atp edition Gamification in Kollaborationsnetzwerken (Vorschau)
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3 / 2013<br />
55. Jahrgang B3654<br />
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />
Automatisierungstechnische Praxis<br />
<strong>Gamification</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Kollaborationsnetzwerken</strong> | 24<br />
Vernetzte Apps für komplexe<br />
Aufgaben <strong>in</strong> der Industrie | 34<br />
Das Smartphone als<br />
universelles Diagnosegerät | 42<br />
Kontextsensitive<br />
Benutzungsschnittstellen | 50<br />
Smartphones und Tablets <strong>in</strong> der<br />
<strong>in</strong>dustriellen Produktion | 58
Danke!<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist vom Verband Deutsche<br />
Fachpresse als Fachmedium des Jahres<br />
2012 <strong>in</strong> der Kategorie Industrie/Produktion/<br />
Design ausgezeichnet worden. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
ist e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftsleistung aus der<br />
Branche für die Branche. H<strong>in</strong>ter der hochwertigen<br />
Publikation für Automatisierungstechnik<br />
stecken viele kluge Köpfe. Nicht<br />
nur Chefredakteur, Herausgeber und Beiräte<br />
tragen mit ihrem Agenda-Sett<strong>in</strong>g dazu bei,<br />
dass <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> <strong>in</strong> ihrer seit über 50-jährigen<br />
Tradition die maßgeblichen Themen der<br />
Automatisierungstechnik bestimmt. Auch<br />
die Fachredaktion leistet mit e<strong>in</strong>em Peer-<br />
Review-Verfahren für wissenschaftlich<br />
fundierte Veröffentlichungen e<strong>in</strong>en unverzichtbaren<br />
Beitrag. Nicht möglich wäre dies<br />
ohne unsere zahlreichen Fach-Autoren. E<strong>in</strong><br />
großes Dankeschön an alle, die h<strong>in</strong>ter <strong>atp</strong><br />
<strong>edition</strong> stehen und das Fachmagaz<strong>in</strong> zu<br />
e<strong>in</strong>em Erfolg machen – und nicht zuletzt<br />
an Sie, unsere Leser.<br />
Ihre Entscheidung für die hochwertige<br />
Publikation <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> stärkt die Bedeutung<br />
wissenschaftlicher Forschungsarbeiten<br />
<strong>in</strong> der Automatisierungstechnik.
Pr<strong>in</strong>t wirkt<br />
„<strong>atp</strong> <strong>edition</strong>“ ist e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>ttitel auf höchster<br />
Qualitätsstufe und mit Nachhaltigkeit im<br />
S<strong>in</strong>ne wiederkehrender Nutzung. Der Titel<br />
erfüllt den selbstgestellten Anspruch e<strong>in</strong>es<br />
anspruchsvollen und seriösen Magaz<strong>in</strong>s für<br />
Top-Entscheider zwischen Wissenschaft<br />
und Praxis konsequent.<br />
Entsprechend der journalistischen Konzeption<br />
ist Onl<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>tenangestellt. Die Jury<br />
sah hier „die beispielhafte Umsetzung e<strong>in</strong>er<br />
wissenschaftlich ausgerichteten Fachzeitschrift<br />
mit Magaz<strong>in</strong>charakter“.
EDITORIAL<br />
Apps, Smartphones und Tablets<br />
im <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz<br />
Vor nur sechs Jahren stellte Apple das erste Iphone vor, vor drei Jahren das<br />
Ipad. Seither haben sich Smartphones und Tablets mit atemberaubender<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeit verbreitet. Der Anteil mobiler Geräte am gesamten Internetdatenverkehr<br />
hat sich <strong>in</strong>nerhalb von nur zwei Jahren verfünffacht und liegt<br />
<strong>in</strong>zwischen bei etwa 13 Prozent. Die Hersteller althergebrachter PCs h<strong>in</strong>gegen<br />
haben große Absatzschwierigkeiten. Amazon verkauft bereits mehr Bücher <strong>in</strong><br />
elektronischer als <strong>in</strong> gedruckter Form. Geme<strong>in</strong>sam mit sozialen Netzwerken<br />
wie Facebook oder Twitter haben mobile Computer <strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit<br />
unseren Alltag sehr stark verändert. Die Art und Weise, wie wir uns koord<strong>in</strong>ieren<br />
oder Informationen mite<strong>in</strong>ander teilen, bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em tiefgreifenden<br />
und raschen Wandel.<br />
Diese fundamentalen Entwicklungen aus dem privaten Umfeld wirken sich<br />
<strong>in</strong> zweierlei H<strong>in</strong>sicht auf die Industrie aus. Zum e<strong>in</strong>em entsteht bei Benutzern<br />
die Erwartungshaltung, dass leistungsfähige Mechanismen, die von privater<br />
Nutzung her bekannt s<strong>in</strong>d, bei ähnlichen Aufgabenstellungen auch im beruflichen<br />
Umfeld verfügbar se<strong>in</strong> sollten. Zum anderen stehen durch die hohen<br />
Stückzahlen und den enormen Wettbewerbsdruck endlich Geräte zu Verfügung,<br />
die sich <strong>in</strong> puncto Gewicht, Preis, Batteriekapazität und Konnektivität<br />
für viele Aufgabenstellungen im <strong>in</strong>dustriellen Umfeld anbieten.<br />
Smartphones und Tablets eignen sich ideal für <strong>in</strong> weitläufigen Fabrikanlagen<br />
typische Aufgaben mit hohem Informations- und Kommunikationsbedarf. Der<br />
Aufenthaltsort der mobilen Mitarbeiter lässt sich <strong>in</strong> der Regel gut lokalisieren.<br />
Somit kann e<strong>in</strong>erseits für jeden Ort maßgeschneiderte Information angeboten<br />
werden, zum anderen ist im System bekannt, wer sich gerade wo aufhält. Den<br />
fasz<strong>in</strong>ierenden neuen Möglichkeiten steht leider auch e<strong>in</strong> hohes Missbrauchspotenzial<br />
entgegen. Sicherheit muss deshalb das wichtigste Designziel<br />
für neue Lösungen im <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz se<strong>in</strong>.<br />
Smartphones und Tablets können als komfortable Bediengeräte für die Inbetriebnahme,<br />
Parametrisierung und Fehlerdiagnose von digitalen Feldgeräten<br />
direkt vor Ort e<strong>in</strong>gesetzt werden. Das so erfolgreiche Konzept der Apps, also<br />
kle<strong>in</strong>er spezialisierter Programme für e<strong>in</strong>en eng umrissenen Aufgabenbereich,<br />
muss für <strong>in</strong>dustrielle Anwendungen erweitert werden. Geeignete Orchestrierung<br />
sorgt dafür, dass Apps Hand <strong>in</strong> Hand mite<strong>in</strong>ander arbeiten können.<br />
Smartphones und Tablets werden den Alltag <strong>in</strong> der Industrie ähnlich stark<br />
verändern, wie sie dies im privaten Bereich bereits getan haben. Das vorliegende<br />
Heft vermittelt e<strong>in</strong>en ersten E<strong>in</strong>druck davon.<br />
DR. MARTIN<br />
HOLLENDER,<br />
Pr<strong>in</strong>cipal Scientist,<br />
ABB Forschungszentrum<br />
Ladenburg<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
3
INHALT 3 / 2013<br />
FORSCHUNG<br />
6 | Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen:<br />
Chemieorganisationen positionieren sich zur Wahl<br />
Computersimulation des menschlichen Gehirns<br />
Fünf Millionen Euro fließen <strong>in</strong> Oldenburger<br />
Forschungszentrum für sicherheitskritische Systeme<br />
7 | Call for Papers für MINT-Forscher<strong>in</strong>nen<br />
VERBAND<br />
8 | ZVEI: Produktion <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />
sank im vergangenen Jahr auf Vorkrisenniveau<br />
Klaus Meder wird neuer Vorsitzender<br />
des ZVEI-Steuerkreises Automotive<br />
9 | Johann-Philipp-Reis-Preis für Veröffentlichungen<br />
der Ingenieur- oder Naturwissenschaften ausgelobt<br />
BRANCHE<br />
10 | Der Kongress Automation 2013 hebt ab <strong>in</strong> die Cloud<br />
Internationales Gipfeltreffen zu Smart Grids<br />
Call for <strong>atp</strong> experts – Wireless Communication<br />
11 | AchemAsia rechnet mit steigenden Ausstellerzahlen<br />
Verbände gründen geme<strong>in</strong>same „Plattform Industrie 4.0“<br />
12 | FETS – Flexibles e<strong>in</strong>gebettetes Telemetrie-System zur<br />
Fernwartung <strong>in</strong> mobilen oder stationären Anwendungen<br />
RUBRIKEN<br />
3 | Editorial<br />
66 | Impressum, <strong>Vorschau</strong><br />
4<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
PRAXIS<br />
16 | „Handgefertigt von Masch<strong>in</strong>en“ <strong>in</strong> der<br />
Schweiz – <strong>in</strong>telligente Automation schlägt<br />
Low-Cost-Produktion<br />
18 | RFID-Technik als Zugangsschlüssel <strong>in</strong><br />
explosionsgefährdeter Arbeitsumgebung<br />
verwenden<br />
20 | Britischer Chemiehersteller „erntet“<br />
Energie für dezentrale Sensoren aus<br />
Wärmeunterschieden<br />
22 | Realtime-Prozesskontrolle korrigiert<br />
automatisch die Schneidparameter und<br />
steigert den Output<br />
Produkte,<br />
Systeme<br />
und Service<br />
für die<br />
Prozess<strong>in</strong>dustrie?<br />
Natürlich.<br />
HAUPTBEITRÄGE<br />
24 | <strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />
P. HERZIG UND A. SALMEN<br />
34 | Vernetzte Apps für komplexe<br />
Aufgaben <strong>in</strong> der Industrie<br />
J. PFEFFER, M. GRAUBE, J. ZIEGLER UND L. URBAS<br />
42 | Das Smartphone als<br />
universelles Diagnosegerät<br />
A. FRIEDRICH UND P. GÖHNER<br />
50 | Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen<br />
M. SEISSLER UND K. BREINER<br />
58 | Smartphones und Tablets <strong>in</strong> der<br />
<strong>in</strong>dustriellen Produktion<br />
M. SCHMITT UND D. ZÜHLKE<br />
Der PostionMaster EDP300<br />
überzeugt durch hohe Luftleistung<br />
(50 kg/h bei 10 bar), Diagnosefähigkeit<br />
nach Namur und<br />
Überdruckfestigkeit <strong>in</strong> fast allen<br />
Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen. Mit den<br />
Zulassungen für den Betrieb <strong>in</strong><br />
Ex-Zone 1 und SIL2 ermöglicht<br />
der EDP300 e<strong>in</strong>e hohe Anlagensicherheit.<br />
Durch die mechanische<br />
Stellungsanzeige ist die Erfassung<br />
der Ventilstellung auch ohne Stromversorgung<br />
möglich. Zuverlässiges<br />
Regelverhalten, Flexibilität und<br />
se<strong>in</strong>e kompakte Bauform zeichnen<br />
den EDP300 aus.<br />
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FORSCHUNG<br />
Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen:<br />
Chemieorganisationen positionieren sich zur Wahl<br />
Weniger Hemmnisse bei Innovationen und e<strong>in</strong>e stärker<br />
geförderte Lehre und Forschung fordern Chemieorganisationen<br />
anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl.<br />
In e<strong>in</strong>em aktuellen Positionspapier formulieren<br />
der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC),<br />
DIE DEUTSCHE<br />
CHEMIEINDUSTRIE<br />
gilt als Schlüsselbranche<br />
zur<br />
nachhaltigen<br />
Verbesserung<br />
des Lebens.<br />
Bild: Gerd Altmann /<br />
pixelio.de<br />
die Deutsche Bunsen-Gesellschaft für Physikalische<br />
Chemie (DBG), die Gesellschaft für Chemische Technik<br />
und Biotechnologie (Dechema), die Gesellschaft Deutscher<br />
Chemiker (GDCh), die Gesellschaft für Biochemie<br />
und Molekularbiologie (GBM), die Industriegewerkschaft<br />
Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der Verband<br />
angestellter Akademiker und leitender Angestellter der<br />
chemischen Industrie (VAA) und der Verband der Chemischen<br />
Industrie (VCI) Forderungen an die Politik: Um<br />
die Spitzenposition der deutschen Chemie<strong>in</strong>dustrie zu<br />
sichern, solle die qualitäts- und leistungsorientierte Unterstützung<br />
an Hochschulen und anderen Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />
fortgesetzt werden. Außerdem sprechen<br />
sich die Organisationen für e<strong>in</strong>e steuerliche Forschungsförderung<br />
für Unternehmen aus. Ebenso sollte auf eigene,<br />
sogenannte „Nano-Gesetze“ verzichtet werden, die<br />
meist zusätzliche H<strong>in</strong>dernisse bedeuten. (ahü)<br />
DECHEMA E.V.,<br />
Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt/Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 756 40, Internet: www.dechema.de<br />
Computersimulation des menschlichen Gehirns<br />
Zum „europäisches Flagschiff“ ist es geworden, das<br />
„Human Bra<strong>in</strong> Project (HBP)“: Unter Leitung von Neurowissenschaftlern<br />
aus Lausanne geht es darum, das<br />
menschliche Gehirn mit e<strong>in</strong>em Computermodell nachzubauen.<br />
Insgesamt s<strong>in</strong>d Forscher aus neun europäischen<br />
Staaten an der Arbeit beteiligt. Die Erkenntnisse<br />
sollen helfen, Heilmittel gegen Park<strong>in</strong>son und Alzheimer<br />
zu entwickeln. Die EU stellt für das Forschungsprojekt<br />
e<strong>in</strong>e Milliarde Euro zur Verfügung. Zum E<strong>in</strong>satz kommen<br />
Computertechnik, Assistenzsysteme oder ganze<br />
virtuelle Patienten. Beteiligt s<strong>in</strong>d neben den Neurowissenschaftlern,<br />
Genetiker, Informatiker, Robotikexperten<br />
auch Ethiker. Das Projekt gliedert sich <strong>in</strong> zehn Teilbereiche,<br />
e<strong>in</strong>ige davon unter deutscher Führung. So koord<strong>in</strong>iert<br />
die TU München geme<strong>in</strong>sam mit dem An-Insitut<br />
Fortiss den Bereich „Neurobotics Plattform“. (ahü)<br />
TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN,<br />
Arcisstraße 21, D-80333 München,<br />
Tel. +49 (0) 89 289 01, Internet: www.tum.de<br />
6<br />
Fünf Millionen Euro fließen <strong>in</strong> Oldenburger<br />
Forschungszentrum für sicherheitskritische Systeme<br />
Die Universität Oldenburg erhält e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres<br />
Forschungszentrum für sicherheitskritische Systeme.<br />
Die Wissenschaftler setzten sich mit ihrem Antrag „Interdiscipl<strong>in</strong>ary<br />
Research Center on Critical Systems Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />
for Socio-Technical Systems“ bei der Ausschreibung<br />
zur „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit niedersächsischer<br />
Hochschulstandorte“, <strong>in</strong>itiiert vom niedersächsischen<br />
Wissenschaftsm<strong>in</strong>isterium und der<br />
Volkswagen-Stiftung, durch.<br />
Aus dem Förderprogramm „Niedersächsisches Vorab“<br />
fließen fünf Millionen Euro <strong>in</strong> das Oldenburger Forschungszentrum.<br />
Neben der Universität Oldenburg s<strong>in</strong>d<br />
das Informatik<strong>in</strong>stitut OFFIS, das Deutsche Zentrum<br />
für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Kompetenzcluster<br />
beteiligt. Sprecher ist der Oldenburger Informatiker<br />
Prof. Dr. Werner Damm. Sicherheitskritische Systeme<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
s<strong>in</strong>d komplexe computerbasierte Systeme, die <strong>in</strong> der Automobil<strong>in</strong>dustrie,<br />
der Luft- und Raumfahrt, der Meerestechnik,<br />
der Automatisierungstechnik, der Ener gieversorgung<br />
und im Gesundheitswesen e<strong>in</strong>gesetzt werden. Die steigende<br />
Vernetzung dieser Systeme und die E<strong>in</strong>beziehung<br />
menschlichen Verhaltens schaffen sogenannte soziotechnische<br />
Systeme, <strong>in</strong> denen Menschen und technische Geräte<br />
geme<strong>in</strong>sam Aufgaben für die Nutzer lösen. Um die E<strong>in</strong>haltung<br />
der geforderten Sicherheitsstandards zu garantieren,<br />
s<strong>in</strong>d neue, <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Ansätze nötig. (ahü)<br />
CARL-VON-OSSIETZKY-UNIVERSITÄT OLDENBURG,<br />
Department für Informatik, Prof. Dr. Werner Damm,<br />
D-26111 Oldenburg, Tel. +49 (0) 441 972 25 00,<br />
E-Mail: werner.damm@uni-oldenburg.de,<br />
Internet: www.<strong>in</strong>formatik.uni-oldenburg.de
Call for Papers für<br />
MINT-Forscher<strong>in</strong>nen<br />
Mit Sicherheit<br />
kompetent<br />
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MEORGA · Halle/Saale<br />
20. März 2013<br />
Halle Messe<br />
Stand C6<br />
EIN FORUM FÜR MINT-FORSCHERINNEN bietet<br />
die VDE-Akademie „Mobilität der Zukunft“ vom<br />
9. bis 12. Oktober <strong>in</strong> München. Bild: VDE<br />
Vom 9. bis 12. Oktober 2013 f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> München das<br />
VDE-MINT-Akademie-Fachsymposium statt. Der<br />
Branchentreff richtet sich an Wissenschaftler<strong>in</strong>nen<br />
und Ingenieur<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Unternehmen, an Hochschulen<br />
und Forschungse<strong>in</strong>richtungen, die an Themen<br />
zukünftiger Mobilität arbeiten. Die Akademie umfasst<br />
Plenarveranstaltungen, Themen-Workshops mit Impulsvorträgen<br />
und Podiumsdiskussionen. Bis 17.<br />
April 2013 können Forscher<strong>in</strong>nen Beiträge als Abstract<br />
an Catr<strong>in</strong>a Grella (catr<strong>in</strong>a.grella@vde.com) e<strong>in</strong>reichen.<br />
Die Manuskripte auf Deutsch oder Englisch<br />
sollten technische Ergebnisse zu zukünftiger Mobilität<br />
vorstellen und als Impulsvortrag dienen.<br />
Insbesondere <strong>in</strong>teressieren dabei Aspekte von Zukunftstechnologien<br />
(wie Mikroelektronik, Informatik,<br />
Mechatronik, Masch<strong>in</strong>enbau), von Produkten,<br />
Infrastrukturen, Anwendungen und Diensten sowie<br />
gesellschaftliche Herausforderungen und Entwicklungstrends<br />
(Verbraucherverhalten, Urbanisierung<br />
oder Mobilitätskonzepte, Nutzungskonzepte, Geschäftsmodelle<br />
oder Rahmenbed<strong>in</strong>gungen). Diskutiert<br />
werden dazgehörige IKT-Infrastrukturen, Technologien,<br />
Anwendungen und Dienste, Smart Cities<br />
und Mobilität, Elektromobilität, Nachhaltigkeit oder<br />
mediz<strong>in</strong>ische Herausforderungen<br />
Die Veranstaltung soll e<strong>in</strong>e Plattform zum fachlichen<br />
Austausch sowie zur Karriereplanungen bieten.<br />
Die VDE-MINT-Akademie spricht Frauen mit<br />
langjähriger Berufserfahrung oder <strong>in</strong>ternationale<br />
Teams an. Auch <strong>in</strong>ternationale Wissenschaftler<strong>in</strong>nen,<br />
die <strong>in</strong> ihrem Fachbereich Doktoranden betreuen<br />
sowie Berufse<strong>in</strong>steiger<strong>in</strong>nen oder Nachwuchswissenschaftler<strong>in</strong>nen<br />
kommen für die Teilnahme<br />
an dem Kongress <strong>in</strong> Frage. E<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
steht ebenfalls zur Verfügung. (ahü)<br />
Mit den Stellventilen Typ 3241 von<br />
SAMSON s<strong>in</strong>d Sie immer auf der<br />
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MTBF brauchen Sie sich um e<strong>in</strong>en<br />
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VERBAND<br />
ZVEI: Produktion <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />
sank im vergangenen Jahr auf Vorkrisenniveau<br />
KOMMUNIKATION und damit verbundene Elektrotechnik<br />
erlebt zwar e<strong>in</strong>en Aufschwung, die Industrie jedoch muss<br />
Auftragse<strong>in</strong>bußen h<strong>in</strong>nehmen. Bild: S.Geissler / pixelio.de<br />
Die deutsche Elektro<strong>in</strong>dustrie strauchelt. Im vergangenen<br />
Jahr g<strong>in</strong>gen die Aufträge, laut vorläufigen Schätzungen<br />
des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und<br />
Elektronik<strong>in</strong>dustrie e.V.), um neun Prozent im Vergleich<br />
zum Vorjahr zurück. „Dieser Rückgang ist <strong>in</strong>soweit überzeichnet,<br />
als es 2011 überdurchschnittlich viele <strong>in</strong>ländische<br />
Großaufträge gegeben hatte und 2012 fast ke<strong>in</strong>e“,<br />
sagt Dr. Andreas Gontermann, Chefvolkswirt des ZVEI.<br />
Die <strong>in</strong>ländischen Orders waren vergangenes Jahr um<br />
14 Prozent rückläufig, die ausländischen um drei Prozent.<br />
Die europäischen Aufträge s<strong>in</strong>d 2012 acht Prozent<br />
unter Vorjahresniveau geblieben. Die Zahl der Bestellungen<br />
aus Drittländern blieb gleich. Im vierten Quartal<br />
2012 lagen die Auftragse<strong>in</strong>gänge sieben Prozent unter<br />
Vorjahr. Im Inland betrug der Rückgang elf Prozent, im<br />
Ausland 2,5 Prozent (Eurozone: -7 Prozent, Nicht-Eurozone:<br />
+0,5 Prozent). Ursache: weniger Arbeitstage im<br />
Dezember.<br />
Die Erlöse der deutschen Elektrounternehmen s<strong>in</strong>d<br />
2012 vorläufig um drei Prozent auf 173 Milliarden Euro<br />
gesunken, nach Zuwächsen von neun Prozent im Jahr<br />
2011 und 13 Prozent im Jahr 2010. Die Geschäfte mit<br />
<strong>in</strong>ländischen Kunden verr<strong>in</strong>gerten sich um vier Prozent<br />
auf 91 Milliarden Euro und die mit ausländischen Kunden<br />
um 2,5 Prozent auf 82 Milliarden Euro. Die um<br />
Preiseffekte bere<strong>in</strong>igte Produktion der Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />
verr<strong>in</strong>gerte sich um knappe drei Prozent. Laut Erhebungen<br />
des ZVEI lag sie <strong>in</strong>sgesamt so hoch wie im Vor-<br />
Krisenjahr 2008.<br />
Das Geschäftsklima <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />
hat sich im Januar 2013 im Plus behauptet. Ihre aktuelle<br />
wirtschaftliche Lage beurteilten Unternehmen leicht<br />
besser als im Dezember 2012. Etwa 83 Prozent der Firmen<br />
bewerten sie als gut oder stabil. Die allgeme<strong>in</strong>en Geschäftserwartungen<br />
für die kommenden sechs Monate<br />
s<strong>in</strong>d im Januar dieses Jahres zwar etwas zurückgegangen,<br />
bef<strong>in</strong>den sich saldiert aber im positiven Bereich.<br />
Rund 88 Prozent der Unternehmen gehen von anziehenden<br />
oder gleich bleibenden Geschäften aus. Die Produktionspläne<br />
der Elektrofirmen waren im Januar erstmals<br />
seit dem Spätsommer 2012 wieder ausgeglichen.<br />
Die Kapazitätsauslastung <strong>in</strong> der deutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />
ist zu Beg<strong>in</strong>n des ersten Quartals 2013 weiter<br />
ger<strong>in</strong>gfügig von 81,8 Prozent auf 81,1 Prozent der betriebsüblichen<br />
Vollauslastung gesunken. „Sie bef<strong>in</strong>det sich<br />
damit aktuell immer noch etwas unter dem langjährigen<br />
Mittelwert von 83 Prozent“, so Dr. Gontermann. (ahü)<br />
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org<br />
8<br />
Klaus Meder wird neuer Vorsitzender<br />
des ZVEI-Steuerkreises Automotive<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
Klaus Meder wurde vom ZVEI-Steuerkreis der Applikationsgruppe<br />
Automotive zum neuen Vorsitzenden gewählt.<br />
Er folgt Peter Gresch, der sich <strong>in</strong> der Applikationsgruppe<br />
nun verstärkt beim Aufbau und der Bearbeitung<br />
