bestimmte Dauer<br />

TABELLE 1: Beispiele<br />

adaptiver Metriken<br />

26<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


möglich, wenn die Black-Box geöffnet wird und E<strong>in</strong>blick<br />

<strong>in</strong> Daten und Prozesse als Basis für e<strong>in</strong>e Entscheidung<br />

gibt. Die Öffnung der Black-Box erfordert dabei nicht die<br />

Transformation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Glass-Box, das heißt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> System,<br />

bei dem alle Bestandteile und deren Interaktion von<br />

außen beobachtbar s<strong>in</strong>d und jegliche Intransparenz obsolet<br />

würde, sondern den fokussierten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> grundsätzliche<br />

Funktionsweisen und Wirkpr<strong>in</strong>zipien des Systems<br />

(explanation-for-trust).<br />

2. GAMIFICATION<br />

<strong>Gamification</strong> ist def<strong>in</strong>iert als die Nutzung von Spielemechanismen<br />

<strong>in</strong> nicht-spielerischen Kontexten [6] mit dem<br />

primären Ziel, Partizipation und Motivation von Nutzern<br />

zu erhöhen. Im Rahmen des Kundenbeziehungsmanagements<br />

wird versucht, mittels Spielemechanismen die<br />

Loyalität der Kunden zu erhöhen. Im Kontext von Geschäftsprozessen<br />

geht es darum das Engagement von<br />

Mitarbeitern zu erhöhen.<br />

Laut Jane McGonigal [14] ist jedes Spiel durch folgende<br />

Merkmale gekennzeichnet: klare Ziele und Regeln, stetiges<br />

Feedback bezüglich der vere<strong>in</strong>barten Ziele entlang der<br />

Regeln, sowie die Freiwilligkeit der Benutzung. Im Rahmen<br />

von <strong>Gamification</strong> sollen diese Eigenschaften <strong>in</strong> nichtspielerischen<br />

Kontexten ebenfalls realisiert werden.<br />

Für die Herleitung e<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nvollen und nachhaltigen<br />

<strong>Gamification</strong>-Designs haben sich bereits e<strong>in</strong>ige Methoden<br />

etabliert. [2] nennt grundsätzliche Spielertypen und<br />

ihre Motivation (zum Beispiel erfolgs-, kooperativ-, kompetitiv-<br />

oder sozialorientierte Typen). Außerdem postuliert<br />

[21], dass der Komplexitätsgrad des <strong>Gamification</strong>designs<br />

stets mit den jeweiligen Fähigkeiten des<br />

Nutzers im Gleichgewicht se<strong>in</strong> muss, damit e<strong>in</strong> produktiver<br />

Flow-Zustand entstehen kann [5]. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

existieren e<strong>in</strong>e Vielzahl weiterer psychologischer Faktoren<br />

im Unternehmenskontext, die sich auf die Motivation<br />

auswirken können [11].<br />

Hierbei lassen sich drei Herausforderungen identifizieren.<br />

Erstens ist es nicht möglich, e<strong>in</strong> <strong>Gamification</strong>-<br />

Design für alle Unternehmen gleich zu def<strong>in</strong>ieren, da<br />

die Effektivität von <strong>Gamification</strong> von den <strong>in</strong>dividuellen<br />

Motivationsbedürfnissen der jeweiligen Mitarbeiter<br />

abhängig ist. Zweitens soll ausreichend Transparenz<br />

über Regeln und Feedbackmechanismen, wie beispielsweise<br />

Punktestände, erzeugt werden, um Vertrauen<br />

und Motivation bei anderen Partnern zu erlangen. Andererseits<br />

müssen Geschäfts<strong>in</strong>terna gewahrt bleiben,<br />

um Verletzungen des Datenschutzes oder des Firmenimages<br />

zu vermeiden. Die Entwicklung e<strong>in</strong>es <strong>Gamification</strong>-Konzepts<br />

muss daher auf e<strong>in</strong>e Kompromisslösung<br />

abzielen, wie etwa die Aggregation von Informationen,<br />

die den Kollaborationspartnern <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Detailtiefe zur Verfügung gestellt wird [10]. Drittens<br />

stellt sich die Frage, wie sich kollaborative Spielregeln<br />

für Unternehmen erstellen lassen, die nebene<strong>in</strong>ander<br />

stehen oder auch <strong>in</strong> unterschiedlichen Prozessen entkoppelt<br />

vone<strong>in</strong>ander funktionieren. Während bisherige<br />

<strong>Gamification</strong>-Ansätze sich auf Regelverwaltung<br />

durch e<strong>in</strong>e zentrale Instanz fokussieren [9], s<strong>in</strong>d für<br />

dezentrale Netzwerke neue Ansätze zu diskutieren, die<br />

e<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Regelausprägungen<br />

möglich machen.<br />

3. MULTIDIMENSIONALES METRIK-SET<br />

Bevor wir das Gesamtkonzept vorstellen, werden nun<br />

die betrachteten betriebswirtschaftlichen Faktoren<br />

e<strong>in</strong>geführt. Dazu wurde im Rahmen des EU-Projekts<br />

ComVantage e<strong>in</strong> multidimensionales Metrik-Set erarbeitet<br />

und evaluiert [18], das für das vorliegende Konzept<br />

als Grundlage dient. Das Metrik-Set adressiert den<br />

Mehrwert der Kollaboration, wobei die Auswirkungen<br />

auf die Bus<strong>in</strong>ess-Performanz anhand von Kosten, Effizienz,<br />

Qualität, Flexibilität, Innovation, und Nachhaltigkeit<br />

gemessen werden. Die Bus<strong>in</strong>ess-Performanz<br />

wird weiterh<strong>in</strong> nach Prozesskategorien <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Kollaborationsnetzwerks betrachtet. Die Kategorien<br />

umfassen: Zulieferung, Beschaffungslogistik, operationale<br />

Ebene, Distributionslogistik, sowie Vermarktung<br />

und Vertrieb.<br />

Um diese Metriken aussagekräftig zu gestalten, ist es<br />

erforderlich, sie auf der Ebene von Geschäftsprozessen<br />

zu konkretisieren. Am Beispiel unseres Netzwerks aus<br />

Bild 1 können die Metriken, wie <strong>in</strong> Tabelle 1 gezeigt, auf<br />

Prozesse heruntergebrochen werden.<br />

Hierbei ist hervorzuheben, dass e<strong>in</strong> Mitglied des Netzwerkes<br />

nicht alle Metriken gleichermaßen fokussieren<br />

wird, da sich die Metriken aus betriebsökonomischer<br />

Sicht teilweise widersprechen. Je nach Anforderungsprofil<br />

müssen Metriken priorisiert oder e<strong>in</strong> Kompromiss<br />

gefunden werden.<br />

4. GAMIFICATION IN DEZENTRALEN NETZWERKEN<br />

Im Kontext der Unternehmenskommunikation wird<br />

zwischen der <strong>in</strong>ternen und externen Unternehmenskommunikation<br />

unterschieden. Im Folgenden wird<br />

diskutiert, wie sich <strong>Gamification</strong> übergreifend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

dezentralen Kollaborationsnetzwerk anwenden lässt.<br />

4.1 Interne Unternehmenskommunikation<br />

Bevor der kollaborative Ansatz weiter diskutiert werden<br />

kann, s<strong>in</strong>d zunächst die betriebs<strong>in</strong>ternen Sichten<br />

zu beleuchten. Klassische Verfahren verfolgen e<strong>in</strong>en<br />

top-down Ansatz, bei dem sich operative Maßnahmen<br />

aus vorgelagerten strategischen Überlegungen im Rahmen<br />

der Unternehmensziele ergeben (Bild 2). Die anschließend<br />

zur Ausführungszeit von den Fachabteilungen<br />

gesammelten Kennzahlen werden aggregiert<br />

und der Ist-Zustand mit den gesteckten Zielen verglichen.<br />

Dabei ist zu beachten, dass die operative Leistungsmessung<br />

stets unidirektional gerichtet ist. Im<br />

Rahmen von <strong>Gamification</strong> wird jedoch der stetige<br />

Rückkanal zum Mitarbeiter gefordert, sodass Mitarbeiter<br />

e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n aus diesen Zahlen für die tägliche<br />

Arbeit ableiten können [14].<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

27


HAUPTBEITRAG<br />

Demnach ergibt sich e<strong>in</strong>e Diskrepanz zwischen den<br />

strategischen Kennzahlen des Unternehmens und motivierenden<br />

Kennzahlen für die Mitarbeiter. Die Autoren<br />

argumentieren daher, dass e<strong>in</strong> ganzheitlicher Ansatz für<br />

<strong>Gamification</strong> im Unternehmen e<strong>in</strong> Kompromiss aus beiden<br />

Bestrebungen se<strong>in</strong> sollte, das heißt die operativen<br />

Kennzahlen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits top-down durch die Unternehmensziele<br />

sowie bottom-up durch die Motivationsbedürfnisse<br />

der Mitarbeiter def<strong>in</strong>iert worden, zum Beispiel<br />

unter Berücksichtigung verschiedener Motivationstypen<br />

nach [2]. Für die weitere Betrachtung wird angenommen,<br />

dass e<strong>in</strong> geeignetes <strong>Gamification</strong>konzept <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Unternehmen def<strong>in</strong>iert wurde. Die Aggregation<br />

und Vere<strong>in</strong>igung der e<strong>in</strong>zelnen Leistungen der Mitarbeiter<br />

stellt somit den Ist-Zustand des gesamten Unternehmens<br />

dar (Bild 2).<br />

4.2 Externe Unternehmenskommunikation<br />

Auf der e<strong>in</strong>en Seite bilden die aggregierten Kennzahlen<br />

und Auszeichnungen die Grundlage zur Darstellung des<br />

Gesamtbeitrages von jedem Mitarbeiter. Auf der anderen<br />

Seite ergibt sich für das Unternehmen e<strong>in</strong> gewisses Profil,<br />

das transparent nach außen kommuniziert werden<br />

kann. Somit ist jeder Teilnehmer des Netzwerkes durch<br />

e<strong>in</strong> bestimmtes <strong>Gamification</strong>-Profil gekennzeichnet.<br />

Die Emergenz e<strong>in</strong>es konkreten Netzwerkes entsteht<br />

dabei aus kooperativen respektive kompetitiven Bedürfnissen<br />

der potenziellen Netzwerkteilnehmer. Beispielsweise<br />

können Teilnehmer anhand bestimmter Profile<br />

e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit anstreben, um sich gegenseitig zu<br />

ergänzen oder bestimmte Metriken zu verstärken. Mikroökonomisches<br />

Ziel dieser Komposition von Teilnehmern<br />

ist dabei e<strong>in</strong>e kompetitive Diversifikation von anderen<br />

dezentralen Netzwerken. Das Gesamtprofil des<br />

Netzwerks stellt somit die Vere<strong>in</strong>igungsmenge über die<br />

Profile aller Knoten dar. Auf Unternehmensebene f<strong>in</strong>det<br />

ebenso e<strong>in</strong>e kompetitive Selektion statt, zum Beispiel,<br />

wenn e<strong>in</strong> Mitglied die Nachhaltigkeitsfaktoren über Effizienzfaktoren<br />

bei se<strong>in</strong>en Lieferanten stellt.<br />

4.3 Konzept<br />

Obwohl e<strong>in</strong>e, wie bisher übliche, zentrale Def<strong>in</strong>ition<br />

von Zielen, Regeln und Feedbackmechanismen grundsätzlich<br />

denkbar ist, so steht es doch mit dem dezentralen<br />

Charakter im Widerspruch. Beispielsweise wird<br />

die Spontanität e<strong>in</strong>er Netzwerkausbildung dadurch<br />

verr<strong>in</strong>gert, dass langwierige Vorabstimmungen getroffen<br />

werden müssen (Tabelle 2). Auf der anderen Seite<br />

argumentieren wir, dass e<strong>in</strong>e vollständig dezentrale<br />

Def<strong>in</strong>ition, <strong>in</strong> welcher jedes Unternehmen unabhängig<br />

von anderen Partnern eigene Ziele, Regeln und Feedback-Mechanismen<br />

erstellt, e<strong>in</strong>e Unvergleichbarkeit<br />

nach sich zieht, da zum Beispiel Punkte, Auszeichnungen<br />

oder andere Fortschrittsmaße sowie die Regeln, die<br />

zu ihnen geführt haben, kaum zu vergleichen s<strong>in</strong>d. Dies<br />

kann sich wiederum negativ auf Transparenz und Vertrauen<br />

auswirken (Tabelle 3). Deshalb schlagen wir e<strong>in</strong>en<br />

hybriden Ansatz vor (Tabelle 4), der sich wie folgt<br />

gestalten kann:<br />

Unter der Menge aller potenziellen Netzwerkteilnehmer,<br />

gibt es e<strong>in</strong>e echte Untermenge dedizierter Unternehmen<br />

(im Folgenden als Hub bezeichnet), denen die<br />

gesonderte Rolle zukommt, die Menge der anderen<br />

Unternehmen respektive Netzwerke zu konsolidieren<br />

Vorteile<br />

E<strong>in</strong>fache technische Realisierung<br />

Hohe Vergleichbarkeit<br />

Hohe Transparenz<br />

Nachteile<br />

Hoher Abstimmungsaufwand a priori<br />

Aufwändiges Änderungsma-nagement<br />

<strong>Gamification</strong>-Design gilt für alle gleich (Gießkanne)<br />

TABELLE 2:<br />

Zentrale Def<strong>in</strong>ition<br />

von <strong>Gamification</strong>-<br />

Inhalten<br />

Vorteile<br />

E<strong>in</strong>fache technische Realisierung<br />

Ke<strong>in</strong> Abstimmungsaufwand<br />

E<strong>in</strong>faches Änderungsmanagement<br />

Nachteile<br />

Kaum Vergleichbarkeit<br />

Isolierte Transparenz<br />

TABELLE 3:<br />

Dezentrale Def<strong>in</strong>ition<br />

von <strong>Gamification</strong>-<br />

Inhalten<br />

Vorteile<br />

Individuelle <strong>Gamification</strong>-Designs<br />

Moderate Vergleichbarkeit<br />

Nachteile<br />

Moderater Abstimmungsaufwand a priori<br />

Def<strong>in</strong>ition von Übersetzungsregeln<br />

Schwierige technische Realisierung<br />

TABELLE 4:<br />

Hybride Def<strong>in</strong>ition<br />

von <strong>Gamification</strong>-<br />

Inhalten<br />

28<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


BILD 3: Motivationsklassifikation am Beispiel<br />

nachhaltige Schneiderei nach [21]<br />

und somit das zentrale Verwaltungs- und Wertesystem<br />

zur Verfügung zu stellen. Am Beispiel der betrachteten<br />

Produktionskette aus Abschnitt 1 könnte dies beispielsweise<br />

der Betreiber des Webshops se<strong>in</strong>. Sollte<br />

ke<strong>in</strong>er der partizipierenden Partner diese Rolle e<strong>in</strong>nehmen<br />

können, so kann diese Konsolidierung im Verantwortungsbereich<br />

der zentralen Software-Managementlösung<br />

liegen.<br />

Bevor Teilnehmer e<strong>in</strong>em Netzwerk beitreten können,<br />

muss der Hub die zentralen Spielemechanismen zur Verfügung<br />

stellen. Dies umfasst die Def<strong>in</strong>ition von grundlegenden<br />

Metriken (zum Beispiel Punktkategorien) oder<br />

auch grundlegenden Regeln (zum Beispiel Transformationsregeln).<br />

Da es nicht nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Konzept geben<br />

kann, können mehrere solcher Grundkonzepte (im Folgenden<br />

Schablone genannt) def<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong>, die jeweils<br />

durch e<strong>in</strong>e Menge von Spielmechanismen, bestehend aus<br />

beliebigen Regeln und Feedback-Mechanismen ohne<br />

konkrete Ziele, determ<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d. Dadurch erhalten die<br />

Schablonen die Aufgabe, das für alle Netzwerkteilnehmer<br />

geltende Wertesystem zu def<strong>in</strong>ieren.<br />

Möchte nun e<strong>in</strong> neuer Teilnehmer dem Netzwerk als<br />

Partner beitreten, so wählt er beim Hub e<strong>in</strong>e oder mehrere<br />

solcher Schablonen aus. Die Auswahl der geeigneten<br />

Schablonen ergibt sich dabei durch den Kompromiss<br />

der Unternehmensziele und Motivationsbedürfnisse<br />

(Abschnitt 4.1).<br />

Da jedoch die Schablonen ke<strong>in</strong>e konkreten Instanzdaten<br />

und Ziele enthalten, obliegt es jedem Unternehmen<br />

selbst, welche Daten tatsächlich zur Verfügung gestellt<br />

werden, um die <strong>in</strong>haltliche Aussage für das jeweilige<br />

Profil zu treffen. Darüber h<strong>in</strong>aus hat das Unternehmen<br />

die Aufgabe, selbst Ziele und Regeln auf Basis der vorab<br />

gepflegten Informationen zu erstellen. Diese Art des Spieledesigns<br />

wird <strong>in</strong> Unterhaltungsspielen oft auch als<br />

Player-Def<strong>in</strong>ed-Goals-Muster bezeichnet und f<strong>in</strong>det sich<br />

<strong>in</strong> Spielen wie SimCity oder Die Sims wieder, vergleiche<br />

[3]. Hierbei def<strong>in</strong>iert das ausgelieferte Spiel e<strong>in</strong>e Menge<br />

allgeme<strong>in</strong>er Regeln sowie das Wertesystem. Die Def<strong>in</strong>ition<br />

von konkreten Zielen und Belohnungen h<strong>in</strong>gegen<br />

obliegt dem Nutzer selbst, wobei diese meist latenten<br />

Charakter haben und entweder durch Erfahrung beim<br />

Spielen oder durch die Interaktion mit e<strong>in</strong>er Community<br />

emergieren [20].<br />

4.4. Beispiel<br />

Zur Illustration des Ansatzes sollen die vorgestellten<br />

Metriken am Beispiel der kunden<strong>in</strong>dividuellen Bekleidungsproduktion<br />

operationalisiert werden (Abschnitt 1).<br />

Hierbei ist zu beachten, dass es sich um e<strong>in</strong> hypothetisches<br />

Beispiel handelt, das lediglich zur Veranschaulichung<br />

dient.<br />

Dar<strong>in</strong> stellt der Webshop-Provider den Hub dar. In e<strong>in</strong>er<br />

vorgelagerten Analyse wird identifiziert, welche latenten<br />

Faktoren für die Netzwerke im Allgeme<strong>in</strong>en relevant s<strong>in</strong>d<br />

und zwischen Unternehmen verglichen werden sollen.<br />

Hierbei nutzen wir die identifizierten Faktoren aus Abschnitt<br />

3. Für jeden dieser Faktoren werden Metadaten<br />

von Spielemechanismen spezifiziert. Beispielsweise wird<br />

def<strong>in</strong>iert, dass der Faktor Nachhaltigkeit durch e<strong>in</strong>e Metrik<br />

Green Po<strong>in</strong>ts operationalisiert wird und es verschiedene<br />

Level/Abstufungen entlang dieser Metrik gibt. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus können weitere Spielemechanismen zur<br />

Motivationsförderung def<strong>in</strong>iert werden. Beispielsweise<br />

wird vom Webshop-Betreiber e<strong>in</strong>e Portalseite def<strong>in</strong>iert,<br />

<strong>in</strong> der die Teilnehmer des Kollaborationsnetzwerks jeweils<br />

verschiedene Auszeichnungen für besonders nachhaltige<br />

Aktivitäten ablegen können. Hierbei ist jedoch<br />

festzuhalten, dass die Def<strong>in</strong>ition dieses Portals ohne Ziel<br />

und Zweck auskommt, da diese durch das jeweilige Unternehmen<br />

spezifiziert werden müssen. Die Sammlung<br />

aller Artefakte bezüglich des Faktors Nachhaltigkeit wird<br />

<strong>in</strong> der Schablone abgelegt.<br />

E<strong>in</strong>e Schneiderei des Kollaborationsnetzwerks verfolgt<br />

e<strong>in</strong>en stark ressourcenschonenden und ökologischen<br />

Produktionsansatz (Materialverschnitt pro Produktionse<strong>in</strong>heit<br />

kle<strong>in</strong>er 5%), der auch im Interesse der Mitarbeiter<br />

ist. E<strong>in</strong>e beispielhafte Analyse der Motivationsbedürfnisse<br />

ex ante ergab dabei Bild 3. In dieser Grafik s<strong>in</strong>d die<br />

vier Motivationstypen nach [2] <strong>in</strong> den jeweiligen Quadranten<br />

abgetragen: Killer (kompetitivorientiert; circa<br />

1%), Achiever (sammelorientiert; circa 10%), Explorer<br />

(erkundungsorientiert; circa 10%) und Socializer (kooperativorientiert;<br />

circa 80%).<br />

Nach dieser exemplarischen E<strong>in</strong>teilung ergäbe sich<br />

folgendes Profil: Die Mitarbeiter haben e<strong>in</strong>en hohen <strong>in</strong>dividuellen<br />

Anspruch an e<strong>in</strong>e nachhaltige Produktion<br />

(Achiever-Aspekt) sowie e<strong>in</strong>en kollektiven Anspruch<br />

(Socializer-Aspekt), das heißt Mitarbeiter s<strong>in</strong>d zusätzlich<br />

motiviert, wenn Kollegen und Geschäftsführung ebenfalls<br />

konsequentes Engagement zeigen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

s<strong>in</strong>d Mitarbeiter durch die hohe Qualität ihrer Erzeugnisse<br />

stark motiviert.<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

29


HAUPTBEITRAG<br />

Vor der Teilnahme am Netzwerk wählt demnach die<br />

Schneiderei entsprechend die Ökoschablone beim Webshop<br />

aus. Darauf aufbauend muss die Schneiderei nun<br />

selbst konkrete Ziele und Regeln für die eigenen Mitarbeiter<br />

def<strong>in</strong>ieren; etwa wie viele Green Po<strong>in</strong>ts es für welche<br />

Verhaltensweisen gibt. Zum Beispiel gibt es e<strong>in</strong>e<br />

Regel mit Bed<strong>in</strong>gung: < 2 qm Materialverschnitt pro<br />

Monat; Konsequenz: 5 Punkte oder e<strong>in</strong>e Regel mit Bed<strong>in</strong>gung<br />

drei Monate <strong>in</strong>folge unter den besten drei; Konsequenz:<br />

e<strong>in</strong>e beliebige Auszeichnung. Außerdem hat<br />

die Schneiderei obere Intervallschranken für beispielsweise<br />

Punkte zu def<strong>in</strong>ieren, damit sich das Erreichte<br />

respektive der Fortschritt relativ ermitteln und an den<br />

Webshop-Betreiber übertragen lässt, siehe Tabelle 5. Hier<br />

können die Soll- oder durchschnittlichen Ist-Werte als<br />

Grundlage dienen.<br />

Außerdem möchte die Schneiderei das durch die<br />

Schablone def<strong>in</strong>ierte Portal (virtueller Raum) nutzen.<br />

Dafür erstellt sie weitere Regeln, zum Beispiel welche<br />

virtuellen Objekte es zu erlangen gibt und unter welchen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen man diese erhält. Weiterh<strong>in</strong> gibt es Regeln,<br />

die vorschreiben, was passiert, wenn dieser Raum von<br />

e<strong>in</strong>em Mitarbeiter (Achiever-Aspekt) oder geme<strong>in</strong>sam<br />

durch das gesamten Kollegium (Socializer-Aspekt) ausgefüllt<br />

wurde. Im Fall der Schneiderei werden dann<br />

beispielsweise Bäume <strong>in</strong> der näheren Umgebung f<strong>in</strong>anziert<br />

und gepflanzt. Alternativ könnten im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Kampagne auch soziale Projekte unterstützt werden.<br />

Diese Wechselwirkungen zwischen Bemühungen <strong>in</strong> der<br />

realen und virtuellen Welt bewirken e<strong>in</strong>e weitere Verstärkung<br />

der Motivation [19].<br />

Abschließend bleibt es aber stets die Aufgabe jedes<br />

Netzwerkteilnehmers, das <strong>in</strong>dividuelle Design auf der<br />

e<strong>in</strong>en Seite und die Anpassung an das Schema der gewählten<br />

Schablone vorzunehmen, also unterschiedliche<br />

Prämiensysteme und Feedbackmechanismen e<strong>in</strong>zusetzen.<br />

Beispielsweise kann das Schema aus Bild 3 für e<strong>in</strong>e<br />

andere Design-Schneiderei völlig anders aussehen, da<br />

<strong>in</strong>sbesondere Innovationsfaktoren im Vordergrund stehen<br />

(siehe Tabelle 6). Außerdem tritt e<strong>in</strong> ebenfalls ökologisch<br />

orientiertes Transportunternehmen, dessen Fuhrpark fast<br />

ausschließlich mit Hybridfahrzeugen ausgestattet ist, dem<br />

Netzwerk bei. Neben den ökologischen Faktoren spielt für<br />

dieses Unternehmen noch e<strong>in</strong>e Reihe anderer Faktoren<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, siehe Tabelle 7. Ebenfalls muss das<br />

Transportunternehmen e<strong>in</strong>e Anpassung der Ökoschablone<br />

an die eigenen Bedürfnisse vornehmen, um genormte<br />

Daten an die zentrale Plattform zu übermitteln.<br />

Der Zusammenschluss der Schneiderei und des Transportunternehmens<br />

kann zu e<strong>in</strong>em Verstärkungseffekt<br />

des ökologischen Gesamtprofils führen, was e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil<br />

erbr<strong>in</strong>gen und die Motivation der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Mitarbeiter <strong>in</strong> den verschiedenen Unternehmungen<br />

steigern kann, da ihr Anteil, der <strong>in</strong>dividuell wenig Gewicht<br />

haben mag, <strong>in</strong> der Summe der E<strong>in</strong>zelbeiträge signifikante<br />

ökologische Auswirkungen erreicht. Hierbei<br />

lässt sich e<strong>in</strong> kollaborativer Motivationseffekt auslösen<br />

(Socializer-Aspekt) [14].<br />

Variable Faktoren Abstufung<br />

Materialverschnitt<br />

Materialverschnitt<br />

Rückgabequote<br />

Kosten<br />

Nachhaltigkeit<br />

Qualität<br />


Schlussendlich führt der Webshop-Betreiber die nach<br />

außen kommunizierten Metriken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesamtprofil<br />

des Netzwerks zusammen. Tabelle 8 zeigt e<strong>in</strong>e stark<br />

vere<strong>in</strong>fachte Gegenüberstellung zweier Beispielnetzwerke<br />

A und B anhand der Ausprägungen des Faktors<br />

Nachhaltigkeit. Es zeigt sich, dass Netzwerk A im Vergleich<br />

zu B im ökologischen S<strong>in</strong>ne deutlich besser aufgestellt<br />

ist. Dass die prozentuale Summe hier nicht<br />

100% beträgt, liegt daran, dass die anderen Faktoren<br />

(Effizienz, Flexibilität) ebenfalls e<strong>in</strong>e Rolle spielen. Für<br />

e<strong>in</strong>e vere<strong>in</strong>fachte Visualisierung wird <strong>in</strong> diesem Beitrag<br />

auf e<strong>in</strong>e univariate Darstellung zurückgegriffen. Die<br />

Autoren weisen aber darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>e multivariate<br />