von Software-relevanten Themen engagiert.<br />
Der Automotive-Experte Meder studierte <strong>in</strong> Darmstadt<br />
Elektrotechnik und begann se<strong>in</strong>en Berufsweg 1987 bei<br />
Bosch <strong>in</strong> Schwieberd<strong>in</strong>gen. Dort leitete er <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Positionen <strong>in</strong> Deutschland und Japan die Entwicklung<br />
von Steuergeräten unter anderen für elektrische<br />
Lenksysteme, Airbagsteuergeräte und elektrische Bremsregelsysteme.<br />
Zuletzt war er Vorsitzender des Bereichsvorstands<br />
Automotive Electronics bei Bosch. Der scheidende<br />
Vorsitzende Gresch hatte seit 2006 zunächst die<br />
Applikationsgruppe und ab 2011 den Steuerkreis geleitet.<br />
Er förderte den Ausbau der Applikationsgruppe<br />
und deren Arbeitsgruppen,<br />
sowie die Vernetzung<br />
des Steuerkreises <strong>in</strong>nerhalb des<br />
ZVEI und <strong>in</strong> der gesamten Branche.<br />
Se<strong>in</strong> Nachfolger Meder will nun<br />
die zahlreichen Arbeitsergebnisse<br />
<strong>in</strong> den Reihen der Tier-1- und Tier-<br />
KLAUS MEDER<br />
folgt auf Peter<br />
Gresch. Bild: ZVEI<br />
2-Zulieferer, sowie bei den Automobilherstellern noch<br />
stärker zur Geltung br<strong>in</strong>gen.<br />
(ahü)<br />
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org
Johann-Philipp-Reis-Preis für Veröffentlichungen<br />
der Ingenieur- oder Naturwissenschaften ausgelobt<br />
Der Johann-Philipp-Reis-Preis wird <strong>in</strong> diesem Jahr wieder<br />
vergeben. Die mit 10 000 Euro dotierte Forschungsauszeichnung,<br />
die der VDE (Verband der Elektrotechnik<br />
Elektronik Informationstechnik e.V.), die Deutsche Telekom<br />
sowie die Städte Friedrichsdorf und Gelnhausen<br />
geme<strong>in</strong>sam ausloben, geht an Ingenieur- oder Naturwissenschaftler.<br />
Die Bewerber sollten nicht älter als 40 Jahre<br />
se<strong>in</strong> und über e<strong>in</strong>e bedeutende nachrichtentechnische<br />
Neuerung berichtet haben. Von den Forschungsergebnissen<br />
wird erwartet, dass sie die Volkswirtschaft nachhaltig<br />
bee<strong>in</strong>flussen.<br />
Als Veröffentlichung gelten auch Beiträge <strong>in</strong> wissenschaftlichen<br />
Fachzeitschriften. Dafür genügt die Annahmebestätigung<br />
der Redaktion. Außerdem können Erf<strong>in</strong>dungen<br />
e<strong>in</strong>gereicht werden, die bereits e<strong>in</strong>en positiven<br />
Prüfungsbescheid von der Patentbehörde erhalten hat.<br />
E<strong>in</strong>zelautoren oder Teams mit bis zu drei Personen müssen<br />
ihre Unterlagen bis zum 8. April 2013 bei der Informationstechnischen<br />
Gesellschaft im VDE (VDE|ITG)<br />
e<strong>in</strong>gereicht haben. Die VDE|ITG ist auch verantwortlich<br />
für die Ausschreibung sowie die sachliche Wertung und<br />
Reihung der e<strong>in</strong>gereichten Arbeiten.<br />
Alle vier Stifter des Preises s<strong>in</strong>d mit Johann Philipp<br />
Reis verbunden. Der Erf<strong>in</strong>der Reis wurde 1834 <strong>in</strong> Geln-<br />
hausen geboren, se<strong>in</strong> Telefon entwickelte er als Lehrer<br />
<strong>in</strong> Friedrichsdorf. Generalpostmeister He<strong>in</strong>rich Stephan<br />
erkannte schon früh die Bedeutung des Telefons<br />
und führte es zielstrebig e<strong>in</strong>.<br />
(ahü)<br />
INFORMATIONSTECHNISCHE GESELLSCHAFT<br />
IM VDE (VDE|ITG),<br />
Stresemannallee 15,<br />
D-60596 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 83 60,<br />
E-Mail: itg@vde.com,<br />
Internet: www.vde.com/itg<br />
FORSCHUNG S-<br />
ARBEITEN, die<br />
die Volkswirtschaft<br />
nachhaltig bee<strong>in</strong>flussen,<br />
werden<br />
von der ITG gesucht.<br />
Bild: Dr. Klaus-Uwe<br />
Gerhardt / pixelio.de<br />
Feldbusunabhängig<br />
<strong>in</strong> den Ex-Bereich!<br />
Das WAGO-I/O-SYSTEM 750 – Your <strong>in</strong>telligent<br />
l<strong>in</strong>k between field and control system<br />
Kompakt, flexibel & modular:<br />
• Kle<strong>in</strong>ste, feldbusunabhängige Steuerung (SPS)<br />
• Programmierbar gemäß IEC 61131-3<br />
• Über 400 verschiedene I/O-Module<br />
• Standard-I/O- und Ex-i-Module komb<strong>in</strong>ierbar<br />
• E<strong>in</strong>speisungen verschiedener Potentiale <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Knoten<br />
• Unterstützung der Fernwirkprotokolle IEC 60870 und IEC 61850<br />
Ausgelegt für den Ex-Bereich:<br />
• Zugelassen für den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Zone 2/22<br />
• Ex-i-I/O-Module zum Anschluss eigensicherer Sensorik/Aktorik<br />
• Zertifiziert gemäß ATEX, IECEx, UL ANSI/ISA 12.12.01, UL508,<br />
Schiffbau, GOST-R, etc.<br />
CAGE CLAMP ® -Technologie:<br />
• Gasdichte Federklemmverb<strong>in</strong>dung<br />
• Vibrationsfest und wartungsfrei<br />
• Hohe Anlagenverfügbarkeit und -zuverlässigkeit<br />
www.wago.com/ex
BRANCHE<br />
Der Kongress Automation 2013 hebt ab <strong>in</strong> die Cloud<br />
Mit dem Motto „Automation (<strong>in</strong> the) cloud“ greift der<br />
Kongress Automation 2013 die bevorstehende Nutzung<br />
globaler Netze für automatisierungstechnische Anwendungen<br />
ebenso auf wie die zunehmende lokale Vernetzung<br />
von Komponenten und Softwarewerkzeugen. Die Tagung<br />
am 25. und 26. Juni 2013 <strong>in</strong> Baden-Baden will dazu anregen,<br />
Chancen, Herausforderungen und Risiken dieser offenen<br />
Kommunikation der Automatisierungssys teme über die<br />
klassischen Anlagengrenzen h<strong>in</strong>weg zu diskutieren. Denn<br />
mit der Automation Cloud bieten sich neue Konzepte und<br />
Geschäftsmodelle, betont die VDI/VDE-Gesellschaft Messund<br />
Automatisierungstechnik (GMA) als Veranstalter<strong>in</strong>.<br />
Das reicht von der Verlagerung von Diensten <strong>in</strong> die „cloud“<br />
bis h<strong>in</strong> zu offenen, vernetzten Systemen der Automation.<br />
Der Kongress soll mit e<strong>in</strong>em Blick <strong>in</strong> die Zukunft zeigen,<br />
wie IT-Technologien die Automation von morgen noch effizienter<br />
und flexibler machen. In diesem S<strong>in</strong>ne solle der<br />
Kongress zugleich etwas Licht <strong>in</strong> die vielschichtige Automation<br />
Cloud br<strong>in</strong>gen, betonen die Kongressleiter Dr.-Ing.<br />
Peter Adolphs (Pepperl+Fuchs), Prof. Dr.-Ing. Ulrich Jumar<br />
(ifak e.V.) und Dr.-Ing. Wilhelm Otten (Evonik Industries).<br />
Wie <strong>in</strong> den Vorjahren ordnen sich die Beiträge auch beim<br />
14. Automations-Kongress entlang des Lebenszyklus von<br />
Lösungen der Automation vom Geräte- und Systementwurf,<br />
über den Betrieb automatisierter Anlagen bis zu Wartung<br />
und Diagnose an. Diese Struktur soll den branchenübergreifenden<br />
Dialog befördern. Weitere Informationen s<strong>in</strong>d<br />
zu f<strong>in</strong>den unter www.automatisierungskongress.de. (gz)<br />
VDI/VDE-GESELLSCHAFT MESS- UND<br />
AUTOMATISIERUNGSTECHNIK (GMA)<br />
VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,<br />
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,<br />
Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de<br />
Internationales Gipfeltreffen zu Smart Grids<br />
Smart Grids zählen weltweit zu den wichtigsten Zukunftsthemen<br />
auch für die Automatisierungstechnik. Vor diesem<br />
H<strong>in</strong>tergrund treffen sich am 24. und 25. September 2013<br />
<strong>in</strong>ternationale Experten zum „World Smart Grid Forum<br />
2013“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, das von der IEC, der State Grid Corporation<br />
of Ch<strong>in</strong>a (SGCC) und dem VDE (Verband der Elektrotechnik<br />
Elektronik Informationstechnik e.V) organisiert wird. Werden<br />
„<strong>in</strong>telligente Stromnetze“ hierzulande vor allem im<br />
Kontext der Energiewende diskutiert, so stehen andernorts<br />
Aspekte wie Versorgungssicherheit, Energieeffizienz oder<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Systemsicht im Vordergrund. Trotz aller<br />
Unterschiede gibt es jedoch e<strong>in</strong> global geme<strong>in</strong>sames Interesse<br />
an der kommunikativen Vernetzung und Steuerung von<br />
Stromerzeugern, Speichern, Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln<br />
<strong>in</strong> zuverlässigen, <strong>in</strong>telligenten Netzen.<br />
Zu den Spitzenmanagern und -experten der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Smart-Grid-Szene, die beim World-Smart-Grid-<br />
Forum vertreten se<strong>in</strong> werden, zählen unter anderem Prof.<br />
Dr.-Ing. Klaus Wucherer, Präsident der Internationalen<br />
Elektrotechnischen Kommission (IEC), Liu Zhenya, Präsident<br />
und CEO der State Grid Corporation of Ch<strong>in</strong>a<br />
(SGCC), sowie VDE-Präsident Dr.-Ing. Joachim Schneider.<br />
Neben der Bewertung technischer, regulatorischer<br />
und wirtschaftlicher Fortschritte und der Ermittlung<br />
des Handlungsbedarfs stehen <strong>in</strong>sbesondere die Zukunftspfade<br />
für robuste und sichere Smart Grids, Smart<br />
Communities und Smart Cities auf der Tagesordnung.<br />
Weitere Informationen zum Kongress s<strong>in</strong>d zu f<strong>in</strong>den<br />
unter www.worldsmartgridforum2013.org. (gz)<br />
VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK<br />
INFORMATIONSTECHNIK E.V.,<br />
Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com<br />
Call for <strong>atp</strong> experts – Wireless Communication<br />
AUSGABE 55 (9) DER ATP EDITION im September<br />
2013 diskutiert aktuelle Aspekte<br />
drahtloser Kommunikation <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dustriellen<br />
Automatisierung. Die Themenpalette<br />
reicht von normativen Bestimmungen, Interoperabilität<br />
und Koexistenzmanagement von<br />
Funklösungen über Aspekte der funktionalen<br />
Sicherheit und der Datensicherheit bis h<strong>in</strong> zu<br />
<strong>in</strong>dustrietauglichen Energie-Harvest<strong>in</strong>g- und<br />
Management-Konzepten. Ebenso s<strong>in</strong>d Beiträge<br />
über Messverfahren oder die Leistungsbewertung<br />
für <strong>in</strong>dustrielle E<strong>in</strong>satzumgebungen<br />
willkommen. Wir bitten Sie, bis zum<br />
1. Mai 2013 zu diesem Themenschwerpunkt<br />
e<strong>in</strong>en gemäß der Autorenrichtl<strong>in</strong>ien der <strong>atp</strong><br />
<strong>edition</strong> ausgearbeiteten Hauptbeitrag an den<br />
Chefredakteur der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>, Prof. Leon Urbas,<br />
unter urbas@di-verlag.de e<strong>in</strong>zureichen.<br />
Die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist die hochwertige Monatspublikation<br />
für Fach- und Führungskräfte<br />
der Automatisierungsbranche. In den<br />
Hauptbeiträgen werden Themen mit hohem<br />
wissenschaftlichem und technischem Anspruch<br />
vergleichsweise abstrakt dargestellt.<br />
Der Journalteil stellt praxisnahe Erfahrungen<br />
von Anwendern mit neuen Technologien,<br />
Prozessen oder Produkten der<br />
Automatisierungstechnik vor. Alle Beiträge<br />
werden von e<strong>in</strong>em Fachgremium aus Automatisierungsexperten<br />
begutachtet. Sollten<br />
Sie sich selbst aktiv an dem Begutachtungsprozess<br />
beteiligen wollen, bitten wir um<br />
kurze Rückmeldung. Für weitere Rückfragen<br />
stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.<br />
Ihre Redaktion der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>:<br />
Leon Urbas, Anne Hütter<br />
CALL FOR<br />
Aufruf zur Beitragse<strong>in</strong>reichung<br />
Thema: Wireless Communication<br />
Kontakt: urbas@di-verlag.de<br />
Term<strong>in</strong>: 1. Mai 2013<br />
10<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Achem Asia rechnet mit steigenden Ausstellerzahlen<br />
Schon zwei Monate vor dem Start am 13. Mai 2013 erwarten<br />
die Organisatoren der Achem Asia leicht wachsende<br />
Ausstellerzahlen. Veranstaltet wird die Messe <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g von<br />
der Dechema <strong>in</strong> Kooperation mit ch<strong>in</strong>esischen und <strong>in</strong>ternationalen<br />
Partnern. Die neue Kongressstruktur mit Satellitensymposien,<br />
die <strong>in</strong> enger Abstimmung mit ch<strong>in</strong>esischen<br />
und <strong>in</strong>ternationalen Partnern gestaltet werden, stößt ebenfalls<br />
auf positive Resonanz,wie die Dechema meldet.<br />
Die Organisatoren machen für das große Aussteller<strong>in</strong>teresse<br />
vor allem die aktuelle Wirtschaftslage <strong>in</strong> Europa und<br />
das anhaltende Wachstum <strong>in</strong> Asien verantwortlich. „Außerdem<br />
ergeben sich <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a durch die Umstrukturierung<br />
der Wirtschaft und die Vorgaben des Fünfjahresplans <strong>in</strong>teressante<br />
Möglichkeiten“, erläutert Dr. Thomas Scheur<strong>in</strong>g,<br />
Geschäftsführer der Dechema Ausstellungs-GmbH.<br />
Die Achem Asia gilt als <strong>in</strong>ternationalste Veranstaltung für<br />
die Prozess<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Asien. Als wichtiger Treffpunkt für<br />
ch<strong>in</strong>esische und ausländische Anbieter und Interessenten<br />
zieht sie mehr als 400 Aussteller aus über 20 Ländern und<br />
mehr als 12 000 Besucher an. Das Ausstellungsprogramm<br />
umfasst die gesamte Bandbreite von der Labor- und Analysentechnik<br />
bis zum Anlagenbau und deckt alle Branchen<br />
von der Lebensmittel<strong>in</strong>dustrie, der pharmazeutischen Produktion<br />
bis h<strong>in</strong> zu Petrochemie ab.<br />
Das begleitende Kongressprogramm widmet sich <strong>in</strong> diesem<br />
Jahr den Schwerpunkten Fügetechnik im Anlagenbau,<br />
Alternativen zum Erdöl, Umweltschutz, Abwasser-<br />
behandlung, Prozessanalytik und der chemischen Trenntechnik.<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit Partnern werden dazu kompakte<br />
Satellitensymposien organisiert. Durch die unmittelbare<br />
Nähe von Kongress und Ausstellung <strong>in</strong> den modernen<br />
Räumlichkeiten des Ch<strong>in</strong>a National Convention Center <strong>in</strong><br />
Beij<strong>in</strong>g ist der fruchtbare Austausch zwischen Wissenschaft<br />
und Anwendung gewährleistet. Weitere Informationen<br />
s<strong>in</strong>d zu f<strong>in</strong>den unter www.achemasia.de. (gz)<br />
DECHEMA GESELLSCHAFT FÜR CHEMISCHE TECHNIK<br />
UND BIOTECHNOLOGIE E.V.,<br />
Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 756 40, Internet: www.dechema.de<br />
KONGRESS UND<br />
AUSSTELLUNG, hier<br />
e<strong>in</strong> Bild von der Messe<br />
2010 f<strong>in</strong>den bei der<br />
AchemAsia <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g,<br />
<strong>in</strong> großer räumlicher<br />
Nähe zue<strong>in</strong>ander statt.<br />
Bild: Dechema<br />
Verbände gründen geme<strong>in</strong>same „Plattform Industrie 4.0“<br />
Die Branchenverbände Bitkom, VDMA und ZVEI wollen<br />
das Thema Industrie 4.0 voranbr<strong>in</strong>gen und gründen<br />
dafür e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Geschäftsstelle. Die „Plattform<br />
Industrie 4.0“ soll im April 2013 <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />
ihren operativen Betrieb aufnehmen. Im Internet wird e<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>sames Informationsportal e<strong>in</strong>gerichtet. Hauptziel<br />
ist die Entwicklung von Technologien, Standards, Geschäfts-<br />
und Organisationsmodellen und ihre praktische<br />
Umsetzung. Industrie 4.0 hat nach Ansicht der drei Verbände<br />
e<strong>in</strong>e herausragende Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der deutschen Industrie. Der Begriff steht für<br />
e<strong>in</strong>e vernetzte, oft per Internet über Unternehmensgrenzen<br />
h<strong>in</strong>weg verbundene <strong>in</strong>dustrielle Produktion.<br />
Die Präsidenten der drei Verbände Prof. Dieter Kempf<br />
(Bitkom), Dr. Thomas L<strong>in</strong>dner (VDMA) und Friedhelm<br />
Loh (ZVEI) betonen, die nächste <strong>in</strong>dustrielle Revolution<br />
werde durch das Internet geprägt se<strong>in</strong> und zu e<strong>in</strong>er engen<br />
Verzahnung von ITK-, Automatisierungs- und Produktionstechnologien<br />
führen. Deutschland habe beste Voraussetzungen,<br />
um im Feld dieser Industrie 4.0 e<strong>in</strong>e Führungsrolle<br />
e<strong>in</strong>zunehmen. Deutschland, so e<strong>in</strong> Ziel der<br />
Initiative der drei Verbände, solle zum Leitmarkt und<br />
Leitanbieter <strong>in</strong>novativer <strong>in</strong>ternetbasierter Produktionstechnologien<br />
werden.<br />
Die geme<strong>in</strong>same Geschäftsstelle wird die Arbeit des<br />
Arbeitskreises „Industrie 4.0“ der Forschungsunion fortsetzen.<br />
Dort haben im vergangenen Jahr Experten aus<br />
Wirtschaft und Wissenschaft Empfehlungen erarbeitet,<br />
wie Deutschland die vierte <strong>in</strong>dustrielle Revolution gestalten<br />
und als Gew<strong>in</strong>ner aus ihr hervorgehen kann. Die ge-<br />
INDUSTRIE 4.0:<br />
Vielmehr als heu t-<br />
zutage werden mit<br />
dem Internet über<br />
Unternehmensgrenzen<br />
h<strong>in</strong>weg<br />
verbundene<br />
Produktionsprozesse<br />
E<strong>in</strong>zug halten.<br />
Bild: VDMA<br />
me<strong>in</strong>same Plattform wird neben der Geschäftsstelle aus<br />
e<strong>in</strong>em Lenkungskreis, e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen Beirat<br />
und mehreren thematischen Arbeitsgruppen bestehen. In<br />
den Arbeitsgruppen können sich weitere Verbände und<br />
Organisationen beteiligen. Dem Lenkungskreis werden<br />
Mitgliedsunternehmen der drei Verbände angehören.<br />
„Wir wollen die zentrale Anlaufstelle für das Zukunftsthema<br />
Industrie 4.0 werden und dafür alle relevanten<br />
Akteure aktiv e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den und koord<strong>in</strong>ieren“, sagt Ra<strong>in</strong>er<br />
Glatz, VDMA, Leiter der Geschäftsstelle.<br />
(gz)<br />
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
11
BRANCHE<br />
FETS – Flexibles e<strong>in</strong>gebettetes Telemetrie-System zur<br />
Fernwartung <strong>in</strong> mobilen oder stationären Anwendungen<br />
Technologie realisiert die Überwachung und Diagnose mobiler und stationärer Systeme<br />
BILD 1: Struktur der FETS-Technologie<br />
Die Fernwartungstechnologie FETS wurde von Forschern<br />
des Fraunhofer-Institutsteils Angewandte<br />
Systemtechnik (AST) des Fraunhofer Instituts für Optronik,<br />
Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) als<br />
e<strong>in</strong>e Möglichkeit entwickelt, zeitkritische Kommandoabfolgen<br />
mit latenzbehafteter Drahtloskommunikation<br />
zu komb<strong>in</strong>ieren. Die Abkürzung FETS steht für flexibles<br />
e<strong>in</strong>gebettetes Telemetrie-System. Im Folgenden wird das<br />
Zusammenwirken der E<strong>in</strong>zelkomponenten, bestehend<br />
aus e<strong>in</strong>em mikrocontrollerbasierten Modul, e<strong>in</strong>em Fernwartungsserver,<br />
der Software für die Wartung des Systems<br />
und e<strong>in</strong>er Weboberfläche zur Darstellung von Informationen<br />
beschrieben. FETS kann für mobile sowie<br />
stationäre Systeme verwendet werden.<br />
FETS FLEXIBEL ALS BAUKASTENSYSTEM KONZIPIERT<br />
In der modernen Automatisierungs- oder Fahrzeugtechnik<br />
kommen digitale Steuerungssysteme immer<br />
öfter zum E<strong>in</strong>satz. Im Bereich der mobilen Systeme<br />
werden meist CAN-basierte Systeme e<strong>in</strong>gesetzt, bei<br />
denen strikte Timeouts e<strong>in</strong>zuhalten s<strong>in</strong>d. Hierbei werden<br />
e<strong>in</strong>zelne Module über den Systembus parametriert.<br />
Diese Möglichkeit und die steigende Anzahl der Parameter<br />
dieser E<strong>in</strong>zelmodule machen die Fernwartung<br />
für mobile als auch stationäre Systeme zunehmend<br />
<strong>in</strong>teressant.<br />
Infolge verschiedener Möglichkeiten der Datenübertragung<br />
<strong>in</strong> den jeweiligen E<strong>in</strong>satzgebieten s<strong>in</strong>d abweichende<br />
Latenzzeiten zu berücksichtigen. Dabei muss die<br />
Sicherheit des Nutzersystems gewährleistet se<strong>in</strong>. Forscher<br />
des Fraunhofer-Institutsteils Angewandte Systemtechnik<br />
(AST) <strong>in</strong> Ilmenau entwickelten dafür die Fernwartungstechnologie<br />
FETS.<br />
Die Technologie wird bereits bei verschiedenen Systemen<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Verwendung f<strong>in</strong>det sie als Fernwartungs-<br />
und -diagnosetool bei hochwertigen Elektrorollstühlen<br />
oder als Flottenmanagementsystem für den<br />
Verleih von Pedelecs. Zudem wird sie für Forschungszwecke<br />
zur Anb<strong>in</strong>dung von Photovoltaik-Anlagen an<br />
zentrale Diagnose- und Steuerungssysteme verwendet.<br />
Die vielfältigen Verwendungszwecke erfordern e<strong>in</strong>e<br />
Technologie, die flexibel und mit m<strong>in</strong>imalem Aufwand<br />
an unterschiedliche Nutzersysteme adaptiert werden<br />
kann. Um dies zu gewährleisten, wurde FETS als Baukastensystem<br />
konzipiert. Die Nutzung verschiedener<br />
Controllersysteme, die Möglichkeiten der drahtlosen<br />
oder drahtgebundenen Kommunikation und die Nutzung<br />
unterschiedlicher Schnittstellen, wie zum Beispiel<br />
CAN, LAN oder RS485 ermöglichen zeitnah e<strong>in</strong>e ressourcen-<br />
und kosteneffektive Anb<strong>in</strong>dung an verschiedene<br />
Nutzersysteme.<br />
KOMPONENTENBASIERTE STRUKTUR<br />
Das Fernwartungssystem arbeitet auf Basis e<strong>in</strong>er Server-<br />
Client-Struktur. Jede System-Komponente meldet sich<br />
an e<strong>in</strong>em zentralen Server an (Bild 1). Die Zentrale des<br />
12<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
BILD 2: Interruptstruktur des Taskmanagements<br />
beim Renesas M16C<br />
BILD 3: Parametrier- und Diagnosesoftware für Elektrorollstühle<br />
Systems ist e<strong>in</strong>e Serveranwendung mit <strong>in</strong>tegrierter Datenbank.<br />
Dieser Fernwartungsserver dient als oberste<br />
Verwaltungs<strong>in</strong>stanz zur Authentifizierung der angemeldeten<br />
Nutzer und zur Verwaltung der e<strong>in</strong>zelnen Fernwartungsmodule.<br />
Die zweite Komponente ist das Fernwartungsmodul,<br />
das mit dem Nutzersystem verbunden ist und mit diesem<br />
den zeitkritischen Datenaustausch realisiert. Zusätzlich<br />
ermöglicht die Drahtlosverb<strong>in</strong>dung die Kommunikation<br />
zum Fernwartungsserver.<br />
Die dritte Komponente ist die Fernwartungs-Software.<br />
Sie stellt die Datenverb<strong>in</strong>dung über den Server zum Fernwartungsmodul<br />
her. Dies ermöglicht die Übertragung<br />
von Messwerten und Parametern des Nutzersystems zur<br />
Wartungssoftware sowie die Anzeige dieser Daten <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er nutzerspezifischen Weboberfläche.<br />
ZEITKRITISCHE KOMMUNIKATION ZUM NUTZERSYSTEM<br />
Die Firmware des Fernwartungsmoduls muss auf die<br />
Abarbeitung der zeitkritischen Kommandoabfolgen optimiert<br />
werden. Bei E-Rollstuhlsystemen können solche<br />
Komandoabfolgen aus mehreren 10 000 CAN-Nachrichten<br />
bestehen. Hierbei dürfen ke<strong>in</strong>e Datenpakete bei der<br />
Übertragung verloren gehen, was zum Beispiel durch<br />
begrenzte Hardwareressourcen passieren kann. Zur Lösung<br />
dieses Problems ist e<strong>in</strong> striktes Tim<strong>in</strong>g im Fernwartungsmodul<br />
von enormer Bedeutung. Die Gestaltung des<br />
Tim<strong>in</strong>gs ist sehr stark von den Ressourcen der Hardware<br />
und den laufenden Prozessen abhängig. In der Fernwartungstechnologie<br />
wird hierfür e<strong>in</strong> „ereignisgesteuertes<br />
Multitask<strong>in</strong>gsystem“ mit Taskprioritäts-Prozesszuweisung<br />
genutzt. Es stellt e<strong>in</strong>e Mischform aus kooperativem und<br />
präemptivem Multitask<strong>in</strong>g dar und komb<strong>in</strong>iert die Vorteile<br />
von beiden. Dazu werden verschachtelte Interrupts verwendet.<br />
Es handelt sich um Strukturen <strong>in</strong> Mikrocontrollern,<br />
bei denen Interrupts von anderen mit höherer Priorität<br />
unterbrochen werden können. In Bild 2 ist e<strong>in</strong>e solche<br />
Prioritätszuweisung der e<strong>in</strong>zelnen Interrupts am Beispiel<br />
des Mikrocontrollers M16C zu sehen. Die Zuweisung der<br />
Taskprozesse auf unterschiedliche Interruptlevel ist<br />
auch von den unterschiedlichen Mikrocontrollern abhängig.<br />
Für FETS wurden diese Strukturen für Controller<br />
unterschiedlicher Leistungsklassen entwickelt.<br />
INDIVIDUELLE GESTALTUNG DER WARTUNGSSOFTWARE<br />
Die Software für die Fernwartung und -diagnose dient<br />
zur Parametrierung des Nutzersystems sowie zur Anzeige<br />
dessen Parameter und Messwerte. Sie kann <strong>in</strong>dividuell<br />
an die Anforderungen des Nutzers angepasst werden.<br />
Hierbei kann auf bereits vorhandene Komponenten zurückgegriffen<br />
werden. Außerdem kann die entsprechende<br />
Schnittstelle dem Anwender zur Verfügung gestellt<br />
werden, sodass er die Fernwartungssoftware <strong>in</strong> se<strong>in</strong> eigenes<br />
System <strong>in</strong>tegrieren kann.<br />
Am Beispiel e<strong>in</strong>es Fernwartungs- und Flottenmanagementsystems<br />
für moderne Elektrorollstühle wird e<strong>in</strong>e<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
13
BRANCHE<br />
mögliche Variante vorgestellt (Bild 3). Diese modernen<br />
Rollstühle werden weltweit erfolgreich e<strong>in</strong>gesetzt. Deren<br />
Nutzer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel permanent auf sie angewiesen.<br />
Die modernen Elektrorollstuhlsysteme besitzen abhängig<br />
von der Ausstattung für Spezialfunktionen rund 2000<br />
unterschiedliche Parameter- und Messwerte. Der Vorteil<br />
der Fernwartung liegt bei solch e<strong>in</strong>em System dar<strong>in</strong>, dass<br />
diese Werte, etwa für spezielle Parametrierungen, beim<br />
Anwender verbleiben können. Die Software ermöglicht<br />
das Auslesen der gesamten Fehlerhistorie. Komplette<br />
Datensätze können gesichert sowie neue <strong>in</strong> die Systemmodule<br />
geladen werden.<br />
Betriebe, die Rollstühle beziehungsweise Pedelecs<br />
verleihen oder pflegende Betreuer von gehandicapten<br />
Personen können zusätzlich e<strong>in</strong>e Weboberfläche nutzen,<br />
um Notfallsituationen zu erkennen und zu lokalisieren.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs unterliegt die Anwendung den<br />
Datenschutzbestimmungen. Außerdem zeigt die Visualisierung<br />
aktuelle Systemdaten, wie etwa Akkuzustand<br />
oder Fehlermeldungen, an.<br />
FAZIT UND AUSBLICK<br />
Die beschriebene Fernwartungstechnologie FETS ist<br />
flexibel e<strong>in</strong>setzbar und ermöglicht Wartungs- und Diagnosearbeiten<br />
von e<strong>in</strong>er Servicezentrale aus. Mit diesem<br />
System wurde am Fraunhofer-AST e<strong>in</strong>e Technologie zur<br />
Realisierung der Fernwartung für mobile und stationäre<br />
Systeme, aufbauend auf dem Baukastenpr<strong>in</strong>zip, entwickelt.<br />
Sie ermöglicht die ressourcen- und kosteneffektive<br />
Anb<strong>in</strong>dung an verschiedene Nutzersysteme sowie<br />
e<strong>in</strong>e Adaption an unterschiedliche Schnittstellen. Die<br />
Wartungssoftware kann <strong>in</strong>dividuell an die Nutzeranforderungen<br />
angepasst werden, wobei auf bereits bestehende<br />
Komponenten zurückgegriffen werden kann.<br />
In der Weiterentwicklung wird verstärkt der Sicherheitsaspekt<br />
der Daten<strong>in</strong>tegrität bei der Kommunikation<br />
zwischen Fernwartungsmodul und Server untersucht.<br />
Hierfür ist die Implementierung von Verschlüsselungsalgorithmen<br />
bei der Datenübertragung vorgesehen. Zusätzlich<br />
sollen Verfahren zur Serveridentifizierung <strong>in</strong>tegriert<br />
werden.<br />
AUTOREN<br />
Dipl.-Ing. FRANK WEICHERT ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Fraunhofer-<br />
Instituts teil Angewandte Systemtechnik des<br />
Instituts für Optronik, Systemtechnik und<br />
Bildauswertung (IOSB). Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse<br />
s<strong>in</strong>d die Entwicklung von Hard- und Software<br />
für E<strong>in</strong>gebettete Systeme <strong>in</strong> den Bereichen der<br />
Assistenzsysteme für Elektrorollstühle und<br />
Fernwartungstechnologie.<br />
Fraunhofer – Angewandte Systemtechnik,<br />
Am Vogelherd 50, D-98693 Ilmenau,<br />
Tel. +49 (0) 3677 46 11 45,<br />
E-Mail: frank.weichert@iosb-ast.fraunhofer.de<br />
Dipl.-Ing. ANDRÉ WEISKOPF ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Fraunhofer-Instituts teil<br />
Angewandte Systemtechnik des Instituts für<br />
Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung<br />
(IOSB). Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse s<strong>in</strong>d die Entwicklung<br />
von Hard- und Software für E<strong>in</strong>gebettete<br />
Systeme <strong>in</strong> den Bereichen der Fernwartungstechnologie<br />
und mobile Roboter.<br />
Fraunhofer – Angewandte Systemtechnik,<br />
Am Vogelherd 50, D-98693 Ilmenau,<br />
Tel. +49 (0) 3677 46 11 79,<br />
E-Mail: andre.weiskopf@iosb-ast.fraunhofer.de<br />
Prof. Dr.-Ing. ANDREAS WENZEL leitet die Gruppe<br />
„E<strong>in</strong>gebettete Systeme“ am Fraunhofer-Institutsteil<br />
Angewandte Systemtechnik des Instituts für<br />
Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung<br />
(IOSB). 2012 wurde er zum Professor für E<strong>in</strong>gebettete<br />
Systeme an der Fachhochschule Schmalkalden<br />
berufen. Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse s<strong>in</strong>d die Entwicklung<br />
von Hard- und Software für E<strong>in</strong>gebettete<br />
Systeme <strong>in</strong> den Bereichen Assistenzsysteme und<br />
mobile Roboter.<br />
Fraunhofer – Angewandte Systemtechnik,<br />
Am Vogelherd 50, D-98693 Ilmenau,<br />
Tel. +49 (0) 3677 46 11 44,<br />
E-Mail: andreas.wenzel@iosb-ast.fraunhofer.de<br />
M. Sc. NORBERT FRÄNZEL arbeitet als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der TU Ilmenau im Fachgebiet<br />
Systemanalyse. Se<strong>in</strong>e Fachkenntnisse s<strong>in</strong>d die<br />
Entwicklung von Hard- und Software für E<strong>in</strong>gebettete<br />
Systeme <strong>in</strong> den Bereichen der Mediz<strong>in</strong>technik<br />
und Assistenzsysteme.<br />
TU Ilmenau,<br />
Fakultät IA, FG Systemanalyse,<br />
Helmholtzplatz 5, D-98684 Ilmenau,<br />
Tel. +49 (0) 3677 69 14 16,<br />
E-Mail: norbert.fraenzel@tu-ilmenau.de<br />
14<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
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<strong>in</strong> Lehre und Entwicklung an Fachhochschulen. Die Veranstaltung<br />
versteht sich als Forum für Fachleute der Automatisierungstechnik<br />
aus Hochschulen und Wirtschaft.<br />
1. Auflage 2013, 350 Seiten, Broschur<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München<br />
Wissen für die<br />
Zukunft<br />
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PRAXIS<br />
„Handgefertigt von Masch<strong>in</strong>en“ <strong>in</strong> der Schweiz –<br />
<strong>in</strong>telligente Automation schlägt Low-Cost-Produktion<br />
BMC holt Produktion aus Ch<strong>in</strong>a zurück – Roboter stellen Carbonrohre für Hightech-Rennräder her<br />
Konsequentes Automatisieren eröffnet oft bessere Wettbewerbschancen<br />
als das Auslagern ganzer Fertigungsl<strong>in</strong>ien<br />
<strong>in</strong> Billiglohnländer. Dem Schweizer Fahrradhersteller<br />
BMC gelang es so, die Fertigung se<strong>in</strong>es<br />
Hightech-Produktes erfolgreich aus Ch<strong>in</strong>a zurück <strong>in</strong> die<br />
Schweiz zu holen und dabei wertvolles Know-how im<br />
Hause zu behalten. Die Herstellung der Carbonrohre für<br />
den Rahmen erfolgt nicht mehr manuell, sondern robotergestützt.<br />
Asic Robotics AG konzipierte und realisierte<br />
die Automatisierung und Verkettung der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Prozesse mit <strong>in</strong>sgesamt fünf ABB-Robotern.<br />
Andy Rihs, Geschäftsführer bei BMC, setzt Investitionsschwerpunkte<br />
<strong>in</strong> Entwicklung, Design und Market<strong>in</strong>g.<br />
Die Fertigung der Carbonrahmen für Rennräder<br />
holte BMC aus Ch<strong>in</strong>a zurück, denn das Risiko von<br />
Know-how-Verlusten sowie Qualitätsprobleme wirkten<br />
nachteilig. Mängel resultierten ausschließlich aus der<br />
manuellen Fertigung: Exakte Reproduzierbarkeit und<br />
hohe Präzision s<strong>in</strong>d mit den Arbeitsmethoden des Manufakturzeitalters<br />
kaum zu realisieren. Wenn für e<strong>in</strong><br />
Carbonrohr verschiedene harzgetränkte Kohlefasermatten<br />
<strong>in</strong> Formen e<strong>in</strong>zulegen und zu lam<strong>in</strong>ieren s<strong>in</strong>d, führen<br />
schon ger<strong>in</strong>ge Lageabweichungen zu E<strong>in</strong>bußen bei<br />
Festigkeit und Sicherheit. Auch alle manuell ausgeführten<br />
Folgeschritte vom Zuschneiden und Verkleben der<br />
Rohre über das Schleifen des Rahmens bis h<strong>in</strong> zum<br />
Lackieren s<strong>in</strong>d potenzielle Fehlerquellen und zudem<br />
zeitaufwendig: Alle<strong>in</strong> das Schleifen e<strong>in</strong>es Rahmens erfordert<br />
e<strong>in</strong>en Manntag.<br />
KERNPROZESSE LAUFEN VOLLAUTOMATISCH AB<br />
Andy Rihs suchte ab 2005 nach e<strong>in</strong>er Lösung für die<br />
automatisierte Produktion. Er errichtete am Standort<br />
Grenchen im Schweizer Kanton Solothurn die L<strong>in</strong>ie<br />
zum robotergestützten Bau von Carbonrahmen für<br />
Rennräder. Die Technik-Manager von BMC kooperierten<br />
mit der im schweizerischen Burgdorf ansässigen Asic<br />
Robotics AG. Vier Jahre Entwicklungsarbeit und rund<br />
40 Millionen Schweizer Franken (etwa 33 Millionen<br />
Euro) Investitionen von BMC führten zum Erfolg. Für<br />
das Ergebnis wirbt BMC denn auch mit dem Slogan<br />
„Handgefertigt von Masch<strong>in</strong>en“.<br />
Das Geheimnis der Perfektion des Rennrades „Impec“<br />
liegt zum großen Teil <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em leichten Rahmen. Die E<strong>in</strong>zelteile<br />
weisen lastspezifische Profile und Wanddicken auf<br />
– je nach der im Rahmenverbund zu erfüllenden Aufgabe.<br />
Zwei der dafür bei BMC entwickelten Fertigungsverfahren<br />
heißen Load Specific Weave (LSW) und Shell Node Concept<br />
(SNC). Das LSW-Verfahren ist e<strong>in</strong> vollautomatischer<br />
Prozess und besteht aus den drei Arbeitsschritten Flechten,<br />
Verharzen und Ablängen der Rohre. SNC gewährleistet,<br />
dass die Rohrverb<strong>in</strong>dungen des Rahmens höchstmögliche<br />
Steifigkeit und Stabilität aufweisen. Dazu werden<br />
jeweils zwei spritzgegossene Halbschalen aus e<strong>in</strong>em Carbon-Compound-Material<br />
mit den Knotenpunkten verklebt.<br />
Die Innenflächen dieser Halbschalen s<strong>in</strong>d so gestaltet, dass<br />
sie nach dem Verkleben e<strong>in</strong>en maximalen Kraftschluss mit<br />
den Rohrknoten erzielen.<br />
ROBOTER POSITIONIERT DEN KERN IM FLECHTRAD<br />
Den Transport der Werkstücke zwischen den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Roboter-Arbeitsstationen leistet e<strong>in</strong> automatisiertes<br />
Transfersystem für Werkstückträger. Für jeden<br />
Rohrtyp gibt es e<strong>in</strong>e begleitende Datenplakette, anhand<br />
derer jede Arbeitsstation den Rohrtyp mittels<br />
e<strong>in</strong>es Code-Scanners identifiziert. Die für den jeweiligen<br />
Prozess benötigten Parameter erhält die Arbeitsstation<br />
von e<strong>in</strong>em PC oder Server: Flechtparameter,<br />
Harze<strong>in</strong>spritzmenge, erforderliche Aushärtezeit, Werte<br />
zur Drucküberwachung im Silikonkern oder über<br />
das Mischungsverhältnis von Harz und Härter. Nach<br />
Abschluss e<strong>in</strong>es jeden Prozesses speichert das System<br />
die realen Arbeitswerte der Masch<strong>in</strong>en für jedes Rohr<br />
wieder auf dem Server. So ist die Rückverfolgbarkeit<br />
gegeben.<br />
Die Fertigung beg<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> der Flechtanlage. Mit e<strong>in</strong>em<br />
über drei Meter großen Flechtrad ist sie e<strong>in</strong> technisches<br />
Novum für den Bau e<strong>in</strong>es Rennrades. Bestückt ist sie je<br />
nach zu fertigendem Rohrtyp mit 98 bis 128 Spulen zum<br />
Flechten der Rohre aus hauchdünnen Carbon-Fäden. E<strong>in</strong><br />
Roboter ABB IRB 4400 nimmt den Positivkern des zu<br />
fertigenden Rohres von e<strong>in</strong>em Werkstückträger und positioniert<br />
ihn im Zentrum des Flechtrades. Dieser Kern<br />
besteht aus Silikon mit e<strong>in</strong>em glasfaserverstärkten Stabilisierungsdorn.<br />
VOLLAUTOMATISCHE COMPOSITE-VERHARZUNG<br />
Nach dem E<strong>in</strong>lesen der Produktionsdaten beg<strong>in</strong>nt das<br />
Flechtrad, automatisch e<strong>in</strong>en nahtlosen Tubus aus Carbonfasern<br />
um den formgebenden Kern herum aufzubauen.<br />
Über die Vorschubgeschw<strong>in</strong>digkeit des Positivkerns,<br />
se<strong>in</strong>e Geometrie und die Geschw<strong>in</strong>digkeit des<br />
Flechtrades lässt sich die Ausrichtung der Fasern bestimmen.<br />
Die Wanddicke hängt von der Anzahl der<br />
Flechtlagen ab. Ist die Carbonstruktur fertig, kappt e<strong>in</strong>e<br />
Diamant-Trennscheibe den Tubus ab, und der Roboter<br />
hängt ihn mit dem dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>dlichen Positivkern zurück<br />
<strong>in</strong> den Werkstückträger, der dann die nächste Station<br />
ansteuert.<br />
Den zweiten Schritt der Fertigung erledigt die laut<br />
BMC weltweit erste vollautomatische Verharzungsanlage<br />
für Composite-Werkstoffe. In ihrem Zentrum stehen<br />
die Negativformen der für die unterschiedlichen<br />
impec-Rahmen erforderlichen Rohre.<br />
Das Handl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der Verharzungsanlage übernimmt<br />
e<strong>in</strong> zweiter Roboter vom Typ IRB 4400. Er greift den<br />
umflochtenen Positivkern vom Werkstückträger und<br />
setzt ihn <strong>in</strong> die entsprechende Negativform e<strong>in</strong>. Anschließend<br />
schließt die Spritzanlage die Form und<br />
<strong>in</strong>jiziert e<strong>in</strong> spezielles Zweikomponenten-Harz durch<br />
e<strong>in</strong> im Formboden <strong>in</strong>tegriertes Mischrohr. Das Aushärten<br />
des Formteils erfolgt zeitgesteuert <strong>in</strong> der noch<br />
geschlossenen Form. Nach Ablauf der Aushärtezeit<br />
öffnet sich die Form, der Roboter entnimmt den Rohl<strong>in</strong>g<br />
und setzt ihn anschließend <strong>in</strong> den Werkstückträger<br />
e<strong>in</strong>, um ihn zur dritten und letzten Station der<br />
Fertigung zu transferieren.<br />
16<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
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AUTOMATISIERTER<br />
KLEBSTOFFAUFTRAG:<br />
Der ABB-Roboter ist mit der<br />
kompletten Klebe ausrüstung<br />
und e<strong>in</strong>em optischen Kontrollsystem<br />
ausgestattet.<br />
EIN NOVUM IM RENNRADBAU: IM ZENTRUM<br />
dieses Flechtrads mit mehr als drei Metern<br />
Durchmesser positioniert der Roboter den<br />
Positivkern. Um ihn herum wird das Rohr aus<br />
hauchdünnen Carbonfäden von bis zu 128<br />
Spulen geflochten. Bilder: BMC<br />
PERFEKT AUF PASSUNG GEARBEITET:<br />
Die Innenflächen dieser aus e<strong>in</strong>em<br />
Carbon-Compound-Material spritzgegossenen<br />
Halbschalen s<strong>in</strong>d so<br />
gestaltet, dass sie nach dem Verkleben<br />
e<strong>in</strong>en maximalen Kraftschluss mit<br />
den Rohrknoten erzielen.<br />
ABLÄNGEN AUF DEN ZEHNTELMILLIMETER GENAU<br />
Das Ablängen schließt als letzter Arbeitsschritt das<br />
LSW-Verfahren ab. Zum Schneiden auf Maß legt e<strong>in</strong> Industrieroboter<br />
IRB 2400 das ausgehärtete Rohr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Werkzeugaufnahme und entfernt den noch dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>dlichen<br />
Positivkern. Anschließend fährt die Werkzeugaufnahme<br />
mit dem Rohr <strong>in</strong> den Schneidraum, wo Diamantsägen<br />
die Rohrenden auf den Zehntelmillimeter<br />
genau abtrennen. Dazu ermittelten und programmierten<br />
die BMC-Experten für jede der 36 Varianten der impec-<br />
Rohre die Verfahrwege der Sägeachsen.<br />
Die Produktion der für die Montage benötigten Halbschalen<br />
(Shells) für die Knotenpunkte ist e<strong>in</strong> von der<br />
Rohrfertigung unabhängiger Prozess. Von größter Bedeutung<br />
für die Qualität der Halbschalen ist ihre <strong>in</strong>nere<br />
Gestaltung. Sie muss sich so an die Knotengeometrie<br />
anfügen, dass beim Verkleben der Shells mit den Rohren<br />
e<strong>in</strong> optimaler Kraftschluss entsteht. Das Material für die<br />
Shells ist e<strong>in</strong> Verbundwerkstoff mit hohem Carbonanteil.<br />
Er garantiert später die notwendige Festigkeit. Über<br />
Mold-Flow-Analysen haben die BMC-Ingenieure die für<br />
den Spritzguss wichtigen Parameter optimiert.<br />
KLEBERAUFTRAG PER KAMERA KONTROLLIERT<br />
Die Rahmenmontage erfolgt teilautomatisiert. E<strong>in</strong> Werker<br />
setzt die spritzgegossenen Halbschalen <strong>in</strong> die E<strong>in</strong>spannvorrichtungen.<br />
E<strong>in</strong> optisches Kontrollsystem<br />
überprüft die Positionierung der Halbschalen. Dann<br />
appliziert e<strong>in</strong> IRB 1600 den Zweikomponentenkleber<br />
punktgenau auf die dafür vorgesehenen Stellen der<br />
Halbschalen. Programmgesteuert wird die exakt richtige<br />
Menge Composite-Kleber aufgetragen. Die am Roboterarm<br />
montierte Kamera überprüft, ob an den vorgesehenen<br />
Stellen Kleber haftet. Das anschließende Positionieren<br />
von Halbschalen und Carbonrohren auf der<br />
Montageplatte erfolgt manuell. Nach dem Justieren aller<br />
Teile fährt der Werker die bestückte Montageplatte <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en Ofen zum Aushärten.<br />
Als letzter Schritt erfolgt die Nass-<strong>in</strong>-Nass-Lackierung<br />
der Rahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lackierkab<strong>in</strong>e – ebenfalls automatisiert<br />
durch e<strong>in</strong>en Roboter. Hier führt e<strong>in</strong> sechsachsiger<br />
IRB 580 die Spritzpistole. Er kann nahezu jede menschliche<br />
Arm- und Handbewegung nachvollziehen.<br />
AUTOR<br />
Dipl.-Ing. HANS P. FRITSCHE<br />
Barbarastr. 10,<br />
D-61231 Bad Nauheim,<br />
Tel. +49 (0) 6032 819 00<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
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PRAXIS<br />
RFID-Technik als Zugangsschlüssel <strong>in</strong><br />
explosionsgefährdeter Arbeitsumgebung verwenden<br />
Grundlagen zur Funkkommunikation über Radiofrequenz und Anwendung <strong>in</strong> der Industrie<br />
Feld H<br />
Reader<br />
Daten<br />
RFID-Datenträger<br />
Antenne<br />
AKTIVIERUNG und Reaktion e<strong>in</strong>es RFID-Datenträgers<br />
AUF DIE ZULASSUNG der Datenträger<br />
<strong>in</strong> explosions gefährdeten<br />
Bereichen weist dieses<br />
Zertifizierungszeichen h<strong>in</strong>.<br />
BEISPIELE für fest zu montierende<br />
Datenträger mit und ohne Mittelloch<br />
Zahlreiche Arbeitsumgebungen bef<strong>in</strong>den sich im explosionsgefährdeten<br />
Bereich. Der Beitrag schildert<br />
den E<strong>in</strong>satz sicherer Zugangskennung mittels RFID <strong>in</strong><br />
explosionsgefährderter Arbeitsumgebung.<br />
Explosionsgefahr entsteht, wenn brennbare Flüssigkeiten<br />
oder Gase verarbeitet werden. Fe<strong>in</strong>stäube <strong>in</strong> geschlossenen<br />
Räumen, etwa im Bergbau oder bei Mahlvorgängen<br />
<strong>in</strong> Getreidemühlen, s<strong>in</strong>d beispielsweise solche<br />
Risikoquellen. In diesen Umgebungen müssen die<br />
Mitarbeiter durch umfangreiche Maßnahmen geschützt<br />
werden. Insbesondere elektrische Schutzmaßnahmen<br />
sollen Funkenbildung sicher verh<strong>in</strong>dern.<br />
KONTAKTLOSE KOMMUNIKATIONSTECHNIK<br />
Kontaktlose Kommunikations- und Schalttechniken<br />
s<strong>in</strong>d sicherer auszuführen als kontaktbehaftete. E<strong>in</strong> Beispiel:<br />
Wenn jemand e<strong>in</strong>en metallischen Schlüssel <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
Schloss steckt, kann sich e<strong>in</strong>e elektrostatische Aufladung<br />