Darstellung über alle Faktoren notwendig ist, um den<br />

konsistenten Vergleich über alle Faktoren zwischen<br />

Netzwerken herzustellen.<br />

Kunden s<strong>in</strong>d anhand dieser transparenten Gegenüberstellung<br />

<strong>in</strong> der Lage, das für ihre Bedürfnisse passende<br />

Netzwerk auszuwählen. Beispielsweise hat die Analyse<br />

des Webshop-Betreibers gezeigt, dass die Zielgruppe der<br />

nachhaltig orientierten Kunden dadurch noch besser<br />

erreicht werden kann, da zusätzliche Transparenz h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der ökologischen Produktion geschaffen wird,<br />

was zu höheren Verkaufszahlen <strong>in</strong> Netzwerk B führt.<br />

E<strong>in</strong>e Auswahl solcher Motivationsfaktoren zeigt Tabelle<br />

9. Es sei darauf verwiesen, dass hierbei auch e<strong>in</strong> B2C-<br />

<strong>Gamification</strong>-Konzept, erstellt und gewartet durch den<br />

Webshop-Betreiber, e<strong>in</strong>gesetzt werden kann, um die<br />

Kundenloyalität zu erhöhen.<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />

In diesem Beitrag wurde die Anwendung von <strong>Gamification</strong><br />

<strong>in</strong> dezentralen <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong> aus theoretischer<br />

Sicht diskutiert. Dabei lag die Arbeitshypothese<br />

zugrunde, dass <strong>Gamification</strong> die Transparenz und<br />

somit das Vertrauen <strong>in</strong> das gesamte Netzwerk erhöhen<br />

kann, <strong>in</strong> dem die Aktionen der Mitarbeiter und des Unternehmens<br />

<strong>in</strong> aggregierter Form externen Interessenten<br />

zugänglich gemacht werden. Hierzu haben die Autoren<br />

e<strong>in</strong>en potenziellen Integrationsansatz von dezentralen<br />

<strong>Kollaborationsnetzwerken</strong> und <strong>Gamification</strong> diskutiert.<br />

Durch e<strong>in</strong>en hybriden Ansatz aus zentraler, durch e<strong>in</strong>en<br />

Hub spezifizierten Vorgabe, und dezentraler, unternehmensspezifischer<br />

Anpassung ist es möglich, die Nachteile<br />

der komplementären Ansätze gegenseitig zu kompensieren.<br />

Dadurch ist es möglich, die Mitarbeiter des<br />

jeweiligen Unternehmens zu motivieren, an den jeweiligen<br />

Prozessen mitzuwirken und die verschiedenen<br />

Parteien des Netzwerks zur Nutzung anzuregen.<br />

Dennoch gibt es e<strong>in</strong>e Reihe von Herausforderungen<br />

und Risiken, die es <strong>in</strong> weiteren Arbeiten zu adressieren<br />

und evaluieren gilt. Zum e<strong>in</strong>en wurden <strong>in</strong> diesem Beitrag<br />

Authentifizierungsprobleme außen vor gelassen, das<br />

heißt, vorab muss e<strong>in</strong>e Art Zertifizierung der Netzwerkteilnehmer<br />

am Hub erfolgen, damit sich auch die Echtheit<br />

der Daten garantieren lässt. Zum anderen ist zu<br />

klären, wie die Integrität der Daten sichergestellt werden<br />

kann, das heißt das Melden falscher Zahlen zur gezielten<br />

Prozessschritt Netzwerk A Netzwerk B<br />

Materialwirtschaft Shirt – Bereitstellungspauschale 7,5 % 10 %<br />

Kundendesign 0 % 0 %<br />

Schneidern des Shirts 20 % 0 %<br />

Transport zur Stickerei 14 % 5 %<br />

Besticken des Shirts – 5 %<br />

Transport zur Schneiderei 20 % 10 %<br />

Zusammennähen des Shirts 10 % 0 %<br />

Bügeln des Shirts 2,5 % 0 %<br />

Verpacken des Shirts 2,5 % 0 %<br />

Transport zum Kunden 3,5 % 0 %<br />

Summe 80 % 30 %<br />

TABELLE 8:<br />

Beispiel für<br />

Webshop-Betreiber<br />

Variable Faktoren Abstufung<br />

Kaufverhalten soll ökologische<br />

Materialien bevorzugen<br />

Kunden sollen regionale Produkte<br />

bevorzugen<br />

Nachhaltigkeit<br />

Nachhaltigkeit<br />

>= 20 % tolerabel<br />

>= 70 % ausgezeichnet<br />


HAUPTBEITRAG<br />

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In: Bakker, A.B., Leiter, M.P. (Hrsg.). Work Engagement: A Handbook of<br />

Essential Theory and Research, S. 118-131. New York, Psychology Press 2010<br />

[20] Schell, J.: The Art of Game Design: A Book of Lenses.<br />

Elsevier 2008<br />

[21] Zichermann, G., Cunn<strong>in</strong>gham, Ch.: <strong>Gamification</strong> by Design: Implement<strong>in</strong>g Game<br />

Mechanics <strong>in</strong> Web and Mobile Apps. O’Reilly Media, 2011<br />

[22] Zissis, D., Lekkas, D.: Address<strong>in</strong>g cloud comput<strong>in</strong>g security issues.<br />

Future Generation Computer Systems 28(3), S. 583-592, 2012.<br />

Imageverbesserung muss vermeidbar se<strong>in</strong>. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

sollte es für jeden Netzwerkteilnehmer die Möglichkeit<br />

geben, den Grad der Transparenz zu regulieren.<br />

E<strong>in</strong>ige Spielmechanismen s<strong>in</strong>d eher nur für den <strong>in</strong>ternen<br />

Gebrauch bestimmt, woh<strong>in</strong>gegen andere zweifelsfrei<br />

nach außen kommuniziert werden können.<br />

Des Weiteren ist die Erstellung und Wartung der Inhalte<br />

mit beachtlichem Aufwand verbunden, sodass genau<br />

geprüft werden sollte, <strong>in</strong>wiefern sich e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

bezogen auf Kosten und Nutzen lohnen kann. Hierfür<br />

fehlt es derzeit noch an klaren Return-on-Investment<br />

Studien.<br />

DANKSAGUNG<br />

AUTOREN<br />

M.Sc. PHILIPP HERZIG<br />

(geb. 1987) ist seit 2011 bei<br />

SAP Research und Doktorand<br />

im Bereich Enterprise<br />

<strong>Gamification</strong>, Big Data &<br />

Platforms an der TU Dresden.<br />

Er hat an der TU Dresden<br />

den Master <strong>in</strong> Wirtschafts<strong>in</strong>formatik<br />

erworben.<br />

SAP Research, SAP AG,<br />

Chemnitzer Straße 48, D-01187 Dresden,<br />

Tel. +49 (0) 6227 75 25 00,<br />

E-Mail: philipp.herzig@sap.com<br />

MANUSKRIPTEINGANG<br />

01.11.2012<br />

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />

Diese Arbeit wurde vom Seventh Framework<br />

Programme der Europäischen Union, Grant Agreement<br />

Nummer FP7-294928 ComVantage gefördert.<br />

Dr. ANGELIKA SALMEN<br />

(geb. 1966) ist seit 2009<br />

Research Manager Human<br />

Computer Interaction<br />

bei SAP Research.<br />

Ihr Arbeitsfeld ist die<br />

Mensch-Masch<strong>in</strong>e<br />

Interaktion.<br />

SAP Research, SAP AG,<br />

V<strong>in</strong>cenz-Prießnitz-Straße 1, D-76131 Karlsruhe,<br />

Tel. +49 (0) 6227 75 25 00,<br />

E-Mail: angelika.salmen@sap.com<br />

32<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


KNOWLEDGE<br />

for the FUTURE<br />

Qualified read<strong>in</strong>g<br />

for automation<br />

experts<br />

Process Control Systems Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />

Process Control Systems (PCS) are distributed control systems<br />

(DCS) that are specialized to meet specific requirements of the<br />

process <strong>in</strong>dustries.<br />

The text book focuses on PCS eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g basics that are common<br />

to different doma<strong>in</strong>s of the process <strong>in</strong>dustries. It relates to an<br />

experimental research plant which serves for the exploration<br />

of the <strong>in</strong>teraction between process modularization and process<br />

automation methods. This permits to capture features of highly<br />

specialized and <strong>in</strong>tegrated mono-product plants as well as<br />

application areas which are dom<strong>in</strong>ated by locally standardized<br />

general-purpose apparatus and multi-product schemes. While<br />

the text book’s theory is applicable for all PCS of different<br />

suppliers, the examples refer to Siemens’ control system PCS 7.<br />

Focus<strong>in</strong>g on a s<strong>in</strong>gle PCS enables readers to use the book <strong>in</strong> basic<br />

lectures on PCS eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g as well as <strong>in</strong> computer lab courses,<br />

allow<strong>in</strong>g students to ga<strong>in</strong> hands-on experience.<br />

Editor: L. Urbas<br />

1 st <strong>edition</strong> 2012, 204 pages, content <strong>in</strong> English * , hardcover<br />

*<br />

German language version com<strong>in</strong>g soon<br />

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1 st <strong>edition</strong> 2012 (ISBN: 978-3-8356-3198-4)<br />

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Street/P.O. Box, No.<br />

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Vulkan-Verlag GmbH<br />

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Postfach 10 39 62<br />

45039 Essen<br />

GERMANY<br />

Country, postal code, town<br />

Phone<br />

E-Mail<br />

L<strong>in</strong>e of bus<strong>in</strong>ess<br />

Fax<br />

Date, signature<br />

Please note: Accord<strong>in</strong>g to German law this request may be withdrawn with<strong>in</strong> 14 days after order date <strong>in</strong> writ<strong>in</strong>g to Vulkan Verlag GmbH, Versandbuchhandlung, Postfach 10 39 62, 45039 Essen, Germany.<br />

In order to accomplish your request and for communication purposes your personal data are be<strong>in</strong>g recorded and stored. It is approved that this data may also be used <strong>in</strong> commercial ways<br />

by mail, by phone, by fax, by email, none. This approval may be withdrawn at any time.<br />

PAPCSE2012


HAUPTBEITRAG<br />

Vernetzte Apps für komplexe<br />

Aufgaben <strong>in</strong> der Industrie<br />

Apps nutzerfreundlich und effizient orchestrieren<br />

Die Spezialisierung auf eng umgrenzte Aufgaben ist e<strong>in</strong> Erfolgsfaktor für Apps auf Mobilgeräten,<br />

kann aber bei komplexen Anforderungen zum Nachteil werden, wenn Teilaufgaben<br />

häufige manuelle App-Wechsel erfordern. Dieser Beitrag stellt das Konzept der<br />

App-Orchestrierung vor, das die Vernetzung von Apps unter Erhaltung des Arbeitskontextes,<br />

zum Beispiel <strong>in</strong> Virtual Factories, erlaubt. Durch die Verwendung von Aufgaben-,<br />

Arbeitsfluss- und Kontextmodellen kann dieser Vorgang automatisiert werden. Das entwickelte<br />

Konzept wurde prototypisch implementiert und e<strong>in</strong>er formativen Evaluation<br />

unterzogen.<br />

SCHLAGWÖRTER Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Schnittstelle / Appifikation / Orchestrierung /<br />

Mobilgeräte / Virtual Factories<br />

Network<strong>in</strong>g apps for complex <strong>in</strong>dustrial tasks –<br />

Orchestrat<strong>in</strong>g apps efficiently<br />

Tailored to a specific task, mobile applications can offer high usability. However, they do<br />

not yet support complex workflows, which require frequent manual switch<strong>in</strong>g between<br />

apps. To overcome this limitation, we have developed the concept of App Orchestration.<br />

This makes it possible to connect the apps with each other while ma<strong>in</strong>ta<strong>in</strong><strong>in</strong>g the work<br />

context, e.g. <strong>in</strong> Virtual Factories. The orchestration process can be automated with models<br />

for tasks, workflows, and contexts. The concept was implemented <strong>in</strong> a prototype and<br />

subjected to a formative evaluation.<br />

KEYWORDS human-mach<strong>in</strong>e-<strong>in</strong>terface / appification / orchestration / mobile devices /<br />

virtual factories<br />

34<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


JOHANNES PFEFFER, MARKUS GRAUBE, JENS ZIEGLER, LEON URBAS, TU Dresden<br />

Apps – kle<strong>in</strong>e, für Mobilgeräte spezialisierte<br />

Programme – unterstützen ihre Anwender<br />

<strong>in</strong> vielen Lebensbereichen. Sie werden genutzt,<br />

um beispielsweise den Weg zur nächsten<br />

Postfiliale zu f<strong>in</strong>den, e<strong>in</strong>e Busverb<strong>in</strong>dung<br />

herauszusuchen, zur Kommunikation mit Freunden<br />

und Geschäftspartnern oder für das Onl<strong>in</strong>ebank<strong>in</strong>g [1].<br />

Für e<strong>in</strong>en Großteil der Informationsbedarfe des täglichen<br />

Lebens, ob privater oder beruflicher Natur, gibt es<br />

mittlerweile die passende App. Apps haben die Nützlichkeit<br />

von Mobiltelefonen und Tablets enorm erhöht.<br />

E<strong>in</strong>er Studie der Firma Appsfire [2] zufolge s<strong>in</strong>d auf<br />

e<strong>in</strong>em durchschnittlichen iPhone 108 verschiedene<br />

Apps <strong>in</strong>stalliert. Diese Entwicklung h<strong>in</strong> zur Omnipräsenz<br />

der kle<strong>in</strong>en spezialisierten Programme wird als<br />

Appification bezeichnet.<br />

Neben den eben genannten klassischen Anwendungen<br />

gibt es bereits Ansätze, Apps <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriellen Umgebungen<br />

e<strong>in</strong>zusetzen. Beispiele dafür s<strong>in</strong>d Apps, die<br />

den Gerätezustand anzeigen oder Assistenten für die<br />

Auswahl des passenden Produktes e<strong>in</strong>es Herstellers<br />

bereitstellen (siehe beispielsweise Automation App<br />

Award [3]). Diese Spezialprogramme lassen sich gut mit<br />

dem Limited-Purpose-Grundsatz von Apps vere<strong>in</strong>baren:<br />

Sie unterstützen den Nutzer bei bestimmten eng<br />

umgrenzten Aufgaben sehr effizient. Was sie bisher<br />

nicht bieten, ist umfassende Interoperabilität und Vernetzung<br />

untere<strong>in</strong>ander zur Unterstützung komplexerer<br />

Aufgaben.<br />

Virtual Factories, Schlüsselkonzept der Factories of<br />

the Future des gleichnamigen Public-Private-Partnership-Programms<br />

der Europäischen Kommission [4], s<strong>in</strong>d<br />

zeitlich befristete und def<strong>in</strong>iert arbeitsteilige Kooperationen<br />

zwischen realen Unternehmen unterschiedlicher<br />

Größe zur Bewältigung spezifischer Projekte. Dabei kann<br />

die Kooperation für e<strong>in</strong>en kurzen Projektzeitraum, oder<br />

für e<strong>in</strong>e langfristige Zusammenarbeit angelegt se<strong>in</strong>. Die<br />

Kooperation <strong>in</strong> solchen Virtual Factories umfasst komplexe<br />

Aufgaben, die Daten von verschiedenen Teilnehmern<br />

erfordern. Zudem besitzen die e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen<br />

bereits Werkzeuge und Applikationen, die sie <strong>in</strong><br />

ihren eigenen Prozessen unterstützen. Um die <strong>in</strong>härenten<br />

Vorteile von Virtual Factories optimal nutzen zu<br />

können, müssen diese Werkzeuge aber noch vernetzt und<br />

gegebenenfalls für andere Stakeholder verfügbar gemacht<br />

werden. Die aus der Vernetzung entstehenden<br />

Unterstützungssysteme helfen dann bei der effizienten<br />

Bewältigung der komplexen Gesamtaufgabe.<br />

Im Rahmen dieses Beitrags soll exemplarisch e<strong>in</strong> Geschäftsbereich<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Virtual Factory betrachtet<br />

werden, nämlich die Kooperation e<strong>in</strong>es Anlagenbetreibers<br />

mit e<strong>in</strong>em Dienstleister zu Instandhaltung e<strong>in</strong>er<br />

Prozessanlage. Der Dienstleister muss auf alle für se<strong>in</strong>e<br />

Aufgaben relevanten Informationen zugreifen können.<br />

Er führt komplexe Wartungsaufgaben im Feld durch und<br />

wird dabei von e<strong>in</strong>em mobilen Unterstützungssystem<br />

assistiert. Der Fokus liegt <strong>in</strong> diesem Beitrag auf der Unterstützung<br />

durch vernetzte Apps und dem dafür entwickelten<br />

Konzept der App-Orchestrierung. Auf die Daten<strong>in</strong>tegration<br />

mittels L<strong>in</strong>ked Data und Sparql <strong>in</strong> Virtual<br />

Factories wird <strong>in</strong> [5] e<strong>in</strong>gegangen.<br />

1. DAS KONZEPT DER APP-ORCHESTRIERUNG<br />

1.1 Grundlagen<br />

Die durch Apps auf mobilen Endgeräten unterstützbaren<br />

Arbeitsabläufe <strong>in</strong> der Industrie können komplex se<strong>in</strong> und<br />

aus sehr verschiedenartigen Aufgaben bestehen. Alle<strong>in</strong><br />

im Bereich der Instandhaltung reichen diese von der e<strong>in</strong>fachen<br />

Navigation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Anlagenhierarchie über die<br />

Bearbeitung von Parameterlisten bis h<strong>in</strong> zur Cycle-Time-<br />

Analyse von Produktionsl<strong>in</strong>ien. Manche dieser Aufgaben<br />

werden noch vorwiegend mit Papier und Stift durch das<br />

Ausfüllen und spätere Digitalisieren von Formularen bearbeitet,<br />

andere werden durch hochentwickelte Desktopanwendungen<br />

abgedeckt. Besonders letztere s<strong>in</strong>d für<br />

große Bildschirme mit Mausbedienung optimiert und<br />

lassen sich unter Gewährleistung der nötigen Benutzerfreundlichkeit<br />

und Flexibilität nicht direkt auf Mobilgeräte<br />

übertragen. Um die Vorteile der Spezialisierung von<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

35


HAUPTBEITRAG<br />

Apps für komplexe Aufgaben nutzbar zu machen, wurden<br />

unter anderem Ideen aus der Service-Orchestrierung,<br />

dem Model Driven Development und dem Component<br />

Based Software Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g aufgegriffen.<br />

Innerhalb der Domäne der Automatisierungs- und Prozessleittechnik<br />

wurden aufgaben- und datenspezifische<br />

Invarianten identifiziert, die durch e<strong>in</strong>en abgestimmten<br />

Satz von Generic Apps bedient werden können. Jede Generic<br />

App ist dabei auf die Erfüllung e<strong>in</strong>es bestimmten<br />

Informationsbedarfs auf Nutzer- oder Anbieterseite spezialisiert.<br />

Die <strong>in</strong> den Informationsbedarfen enthaltenen<br />

Invarianten umfassen beispielsweise semantische Nachbarschaftsverhältnisse<br />

um e<strong>in</strong>en Po<strong>in</strong>t of Interest, Positionsdaten,<br />

Ereignisse, Zeitreihen, Wartungspläne oder<br />

Aufgabenlisten. Durch Konzentration auf solche Invarianten<br />

lassen sich die meisten Generic Apps auf vielfältige<br />

Weise wiederverwenden.<br />

Das App-Orchestrierungskonzept umfasst drei Hauptschritte<br />

[6]:<br />

Select (auswählen)<br />

Adapt (anpassen)<br />

Manage (verknüpfen und vermitteln)<br />

Im ersten Schritt werden die Invarianten der zu unterstützenden<br />

Aufgabe identifiziert. Auf dieser Grundlage<br />

werden Apps ausgewählt, die diese Invarianten optimal<br />

bedienen. Als zweites werden die Datenanb<strong>in</strong>dung,<br />

die E<strong>in</strong>gabemodalität und das visuelle Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />

der Anwendungen kontextabhängig adaptiert.<br />

Im Selektions- und im Adaptionsschritt können<br />

Darstellungsanforderungen aus externen Quellen (zum<br />

Beispiel aus Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g-Daten oder e<strong>in</strong>em FDI Device<br />

Package [7]) berücksichtigt werden. Im dritten und letzten<br />

Schritt wird das dynamische Navigationsdesign<br />

generiert und die Navigation zwischen Apps durch<br />

Verknüpfungen <strong>in</strong> der Anwendung und <strong>in</strong> Kontextmenüs<br />

realisiert.<br />

1.2 Architektur<br />

Im Folgenden wird e<strong>in</strong>e Architektur für die Realisierung<br />

des App-Orchestrierungskonzeptes vorgestellt. Sie besteht<br />

aus e<strong>in</strong>er Design-Time- und e<strong>in</strong>er Runtime-Komponente<br />

und ist e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> die Infrastruktur e<strong>in</strong>er Virtual<br />

Factory.<br />

Die eigentliche Orchestrierung f<strong>in</strong>det zur Design-Time<br />

statt und greift auf den geme<strong>in</strong>samen Informationsraum<br />

der Virtual Factory zurück. Die von den Apps benötigten<br />

Daten liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Informationsraum, der<br />

auf dem L<strong>in</strong>ked-Data-Konzept [8] basiert und durch e<strong>in</strong>en<br />

Sparql Endpo<strong>in</strong>t [9] zugänglich gemacht wird. Sie umfassen<br />

verschiedene für die Orchestrierung relevante Modelle<br />

(Aufgaben-, Arbeitsfluss- und Kontextmodelle), verwendete<br />

Ontologien, Informationen über den Zugriff (Doma<strong>in</strong><br />

Source Map) und die eigentlichen Unternehmensdaten.<br />

In Bild 1 wird der Informationsfluss dargestellt; Funktionen<br />

werden durch Kreise, E<strong>in</strong>gänge und Ausgänge<br />

durch Rechtecke repräsentiert. Die erste Funktion (Select)<br />

wird mit dem Aufgabenmodell, dem Kontextmodell<br />

und den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em App-Pool h<strong>in</strong>terlegten Beschreibungen<br />

gespeist.Mit diesen Informationen lassen sich die passenden<br />

Generic Apps auswählen. Dies kann teilweise<br />

automatisch geschehen. Bei auftretenden Ambiguitäten,<br />

beispielweise Apps mit identischer oder sehr ähnlicher<br />

Funktion, ist jedoch e<strong>in</strong> manueller E<strong>in</strong>griff notwendig.<br />

Ist für e<strong>in</strong>e modellierte Aufgabe noch ke<strong>in</strong>e passende<br />

App im App-Pool vorhanden, so wird die Aufgabe übersprungen<br />

und später im Navigationsdesign als nicht unterstützt<br />

gekennzeichnet. Für diese Aufgabe kann dann<br />

e<strong>in</strong>e passende App entwickelt werden, oder sie wird wie<br />

bisher ohne mobile Unterstützung durchgeführt. So werden<br />

die E<strong>in</strong>stiegshürden gesenkt und Arbeitsabläufe<br />

ermöglicht, welche herkömmliche Arbeitsweisen mit<br />

mobiler Unterstützung verb<strong>in</strong>den.<br />

In der zweiten Funktion (Adapt to Context), beg<strong>in</strong>nt<br />

der Adaptionsschritt. Das Kontextmodell wird herange-<br />

BILD 1:<br />

Informationsfluss bei<br />

der App-Orchestrierung<br />

zur Entwurfszeit<br />

36<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


zogen, um das visuelle Ersche<strong>in</strong>ungsbild anzupassen<br />

und die Interaktionsmodalität der gewählten Apps festzulegen.<br />

Die nächste Funktion im Adaptionsschritt (Parametrize<br />

Template) passt die <strong>in</strong> den App-Beschreibungen<br />

h<strong>in</strong>terlegten Sparql Templates an die verwendete<br />

Ontologie an, sodass die korrekten Begriffe, Typen und<br />

Relationen <strong>in</strong> der Abfrage verwendet werden. Die Doma<strong>in</strong><br />

Source Map enthält dabei die nötigen Informationen<br />

zu den Sparql-Endpo<strong>in</strong>ts der Virtual Factory.<br />

Das Resultat, e<strong>in</strong> Satz von Adapted Apps, wird an die<br />

nächste Funktion weitergereicht (Create Navigation Design).<br />

Unter Verwendung des <strong>in</strong> den App-Beschreibungen<br />

def<strong>in</strong>ierten Interface und des Arbeitsflussmodells wird<br />

e<strong>in</strong> Navigationsdesign erstellt, welches <strong>in</strong> die Managementkomponente<br />

e<strong>in</strong>fließt.<br />

Die Ergebnisse der Orchestrierung, die adaptierten Apps<br />

und die Managementkomponente (siehe Bild 2) werden auf<br />

das mobile Gerät übertragen. Die Managementkomponente<br />

ist zur Runtime für das Umschalten zwischen den orchestrierten<br />

Apps (App Switcher), das Navigationsdesign<br />

(Navigation Design), die Inter-App-Kommunikation (Message<br />

Dash) und den Zugriff auf den geme<strong>in</strong>samen Informationsraum<br />

(L<strong>in</strong>ked Data Interface) zuständig. E<strong>in</strong><br />

L<strong>in</strong>ked Data Cache kann temporär auch das Arbeiten ohne<br />

Netzwerkverb<strong>in</strong>dung ermöglichen. Der App Switcher<br />

nutzt das modellierte Navigationsdesign, um zwischen<br />

den Apps umzuschalten, das Message Dash dient zum<br />

Austausch zwischen Apps. Sie können dort Nachrichten<br />

bestehend aus e<strong>in</strong>em Zeitstempel, der App-ID und e<strong>in</strong>em<br />

e<strong>in</strong>fachen Schlüssel-Wert-Paar h<strong>in</strong>terlegen. Typische<br />

Nachrichten s<strong>in</strong>d URIs, die zum nächsten Po<strong>in</strong>t of Interest<br />

zeigen, generierte oder e<strong>in</strong>gegebene Daten, die von der<br />

nächsten App benötigt werden, oder andere <strong>in</strong> der App-<br />

Beschreibung def<strong>in</strong>ierte Nachrichten. Alle Sparql Queries,<br />

die e<strong>in</strong>e App ausführen möchte, werden durch das L<strong>in</strong>ked<br />

Data Interface geleitet, welches sich beim passenden<br />

L<strong>in</strong>ked Data Endpo<strong>in</strong>t authentifiziert, die gewünschten<br />