beim Kontaktschluss zwischen Schlüssel und<br />
Schloss unmittelbar mit Funkenbildung entladen. Diese<br />
Gefahrenquelle lässt sich vollständig ausschließen,<br />
wenn man kontaktlos arbeitet. RFID-Technik kann sicher<br />
<strong>in</strong> explosionsgefährdeter Umgebung e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />
da die Technik über Funk kommuniziert. Dazu kann der<br />
Nutzer e<strong>in</strong>en aktiven Sender und Empfänger verwenden.<br />
Praktischer wäre aber e<strong>in</strong> aktives Lesegerät und e<strong>in</strong><br />
RFID-Datenträger, auch Transponder oder Tag genannt.<br />
Das RFID-Schreib-/Lesegerät sendet Funkwellen aus, die<br />
von der im RFID-Datenträger <strong>in</strong>tegrierten Antenne empfangen<br />
werden. Mithilfe der so aufgenommenen Energie<br />
wird der Chip im RFID-Datenträger aktiviert, sodass er<br />
auf die Anforderung des Lesegerätes reagieren kann und<br />
im e<strong>in</strong>fachsten Fall se<strong>in</strong>e UID (=Unique IDentification<br />
number) zurücksenden kann. Die UID ist die Kennnummer<br />
des Chips, die weltweit e<strong>in</strong>malig vom Chiphersteller<br />
vergeben wird. Jeder RFID-Datenträger unterscheidet<br />
sich also e<strong>in</strong>deutig von jedem anderen. So lässt sich<br />
leicht e<strong>in</strong>e Schlüsselfunktion realisieren.<br />
RFID-DATENTRÄGER IN DER PRAXIS<br />
Wie sehen RFID-Datenträger <strong>in</strong> der Praxis aus? Zum e<strong>in</strong>en<br />
kann das Lesegerät fest verbaut se<strong>in</strong>. Dann ist der<br />
RFID-Datenträger mobil. Im <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz dagegen<br />
werden vielfach Güter gekennzeichnet, die fest verbaut<br />
s<strong>in</strong>d. Dann ist der RFID-Datenträger fixiert und das<br />
Lesegerät muss mobil se<strong>in</strong>. Für die fest zu montierenden<br />
RFID-Datenträger gibt es beispielsweise runde Münzenformen<br />
mit Mittelloch, die aufgeschraubt oder mit e<strong>in</strong>em<br />
Kabelb<strong>in</strong>der angebracht werden. Alternativ können runde<br />
oder auch eckige Ausführungen aufgeklebt werden.<br />
Die RFID nutzt drei Wellenlängen: LF mit 125 kHz, HF<br />
mit 13,56 MHz und UHF mit 868 MHz bis 950 MHz. Jede<br />
dieser Kenngrößen br<strong>in</strong>gt Vor- und Nachteile. Die UHF-<br />
Technik ist mit größeren Lesereichweiten verbunden, je<br />
nach Antennenausführung bis zu e<strong>in</strong>igen Metern. International<br />
werden verschiedene Frequenzen im UHF-Bereich<br />
verwendet. 868 MHz <strong>in</strong> Europa, 915 MHz <strong>in</strong> USA<br />
und 950 MHz <strong>in</strong> Japan. Die LF-Technik ermöglicht mit<br />
e<strong>in</strong>facher Antennentechnik Lesereichweiten im Zentimeter-Bereich<br />
und verwendet <strong>in</strong> verschiedenen Anwendungsfeldern<br />
zum Beispiel 125 kHz oder 134 kHz. Die HF-Technik<br />
bietet den Vorteil, dass weltweit nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Fre-<br />
18<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
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quenz (13,56 MHz) zum E<strong>in</strong>satz kommt. Die Lesereichweite<br />
beträgt typischer Weise ebenfalls e<strong>in</strong>ige<br />
Zentimeter, was man sich <strong>in</strong> der Anwendung zu Nutze<br />
macht. Der Benutzer nähert sich beispielsweise mit se<strong>in</strong>em<br />
Schlüsselanhänger oder Armband dem Lesegerät<br />
auf wenige Zentimeter.<br />
ZULASSUNG IN EXPLOSIONSGEFÄHRDETER UMGEBUNG<br />
Sowohl die RFID-Datenträger wie auch die e<strong>in</strong>gesetzten<br />
Lesegeräte unterziehen sich e<strong>in</strong>er speziellen Zertifizierung,<br />
um für explosionsgefährdete Umgebungen<br />
zugelassen zu werden. Nach Richtl<strong>in</strong>ie 94/9/EG werden<br />
nicht-elektrische Geräte <strong>in</strong> der Klasse II (Industrie),<br />
oder <strong>in</strong> der Klasse I (Bergbau) geprüft und freigegeben.<br />
Die Anwendung dieser Richtl<strong>in</strong>ie zeigt häufig<br />
e<strong>in</strong> genormtes Logo an. Diese Zertifizierung nach<br />
ATEX Zone 1 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutschen Prüflabor auszuführen<br />
ist zwar aufwendig, br<strong>in</strong>gt aber die höchstmögliche<br />
Sicherheit und E<strong>in</strong>haltung der vom Gesetz vorgeschriebenen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen. Damit der Anwender am<br />
Ende sicher se<strong>in</strong> kann, dass die e<strong>in</strong>zusetzenden RFID-<br />
Datenträger den Vorschriften entsprechen, wird jeder<br />
RFID-Datenträger fälschungssicher mit der Prüfkennung<br />
versehen.<br />
Die Referenzklasse für die<br />
Automatisierungstechnik<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist das Fachmagaz<strong>in</strong> für die Automatisierungstechnik.<br />
Die Qualität der wissenschaftlichen Hauptbeiträge<br />
sichert e<strong>in</strong> strenges Peer-Review-Verfahren. Bezug zur<br />
automatisierungstechnischen Praxis nehmen außerdem<br />
die kurzen Journalbeiträge aus der Fertigungs- und Prozessautomatisierung.<br />
Sichern Sie sich jetzt diese erstklassige Lektüre! Als exklusiv<br />
ausgestattetes Heft oder als praktisches ePaper –<br />
ideal für unterwegs, auf mobilen Endgeräten oder zum<br />
Archivieren.<br />
Wählen Sie e<strong>in</strong>fach das Bezugsangebot, das Ihnen zusagt:<br />
als Heft, ePaper oder Heft + ePaper!<br />
EINSATZMÖGLICHKEITEN DER RFID-TECHNIK<br />
Die E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten dieser Technik gehen natürlich<br />
weit über das gewählte Beispiel der Zutrittskontrolle<br />
h<strong>in</strong>aus. Inventarisierung, Lagerverwaltung,<br />
Service und Wartung s<strong>in</strong>d weitere Anwendungsfälle,<br />
bei denen die RFID Technik ihren E<strong>in</strong>satz f<strong>in</strong>det.<br />
Es ist verständlich, dass <strong>in</strong>sbesondere die Auswahl<br />
geeigneter RFID-Datenträger neben den Schreib-/Lesegeräten<br />
den entscheidenden Erfolgsfaktor jeder RFID-<br />
Implementation ausmacht. Umfassende Beratung zu<br />
E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten und Integration <strong>in</strong> bestehende<br />
IT-Umgebungen verhilft Unternehmen zum erfolgreichen<br />
E<strong>in</strong>satz.<br />
AUTOR<br />
BERND FRANKE ist<br />
Bus<strong>in</strong>ess Development<br />
Manager bei der Smart-Tec<br />
GmbH & Co. KG <strong>in</strong> Oberhach<strong>in</strong>g<br />
bei München.<br />
Smart-Tec GmbH & Co KG,<br />
Kolp<strong>in</strong>gr<strong>in</strong>g 3, D-82041 Oberhach<strong>in</strong>g,<br />
Tel. +49 (0) 89 61 30 07 95,<br />
E-Mail: b.franke@smart-tec.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München
PRAXIS<br />
Britischer Chemiehersteller „erntet“ Energie für<br />
dezentrale Sensoren aus Wärmeunterschieden<br />
Praxiserfahrungen mit Temperatur-Messung ohne externe Stromversorgung<br />
eim britischen Chemiehersteller Rob<strong>in</strong>son Brothers<br />
B wurde e<strong>in</strong> drahtloser Temperaturmesser e<strong>in</strong>gesetzt,<br />
der sich über „Energy Harvest<strong>in</strong>g“ selbstständig mit<br />
Strom versorgt. Seit 2011 arbeitet der Hersteller ABB mit<br />
se<strong>in</strong>en Kunden an der Lösung, die <strong>in</strong>dustrielle Energieversorgung<br />
und Wireless verb<strong>in</strong>det und dabei Netzwerkzuverlässigkeit<br />
bietet.<br />
VERMASCHTE NETZWERKE SIND ENERGIEINTENSIVER<br />
Drahtlose Lösungen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Neuigkeit <strong>in</strong> der Prozess<strong>in</strong>dustrie.<br />
Tatsächlich wurden die ersten Systeme bereits<br />
<strong>in</strong> den 1960er Jahren e<strong>in</strong>gesetzt. Wie bei der Feldbustechnologie<br />
benötigt auch die Wireless-Technologie globale<br />
Standards, die von möglichst vielen Geräteherstellern<br />
unterstützt werden, um sich zu etablieren.<br />
E<strong>in</strong> solcher (Kommunikations-)Standard ist Wireless<br />
Hart. Die Netzwerkzuverlässigkeit ist e<strong>in</strong> Hauptschwerpunkt<br />
der Prozessautomatisierung. Vermaschte Netzwerke<br />
<strong>in</strong>nerhalb drahtloser Kommunikation sorgen für die<br />
Zuverlässigkeit. Sie bieten räumlich redundante Kanäle<br />
zwischen zwei Knoten <strong>in</strong>nerhalb des Netzes durch Weiterleitung<br />
von Nachrichten über verschiedene Wege. Dies<br />
erhöht die Fehlertoleranz der Kommunikation und ermöglicht<br />
die Realisierung von Netzwerken, die gegen<br />
den Ausfall von Kommunikationsverb<strong>in</strong>dungen und<br />
Routergeräten tolerant s<strong>in</strong>d. Die räumliche Redundanz<br />
von vermaschten Netzwerken sichert auch <strong>in</strong> ISM-Bändern<br />
(Industrial, Scientific, Medical) die zuverlässige<br />
Kommunikation. Jedoch s<strong>in</strong>d die Weiterleitung von<br />
Nachrichten (<strong>in</strong>folge der vermaschten Netzstruktur) und<br />
die erhöhten Anforderungen an die Datensicherheit mit<br />
zusätzlichem Energiebedarf verbunden, der durch Energieoptimierung<br />
ausgeglichen werden muss.<br />
ENERGY HARVESTING STATT BATTERIEAUSTAUSCH<br />
Der regelmäßige Austausch von Batterien ist ke<strong>in</strong>e Lösung,<br />
da, je nach Konfiguration der Anlage, die durch<br />
den E<strong>in</strong>satz drahtloser Geräte erzielten E<strong>in</strong>sparungen<br />
schnell relativiert werden. Stattdessen gilt Energy Harvest<strong>in</strong>g<br />
als mögliche Antwort bei der Realisierung (energie-)autarker<br />
Geräte. Beim Energy Harvest<strong>in</strong>g (wörtlich:<br />
„Energie-Ernten“) wird Energie aus der Prozessumgebung<br />
<strong>in</strong> nutzbare elektrische Energie umgewandelt. Diese<br />
Energie wird dann zur Versorgung drahtloser Geräte<br />
genutzt wird. Die am häufigsten e<strong>in</strong>gesetzten Mechanismen<br />
s<strong>in</strong>d photovoltaische, thermoelektrische und k<strong>in</strong>etische<br />
Wandler.<br />
Thermoelektrische Generatoren (TEG) nutzen den<br />
Temperaturunterschied zwischen heißen oder kalten<br />
Prozessen und der Umgebung, um Wärmeenergie mithilfe<br />
des Seebeck-Effekts <strong>in</strong> elektrische Energie umzuwandeln.<br />
Der Wirkungsgrad von TEGs ist zwar recht<br />
niedrig, die Technologie jedoch robust. Besonders <strong>in</strong> der<br />
Prozess<strong>in</strong>dustrie stehen häufig große Temperaturreservoire<br />
und damit große Wärmemengen zur Verfügung.<br />
Die von handelsüblichen TEGs bereitgestellte Leistung<br />
reicht aus, um viele drahtlosen Sensorknoten <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Szenarios zu versorgen.<br />
DRAHTLOSES THERMOMETER MIT<br />
ENERGIEAUTARKER VERSORGUNG<br />
Dem <strong>in</strong>ternationalen Team von Entwicklern und Wissenschaftlern<br />
bei ABB ist es gelungen, e<strong>in</strong>en autarken Temperatur-Messumformer<br />
mit e<strong>in</strong>em vollständig <strong>in</strong>tegrierten<br />
Energy-Harvest<strong>in</strong>g-System auf Basis thermoelektrischer<br />
Generatoren zu realisieren. Die TEGs wurden so <strong>in</strong><br />
das Gerät <strong>in</strong>tegriert, dass die Handhabung, Stabilität und<br />
der Formfaktor des Thermometers unverändert bleiben.<br />
Die Lebensdauer und die Messwertaktualisierungsrate<br />
werden gegenüber batteriegespeisten Geräten verbessert.<br />
Der Energy Harvester verfügt über e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Pufferlösung,<br />
die e<strong>in</strong>e Versorgung sicherstellt, wenn die<br />
Temperaturdifferenz e<strong>in</strong>mal nicht ausreicht, um daraus<br />
genügend Energie „abzuzweigen“. Aufgrund der vorgegebenen<br />
Größe des gewählten Thermometers war e<strong>in</strong>e Integration<br />
herkömmlicher TEGs, die normalerweise e<strong>in</strong>e<br />
Größe von 10 cm² bis 20 cm² haben, nicht möglich.<br />
Stattdessen wurden mikrothermoelektrische Generatoren<br />
(Mikro-TEGs) e<strong>in</strong>gesetzt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em waferbasierten<br />
Fertigungsverfahren hergestellt werden. Die größte<br />
Herausforderung bei der Integration beider Geräte bestand<br />
dar<strong>in</strong>, die Stabilität und Robustheit des Messumformers<br />
zu erhalten. In den meisten Fällen ist der Prozess<br />
wärmer als die Umgebungsluft, sodass die „heiße“ Seite<br />
der TEGs mit möglichst optimaler thermischer Leitfähigkeit<br />
an den Prozess gekoppelt werden muss. Um den Wärmestrom<br />
durch die TEGs zu maximieren, wurden umfangreiche<br />
numerische Simulationen durchgeführt. Die<br />
andere („kalte“) Seite muss gekühlt werden und ist daher<br />
über e<strong>in</strong>en Kühlkörper mit der Umgebungsluft gekoppelt.<br />
Um Anwendungen gerecht zu werden, <strong>in</strong> denen das<br />
Prozessrohr von e<strong>in</strong>er dicken Isolierung umgeben ist,<br />
muss der Kühlkörper <strong>in</strong> ausreichendem Abstand positioniert<br />
werden. Bei e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>desttemperaturunterschied<br />
zwischen dem Prozess und der Umgebung von etwa 30 K<br />
ist das System <strong>in</strong> der Lage, genügend Energie sowohl für<br />
die Messtechnik als auch die drahtlose Kommunikation<br />
zu liefern. Bei Temperaturgefällen von mehr als 30 K<br />
wird mehr Energie gewonnen als benötigt wird. Dieser<br />
Überschuss könnte zum Beispiel genutzt werden, um<br />
schnellere Aktualisierungsraten zu ermöglichen.<br />
IN DER PRAXIS GEPRÜFT<br />
Seit 2011 arbeitet ABB mit Kunden zusammen, um zu<br />
e<strong>in</strong>em möglichst früh Praxiserfahrungen zu sammeln<br />
und Anwenderwünsche bei weiteren Produktentwicklungen<br />
zu berücksichtigen. Als e<strong>in</strong>er der ersten setzte<br />
der britische Hersteller von Spezialchemikalien Rob<strong>in</strong>son<br />
Brothers auf Wireless-Technologie komb<strong>in</strong>iert mit<br />
autarker Energieversorgung von ABB. E<strong>in</strong>gesetzt werden<br />
die Thermometer zur Temperaturmessung im Pipel<strong>in</strong>enetz<br />
der zentralen Dampfversorgung. Das Powermanagement<br />
der Geräte erlaubt die pausenlose Auswertung<br />
der momentan aktiven Energiequelle (Pufferbatterie oder<br />
TEG). Zusammen mit der primären Messgröße Mediumstemperatur<br />
und der sekundären Messgröße Elektroniktemperatur<br />
s<strong>in</strong>d Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit<br />
20<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
BEIM ENERGY HARVESTING wird Energie<br />
aus Temperaturunterschieden, Bewegung<br />
oder Strömung gewonnen. Alle drei Fälle<br />
liegen <strong>in</strong> Industrieanlagen vor.<br />
APPLIZIERTER<br />
WIRELESS-<br />
TEMPERATUR-MESSER<br />
an der britischen<br />
Chemie ka lienanlage.<br />
Bilder: ABB<br />
DER TEMPERATUR-<br />
MESSER, der sich<br />
selbst mit Energie<br />
versorgt.<br />
der Harvester-E<strong>in</strong>heit möglich. Das liefert Rückschlüsse<br />
beispielsweise auf die Stabilität der Energieversorgung.<br />
„Das Thermometer ist seit mehr als drei Monaten <strong>in</strong><br />
Betrieb und benötigt ke<strong>in</strong>erlei Energie aus der Pufferbatterie“,<br />
sagt Tom Rutter, Leiter der MSR-Technik am Standort.<br />
„Es sieht so aus, als könnte es ewig so weiter arbeiten,<br />
wenn nur Dampf durch die Leitung strömt.“ Das System<br />
wurde vom Spezialisten ICA Services <strong>in</strong>stalliert, welcher<br />
Energy Harvest<strong>in</strong>g empfiehlt, um <strong>in</strong>sbesondere den<br />
Verdrahtungsaufwand zu m<strong>in</strong>imieren.<br />
INSTALLATIONSAUFWAND AUF WENIGER<br />
ALS EINE STUNDE REDUZIERT<br />
Die Harvester-Version zur Rohrmontage und <strong>in</strong>direkte<br />
Messung über Oberflächentemperatur reduzierte den<br />
Installationsaufwand auf weniger als e<strong>in</strong>e Stunde bis zur<br />
zentralen Anzeige der ersten Messwerte. Ke<strong>in</strong>e Verdrahtungspläne,<br />
ke<strong>in</strong>e Kabel, ke<strong>in</strong> Schutzrohr. Die Anlage<br />
musste nicht abgeschaltet werden, um den zusätzlichen<br />
Messpunkt zu erschließen. Das System bei Rob<strong>in</strong>son<br />
Brothers benötigt e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>imale Temperaturdifferenz<br />
von etwa 30 K zwischen Rohroberfläche und Umgebung.<br />
Das Thermometer sendet se<strong>in</strong>e Messwerte alle acht<br />
Sekunden aus der Produktionshalle an e<strong>in</strong> Wireless<br />
Gateway, montiert auf dem Dach des gegenüberliegenden<br />
Bürogebäudes. Von dort gelangen die Messwerte <strong>in</strong> das<br />
Firmennetzwerk und per Modbus TCP weiter an e<strong>in</strong>en<br />
Schreiber SM500F von ABB. Dieser stellt die Messwerte<br />
grafisch dar und archiviert sie über viele Wochen.<br />
EINSPARPOTENZIAL IN DER APPLIKATION GETESTET<br />
„Ich sehe ke<strong>in</strong>en Grund, warum wir die Energy-Harvest<strong>in</strong>g-Technologie<br />
nach dieser erfolgreichen Erprobungsphase<br />
nicht weiter e<strong>in</strong>setzen sollten“, sagt Tom Rutter.<br />
„Wir haben immerh<strong>in</strong> um die 10 000 Signale am Standort,<br />
aber bislang kaum Erfahrungen mit Wireless-Technologie.<br />
Wir werden das <strong>in</strong> zukünftigen Projekten auf<br />
jeden Fall berücksichtigen, da das E<strong>in</strong>sparpotenzial bei<br />
Verdrahtungskosten und Installationsaufwand gegenüber<br />
konventioneller Installation offensichtlich ist.“<br />
Mit e<strong>in</strong>em Anteil von 90 % entfällt auf Verdrahtung und<br />
Installation der Löwenanteil bei der Realisierung von Temperaturmessstellen.<br />
Der E<strong>in</strong>satz von Wireless-Technologie<br />
ist also auch wirtschaftlich <strong>in</strong>teressant. ABB arbeitet an<br />
der Erschließung weiterer Energiequellen, die <strong>in</strong> typischen<br />
Installationen der Prozess<strong>in</strong>dustrie zur Verfügung stehen,<br />
wie Licht, Vibration, elektromagnetische Felder, k<strong>in</strong>etische<br />
Energie von strömenden Medien oder bewegten Teilen.<br />
AUTOREN<br />
TILO MERLIN, Dr. PHILIPP<br />
NENNINGER, HORST<br />
SCHWANZER und GARETH<br />
JOHNSTON arbeiten bei der<br />
ABB Division Process Automation<br />
<strong>in</strong> Alzenau, Frankfurt<br />
und St. Neots (UK).<br />
ABB Automation Products GmbH,<br />
Borsigstraße 2,<br />
D-63755 Alzenau,<br />
Tel. +49 (0) 602 39 20<br />
Dr. MARCO ULRICH<br />
arbeitet im Bereich<br />
Corporate Research am<br />
ABB Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />
<strong>in</strong> Ladenburg.<br />
ABB AG,<br />
Wallstadter Straße 59,<br />
D-68526 Ladenburg,<br />
Tel. +49 (0) 6203 71 64 80,<br />
E-Mail: marco.ulrich@de.abb.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
21
PRAXIS<br />
Realtime-Prozesskontrolle korrigiert automatisch<br />
die Schneidparameter und steigert den Output<br />
Hersteller von SMD-Schablonen optimiert mit neuer Laseranlage Qualität und Produktivität<br />
MODERNE LASER-<br />
SCHNEIDTECHNIK:<br />
Für die Herstellung<br />
von SMD-Schablonen<br />
setzt Photocad auf e<strong>in</strong><br />
High-Speed-System<br />
von LPKF. Die Anlage<br />
wurde eigens entwickelt,<br />
um hochpräzise<br />
Öffnungen zu erzeugen<br />
und den Arbeitsprozess<br />
zu beschleunigen.<br />
Bilder: Photocad<br />
Mit e<strong>in</strong>er modernen Laseranlage, die <strong>in</strong> Echtzeit die<br />
Präzision der Schnitte prüft und automatisch korrigierend<br />
e<strong>in</strong>greift, konnte das Berl<strong>in</strong>er Unternehmen Photocad<br />
die Produktion von SMD-Schablonen um 20 Prozent<br />
steigern. Das Unternehmen ist auf lasergeschnittene<br />
Schablonen für das Surface-Mounted-Device-Verfahren<br />
(SMD) spezialisiert, die seit 2008 auch mit Nanoveredelung<br />
hergestellt und an rund 400 Kunden aus Elektronik<strong>in</strong>dustrie<br />
und Masch<strong>in</strong>enbau geliefert werden.<br />
Mittels der SMD-Schablonen werden Plat<strong>in</strong>en vor dem<br />
Bestücken mit elektronischen Bauteilen mit Lötpaste<br />
bedruckt. Um hochsensible Elektronikbauteile sicher auf<br />
Leiterplatten aufzubr<strong>in</strong>gen, spielen saubere Kanten der<br />
SMD-Schablone e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle. S<strong>in</strong>d die Öffnungen<br />
nicht präzise ausgeschnitten, kann Lötpaste austreten,<br />
was zur Brückenbildung und dadurch zu Kurzschlüssen<br />
führen kann.<br />
JEDER SCHNITT WIRD UNMITTELBAR GEPRÜFT<br />
Als e<strong>in</strong>er der führenden Spezialisten <strong>in</strong> der Produktion<br />
von SMD-Schablonen, setzt Photocad daher auf die neue<br />
Laserschneidtechnik und hat rund 300 000 Euro <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
High-Speed-System von LPKF <strong>in</strong>vestiert: Der Stencil-<br />
Laser G 6080 wurde entwickelt, um hochpräzise Öffnungen<br />
zu erzeugen und dabei den Arbeitsprozess sogar<br />
noch zu beschleunigen. Dafür ist die neue Anlage mit<br />
dem patentierten Real Time Process Control System ausgestattet,<br />
das jeden Schnitt <strong>in</strong> Echtzeit prüft. So lässt sich<br />
die Produktionszeit deutlich verkürzen und der Output<br />
erheblich steigern.<br />
Um mit den stetig wachsenden Ansprüchen des Marktes<br />
Schritt halten zu können, ist es entscheidend, bei der<br />
Anlagentechnologie stets auf dem neuesten Stand zu<br />
se<strong>in</strong>. Dieser Anforderung wurde der Anbieter mit dem<br />
Kauf der neuen LPKF-Laseranlage gerecht. Überzeugt hat<br />
dabei vor allem das <strong>in</strong>novative Kontrollsystem, das jede<br />
geschnittene Schablonenöffnung sofort prüft, mit den<br />
Produktionsdaten vergleicht und die Schneidparameter<br />
gegebenenfalls anpasst – ohne Stillstandszeit. So können<br />
Fehlerquellen unmittelbar erkannt und Mängel vermieden<br />
werden.<br />
ECHTZEITANALYSE VERMEIDET UNTERBRECHUNGEN<br />
Außerdem kommt es dank der Echtzeit-Analyse zu ke<strong>in</strong>erlei<br />
Fertigungsunterbrechungen bei der Schablonenherstellung.<br />
Im Vergleich zum herkömmlichen Scanverfahren<br />
nach dem Schneidprozess ist diese Methode wesentlich<br />
effektiver und um e<strong>in</strong> Vielfaches schneller.<br />
Damit erreicht Photocad e<strong>in</strong>e Steigerung der Produktionsmenge<br />
um 20 Prozent.<br />
E<strong>in</strong>e eigens entwickelte Software macht die Bedienung<br />
der Anlage besonders e<strong>in</strong>fach. Öffnungsformen und -größen<br />
s<strong>in</strong>d frei wählbar. Sie können <strong>in</strong>dividuell e<strong>in</strong>gegeben<br />
und nach Wunsch jederzeit modifiziert werden. Für Sonderlösungen<br />
stehen außerdem Spezialprogramme zur<br />
Verfügung.<br />
Die automatische Rahmene<strong>in</strong>stellung macht dabei e<strong>in</strong>en<br />
Schablonenadapter überflüssig. Der gewünschte<br />
Rahmen wird e<strong>in</strong>fach ausgewählt, die Halterung passt<br />
sich dann <strong>in</strong> weniger als zehn Sekunden an die ge-<br />
22<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Herausforderung<br />
Automatisierungstechnik<br />
Mit dem <strong>atp</strong>-award werden zwei Autoren der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> für<br />
hervorragende Beiträge ausgezeichnet. Ziel dieser Initiative<br />
ist es, Wissenschaftler und Praktiker der Automatisierungstechnik<br />
anzuregen, ihre Ergebnisse und Erfahrungen <strong>in</strong> Veröffentlichungen<br />
zu fassen und die Wissenstransparenz <strong>in</strong> der<br />
Automatisierungstechnik zu fördern. Teilnehmen kann jeder<br />
Autor der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht älter als<br />
35 Jahre ist. Nach Veröffentlichung e<strong>in</strong>es Beitrags ist der Autor,<br />
wenn er die Bed<strong>in</strong>gung erfüllt, automatisch im Pool. Die<br />
Auswahl des Gew<strong>in</strong>ners übernimmt die <strong>atp</strong>-Fachredaktion.<br />
Derjenige Autor, der im Autorenteam der jüngste ist, erhält<br />
stellvertretend für alle Autoren die Auszeichnung. Der Preis<br />
wird <strong>in</strong> zwei Kategorien ausgelobt: Industrie und Hochschule.<br />
Die Kategorien ermittlung ergibt sich aus der <strong>in</strong> dem Beitrag<br />
angegebenen Adresse des jüngsten Autors.<br />
UNMITTELBARE KONTROLLE:<br />
In der Laserschneidanlage werden die<br />
Schablonen-Öffnungen <strong>in</strong> Echtzeit<br />
gescannt und die Parameter gegebenenfalls<br />
geändert – ohne Stillstand.<br />
wünschte Form an. Es können Platten mit Stärken von<br />
20 bis 1000 µm geschnitten werden. Der vergleichsweise<br />
große Arbeitsbereich von 600 x 800 mm erlaubt es, zwei<br />
Schablonen gleichzeitig zu bearbeiten, was zusätzlich<br />
Zeit spart.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus ist die Anlage mit e<strong>in</strong>er Luftkühlung<br />
ausgestattet, auf e<strong>in</strong> externes Kühlsystem kann daher<br />
verzichtet werden. Dies hat den Vorteil, dass Stillstandszeiten<br />
für Wartungsarbeiten an externen Geräten entfallen<br />
und der Energieverbrauch um 30 Prozent gesenkt<br />
werden kann.<br />
AUTOR<br />
ULF JEPSEN ist Geschäftsführer<br />
von Photocad.<br />
Photocad GmbH & Co. KG,<br />
Landsberger Straße 225,<br />
D-12623 Berl<strong>in</strong>,<br />
Tel. + 49 (0) 30 56 59 69 80,<br />
E-Mail: ulf.jepsen@photocad.de<br />
Veröffentlichungen – Beitrag zum Wissenspool im<br />
Fachgebiet Automatisierungstechnik<br />
Die Entwicklung e<strong>in</strong>es Wissensgebietes erfolgt durch e<strong>in</strong>en<br />
kooperativen Prozess zwischen wissenschaftlicher Grundlagenforschung,<br />
Konzept- und Lösungsentwicklung und Anwendung<br />
<strong>in</strong> der Praxis. E<strong>in</strong> solcher Prozess bedarf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />
Informationsplattform. Veröffentlichungen<br />
s<strong>in</strong>d die essentielle Basis e<strong>in</strong>es solchen Informationspools.<br />
Der <strong>atp</strong>-award fördert den wissenschaftlichen Austausch<br />
im dynamischen Feld der Automationstechnik. Nachwuchs<strong>in</strong>ge<br />
nieure sollen gezielt ihre Forschungen präsentieren<br />
können und so leichter den Zugang zur Community erhalten.<br />
Der Preis ist mit e<strong>in</strong>er Prämie von jeweils 2000€ dotiert.<br />
Die Auswahl erfolgt <strong>in</strong> zwei Stufen:<br />
Voraussetzung für die Teilnahme ist die Veröffentlichung<br />
des Beitrags <strong>in</strong> der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>. Jeder Aufsatz, der als Hauptbeitrag<br />
für die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> e<strong>in</strong>gereicht wird, durchläuft das<br />
Peer-Review-Verfahren. Die letzte Entscheidung zur Veröffentlichung<br />
liegt beim Chefredakteur. Wird e<strong>in</strong> Beitrag veröffentlicht,<br />
kommt er automatisch <strong>in</strong> den Pool der <strong>atp</strong>-award-<br />
Bewerber, vorausgesetzt e<strong>in</strong>er der Autoren ist zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre. Ausgezeichnet<br />
wird der jüngste Autor stellvertretend für alle Autoren der<br />
Gruppe. E<strong>in</strong>e Jury aus Vertretern der <strong>atp</strong>-Fachredaktion<br />
und des -Beirats ermittelt schließlich den Gew<strong>in</strong>ner <strong>in</strong> den<br />
jeweiligen Kategorien Hochschule und Industrie.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Beiträge richten Sie bitte an:<br />
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />
Herrn Prof. Leon Urbas<br />
Chefredakteur <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
Arnulfstraße 124 • 80636 München<br />
Tel. +49 (0) 89 203 53 66-58 • E-Mail: urbas@di-verlag.de<br />
Beachten Sie die Autorenh<strong>in</strong>weise der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> für<br />
Hauptbeiträge unter folgendem L<strong>in</strong>k:<br />
http://www.<strong>atp</strong>-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Bitte senden Sie Ihre Beiträge an: urbas@di-verlag.de
HAUPTBEITRAG<br />
<strong>Gamification</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />
Chancen und Risiken für die <strong>in</strong>dustrielle Produktion<br />
Unternehmensübergreifende Kollaborationsnetzwerke, die als selbst-organisierende dezentrale<br />
E<strong>in</strong>heiten fungieren, stehen vor der Herausforderung, Transparenz und Vertrauen<br />
zu erzeugen, um e<strong>in</strong>e möglichst effektive Nutzung zu erzielen. <strong>Gamification</strong> als Anwendung<br />
von Spielemechanismen <strong>in</strong> nicht-spielerischen Kontexten bietet Potenzial,<br />
diese Herausforderung zu erfüllen. Der Beitrag diskutiert an e<strong>in</strong>em Beispiel, wie sich<br />
Pr<strong>in</strong>zipien von <strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dezentralen Produktionsnetzwerk anwenden lassen,<br />
um Transparenz und Motivation bei Mitarbeitern zu erzeugen und gleichzeitig mittels<br />
Netzwerkprofilen Wettbewerbsvorteile zu generieren, ohne dabei Unternehmens<strong>in</strong>terna<br />
preiszugeben.<br />
SCHLAGWÖRTER <strong>Gamification</strong> / Dezentrale Geschäftsnetzwerke / Motivation /<br />
Kollaboration / Vertrauen<br />
<strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> decentralized B2B networks –<br />
Risks and opportunities for <strong>in</strong>dustrial production<br />
Inter-organizational networks which are controlled as decentralized self-organiz<strong>in</strong>g units<br />
must establish transparency and trust <strong>in</strong> order to enable effective collaboration. <strong>Gamification</strong>,<br />
the <strong>in</strong>troduction of game mechanisms <strong>in</strong> non-gam<strong>in</strong>g contexts, is a promis<strong>in</strong>g<br />
approach to meet<strong>in</strong>g this challenge. Us<strong>in</strong>g an example, we discuss how pr<strong>in</strong>ciples of gamification<br />
can be applied <strong>in</strong> a decentralized network to <strong>in</strong>crease employees’ trust and<br />
motivation. At the same time, the evolv<strong>in</strong>g network profiles should generate competitive<br />
advantages without divulg<strong>in</strong>g <strong>in</strong>ternal corporate <strong>in</strong>formation.<br />
KEYWORDS gamification / decentralized networks / motivation / collaboration / trust<br />
24<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
PHILIPP HERZIG, ANGELIKA SALMEN, SAP Research, SAP AG<br />
Aktuelle Trends verweisen auf Geschäftsmodelle,<br />
die von dezentralen <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />
geprägt s<strong>in</strong>d [7]. Klassische Zulieferermodelle<br />
werden um offene Strukturen ergänzt,<br />
die effiziente und sich selbst organisierende<br />
E<strong>in</strong>heiten ermöglichen, wobei Konsumenten <strong>in</strong> Designund<br />
Produktionsprozesse e<strong>in</strong>bezogen werden können.<br />
Zum Beispiel kann e<strong>in</strong> Webportal e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche<br />
Schnittstelle zum Kunden bereitstellen, h<strong>in</strong>ter der sich<br />
jedoch diverse Produktionsnetzwerke verbergen, die sich<br />
je nach Kundenwünschen <strong>in</strong>dividuell konfigurieren. Design<br />
und Materialen können nach persönlichen Vorlieben<br />
gewählt oder Produzenten nach Preis oder Lokation ausgesucht<br />
werden. E<strong>in</strong> anderes Modell ist, dass sich Partner<br />
für die Dauer e<strong>in</strong>es Projektes zusammenschließen und<br />
e<strong>in</strong>e temporäre Kollaboration e<strong>in</strong>gehen. E<strong>in</strong> schematisches<br />
Beispiel für e<strong>in</strong> solches Netzwerk zeigt Bild 1.<br />
Welchen komplexen Anforderungen e<strong>in</strong>e Plattform<br />
für dezentrale Kollaboration genügen muss, beantwortet<br />
das EU-Projekt ComVantage (www.comvantage.eu).<br />
Kollaboration verstehen wir als „den Prozess verschiedener<br />
Stakeholder geme<strong>in</strong>same Entscheidungen über<br />
e<strong>in</strong>e Problemdomäne und deren Zukunft zu treffen“ [8].<br />
Hierbei stellt sich die Frage, wie der Mehrwert e<strong>in</strong>er<br />
solchen Kollaboration den e<strong>in</strong>zelnen Stakeholdern/<br />
Partnern, sei es Kunde, Lieferant oder Produzent, aufgezeigt<br />
werden kann. Da dezentrale Netzwerke häufiger<br />
Veränderungen h<strong>in</strong>sichtlich der kollaborierenden Partner<br />
unterworfen s<strong>in</strong>d als traditionelle Zulieferermodelle,<br />
gew<strong>in</strong>nt der Stellenwert von Vertrauen <strong>in</strong> die Kollaboration<br />
deutlich an Relevanz. Wie später noch genauer<br />
def<strong>in</strong>iert, stellt Transparenz über die <strong>in</strong>ternen Geschäftsabläufe<br />
e<strong>in</strong>en wichtigen Faktor dar, welcher zu<br />
höherem Vertrauen führen kann [17].<br />
<strong>Gamification</strong> ist e<strong>in</strong> neuartiger Ansatz zur Nutzung<br />
von Spielemechanismen <strong>in</strong> nicht spielerischen Kontexten.<br />
Hauptziel von <strong>Gamification</strong> ist es, Engagement und<br />
Partizipation von Nutzern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen Domäne<br />
zu verbessern, beispielsweise im Kundenbeziehungsmanagement<br />
[6]. Bei e<strong>in</strong>er effektiven Anwendung von <strong>Gamification</strong><br />
erhalten alle Nutzer des Systems implizit e<strong>in</strong>en<br />
hohen Grad an Transparenz über die Aktivitäten<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Systems, da große Mengen aktionsspezifischer<br />
Daten gesammelt werden können.<br />
Als Arbeitshypothese für diesen Beitrag formulieren<br />
wir, dass <strong>Gamification</strong> zu e<strong>in</strong>er erhöhten Transparenz<br />
und damit zu höherem Vertrauen zwischen den Partnern<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es dezentralen Kollaborationsnetzwerks<br />
beitragen kann. Deshalb schlagen wir e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegriertes<br />
Konzept beider Ansätze vor und diskutieren Chancen<br />
sowie Risiken.<br />
Die grundlegende Idee, mittels Spielemechanismen<br />
das Vertrauen zu verbessern, ist nicht neu. Auf bekannten<br />
Plattformen wie Ebay oder Amazon gibt es schon seit<br />
langer Zeit e<strong>in</strong>fache Spielemechanismen wie Punkte und<br />
Auszeichnungen, die das Vertrauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Händler<br />
respektive e<strong>in</strong> Produkt untermauern sollen. Auf Ebay<br />
f<strong>in</strong>den sich zum Beispiel Punktmetriken wie die Anzahl<br />
positiv bewerteter Transaktionen oder die absolute Zahl<br />
aller Transaktionen e<strong>in</strong>es Händlers. Darauf basierend<br />
gibt es Sterne oder den Powerseller-Status als Auszeichnung<br />
für besondere Aktivitäten.<br />
Jedoch wird von [4] gezeigt, dass solche Rat<strong>in</strong>gsysteme<br />
<strong>in</strong> dezentralen Netzwerken ke<strong>in</strong>en signifikanten Effekt<br />
haben, was die Verfasser auf das Fehlen von Transparenz<br />
zurückführen, wie diese Rat<strong>in</strong>gs zustande kommen. Daher<br />
verfolgt unser Beitrag e<strong>in</strong>en Ansatz, Transparenz<br />
anhand von <strong>Gamification</strong> <strong>in</strong> dezentralen <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong><br />
zu erzeugen.<br />
1. TRANSPARENZ FÜR VERTRAUENSVOLLE<br />
KOLLABORATION<br />
Der Effektivität und Effizienz von dezentralen Kollaborationse<strong>in</strong>heiten<br />
steht e<strong>in</strong>e Skepsis gegenüber, die aus<br />
e<strong>in</strong>em Kontrollverlust gegenüber selbstorganisierten E<strong>in</strong>heiten<br />
und aus allgeme<strong>in</strong>en Ressentiments gegenüber<br />
Cloud-Comput<strong>in</strong>g resultiert [22]. Schließen sich Firmen<br />
zu e<strong>in</strong>em Kollaborationsnetzwerk zusammen, bleibt die<br />
Frage offen, <strong>in</strong>wieweit diese Produktionskette Vorteile<br />
gegenüber traditionellen Produktionsmodellen hat. Es<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
25
HAUPTBEITRAG<br />
werden Indikatoren benötigt, die Effekte und Wertschöpfungen<br />
aus der Kollaboration transparent machen und<br />
damit Vertrauen generieren.<br />
Zum Thema Vertrauen (trust) f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<br />
wie <strong>in</strong>tradiszipl<strong>in</strong>är vielfältige Def<strong>in</strong>itionen wieder.<br />
Die Psychologie beispielsweise fokussiert auf persönliche<br />
Aspekte, die Soziologie betrachtet das soziostrukturelle<br />
Paradigma, die Ökonomie untersucht die<br />
rationelle Dimension et cetera [15]. Innerhalb e<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong><br />
gibt es weitere Unterschiede, die sich an spezifischen<br />
Fragestellungen orientieren. In der IT kann dies<br />
Sicherheitsmechanismen und Zugangskontrolle <strong>in</strong> Computer-Netzwerken<br />
betreffen, die Verlässlichkeit von verteilten<br />
Systemen, oder die Nutzungspr<strong>in</strong>zipien von Applikationen<br />
basierend auf <strong>in</strong>dividuellen Haltungen [1].<br />
E<strong>in</strong>er der fachgebietsübergreifenden Aspekte ist, dass<br />
Misstrauen stets mit Intransparenz und Unsicherheit e<strong>in</strong>hergeht.<br />
Pieters [17] beleuchtet hierbei Grade der Intransparenz<br />
und Unsicherheit. Basierend auf Arbeiten von Luhmann<br />
[13, 12] unterscheidet er zwischen Vertrauen und<br />
Zutrauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> System. Während Zutrauen vom Unwissen<br />
gegenüber Risiken und fehlenden Alternativen gekennzeichnet<br />
ist, ist Vertrauen das Ergebnis abgewägter Risiken<br />
und Alternativen. Darauf aufbauend vergleicht er diese<br />
Systeme mit dem aus der IT bekannten Konzept der Black-<br />
Box, das heißt die <strong>in</strong>ternen Strukturen und Abläufe des<br />
Systems s<strong>in</strong>d unbekannt und lediglich die Wechselwirkungen<br />
mit dem System als Ganzes s<strong>in</strong>d beobachtbar.<br />
Für die Interaktion mit e<strong>in</strong>er Black-Box ist demnach<br />
Zutrauen erforderlich. Vertrauen h<strong>in</strong>gegen ist erst dann<br />
Schneiderei<br />
Stickerei<br />
Packer<br />
Transporteur<br />
Kunde<br />
BILD 1: Beispiel für<br />
e<strong>in</strong> dezentrales<br />
Produktionsnetzwerk<br />
BILD 2: Managementzyklus<br />
nach [16]<br />
Operationaler<br />
Effekt<br />
Metrik<br />
Kosten Zulieferung Bestellkosten<br />
Qualität<br />
Qualität<br />
Effizienz<br />
Flexibilität<br />
Innovation<br />
Nachhaltigkeit<br />
Vermarktung<br />
und Vertrieb<br />
Zulieferung<br />
Operationale<br />
Ebene<br />
Operationale<br />
Ebene<br />
Fehlbestand<br />
Geschäftsprozess<br />
Beschaffungslogistik<br />
Kundenbeschwerden<br />
Auftragsdurchlaufzeit<br />
Anzahl<br />
neuer Designs<br />
Distributionslogistik<br />
Lieferzeitflexibilität<br />
Produktionsausschuss<br />
Beschreibung<br />
Kosten von Rohmaterial über e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Dauer<br />
Häufigkeit von Fehlbeständen über<br />
e<strong>in</strong>e bestimmte Dauer<br />
Anzahl von Beschwerden über e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Dauer<br />
Leerlaufzeiten zwischen Materialanforderung<br />
und -lieferung<br />
Pünktlich gelieferte Waren<br />
Anzahl neuer Designs über e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Dauer<br />
Menge an Ausschuss pro Produktionsschritt<br />
über e<strong>in</strong>e bestimmte Dauer<br />
TABELLE 1: Beispiele<br />
adaptiver Metriken<br />
26<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
möglich, wenn die Black-Box geöffnet wird und E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> Daten und Prozesse als Basis für e<strong>in</strong>e Entscheidung<br />
gibt. Die Öffnung der Black-Box erfordert dabei nicht die<br />
Transformation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Glass-Box, das heißt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> System,<br />
bei dem alle Bestandteile und deren Interaktion von<br />
außen beobachtbar s<strong>in</strong>d und jegliche Intransparenz obsolet<br />
würde, sondern den fokussierten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> grundsätzliche<br />
Funktionsweisen und Wirkpr<strong>in</strong>zipien des Systems<br />
(explanation-for-trust).<br />
2. GAMIFICATION<br />
<strong>Gamification</strong> ist def<strong>in</strong>iert als die Nutzung von Spielemechanismen<br />
<strong>in</strong> nicht-spielerischen Kontexten [6] mit dem<br />
primären Ziel, Partizipation und Motivation von Nutzern<br />
zu erhöhen. Im Rahmen des Kundenbeziehungsmanagements<br />
wird versucht, mittels Spielemechanismen die<br />
Loyalität der Kunden zu erhöhen. Im Kontext von Geschäftsprozessen<br />
geht es darum das Engagement von<br />
Mitarbeitern zu erhöhen.<br />
Laut Jane McGonigal [14] ist jedes Spiel durch folgende<br />
Merkmale gekennzeichnet: klare Ziele und Regeln, stetiges<br />
Feedback bezüglich der vere<strong>in</strong>barten Ziele entlang der<br />
Regeln, sowie die Freiwilligkeit der Benutzung. Im Rahmen<br />
von <strong>Gamification</strong> sollen diese Eigenschaften <strong>in</strong> nichtspielerischen<br />
Kontexten ebenfalls realisiert werden.<br />
Für die Herleitung e<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nvollen und nachhaltigen<br />
<strong>Gamification</strong>-Designs haben sich bereits e<strong>in</strong>ige Methoden<br />
etabliert. [2] nennt grundsätzliche Spielertypen und<br />
ihre Motivation (zum Beispiel erfolgs-, kooperativ-, kompetitiv-<br />
oder sozialorientierte Typen). Außerdem postuliert<br />
[21], dass der Komplexitätsgrad des <strong>Gamification</strong>designs<br />
stets mit den jeweiligen Fähigkeiten des<br />
Nutzers im Gleichgewicht se<strong>in</strong> muss, damit e<strong>in</strong> produktiver<br />
Flow-Zustand entstehen kann [5]. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
existieren e<strong>in</strong>e Vielzahl weiterer psychologischer Faktoren<br />
im Unternehmenskontext, die sich auf die Motivation<br />
auswirken können [11].<br />
Hierbei lassen sich drei Herausforderungen identifizieren.<br />
Erstens ist es nicht möglich, e<strong>in</strong> <strong>Gamification</strong>-<br />
Design für alle Unternehmen gleich zu def<strong>in</strong>ieren, da<br />
die Effektivität von <strong>Gamification</strong> von den <strong>in</strong>dividuellen<br />
Motivationsbedürfnissen der jeweiligen Mitarbeiter<br />
abhängig ist. Zweitens soll ausreichend Transparenz<br />
über Regeln und Feedbackmechanismen, wie beispielsweise<br />
Punktestände, erzeugt werden, um Vertrauen<br />
und Motivation bei anderen Partnern zu erlangen. Andererseits<br />
müssen Geschäfts<strong>in</strong>terna gewahrt bleiben,<br />
um Verletzungen des Datenschutzes oder des Firmenimages<br />
zu vermeiden. Die Entwicklung e<strong>in</strong>es <strong>Gamification</strong>-Konzepts<br />
muss daher auf e<strong>in</strong>e Kompromisslösung<br />
abzielen, wie etwa die Aggregation von Informationen,<br />
die den Kollaborationspartnern <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />
Detailtiefe zur Verfügung gestellt wird [10]. Drittens<br />
stellt sich die Frage, wie sich kollaborative Spielregeln<br />
für Unternehmen erstellen lassen, die nebene<strong>in</strong>ander<br />
stehen oder auch <strong>in</strong> unterschiedlichen Prozessen entkoppelt<br />
vone<strong>in</strong>ander funktionieren. Während bisherige<br />
<strong>Gamification</strong>-Ansätze sich auf Regelverwaltung<br />
durch e<strong>in</strong>e zentrale Instanz fokussieren [9], s<strong>in</strong>d für<br />
dezentrale Netzwerke neue Ansätze zu diskutieren, die<br />
e<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Regelausprägungen<br />
möglich machen.<br />
3. MULTIDIMENSIONALES METRIK-SET<br />
Bevor wir das Gesamtkonzept vorstellen, werden nun<br />
die betrachteten betriebswirtschaftlichen Faktoren<br />
e<strong>in</strong>geführt. Dazu wurde im Rahmen des EU-Projekts<br />
ComVantage e<strong>in</strong> multidimensionales Metrik-Set erarbeitet<br />
und evaluiert [18], das für das vorliegende Konzept<br />
als Grundlage dient. Das Metrik-Set adressiert den<br />
Mehrwert der Kollaboration, wobei die Auswirkungen<br />
auf die Bus<strong>in</strong>ess-Performanz anhand von Kosten, Effizienz,<br />
Qualität, Flexibilität, Innovation, und Nachhaltigkeit<br />
gemessen werden. Die Bus<strong>in</strong>ess-Performanz<br />
wird weiterh<strong>in</strong> nach Prozesskategorien <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Kollaborationsnetzwerks betrachtet. Die Kategorien<br />
umfassen: Zulieferung, Beschaffungslogistik, operationale<br />
Ebene, Distributionslogistik, sowie Vermarktung<br />
und Vertrieb.<br />