Informationen abfragt oder aus dem lokalen Cache holt.<br />

Das Orchestrierungskonzept lässt sich auf verschiedene<br />

Arten implementieren. Dabei ist grundsätzlich zwischen<br />

der Design-Time-Komponente und der Runtime-<br />

Komponente zu unterscheiden. Erstere übernimmt den<br />

eigentlichen Orchestrierungsprozess und wird außerhalb<br />

des Mobilgerätes durchgeführt. Die Runtime-Komponente<br />

dagegen managt unter anderem die Umschaltung<br />

zwischen den Apps auf dem Gerät gemäß dem erstellten<br />

Navigationsdesign und erlaubt die Inter-App-<br />

Kommunikation (siehe Bild 2).<br />

Die Design-Time-Komponente lässt sich beispielsweise<br />

als Eclipse-Modul oder <strong>in</strong> Form von Build-Skripten<br />

plattformunabhängig realisieren. Die Runtime-<br />

Komponente muss dagegen plattformspezifisch für das<br />

jeweilige Zielsystem implementiert werden. Primäre<br />

Zielplattform für den vorgestellten Prototypen ist Android.<br />

Dort bietet der Intent-Mechanismus e<strong>in</strong>e gute<br />

Grundlage für die Umsetzung des Orchestrierungskonzeptes<br />

durch gesteuerten App-Wechsel. Für IOS<br />

kann auf URL-Schemes zurückgegriffen werden und<br />

unter W<strong>in</strong>dows Phone auf die Launcher und Chooser,<br />

wobei hier aufgrund des Sandbox-Konzeptes E<strong>in</strong>schränkungen<br />

bestehen.<br />

2. APP-ORCHESTRIERUNG IN DER INSTANDHALTUNG<br />

Im folgenden Abschnitt wird e<strong>in</strong> Anwendungsbeispiel vorgestellt,<br />

<strong>in</strong> dem das Konzept der App-Orchestrierung prototypisch<br />

implementiert und anschließend evaluiert wurde.<br />

2.1 Szenario<br />

In dem gewählten Szenario aus der mobilen Instandhaltung<br />

[11] ist e<strong>in</strong> externer Dienstleister für die Wartung<br />

e<strong>in</strong>er automatisierten chemischen Anlage zuständig. E<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>samer Informationsraum auf Basis des L<strong>in</strong>ked-<br />

Data-Konzepts [5] enthält dabei die Planungsdaten, die<br />

Wartungs<strong>in</strong>formationen und die aktuellen Betriebsparameter<br />

der Anlage. Die von dem Dienstleister entsendeten<br />

Wartungstechniker haben dadurch Zugriff auf Informationen,<br />

die sie zur regelmäßigen Instandhaltung der Anlage<br />

benötigen. Der Zugriff erfolgt mit mobilen Endgeräten,<br />

sodass e<strong>in</strong> papierfreies Arbeiten ermöglicht wird.<br />

2.2 Aufgaben- und Arbeitsflussmodelle<br />

BILD 2: Runtime-Komponenten<br />

der App-Orchestrierung<br />

E<strong>in</strong>e Aufgabenanalyse mit Industriepartnern [12] hat<br />

zu dem <strong>in</strong> Bild 3 dargestellten hierarchischen Aufgabenmodell<br />

geführt. Das Ziel – Anlage warten – besteht<br />

dabei aus zwei Aktivitäten und e<strong>in</strong>em Teilziel, welches<br />

sich wieder <strong>in</strong> fünf Aktivitäten aufteilt. Dabei werden<br />

nur die tatsächlichen Arbeiten im Feld beachtet und<br />

vorbereitende sowie nachfolgende Tätigkeiten vernachlässigt.<br />

Die dazugehörigen Handlungspläne s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 1<br />

dargestellt. Nach Plan 0 muss sich der Wartungstechniker<br />

erst <strong>in</strong> der Anlage anmelden, bevor er die spezifizierten<br />

Geräte warten und e<strong>in</strong> <strong>in</strong>telligentes Durchflussmessgerät<br />

parametrieren darf. Plan 2 beschreibt den notwendigen<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

37


HAUPTBEITRAG<br />

BILD 4: Sequenzdiagramm<br />

des Navigationsdesigns<br />

BILD 3: Hierarchisches<br />

Aufgabenmodell des <strong>in</strong>dustriellen<br />

Wartungsszenarios [10]<br />

Handlungsplan Beschreibung<br />

Plan 0<br />

Führe 1 aus, danach (2 oder 3) <strong>in</strong> beliebiger Reihenfolge; Wiederhole 2 für jedes Gerät<br />

Plan 2 Führe 2.1 aus, danach (2.2 oder 2.3), danach (2.4 oder 2.5)<br />

TABELLE 1: Handlungsplanbeschreibung<br />

Ablauf, um e<strong>in</strong> bestimmtes Gerät zu warten: Zuerst muss<br />

die Aufgabenbeschreibung gelesen werden, um danach<br />

entweder das Gerät <strong>in</strong>spizieren oder reparieren zu können.<br />

Anschließend trägt der Wartungstechniker die Ergebnisse<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong> mobiles Unterstützungssystem e<strong>in</strong>, entweder durch<br />

die Auswahl e<strong>in</strong>es Elements aus e<strong>in</strong>er vorgegebenen Liste<br />

oder durch Nutzung e<strong>in</strong>er geeigneten E<strong>in</strong>gabemaske.<br />

Dieses Szenario wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er realitätsnahen Umgebung<br />

mit Geräten im <strong>in</strong>dustriellen Maßstab aufgebaut<br />

und besteht aus fünf Kontrollpunkten, die jeweils Wartungen<br />

oder Parametrierung nach dem vorgestellten<br />

Aufgabenmodell erfordern.<br />

2.3 Datenmodell<br />

Als Datenquelle wurden die Planungsdaten der Anlagenteile<br />

verwendet, die zuvor mithilfe des CAE-Systems Comos<br />

entworfen wurden. Diese Daten wurden nach e<strong>in</strong>em<br />

Transformationsschritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> L<strong>in</strong>ked-Data-Netzwerk e<strong>in</strong>gespeist,<br />

welches die Informationen zu den Wartungsaufgaben<br />

und Geräten enthält. Die Informationen über die<br />

Parametrierung der Geräte wurden zudem aus dem Prozessleitsystem<br />

Simatic PCS 7 extrahiert und als Simatic-<br />

PDM-Datei exportiert. Die dar<strong>in</strong> enthaltenden Informationen<br />

über den Parametersatz (<strong>in</strong>klusive Attributen wie Typ,<br />

E<strong>in</strong>heit, Standardwerte, mögliche E<strong>in</strong>gabewerte, M<strong>in</strong>ima<br />

und Maxima) wurden ebenfalls exportiert und mit den<br />

anderen Wartungs<strong>in</strong>formationen semantisch verknüpft.<br />

2.4 Referenzimplementierung<br />

Die Implementierung zu diesem Szenario enthält alle<br />

relevanten Aspekte des Select-Adapt-Manage-Konzepts<br />

der App-Orchestrierung (siehe Bild 1). Der Orchestrierungsprozess<br />

ist hierbei noch nicht automatisiert; die<br />

Orchestrierungsschritte wurden demnach manuell ausgeführt.<br />

Der App Pool besteht für das Szenario aus vier<br />

Generic Apps:<br />

LogOn App: zur Identifikation des Nutzers und Anmeldung<br />

im geme<strong>in</strong>samen Informationsraum der<br />

Virtual Factory<br />

Ma<strong>in</strong>tenance Support (MS) App: Bereitstellung von<br />

relevanten Informationen zu den Wartungsaufgaben<br />

und Möglichkeit, Resultate der Wartung zurückzuschreiben<br />

Device Manager (DM) App: zur Verwaltung und Parametrierung<br />

von <strong>in</strong>telligenten Feldgeräten.<br />

Neighborhood Browser (NB) App: zum Navigieren<br />

<strong>in</strong> der topologischen Struktur der Geräte, Rohre<br />

und Instrumentierungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er chemischen Anlage<br />

sowie <strong>in</strong> der technologischen Hierarchie [13]<br />

38<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


www.<strong>atp</strong>-<strong>edition</strong>.de<br />

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Die Orchestrierung des mobilen Unterstützungssystems<br />

wurde <strong>in</strong> drei Schritten durchgeführt:<br />

1 | Das Aufgaben- und Arbeitsflussmodell wurde analysiert,<br />

um Informations- und Kommunikationsbedarfe<br />

zu identifizieren. Mit diesen Informationen<br />

konnten geeignete Apps aus dem App Pool<br />

gewählt werden, wobei hier drei Apps als notwendig<br />

für das Aufgabenmodell identifiziert wurden.<br />

Die LogOn App übernimmt das Anmelden <strong>in</strong> der<br />

Anlage. Die MS App unterstützt die Wartungsaufgaben<br />

an den Geräten und die DM App erlaubt die<br />

Parametrierung des Durchflussmessgeräts.<br />

2 | Die gewählten Generic Apps wurden an die spezifische<br />

Aufgabe angepasst, was unter anderem die Abstimmung<br />

auf den Formfaktor des Zielgeräts, auf das<br />

Corporate Design sowie die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der notwendigen<br />

Datenabfragen umfasst. Die Sparql-Abfragen<br />

wurden an die verwendete Ontologie angepasst.<br />

3 | Das Arbeitsflussmodell erlaubte das Ableiten e<strong>in</strong>es<br />

Navigationsdesigns für die drei Adapted Apps.<br />

Bild 4 zeigt die vier verschiedenen möglichen App-<br />

Wechsel. Dabei s<strong>in</strong>d die Transitionen (a) und (d), als<br />

Wechsel von und zur LogOn App, fest vorgegeben<br />

und die Transitionen (b) und (c), als Wechsel zwischen<br />

der MS App und der DM App, zu jeder Zeit<br />

zwischen Anmelden und Abmelden frei verfügbar.<br />

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ideal für unterwegs, auf mobilen Endgeräten oder zum<br />

Archivieren.<br />

Wählen Sie e<strong>in</strong>fach das Bezugsangebot, das Ihnen zusagt:<br />

als Heft, ePaper oder Heft + ePaper!<br />

Die Transitionen (a) und (d) s<strong>in</strong>d automatische L<strong>in</strong>ks,<br />

die direkt nach der Anmeldung <strong>in</strong> der Anlage zu der MS<br />

App führen und dabei alle relevanten Informationen<br />

über den Nutzer, se<strong>in</strong>e Rolle und Rechte übertragen beziehungsweise<br />

nach Erledigung aller Wartungsaufgaben<br />

automatisch zur LogOn App zurückkehren, den Nutzer<br />

aus der Anlage abmelden und die Ergebnisse speichern.<br />

Im Gegensatz dazu lassen sich die Transitionen (b) und<br />

(c) jederzeit vom Nutzer aufrufen, um die Apps zu wechseln.<br />

Dabei werden relevante Informationen wie der aktuelle<br />

Po<strong>in</strong>t of Interest oder der Status der Aufgabe automatisch<br />

übertragen. Daher wurden diese beiden Apps<br />

im Adaptionsschritt um UI-Kontrollelemente für diese<br />

Inter-App-Verknüpfung ergänzt. Sie bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Kontextmenü, das manuell (durch Nutzere<strong>in</strong>gabe)<br />

und automatisch (orientiert an den Erfordernissen des<br />

Arbeitsflussmodells) e<strong>in</strong>geblendet werden kann.<br />

Somit hat die Orchestrierung zu e<strong>in</strong>em mobilen Unterstützungssystem<br />

geführt, das aus drei selbstständigen<br />

Apps besteht, die durch zwei Navigationspfade und<br />

e<strong>in</strong>en Inter-App-Informationsaustausch eng ane<strong>in</strong>ander<br />

gebunden wurden und sich ergänzen. Manuelle<br />

App-Wechsel s<strong>in</strong>d nicht notwendig.<br />

2.5 Evaluation<br />

Die Referenzimplementierung wurde e<strong>in</strong>er formativen<br />

Evaluation unterzogen. Als Erhebungs<strong>in</strong>strument wurde<br />

der SUS-Fragebogen (System Usability Scale) [14] gewählt,<br />

welcher zehn Aussagen enthält, die mittels e<strong>in</strong>er 10-Punkte-Likert-Skala<br />

bewertet werden. Das Ergebnis ist e<strong>in</strong><br />

Score zwischen 0 und 100. Um die SUS-Scores <strong>in</strong>terpretieren<br />

zu können, wurden sie auf der Bangor-Adjective-<br />

Skala [15] e<strong>in</strong>geordnet. Ziel der Evaluation war es, zu<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München


HAUPTBEITRAG<br />

BILD 5:<br />

Boxplot der<br />

SUS-Scores<br />

ID 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11<br />

Score 65,0 75,0 87,5 82,5 80,0 90,0 65,0 70,0 80,0 77,5 77,5<br />

TABELLE 2: SUS-Scores (S mean : 77,3; Median: 77,5; SD: 8,17; Range: 25)<br />

prüfen, ob der Prototyp unter Studenten der Ingenieurwissenschaften,<br />

welche e<strong>in</strong>e zukünftige Nutzergruppe repräsentieren,<br />

e<strong>in</strong>e Bewertung von m<strong>in</strong>destens „good“ erreicht.<br />

Abhängige Variable:<br />

S mean<br />

… Mittlerer SUS-Score aller Teilnehmer<br />

des Experiments<br />

Die folgenden Hypothesen wurden formuliert:<br />

H 0<br />

: S mean<br />

< S good<br />

H 1<br />

: S mean<br />

≥ S good<br />

H 0<br />

wird verworfen, wenn das mobile Unterstützungssystem<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en mittleren SUS-Score S good<br />

= 71,4<br />

erreicht (siehe [15]).<br />

Die Untersuchung wurde mit elf Studenten der Ingenieurwissenschaften<br />

(22 bis 31 Jahre) durchgeführt. Sie<br />

verfügen über technisches Vorwissen und haben Erfahrung<br />

im Umgang mit Computern und Mobilgeräten. In<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustrienahen Umgebung wurden mit dem System<br />

e<strong>in</strong>e Reihe vorgegebener Wartungsaufgaben bearbeitet<br />

(Details siehe [10]) und danach der SUS-Fragebogen ausgefüllt<br />

(Ergebnisse siehe Tabelle 2). Der Boxplot <strong>in</strong> Bild 5<br />

zeigt, dass mehr als 75 % der Ergebnisse über S good<br />

liegen.<br />

Um die Hypothesen zu prüfen, wurde e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiger<br />

t-Test durchgeführt. Auf dem gewählten Signifikanzniveau<br />

von α = 0,05 muss H 0<br />

zugunsten von H 1<br />

verworfen<br />

werden (Konfidenz<strong>in</strong>tervall 72,81 ≤ S < ∞). Folglich kann<br />

das System als „good” auf der Bangor-Adjective-Skala<br />

bezeichnet werden.<br />

FAZIT UND AUSBLICK<br />

Mit dem vorgestellten Konzept der App-Orchestrierung<br />

lassen sich mehrere spezialisierte Apps zu e<strong>in</strong>em kontextadaptierten<br />

und <strong>in</strong>tegrierten Navigationsdesign vere<strong>in</strong>en.<br />

Die Orchestrierung, bestehend aus e<strong>in</strong>em Select-,<br />

e<strong>in</strong>em Adapt- und e<strong>in</strong>em Manage-Schritt zur Entwurfszeit<br />

und e<strong>in</strong>er Management-Komponente zur Laufzeit<br />

ermöglicht es, vorgefertigte und auf Gebrauchstauglichkeit<br />

optimierte Apps für verschiedene komplexe Arbeitsprozesse<br />

wiederzuverwenden. Das entstehende Gesamtsystem<br />

kann komplexe Arbeitsprozesse <strong>in</strong> der Industrie<br />

mobil unterstützen.<br />

Der <strong>in</strong> der Evaluation des Prototyps erreichte Wert von<br />

„good“ auf der Bangor-Skala bedeutet, dass die Usability<br />

des getesteten Prototyps deutlich über dem <strong>in</strong> [15] beschriebenen<br />

Durchschnitt von 70 Punkten liegt. Dieses Ergebnis<br />

zeigt, dass durch das beschriebene Konzept der E<strong>in</strong>satz<br />

e<strong>in</strong>facher Apps für komplexe Aufgaben nicht nur möglich<br />

wird, sondern dass die Apps sich so auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gebrauchstauglichen<br />

Gesamtsystem vere<strong>in</strong>en lassen.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Faktor für die Effizienz der App-Orchestrierung<br />

ist der Grad der Automatisierung des Orchestrierungsprozesses<br />

zur Entwurfszeit, welcher abhängig<br />

von den verfügbaren Aufgaben-, Arbeitsfluss-, und Kontextmodellen<br />

ist. Diese müssen zum Teil erst entwickelt<br />

werden [1]; liegen sie jedoch beispielsweise als Teil von<br />

Bus<strong>in</strong>essprozessmodellen vor, ist e<strong>in</strong> hoher Grad an Automatisierung<br />

der Orchestrierung möglich.<br />

Die vorgestellte Realisierung im Rahmen der Instandhaltung<br />

ist nur e<strong>in</strong>e von verschiedenen möglichen Implementierungen<br />

des Konzeptes der App-Orchestrierung. Es<br />

kann ebenso von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen verwendet<br />

werden, um die Effizienz, Vernetzung und Wiederverwendung<br />

spezialisierter mobiler Werkzeuge zu erhöhen.<br />

Gegenwärtig wird der vorgestellte Ansatz weiter ausgebaut<br />

und <strong>in</strong> anderen <strong>in</strong>dustriellen Nutzungsszenarios<br />

evaluiert. Dabei werden der Automatisierungsgrad und<br />

die Komplexität des Navigationsdesigns stetig erhöht,<br />

um die Skalierbarkeit des Konzeptes zu untersuchen.<br />

DANKSAGUNG<br />

MANUSKRIPTEINGANG<br />

12.11.2012<br />

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />

Die diesem Beitrag zugrundeliegenden Arbeiten wurden<br />

teilweise im 7. Rahmenprogramm der Europäischen<br />

Union (FP7-284928 ComVantage) gefördert.<br />

40<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


REFERENZEN<br />

AUTOREN<br />

[1] Urbas, L.: Hard-, soft-, net- und socialware – Chancen<br />

und Herausforderungen für das useware-eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g.<br />

In: Tagungsband useware 2010, S. 3-14.<br />

Düsseldorf, VDI-Verlag 2010.<br />

[2] appsfire SAS, Infographic: iOS Apps vs. Web Apps,<br />

appsfire blog, 2011. http://blog.appsfire.com/<br />

<strong>in</strong>fographic-ios-apps-vs-web-apps<br />

[3] Kunze, S., Back, M.: Automation App Award.<br />

Elektrotechnik - Das Automatisierungs-Portal. Vogel<br />

Bus<strong>in</strong>ess Media, Oktober 2012. http://www.<br />

elektrotechnik.vogel.de/strategie-unternehmensfuehrung/articles/381562/<br />

[4] European Commission: Factories of the Future, Public<br />

Private Partnerships <strong>in</strong> research website, 2012.<br />

http://ec.europa.eu/research/<strong>in</strong>dustrial_technologies/factories-of-the-future_en.html<br />

[5] Graube, M., Pfeffer, J., Ziegler, J., Urbas, L.:<br />

Daten- und Werkzeug<strong>in</strong>tegration mit L<strong>in</strong>ked Data für<br />

die <strong>in</strong>dustrielle Datenverarbeitung. In: Tagungsband<br />

Automation 2012, S. 89-93. Düsseldorf, VDI-Verlag<br />

2012.<br />

[6] Pfeffer, J., Graube, M., Ziegler, J., Urbas, L.: E<strong>in</strong>fache<br />

Apps für komplexe Aufgaben. In: Tagungsband useware<br />

2012, S. 109-120. Düsseldorf, VDI-Verlag 2012.<br />

[7] FDI Cooperation: Field Device Integration Technology.<br />

Whitepaper 2012. http://www.fdi-cooperation.com/<br />

<strong>in</strong>dex.php/technology.html<br />

[8] Berners-Lee, T.: Design Issues – L<strong>in</strong>ked Data, W3C<br />

Website, 2006. http://www.w3.org/DesignIssues/<br />

L<strong>in</strong>kedData.html<br />

[9] W3C: SPARQL Query Language for RDF, W3C<br />

Recommendation, 2008. http://www.w3.org/TR/<br />

rdf-sparql-query/<br />

[10] Ziegler, J, Graube, M., Pfeffer, J., Urbas, L.: Beyond<br />

App-Cha<strong>in</strong><strong>in</strong>g: Mobile App Orchestration for Efficient<br />

Model Driven Software Generation. In: Proc. 17th Int.<br />

IEEE Conf. Emerg<strong>in</strong>g Technologies & Factory<br />

Automation (ETFA’12), 2012.<br />

[11] DIN 31051: Grundlagen der Instandhaltung, 2012.<br />

[12] Urbas, L., Pfeffer, J., Ziegler, J.: iLD-Apps: Usable<br />

Mobile Access to L<strong>in</strong>ked Data Clouds at the Shop Floor.<br />

In: Proc. Workshop Visual Interfaces to the Social and<br />

Semantic Web (VISSW 2011 at IUI 2011), 2011.<br />

http://ceur-ws.org/Vol-694/paper10.pdf<br />

[13] Pfeffer, J., Graube, M., Urbas, L.: Brows<strong>in</strong>g Reversible<br />

Neighborhood Relations <strong>in</strong> L<strong>in</strong>ked Data on Mobile<br />

Devices. In: Proc. 2nd Int. Conf. Pervasive Embedded<br />

Comput<strong>in</strong>g and Communication Systems (PECCS<br />

2012), S. 150-155. SciTePress 2012.<br />

[14] Brooke, J.: SUS – A quick and dirty usability scale. In:<br />

Jordan, P.W., Weerdmesster, B., Thomas, A.,<br />

Mclelland, I.L. (Hrsg.) Usability Evaluation <strong>in</strong><br />

Industry, S. 189-194. London, Taylor and Francis 1996.<br />

[15] Bangor, A., Miller, J., Kortum, P.: Determ<strong>in</strong><strong>in</strong>g What<br />

Individual SUS Scores Mean - Add<strong>in</strong>g an Adjective<br />

Rat<strong>in</strong>g Scale. Journal of Usability Studies 4 (3). S.<br />

114-123, 2009.<br />

Dipl.-Ing. JOHANNES PFEFFER (geb. 1982) ist seit Ende 2010<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden und dort im<br />

Bereich der Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Schnittstellen für die Prozessleittechnik<br />

tätig. Se<strong>in</strong>e Hauptforschungsgebiete s<strong>in</strong>d mobile<br />

Informationssysteme, besonders die Entwicklung und Evaluation<br />

gebrauchstauglicher Bedienoberflächen sowie die modellgetriebene<br />

Arbeitsunterstützung durch Mobilgeräte.<br />

TU Dresden,<br />

Institut für Automatisierungstechnik,<br />

D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 33 33 87,<br />

E-Mail: johannes.pfeffer@tu-dresden.de<br />

Dipl.-Ing. MARKUS GRAUBE (geb. 1985) ist seit Ende 2010 wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der TU Dresden und forscht dort im<br />

Bereich der Informationstechnologie. Besonderes Interesse gilt<br />

dabei der Problematik der Integration von <strong>in</strong>dustriellen Daten und<br />

von Aufgabenmodellen <strong>in</strong> der Prozess<strong>in</strong>dustrie mithilfe von<br />

semantischen Technologien.<br />

TU Dresden,<br />

Institut für Automatisierungstechnik,<br />

D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 33 33 87,<br />

E-Mail: markus.graube@tu-dresden.de<br />

Dipl.-Ing. JENS ZIEGLER (geb. 1982) ist seit Ende 2008 wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der TU Dresden und leitet dort seit 2010 die<br />

Arbeitsgruppe Mobile Informationssysteme. Se<strong>in</strong>e Hauptforschungsgebiete<br />

s<strong>in</strong>d mobile Informationssysteme, besonders <strong>in</strong> den Bereichen<br />

Aufgaben- und Kontextanalyse, Anforderungsspezifikation sowie der<br />

Entwicklung und Evaluation gebrauchstauglicher E<strong>in</strong>- und Ausgabegeräte<br />

für körpernahe verteilte Benutzungsschnittstellen.<br />

TU Dresden,<br />

Institut für Automatisierungstechnik,<br />

D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 34 23 67,<br />

E-Mail: jens.ziegler@tu-dresden.de<br />

Prof. Dr.-Ing. LEON URBAS (geb. 1965) ist Inhaber der Professur<br />

für Prozessleittechnik an der Technischen Universität Dresden.<br />

Se<strong>in</strong>e Hauptarbeitsgebiete beim Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g verteilter sicherheitskritischer<br />

Systeme s<strong>in</strong>d Funktions<strong>in</strong>tegration, modellgetriebenes<br />

Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g, Modularisierung, Informationsmodelle der Prozess<strong>in</strong>dustrie<br />

und Middleware <strong>in</strong> der Automatisierungstechnik. E<strong>in</strong>en<br />

weiteren Schwerpunkt bildet die Gebrauchstauglichkeit von<br />

mobilen Informationssystemen für die Prozess<strong>in</strong>dustrie, Analyse,<br />

Gestaltung und Bewertung von Alarmierungs- und Unterstützungssystemen<br />

sowie Methoden der Benutzermodellierung zur<br />

prospektiven Gestaltung von Mensch-Technik-Interaktion.<br />

TU Dresden,<br />

Institut für Automatisierungstechnik,<br />

D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 33 96 14,<br />

E-Mail: leon.urbas@tu-dresden.de<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

41


HAUPTBEITRAG<br />

Das Smartphone als<br />

universelles Diagnosegerät<br />

E<strong>in</strong> kundenzentriertes Konzept zur Fehlerdiagnose<br />

Die Fehlerdiagnose stellt e<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong> dar, die heute fast ausschließlich Fachkräften<br />

vorbehalten ist. Kaum e<strong>in</strong> Anwender kennt das detaillierte Innenleben e<strong>in</strong>es automatisierten<br />

Systems und die zugehörigen Diagnoseverfahren. Die Folge ist, dass Systeme mit<br />

leicht behebbaren Defekten entsorgt werden oder e<strong>in</strong> aufwendiger Wartungsprozess mit<br />

Anrufen bei diversen Service-Hotl<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Gang gesetzt werden muss. In diesem Beitrag<br />

wird e<strong>in</strong> Diagnosekonzept vorgestellt, welches sich ohne explizites Diagnosefachwissen<br />

anwenden lässt. Zentraler Bestandteil des Konzepts ist e<strong>in</strong> Smartphone, das mit e<strong>in</strong>er<br />

Diagnoseanwendung ausgestattet wird und damit als mobiles Diagnosegerät dient. E<strong>in</strong><br />

benutzerfreundliches Bedienkonzept und die Anb<strong>in</strong>dung an e<strong>in</strong>e zentrale Wissensbasis<br />

ermöglichen e<strong>in</strong>e anwendergerechte Diagnose. Zudem deckt das beschriebene Konzept<br />

die weitergehenden Schritte der Fehlerbehebung mit Hilfe <strong>in</strong>teraktiver Assistenzfunktionen<br />

ab, sodass das Diagnosegerät auch hierbei e<strong>in</strong>e größtmögliche Unterstützung bietet.<br />

SCHLAGWÖRTER Fehlerdiagnose / Fehlerbehebung / Benutzerfreundlichkeit /<br />

Assistenzfunktionen<br />

Us<strong>in</strong>g smart phones as a universal diagnostic tool –<br />

A user-friendly fault diagnosis concept<br />

Fault diagnosis is usually dealt with by experts. Ord<strong>in</strong>ary users rarely understand the detailed<br />

<strong>in</strong>ternal structure of an automated system and the associated diagnostic methods.<br />

The result is that systems which could easily be made to work aga<strong>in</strong> are either thrown away<br />

or an elaborate service process has to be started <strong>in</strong>volv<strong>in</strong>g calls to various service hotl<strong>in</strong>es.<br />