Um diese Metriken aussagekräftig zu gestalten, ist es<br />
erforderlich, sie auf der Ebene von Geschäftsprozessen<br />
zu konkretisieren. Am Beispiel unseres Netzwerks aus<br />
Bild 1 können die Metriken, wie <strong>in</strong> Tabelle 1 gezeigt, auf<br />
Prozesse heruntergebrochen werden.<br />
Hierbei ist hervorzuheben, dass e<strong>in</strong> Mitglied des Netzwerkes<br />
nicht alle Metriken gleichermaßen fokussieren<br />
wird, da sich die Metriken aus betriebsökonomischer<br />
Sicht teilweise widersprechen. Je nach Anforderungsprofil<br />
müssen Metriken priorisiert oder e<strong>in</strong> Kompromiss<br />
gefunden werden.<br />
4. GAMIFICATION IN DEZENTRALEN NETZWERKEN<br />
Im Kontext der Unternehmenskommunikation wird<br />
zwischen der <strong>in</strong>ternen und externen Unternehmenskommunikation<br />
unterschieden. Im Folgenden wird<br />
diskutiert, wie sich <strong>Gamification</strong> übergreifend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
dezentralen Kollaborationsnetzwerk anwenden lässt.<br />
4.1 Interne Unternehmenskommunikation<br />
Bevor der kollaborative Ansatz weiter diskutiert werden<br />
kann, s<strong>in</strong>d zunächst die betriebs<strong>in</strong>ternen Sichten<br />
zu beleuchten. Klassische Verfahren verfolgen e<strong>in</strong>en<br />
top-down Ansatz, bei dem sich operative Maßnahmen<br />
aus vorgelagerten strategischen Überlegungen im Rahmen<br />
der Unternehmensziele ergeben (Bild 2). Die anschließend<br />
zur Ausführungszeit von den Fachabteilungen<br />
gesammelten Kennzahlen werden aggregiert<br />
und der Ist-Zustand mit den gesteckten Zielen verglichen.<br />
Dabei ist zu beachten, dass die operative Leistungsmessung<br />
stets unidirektional gerichtet ist. Im<br />
Rahmen von <strong>Gamification</strong> wird jedoch der stetige<br />
Rückkanal zum Mitarbeiter gefordert, sodass Mitarbeiter<br />
e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n aus diesen Zahlen für die tägliche<br />
Arbeit ableiten können [14].<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
27
HAUPTBEITRAG<br />
Demnach ergibt sich e<strong>in</strong>e Diskrepanz zwischen den<br />
strategischen Kennzahlen des Unternehmens und motivierenden<br />
Kennzahlen für die Mitarbeiter. Die Autoren<br />
argumentieren daher, dass e<strong>in</strong> ganzheitlicher Ansatz für<br />
<strong>Gamification</strong> im Unternehmen e<strong>in</strong> Kompromiss aus beiden<br />
Bestrebungen se<strong>in</strong> sollte, das heißt die operativen<br />
Kennzahlen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits top-down durch die Unternehmensziele<br />
sowie bottom-up durch die Motivationsbedürfnisse<br />
der Mitarbeiter def<strong>in</strong>iert worden, zum Beispiel<br />
unter Berücksichtigung verschiedener Motivationstypen<br />
nach [2]. Für die weitere Betrachtung wird angenommen,<br />
dass e<strong>in</strong> geeignetes <strong>Gamification</strong>konzept <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Unternehmen def<strong>in</strong>iert wurde. Die Aggregation<br />
und Vere<strong>in</strong>igung der e<strong>in</strong>zelnen Leistungen der Mitarbeiter<br />
stellt somit den Ist-Zustand des gesamten Unternehmens<br />
dar (Bild 2).<br />
4.2 Externe Unternehmenskommunikation<br />
Auf der e<strong>in</strong>en Seite bilden die aggregierten Kennzahlen<br />
und Auszeichnungen die Grundlage zur Darstellung des<br />
Gesamtbeitrages von jedem Mitarbeiter. Auf der anderen<br />
Seite ergibt sich für das Unternehmen e<strong>in</strong> gewisses Profil,<br />
das transparent nach außen kommuniziert werden<br />
kann. Somit ist jeder Teilnehmer des Netzwerkes durch<br />
e<strong>in</strong> bestimmtes <strong>Gamification</strong>-Profil gekennzeichnet.<br />
Die Emergenz e<strong>in</strong>es konkreten Netzwerkes entsteht<br />
dabei aus kooperativen respektive kompetitiven Bedürfnissen<br />
der potenziellen Netzwerkteilnehmer. Beispielsweise<br />
können Teilnehmer anhand bestimmter Profile<br />
e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit anstreben, um sich gegenseitig zu<br />
ergänzen oder bestimmte Metriken zu verstärken. Mikroökonomisches<br />
Ziel dieser Komposition von Teilnehmern<br />
ist dabei e<strong>in</strong>e kompetitive Diversifikation von anderen<br />
dezentralen Netzwerken. Das Gesamtprofil des<br />
Netzwerks stellt somit die Vere<strong>in</strong>igungsmenge über die<br />
Profile aller Knoten dar. Auf Unternehmensebene f<strong>in</strong>det<br />
ebenso e<strong>in</strong>e kompetitive Selektion statt, zum Beispiel,<br />
wenn e<strong>in</strong> Mitglied die Nachhaltigkeitsfaktoren über Effizienzfaktoren<br />
bei se<strong>in</strong>en Lieferanten stellt.<br />
4.3 Konzept<br />
Obwohl e<strong>in</strong>e, wie bisher übliche, zentrale Def<strong>in</strong>ition<br />
von Zielen, Regeln und Feedbackmechanismen grundsätzlich<br />
denkbar ist, so steht es doch mit dem dezentralen<br />
Charakter im Widerspruch. Beispielsweise wird<br />
die Spontanität e<strong>in</strong>er Netzwerkausbildung dadurch<br />
verr<strong>in</strong>gert, dass langwierige Vorabstimmungen getroffen<br />
werden müssen (Tabelle 2). Auf der anderen Seite<br />
argumentieren wir, dass e<strong>in</strong>e vollständig dezentrale<br />
Def<strong>in</strong>ition, <strong>in</strong> welcher jedes Unternehmen unabhängig<br />
von anderen Partnern eigene Ziele, Regeln und Feedback-Mechanismen<br />
erstellt, e<strong>in</strong>e Unvergleichbarkeit<br />
nach sich zieht, da zum Beispiel Punkte, Auszeichnungen<br />
oder andere Fortschrittsmaße sowie die Regeln, die<br />
zu ihnen geführt haben, kaum zu vergleichen s<strong>in</strong>d. Dies<br />
kann sich wiederum negativ auf Transparenz und Vertrauen<br />
auswirken (Tabelle 3). Deshalb schlagen wir e<strong>in</strong>en<br />
hybriden Ansatz vor (Tabelle 4), der sich wie folgt<br />
gestalten kann:<br />
Unter der Menge aller potenziellen Netzwerkteilnehmer,<br />
gibt es e<strong>in</strong>e echte Untermenge dedizierter Unternehmen<br />
(im Folgenden als Hub bezeichnet), denen die<br />
gesonderte Rolle zukommt, die Menge der anderen<br />
Unternehmen respektive Netzwerke zu konsolidieren<br />
Vorteile<br />
E<strong>in</strong>fache technische Realisierung<br />
Hohe Vergleichbarkeit<br />
Hohe Transparenz<br />
Nachteile<br />
Hoher Abstimmungsaufwand a priori<br />
Aufwändiges Änderungsma-nagement<br />
<strong>Gamification</strong>-Design gilt für alle gleich (Gießkanne)<br />
TABELLE 2:<br />
Zentrale Def<strong>in</strong>ition<br />
von <strong>Gamification</strong>-<br />
Inhalten<br />
Vorteile<br />
E<strong>in</strong>fache technische Realisierung<br />
Ke<strong>in</strong> Abstimmungsaufwand<br />
E<strong>in</strong>faches Änderungsmanagement<br />
Nachteile<br />
Kaum Vergleichbarkeit<br />
Isolierte Transparenz<br />
TABELLE 3:<br />
Dezentrale Def<strong>in</strong>ition<br />
von <strong>Gamification</strong>-<br />
Inhalten<br />
Vorteile<br />
Individuelle <strong>Gamification</strong>-Designs<br />
Moderate Vergleichbarkeit<br />
Nachteile<br />
Moderater Abstimmungsaufwand a priori<br />
Def<strong>in</strong>ition von Übersetzungsregeln<br />
Schwierige technische Realisierung<br />
TABELLE 4:<br />
Hybride Def<strong>in</strong>ition<br />
von <strong>Gamification</strong>-<br />
Inhalten<br />
28<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
BILD 3: Motivationsklassifikation am Beispiel<br />
nachhaltige Schneiderei nach [21]<br />
und somit das zentrale Verwaltungs- und Wertesystem<br />
zur Verfügung zu stellen. Am Beispiel der betrachteten<br />
Produktionskette aus Abschnitt 1 könnte dies beispielsweise<br />
der Betreiber des Webshops se<strong>in</strong>. Sollte<br />
ke<strong>in</strong>er der partizipierenden Partner diese Rolle e<strong>in</strong>nehmen<br />
können, so kann diese Konsolidierung im Verantwortungsbereich<br />
der zentralen Software-Managementlösung<br />
liegen.<br />
Bevor Teilnehmer e<strong>in</strong>em Netzwerk beitreten können,<br />
muss der Hub die zentralen Spielemechanismen zur Verfügung<br />
stellen. Dies umfasst die Def<strong>in</strong>ition von grundlegenden<br />
Metriken (zum Beispiel Punktkategorien) oder<br />
auch grundlegenden Regeln (zum Beispiel Transformationsregeln).<br />
Da es nicht nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Konzept geben<br />
kann, können mehrere solcher Grundkonzepte (im Folgenden<br />
Schablone genannt) def<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong>, die jeweils<br />
durch e<strong>in</strong>e Menge von Spielmechanismen, bestehend aus<br />
beliebigen Regeln und Feedback-Mechanismen ohne<br />
konkrete Ziele, determ<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d. Dadurch erhalten die<br />
Schablonen die Aufgabe, das für alle Netzwerkteilnehmer<br />
geltende Wertesystem zu def<strong>in</strong>ieren.<br />
Möchte nun e<strong>in</strong> neuer Teilnehmer dem Netzwerk als<br />
Partner beitreten, so wählt er beim Hub e<strong>in</strong>e oder mehrere<br />
solcher Schablonen aus. Die Auswahl der geeigneten<br />
Schablonen ergibt sich dabei durch den Kompromiss<br />
der Unternehmensziele und Motivationsbedürfnisse<br />
(Abschnitt 4.1).<br />
Da jedoch die Schablonen ke<strong>in</strong>e konkreten Instanzdaten<br />
und Ziele enthalten, obliegt es jedem Unternehmen<br />
selbst, welche Daten tatsächlich zur Verfügung gestellt<br />
werden, um die <strong>in</strong>haltliche Aussage für das jeweilige<br />
Profil zu treffen. Darüber h<strong>in</strong>aus hat das Unternehmen<br />
die Aufgabe, selbst Ziele und Regeln auf Basis der vorab<br />
gepflegten Informationen zu erstellen. Diese Art des Spieledesigns<br />
wird <strong>in</strong> Unterhaltungsspielen oft auch als<br />
Player-Def<strong>in</strong>ed-Goals-Muster bezeichnet und f<strong>in</strong>det sich<br />
<strong>in</strong> Spielen wie SimCity oder Die Sims wieder, vergleiche<br />
[3]. Hierbei def<strong>in</strong>iert das ausgelieferte Spiel e<strong>in</strong>e Menge<br />
allgeme<strong>in</strong>er Regeln sowie das Wertesystem. Die Def<strong>in</strong>ition<br />
von konkreten Zielen und Belohnungen h<strong>in</strong>gegen<br />
obliegt dem Nutzer selbst, wobei diese meist latenten<br />
Charakter haben und entweder durch Erfahrung beim<br />
Spielen oder durch die Interaktion mit e<strong>in</strong>er Community<br />
emergieren [20].<br />
4.4. Beispiel<br />
Zur Illustration des Ansatzes sollen die vorgestellten<br />
Metriken am Beispiel der kunden<strong>in</strong>dividuellen Bekleidungsproduktion<br />
operationalisiert werden (Abschnitt 1).<br />
Hierbei ist zu beachten, dass es sich um e<strong>in</strong> hypothetisches<br />
Beispiel handelt, das lediglich zur Veranschaulichung<br />
dient.<br />
Dar<strong>in</strong> stellt der Webshop-Provider den Hub dar. In e<strong>in</strong>er<br />
vorgelagerten Analyse wird identifiziert, welche latenten<br />
Faktoren für die Netzwerke im Allgeme<strong>in</strong>en relevant s<strong>in</strong>d<br />
und zwischen Unternehmen verglichen werden sollen.<br />
Hierbei nutzen wir die identifizierten Faktoren aus Abschnitt<br />
3. Für jeden dieser Faktoren werden Metadaten<br />
von Spielemechanismen spezifiziert. Beispielsweise wird<br />
def<strong>in</strong>iert, dass der Faktor Nachhaltigkeit durch e<strong>in</strong>e Metrik<br />
Green Po<strong>in</strong>ts operationalisiert wird und es verschiedene<br />
Level/Abstufungen entlang dieser Metrik gibt. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus können weitere Spielemechanismen zur<br />
Motivationsförderung def<strong>in</strong>iert werden. Beispielsweise<br />
wird vom Webshop-Betreiber e<strong>in</strong>e Portalseite def<strong>in</strong>iert,<br />
<strong>in</strong> der die Teilnehmer des Kollaborationsnetzwerks jeweils<br />
verschiedene Auszeichnungen für besonders nachhaltige<br />
Aktivitäten ablegen können. Hierbei ist jedoch<br />
festzuhalten, dass die Def<strong>in</strong>ition dieses Portals ohne Ziel<br />
und Zweck auskommt, da diese durch das jeweilige Unternehmen<br />
spezifiziert werden müssen. Die Sammlung<br />
aller Artefakte bezüglich des Faktors Nachhaltigkeit wird<br />
<strong>in</strong> der Schablone abgelegt.<br />
E<strong>in</strong>e Schneiderei des Kollaborationsnetzwerks verfolgt<br />
e<strong>in</strong>en stark ressourcenschonenden und ökologischen<br />
Produktionsansatz (Materialverschnitt pro Produktionse<strong>in</strong>heit<br />
kle<strong>in</strong>er 5%), der auch im Interesse der Mitarbeiter<br />
ist. E<strong>in</strong>e beispielhafte Analyse der Motivationsbedürfnisse<br />
ex ante ergab dabei Bild 3. In dieser Grafik s<strong>in</strong>d die<br />
vier Motivationstypen nach [2] <strong>in</strong> den jeweiligen Quadranten<br />
abgetragen: Killer (kompetitivorientiert; circa<br />
1%), Achiever (sammelorientiert; circa 10%), Explorer<br />
(erkundungsorientiert; circa 10%) und Socializer (kooperativorientiert;<br />
circa 80%).<br />
Nach dieser exemplarischen E<strong>in</strong>teilung ergäbe sich<br />
folgendes Profil: Die Mitarbeiter haben e<strong>in</strong>en hohen <strong>in</strong>dividuellen<br />
Anspruch an e<strong>in</strong>e nachhaltige Produktion<br />
(Achiever-Aspekt) sowie e<strong>in</strong>en kollektiven Anspruch<br />
(Socializer-Aspekt), das heißt Mitarbeiter s<strong>in</strong>d zusätzlich<br />
motiviert, wenn Kollegen und Geschäftsführung ebenfalls<br />
konsequentes Engagement zeigen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
s<strong>in</strong>d Mitarbeiter durch die hohe Qualität ihrer Erzeugnisse<br />
stark motiviert.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
29
HAUPTBEITRAG<br />
Vor der Teilnahme am Netzwerk wählt demnach die<br />
Schneiderei entsprechend die Ökoschablone beim Webshop<br />
aus. Darauf aufbauend muss die Schneiderei nun<br />
selbst konkrete Ziele und Regeln für die eigenen Mitarbeiter<br />
def<strong>in</strong>ieren; etwa wie viele Green Po<strong>in</strong>ts es für welche<br />
Verhaltensweisen gibt. Zum Beispiel gibt es e<strong>in</strong>e<br />
Regel mit Bed<strong>in</strong>gung: < 2 qm Materialverschnitt pro<br />
Monat; Konsequenz: 5 Punkte oder e<strong>in</strong>e Regel mit Bed<strong>in</strong>gung<br />
drei Monate <strong>in</strong>folge unter den besten drei; Konsequenz:<br />
e<strong>in</strong>e beliebige Auszeichnung. Außerdem hat<br />
die Schneiderei obere Intervallschranken für beispielsweise<br />
Punkte zu def<strong>in</strong>ieren, damit sich das Erreichte<br />
respektive der Fortschritt relativ ermitteln und an den<br />
Webshop-Betreiber übertragen lässt, siehe Tabelle 5. Hier<br />
können die Soll- oder durchschnittlichen Ist-Werte als<br />
Grundlage dienen.<br />
Außerdem möchte die Schneiderei das durch die<br />
Schablone def<strong>in</strong>ierte Portal (virtueller Raum) nutzen.<br />
Dafür erstellt sie weitere Regeln, zum Beispiel welche<br />
virtuellen Objekte es zu erlangen gibt und unter welchen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen man diese erhält. Weiterh<strong>in</strong> gibt es Regeln,<br />
die vorschreiben, was passiert, wenn dieser Raum von<br />
e<strong>in</strong>em Mitarbeiter (Achiever-Aspekt) oder geme<strong>in</strong>sam<br />
durch das gesamten Kollegium (Socializer-Aspekt) ausgefüllt<br />
wurde. Im Fall der Schneiderei werden dann<br />
beispielsweise Bäume <strong>in</strong> der näheren Umgebung f<strong>in</strong>anziert<br />
und gepflanzt. Alternativ könnten im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />
Kampagne auch soziale Projekte unterstützt werden.<br />
Diese Wechselwirkungen zwischen Bemühungen <strong>in</strong> der<br />
realen und virtuellen Welt bewirken e<strong>in</strong>e weitere Verstärkung<br />
der Motivation [19].<br />
Abschließend bleibt es aber stets die Aufgabe jedes<br />
Netzwerkteilnehmers, das <strong>in</strong>dividuelle Design auf der<br />
e<strong>in</strong>en Seite und die Anpassung an das Schema der gewählten<br />
Schablone vorzunehmen, also unterschiedliche<br />
Prämiensysteme und Feedbackmechanismen e<strong>in</strong>zusetzen.<br />
Beispielsweise kann das Schema aus Bild 3 für e<strong>in</strong>e<br />
andere Design-Schneiderei völlig anders aussehen, da<br />
<strong>in</strong>sbesondere Innovationsfaktoren im Vordergrund stehen<br />
(siehe Tabelle 6). Außerdem tritt e<strong>in</strong> ebenfalls ökologisch<br />
orientiertes Transportunternehmen, dessen Fuhrpark fast<br />
ausschließlich mit Hybridfahrzeugen ausgestattet ist, dem<br />
Netzwerk bei. Neben den ökologischen Faktoren spielt für<br />
dieses Unternehmen noch e<strong>in</strong>e Reihe anderer Faktoren<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, siehe Tabelle 7. Ebenfalls muss das<br />
Transportunternehmen e<strong>in</strong>e Anpassung der Ökoschablone<br />
an die eigenen Bedürfnisse vornehmen, um genormte<br />
Daten an die zentrale Plattform zu übermitteln.<br />
Der Zusammenschluss der Schneiderei und des Transportunternehmens<br />
kann zu e<strong>in</strong>em Verstärkungseffekt<br />
des ökologischen Gesamtprofils führen, was e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil<br />
erbr<strong>in</strong>gen und die Motivation der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Mitarbeiter <strong>in</strong> den verschiedenen Unternehmungen<br />
steigern kann, da ihr Anteil, der <strong>in</strong>dividuell wenig Gewicht<br />
haben mag, <strong>in</strong> der Summe der E<strong>in</strong>zelbeiträge signifikante<br />
ökologische Auswirkungen erreicht. Hierbei<br />
lässt sich e<strong>in</strong> kollaborativer Motivationseffekt auslösen<br />
(Socializer-Aspekt) [14].<br />
Variable Faktoren Abstufung<br />
Materialverschnitt<br />
Materialverschnitt<br />
Rückgabequote<br />
Kosten<br />
Nachhaltigkeit<br />
Qualität<br />
Schlussendlich führt der Webshop-Betreiber die nach<br />
außen kommunizierten Metriken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesamtprofil<br />
des Netzwerks zusammen. Tabelle 8 zeigt e<strong>in</strong>e stark<br />
vere<strong>in</strong>fachte Gegenüberstellung zweier Beispielnetzwerke<br />
A und B anhand der Ausprägungen des Faktors<br />
Nachhaltigkeit. Es zeigt sich, dass Netzwerk A im Vergleich<br />
zu B im ökologischen S<strong>in</strong>ne deutlich besser aufgestellt<br />
ist. Dass die prozentuale Summe hier nicht<br />
100% beträgt, liegt daran, dass die anderen Faktoren<br />
(Effizienz, Flexibilität) ebenfalls e<strong>in</strong>e Rolle spielen. Für<br />
e<strong>in</strong>e vere<strong>in</strong>fachte Visualisierung wird <strong>in</strong> diesem Beitrag<br />
auf e<strong>in</strong>e univariate Darstellung zurückgegriffen. Die<br />
Autoren weisen aber darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>e multivariate<br />
Darstellung über alle Faktoren notwendig ist, um den<br />
konsistenten Vergleich über alle Faktoren zwischen<br />
Netzwerken herzustellen.<br />
Kunden s<strong>in</strong>d anhand dieser transparenten Gegenüberstellung<br />
<strong>in</strong> der Lage, das für ihre Bedürfnisse passende<br />
Netzwerk auszuwählen. Beispielsweise hat die Analyse<br />
des Webshop-Betreibers gezeigt, dass die Zielgruppe der<br />
nachhaltig orientierten Kunden dadurch noch besser<br />
erreicht werden kann, da zusätzliche Transparenz h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der ökologischen Produktion geschaffen wird,<br />
was zu höheren Verkaufszahlen <strong>in</strong> Netzwerk B führt.<br />
E<strong>in</strong>e Auswahl solcher Motivationsfaktoren zeigt Tabelle<br />
9. Es sei darauf verwiesen, dass hierbei auch e<strong>in</strong> B2C-<br />
<strong>Gamification</strong>-Konzept, erstellt und gewartet durch den<br />
Webshop-Betreiber, e<strong>in</strong>gesetzt werden kann, um die<br />
Kundenloyalität zu erhöhen.<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />
In diesem Beitrag wurde die Anwendung von <strong>Gamification</strong><br />
<strong>in</strong> dezentralen <strong>Kollaborationsnetzwerken</strong> aus theoretischer<br />
Sicht diskutiert. Dabei lag die Arbeitshypothese<br />
zugrunde, dass <strong>Gamification</strong> die Transparenz und<br />
somit das Vertrauen <strong>in</strong> das gesamte Netzwerk erhöhen<br />
kann, <strong>in</strong> dem die Aktionen der Mitarbeiter und des Unternehmens<br />
<strong>in</strong> aggregierter Form externen Interessenten<br />
zugänglich gemacht werden. Hierzu haben die Autoren<br />
e<strong>in</strong>en potenziellen Integrationsansatz von dezentralen<br />
<strong>Kollaborationsnetzwerken</strong> und <strong>Gamification</strong> diskutiert.<br />
Durch e<strong>in</strong>en hybriden Ansatz aus zentraler, durch e<strong>in</strong>en<br />
Hub spezifizierten Vorgabe, und dezentraler, unternehmensspezifischer<br />
Anpassung ist es möglich, die Nachteile<br />
der komplementären Ansätze gegenseitig zu kompensieren.<br />
Dadurch ist es möglich, die Mitarbeiter des<br />
jeweiligen Unternehmens zu motivieren, an den jeweiligen<br />
Prozessen mitzuwirken und die verschiedenen<br />
Parteien des Netzwerks zur Nutzung anzuregen.<br />
Dennoch gibt es e<strong>in</strong>e Reihe von Herausforderungen<br />
und Risiken, die es <strong>in</strong> weiteren Arbeiten zu adressieren<br />
und evaluieren gilt. Zum e<strong>in</strong>en wurden <strong>in</strong> diesem Beitrag<br />
Authentifizierungsprobleme außen vor gelassen, das<br />
heißt, vorab muss e<strong>in</strong>e Art Zertifizierung der Netzwerkteilnehmer<br />
am Hub erfolgen, damit sich auch die Echtheit<br />
der Daten garantieren lässt. Zum anderen ist zu<br />
klären, wie die Integrität der Daten sichergestellt werden<br />
kann, das heißt das Melden falscher Zahlen zur gezielten<br />
Prozessschritt Netzwerk A Netzwerk B<br />
Materialwirtschaft Shirt – Bereitstellungspauschale 7,5 % 10 %<br />
Kundendesign 0 % 0 %<br />
Schneidern des Shirts 20 % 0 %<br />
Transport zur Stickerei 14 % 5 %<br />
Besticken des Shirts – 5 %<br />
Transport zur Schneiderei 20 % 10 %<br />
Zusammennähen des Shirts 10 % 0 %<br />
Bügeln des Shirts 2,5 % 0 %<br />
Verpacken des Shirts 2,5 % 0 %<br />
Transport zum Kunden 3,5 % 0 %<br />
Summe 80 % 30 %<br />
TABELLE 8:<br />
Beispiel für<br />
Webshop-Betreiber<br />
Variable Faktoren Abstufung<br />
Kaufverhalten soll ökologische<br />
Materialien bevorzugen<br />