This paper presents a diagnosis approach for ord<strong>in</strong>ary users without diagnostic expertise.<br />

A commercially available smart phone equipped with a diagnostic application serves as a<br />

mobile diagnostic tool. An <strong>in</strong>tuitive user <strong>in</strong>terface concept and a connection to a central<br />

knowledge base enable user-friendly diagnosis. Further steps are described for <strong>in</strong>teractive<br />

troubleshoot<strong>in</strong>g, so that the diagnosis tool provides maximum support here too.<br />

KEYWORDS fault diagnosis / troubleshoot<strong>in</strong>g / usability<br />

42<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


ANDREAS FRIEDRICH, PETER GÖHNER, Universität Stuttgart<br />

Moderne automatisierte Systeme entwickeln<br />

sich ständig weiter, die an sie gestellten Anforderungen<br />

werden laufend größer. Dies<br />

führt dazu, dass die Komplexität solcher Systeme<br />

zunimmt, was sich auch auf das Gebiet<br />

der Fehlerdiagnose erschwerend auswirkt, also das Auff<strong>in</strong>den<br />

der Ursache von Fehlfunktionen. Kaum e<strong>in</strong> Anwender<br />

ist heute noch selbst <strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong>en aufgetretenen<br />

Fehler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em automatisierten System zu lokalisieren<br />

und diesen zu beheben. Der Anwender ist <strong>in</strong> der<br />

Regel mit der Bedienung e<strong>in</strong>es automatisierten Systems<br />

vertraut, nicht jedoch mit den Details zu dessen technischem<br />

Innenleben. Die Durchführung e<strong>in</strong>er erfolgreichen<br />

Fehlerdiagnose wird zudem durch die Benutzungsschnittstelle<br />

erschwert, da die Interaktion zwischen Anwender<br />

und System meist durch wenig verfügbare oder<br />

geeignete Bedien- und Anzeigeelemente begrenzt ist. Dies<br />

lässt ke<strong>in</strong>e detaillierte Aussage über Betriebszustände,<br />

erkannte Fehler oder Abweichungen vom Normalzustand<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für den Anwender verständlichen Weise zu.<br />

Die e<strong>in</strong>zige Alternative ist daher, Techniker mit der Fehlerdiagnose<br />

und Wartung zu beauftragen. Durch die steigende<br />

Komplexität der Systeme ist e<strong>in</strong> immer höheres Fachwissen<br />

nötig, welches von immer weniger Service-Technikern<br />

beherrscht wird. Deshalb nimmt der Mangel an entsprechenden<br />

Fachkräften bereits heute zu [1]. Der demografische<br />

Wandel <strong>in</strong> Deutschland verstärkt diesen Effekt, sodass sich<br />

der Mangel <strong>in</strong> den kommenden Jahren deutlich spürbar verschärfen<br />

wird. Die Anwender werden sich an Situationen<br />

gewöhnen müssen, wie sie von Arzt-Besuchen bekannt s<strong>in</strong>d:<br />

Um e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> bei e<strong>in</strong>em Service-Techniker zu erhalten,<br />

bedarf es mehrerer Wochen Wartezeit.<br />

Die Entwicklung e<strong>in</strong>es universellen Diagnosekonzepts<br />

kann diesen Problemen entgegenwirken. Das Hauptziel<br />

dieses Konzepts ist es, Anwendern ohne spezielles Wissen<br />

über Diagnoseverfahren und den exakten technischen<br />

Aufbau e<strong>in</strong>es Systems e<strong>in</strong>e selbstständige Durchführung<br />

von Wartungsarbeiten zu ermöglichen. Dies gilt<br />

für Produktautomatisierungssysteme, wie zum Beispiel<br />

Haushaltsgeräte im privaten Umfeld, und für <strong>in</strong>dustrietechnische<br />

Anlagen.<br />

1. HERAUSFORDERUNGEN IN DER FEHLERDIAGNOSE<br />

In der Automobilbranche ist der E<strong>in</strong>satz moderner Diagnoseverfahren<br />

weit vorangeschritten. Mit Hilfe universeller<br />

mobiler Diagnosegeräte können Informationen<br />

ausgelesen und entsprechende Änderungen am Fahrzeug<br />

vorgenommen werden. Nahezu jede Werkstatt setzt solche<br />

Geräte mittlerweile e<strong>in</strong>, ohne die e<strong>in</strong>e Diagnose<br />

kaum noch möglich wäre. In der Automatisierungstechnik<br />

h<strong>in</strong>gegen ist e<strong>in</strong> solcher universeller Diagnosestandard<br />

bislang nicht vorhanden. Viele Systeme besitzen<br />

ke<strong>in</strong>erlei <strong>in</strong>tegrierte Diagnosefunktionalität, andere Systeme<br />

verstecken diese h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er undurchschaubaren<br />

Benutzungsschnittstelle. So müssen teilweise mehrere<br />

Tasten parallel oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Reihenfolge<br />

gedrückt werden, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Diagnosemenü zu gelangen.<br />

Die Bedienung der Diagnoseprogramme ist dadurch erschwert,<br />

genauso wie die Auswertung der Ergebnisse:<br />

Da nur selten große Displays vorhanden s<strong>in</strong>d, um umfangreiche<br />

Diagnoseergebnisse darzustellen, muss die<br />

Ausgabe über e<strong>in</strong>zelne Signallampen oder 7-Segment-<br />

Anzeigen erfolgen. Die Zuordnung dieser Informationen<br />

ist ausschließlich durch Fachpersonal möglich oder mit<br />

großem E<strong>in</strong>arbeitungsaufwand verbunden.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Herausforderung <strong>in</strong> der Diagnose automatisierter<br />

Systeme ist die zur Verfügung stehende Rechenleistung:<br />

Aus Kostengründen ist die zentrale Steuerungse<strong>in</strong>heit<br />

so kle<strong>in</strong> dimensioniert, wie dies für den Anwendungszweck<br />

tatsächlich notwendig ist. Der Rechenaufwand<br />

für e<strong>in</strong>e vollständige Diagnose e<strong>in</strong>es automatisierten<br />

Systems ist <strong>in</strong> der Regel um e<strong>in</strong> Vielfaches größer, als dies<br />

für den normalen Betrieb der Fall ist. Hier s<strong>in</strong>d für die<br />

Durchführung der Diagnose also zusätzliche Rechenkapazitäten<br />

nötig, die dauerhaft oder im Bedarfsfall flexibel<br />

zur Verfügung gestellt werden müssen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Problem stellen veraltete Informationen dar:<br />

Die Handbücher sowie sämtliche Software- und Diagnoseprogramme<br />

s<strong>in</strong>d auf dem Stand des Auslieferungszeitpunktes.<br />

Spätere Erkenntnisse des Herstellers und darauf aufbauende<br />

Schlussfolgerungen werden bei e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> das System<br />

<strong>in</strong>tegrierten Fehlerdiagnose nicht berücksichtigt, was zur<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

43


HAUPTBEITRAG<br />

Folge hat, dass die Fehlererkennungsrate schlechter ausfällt,<br />

als dies mit aktuellem technischen Wissen möglich wäre.<br />

Hier wäre e<strong>in</strong>e Zugriffsmöglichkeit auf e<strong>in</strong>e Wissensbasis<br />

mit tagesaktuellen Informationen also zielführender.<br />

2. MOBILES DIAGNOSEKONZEPT<br />

Die genannten Herausforderungen bei der Diagnose von<br />

automatisierten Systemen sollen durch den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es<br />

neuartigen Diagnosekonzepts berücksichtigt werden.<br />

Zentraler Bestandteil des Konzepts ist e<strong>in</strong> universelles<br />

mobiles Diagnosegerät. Es stellt die notwendige Rechenleistung<br />

zur Verfügung und wird über e<strong>in</strong>e Schnittstelle<br />

an das automatisierte System angebunden (siehe Bild 1).<br />

Das mobile Diagnosegerät besitzt e<strong>in</strong>e Benutzungsschnittstelle,<br />

über die der Anwender E<strong>in</strong>gaben tätigt und<br />

über welches Resultate des Diagnosevorgangs zurückgemeldet<br />

werden. Außerdem besitzt das mobile Diagnosegerät<br />

e<strong>in</strong>e weitere Schnittstelle zu e<strong>in</strong>er zentralen Wissensbasis,<br />

die <strong>in</strong> räumlicher Nähe oder auch im Internet<br />

beheimatet se<strong>in</strong> kann, ähnlich dem <strong>in</strong> [2] vorgestellten<br />

Konzept. Das bedarfsorientierte Nachladen von Daten<br />

ermöglicht e<strong>in</strong>e Diagnose mit tagesaktuellen Informationen.<br />

Nicht vorhandene Daten über den Systemaufbau,<br />

passende Diagnoseprogramme, Fehlerlisten, berechnete<br />

Fehlerraten [3] und mehr können nachgeladen und müssen<br />

nicht permanent <strong>in</strong> allen Varianten für alle Systeme<br />

auf dem Diagnosegerät vorgehalten werden.<br />

Damit das mobile Diagnosegerät mit dem automatisierten<br />

System e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung aufbauen kann, braucht das<br />

zu diagnostizierende System e<strong>in</strong>e externe Schnittstelle<br />

(Interface). Über diese Schnittstelle werden sämtliche<br />

für die Diagnose relevanten Daten bereitgestellt und Befehle<br />

entgegengenommen. Sofern die Diagnosefunktionalität<br />

vollständig auf dem externen mobilen Diagnosegerät<br />

abläuft, s<strong>in</strong>d neben der Diagnoseschnittstelle ke<strong>in</strong>e<br />

weiteren Anforderungen an die Hardware des automatisierten<br />

Systems gegeben. Sollte aus strategischen Gründen<br />

e<strong>in</strong> Teil der Diagnosefunktionalität direkt auf dem<br />

automatisierten System ablaufen, ist zusätzliche Rechenkapazität<br />

und Hardware erforderlich, zum Beispiel,<br />

wenn Daten unter starken Echtzeitanforderungen verarbeitet<br />

werden müssen. Grundsätzlich wird <strong>in</strong> diesem<br />

Diagnosekonzept jedoch das Ziel verfolgt, möglichst<br />

wenig Änderungen an der Hardware des automatisierten<br />

Systems vornehmen zu müssen, um die Kosten und den<br />

Aufwand auf e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>imalen Niveau zu halten.<br />

Durch die Zielvorgabe, dass die Diagnose nicht nur von<br />

Fachpersonal, sondern auch vom klassischen Anwender<br />

durchgeführt wird, ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tuitives Bedienkonzept [4]<br />

erforderlich. Dies be<strong>in</strong>haltet unter anderem, dass für den<br />

Anwender s<strong>in</strong>nvolle Ergebnisse herausgefiltert und nur<br />

diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geeigneten Form ausgegeben werden. Dabei<br />

muss der Fehler so exakt wie möglich benannt werden.<br />

Intelligente Diagnoseprogramme s<strong>in</strong>d dazu nötig, die automatisiert<br />

ablaufen und als Resultat konkrete Ergebnisse<br />

liefern, wie beispielsweise den Defekt e<strong>in</strong>es Bauteils.<br />

E<strong>in</strong>e Auswahl der großen Anzahl von Verfahren, die e<strong>in</strong>en<br />

Fehler genau e<strong>in</strong>grenzen können, wird <strong>in</strong> [5] beschrieben.<br />

Durch gezielte Ansteuerung von Aktoren sowie<br />

direktes Auslesen der im automatisierten System<br />

enthaltenen Sensoren können Informationen über die<br />

korrekte Funktionsweise der beteiligten Bauteile gewonnen<br />

werden. Softwareprozesse <strong>in</strong>nerhalb des Systems<br />

können durch Steuerbefehle ebenfalls vom Diagnoseprozess<br />

angestoßen und die resultierenden Ergebnisse weiterverarbeitet<br />

werden (die auftretenden Datenflüsse s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> Bild 2 abgebildet). Im Idealfall besitzt das automatisierte<br />

System e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tegrierten Fehlerspeicher, <strong>in</strong> dem<br />

während der gesamten Betriebszeit Unregelmäßigkeiten<br />

dokumentiert werden. Durch das Auslesen des Fehlerspeichers<br />

stehen zusätzliche Informationen für den Fehlerlokalisationsprozess<br />

zur Verfügung. Jeder erkannte<br />

Fehler wird nach der erfolgreichen Lokalisierung e<strong>in</strong>er<br />

Fehlerklasse zugeordnet (siehe Tabelle 1).<br />

Neben der Fehlerdiagnose wird im Rahmen dieses Konzepts<br />

auch der weitere Fehlerbehebungsprozess betrachtet<br />

und aktiv unterstützt. Je nach identifizierter Fehlerklasse<br />

sieht der Fehlerbehebungsprozess unterschiedlich aus. Bei<br />

Fehlern der Klasse 1 kann das Diagnosegerät zunächst versuchen,<br />

den Fehler vollautomatisiert selbst zu lösen. E<strong>in</strong>e<br />

erkannte Verschmutzung e<strong>in</strong>es Leitungssystems könnte<br />

beispielsweise durch e<strong>in</strong>en Spülvorgang selbstständig beseitigt<br />

werden. Tritt e<strong>in</strong> Fehler der Klasse 2 auf, ist e<strong>in</strong><br />

manueller E<strong>in</strong>griff des Anwenders <strong>in</strong> das System nötig.<br />

Dabei wird er mit Hilfe <strong>in</strong>teraktiver Assistenzfunktionen<br />

durch den E<strong>in</strong>griff geführt und weitestgehend unterstützt.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist die manuelle Re<strong>in</strong>igung e<strong>in</strong>es Filters<br />

von groben Schmutzpartikeln oder das Überprüfen e<strong>in</strong>er<br />

Wasserzuleitung. Wird e<strong>in</strong> Fehler der Klasse 3 gemeldet,<br />

wurde e<strong>in</strong> Defekt e<strong>in</strong>er austauschbaren Systemkomponente<br />

festgestellt. In diesem Fall kann über das mobile Diagnosegerät<br />

direkt e<strong>in</strong> passendes Ersatzteil beim Hersteller<br />

bestellt werden. Hier entfällt also e<strong>in</strong> aufwendiger Bestellprozess<br />

mit Kontaktaufnahme zu e<strong>in</strong>em Händler. Der E<strong>in</strong>bau<br />

des Ersatzteils kann dann mit Hilfe e<strong>in</strong>er mitgelieferten<br />

ausführlichen E<strong>in</strong>bauanleitung erfolgen, alternativ auch<br />

über e<strong>in</strong>e im Diagnosegerät enthalte <strong>in</strong>teraktive Assistenzfunktion.<br />

Fehler der Klasse 4 s<strong>in</strong>d ohne geschulte Wartungskräfte<br />

nicht zu beheben. In diesem Fall muss also e<strong>in</strong><br />

Techniker mit der Problemlösung beauftragt werden. In<br />

e<strong>in</strong>em ersten Schritt werden hierfür auf dem Diagnosegerät<br />

die Kontaktdaten von Servicetechnikern angezeigt, die sich<br />

mit dem passenden System auskennen und den Fehler beheben<br />

können. Nach der Auswahl e<strong>in</strong>er Firma wird e<strong>in</strong><br />

detailliertes Fehlerprotokoll erzeugt, welches die bereits<br />

gewonnenen Informationen enthält, <strong>in</strong>klusive eventuell<br />

benötigter Ersatzteile. Diese Daten werden direkt dem ausgewählten<br />

Servicetechniker übertragen. Sowohl für den<br />

Anwender als auch für den Techniker bietet dies Vorteile:<br />

Dem Anwender bleiben zeitraubende Gespräche mit Service-Hotl<strong>in</strong>es<br />

erspart und der Techniker kann sich bestmöglich<br />

auf se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz vorbereiten. Fehler der Klasse<br />

5 signalisieren, dass e<strong>in</strong>e Reparatur nicht mehr unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten durchführbar ist. Diese Aussage<br />

muss ausführlich begründet werden, um ihre Glaubhaftigkeit<br />

zu unterstreichen.<br />

3. SMARTPHONE ALS UNIVERSELLES DIAGNOSEGERÄT<br />

Um das genannte Diagnosekonzept umsetzen zu können,<br />

musste zunächst e<strong>in</strong> passendes mobiles Diagnosegerät<br />

konzipiert werden. Wie <strong>in</strong> der Automobilbranche üblich,<br />

könnte e<strong>in</strong>e spezielle Hardware-Lösung entwickelt wer-<br />

44<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Automatisiertes System<br />

Mobiles Diagnosegerät<br />

Technischer Prozess<br />

µC Speicher<br />

Benutzungsschnittstelle<br />

Benutzungsschnittstelle<br />

Steuerung<br />

externes<br />

Interface<br />

Diagnose<br />

Fehler -<br />

behebung<br />

Betriebssystem<br />

Software<br />

externes<br />

Interface<br />

Wartung<br />

Update<br />

Zentrale Datenbank<br />

Gerätedaten<br />

Diagnosedaten<br />

Fehlerbehebungsdaten<br />

Bedienungsanleitungen<br />

Technikerdaten<br />

Firmwaredaten<br />

Funktionsdaten<br />

(im Netzwerk / Internet)<br />

Anwender<br />

BILD 1: Systemaufbau<br />

des Diagnose-Konzepts<br />

Automatisiertes System<br />

Rückmeldungen<br />

Sensorsignale<br />

Aktorsignale<br />

Fehlerspeicher<br />

Steuerbefehle<br />

Diagnose<br />

Wartung<br />

Software (Mobiles Diagnosegerät)<br />

Fehlerbehebung<br />

Update<br />

Service -<br />

anweisungen<br />

Serviceergebnisse<br />

Fehlerbehebungsmaßnahmen<br />

Anwender<br />

(Servicetätigkeiten)<br />

BILD 2: Auftretende<br />

Datenflüsse, die im<br />

Rahmen der<br />

Servicetätigkeiten<br />

verarbeitet werden.<br />

Geräte-&<br />

Funktionsdaten<br />

Interaktive<br />

Bedienungsanleitungen<br />

Fehler- &<br />

Diagnosedaten<br />

Firmwaredaten<br />

Technikerdaten<br />

Zentrale Datenbank<br />

Hersteller,<br />

Servicetechniker<br />

Fehlerklasse<br />

Fehlerart<br />

1 Der Fehler kann möglicherweise vom Diagnosesystem selbst behoben werden.<br />

2 Der Fehler kann nur durch e<strong>in</strong>en manuellen E<strong>in</strong>griff des Anwenders behoben werden.<br />

3 Der Fehler kann durch den Austausch e<strong>in</strong>es oder mehrerer Ersatzteile behoben werden.<br />

4 Der Fehler kann ausschließlich von e<strong>in</strong>em Service-Techniker behoben werden.<br />

5 E<strong>in</strong>e Fehlerbehebung ist wirtschaftlich nicht durchführbar.<br />

TABELLE 1: Fehlerklassen im Diagnosekonzept<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

45


HAUPTBEITRAG<br />

den, die die gewünschten Anforderungen abdeckt. Das<br />

Ergebnis wäre e<strong>in</strong> universelles Diagnosegerät, was jedoch<br />

e<strong>in</strong>en teuren Entwicklungsprozess und damit e<strong>in</strong>en<br />

hohen Stückpreis zur Folge hätte. E<strong>in</strong>e günstigere<br />

Alternative bietet der Ansatz, bestehende mobile Computersysteme<br />

zu analysieren und auf deren Eignung als<br />

mobiles Diagnosegerät zu untersuchen. E<strong>in</strong>ige Hersteller<br />

setzen heute auf Diagnose-Software, die auf e<strong>in</strong>em Laptop<br />

<strong>in</strong>stalliert ist und beim Kunden vor Ort e<strong>in</strong>gesetzt<br />

wird. Der E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es Laptops als mobiles Diagnosegerät<br />

wäre bei dem oben beschrieben Diagnoseverfahren<br />

auch möglich, das Konzept würde sich jedoch nicht <strong>in</strong><br />

allen Punkten – Mobilität, Bedienkonzepte und Schnittstellenvielfalt<br />

– umsetzen lassen. Als beste Hardwareplattform<br />

für das vorgestellte Diagnosekonzept hat<br />

sich das Smartphone herausgestellt.<br />

Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong> Mobiltelefon, das aus<br />

funktioneller Sicht e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Computer darstellt. Die<br />

Möglichkeit des Telefonierens spielt nur noch e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />

Rolle; das Smartphone kann durch zahlreiche<br />

Anwendungen (Apps) erweitert und an die eigenen<br />

Bedürfnisse angepasst werden. Smartphones enthalten<br />

von Grund auf e<strong>in</strong>e große Anzahl an Sensoren und Aktoren,<br />

die sich für vielfältige Anwendungszwecke nutzen<br />

lassen. Zentraler Bestandteil ist e<strong>in</strong> großes berührungsempf<strong>in</strong>dliches<br />

Farbdisplay, auf welchem durch<br />

F<strong>in</strong>gerbewegungen E<strong>in</strong>gaben getätigt werden können.<br />

Diverse Lautsprecher und e<strong>in</strong>gebaute Mikrofone lassen<br />

auch andere Modalitäten <strong>in</strong> der Bedienung zu, beispielsweise<br />

e<strong>in</strong>e Steuerung über Sprache<strong>in</strong>gabe, die besonders<br />

im Rahmen von Wartungstätigkeiten, wenn beide Hände<br />

für die Arbeiten benötigt werden, hilfreich ist. Smartphones<br />

bieten e<strong>in</strong>e Reihe an Schnittstellen, die sich dazu<br />

eignen, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung mit dem automatisierten System<br />

aufzubauen. Davon s<strong>in</strong>d besonders die Funktechnologien<br />

wie WLAN, Bluetooth oder NFC (Near Field Communication)<br />

[6] <strong>in</strong>teressant, die e<strong>in</strong>en flexiblen mobilen<br />

E<strong>in</strong>satz des Smartphones ermöglichen.<br />

Der E<strong>in</strong>satz von NFC-Technologie br<strong>in</strong>gt zudem weitere<br />

Möglichkeiten mit sich: So können <strong>in</strong>telligente Typenschilder<br />

am automatisierten System angebracht werden,<br />

die e<strong>in</strong> NFC-Tag enthalten. Bewegt sich e<strong>in</strong> angeschaltetes<br />

Smartphone <strong>in</strong> die Nähe e<strong>in</strong>es solchen Tags, wird<br />

automatisch e<strong>in</strong>e Diagnoseanwendung geöffnet und e<strong>in</strong>e<br />

Verb<strong>in</strong>dung zum gewünschten System hergestellt. Der<br />

Anwender muss sich dadurch ke<strong>in</strong>e Gedanken um die<br />

Auswahl der richtigen Anwendung und Details zur Verb<strong>in</strong>dungsherstellung<br />

machen. Geräte ohne NFC-Technologie<br />

müssen dennoch nicht auf diesen Komfort verzichten:<br />

Über e<strong>in</strong>en optischen QR- oder DataMatrix-Code, der<br />

auf dem Typenschild ebenfalls angebracht ist, kann mit<br />

der <strong>in</strong> Smartphones fast immer enthaltenen Kamera e<strong>in</strong><br />

ähnlicher Vorgang <strong>in</strong>itiiert werden.<br />

Das Smartphone bietet also die ideale Grundlage für<br />

e<strong>in</strong> modernes, flexibles Diagnosegerät zur Umsetzung<br />

des vorgestellten Konzepts. Die Diagnosefunktionalität<br />

kommt <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Smartphone-Anwendung (App)<br />

auf das Gerät. Der Hersteller kann diese Anwendung<br />

kostenfrei zur Verfügung stellen oder diese als zusätzliche<br />

Service-Leistung über die bereits existieren App-<br />

Stores verkaufen. Sie kann speziell auf e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

zu diagnostizierendes System ausgelegt se<strong>in</strong> oder auch<br />

als universelle Diagnoseanwendung auf mehrere Systeme<br />

e<strong>in</strong>es Herstellers. Durch die Verb<strong>in</strong>dung zum Internet,<br />

die bei nahezu allen Smartphones ständig vorhanden<br />

ist, können gerätespezifische Daten bei Bedarf nachgeladen<br />

werden. Auch die automatische Bestellung von<br />

Ersatzteilen oder das Versenden e<strong>in</strong>es Service-Auftrags<br />

an e<strong>in</strong>en Wartungstechniker kann über das Internet bequem<br />

durchgeführt werden (siehe Bild 3).<br />

Die Verbreitung von Smartphones ist e<strong>in</strong> weiteres Argument,<br />

welches für den E<strong>in</strong>satz als Diagnosegerät<br />

Datenkommunikation:<br />

Geräte-Identifikation<br />

Steuer-& Sensordaten<br />

Diagnose-Daten<br />

Bedienung:<br />

Anzeige von Ergebnissen<br />

Bedienung per F<strong>in</strong>ger<br />

Sprache<strong>in</strong>-/ausgabe<br />

Anwenderrückmeldungen<br />

Automatisiertes<br />

System<br />

mit Diagnoseschnittstelle<br />

Smartphone<br />

Anwender<br />

(Person ohne<br />

Fachwissen)<br />

Wartungstechniker<br />

Gerätedaten<br />

Diagnosedaten<br />

Fehlerbehebungsdaten<br />

Bedienungsanleitungen<br />

Technikerdaten<br />

Firmwaredaten<br />

Funktionsdaten<br />

Zentrale Datenbank<br />

(Wissensbasis)<br />

Hersteller<br />

BILD 3:<br />

Datenkommunikation<br />

bei der Smartphonebasierten<br />

Diagnose<br />

46<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


spricht: So ist die Hardware heute <strong>in</strong> vielen Haushalten<br />

bereits verfügbar und muss nicht extra gekauft werden.<br />

Laut [7] besitzen heute bereits mehr als 50% der unter<br />

30-Jährigen e<strong>in</strong> Smartphone, der Trend geht stark nach<br />

oben. Die Rechenleistung aktueller Geräte muss sich<br />

nicht h<strong>in</strong>ter gewöhnlichen PC-Systemen verstecken. Mit<br />

teilweise 4 Prozessorkernen und hohen Taktraten ist die<br />

Leistungsfähigkeit selbst für größere Rechenoperationen<br />

ausreichend. Doch auch <strong>in</strong> diesem Punkt gibt es nach<br />

oben ke<strong>in</strong>e Grenze. Durch das Cloud-Comput<strong>in</strong>g-Pr<strong>in</strong>zip<br />

Infrastructure as a Service [8] können sehr rechen<strong>in</strong>tensive<br />

Prozesse an zentrale Server ausgelagert werden. Die<br />

dafür nötigen Voraussetzungen br<strong>in</strong>gen alle gängigen<br />

Smartphones vom Werk aus mit.<br />

Der Preis <strong>in</strong> der Anschaffung e<strong>in</strong>es Diagnosegeräts ist<br />

letztlich auch ausschlaggebend, ob e<strong>in</strong> solches Konzept<br />

e<strong>in</strong>e Chance auf dem Markt hat. Selbst wer bisher noch<br />

ke<strong>in</strong> Smartphone besitzt, kann von den günstigen Preisen<br />

dank der Massenproduktion profitieren. Spezielle Diagnosegeräte<br />

mit vergleichbarer Funktionalität wären um e<strong>in</strong><br />

Vielfaches teurer und auf die Funktionalität der Diagnose<br />

beschränkt. Wer e<strong>in</strong> aktuelles Smartphone besitzt, muss<br />

nur noch die passende App herunterladen, vorausgesetzt,<br />

das automatisierte System bietet e<strong>in</strong>e entsprechende Diagnoseschnittstelle.<br />

Der Aufwand zur Integration e<strong>in</strong>er<br />

solchen Diagnoseschnittstelle hält sich für den Hersteller<br />

<strong>in</strong> Grenzen, im Idealfall beschränkt sich die Arbeit auf<br />

ger<strong>in</strong>ge Software-Anpassungen zur Weiterleitung der gewünschten<br />

Daten von und zu e<strong>in</strong>er externen Schnittstelle.<br />

Das Thema Sicherheit wird im Rahmen von Cloud<br />

Comput<strong>in</strong>g und Vernetzung öfters angesprochen. Das<br />

vorgestellte Diagnosekonzept hat den Vorteil, dass das<br />

automatisierte System nicht direkt mit dem Netzwerk<br />

oder Internet verbunden ist. Stattdessen stellt das Smartphone<br />

die Verb<strong>in</strong>dung während des Diagnosevorgangs<br />

als Zwischenglied her und vermittelt nur diejenigen Informationen,<br />

die für den Diagnosevorgang notwendig<br />

s<strong>in</strong>d. Je nach Auswahl der Funktechnologie muss der<br />

Anwender bis auf 5 cm an das System herantreten, um<br />

die Verb<strong>in</strong>dung herzustellen. Der Zugriff Unbefugter ist<br />

<strong>in</strong> diesem Fall also nahezu unmöglich.<br />

4. MÖGLICHE NEUE BEDIENKONZEPTE<br />

Neben der gesamten Diagnosefunktionalität stehen beim<br />

E<strong>in</strong>satz dieses Konzepts e<strong>in</strong>e Reihe weiterer E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />

offen: Durch die Verb<strong>in</strong>dung zwischen automatisiertem<br />

System und Smartphone kann das Mobiltelefon<br />

auch als flexibles Bediengerät genutzt werden. Dies<br />

ermöglicht e<strong>in</strong>e Vielfalt an neuen Interaktionsmöglichkeiten.<br />

E<strong>in</strong>erseits ist <strong>in</strong> den meisten Fällen e<strong>in</strong> deutlich<br />

größeres Anzeigedisplay vorhanden, auf dem zusätzliche<br />

Informationen dargestellt werden können. E<strong>in</strong>e Steuerung<br />

per Sprache<strong>in</strong>gabe, die Bedienung durch Gesten<br />

oder die Verwendung des Neigungssensors im Smartphone<br />

s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige der neuen Interaktionsmöglichkeiten.<br />

Zudem kann das automatisierte System Nachrichten,<br />

zum Beispiel über den aktuellen Betriebszustand, an den<br />

Anwender senden, der zeitnah darauf reagieren kann.<br />

Auch das Konfigurieren von Systemen stellt oft e<strong>in</strong>e<br />

große Herausforderung dar. Viele Optionen überfordern<br />

den Anwender, da die E<strong>in</strong>stellmöglichkeiten aufgrund<br />

begrenzter Displaygrößen nicht ausreichend genau erklärt<br />

s<strong>in</strong>d. Auf dem Smartphone lassen sich durch den<br />

größeren Bildschirm zusätzliche erklärende Texte darstellen,<br />

die jede Option kurz beschreiben. Weitergehende<br />

Hilfeangebote können mit e<strong>in</strong>em Klick erreicht werden.<br />

Modelle zum flexiblen Firmware-Update s<strong>in</strong>d durch<br />

den E<strong>in</strong>satz von Smartphones ebenfalls denkbar: Da der<br />

Anteil an Software <strong>in</strong> heutigen automatisierten Systemen<br />

immer weiter zunimmt, besteht hier die Möglichkeit,<br />

diesen Teil auf e<strong>in</strong>en neueren Stand zu br<strong>in</strong>gen. Aktuell<br />

scheitert dies meist an e<strong>in</strong>er fehlenden Internetverb<strong>in</strong>dung,<br />

die nicht vorhanden oder auch nicht gewollt ist.<br />

Das Smartphone stellt diese fehlende Komponente zur<br />

Verfügung, es lädt e<strong>in</strong>en neuen Softwarestand herunter<br />

und überspielt diesen unter Berücksichtigung aktueller<br />

Sicherheitsstandards auf das gewünschte System.<br />

Im Home-Enterta<strong>in</strong>ment-Bereich s<strong>in</strong>d solche Konzepte<br />

heute schon gängig. Der Fernseher oder die Beleuchtung<br />

zu Hause lassen sich bereits mit dem Smartphone<br />

steuern und konfigurieren. In der Automatisierungstechnik<br />

ist dieser Schritt längst überfällig.<br />

5. PROTOTYPISCHE REALISIERUNG DES KONZEPTS<br />

Am Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik<br />

wurde das beschriebene Konzept bereits an zwei Demonstratoren<br />

prototypisch umgesetzt. E<strong>in</strong> handelsüblicher<br />

Waschtrockner wurde mit e<strong>in</strong>er Diagnoseschnittstelle<br />

auf WLAN-Basis erweitert, die den Zugriff auf die<br />

im System enthaltenen Sensoren und Aktoren im Rahmen<br />

der Diagnose ermöglicht. Mit e<strong>in</strong>em Smartphone<br />

und der passenden darauf laufenden Anwendung kann<br />

nun e<strong>in</strong>e vollständige Diagnose des Waschtrockners<br />

durchgeführt werden. E<strong>in</strong> Teil der Diagnosefunktionalität<br />

wird direkt vom Smartphone aus gesteuert, e<strong>in</strong> anderer<br />

Teil wird <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er separaten Diagnose-Software-Komponente<br />

vom Smartphone auf den Waschtrockner<br />

übertragen, wo diese im Anschluss ausgeführt<br />

wird. Künstliche <strong>in</strong> den Waschtrockner e<strong>in</strong>gebaute<br />

Hardware-Fehler werden von der Diagnosesoftware zuverlässig<br />

erkannt und geeignete Schritte zur Fehlerbehebung<br />

auf dem Smartphone-Display angezeigt.<br />

Das Konzept wurde ebenfalls bei e<strong>in</strong>em am Markt erhältlichen<br />

Kaffeevollautomat angewandt. Der Kaffeevollautomat<br />

hatte den entscheidenden Vorteil, dass er bereits<br />

über e<strong>in</strong>e auf CAN basierende Diagnoseschnittstelle<br />

verfügte. So musste hardwareseitig lediglich e<strong>in</strong> Adaptermodul<br />

entwickelt werden, welches e<strong>in</strong>e drahtlose<br />

Kommunikation mit dem Diagnose-CAN-Bus erlaubt.<br />

Über e<strong>in</strong>e entwickelte Smartphone-Software ist es möglich,<br />

e<strong>in</strong>e Fehlerdiagnose der Kaffeemasch<strong>in</strong>e vom Mobiltelefon<br />

aus durchzuführen. Zudem wurde hier e<strong>in</strong>e<br />

weitere Anwendung entwickelt, die auch die Bedienung<br />

der Kaffeemasch<strong>in</strong>e zulässt. So kann e<strong>in</strong> Kaffee mit den<br />

gewünschten Parametern nun bequem vom Handy angefordert<br />

werden. Durch e<strong>in</strong>e im Smartphone enthaltene<br />

Spracherkennungsfunktion kann der Kaffee auf Wunsch<br />

verbal bestellt werden. Selbst unscharfe Aussagen, wie<br />

„ich möchte e<strong>in</strong>en großen lauwarmen Milchkaffee“ können<br />

durch <strong>in</strong> der Software h<strong>in</strong>terlegte Mechanismen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e konkrete Anweisung umgesetzt werden, die per<br />

Funk an die Kaffeemasch<strong>in</strong>e übertragen wird.<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

47


HAUPTBEITRAG<br />

FAZIT<br />

Mit diesem neuartigen Diagnosekonzept ist es Anwendern<br />

möglich, e<strong>in</strong>e Fehlerdiagnose und -behebung eigenständig<br />

durchzuführen. Der E<strong>in</strong>satz von Smartphones aus dem<br />

Bereich der Consumer Electronics ergibt e<strong>in</strong>e kostengünstige<br />

Lösung, die ohne weitere teure Hardware auskommt<br />

[9]. Auf Seite der zu diagnostizierenden automatisierten<br />

Systeme s<strong>in</strong>d nur ger<strong>in</strong>ge Änderungen notwendig, die sich<br />

neben dem E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er geeigneten Hardwareschnittstelle<br />

größtenteils auf Softwareanpassungen beschränken.<br />

Herausforderungen ergeben sich noch <strong>in</strong> der Entwicklung<br />

der Diagnoseanwendungen unter anderem dadurch,<br />

dass zahlreiche Smartphone-Betriebssysteme auf dem<br />

Markt vorhanden s<strong>in</strong>d, für die jeweils eigenständige Anwendungen<br />

entwickelt werden müssen. So müsste derzeit<br />

jede Diagnose-Anwendung für Apples IOS und Googles<br />

Android entwickelt werden, um 85% der Smartphone-<br />

Besitzer zu erreichen [10]. Um hier die Entwicklungsarbeit<br />

aus Sicht der Hersteller zu m<strong>in</strong>imieren, werden am Institut<br />

für Automatisierungs- und Softwaretechnik der Universität<br />

Stuttgart Forschungsarbeiten durchgeführt, um<br />

solche Diagnose-Anwendungen über e<strong>in</strong> Art Baukasten-<br />

Pr<strong>in</strong>zip plattformübergreifend erstellen zu lassen. Durch<br />

e<strong>in</strong>en hohen Grad an Wiederverwendung und komponentenbasierter<br />

Entwicklung muss nicht für jedes System<br />

e<strong>in</strong>e vollständig neue Anwendung entworfen werden.<br />

Für Anwender und Hersteller gilt es, Aufwand und<br />

Kosten durch die E<strong>in</strong>führung des Diagnosekonzepts so<br />

ger<strong>in</strong>g wie möglich zu halten. Es ist zu erwarten, dass die<br />

entstehenden Mehrkosten von den Kunden durch den<br />

deutlich erkennbaren Mehrwert getragen werden. Überflüssige<br />

Anrufe bei Service-Hotl<strong>in</strong>es gehören der Vergangenheit<br />

an, ebenso unnötige Technikerbesuche oder lange<br />

Ausfallzeiten. Letztlich trägt dies zu e<strong>in</strong>er nachhaltig<br />

höheren Lebensdauer von automatisierten Systemen bei.<br />

MANUSKRIPTEINGANG<br />

08.10.2012<br />

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />

AUTOREN<br />

REFERENZEN<br />

Dipl.-Ing. ANDREAS FRIEDRICH (geb. 1984)<br />

arbeitet seit September 2011 als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Institut für Automatisierungs-<br />

und Softwaretechnik (IAS) der<br />

Universität Stuttgart auf dem Gebiet der<br />

benutzerorientierten Automatisierung.<br />

Er ist an der Durchführung mehrerer Industrie-Forschungsprojekte<br />

beteiligt und hat sich<br />

auf den E<strong>in</strong>satz mobiler Endgeräte <strong>in</strong> der<br />

Automatisierungstechnik spezialisiert.<br />

Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,<br />

Universität Stuttgart,<br />

Pfaffenwaldr<strong>in</strong>g 47, D-70550 Stuttgart,<br />

Tel. +49 (0) 711 68 56 72 93,<br />

E-Mail: andreas.friedrich@ias.uni-stuttgart.de<br />

Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. PETER GÖHNER<br />

(geb. 1950) leitet das Institut für Automatisierungs-<br />

und Softwaretechnik (IAS) an der<br />

Universität Stuttgart. Se<strong>in</strong>e Hauptarbeitsgebiete<br />

s<strong>in</strong>d agentenorientierte Konzepte <strong>in</strong> der<br />

Automatisierungstechnik, benutzerorientierte<br />

Automatisierung, Energieoptimierung <strong>in</strong><br />

technischen Systemen, Lernfähigkeit von<br />

automatisierten Systemen, Verlässlichkeit<br />

von automatisierten Systemen und Wiederverwendungskonzepte<br />

<strong>in</strong> der Automatisierungstechnik.<br />

Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,<br />

Universität Stuttgart,<br />

Pfaffenwaldr<strong>in</strong>g 47, D-70550 Stuttgart,<br />

Tel. +49 (0) 711 68 56 73 01,<br />

E-Mail: peter.goehner@ias.uni-stuttgart.de<br />

[1] Bundesagentur für Arbeit: Perspektive 2025:<br />

Fachkräfte für Deutschland, Januar 2011.<br />

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/<br />

Veroeffentlichungen/Sonstiges/Perspektive-2025.pdf<br />

[2] Jazdi, N.; Konnertz, J.; Traumüller, J.: E<strong>in</strong>satz von<br />

Web-Technologien bei der Entwicklung moderner<br />

e<strong>in</strong>gebetteter Systeme. In: Proc. 12th Int. IFIP Workshop<br />

on Distributed and Parallel Embedded Systems (DIPES<br />

2000), 2000.<br />

http://www.ias.uni-stuttgart.de/forschung/veroeffentlichungen/pdf/iwk2000_paper_ja.pdf<br />

[3] Jazdi, N.; Koller, O.; Hipp, U.; Liedtke, T.; Göhner, P.;<br />

Mayer, A.: Ausfallraten unter Feldbed<strong>in</strong>gungen<br />

berechnen, <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische<br />

Praxis 53(10), S.888-895, 2011<br />

[4] Yazdi, F.; Vieritz, H.; Jazdi, N.; Schilberg, D.; Göhner, P.;<br />

Jeschke, S.: A Concept for User-centered Development of<br />

Accessible User Interfaces for Industrial Automation<br />

Systems and Web Applications. In: Proc. 6th Int. Conf.<br />

Universal access <strong>in</strong> human-computer <strong>in</strong>teraction: applications<br />

and services (UAHCI'11), S.301-310. Spr<strong>in</strong>ger 2011<br />

[5] Traumüller, O.: Flexible <strong>in</strong>ternetbasierte Ferndiagnose<br />

e<strong>in</strong>gebetteter Systeme, Dissertation Universität<br />

Stuttgart, 03/2007<br />

[6] Want, R.: Near Field Communication. In:<br />

Proc. IEEE Pervasive Comput<strong>in</strong>g 10(3), S. 4-7, 2011<br />

[7] BITKOM: Jeder Dritte hat e<strong>in</strong> Smartphone, 2012.<br />

http://www.bitkom.org/de/presse/74532_71854.aspx<br />

[8] NIST: The NIST Def<strong>in</strong>ition of Cloud Comput<strong>in</strong>g (Draft), 2011<br />

[9] Schamari, U.-W.: Masch<strong>in</strong>ensteuerung läuft jetzt per<br />

Smartphone. VDI Nachrichten 8.6.2012<br />

[10] the guardian uk: Android tightens grip on smartphone<br />

market <strong>in</strong> second quarter of 2012, 2012.<br />

http://www.guardian.co.uk/technology/blog/2012/<br />

aug/10/android-smartphone-market-2012-apple<br />

48<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


<strong>atp</strong> kompakt<br />

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HAUPTBEITRAG<br />

Kontextsensitive<br />

Benutzungsschnittstellen<br />

Interaktion für die Fabrik von morgen<br />

Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen bieten vielversprechende Möglichkeiten, um<br />

heutige mobile, universelle Schnittstellen für die Instandhaltung von Produktionsanlagen<br />

sicherer und komfortabler zu gestalten. In diesem Beitrag wird e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur<br />

vorgestellt, die die systematische Entwicklung kontextsensitiver Benutzungsschnittstellen<br />

unterstützt. Die Architektur def<strong>in</strong>iert dabei drei Kernmodelle, die e<strong>in</strong>e<br />

Beschreibung der Benutzungsschnittstelle auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen<br />

unterstützt und die Adaption der Schnittstelle zur Laufzeit ermöglicht.<br />

SCHLAGWÖRTER Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen / Modellbasierte<br />

UI-Entwicklung<br />

Context-sensitive user <strong>in</strong>terfaces –<br />

Interaction for the tomorrow’s factories<br />

Context-sensitive user <strong>in</strong>terfaces promise to further <strong>in</strong>crease the usability of mobile universal<br />

user <strong>in</strong>terfaces for ma<strong>in</strong>tenance tasks. A model-based architecture is presented that<br />

describes a systematic approach for the development of such user <strong>in</strong>terfaces. This architecture<br />

def<strong>in</strong>es three core-models that support the description of the user <strong>in</strong>terface at different<br />

levels of abstraction and allows the adaptation of the user <strong>in</strong>terface dur<strong>in</strong>g run-time.<br />

KEYWORDS context-sensitive user <strong>in</strong>terfaces / model-based user <strong>in</strong>terface development<br />

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MARC SEISSLER, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Kaiserslautern<br />

KAI BREINER, Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g (IESE)<br />

Die Popularität von Smartphones und Tablets<br />

hat zur Verbreitung mobiler <strong>in</strong>teraktiver Systeme,<br />

zum Beispiel <strong>in</strong> Form von universellen<br />

Benutzungsschnittstellen, <strong>in</strong> Produktionsumgebungen<br />

geführt. Dort e<strong>in</strong>gesetzt, unterstützen<br />

diese das Personal, Instandhaltungsaufgaben<br />

durchzuführen, wie die Parametrierung von Feldgeräten<br />

und Masch<strong>in</strong>en. Der durch die mobilen Benutzungsschnittstellen<br />

ermöglichte zeit- und ortsunabhängige<br />

Informationszugriff bietet dem Instandhaltungspersonal<br />

e<strong>in</strong>en neuen Grad an Flexibilität. Ebenfalls kann<br />

durch diese universelle Schnittstelle e<strong>in</strong> homogenisiertes<br />

Interaktionskonzept umgesetzt werden, bei dem die<br />

häufig m<strong>in</strong>imalistischen Benutzungsschnittstellen von<br />

Feldgeräten durch e<strong>in</strong>e konsistente Schnittstelle subsumiert<br />

werden.<br />

Die Mobilität und der allgegenwärtige Informationszugriff<br />

bergen jedoch auch Gefahren. Im Gegensatz zu<br />

stationären Benutzungsschnittstellen ist der Bedienort<br />

der Benutzer nicht mehr festgelegt, wodurch unter Umständen<br />

die Gefahr e<strong>in</strong>er fehlerhaften Informationsbereitstellung<br />

(beispielsweise Darstellung irrelevanter<br />

Anlagen<strong>in</strong>formationen) wächst. Im schlimmsten Fall<br />

kann sich die zunehmende Informationsdichte auf die<br />

Informationswahrnehmung der Benutzer auswirken und<br />

die Identifikation wichtiger Funktionalitäten bee<strong>in</strong>trächtigen<br />

(zum Beispiel entfernter Roboterzugriff).<br />

Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen, die den<br />

Nutzungskontext <strong>in</strong> Form des aktuellen Bedienortes der<br />

Benutzer bei der Informationsdarstellung berücksichtigen,<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen.<br />

Jedoch ergeben sich aus der Entwicklung solch mobiler,<br />

kontextsensitiver Benutzungsschnittstellen für die Entwickler<br />

neue Herausforderungen. So muss bereits bei der<br />

Gestaltung dieser Schnittstelle der spätere Nutzungskontext<br />

der Benutzer erfasst und die Adaptionen der Benutzungsschnittstelle<br />

formal spezifiziert werden. In den<br />

folgenden Abschnitten wird e<strong>in</strong>e modellgetriebene Entwicklungsmethodik<br />

vorgestellt, welche kontextsensitive<br />

und laufzeitadaptive Benutzungsschnittstellen systematisch<br />

unterstützt.<br />

1. INFORMATIONSFILTERUNG MITHILFE DES BEDIENORTS<br />

In den letzten zehn Jahren wurde e<strong>in</strong>e Vielzahl kontextsensitiver<br />

Benutzungsschnittstellen vorgestellt, die die<br />

Benutzer durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Informationsdarstellung<br />

unterstützen. E<strong>in</strong>e populäre Ausprägung solcher<br />

kontextsensitiver Schnittstellen ist die dynamische Anpassung<br />

der Sortierreihenfolge von Menüe<strong>in</strong>trägen, zum<br />

Beispiel anhand derer Aufrufhäufigkeiten [1] oder die<br />

dynamische Anpassung der Größe von Interaktionsobjekten<br />

der Benutzungsschnittstelle (beispielsweise Ribbon-Bar<br />

<strong>in</strong> Microsoft Office). Neben der Anpassung der<br />

Präsentationsaspekte wurde <strong>in</strong> verschiedenen Arbeiten<br />

die Benutzungsunterstützung mittels e<strong>in</strong>er dynamischen<br />

Anpassung der Funktions- und Informationsdarstellung<br />

untersucht [2].<br />

In ambient-<strong>in</strong>telligenten Produktionsumgebungen, wie<br />

der SmartFactory-KL [13], lassen sich ebenfalls Adaptionen<br />

e<strong>in</strong>setzen, um die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit<br />

von mobilen, universellen Benutzungsschnittstellen<br />

zu steigern. So können mit Lokalisierungssystemen<br />

Interaktionszonen def<strong>in</strong>iert werden, <strong>in</strong> denen den<br />

Benutzern die für ihre Aufgaben relevanten Informationen<br />

e<strong>in</strong>geblendet und weniger relevante Informationen<br />

ausgeblendet werden [3, 4]. Weiterh<strong>in</strong> lassen sich so auch<br />

Wirkbereiche def<strong>in</strong>ieren, <strong>in</strong> denen bestimmte Funktionen<br />

den Benutzern zugänglich gemacht werden. Die<br />

Wirkbereichsbegrenzung stellt sicher, dass sicherheitskritische<br />

Funktionen (zum Beispiel Roboter<strong>in</strong>teraktionen)<br />

nur von e<strong>in</strong>em als sicher def<strong>in</strong>ierten Ort ausgeführt<br />

werden dürfen, siehe Bild 1.<br />

Für die Erfassung der Orts<strong>in</strong>formationen <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriellen<br />

Umgebungen wurden <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />

unterschiedliche Technologien und Architekturen vorgestellt,<br />

deren Vor- und Nachteile <strong>in</strong> anderen Vorarbeiten<br />

näher betrachtet wurden [15, 5]. Während die Kontextbeschreibung<br />

und Bereitstellung der Orts<strong>in</strong>formationen<br />

mittels e<strong>in</strong>es offenen Lokalisierungssystems die Grundlage<br />

für die Umsetzung e<strong>in</strong>er kontextsensitiven Benutzungsschnittstelle<br />

darstellt, ist es weiterh<strong>in</strong> notwendig,<br />

die Auswirkungen des Nutzungskontextes auf die Be-<br />

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HAUPTBEITRAG<br />

nutzungsschnittstelle spezifizieren zu können. Da diese<br />

Anpassungen zur Laufzeit der Benutzungsschnittstelle<br />

durchgeführt werden, bedarf es e<strong>in</strong>er Architektur, die<br />

den Entwicklern die Beschreibung der Kontextauswirkungen<br />

auf die Gestaltungsaspekte ermöglicht.<br />

2. ARCHITEKTUR<br />

Um die Entwickler bei der Spezifikation der kontextsensitiven<br />

Benutzungsschnittstelle zu unterstützen, wurde<br />

e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur entwickelt, die die Beschreibung<br />

der verschiedenen Schnittstellenaspekte<br />

(Präsentations-, Verhaltens- und Adaptionsaspekte) <strong>in</strong><br />

getrennten Modellen ermöglicht. Während <strong>in</strong> früheren<br />

Entwicklungsansätzen raumbasierte Benutzungsmodelle<br />

(RUM) [3, 6] als Grundlage für die Modellierung e<strong>in</strong>gesetzt<br />

wurden, zeigten Evaluierungen mit e<strong>in</strong>em Testsystem,<br />

dass diese e<strong>in</strong>e ungenügende Unterstützung bei<br />

der Gestaltung der Benutzungsschnittstelle bieten. Defizite<br />

des Ansatzes waren beispielsweise, dass die Präsentation<br />

und das (Adaptions-)Verhalten der Benutzungsschnittstelle<br />

nur implizit beschrieben werden konnten,<br />

was die Gestaltungsflexibilität e<strong>in</strong>schränkte und zur<br />

Generierung von Schnittstellen mit e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Gebrauchstauglichkeit<br />

führte [7].<br />

Um diese Defizite zu adressieren, wurde e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur<br />

entwickelt, die sich am Cameleon<br />

Referenzframework (CRF) [8] orientiert. Mit dem CRF<br />

wird e<strong>in</strong>e zur Model-Driven-Architecture (MDA)-konforme<br />

Vorgehensweise für die plattformunabhängige Entwicklung<br />

von Benutzungsschnittstellen def<strong>in</strong>iert, welche<br />

die unterschiedlichen Schnittstellenaspekte auf vier<br />

Abstraktionsebenen <strong>in</strong> expliziten Modellen getrennt<br />

vone<strong>in</strong>ander beschreibt. Diese werden wiederum mithilfe<br />

von Transformationen und Abbildungen schrittweise<br />

<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander überführt und verfe<strong>in</strong>ert.<br />

Das Ergebnis dieser Anpassung ist die <strong>in</strong> Bild 2 dargestellte<br />

Modellierungsarchitektur für die Entwicklung<br />

kontextsensitiver Benutzungsschnittstellen, die sich aus<br />

den ausgelagerten Analyse-, Anlagen- und Kontextmodellen<br />

sowie drei Laufzeitmodellen zusammensetzt [4].<br />

Die Analysemodelle dienen der <strong>in</strong>formellen und semiformalen<br />

Dokumentation der Nutzungsanforderungen,<br />

die beispielsweise e<strong>in</strong>e aufgabenorientierte Sicht auf die<br />

zu entwickelnde Benutzungsschnittstelle geben.<br />

BILD 1: Darstellung e<strong>in</strong>er Wirkbereichse<strong>in</strong>grenzung<br />

mittels Interaktionszonen<br />

BILD 2: SmartMote-Modellierungsarchitektur<br />

für die Entwicklung kontextsensitiver<br />

Benutzungsschnittstellen<br />

BILD 3: Struktur des<br />

useDM-Meta-Modells<br />

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Neben den Analysemodellen zeichnet sich die Architektur<br />

zusätzlich durch die Integration e<strong>in</strong>es expliziten,<br />

extern beschriebenen Funktionsmodells aus, das die von<br />

den Feldgeräten und Masch<strong>in</strong>en bereitgestellten Dienste<br />

und Funktionen def<strong>in</strong>iert. Das ausgelagerte Kontextmodell<br />

h<strong>in</strong>gegen def<strong>in</strong>iert den Nutzungskontext <strong>in</strong> Form<br />

von Interaktionszonen, <strong>in</strong> denen sich der Benutzer bewegt,<br />

welche durch e<strong>in</strong>en Interpretation Server [5] zur<br />

Laufzeit zur Verfügung gestellt werden.<br />

Die Laufzeitmodelle repräsentieren den Kern der Architektur<br />

und beschreiben die Benutzungsschnittstelle<br />

konform zum CRF mittels e<strong>in</strong>es abstrakten und konkreten<br />

Benutzungsschnittstellenmodells sowie e<strong>in</strong>es expliziten<br />

Adaptionsmodells.<br />

2.1 Das abstrakte Benutzungsschnittstellenmodell<br />

Das abstrakte Benutzungsschnittstellenmodell (AUI-<br />

Modell) dient der modalitätenunabhängigen Interaktionsbeschreibung<br />

zwischen dem Benutzer und der Benutzungsschnittstelle.<br />

Für die Spezifikation der AUI<br />

wurde die XML-basierte Useware Dialog Model<strong>in</strong>g Language<br />

(useDM) [4] e<strong>in</strong>geführt. Die Entwicklung der Sprache<br />

baut auf den Kernkonzepten der Dialog and Interface<br />

Specification Language (DISL) [10] auf und erweitert<br />

diese für e<strong>in</strong>e effektive Beschreibung von kontextsensitiven<br />