Kunden sollen regionale Produkte<br />
bevorzugen<br />
Nachhaltigkeit<br />
Nachhaltigkeit<br />
>= 20 % tolerabel<br />
>= 70 % ausgezeichnet<br />
HAUPTBEITRAG<br />
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In: Bakker, A.B., Leiter, M.P. (Hrsg.). Work Engagement: A Handbook of<br />
Essential Theory and Research, S. 118-131. New York, Psychology Press 2010<br />
[20] Schell, J.: The Art of Game Design: A Book of Lenses.<br />
Elsevier 2008<br />
[21] Zichermann, G., Cunn<strong>in</strong>gham, Ch.: <strong>Gamification</strong> by Design: Implement<strong>in</strong>g Game<br />
Mechanics <strong>in</strong> Web and Mobile Apps. O’Reilly Media, 2011<br />
[22] Zissis, D., Lekkas, D.: Address<strong>in</strong>g cloud comput<strong>in</strong>g security issues.<br />
Future Generation Computer Systems 28(3), S. 583-592, 2012.<br />
Imageverbesserung muss vermeidbar se<strong>in</strong>. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
sollte es für jeden Netzwerkteilnehmer die Möglichkeit<br />
geben, den Grad der Transparenz zu regulieren.<br />
E<strong>in</strong>ige Spielmechanismen s<strong>in</strong>d eher nur für den <strong>in</strong>ternen<br />
Gebrauch bestimmt, woh<strong>in</strong>gegen andere zweifelsfrei<br />
nach außen kommuniziert werden können.<br />
Des Weiteren ist die Erstellung und Wartung der Inhalte<br />
mit beachtlichem Aufwand verbunden, sodass genau<br />
geprüft werden sollte, <strong>in</strong>wiefern sich e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz<br />
bezogen auf Kosten und Nutzen lohnen kann. Hierfür<br />
fehlt es derzeit noch an klaren Return-on-Investment<br />
Studien.<br />
DANKSAGUNG<br />
AUTOREN<br />
M.Sc. PHILIPP HERZIG<br />
(geb. 1987) ist seit 2011 bei<br />
SAP Research und Doktorand<br />
im Bereich Enterprise<br />
<strong>Gamification</strong>, Big Data &<br />
Platforms an der TU Dresden.<br />
Er hat an der TU Dresden<br />
den Master <strong>in</strong> Wirtschafts<strong>in</strong>formatik<br />
erworben.<br />
SAP Research, SAP AG,<br />
Chemnitzer Straße 48, D-01187 Dresden,<br />
Tel. +49 (0) 6227 75 25 00,<br />
E-Mail: philipp.herzig@sap.com<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
01.11.2012<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Diese Arbeit wurde vom Seventh Framework<br />
Programme der Europäischen Union, Grant Agreement<br />
Nummer FP7-294928 ComVantage gefördert.<br />
Dr. ANGELIKA SALMEN<br />
(geb. 1966) ist seit 2009<br />
Research Manager Human<br />
Computer Interaction<br />
bei SAP Research.<br />
Ihr Arbeitsfeld ist die<br />
Mensch-Masch<strong>in</strong>e<br />
Interaktion.<br />
SAP Research, SAP AG,<br />
V<strong>in</strong>cenz-Prießnitz-Straße 1, D-76131 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 6227 75 25 00,<br />
E-Mail: angelika.salmen@sap.com<br />
32<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
KNOWLEDGE<br />
for the FUTURE<br />
Qualified read<strong>in</strong>g<br />
for automation<br />
experts<br />
Process Control Systems Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />
Process Control Systems (PCS) are distributed control systems<br />
(DCS) that are specialized to meet specific requirements of the<br />
process <strong>in</strong>dustries.<br />
The text book focuses on PCS eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g basics that are common<br />
to different doma<strong>in</strong>s of the process <strong>in</strong>dustries. It relates to an<br />
experimental research plant which serves for the exploration<br />
of the <strong>in</strong>teraction between process modularization and process<br />
automation methods. This permits to capture features of highly<br />
specialized and <strong>in</strong>tegrated mono-product plants as well as<br />
application areas which are dom<strong>in</strong>ated by locally standardized<br />
general-purpose apparatus and multi-product schemes. While<br />
the text book’s theory is applicable for all PCS of different<br />
suppliers, the examples refer to Siemens’ control system PCS 7.<br />
Focus<strong>in</strong>g on a s<strong>in</strong>gle PCS enables readers to use the book <strong>in</strong> basic<br />
lectures on PCS eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g as well as <strong>in</strong> computer lab courses,<br />
allow<strong>in</strong>g students to ga<strong>in</strong> hands-on experience.<br />
Editor: L. Urbas<br />
1 st <strong>edition</strong> 2012, 204 pages, content <strong>in</strong> English * , hardcover<br />
*<br />
German language version com<strong>in</strong>g soon<br />
Order now by fax: +49 201 / 8 20 02 34 or detach and send <strong>in</strong> a letter<br />
<br />
Yes, I place a firm order for the technical book. Please send me<br />
Company/Institution<br />
___ copies of Process Control Systems Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />
1 st <strong>edition</strong> 2012 (ISBN: 978-3-8356-3198-4)<br />
at the price of € 49,80 (plus postage and pack<strong>in</strong>g)<br />
First name and surname of recipient<br />
Street/P.O. Box, No.<br />
Reply / Antwort<br />
Vulkan-Verlag GmbH<br />
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Postfach 10 39 62<br />
45039 Essen<br />
GERMANY<br />
Country, postal code, town<br />
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L<strong>in</strong>e of bus<strong>in</strong>ess<br />
Fax<br />
Date, signature<br />
Please note: Accord<strong>in</strong>g to German law this request may be withdrawn with<strong>in</strong> 14 days after order date <strong>in</strong> writ<strong>in</strong>g to Vulkan Verlag GmbH, Versandbuchhandlung, Postfach 10 39 62, 45039 Essen, Germany.<br />
In order to accomplish your request and for communication purposes your personal data are be<strong>in</strong>g recorded and stored. It is approved that this data may also be used <strong>in</strong> commercial ways<br />
by mail, by phone, by fax, by email, none. This approval may be withdrawn at any time.<br />
PAPCSE2012
HAUPTBEITRAG<br />
Vernetzte Apps für komplexe<br />
Aufgaben <strong>in</strong> der Industrie<br />
Apps nutzerfreundlich und effizient orchestrieren<br />
Die Spezialisierung auf eng umgrenzte Aufgaben ist e<strong>in</strong> Erfolgsfaktor für Apps auf Mobilgeräten,<br />
kann aber bei komplexen Anforderungen zum Nachteil werden, wenn Teilaufgaben<br />
häufige manuelle App-Wechsel erfordern. Dieser Beitrag stellt das Konzept der<br />
App-Orchestrierung vor, das die Vernetzung von Apps unter Erhaltung des Arbeitskontextes,<br />
zum Beispiel <strong>in</strong> Virtual Factories, erlaubt. Durch die Verwendung von Aufgaben-,<br />
Arbeitsfluss- und Kontextmodellen kann dieser Vorgang automatisiert werden. Das entwickelte<br />
Konzept wurde prototypisch implementiert und e<strong>in</strong>er formativen Evaluation<br />
unterzogen.<br />
SCHLAGWÖRTER Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Schnittstelle / Appifikation / Orchestrierung /<br />
Mobilgeräte / Virtual Factories<br />
Network<strong>in</strong>g apps for complex <strong>in</strong>dustrial tasks –<br />
Orchestrat<strong>in</strong>g apps efficiently<br />
Tailored to a specific task, mobile applications can offer high usability. However, they do<br />
not yet support complex workflows, which require frequent manual switch<strong>in</strong>g between<br />
apps. To overcome this limitation, we have developed the concept of App Orchestration.<br />
This makes it possible to connect the apps with each other while ma<strong>in</strong>ta<strong>in</strong><strong>in</strong>g the work<br />
context, e.g. <strong>in</strong> Virtual Factories. The orchestration process can be automated with models<br />
for tasks, workflows, and contexts. The concept was implemented <strong>in</strong> a prototype and<br />
subjected to a formative evaluation.<br />
KEYWORDS human-mach<strong>in</strong>e-<strong>in</strong>terface / appification / orchestration / mobile devices /<br />
virtual factories<br />
34<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
JOHANNES PFEFFER, MARKUS GRAUBE, JENS ZIEGLER, LEON URBAS, TU Dresden<br />
Apps – kle<strong>in</strong>e, für Mobilgeräte spezialisierte<br />
Programme – unterstützen ihre Anwender<br />
<strong>in</strong> vielen Lebensbereichen. Sie werden genutzt,<br />
um beispielsweise den Weg zur nächsten<br />
Postfiliale zu f<strong>in</strong>den, e<strong>in</strong>e Busverb<strong>in</strong>dung<br />
herauszusuchen, zur Kommunikation mit Freunden<br />
und Geschäftspartnern oder für das Onl<strong>in</strong>ebank<strong>in</strong>g [1].<br />
Für e<strong>in</strong>en Großteil der Informationsbedarfe des täglichen<br />
Lebens, ob privater oder beruflicher Natur, gibt es<br />
mittlerweile die passende App. Apps haben die Nützlichkeit<br />
von Mobiltelefonen und Tablets enorm erhöht.<br />
E<strong>in</strong>er Studie der Firma Appsfire [2] zufolge s<strong>in</strong>d auf<br />
e<strong>in</strong>em durchschnittlichen iPhone 108 verschiedene<br />
Apps <strong>in</strong>stalliert. Diese Entwicklung h<strong>in</strong> zur Omnipräsenz<br />
der kle<strong>in</strong>en spezialisierten Programme wird als<br />
Appification bezeichnet.<br />
Neben den eben genannten klassischen Anwendungen<br />
gibt es bereits Ansätze, Apps <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriellen Umgebungen<br />
e<strong>in</strong>zusetzen. Beispiele dafür s<strong>in</strong>d Apps, die<br />
den Gerätezustand anzeigen oder Assistenten für die<br />
Auswahl des passenden Produktes e<strong>in</strong>es Herstellers<br />
bereitstellen (siehe beispielsweise Automation App<br />
Award [3]). Diese Spezialprogramme lassen sich gut mit<br />
dem Limited-Purpose-Grundsatz von Apps vere<strong>in</strong>baren:<br />
Sie unterstützen den Nutzer bei bestimmten eng<br />
umgrenzten Aufgaben sehr effizient. Was sie bisher<br />
nicht bieten, ist umfassende Interoperabilität und Vernetzung<br />
untere<strong>in</strong>ander zur Unterstützung komplexerer<br />
Aufgaben.<br />
Virtual Factories, Schlüsselkonzept der Factories of<br />
the Future des gleichnamigen Public-Private-Partnership-Programms<br />
der Europäischen Kommission [4], s<strong>in</strong>d<br />
zeitlich befristete und def<strong>in</strong>iert arbeitsteilige Kooperationen<br />
zwischen realen Unternehmen unterschiedlicher<br />
Größe zur Bewältigung spezifischer Projekte. Dabei kann<br />
die Kooperation für e<strong>in</strong>en kurzen Projektzeitraum, oder<br />
für e<strong>in</strong>e langfristige Zusammenarbeit angelegt se<strong>in</strong>. Die<br />
Kooperation <strong>in</strong> solchen Virtual Factories umfasst komplexe<br />
Aufgaben, die Daten von verschiedenen Teilnehmern<br />
erfordern. Zudem besitzen die e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen<br />
bereits Werkzeuge und Applikationen, die sie <strong>in</strong><br />
ihren eigenen Prozessen unterstützen. Um die <strong>in</strong>härenten<br />
Vorteile von Virtual Factories optimal nutzen zu<br />
können, müssen diese Werkzeuge aber noch vernetzt und<br />
gegebenenfalls für andere Stakeholder verfügbar gemacht<br />
werden. Die aus der Vernetzung entstehenden<br />
Unterstützungssysteme helfen dann bei der effizienten<br />
Bewältigung der komplexen Gesamtaufgabe.<br />
Im Rahmen dieses Beitrags soll exemplarisch e<strong>in</strong> Geschäftsbereich<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Virtual Factory betrachtet<br />
werden, nämlich die Kooperation e<strong>in</strong>es Anlagenbetreibers<br />
mit e<strong>in</strong>em Dienstleister zu Instandhaltung e<strong>in</strong>er<br />
Prozessanlage. Der Dienstleister muss auf alle für se<strong>in</strong>e<br />
Aufgaben relevanten Informationen zugreifen können.<br />
Er führt komplexe Wartungsaufgaben im Feld durch und<br />
wird dabei von e<strong>in</strong>em mobilen Unterstützungssystem<br />
assistiert. Der Fokus liegt <strong>in</strong> diesem Beitrag auf der Unterstützung<br />
durch vernetzte Apps und dem dafür entwickelten<br />
Konzept der App-Orchestrierung. Auf die Daten<strong>in</strong>tegration<br />
mittels L<strong>in</strong>ked Data und Sparql <strong>in</strong> Virtual<br />
Factories wird <strong>in</strong> [5] e<strong>in</strong>gegangen.<br />
1. DAS KONZEPT DER APP-ORCHESTRIERUNG<br />
1.1 Grundlagen<br />
Die durch Apps auf mobilen Endgeräten unterstützbaren<br />
Arbeitsabläufe <strong>in</strong> der Industrie können komplex se<strong>in</strong> und<br />
aus sehr verschiedenartigen Aufgaben bestehen. Alle<strong>in</strong><br />
im Bereich der Instandhaltung reichen diese von der e<strong>in</strong>fachen<br />
Navigation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Anlagenhierarchie über die<br />
Bearbeitung von Parameterlisten bis h<strong>in</strong> zur Cycle-Time-<br />
Analyse von Produktionsl<strong>in</strong>ien. Manche dieser Aufgaben<br />
werden noch vorwiegend mit Papier und Stift durch das<br />
Ausfüllen und spätere Digitalisieren von Formularen bearbeitet,<br />
andere werden durch hochentwickelte Desktopanwendungen<br />
abgedeckt. Besonders letztere s<strong>in</strong>d für<br />
große Bildschirme mit Mausbedienung optimiert und<br />
lassen sich unter Gewährleistung der nötigen Benutzerfreundlichkeit<br />
und Flexibilität nicht direkt auf Mobilgeräte<br />
übertragen. Um die Vorteile der Spezialisierung von<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
35
HAUPTBEITRAG<br />
Apps für komplexe Aufgaben nutzbar zu machen, wurden<br />
unter anderem Ideen aus der Service-Orchestrierung,<br />
dem Model Driven Development und dem Component<br />
Based Software Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g aufgegriffen.<br />
Innerhalb der Domäne der Automatisierungs- und Prozessleittechnik<br />
wurden aufgaben- und datenspezifische<br />
Invarianten identifiziert, die durch e<strong>in</strong>en abgestimmten<br />
Satz von Generic Apps bedient werden können. Jede Generic<br />
App ist dabei auf die Erfüllung e<strong>in</strong>es bestimmten<br />
Informationsbedarfs auf Nutzer- oder Anbieterseite spezialisiert.<br />
Die <strong>in</strong> den Informationsbedarfen enthaltenen<br />
Invarianten umfassen beispielsweise semantische Nachbarschaftsverhältnisse<br />
um e<strong>in</strong>en Po<strong>in</strong>t of Interest, Positionsdaten,<br />
Ereignisse, Zeitreihen, Wartungspläne oder<br />
Aufgabenlisten. Durch Konzentration auf solche Invarianten<br />
lassen sich die meisten Generic Apps auf vielfältige<br />
Weise wiederverwenden.<br />
Das App-Orchestrierungskonzept umfasst drei Hauptschritte<br />
[6]:<br />
Select (auswählen)<br />
Adapt (anpassen)<br />
Manage (verknüpfen und vermitteln)<br />
Im ersten Schritt werden die Invarianten der zu unterstützenden<br />
Aufgabe identifiziert. Auf dieser Grundlage<br />
werden Apps ausgewählt, die diese Invarianten optimal<br />
bedienen. Als zweites werden die Datenanb<strong>in</strong>dung,<br />
die E<strong>in</strong>gabemodalität und das visuelle Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />
der Anwendungen kontextabhängig adaptiert.<br />
Im Selektions- und im Adaptionsschritt können<br />
Darstellungsanforderungen aus externen Quellen (zum<br />
Beispiel aus Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g-Daten oder e<strong>in</strong>em FDI Device<br />
Package [7]) berücksichtigt werden. Im dritten und letzten<br />
Schritt wird das dynamische Navigationsdesign<br />
generiert und die Navigation zwischen Apps durch<br />
Verknüpfungen <strong>in</strong> der Anwendung und <strong>in</strong> Kontextmenüs<br />
realisiert.<br />
1.2 Architektur<br />
Im Folgenden wird e<strong>in</strong>e Architektur für die Realisierung<br />
des App-Orchestrierungskonzeptes vorgestellt. Sie besteht<br />
aus e<strong>in</strong>er Design-Time- und e<strong>in</strong>er Runtime-Komponente<br />
und ist e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> die Infrastruktur e<strong>in</strong>er Virtual<br />
Factory.<br />
Die eigentliche Orchestrierung f<strong>in</strong>det zur Design-Time<br />
statt und greift auf den geme<strong>in</strong>samen Informationsraum<br />
der Virtual Factory zurück. Die von den Apps benötigten<br />
Daten liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Informationsraum, der<br />
auf dem L<strong>in</strong>ked-Data-Konzept [8] basiert und durch e<strong>in</strong>en<br />
Sparql Endpo<strong>in</strong>t [9] zugänglich gemacht wird. Sie umfassen<br />
verschiedene für die Orchestrierung relevante Modelle<br />
(Aufgaben-, Arbeitsfluss- und Kontextmodelle), verwendete<br />
Ontologien, Informationen über den Zugriff (Doma<strong>in</strong><br />
Source Map) und die eigentlichen Unternehmensdaten.<br />
In Bild 1 wird der Informationsfluss dargestellt; Funktionen<br />
werden durch Kreise, E<strong>in</strong>gänge und Ausgänge<br />
durch Rechtecke repräsentiert. Die erste Funktion (Select)<br />
wird mit dem Aufgabenmodell, dem Kontextmodell<br />
und den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em App-Pool h<strong>in</strong>terlegten Beschreibungen<br />
gespeist.Mit diesen Informationen lassen sich die passenden<br />
Generic Apps auswählen. Dies kann teilweise<br />
automatisch geschehen. Bei auftretenden Ambiguitäten,<br />
beispielweise Apps mit identischer oder sehr ähnlicher<br />
Funktion, ist jedoch e<strong>in</strong> manueller E<strong>in</strong>griff notwendig.<br />
Ist für e<strong>in</strong>e modellierte Aufgabe noch ke<strong>in</strong>e passende<br />
App im App-Pool vorhanden, so wird die Aufgabe übersprungen<br />
und später im Navigationsdesign als nicht unterstützt<br />
gekennzeichnet. Für diese Aufgabe kann dann<br />
e<strong>in</strong>e passende App entwickelt werden, oder sie wird wie<br />
bisher ohne mobile Unterstützung durchgeführt. So werden<br />
die E<strong>in</strong>stiegshürden gesenkt und Arbeitsabläufe<br />
ermöglicht, welche herkömmliche Arbeitsweisen mit<br />
mobiler Unterstützung verb<strong>in</strong>den.<br />
In der zweiten Funktion (Adapt to Context), beg<strong>in</strong>nt<br />
der Adaptionsschritt. Das Kontextmodell wird herange-<br />
BILD 1:<br />
Informationsfluss bei<br />
der App-Orchestrierung<br />
zur Entwurfszeit<br />
36<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
zogen, um das visuelle Ersche<strong>in</strong>ungsbild anzupassen<br />
und die Interaktionsmodalität der gewählten Apps festzulegen.<br />
Die nächste Funktion im Adaptionsschritt (Parametrize<br />
Template) passt die <strong>in</strong> den App-Beschreibungen<br />
h<strong>in</strong>terlegten Sparql Templates an die verwendete<br />
Ontologie an, sodass die korrekten Begriffe, Typen und<br />
Relationen <strong>in</strong> der Abfrage verwendet werden. Die Doma<strong>in</strong><br />
Source Map enthält dabei die nötigen Informationen<br />
zu den Sparql-Endpo<strong>in</strong>ts der Virtual Factory.<br />
Das Resultat, e<strong>in</strong> Satz von Adapted Apps, wird an die<br />
nächste Funktion weitergereicht (Create Navigation Design).<br />
Unter Verwendung des <strong>in</strong> den App-Beschreibungen<br />
def<strong>in</strong>ierten Interface und des Arbeitsflussmodells wird<br />
e<strong>in</strong> Navigationsdesign erstellt, welches <strong>in</strong> die Managementkomponente<br />
e<strong>in</strong>fließt.<br />
Die Ergebnisse der Orchestrierung, die adaptierten Apps<br />
und die Managementkomponente (siehe Bild 2) werden auf<br />
das mobile Gerät übertragen. Die Managementkomponente<br />
ist zur Runtime für das Umschalten zwischen den orchestrierten<br />
Apps (App Switcher), das Navigationsdesign<br />
(Navigation Design), die Inter-App-Kommunikation (Message<br />
Dash) und den Zugriff auf den geme<strong>in</strong>samen Informationsraum<br />
(L<strong>in</strong>ked Data Interface) zuständig. E<strong>in</strong><br />
L<strong>in</strong>ked Data Cache kann temporär auch das Arbeiten ohne<br />
Netzwerkverb<strong>in</strong>dung ermöglichen. Der App Switcher<br />
nutzt das modellierte Navigationsdesign, um zwischen<br />
den Apps umzuschalten, das Message Dash dient zum<br />
Austausch zwischen Apps. Sie können dort Nachrichten<br />
bestehend aus e<strong>in</strong>em Zeitstempel, der App-ID und e<strong>in</strong>em<br />
e<strong>in</strong>fachen Schlüssel-Wert-Paar h<strong>in</strong>terlegen. Typische<br />
Nachrichten s<strong>in</strong>d URIs, die zum nächsten Po<strong>in</strong>t of Interest<br />
zeigen, generierte oder e<strong>in</strong>gegebene Daten, die von der<br />
nächsten App benötigt werden, oder andere <strong>in</strong> der App-<br />
Beschreibung def<strong>in</strong>ierte Nachrichten. Alle Sparql Queries,<br />
die e<strong>in</strong>e App ausführen möchte, werden durch das L<strong>in</strong>ked<br />
Data Interface geleitet, welches sich beim passenden<br />
L<strong>in</strong>ked Data Endpo<strong>in</strong>t authentifiziert, die gewünschten<br />
Informationen abfragt oder aus dem lokalen Cache holt.<br />
Das Orchestrierungskonzept lässt sich auf verschiedene<br />
Arten implementieren. Dabei ist grundsätzlich zwischen<br />
der Design-Time-Komponente und der Runtime-<br />
Komponente zu unterscheiden. Erstere übernimmt den<br />
eigentlichen Orchestrierungsprozess und wird außerhalb<br />
des Mobilgerätes durchgeführt. Die Runtime-Komponente<br />
dagegen managt unter anderem die Umschaltung<br />
zwischen den Apps auf dem Gerät gemäß dem erstellten<br />
Navigationsdesign und erlaubt die Inter-App-<br />
Kommunikation (siehe Bild 2).<br />
Die Design-Time-Komponente lässt sich beispielsweise<br />
als Eclipse-Modul oder <strong>in</strong> Form von Build-Skripten<br />
plattformunabhängig realisieren. Die Runtime-<br />
Komponente muss dagegen plattformspezifisch für das<br />
jeweilige Zielsystem implementiert werden. Primäre<br />
Zielplattform für den vorgestellten Prototypen ist Android.<br />
Dort bietet der Intent-Mechanismus e<strong>in</strong>e gute<br />
Grundlage für die Umsetzung des Orchestrierungskonzeptes<br />
durch gesteuerten App-Wechsel. Für IOS<br />
kann auf URL-Schemes zurückgegriffen werden und<br />
unter W<strong>in</strong>dows Phone auf die Launcher und Chooser,<br />
wobei hier aufgrund des Sandbox-Konzeptes E<strong>in</strong>schränkungen<br />
bestehen.<br />
2. APP-ORCHESTRIERUNG IN DER INSTANDHALTUNG<br />
Im folgenden Abschnitt wird e<strong>in</strong> Anwendungsbeispiel vorgestellt,<br />