Benutzungsschnittstellen.<br />

Für die Beschreibung der statischen Benutzungsschnittstellenstruktur<br />

und der Präsentationsaspekte<br />

dienen <strong>in</strong> useDM Dialoge, deren Inhalt durch sechs abstrakte,<br />

modalitätenunabhängige Interaktionsobjekte<br />

beschrieben werden kann (vergleiche Bild 3). Die fünf<br />

abstrakten Interaktionsobjekte (Elemente Input, Output,<br />

Change, Select und Trigger) basieren dabei auf den elementaren<br />

Benutzungsobjekten von useML [3, 9], die den<br />

atomaren, modalitätenunabhängigen Informationsaustausch<br />

zwischen dem Benutzer und der Masch<strong>in</strong>e repräsentieren.<br />

Das Conta<strong>in</strong>er-Element dient zusätzlich der<br />

Gruppierung und hierarchischen Strukturierung der<br />

abstrakten Interaktionsobjekte und ermöglicht es so, den<br />

untergeordneten Elementen e<strong>in</strong>e weitere Bedeutung zuzuordnen.<br />

So können beispielsweise Navigationsobjekte<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Conta<strong>in</strong>er gruppiert und mittels e<strong>in</strong>er Abbildungsregel<br />

auf e<strong>in</strong> konsistentes Layout <strong>in</strong> der konkreten<br />

Benutzungsschnittstelle abgebildet werden.<br />

Während das Präsentationsmodell die Spezifikation<br />

der statischen Benutzungsschnittstellenaspekte wie<br />

Struktur und Inhalt erlaubt, dient das Dialogmodell zur<br />

Beschreibung der dynamischen Aspekte. Hierzu steht <strong>in</strong><br />

useDM e<strong>in</strong> Event-Condition-Action (ECA)-basiertes Dialogmodell<br />

zur Verfügung. Das Behavior-Element erlaubt<br />

die Spezifikation von globalen Variablen und Bed<strong>in</strong>gungen,<br />

die <strong>in</strong> Transitionen referenziert werden können.<br />

Transitionen stellen den Kern der Verhaltensbeschreibung<br />

dar. Mit diesen Elementen lassen sich komplexe<br />

Benutzungsschnittstellenverhalten mittels vier verschiedener<br />

Aktions-Typen beschreiben.<br />

Das Call-Element dient der Verknüpfung der Benutzungsschnittstelle<br />

mit den Feldgeräte- und Masch<strong>in</strong>enfunktionen,<br />

deren Anb<strong>in</strong>dung im Funktionsmodell der<br />

Architektur implementiert s<strong>in</strong>d und durch Schnittstellen<br />

<strong>in</strong> der Architektur bereitgestellt werden.<br />

Das Statement-Element erlaubt die Anpassung von<br />

Attribut-Werten der abstrakten Interaktionsobjekte des<br />

Präsentationsmodells (zum Beispiel Titel e<strong>in</strong>es abstrakten<br />

Interaktionsobjekts) sowie von Variablenwerten des<br />

Dialogmodells.<br />

Das Navigation-Element ermöglicht die Spezifikation<br />

absoluter und relativer Dialogwechsel der Benutzungsschnittstelle.<br />

Die absolute Navigation dient dabei der Spezifikation<br />

von gezielten Dialogaufrufen und wird mit dem<br />

Absolute-Navigation-Element spezifiziert. Der aufzurufende<br />

Zieldialog wird durch se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige ID angegeben.<br />

Die relative Navigation h<strong>in</strong>gegen dient der Spezifikation<br />

von generischen Dialogaufrufen, die sich aus der<br />

aktuellen Dialogordnung ergeben und mittels def<strong>in</strong>ierter<br />

Symbole umgesetzt werden (beispielsweise next, parent).<br />

Das Restructure-Element bildet die Grundlage für die<br />

Implementierung von Strukturänderungen im Präsentationsmodell<br />

der abstrakten Benutzungsschnittstelle. So<br />

erlaubt das Element die dynamische E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von<br />

zuvor def<strong>in</strong>ierten Templates, die wiederverwendbare UI-<br />

Strukturen beschreiben.<br />

Der <strong>in</strong> Bild 4 dargestellte useDM-Modell-Ausschnitt<br />

beschreibt e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen Dialog für e<strong>in</strong> Plat<strong>in</strong>en-Magaz<strong>in</strong>,<br />

<strong>in</strong> dem der Benutzer über das Element pcbStatus<br />

<strong>in</strong>formiert wird, ob e<strong>in</strong>e Plat<strong>in</strong>e ausgeworfen wurde.<br />

Über das Element pcbEject kann der Benutzer die Funktion<br />

zum Auswerfen e<strong>in</strong>er Plat<strong>in</strong>e auslösen, die über das<br />

Call-Element <strong>in</strong> der Verhaltensbeschreibung mit der entsprechenden<br />

Funktion des Funktionsmodells verknüpft<br />

ist. Die Navigation zu weiteren Dialogen ist über die Elemente<br />

homeDialog und nextModule und ihre relativen<br />

Navigationen <strong>in</strong> der Verhaltensbeschreibung abgebildet.<br />

2.2 Das konkrete Benutzungsschnittstellenmodell<br />

Nach der Def<strong>in</strong>ition der abstrakten Benutzungsschnittstelle<br />

gilt es, die <strong>in</strong> der abstrakten Schnittstelle def<strong>in</strong>ierten<br />

Informationen und Funktionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Zielmodalität<br />

abzubilden und zu verfe<strong>in</strong>ern. Hierzu dient nach dem<br />

CRF das konkrete Benutzungsschnittstellenmodell (CUI-<br />

Modell), welches die Schnittstelle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Zielmodalität (zum Beispiel grafische oder sprachbasierte<br />

Benutzungsschnittstelle), jedoch möglichst unabhängig<br />

von der späteren Zielplattform, beschreibt. Für e<strong>in</strong><br />

grafisches CUI-Modell bedeutet dies zum Beispiel, dass<br />

die abstrakten Interaktionsobjekte des AUI-Modells auf<br />

konkrete Interaktionsobjekte abgebildet (beispielsweise<br />

e<strong>in</strong> Trigger-Element auf e<strong>in</strong> Button-Element) sowie <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Layout angeordnet werden müssen. Die CUI kann<br />

dann zusätzlich um weitere Fe<strong>in</strong>gestaltungsaspekte (wie<br />

Farbgestaltung, Bilder) verfe<strong>in</strong>ert werden.<br />

Für die plattformunabhängige Beschreibung der grafischen,<br />

konkreten Benutzungsschnittstelle wird <strong>in</strong> der<br />

vorgestellten Modellierungsarchitektur die User Interface<br />

Markup Language 4.0 (UIML) [14] e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Da die konkrete Benutzungsschnittstelle, im Gegensatz<br />

zu den <strong>in</strong> anderen Arbeiten vorgestellten Architekturen,<br />

lediglich die Gestaltungsaspekte der im AUI-Mo-<br />

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HAUPTBEITRAG<br />

BILD 6: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em Adaptionsmodell<br />

BILD 4: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em useDM-Modell<br />

BILD 5: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em CUI-Modell<br />

BILD 7: Ausschnitt der generierten, kontextsensitiven<br />

SmartMote-Benutzungsschnittstelle<br />

dell def<strong>in</strong>ierten Informationsarchitektur spezifiziert,<br />

musste die Sprache um e<strong>in</strong>en zusätzlichen Abbildungsmechanismus<br />

erweitert werden, der e<strong>in</strong>e Abbildung der<br />

abstrakten Interaktionsobjekte des AUI-Modells auf die<br />

konkreten Interaktionsobjekte im CUI-Modell erlaubt.<br />

In Bild 5 ist e<strong>in</strong>e Aufbereitungsregel für e<strong>in</strong> Conta<strong>in</strong>er-<br />

Element mit der ID dialog_<strong>in</strong>fo e<strong>in</strong>es useDM-Modells<br />

spezifiziert. Für alle useDM-Elemente, auf die diese Regel<br />

zutrifft, wird der im Effect-Abschnitt spezifizierte<br />

UIML-Ausschnitt angewandt und <strong>in</strong> e<strong>in</strong> globales UIML-<br />

Dokument e<strong>in</strong>gefügt, welches abschließend von e<strong>in</strong>em<br />

UIML-Renderer <strong>in</strong>terpretiert wird.<br />

Diese Verknüpfung der Elemente ist notwendig, um<br />

e<strong>in</strong>e redundanzfreie Verfe<strong>in</strong>erung der Elemente des AUI-<br />

Modells zu gewährleisten. Durch diese Erweiterung der<br />

Sprache lässt sich die konkrete Benutzungsschnittstelle<br />

zur Laufzeit aus dem zugrunde liegenden AUI-Modell<br />

erzeugen und anschließend <strong>in</strong>terpretieren.<br />

2.3 Das Adaptionsmodell<br />

Für die Beschreibung der Laufzeitanpassung der Benutzungsschnittstelle<br />

dient e<strong>in</strong> eigens entwickeltes Adapti-<br />

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onsmodell [4], das das durch den Interpretation-Server<br />

bereitgestellte, assoziierte Kontextmodell mit dem AUIund<br />

CUI-Modell <strong>in</strong> Form von Adaptionsregeln verknüpft.<br />

Durch die Verknüpfung mit dem AUI- und CUI-Modell<br />

können Adaptionen auf unterschiedlichem Abstraktionsniveau<br />

beschrieben werden. So wirken sich modalitätenunabhängige<br />

Adaptionsregeln, die der situationsgerechten<br />

Informationsanzeige dienen, auf das AUI-Modell<br />

aus, während modalitätenspezifische Adaptionsregeln,<br />

die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Informationsaufbereitung (zum<br />

Beispiel Farbe, Größe, Layout) haben, sich auf das CUI-<br />

Modell auswirken.<br />

Die <strong>in</strong> Bild 6 dargestellte Adaptionsregel beschreibt<br />

e<strong>in</strong>en Warnh<strong>in</strong>weis des Benutzers, wenn er e<strong>in</strong>en Gefahrenbereich,<br />

beispielsweise des Roboters, betritt. Tritt der<br />

Benutzer <strong>in</strong> die Interaktionszone Hazardous Interaction<br />

Zone e<strong>in</strong>, so werden die H<strong>in</strong>tergrundfarbe und der Text<br />

des Ausgabe-Interaktionsobjekts Current_IAZ des CUI-<br />

Modells angepasst.<br />

Während jedes der drei Kernmodelle e<strong>in</strong>en Teilaspekt<br />

der Benutzungsschnittstelle beschreibt, ergeben diese <strong>in</strong><br />

ihrer Gesamtheit die kontextsensitive Benutzungsschnittstelle,<br />

die zur Laufzeit adaptiert wird. Für die<br />

Erzeugung der f<strong>in</strong>alen Benutzungsschnittstelle bedarf es<br />

weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Modell<strong>in</strong>terpreters, der im nächsten Abschnitt<br />

vorgestellt wird.<br />

3. SMARTMOTE-RENDERER<br />

Für die Demonstration der zuvor vorgestellten Modellierungsarchitektur<br />

wurde der prototypische SmartMote-<br />

Renderer [11], entwickelt, welcher die Generierung e<strong>in</strong>er<br />

laufzeitadaptiven Benutzungsschnittstelle unterstützt.<br />

Als Anwendungsfall der Architektur wurde e<strong>in</strong>e kontextsensitive<br />

Benutzungsschnittstelle für den durch das<br />

Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz<br />

(DFKI) sowie weitere Forschungspartner auf der Hannover<br />

Messe 2012 vorgestellten Systemdemonstrator e<strong>in</strong>es<br />

cyber-physischen Produktionssystems [12] entwickelt.<br />

Dieser setzt sich aus vier Modulen zusammen, die die<br />

automatisierte Fertigung und Montage e<strong>in</strong>es kunden<strong>in</strong>dividuellen,<br />

<strong>in</strong>telligenten Key-F<strong>in</strong>ders demonstrieren.<br />

Um die Kernaspekte der kontextsensitiven Benutzungsschnittstelle<br />

<strong>in</strong> den Vordergrund zu stellen, wurde die<br />

Interaktion mit dem Kommissionier- und Montagemodul<br />

fokussiert, welche die Bauteile des Key-F<strong>in</strong>ders mit e<strong>in</strong>em<br />

Roboter handhaben und automatisiert montieren.<br />

Für die situationsgerechte Informationsbereitstellung<br />

wurden um die beiden Systemmodule Interaktionszonen<br />

def<strong>in</strong>iert, <strong>in</strong> denen die Benutzungsschnittstelle jeweils<br />

die entsprechenden Informationen für das Modul aufruft,<br />

<strong>in</strong> dessen Wirkbereich sich der Benutzer bef<strong>in</strong>det.<br />

Als Ergebnis der Modellierung der Benutzungsschnittstelle<br />

ergeben sich unter anderem die <strong>in</strong> Bild 7 dargestellten<br />

Dialoge Montagemodul-Dialog und Kommissioniermodul-Dialog.<br />

Für die Unterstützung des Benutzers wurde e<strong>in</strong>e dynamische<br />

Navigation zwischen den Dialogen Montagemodul-Dialog<br />

und Kommissioniermodul-Dialog umgesetzt,<br />

bei der die Dialoge <strong>in</strong> Abhängigkeit zu der aktuell<br />

REFERENZEN<br />

[1] Mal<strong>in</strong>owski, U., Kühme, T., Dieterich, H., Schneider-Hufschmidt, M.:<br />

Computer-Aided Adaptation of User Interfaces with Menus and Dialog<br />

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Tzovaras, D. (Hrsg.) Multimodal User Interfaces. From Signals to<br />

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[3] Görlich, D., Bre<strong>in</strong>er, K.: Intelligent Task-oriented User Interfaces <strong>in</strong><br />

Production Environments. In: Goetz Botterweck (Hrsg.) Proc. Workshop<br />

Model-Driven User-Centric Design & Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g (MDUCDE'07), 10th<br />

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Human-Mach<strong>in</strong>e-Systems, CEUR-WS.org 2007<br />

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2012: http://www.w3.org/wiki/images/0/06/2012-02-09_Smart-<br />

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[5] Stephan, P.: Entwicklung e<strong>in</strong>er Referenzarchitektur zur Nutzung<br />

semantisch <strong>in</strong>terpretierter Orts<strong>in</strong>formationen am Beispiel der<br />

Instandhaltung. Dissertation TU Kaiserslautern, 2012<br />

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Production Environments. In: Jacko, J.A. (Hrsg.) Proc. 13th Int. Conf.<br />

Human-Computer Interaction. Part IV: Interact<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Various Application<br />

Doma<strong>in</strong>s, S. 663-672. Berl<strong>in</strong>, Spr<strong>in</strong>ger 2009<br />

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Vanderhaegen, F. (Hrsg.) Proc. 11th IFAC/IFIPS/IFORS/IEA Symposium<br />

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Vanderdonckt, J.: A Unify<strong>in</strong>g Reference Framework for multi-target<br />

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[10] Müller, W., Schäfer, R., Bleul, S.: Interactive Multimodal User Interfaces<br />

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Produktionsumgebungen. In: Tagungsband USEWARE 2010, S. 59-66.<br />

Düsseldorf, VDI-Verlag 2010<br />

[12] Schlick, J., Stephan, P.: Die vierte <strong>in</strong>dustrielle Revolution wird kommen,<br />

2012: http://www.konstruktion.de/topstory/die-vierte-<strong>in</strong>dustriellerevolution-wird-kommen/<br />

[13] SmartFactoryKL e.V. – The <strong>in</strong>telligent factory of the future: http://www.<br />

SmartFactory.de<br />

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Draft, 23.01.2008: https://www.oasis-open.org/committees/<br />

download.php/28457/uiml-4.0-cd01.pdf<br />

[15] Stephan, P., Heck, I., Kraus, P., Frey, G.: Evaluation of Indoor Position<strong>in</strong>g<br />

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Information Control Problems <strong>in</strong> Manufactur<strong>in</strong>g (INCOM 09), S. 870-875.<br />

IFAC-PapersOnl<strong>in</strong>e 2009<br />

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HAUPTBEITRAG<br />

betretenen Interaktionszone automatisch aufgerufen<br />

werden und so der manuelle Navigationsaufwand reduziert<br />

wird. Zusätzliche Adaptionsregeln spezifizieren die<br />

Aktivierung und Deaktivierung von sicherheitskritischen<br />

Funktionen abhängig vom Interaktionsbereich des<br />

Benutzers. So deaktiviert die Benutzungsschnittstelle<br />

zum Beispiel die Funktionen zur manuellen Steuerung<br />

des Roboters im Kommissioniermodul-Dialog, wenn der<br />

Benutzer die Interaktionszone sicher verlässt und ke<strong>in</strong>e<br />

Sicht auf den Roboter hat (siehe Bild 7).<br />

Die konkreten Adaptionsregeln dienen zusätzlich<br />

dazu, die Präsentationsaspekte der grafischen Benutzungsschnittstelle<br />

zur Laufzeit anzupassen. Durch die<br />

Anpassung des Farbschemas kann die Aufmerksamkeit<br />

des Benutzers gezielt gesteuert und beispielsweise auf<br />

sich ändernde Umgebungseigenschaften, die e<strong>in</strong>en Effekt<br />

auf die Benutzungsschnittstelle haben, h<strong>in</strong>gewiesen werden.<br />

Im hier präsentierten Anwendungsfall dient die<br />

dynamische Anzeige der aktuell aktiven Interaktionszone<br />

mittels e<strong>in</strong>es Farbschemas der direkten Informationsrückkopplung,<br />

an welchem Ort sich der Benutzer <strong>in</strong> der<br />

Anlage gerade bef<strong>in</strong>det. Dadurch werden Adaptionen,<br />

wie zum Beispiel der Dialogwechsel beziehungsweise<br />

das De-/Aktivieren von Interaktionsobjekten für den Benutzer<br />

besser ersichtlich und es kann leichter nachvollzogen<br />

werden, wann welche Funktionen ausführbar s<strong>in</strong>d<br />

und wann die Adaptionen durchgeführt werden.<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />

In diesem Beitrag wurde e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur<br />

für die Entwicklung kontextsensitiver, universeller Benutzungsschnittstellen<br />

für die Unterstützung der mobilen<br />

Instandhaltung <strong>in</strong> ambient-<strong>in</strong>telligenten Produktionsumgebungen<br />

vorgestellt. Durch die drei Kernmodelle,<br />

die die getrennte Beschreibung der Präsentations- und<br />

Adaptions-Verhaltensaspekte der Benutzungsschnittstelle<br />

erlauben, wird e<strong>in</strong>e systematische Modellierung von<br />

kontextsensitiven Benutzungsschnittstellen für die Unterstützung<br />

der mobilen Instandhaltung möglich. Als<br />

Machbarkeitsstudie wurde der SmartMote-Renderer<br />

entwickelt, der aus diesen drei Modellen zur Laufzeit die<br />

kontextsensitive Benutzungsschnittstelle generiert.<br />

Um den Benutzern zukünftig e<strong>in</strong>e umfassendere Unterstützung<br />

bei der Durchführung von Instandhaltungsaufgaben<br />

zu bieten, eignet sich neben der re<strong>in</strong>en<br />

Betrachtung des Bedienortes die Berücksichtigung weiterer<br />

Kontexte bei der Informationsaufbereitung. So<br />

lässt sich e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>granularere Erfassung der Benutzungssituation<br />

(zum Beispiel <strong>in</strong> Form des Anlagenzustandes)<br />

zu e<strong>in</strong>er Darstellung von präventiven Warnh<strong>in</strong>weisen<br />

nutzen. Um die Anwendbarkeit des Ansatzes<br />

sicherzustellen, bedarf es zudem e<strong>in</strong>er stärkeren Berücksichtigung<br />

von Sicherheitsaspekten, wie der Authentifizierung<br />

der Benutzer.<br />

DANKSAGUNG<br />

MANUSKRIPTEINGANG<br />

31.10.2012<br />

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />

Die dargestellten Ergebnisse wurden im Forschungsprojekt<br />

„Generierung aufgabenorientierter<br />

Benutzungsschnittstellen für <strong>in</strong>telligente Produktionsumgebungen“<br />

(GaBi) entwickelt, welches von der<br />

Deutschen Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft (DFG) unter<br />

den Geschäftszeichen ZU 79/16-1 und -2 sowie<br />

RO 3343/1-1 und -2 f<strong>in</strong>anziert wurde.<br />

AUTOREN<br />

Dipl.-Inf. MARC SEISSLER<br />

(geb. 1985) studierte Angewandte<br />

Informatik an der<br />

TU Kaiserslautern. Seit 2009<br />

forscht er als Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der<br />

TU Kaiserslautern sowie als<br />

Researcher am DFKI an der<br />

modellbasierten Entwicklung<br />

von <strong>in</strong>telligenten Benutzungsschnittstellen<br />

<strong>in</strong> smarten Produktionsumgebungen.<br />

Deutsches Forschungszentrum<br />

für Künstliche Intelligenz,<br />

Trippstadter Str. 122, D-67663 Kaiserslautern,<br />

Tel. +49 (0) 631 205 75 51 39,<br />

E-Mail: marc.seissler@dfki.de<br />

Dipl.-Inf. KAI BREINER<br />

(geb. 1980) arbeitete von<br />

2006 bis 2012 als wissenschaft<br />

licher Mitarbeiter an<br />

der TU Kaiserslautern.<br />

2012 reichte er se<strong>in</strong>e<br />

Dissertation zum Thema<br />

„Benutzungs <strong>in</strong>ter aktion-<br />

Forensik“ an der TU Kaiserslautern<br />

e<strong>in</strong>. Seit 2012 arbeitet er als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Fraunhofer IESE.<br />

Fraunhofer-Institut<br />

für Experimentelles Software Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g (IESE),<br />

Fraunhofer-Platz 1, D-67663 Kaiserslautern,<br />

Tel. +49 (0) 631 68 00 22 79,<br />

E-Mail: kai.bre<strong>in</strong>er@iese.fraunhofer.de<br />

56<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Herausforderung<br />

Automatisierungstechnik<br />

Mit dem <strong>atp</strong>-award werden zwei Autoren der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

für hervorragende Beiträge ausgezeichnet. Ziel dieser<br />

Initiative ist es, Wissenschaftler und Praktiker der<br />

Automatisierungstechnik anzuregen, ihre Ergebnisse<br />

und Erfahrungen <strong>in</strong> Veröffentlichungen zu fassen und<br />

die Wissenstransparenz <strong>in</strong> der Automatisierungstechnik<br />

zu fördern.<br />

Teilnehmen kann jeder Autor der zum Zeitpunkt<br />

der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre ist. Nach<br />

Veröffentlichung e<strong>in</strong>es Beitrags ist der Autor, wenn er<br />

die Bed<strong>in</strong>gung erfüllt, automatisch im Pool. Die Auswahl<br />

des Gew<strong>in</strong>ners übernimmt die <strong>atp</strong>-Fachredaktion.<br />

Derjenige Autor, der im Autorenteam der jüngste ist,<br />

erhält stellvertretend für alle Autoren die Auszeichnung.<br />

Der Preis wird <strong>in</strong> zwei Kategorien ausgelobt:<br />

Industrie und Hochschule. Die Kategorien ermittlung<br />

ergibt sich aus der <strong>in</strong> dem Beitrag angegebenen Adresse<br />

des jüngsten Autors.<br />

Veröffentlichungen – Beitrag zum Wissenspool<br />

im Fachgebiet Automatisierungstechnik<br />

Die Entwicklung e<strong>in</strong>es Wissensgebietes erfolgt durch<br />

e<strong>in</strong>en kooperativen Prozess zwischen wissenschaftlicher<br />

Grundlagenforschung, Konzept- und Lösungsentwicklung<br />

und Anwendung <strong>in</strong> der Praxis. E<strong>in</strong> solcher<br />

Prozess bedarf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Informationsplattform.<br />

Veröffentlichungen s<strong>in</strong>d die essentielle Basis<br />

e<strong>in</strong>es solchen Informationspools.<br />

Der <strong>atp</strong>-award fördert den wissenschaftlichen Austausch<br />

im dynamischen Feld der Automationstechnik.<br />

Nachwuchs<strong>in</strong>genieure sollen gezielt ihre Forschungen<br />

präsentieren können und so leichter den Zugang zur<br />

Community erhalten. Der Preis ist mit e<strong>in</strong>er Prämie<br />

von jeweils 2000 € dotiert.<br />

Die Auswahl erfolgt <strong>in</strong> zwei Stufen:<br />

Voraussetzung für die Teilnahme ist die Veröffentlichung<br />

des Beitrags <strong>in</strong> der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>. Jeder Aufsatz,<br />

der als Hauptbeitrag für die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> e<strong>in</strong>gereicht<br />

wird, durchläuft das Peer-Review-Verfahren. Die<br />

letzte Entscheidung zur Veröffentlichung liegt beim<br />

Chefredakteur. Wird e<strong>in</strong> Beitrag veröffentlicht, kommt<br />

er automatisch <strong>in</strong> den Pool der <strong>atp</strong>-award-Bewerber,<br />

vorausgesetzt e<strong>in</strong>er der Autoren ist zum Zeitpunkt<br />

der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre. Ausgezeichnet<br />

wird der jüngste Autor stellvertretend für alle<br />

Autoren der Gruppe. E<strong>in</strong>e Jury aus Vertretern der <strong>atp</strong>-<br />

Fachredaktion und des -Beirats ermittelt schließlich<br />

den Gew<strong>in</strong>ner <strong>in</strong> den jeweiligen Kategorien Hochschule<br />

und Industrie. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Beiträge richten Sie bitte an:<br />

Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas<br />

Chefredakteur<br />

c/o Technische Universität Dresden<br />

Institut für Automatisierungstechnik<br />

Professur für Prozessleittechnik<br />

01062 Dresden<br />

Tel. +49 351 463-39614, Fax -39681<br />

M +49 177 466-5201<br />

E-Mail: urbas@di-verlag.de<br />

Beachten Sie die Autorenh<strong>in</strong>weise der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

für Hauptbeiträge unter folgendem L<strong>in</strong>k:<br />

http://www.<strong>atp</strong>-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Vom Wettbewerb ausgeschlossen s<strong>in</strong>d Mitarbeiter des Deutschen Industrieverlags. Wird e<strong>in</strong> Beitrag von mehreren Autoren e<strong>in</strong>gereicht, gelten die Bed<strong>in</strong>gungen für den Erstautor. Der Preis<br />

als ideeller Wert geht <strong>in</strong> diesem Fall an die gesamte Autorengruppe, die Dotierung geht jedoch exklusiv an den jüngsten Autor. Grundlage der Teilnahme am Wettbewerb ist die E<strong>in</strong>sendung<br />

e<strong>in</strong>es Hauptaufsatz-Manuskriptes an die <strong>atp</strong>-Chefredaktion.<br />

www.<strong>atp</strong>-onl<strong>in</strong>e.de


HAUPTBEITRAG<br />

Smartphones und Tablets <strong>in</strong><br />

der <strong>in</strong>dustriellen Produktion<br />

Nutzerfreundliche Bedienung von Feldgeräten<br />

Die zunehmende Komplexität von flexiblen Produktionssystemen <strong>in</strong> der wandlungsfähigen<br />

Fabrik der Zukunft stellt neue Herausforderungen an die sichere und <strong>in</strong>tuitive Bedienung<br />

heutiger Produktionssysteme. Dabei führt der Trend weg von stationären h<strong>in</strong> zu<br />

mobilen, universellen Bediengeräten. Smartphones und Tablets haben sich zu multimedialen<br />

Alleskönnern entwickelt und halten zunehmend E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die <strong>in</strong>dustrielle Produktion.<br />

Bei der <strong>in</strong>itialen Inbetriebnahme oder Parametrisierung können die Vorteile<br />

solcher mobiler Bediensysteme voll ausgeschöpft werden. In diesem Beitrag wird e<strong>in</strong><br />

Ansatz aufgezeigt, wie sich mittels mobiler Bediengeräte des Konsumgütermarkts e<strong>in</strong>e<br />

signifikante Verbesserung h<strong>in</strong>sichtlich der Gebrauchstauglichkeit und Anwenderakzeptanz<br />

gegenüber konventionellen Bediensystemen erreichen lässt. Das generische Konzept<br />

zur nutzerzentrierten Erstkommunikation zwischen <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten und mobilen<br />

Endgeräten wurde am DFKI entwickelt, <strong>in</strong> verschiedenen Demonstratoren umgesetzt<br />

und unter realitätsnahen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> der SmartFactory-KL evaluiert.<br />

SCHLAGWÖRTER Mobile Bediensysteme / nutzerfreundliche Erstkommunikation /<br />

generische Geräteidentifikation / ubiquitous manufactur<strong>in</strong>g<br />

Smart phones and tablets <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustrial production –<br />

User-friendly operation of field devices<br />

The <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g complexity of flexible production systems <strong>in</strong> the factory of the future<br />

presents new challenges for a secure and <strong>in</strong>tuitive operation of production systems. There<br />

is a trend towards us<strong>in</strong>g universal mobile devices <strong>in</strong> the field of <strong>in</strong>dustrial production.<br />

As multimedia-based all-rounders, devices such as smartphones and tablets offer significant<br />

advantages compared to conventional devices, particularly dur<strong>in</strong>g communication<br />

<strong>in</strong>itiation. A concept is presented for user-friendly communication <strong>in</strong>itiation to reach<br />

better usability and acceptance. This generic concept was developed by the German Research<br />

Centre for Artificial Intelligence, implemented <strong>in</strong> several demonstrators, and evaluated<br />

<strong>in</strong> the SmartFactory-KL.<br />

KEYWORDS mobile devices / user-friendly communication <strong>in</strong>itiation /<br />

generic device identification / ubiquitous manufactur<strong>in</strong>g<br />

58<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


MATHIAS SCHMITT, DETLEF ZÜHLKE, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Kaiserslautern<br />

Stationäre und proprietäre Bediensysteme beherrschen<br />

derzeit den Markt bei <strong>in</strong>dustriellen<br />

Anlagen. Jede Masch<strong>in</strong>e besitzt e<strong>in</strong> eigenes auf<br />

sie zugeschnittenes System mit oftmals herstellerspezifischen<br />

Benutzungs- und Kommunikationsschnittstellen<br />

sowie Bedienphilosophien. Da dem<br />

Anwender ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche und universelle Schnittstelle<br />

zur Verfügung steht, gibt es das Problem der Anb<strong>in</strong>dung<br />

des Bediengerätes an das Feldgerät. Mit der Anzahl<br />

der Varianten von Bediengeräten steigt der Schulungs-<br />

und E<strong>in</strong>arbeitungsaufwand der Nutzer für die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Masch<strong>in</strong>en und die Gefahr von Fehlbedienungen.<br />

Zudem kann der Ausfall e<strong>in</strong>es Bediengerätes zum<br />

unvermeidlichen Komplettausfall der jeweiligen Masch<strong>in</strong>e<br />

und gegebenenfalls zu erheblichen E<strong>in</strong>schränkungen<br />

<strong>in</strong> der gesamten Produktionskette führen.<br />

Seit e<strong>in</strong>iger Zeit lässt sich jedoch im Bereich der <strong>in</strong>dustriellen<br />

Bedienung e<strong>in</strong> Wandel erkennen. Der Trend<br />

führt weg von stationären h<strong>in</strong> zu mobilen, universellen<br />

Bediengeräten, die zunächst nur als Ergänzungen zu<br />

stationären Lösungen e<strong>in</strong>gesetzt wurden [5, 6]. E<strong>in</strong>en<br />

Ansatz, um die Bedienkomplexität für den Menschen<br />

signifikant zu reduzieren, stellt dabei der Transfer moderner<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

(IKT) aus dem Konsumgütermarkt <strong>in</strong> die Fabrikwelt dar.<br />

Dabei können moderne IKT, wie mobile Bediengeräte<br />

und Funktechnologien, als e<strong>in</strong>e der wichtigsten Schlüsselfaktoren<br />

für die zukünftige Entwicklung der Produktionsautomatisierung<br />

angesehen werden [4].<br />

1. POTENZIALE MOBILER INTERAKTIONSSYSTEME<br />

E<strong>in</strong>heitliche und universelle Bediensysteme lassen sich<br />

zur Steuerung e<strong>in</strong>er Vielzahl von Masch<strong>in</strong>en und Anlagen<br />

nutzen ohne dass der Anwender die Bedienhardware<br />

wechseln muss. Die Flexibilität und der hohe Sicherheitsstandard<br />

ermöglichen e<strong>in</strong>e effiziente Inbetriebnahme,<br />

Steuerung und Wartung der Anlage sowie der Masch<strong>in</strong>enteile<br />

[13, 18]. Neben den benötigten Ressourcen der<br />

bedienten Masch<strong>in</strong>e, wie beispielsweise die Benutzungsschnittstellen,<br />

kann auch der Energiebedarf und die Anzahl<br />

der Fehlbedienungen durch Vere<strong>in</strong>heitlichung verm<strong>in</strong>dert<br />

werden. E<strong>in</strong> weiterer Vorteil solcher Bediensysteme<br />

besteht <strong>in</strong> der verbesserten Ergonomie, welche<br />

durch die Mobilität erreicht wird. Durch den E<strong>in</strong>satz von<br />

Funktechnologien, zum Beispiel Bluetooth, WLAN oder<br />

ZigBee, als Schnittstelle zwischen Bediengerät und Anlage<br />

kann e<strong>in</strong>e Ortsungebundenheit erreicht werden [12].<br />

Aufgrund der Mobilität und der universellen E<strong>in</strong>setzbarkeit<br />

können diese Bediengeräte von e<strong>in</strong>em beliebigen Ort<br />

aus verschiedene Masch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der Anlage ansteuern [6].<br />

1.1 Transfer aus dem Konsumgütermarkt <strong>in</strong> die Industrie<br />

Im Zusammenhang mit der zunehmenden Mobilität der<br />

Nutzer und des Erfolgs heutiger mobiler, <strong>in</strong>teraktiver Systeme<br />

im Konsumgüterbereich, stellt die Verwendung mobiler<br />

Interaktionssysteme e<strong>in</strong>en vielversprechenden Lösungsansatz<br />

für die Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Interaktion <strong>in</strong> der<br />

Industrie dar. Die Etablierung und Verbreitung von persönlichen,<br />

mobilen Geräten im Konsumgütermarkt führt<br />

dazu, dass die Akzeptanz solcher Geräte für den <strong>in</strong>dustriellen<br />

E<strong>in</strong>satz steigt, weil unter anderem dem Anwender<br />

fortlaufend neue Dienste und Möglichkeiten eröffnet werden<br />

[5]. Die Komb<strong>in</strong>ation aus modernen Interaktionsparadigmen<br />

(zum Beispiel Multitouch) und die Öffnung der<br />

Interaktionsplattformen für neuartige Drittanwendungen<br />

(zum Beispiel <strong>in</strong>dustrielle Apps) bieten dabei die Grundlage<br />

für e<strong>in</strong>e steigende Flexibilität bei der Funktionsbereitstellung.<br />

Zusätzlich ergibt sich e<strong>in</strong>e deutlich höhere<br />

Gebrauchstauglichkeit und Anwenderfreundlichkeit [19].<br />

E<strong>in</strong>e Neuentwicklung dedizierter, mobiler Geräte- und<br />

Softwareplattformen für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz stellt<br />

unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgrund ger<strong>in</strong>ger<br />

Absatzmengen und hoher Entwicklungskosten nur<br />

bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Lösungsansatz dar. Die Adaption und Integration<br />

bestehender Hardware- (zum Beispiel Smartphone,<br />

Tablet) und Software-Technologien (zum Beispiel<br />

Android, IOS, W<strong>in</strong>dows) aus dem Konsumgütermarkt<br />

erweisen sich als vielversprechend, um den E<strong>in</strong>satz neu-<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

59


HAUPTBEITRAG<br />

artiger Interaktionstechnologien <strong>in</strong> der Industrie zu ermöglichen.<br />

Die im Konsumgüterbereich etablierten<br />

Technologien und Interaktionskonzepte müssen daher<br />

für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz erweitert werden [19].<br />

Funkbasierte Kommunikationstechnologien s<strong>in</strong>d bereits<br />

seit e<strong>in</strong>igen Jahren <strong>in</strong> der Produktionsautomatisierung<br />

im E<strong>in</strong>satz. Hierfür wurden mobile, <strong>in</strong>dustrielle<br />

Bediengeräte entwickelt, die am Markt erhältlich s<strong>in</strong>d;<br />

unter anderem das Siemens Simatic Mobile Panel 277<br />

IWLAN oder das UCP 450 von der Firma unipo. Weitverbreitete<br />

Standards wie Radio Frequency Identification<br />

(RFID) und Near Field Communication (NFC) ermöglichen<br />

zudem e<strong>in</strong>e direkte Interaktion mit Feldgeräten<br />

auf der Automatisierungsebene. Demnach s<strong>in</strong>d die<br />

technologischen Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e Integration<br />

mobiler Interaktionstechniken <strong>in</strong> die <strong>in</strong>dustrielle Produktion<br />

gegeben [12].<br />

1.2 Herausforderungen im Produktionsumfeld<br />

Neben den genannten Potenzialen ergeben sich neue Herausforderungen,<br />

denen sich diese Bediensysteme im<br />

<strong>in</strong>dustriellen Umfeld, zum Beispiel aufgrund ihrer Flexibilität<br />

und Mobilität, stellen müssen [2, 3]. Für den<br />

wirtschaftlichen E<strong>in</strong>satz mobiler Bediensysteme muss<br />

e<strong>in</strong>e ad hoc Kommunikation gewährleistet se<strong>in</strong>. Zum<br />

Beispiel <strong>in</strong>dem der erste, zeitaufwändige Schritt der Konfiguration<br />

durch e<strong>in</strong>en automatischen Kommunikationsaufbau<br />

ersetzt wird. Im Bereich der <strong>in</strong>dustriellen Steuerungstechnik<br />

ist dies bislang nicht Stand der Technik.<br />

Die Problematik liegt <strong>in</strong> der Identifikation des zu bedienenden<br />

Feldgerätes. Anders als bei kabelgebundenen<br />

existiert bei den mobilen Bediensystemen ke<strong>in</strong>e physische<br />

Verb<strong>in</strong>dung. Da moderne Feldgeräte oftmals mehr<br />

als e<strong>in</strong>e Schnittstelle besitzen, besteht e<strong>in</strong>e weitere<br />

Schwierigkeit <strong>in</strong> der Auswahl und Konfiguration e<strong>in</strong>er<br />

geeigneten Kommunikationsschnittstelle.<br />

Ziel ist es, e<strong>in</strong>en generischen Ansatz zu etablieren, der<br />

e<strong>in</strong>e automatisierte Konfiguration und Inbetriebnahme<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustriellen Kommunikationsschnittstelle unterstützt,<br />

unter Berücksichtigung der Anforderungen e<strong>in</strong>es<br />

universellen Bediengerätes [7].<br />

1.3 Bisherige Forschungsergebnisse<br />

Im Forschungsbereich für Innovative Fabriksysteme des<br />

Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz<br />

(DFKI) wurde bereits e<strong>in</strong>e Vielzahl an Vorarbeiten<br />

im Bereich der mobilen und universellen Bedienung im<br />

<strong>in</strong>dustriellen Umfeld durchgeführt. Entstanden s<strong>in</strong>d realitätsnahe<br />

Demonstratoren, die auf technologisch unterschiedlichen<br />

Wegen den Kommunikationsaufbau und<br />

die Interaktion realisieren [13, 14, 15].<br />

Mobile Bediensysteme für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz<br />

unterscheiden sich durch zwei wesentliche Identifikationspr<strong>in</strong>zipien:<br />

Die erste Gruppe betrachtet konventionelle<br />

Identifikationsmethoden, basierend auf mobilen<br />

Bediengeräten, die speziell für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz<br />

entwickelt wurden und auf dem Markt verfügbar s<strong>in</strong>d.<br />

Der Kommunikationsaufbau zwischen dem Bediengerät<br />

und dem zu identifizierenden Feldgerät <strong>in</strong> der Anlage<br />

wird beispielsweise über die Auswahl aus e<strong>in</strong>er Geräteliste<br />

durch den Anwender <strong>in</strong>itiiert. Die Geräteliste muss<br />

dafür statisch im Bediengerät h<strong>in</strong>terlegt werden [13].<br />

E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit ist die skizzenhafte Darstellung<br />

relevanter Anlagenteile über e<strong>in</strong>e grafische Benutzungsschnittstelle.<br />

Die Auswahl der Feldgeräte f<strong>in</strong>det<br />

hierbei über e<strong>in</strong>en berührungssensitiven Bildschirm oder<br />

über Softkeys statt [12]. Für den Datenaustausch werden<br />

funkbasierte Technologien verwendet (Bild 1). Beide Interaktionspr<strong>in</strong>zipien<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Industrie im E<strong>in</strong>satz.<br />

Die zweite Gruppe von Identifikationspr<strong>in</strong>zipien basiert<br />

auf mobilen Bediengeräten, die aus dem Konsumgüterbereich<br />

stammen. Für die mobile Inbetriebnahme, Parametrisierung<br />

und Steuerung von <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten nutzen<br />

Unternehmen gewöhnliche Smartphones und Tablets.<br />

Zur Initiierung e<strong>in</strong>es Kommunikationsaufbaus benötigen<br />

diese Identifikationsmethoden zum Beispiel e<strong>in</strong>en Berührungskontakt<br />

zwischen Bedien- und Feldgerät. Dadurch<br />

wird sichergestellt, dass der Datenaustausch mit dem richtigen<br />

Kommunikationspartner stattf<strong>in</strong>det. Diese Art von<br />

Berührungskontakt wird auch als Touch-and-Connect-<br />

Pr<strong>in</strong>zip bezeichnet. Zur Realisierung stehen unterschiedliche,<br />

passive Datenspeicher, wie magnetische und elektrische<br />

Identifier zur Verfügung (RFID, NFC, WLAN). Alternativ<br />

dazu lassen sich optische Datenspeicher (1D/2D-Barcode,<br />

QR-Code) verwenden, die mit der im Bediengerät<br />

<strong>in</strong>tegrierten Kamera erfasst werden. Dadurch wird e<strong>in</strong><br />

ad-hoc-Kommunikationsaufbau unterstützt, ohne dass e<strong>in</strong>e<br />

Vorkonfiguration oder -programmierung notwendig ist.<br />

Die wesentlichen Aspekte der zweiten Methodengruppe<br />

s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>tuitive Identifikation der Feldgeräte, die<br />

automatische Konfiguration der Kommunikationsschnittstelle<br />

sowie die Organisation von Mehrnutzerverhalten<br />

und die sichere Handhabung von N:M-Kommunikationsverb<strong>in</strong>dungen<br />

[1, 7].<br />

2. ANSATZ ZUR INTUITIVEN ERSTKOMMUNIKATION<br />

Der Verb<strong>in</strong>dungsaufbau mittels e<strong>in</strong>es universellen Bediengeräts<br />

zwischen Nutzer und Feldgerät stellt den<br />

ersten Schritt der Interaktion dar. Hierfür muss das zu<br />

verb<strong>in</strong>dende Feldgerät durch das Bediengerät identifiziert<br />

werden. Heute sieht der Ablauf für den Aufbau<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustriellen Erstkommunikation zu e<strong>in</strong>em Feldgerät<br />

vor, dass der Typ des Feldgeräts anhand Dokumentationen<br />

oder Typenschildern ermittelt, die Konfigurationsparameter<br />

nachgeschlagen und diese Parameter <strong>in</strong><br />

die oftmals proprietären Konfigurationsumgebungen<br />

der beiden Kommunikationsparameter e<strong>in</strong>getragen werden.<br />

Dies geschieht meist textuell über Auswahllisten,<br />

wobei vorkonfigurierte, verfügbare Geräte zur Auswahl<br />

stehen, oder alternativ mittels e<strong>in</strong>er grafischen Darstellung<br />

der Anlage.<br />

Ist die Erstkommunikation aufgebaut, ergeben sich für<br />

den Spezialfall mobiler Bediengeräte weitere Herausforderungen<br />

(zum Beispiel Zugriffsrechte und Mehrnutzerverhalten).<br />

Aufgrund des mobilen Charakters dieser<br />

Geräte ist es e<strong>in</strong>em Nutzer nicht möglich, festzustellen,<br />

ob noch e<strong>in</strong> weiterer Nutzer mit dem <strong>in</strong>dustriellen Feldgerät<br />

verbunden ist. Diese Unsicherheit birgt viele mögliche<br />

Fehlerquellen. Im Fall der simultanen Bedienung<br />

(zum Beispiel Interaktion mit Robotern im Gefahrenbereich)<br />

können sich diese von Produktionsausfällen bis<br />

h<strong>in</strong> zu Gefahrensituationen erstrecken (Bild 2).<br />

60<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Es hat sich gezeigt, dass e<strong>in</strong> Informationsdefizit für den<br />

E<strong>in</strong>satz von mobilen Bediengeräten zur Kommunikation mit<br />

zuvor unbekannten <strong>in</strong>dustriellen Geräten für den Anwendungskontext<br />

e<strong>in</strong>er wandlungsfähigen Fabrik besteht. Die<br />

notwendigen Voraussetzungen müssen geschaffen werden,<br />

um e<strong>in</strong> mobiles Bediengerät <strong>in</strong>tuitiv und effizient <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

wandlungsfähigen Fabrikumgebung an zuvor unbekannte,<br />

<strong>in</strong>dustrielle Geräte und deren Kontext unter Berücksichtigung<br />

der funktionalen Sicherheit zu adaptieren (Bild 3).<br />

2.1 Konzeptionelle Anforderungen<br />

Der <strong>in</strong>tuitive und sichere Verb<strong>in</strong>dungsaufbau zwischen<br />

Feldgeräten und mobilen Bediengeräten stellt e<strong>in</strong> wesentliches<br />

Kriterium dar, um die notwendige Akzeptanz von<br />

mobilen Systemen zu erreichen. Deshalb muss die Frage<br />

nach der automatischen Konfiguration der Kommunikationsschnittstelle<br />

beantwortet werden. Dafür müssen<br />

generische Attribute erhoben werden, welche die verschiedenen,<br />

direkten und <strong>in</strong>direkten Zugangsmöglichkeiten<br />

zu <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten, deren Kommunikationsschnittstellen<br />

und zusätzlich den aufgabenspezifischen<br />

Kontext berücksichtigen, wie die Nutzeranforderungen<br />

und das Mehrnutzerverhalten. Auf Grundlage<br />

der erhobenen Attribute lässt sich e<strong>in</strong> generisches Datenformat<br />

entwickeln, welches den Anforderungen e<strong>in</strong>es<br />

automatischen Kommunikationsaufbaus genügt [7].<br />

Bei der technischen Realisierung gilt es, die beiden<br />

grundlegenden Anforderungen der <strong>in</strong>tuitiven Identifikation<br />

und der automatischen Konfiguration zu e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />

Methode zu überführen: Auf Grundlage des<br />

generischen Datenformats soll e<strong>in</strong> gerätespezifisches Datenformat<br />

abgeleitet werden, welches im Moment der<br />

Identifikation übertragen wird. Diese Informationen werden<br />

auf passiven Datenspeichern direkt am Feldgerät<br />

h<strong>in</strong>terlegt. Diese komb<strong>in</strong>ierte Methode wurde <strong>in</strong> der<br />

SmartFactory-KL umgesetzt und evaluiert.<br />

2.2 Technologischer Ansatz<br />

Kern des Konzeptes zur nutzerfreundlichen Erstkommunikation<br />

zwischen e<strong>in</strong>em stationären Feldgerät und mobilen<br />

Bediengeräten ist e<strong>in</strong> Referenzmodell, welches alle<br />

für den <strong>in</strong>itialen Kommunikationsaufbau relevanten Informationen<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es passiven Datenspeichers direkt<br />

am Feldgerät h<strong>in</strong>terlegt [16, 17].<br />

Die Etablierung des generischen Kommunikationsaufbaus<br />

zwischen zwei unbekannten Feldgeräten stellt e<strong>in</strong>e<br />

vielschichtige Herausforderung dar. Es wurde e<strong>in</strong> Konzept<br />

erarbeitet, welches die wesentlichen Informationen für<br />

den Kommunikationsaufbau zwischen e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dustriellen<br />

Feldgerät und e<strong>in</strong>em mobilen Bediengerät zusammenstellt<br />

und dadurch den automatischen Kommunikationsaufbau<br />

ermöglicht.<br />

Konventionell<br />

textuell<br />

Touch-and-<br />

Connect<br />

Touch-and-<br />

Connect<br />

elektronisch<br />

BILD 1: Übersicht<br />

Identifikationsmethoden<br />

mobiler Bediensysteme<br />

grafisch<br />

Touch-and-<br />

Connect<br />

optisch<br />

1. Identifizieren<br />

2. Konfiguration<br />

Schnittstelle und<br />

Kommunikationsaufbau<br />

3. Kommunizieren<br />

BILD 2: Vernetzte Automatisierung und<br />

E<strong>in</strong>satz mobiler Bediensysteme [11]<br />

BILD 3: Vorgehensweise zur generischen<br />

Geräteidentifikation mittels Touch and Connect [15]<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

61


HAUPTBEITRAG<br />

BILD 4: Universeller Geräte-Identifier<br />

BILD 5: Ermittlung des Kommunikationskontexts [15]<br />

BILD 6: Realisierung <strong>in</strong> der<br />

SmartFactory-KL<br />

BILD 7:<br />

Exemplarisches<br />

Bewertungsportfolio<br />

der evaluierten<br />

Bediengeräte [20]<br />

Grundlagen digitaler Datenspeicher<br />

Die Kommunikationsschnittstelle sowie das Feldgerät<br />

selbst werden durch das generische Schnittstellenmodell<br />

beschrieben. Hierbei ist es wichtig, alle relevanten<br />

Informationen e<strong>in</strong>zubeziehen. Der Nutzer kann dadurch<br />

identifiziert und die Zugriffsrechte <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Mehrnutzersystems verwaltet werden. Alle Informationen<br />

werden auf e<strong>in</strong>em passiven Datenspeicher h<strong>in</strong>terlegt,<br />

welcher direkt an dem entsprechenden Feldgerät<br />

angebracht wird.<br />

Die neuen Identifikationsmethoden basieren auf e<strong>in</strong>em<br />

generischen Referenzmodell. Unterschiedliche, passive<br />

Datenspeicher unterstützen e<strong>in</strong>en ad hoc Kommunikationsaufbau,<br />

ohne dass dabei e<strong>in</strong>e Vorkonfiguration oder<br />

-programmierung notwendig ist. Diese Identifikationsmethoden<br />

benötigen lediglich e<strong>in</strong>en physikalischen Verb<strong>in</strong>dungsaufbau<br />

zwischen Bediengerät und dem jeweiligen<br />

Identifier. Es wird zwischen elektrischen und optischen<br />

Identifikationsmethoden unterschieden.<br />

E<strong>in</strong> großer Vorteil von Barcodes und RFID- beziehungsweise<br />

NFC-Technik ist, dass Daten oder Informationen<br />

codiert und von e<strong>in</strong>em Lesegerät schnell e<strong>in</strong>gelesen<br />

werden können [9]. Da der Aufbau und die grundsätzliche<br />

Vorgehensweise bei RFID- und NFC-Systemen<br />

identisch s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>det zwischen den beiden passiven<br />

Datenspeichern ke<strong>in</strong>e Differenzierung statt. Im Gegensatz<br />

zur RFID-Technologie muss im Fall der optischen<br />

Datenspeicherung mittels e<strong>in</strong>es Barcodes e<strong>in</strong>e Sichtverb<strong>in</strong>dung<br />

bestehen, um e<strong>in</strong>e Datenübertragung zu <strong>in</strong>itialisieren<br />

(Bild 4).<br />

Optische und elektrische Identsysteme<br />

Optische Identsysteme, wie sie <strong>in</strong> der Industrie zum E<strong>in</strong>satz<br />

kommen, dienen meist zur automatischen Datenspeicherung<br />

und -erfassung. Es gibt e<strong>in</strong>e Vielzahl solcher<br />

Systeme, die sich <strong>in</strong> ihrer Leistungsfähigkeit und <strong>in</strong> den<br />

Kosten stark unterscheiden. Altbewährte und kostengünstige<br />

Systeme für die Massenanwendungen im Be-<br />

62<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


eich der Warenkennzeichnung s<strong>in</strong>d ebenso vorhanden<br />

wie zuverlässige und fälschungssichere Systeme <strong>in</strong> der<br />

Personenidentifikation [8].<br />

RFID ist wie die 1D-/2D-Codierverfahren für die Erfassung,<br />

Speicherung und Weitergabe von Informationen verwendbar<br />

und ermöglicht mittels e<strong>in</strong>es elektromagnetischen<br />

Feldes [9] e<strong>in</strong>e berührungslose Kommunikation, die ke<strong>in</strong>en<br />

Sichtkontakt erfordert. Informationen werden über dieses<br />

Feld durch den Sender an den Empfänger übertragen [10].<br />

NFC ist ebenfalls e<strong>in</strong>e kontaktlose Technologie zum Austausch<br />

von Daten und Nachrichten über kurze Distanzen.<br />

NFC verwendet bestehende Standards im Bereich von<br />

RFID-Technologien und Chipkarten und basiert somit auf<br />

e<strong>in</strong>er erprobten und ausgereiften Methode. Im Gegensatz<br />

zu Bluetooth oder anderen drahtlosen Kommunikationsnetzwerken<br />

sieht der E<strong>in</strong>satz vor, dass jede Aktion mit e<strong>in</strong>er<br />

bewussten Annäherung an e<strong>in</strong> NFC-Tag verbunden ist und<br />

somit mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen und willentlichen Zuordnung<br />

[8]. E<strong>in</strong> NFC-Tag ist ‐ entsprechend dem RFID-Tag ‐ e<strong>in</strong><br />

passiver Datenspeicher, auf dem Daten h<strong>in</strong>terlegt werden,<br />

die e<strong>in</strong> NFC-fähiges Smartphone lesen kann.<br />

2.3 Kontext<strong>in</strong>formationen<br />

Bei der Kommunikation mit e<strong>in</strong>em Feldgerät mittels Smartphone<br />

und Tablet müssen unterschiedlichste Randbed<strong>in</strong>gungen<br />

beachtet werden, bevor e<strong>in</strong>e Bedienung möglich<br />

ist. In der <strong>in</strong>dustriellen Praxis werden viele dieser Bed<strong>in</strong>gungen<br />

durch den Masch<strong>in</strong>enbediener überprüft, und falls<br />

die Voraussetzungen nicht gegeben s<strong>in</strong>d, mit Hilfe se<strong>in</strong>es<br />

Expertenwissens nachträglich bereitgestellt. Ist dieses Expertenwissen<br />

nicht vorhanden, ist e<strong>in</strong>e Bedienung oft nur<br />

mit erhöhtem Zeitaufwand zu realisieren. Ausgehend von<br />

e<strong>in</strong>em automatischen Kommunikationsaufbau mittels e<strong>in</strong>es<br />

mobilen Bediengeräts resultiert die Anforderung, dieses<br />

Wissen formal zu beschreiben (Bild 5).<br />

Nutzerspezifischer Kontext<br />

Die Interaktion mit <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten setzt die Berücksichtigung<br />

von unterschiedlichen Nutzerqualifikationen,<br />

Zugriffsrechten der Nutzer und Aufgabenprioritäten<br />

voraus (Wer ist berechtigt e<strong>in</strong>e Aufgabe durchzuführen?).<br />

Die Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit von Informationen<br />

soll sichergestellt werden. Safety und Security<br />

spielen dabei e<strong>in</strong>e übergeordnete Rolle. Die Zugriffsberechtigungen<br />

der verschiedenen Anwender müssen bei Mehrnutzersystemen<br />

zentral geregelt werden (Wie viele Nutzer<br />

dürfen gleichzeitig <strong>in</strong>teragieren?). Dabei werden die Anwender<br />

<strong>in</strong> Nutzergruppen e<strong>in</strong>geteilt, denen über Prioritätsklassen<br />

Zugriffsrechte erteilt werden. Die Ausprägungen<br />

der Zugriffsrechte s<strong>in</strong>d unter anderem von der Qualifikation<br />

des Anwenders und der aktuell durchgeführten Aufgabe<br />

abhängig. So hat zum Beispiel e<strong>in</strong> Wartungstechniker<br />

andere Aufgabenbereiche als der Masch<strong>in</strong>enführer.<br />

Gerätespezifischer Kontext<br />

Die Konfiguration e<strong>in</strong>er sicheren Kommunikationsschnittstelle<br />

spielt vor allem <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>e auszuführende<br />

Aufgabe e<strong>in</strong>e große Rolle (Wie muss e<strong>in</strong>e Kommunikationsschnittstellen<br />

parametrisiert se<strong>in</strong>?). Dies be<strong>in</strong>haltet die<br />

Störsicherheit der Verb<strong>in</strong>dung und die zugesicherten Laufzeiten<br />

der Signale. Für <strong>in</strong>dustrielle Feldgeräte bedeutet<br />

dies die Berücksichtigung e<strong>in</strong>er Vielzahl von möglichen<br />

Kommunikationsschnittstellen. Unter der Annahme, dass<br />

e<strong>in</strong> universelles Bediengerät alle diese Schnittstellen bereitstellen<br />

kann, wurde e<strong>in</strong>e Möglichkeit geschaffen, universelle<br />

Bediengeräte automatisch entsprechend den Anforderungen<br />

der Kommunikationsschnittstelle des Feldgeräts<br />

zu konfigurieren.<br />

Die Frage nach der Aufgabenfreigabe hängt meist von<br />

dem aktuellen Zustand der gesamten Produktionse<strong>in</strong>heit<br />

ab (Wann darf <strong>in</strong>teragiert werden?). E<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Beobachtungsaufgabe<br />

des Nutzers ist bei jedem Anlagenzustand<br />

möglich. Die Änderung von Parametern ist jedoch nur unter<br />

gewissen Randbed<strong>in</strong>gungen und die Bedienung von<br />

sicherheitskritischen Funktionen nur bei Anlagenstillstand<br />

erlaubt, zum Beispiel bei Instandhaltungsarbeiten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Roboterzelle.<br />

2.4 Mehrnutzerverhalten und Rechtevergabe<br />

Durch den mobilen Charakter des universellen Bediengeräts<br />

ist e<strong>in</strong>e Freigabe für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Nutzer nicht<br />

ausreichend. Deshalb wurde e<strong>in</strong>e Mehrnutzerverwaltung<br />

konzipiert, welche den Grundste<strong>in</strong> legt, um e<strong>in</strong>e simultane<br />

Bedienung <strong>in</strong>dustrieller Anlagen zu ermöglichen.<br />

Dazu ist es notwendig, den aktuellen Status bezüglich<br />

der Nutzer<strong>in</strong>teraktion e<strong>in</strong>es Feldgeräts zu kennen. Durch<br />

die Server-Anmeldung des Nutzers mittels e<strong>in</strong>es universellen<br />

Bediengeräts und der Anfrage auf Freigabe e<strong>in</strong>es<br />

spezifischen Feldgeräts ist lediglich die Information vorhanden,<br />

dass e<strong>in</strong> Nutzer e<strong>in</strong> Gerät durch se<strong>in</strong> universelles<br />

Bediengerät identifiziert hat. Der Nutzer-Server hat<br />

jedoch ke<strong>in</strong>erlei Informationen darüber, ob e<strong>in</strong> Nutzer<br />

tatsächlich mit dem Feldgerät <strong>in</strong>teragiert. Daher müssen<br />

zwischen dem Bediengerät und dem Nutzer-Server weitere<br />

Informationen bezüglich des Nutzerverhaltens übermittelt<br />

werden. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt genügt es, den<br />

Nutzer-Server über den Zeitpunkt zu <strong>in</strong>formieren, wann<br />

e<strong>in</strong> Nutzer <strong>in</strong> Interaktion mit dem Feldgerät getreten ist<br />

und zu welchem Zeitpunkt er diese Operation abgeschlossen<br />

hat. Das heißt, e<strong>in</strong> Nutzer ist über e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e<br />

Beobachtung von Prozessparametern h<strong>in</strong>aus mit der<br />

Prozessbedienung, der Parametrierung oder der Konfiguration<br />

des Feldgeräts beschäftigt [7].<br />

Alle<strong>in</strong>e auf Basis dieser Information ist der Server <strong>in</strong> der<br />

Lage, weiteren Nutzern, die über die re<strong>in</strong>e Prozessbeobachtung<br />

h<strong>in</strong>aus Operationen an dem Feldgerät durchführen<br />

wollen, den Zugriff zu verweigern und diese über den<br />

aktuellen Nutzer zu <strong>in</strong>formieren. Durch diese Information<br />

können zusätzliche Nutzer mit dem aktuellen Nutzer <strong>in</strong><br />

Kontakt treten und die nächsten Schritte planen.<br />

3. EVALUATION MOBILER BEDIENKONZEPTE<br />

Bei der Interaktion mit Feldgeräten <strong>in</strong> der wandlungsfähigen<br />

Fabrik muss der Mensch als Nutzer die bestmögliche<br />

Unterstützung erhalten, um die flexible Produktion<br />

effizient und zuverlässig zu gestalten. Daher sollte die<br />

nutzerfreundliche Gestaltung zukünftiger Produktionssysteme<br />

im Vordergrund jeglicher Entwicklung stehen<br />

[1, 2]. Das Konzept der generischen Geräteidentifikation<br />

wurde deshalb unter realitätsnahen Bed<strong>in</strong>gungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Gebrauchstauglichkeit und der Nutzerfreundlichkeit<br />

evaluiert.<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

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63


HAUPTBEITRAG<br />

3.1 Testumfeld SmartFactory-KL und Testbed<strong>in</strong>gungen<br />

Die SmartFactory-KL ist e<strong>in</strong>e Technologie<strong>in</strong>itiative mit<br />

dem Ziel, <strong>in</strong>novative Industrieanlagetechnik mit e<strong>in</strong>er<br />

weiten Bandbreite von Anwendungen <strong>in</strong> den verschiedensten<br />

Wirtschaftsbranchen zu entwickeln. Zusätzlich<br />

soll deren Anwendung und Verbreitung gefördert<br />

und die Grundlage für e<strong>in</strong>e breite Nutzung <strong>in</strong>novativer<br />

Techniken <strong>in</strong> Wissenschaft und Praxis geschaffen werden.<br />

Dabei verkörpert sie die Visionen modernster Produktionsumgebungen<br />

der nächsten Generation (Bild 6).<br />

Durch die Implementierung der Methoden zur Geräteidentifikation<br />

und die Durchführung der experimentellen<br />

Untersuchung <strong>in</strong> der SmartFactory-KL wurde für e<strong>in</strong><br />

realistisches Testumfeld gesorgt. Die experimentelle<br />

Untersuchung wurde mit repräsentativen Testpersonen<br />

durchgeführt.<br />

Für die Usability-Tests wurden Hypothesen aufgestellt,<br />

die im Zusammenhang mit der experimentellen Untersuchung<br />

überprüft wurden. Die generelle Hypothese,<br />

dass die Methoden zur Geräteidentifikation, die auf dem<br />

Touch-and-Connect-Pr<strong>in</strong>zip basieren, e<strong>in</strong>e höhere Gebrauchstauglichkeit<br />

beziehungsweise Nutzerfreundlichkeit<br />

aufweisen als die konventionellen Methoden zur<br />

Geräteidentifikation, konnte im Rahmen dieser experimentellen<br />

Untersuchung überprüft werden.<br />

3.2 Usability-Evaluation<br />

Gegenstand der experimentellen Untersuchung war der<br />

aufgabenbasierte Erstkommunikationsaufbau zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>dustriellen Feldgerät, weshalb die Untersuchungsschwerpunkte<br />

ausschließlich auf dem Identifikationsvorgang<br />

und dem <strong>in</strong>itialen Kommunikationsaufbau lagen.<br />

Messgrößen<br />

Um aussagekräftige Ergebnisse h<strong>in</strong>sichtlich der Usability<br />

zu erzielen, wurden gemäß DIN 9241-11 die Messgrößen<br />

Effektivität und Effizienz, die zusammen Auskunft<br />

über die Robustheit geben, und Zufriedenstellung berücksichtigt.<br />

REFERENZEN<br />

[1] Floerch<strong>in</strong>ger, F., Schmitt, M.: A Concept for a user-friendly<br />

first Communication Initiation between Stationary Field<br />

Devices and Mobile Interaction Devices. In: Proc. 18th IFAC<br />

World Congress, S. 1614-1619, IFAC 2011<br />

[2] Zuehlke, D.: SmartFactory – From Vision to Reality <strong>in</strong><br />

Factory Technologies. In: Proc. 17th IFAC World Congress,<br />

S. 82-89, IFAC 2008<br />

[3] Zuehlke, D.: SmartFactory – Towards a factory-of-th<strong>in</strong>gs.<br />

Annual Reviews <strong>in</strong> Control 34, S. 129-138, 2010<br />

[4] Terwiesch, P., Ganz, C.: Trends <strong>in</strong> Automation. In: Nof<br />

(Hrsg.), Spr<strong>in</strong>ger Handbook of Automation, S. 127-143,<br />

Spr<strong>in</strong>ger, Berl<strong>in</strong>, 2009.<br />

[5] Roussos, G., Marsh, A. J., Maglavera, S.: Enabl<strong>in</strong>g<br />

Pervasive Comput<strong>in</strong>g with Smart Phones, IEEE Pervasive<br />

Comput<strong>in</strong>g 4(2), S. 20-27, 2005<br />

[6] Joehnssen, O.: Flexibilität und Verfügbarkeit erhöhen<br />

- Anlagenweites mobiles Bedienen und Beobachten. IT<br />

Production 9, S. 22-24, 2010<br />

[7] Flörch<strong>in</strong>ger, F.: Entwicklung e<strong>in</strong>er generischen Geräteidentifikation<br />

zur Erstkommunikation mit <strong>in</strong>dustriellen<br />

Feldgeräten mittels mobiler Bediensysteme. Dissertation<br />

TU Kaiserlautern, 2012<br />

[8] Kern, C. J.: Anwendung von RFID-Systemen. Berl<strong>in</strong>,<br />

Spr<strong>in</strong>ger 2007<br />

[9] Ziegler, J., Urbas, L.: Advanced Interaction Metaphors for<br />

RFID-Tagged Physical Artefacts. In: Proc. IEEE Int. Conf. on<br />

RFID-Technologies and Applications, S. 73-80, doi:10.1109/<br />

RFID-TA.2011.6068619<br />

[10] F<strong>in</strong>kenzeller, K.: RFID-Handbuch : Grundlagen und<br />

praktische Anwendungen <strong>in</strong>duktiver Funkanlagen,<br />

Transponder und kontaktloser Chipkarten. München,<br />

Hanser 2006<br />

[11] Zuehlke, D.: SmartFactory - A Vision becomes Reality. In:<br />

Proc. 13th IFAC Symposium on Information Control Problems<br />

<strong>in</strong> Manufactur<strong>in</strong>g (INCOM 09), S. 31-39, ICS/RAS 2009<br />

[12] Schnurrer, M., Görlich, D.: Entwicklung e<strong>in</strong>es universellen<br />

Bediengerätes zur drahtlosen und mobilen Interaktion. In:<br />

Tagungsband AUTOMATION 2010, S. 401-405, Düsseldorf,<br />

VDI 2010<br />

[13] Görlich, D., Stephan, P., Quadflieg, J.: Demonstrat<strong>in</strong>g<br />

Remote Operation of Industrial Devices us<strong>in</strong>g Mobile<br />

Phones. In: Proc. 4th Int. Conf. Mobile Technology,<br />

Applications and Systems, S. 482-485, ACM 2007<br />

[14] Meixner, G.: Mobile Interaktionstechniken <strong>in</strong> der Fabrik der<br />

Zukunft. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> - Automatisierungstechnische Praxis<br />

54(12), S. 48-54, 2011<br />

[15] Floerch<strong>in</strong>ger, F., Seißler, M.: A concept for a first communication<br />

<strong>in</strong>itiation for ambient <strong>in</strong>telligent <strong>in</strong>dustrial environments.<br />

In: Proc. 1st Int. Jo<strong>in</strong>t Conf. on Ambient Intelligence,<br />

S. 270-275., Spr<strong>in</strong>ger, Berl<strong>in</strong>, 2011<br />

[16] Wahlster, W., Kröner, A., Schneider, M., Baus, J.: Shar<strong>in</strong>g<br />

Memories of Smart Products and their Consumers <strong>in</strong><br />

Instrumented Environments, it – Information Technology<br />

50(1), S. 45-50, 2008<br />

[17] Stephan, P., Flörch<strong>in</strong>ger, F.: Das Produkt als Informationsträger<br />

– Digitale Produktgedächtnisse als Medium zur<br />

Kommunikation <strong>in</strong> heterogenen Wertschöpfungsketten. In:<br />

Tagungsband AUTOMATION 2010, S. 343-348, Düsseldorf,<br />

VDI 2010<br />

[18] Meixner, G., Petersen, N., Koessl<strong>in</strong>g H.: User Interaction<br />

Evolution <strong>in</strong> the SmartFactoryKL. In: Proc. 24th BCS Int.<br />

Conf. Human Computer Interaction, S.211-220, BCI 2010<br />

[19] Verclas, S., L<strong>in</strong>nhoff-Popien, C. (Hrsg): Smart Mobile Apps.<br />

Mit Bus<strong>in</strong>ess-Apps <strong>in</strong>s Zeitalter mobiler Geschäftsprozesse.<br />

München, Spr<strong>in</strong>ger, 2010<br />

[20] Hassenzahl, M., Burmester, M., Koller, F.: AttrakDiff: E<strong>in</strong><br />

Fragebogen zur Messung wahrgenommener hedonischer<br />

und pragmatischer Qualität. In: Tagungsband Mensch &<br />

Computer 2003, S. 187-196, Teuber, 2003<br />

64<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


Effektivität: Wurde die Anwendungsaufgabe<br />

korrekt und vollständig ausgeführt?<br />

Effizienz beziehungsweise Produktivität:<br />

Wurde die Aufgabe <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es akzeptablen<br />

Zeitrahmens abgeschlossen?<br />

Zufriedenheit: S<strong>in</strong>d die Anwender mit der<br />

Interaktion zufrieden?<br />

Die Interaktion bezeichnet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

das wechselseitige Aufe<strong>in</strong>anderwirken von Benutzer<br />

und Bediensystem. Sicherheitsaspekte spielten im Zuge<br />

dieser Untersuchung ke<strong>in</strong>e Rolle und wurden deshalb<br />

nicht als Messkriterium aufgenommen.<br />

Evaluationsauswertung<br />

Die Auswertung der experimentellen Evaluation zeigte<br />

deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen<br />

von Identifikationsmethoden, h<strong>in</strong>sichtlich der festgelegten<br />

Untersuchungskriterien. Die im Vorfeld aufgestellten<br />

Hypothesen zur Benutzerfreundlichkeit, Robustheit und<br />

Attraktivität der evaluierten Geräteidentifikationsmethoden<br />

konnten alle durch auswerten der erhobenen Messgrößen<br />

bestätigt werden.<br />

Die Identifikationsmethoden, die auf dem Touch-and-<br />

Connect-Pr<strong>in</strong>zip beruhen, lagen dabei bei allen Bewertungskriterien<br />

deutlich vor den konventionellen Identifikationsmethoden<br />

(Bild 7). Die Tatsache, dass der Kommunikationsaufbau<br />

alle<strong>in</strong>e durch die Informationen des Referenzmodells<br />

<strong>in</strong>itiiert wird, geht mit e<strong>in</strong>em großen<br />

Verbesserungspotenzial h<strong>in</strong>sichtlich der Ergonomie, der<br />

Fehlerhäufigkeit und dem Ressourcenverbrauch e<strong>in</strong>her [7].<br />

Während der Evaluation wurde ebenfalls die Zeit erfasst,<br />

die jeder Teilnehmer benötigte, um die Aufgaben<br />

effektiv zu lösen. Die Zeiterfassung diente als Maß der<br />

zeitlichen Effizienz. Im H<strong>in</strong>blick auf die Effektivität war<br />

von Interesse, wie hoch die Genauigkeit und die Vollständigkeit<br />

bei der eigentlichen Aufgabenlösung ist. Die<br />

Auswertung zeigte, dass die Touch-and-Connect-basierten<br />

Methoden h<strong>in</strong>sichtlich der Effizienz und Effektivität<br />

deutlich besser abschneiden, als die konventionellen<br />

Methoden [7].<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Touchand-Connect-basierten<br />

Identifikationsmethoden e<strong>in</strong>en<br />

vielversprechenden Ansatz darstellen, der das universelle<br />

und mobile Bedienen <strong>in</strong> Industrieanlagen grundlegend<br />

verändern kann. In der Fabrik von morgen können<br />

sich Bedien- und Feldgeräte ohne Konfigurationsaufwand<br />

verb<strong>in</strong>den und dem Anwender alle Funktionen<br />

entsprechend se<strong>in</strong>er Qualifikation bereitstellen [1, 7].<br />

FAZIT UND AUSBLICK<br />

Die generische Geräteidentifikation mittels mobiler Bediengeräte<br />

für e<strong>in</strong>en nutzerzentrierten und aufgabenbasierten<br />

Kommunikationsaufbau stellt e<strong>in</strong>en weiteren<br />

Schritt <strong>in</strong> Richtung <strong>in</strong>tuitiver Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Interaktion<br />

und damit <strong>in</strong> Richtung der nutzerfreundlichen<br />

Fabrik der Zukunft dar. Das Kernelement der Geräteidentifikation<br />

bildet dabei e<strong>in</strong> Referenzmodell, welches auf<br />

passiven Datenträgern abgelegt ist und als e<strong>in</strong>e Art „Anker<br />

der realen Welt“ Kontextquellen referenziert. Das<br />

angestrebte Ziel der generischen Geräteidentifikation ist,<br />

Daten nicht wie bisher üblich zu sammeln und dem stän-<br />

digen Aufwand der Datenpflege anheim zu fallen, sondern<br />

die Daten zum benötigten Zeitpunkt an ihrer Quelle<br />

zu ermitteln und zu bewerten. So ist die Schnittstellenbeschreibung<br />

direkt am Feldgerät h<strong>in</strong>terlegt. Die<br />

Nutzerqualifikation ist wiederum der Personaldatenbank<br />

zu entnehmen.<br />

Die Ergebnisse der Evaluation haben gezeigt, dass sich<br />

weiteres Engagement im Bereich der generischen Geräteidentifikation<br />

lohnt. Der E<strong>in</strong>satz von mobilen Bediengeräten,<br />

<strong>in</strong>sbesondere von Smartphones und Tablets, bietet<br />

den Vorteil, dass kostspielige, stationäre Schnittstellen<br />

e<strong>in</strong>gespart werden können. Außerdem ist die Akzeptanz<br />

des Nutzers durch die weite Verbreitung solcher Geräte<br />

auf dem Konsumermarkt gewährleistet. Damit stellt die<br />

Verwendung von Smartphones und Tablets e<strong>in</strong>en vielversprechenden<br />

Ansatz zur mobilen und universellen<br />

Bedienung im <strong>in</strong>dustriellen Umfeld dar.<br />

ANMERKUNG<br />

AUTOREN<br />

MANUSKRIPTEINGANG<br />

01.10.2012<br />

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />

Das Konzept der generischen Geräteidentifikation zur Erstkommunikation<br />

wurde im Rahmen der Dissertation von Herrn Dr.-Ing.<br />

Flörch<strong>in</strong>ger entwickelt und umgesetzt. Er ist seit Oktober 2011 für<br />

die BASF SE im Arbeitsgebiet Manufactur<strong>in</strong>g Execution Systems der<br />

Fachzentren für Automatisierung und Elektrotechnik tätig.<br />

Dipl.-Wirtsch.-Ing. MATHIAS SCHMITT<br />

(geb. 1983) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Deutschen Forschungszentrum für<br />

künstliche Intelligenz (DFKI) <strong>in</strong> Kaiserslautern.<br />

Im Bereich Innovativer Fabriksysteme<br />

beschäftigt er sich unter anderem<br />

mit der Entwicklung von <strong>in</strong>novativen<br />

Bedien konzepten im <strong>in</strong>dustriellen Umfeld.<br />

Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH,<br />

Trippstadter Straße 122, D-67663 Kaiserslautern,<br />

Tel. +49 (0) 631 205 75 34 16, E-Mail: mathias.schmitt@dfki.de<br />

Prof. Dr.-Ing. DETLEF ZÜHLKE (geb. 1949)<br />

leitet den Forschungsbereichs Innovative<br />

Fabriksysteme (IFS) am Deutschen Forschungszentrum<br />

für Künstliche Intelligenz<br />

(DFKI) <strong>in</strong> Kaiserslautern. Er ist Inhaber des<br />

Lehrstuhls für Produktionsautomatisierung<br />

(pak) an der Technischen Universität <strong>in</strong><br />

Kaiserslautern.<br />

Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH,<br />

Trippstadter Straße 122, D-67663 Kaiserslautern,<br />

Tel. +49 (0) 631 205 75 34 01, E-Mail: detlef.zuehlke@dfki.de<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013<br />

65


IMPRESSUM / VORSCHAU<br />

IMPRESSUM<br />

VORSCHAU<br />

Verlag:<br />

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Arnulfstraße 124, D-80636 München<br />

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Geschäftsführer:<br />

Carsten Augsburger, Jürgen Franke<br />

Spartenleiter<strong>in</strong>:<br />

Anne Hütter<br />

Herausgeber:<br />

Dr.rer.nat. Thomas Albers<br />

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Dipl.-Ing. Hans-Georg Kumpfmüller<br />

Dr.-Ing. Wilhelm Otten<br />

Beirat:<br />

Dr.-Ing. Kurt Dirk Bettenhausen<br />

Prof. Dr.-Ing. Christian Diedrich<br />

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Epple<br />

Prof. Dr.-Ing. Alexander Fay<br />

Prof. Dr.-Ing. Michael Felleisen<br />

Prof. Dr.-Ing. Georg Frey<br />

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Prof. Dr.-Ing. Hartmut Haehnel<br />

Dr.-Ing. Jörg Kiesbauer<br />

Dipl.-Ing. Rolf Marten<br />

Dipl.-Ing. Gerald Mayr<br />

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Dr.-Ing. Josef Papenfort<br />

Dr. Andreas Wernsdörfer<br />

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Dr.rer.nat. Christian Zeidler<br />

Organschaft:<br />

Organ der GMA<br />

(VDI/VDE-Gesell schaft Messund<br />

Automatisierungs technik)<br />

und der NAMUR<br />

(Interessen geme<strong>in</strong>schaft<br />

Automatisierungs technik der<br />

Prozess<strong>in</strong>dustrie).<br />

Redaktion:<br />

Anne Hütter (ahü)<br />

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(Chefredakteur, verantwortlich<br />

für die Hauptbeiträge)<br />

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und Informationstechnik<br />

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Ostr<strong>in</strong>g 13,<br />

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Gedruckt auf chlor- und<br />

säurefreiem Papier.<br />

Die <strong>atp</strong> wurde 1959 als „Regelungstechnische<br />

Praxis – rtp“ gegründet.<br />

DIV Deutscher Industrieverlag<br />

GmbH München<br />

Die Zeitschrift und alle <strong>in</strong> ihr enthaltenen<br />

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Gemäß unserer Verpflichtung nach § 8<br />

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wie folgt an:<br />

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Arnulfstraße 124, D-80636 München.<br />

Alle<strong>in</strong>iger Gesellschafter des Verlages<br />

ist die ACM-Unternehmensgruppe,<br />

Ostr<strong>in</strong>g 13,<br />

D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt.<br />

ISSN 2190-4111<br />

DIE AUSGABE 4 / 2013 DER<br />

ERSCHEINT AM 02.04.2013<br />

MIT DEM SCHWERPUNKT<br />

„CYBER PHYSICAL SYSTEMS“<br />

AutoPnP – Plug&Produce <strong>in</strong><br />

der Automatisierungstechnik –<br />

Wandelbare Fabrik als<br />

Cyber Physical System<br />

Kontextsensitivität, Service-<br />

orientierung und Cloud<br />

Comput<strong>in</strong>g – Wie Cyber-<br />

Physische Systeme die Automatisierungstechnik<br />

verändern<br />

Cyber-Physical Programmable<br />

Logic Controllers<br />

Vom Spielzeug zum Werkzeug<br />

Aus aktuellem Anlass können sich die Themen<br />

kurzfristig verändern.<br />

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TELEFON:<br />

+ 49 (0) 931 417 161 5<br />

66<br />

<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />

3 / 2013


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Inge Matos Feliz: Tel. +49 89 203 53 66-22<br />

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