<strong>in</strong> dem das Konzept der App-Orchestrierung prototypisch<br />
implementiert und anschließend evaluiert wurde.<br />
2.1 Szenario<br />
In dem gewählten Szenario aus der mobilen Instandhaltung<br />
[11] ist e<strong>in</strong> externer Dienstleister für die Wartung<br />
e<strong>in</strong>er automatisierten chemischen Anlage zuständig. E<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>samer Informationsraum auf Basis des L<strong>in</strong>ked-<br />
Data-Konzepts [5] enthält dabei die Planungsdaten, die<br />
Wartungs<strong>in</strong>formationen und die aktuellen Betriebsparameter<br />
der Anlage. Die von dem Dienstleister entsendeten<br />
Wartungstechniker haben dadurch Zugriff auf Informationen,<br />
die sie zur regelmäßigen Instandhaltung der Anlage<br />
benötigen. Der Zugriff erfolgt mit mobilen Endgeräten,<br />
sodass e<strong>in</strong> papierfreies Arbeiten ermöglicht wird.<br />
2.2 Aufgaben- und Arbeitsflussmodelle<br />
BILD 2: Runtime-Komponenten<br />
der App-Orchestrierung<br />
E<strong>in</strong>e Aufgabenanalyse mit Industriepartnern [12] hat<br />
zu dem <strong>in</strong> Bild 3 dargestellten hierarchischen Aufgabenmodell<br />
geführt. Das Ziel – Anlage warten – besteht<br />
dabei aus zwei Aktivitäten und e<strong>in</strong>em Teilziel, welches<br />
sich wieder <strong>in</strong> fünf Aktivitäten aufteilt. Dabei werden<br />
nur die tatsächlichen Arbeiten im Feld beachtet und<br />
vorbereitende sowie nachfolgende Tätigkeiten vernachlässigt.<br />
Die dazugehörigen Handlungspläne s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 1<br />
dargestellt. Nach Plan 0 muss sich der Wartungstechniker<br />
erst <strong>in</strong> der Anlage anmelden, bevor er die spezifizierten<br />
Geräte warten und e<strong>in</strong> <strong>in</strong>telligentes Durchflussmessgerät<br />
parametrieren darf. Plan 2 beschreibt den notwendigen<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
37
HAUPTBEITRAG<br />
BILD 4: Sequenzdiagramm<br />
des Navigationsdesigns<br />
BILD 3: Hierarchisches<br />
Aufgabenmodell des <strong>in</strong>dustriellen<br />
Wartungsszenarios [10]<br />
Handlungsplan Beschreibung<br />
Plan 0<br />
Führe 1 aus, danach (2 oder 3) <strong>in</strong> beliebiger Reihenfolge; Wiederhole 2 für jedes Gerät<br />
Plan 2 Führe 2.1 aus, danach (2.2 oder 2.3), danach (2.4 oder 2.5)<br />
TABELLE 1: Handlungsplanbeschreibung<br />
Ablauf, um e<strong>in</strong> bestimmtes Gerät zu warten: Zuerst muss<br />
die Aufgabenbeschreibung gelesen werden, um danach<br />
entweder das Gerät <strong>in</strong>spizieren oder reparieren zu können.<br />
Anschließend trägt der Wartungstechniker die Ergebnisse<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong> mobiles Unterstützungssystem e<strong>in</strong>, entweder durch<br />
die Auswahl e<strong>in</strong>es Elements aus e<strong>in</strong>er vorgegebenen Liste<br />
oder durch Nutzung e<strong>in</strong>er geeigneten E<strong>in</strong>gabemaske.<br />
Dieses Szenario wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er realitätsnahen Umgebung<br />
mit Geräten im <strong>in</strong>dustriellen Maßstab aufgebaut<br />
und besteht aus fünf Kontrollpunkten, die jeweils Wartungen<br />
oder Parametrierung nach dem vorgestellten<br />
Aufgabenmodell erfordern.<br />
2.3 Datenmodell<br />
Als Datenquelle wurden die Planungsdaten der Anlagenteile<br />
verwendet, die zuvor mithilfe des CAE-Systems Comos<br />
entworfen wurden. Diese Daten wurden nach e<strong>in</strong>em<br />
Transformationsschritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> L<strong>in</strong>ked-Data-Netzwerk e<strong>in</strong>gespeist,<br />
welches die Informationen zu den Wartungsaufgaben<br />
und Geräten enthält. Die Informationen über die<br />
Parametrierung der Geräte wurden zudem aus dem Prozessleitsystem<br />
Simatic PCS 7 extrahiert und als Simatic-<br />
PDM-Datei exportiert. Die dar<strong>in</strong> enthaltenden Informationen<br />
über den Parametersatz (<strong>in</strong>klusive Attributen wie Typ,<br />
E<strong>in</strong>heit, Standardwerte, mögliche E<strong>in</strong>gabewerte, M<strong>in</strong>ima<br />
und Maxima) wurden ebenfalls exportiert und mit den<br />
anderen Wartungs<strong>in</strong>formationen semantisch verknüpft.<br />
2.4 Referenzimplementierung<br />
Die Implementierung zu diesem Szenario enthält alle<br />
relevanten Aspekte des Select-Adapt-Manage-Konzepts<br />
der App-Orchestrierung (siehe Bild 1). Der Orchestrierungsprozess<br />
ist hierbei noch nicht automatisiert; die<br />
Orchestrierungsschritte wurden demnach manuell ausgeführt.<br />
Der App Pool besteht für das Szenario aus vier<br />
Generic Apps:<br />
LogOn App: zur Identifikation des Nutzers und Anmeldung<br />
im geme<strong>in</strong>samen Informationsraum der<br />
Virtual Factory<br />
Ma<strong>in</strong>tenance Support (MS) App: Bereitstellung von<br />
relevanten Informationen zu den Wartungsaufgaben<br />
und Möglichkeit, Resultate der Wartung zurückzuschreiben<br />
Device Manager (DM) App: zur Verwaltung und Parametrierung<br />
von <strong>in</strong>telligenten Feldgeräten.<br />
Neighborhood Browser (NB) App: zum Navigieren<br />
<strong>in</strong> der topologischen Struktur der Geräte, Rohre<br />
und Instrumentierungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er chemischen Anlage<br />
sowie <strong>in</strong> der technologischen Hierarchie [13]<br />
38<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
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Die Orchestrierung des mobilen Unterstützungssystems<br />
wurde <strong>in</strong> drei Schritten durchgeführt:<br />
1 | Das Aufgaben- und Arbeitsflussmodell wurde analysiert,<br />
um Informations- und Kommunikationsbedarfe<br />
zu identifizieren. Mit diesen Informationen<br />
konnten geeignete Apps aus dem App Pool<br />
gewählt werden, wobei hier drei Apps als notwendig<br />
für das Aufgabenmodell identifiziert wurden.<br />
Die LogOn App übernimmt das Anmelden <strong>in</strong> der<br />
Anlage. Die MS App unterstützt die Wartungsaufgaben<br />
an den Geräten und die DM App erlaubt die<br />
Parametrierung des Durchflussmessgeräts.<br />
2 | Die gewählten Generic Apps wurden an die spezifische<br />
Aufgabe angepasst, was unter anderem die Abstimmung<br />
auf den Formfaktor des Zielgeräts, auf das<br />
Corporate Design sowie die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der notwendigen<br />
Datenabfragen umfasst. Die Sparql-Abfragen<br />
wurden an die verwendete Ontologie angepasst.<br />
3 | Das Arbeitsflussmodell erlaubte das Ableiten e<strong>in</strong>es<br />
Navigationsdesigns für die drei Adapted Apps.<br />
Bild 4 zeigt die vier verschiedenen möglichen App-<br />
Wechsel. Dabei s<strong>in</strong>d die Transitionen (a) und (d), als<br />
Wechsel von und zur LogOn App, fest vorgegeben<br />
und die Transitionen (b) und (c), als Wechsel zwischen<br />
der MS App und der DM App, zu jeder Zeit<br />
zwischen Anmelden und Abmelden frei verfügbar.<br />
Die Referenzklasse für die<br />
Automatisierungstechnik<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist das Fachmagaz<strong>in</strong> für die Automatisierungstechnik.<br />
Die Qualität der wissenschaftlichen Hauptbeiträge<br />
sichert e<strong>in</strong> strenges Peer-Review-Verfahren. Bezug zur<br />
automatisierungstechnischen Praxis nehmen außerdem<br />
die kurzen Journalbeiträge aus der Fertigungs- und Prozessautomatisierung.<br />
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ideal für unterwegs, auf mobilen Endgeräten oder zum<br />
Archivieren.<br />
Wählen Sie e<strong>in</strong>fach das Bezugsangebot, das Ihnen zusagt:<br />
als Heft, ePaper oder Heft + ePaper!<br />
Die Transitionen (a) und (d) s<strong>in</strong>d automatische L<strong>in</strong>ks,<br />
die direkt nach der Anmeldung <strong>in</strong> der Anlage zu der MS<br />
App führen und dabei alle relevanten Informationen<br />
über den Nutzer, se<strong>in</strong>e Rolle und Rechte übertragen beziehungsweise<br />
nach Erledigung aller Wartungsaufgaben<br />
automatisch zur LogOn App zurückkehren, den Nutzer<br />
aus der Anlage abmelden und die Ergebnisse speichern.<br />
Im Gegensatz dazu lassen sich die Transitionen (b) und<br />
(c) jederzeit vom Nutzer aufrufen, um die Apps zu wechseln.<br />
Dabei werden relevante Informationen wie der aktuelle<br />
Po<strong>in</strong>t of Interest oder der Status der Aufgabe automatisch<br />
übertragen. Daher wurden diese beiden Apps<br />
im Adaptionsschritt um UI-Kontrollelemente für diese<br />
Inter-App-Verknüpfung ergänzt. Sie bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Kontextmenü, das manuell (durch Nutzere<strong>in</strong>gabe)<br />
und automatisch (orientiert an den Erfordernissen des<br />
Arbeitsflussmodells) e<strong>in</strong>geblendet werden kann.<br />
Somit hat die Orchestrierung zu e<strong>in</strong>em mobilen Unterstützungssystem<br />
geführt, das aus drei selbstständigen<br />
Apps besteht, die durch zwei Navigationspfade und<br />
e<strong>in</strong>en Inter-App-Informationsaustausch eng ane<strong>in</strong>ander<br />
gebunden wurden und sich ergänzen. Manuelle<br />
App-Wechsel s<strong>in</strong>d nicht notwendig.<br />
2.5 Evaluation<br />
Die Referenzimplementierung wurde e<strong>in</strong>er formativen<br />
Evaluation unterzogen. Als Erhebungs<strong>in</strong>strument wurde<br />
der SUS-Fragebogen (System Usability Scale) [14] gewählt,<br />
welcher zehn Aussagen enthält, die mittels e<strong>in</strong>er 10-Punkte-Likert-Skala<br />
bewertet werden. Das Ergebnis ist e<strong>in</strong><br />
Score zwischen 0 und 100. Um die SUS-Scores <strong>in</strong>terpretieren<br />
zu können, wurden sie auf der Bangor-Adjective-<br />
Skala [15] e<strong>in</strong>geordnet. Ziel der Evaluation war es, zu<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München
HAUPTBEITRAG<br />
BILD 5:<br />
Boxplot der<br />
SUS-Scores<br />
ID 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11<br />
Score 65,0 75,0 87,5 82,5 80,0 90,0 65,0 70,0 80,0 77,5 77,5<br />
TABELLE 2: SUS-Scores (S mean : 77,3; Median: 77,5; SD: 8,17; Range: 25)<br />
prüfen, ob der Prototyp unter Studenten der Ingenieurwissenschaften,<br />
welche e<strong>in</strong>e zukünftige Nutzergruppe repräsentieren,<br />
e<strong>in</strong>e Bewertung von m<strong>in</strong>destens „good“ erreicht.<br />
Abhängige Variable:<br />
S mean<br />
… Mittlerer SUS-Score aller Teilnehmer<br />
des Experiments<br />
Die folgenden Hypothesen wurden formuliert:<br />
H 0<br />
: S mean<br />
< S good<br />
H 1<br />
: S mean<br />
≥ S good<br />
H 0<br />
wird verworfen, wenn das mobile Unterstützungssystem<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en mittleren SUS-Score S good<br />
= 71,4<br />
erreicht (siehe [15]).<br />
Die Untersuchung wurde mit elf Studenten der Ingenieurwissenschaften<br />
(22 bis 31 Jahre) durchgeführt. Sie<br />
verfügen über technisches Vorwissen und haben Erfahrung<br />
im Umgang mit Computern und Mobilgeräten. In<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustrienahen Umgebung wurden mit dem System<br />
e<strong>in</strong>e Reihe vorgegebener Wartungsaufgaben bearbeitet<br />
(Details siehe [10]) und danach der SUS-Fragebogen ausgefüllt<br />
(Ergebnisse siehe Tabelle 2). Der Boxplot <strong>in</strong> Bild 5<br />
zeigt, dass mehr als 75 % der Ergebnisse über S good<br />
liegen.<br />
Um die Hypothesen zu prüfen, wurde e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiger<br />
t-Test durchgeführt. Auf dem gewählten Signifikanzniveau<br />
von α = 0,05 muss H 0<br />
zugunsten von H 1<br />
verworfen<br />
werden (Konfidenz<strong>in</strong>tervall 72,81 ≤ S < ∞). Folglich kann<br />
das System als „good” auf der Bangor-Adjective-Skala<br />
bezeichnet werden.<br />
FAZIT UND AUSBLICK<br />
Mit dem vorgestellten Konzept der App-Orchestrierung<br />
lassen sich mehrere spezialisierte Apps zu e<strong>in</strong>em kontextadaptierten<br />
und <strong>in</strong>tegrierten Navigationsdesign vere<strong>in</strong>en.<br />
Die Orchestrierung, bestehend aus e<strong>in</strong>em Select-,<br />
e<strong>in</strong>em Adapt- und e<strong>in</strong>em Manage-Schritt zur Entwurfszeit<br />
und e<strong>in</strong>er Management-Komponente zur Laufzeit<br />
ermöglicht es, vorgefertigte und auf Gebrauchstauglichkeit<br />
optimierte Apps für verschiedene komplexe Arbeitsprozesse<br />
wiederzuverwenden. Das entstehende Gesamtsystem<br />
kann komplexe Arbeitsprozesse <strong>in</strong> der Industrie<br />
mobil unterstützen.<br />
Der <strong>in</strong> der Evaluation des Prototyps erreichte Wert von<br />
„good“ auf der Bangor-Skala bedeutet, dass die Usability<br />
des getesteten Prototyps deutlich über dem <strong>in</strong> [15] beschriebenen<br />
Durchschnitt von 70 Punkten liegt. Dieses Ergebnis<br />
zeigt, dass durch das beschriebene Konzept der E<strong>in</strong>satz<br />
e<strong>in</strong>facher Apps für komplexe Aufgaben nicht nur möglich<br />
wird, sondern dass die Apps sich so auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gebrauchstauglichen<br />
Gesamtsystem vere<strong>in</strong>en lassen.<br />
E<strong>in</strong> wichtiger Faktor für die Effizienz der App-Orchestrierung<br />
ist der Grad der Automatisierung des Orchestrierungsprozesses<br />
zur Entwurfszeit, welcher abhängig<br />
von den verfügbaren Aufgaben-, Arbeitsfluss-, und Kontextmodellen<br />
ist. Diese müssen zum Teil erst entwickelt<br />
werden [1]; liegen sie jedoch beispielsweise als Teil von<br />
Bus<strong>in</strong>essprozessmodellen vor, ist e<strong>in</strong> hoher Grad an Automatisierung<br />
der Orchestrierung möglich.<br />
Die vorgestellte Realisierung im Rahmen der Instandhaltung<br />
ist nur e<strong>in</strong>e von verschiedenen möglichen Implementierungen<br />
des Konzeptes der App-Orchestrierung. Es<br />
kann ebenso von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen verwendet<br />
werden, um die Effizienz, Vernetzung und Wiederverwendung<br />
spezialisierter mobiler Werkzeuge zu erhöhen.<br />
Gegenwärtig wird der vorgestellte Ansatz weiter ausgebaut<br />
und <strong>in</strong> anderen <strong>in</strong>dustriellen Nutzungsszenarios<br />
evaluiert. Dabei werden der Automatisierungsgrad und<br />
die Komplexität des Navigationsdesigns stetig erhöht,<br />
um die Skalierbarkeit des Konzeptes zu untersuchen.<br />
DANKSAGUNG<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
12.11.2012<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Die diesem Beitrag zugrundeliegenden Arbeiten wurden<br />
teilweise im 7. Rahmenprogramm der Europäischen<br />
Union (FP7-284928 ComVantage) gefördert.<br />
40<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
REFERENZEN<br />
AUTOREN<br />
[1] Urbas, L.: Hard-, soft-, net- und socialware – Chancen<br />
und Herausforderungen für das useware-eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g.<br />
In: Tagungsband useware 2010, S. 3-14.<br />
Düsseldorf, VDI-Verlag 2010.<br />
[2] appsfire SAS, Infographic: iOS Apps vs. Web Apps,<br />
appsfire blog, 2011. http://blog.appsfire.com/<br />
<strong>in</strong>fographic-ios-apps-vs-web-apps<br />
[3] Kunze, S., Back, M.: Automation App Award.<br />
Elektrotechnik - Das Automatisierungs-Portal. Vogel<br />
Bus<strong>in</strong>ess Media, Oktober 2012. http://www.<br />
elektrotechnik.vogel.de/strategie-unternehmensfuehrung/articles/381562/<br />
[4] European Commission: Factories of the Future, Public<br />
Private Partnerships <strong>in</strong> research website, 2012.<br />
http://ec.europa.eu/research/<strong>in</strong>dustrial_technologies/factories-of-the-future_en.html<br />
[5] Graube, M., Pfeffer, J., Ziegler, J., Urbas, L.:<br />
Daten- und Werkzeug<strong>in</strong>tegration mit L<strong>in</strong>ked Data für<br />
die <strong>in</strong>dustrielle Datenverarbeitung. In: Tagungsband<br />
Automation 2012, S. 89-93. Düsseldorf, VDI-Verlag<br />
2012.<br />
[6] Pfeffer, J., Graube, M., Ziegler, J., Urbas, L.: E<strong>in</strong>fache<br />
Apps für komplexe Aufgaben. In: Tagungsband useware<br />
2012, S. 109-120. Düsseldorf, VDI-Verlag 2012.<br />
[7] FDI Cooperation: Field Device Integration Technology.<br />
Whitepaper 2012. http://www.fdi-cooperation.com/<br />
<strong>in</strong>dex.php/technology.html<br />
[8] Berners-Lee, T.: Design Issues – L<strong>in</strong>ked Data, W3C<br />
Website, 2006. http://www.w3.org/DesignIssues/<br />
L<strong>in</strong>kedData.html<br />
[9] W3C: SPARQL Query Language for RDF, W3C<br />
Recommendation, 2008. http://www.w3.org/TR/<br />
rdf-sparql-query/<br />
[10] Ziegler, J, Graube, M., Pfeffer, J., Urbas, L.: Beyond<br />
App-Cha<strong>in</strong><strong>in</strong>g: Mobile App Orchestration for Efficient<br />
Model Driven Software Generation. In: Proc. 17th Int.<br />
IEEE Conf. Emerg<strong>in</strong>g Technologies & Factory<br />
Automation (ETFA’12), 2012.<br />
[11] DIN 31051: Grundlagen der Instandhaltung, 2012.<br />
[12] Urbas, L., Pfeffer, J., Ziegler, J.: iLD-Apps: Usable<br />
Mobile Access to L<strong>in</strong>ked Data Clouds at the Shop Floor.<br />
In: Proc. Workshop Visual Interfaces to the Social and<br />
Semantic Web (VISSW 2011 at IUI 2011), 2011.<br />
http://ceur-ws.org/Vol-694/paper10.pdf<br />
[13] Pfeffer, J., Graube, M., Urbas, L.: Brows<strong>in</strong>g Reversible<br />
Neighborhood Relations <strong>in</strong> L<strong>in</strong>ked Data on Mobile<br />
Devices. In: Proc. 2nd Int. Conf. Pervasive Embedded<br />
Comput<strong>in</strong>g and Communication Systems (PECCS<br />
2012), S. 150-155. SciTePress 2012.<br />
[14] Brooke, J.: SUS – A quick and dirty usability scale. In:<br />
Jordan, P.W., Weerdmesster, B., Thomas, A.,<br />
Mclelland, I.L. (Hrsg.) Usability Evaluation <strong>in</strong><br />
Industry, S. 189-194. London, Taylor and Francis 1996.<br />
[15] Bangor, A., Miller, J., Kortum, P.: Determ<strong>in</strong><strong>in</strong>g What<br />
Individual SUS Scores Mean - Add<strong>in</strong>g an Adjective<br />
Rat<strong>in</strong>g Scale. Journal of Usability Studies 4 (3). S.<br />
114-123, 2009.<br />
Dipl.-Ing. JOHANNES PFEFFER (geb. 1982) ist seit Ende 2010<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden und dort im<br />
Bereich der Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Schnittstellen für die Prozessleittechnik<br />
tätig. Se<strong>in</strong>e Hauptforschungsgebiete s<strong>in</strong>d mobile<br />
Informationssysteme, besonders die Entwicklung und Evaluation<br />
gebrauchstauglicher Bedienoberflächen sowie die modellgetriebene<br />
Arbeitsunterstützung durch Mobilgeräte.<br />
TU Dresden,<br />
Institut für Automatisierungstechnik,<br />
D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 33 33 87,<br />
E-Mail: johannes.pfeffer@tu-dresden.de<br />
Dipl.-Ing. MARKUS GRAUBE (geb. 1985) ist seit Ende 2010 wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der TU Dresden und forscht dort im<br />
Bereich der Informationstechnologie. Besonderes Interesse gilt<br />
dabei der Problematik der Integration von <strong>in</strong>dustriellen Daten und<br />
von Aufgabenmodellen <strong>in</strong> der Prozess<strong>in</strong>dustrie mithilfe von<br />
semantischen Technologien.<br />
TU Dresden,<br />
Institut für Automatisierungstechnik,<br />
D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 33 33 87,<br />
E-Mail: markus.graube@tu-dresden.de<br />
Dipl.-Ing. JENS ZIEGLER (geb. 1982) ist seit Ende 2008 wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der TU Dresden und leitet dort seit 2010 die<br />
Arbeitsgruppe Mobile Informationssysteme. Se<strong>in</strong>e Hauptforschungsgebiete<br />
s<strong>in</strong>d mobile Informationssysteme, besonders <strong>in</strong> den Bereichen<br />
Aufgaben- und Kontextanalyse, Anforderungsspezifikation sowie der<br />
Entwicklung und Evaluation gebrauchstauglicher E<strong>in</strong>- und Ausgabegeräte<br />
für körpernahe verteilte Benutzungsschnittstellen.<br />
TU Dresden,<br />
Institut für Automatisierungstechnik,<br />
D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 34 23 67,<br />
E-Mail: jens.ziegler@tu-dresden.de<br />
Prof. Dr.-Ing. LEON URBAS (geb. 1965) ist Inhaber der Professur<br />
für Prozessleittechnik an der Technischen Universität Dresden.<br />
Se<strong>in</strong>e Hauptarbeitsgebiete beim Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g verteilter sicherheitskritischer<br />
Systeme s<strong>in</strong>d Funktions<strong>in</strong>tegration, modellgetriebenes<br />
Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g, Modularisierung, Informationsmodelle der Prozess<strong>in</strong>dustrie<br />
und Middleware <strong>in</strong> der Automatisierungstechnik. E<strong>in</strong>en<br />
weiteren Schwerpunkt bildet die Gebrauchstauglichkeit von<br />
mobilen Informationssystemen für die Prozess<strong>in</strong>dustrie, Analyse,<br />
Gestaltung und Bewertung von Alarmierungs- und Unterstützungssystemen<br />
sowie Methoden der Benutzermodellierung zur<br />
prospektiven Gestaltung von Mensch-Technik-Interaktion.<br />
TU Dresden,<br />
Institut für Automatisierungstechnik,<br />
D-01062 Dresden, Tel. +49 (0) 351 46 33 96 14,<br />
E-Mail: leon.urbas@tu-dresden.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
41
HAUPTBEITRAG<br />
Das Smartphone als<br />
universelles Diagnosegerät<br />
E<strong>in</strong> kundenzentriertes Konzept zur Fehlerdiagnose<br />
Die Fehlerdiagnose stellt e<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong> dar, die heute fast ausschließlich Fachkräften<br />
vorbehalten ist. Kaum e<strong>in</strong> Anwender kennt das detaillierte Innenleben e<strong>in</strong>es automatisierten<br />
Systems und die zugehörigen Diagnoseverfahren. Die Folge ist, dass Systeme mit<br />
leicht behebbaren Defekten entsorgt werden oder e<strong>in</strong> aufwendiger Wartungsprozess mit<br />
Anrufen bei diversen Service-Hotl<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Gang gesetzt werden muss. In diesem Beitrag<br />
wird e<strong>in</strong> Diagnosekonzept vorgestellt, welches sich ohne explizites Diagnosefachwissen<br />
anwenden lässt. Zentraler Bestandteil des Konzepts ist e<strong>in</strong> Smartphone, das mit e<strong>in</strong>er<br />
Diagnoseanwendung ausgestattet wird und damit als mobiles Diagnosegerät dient. E<strong>in</strong><br />
benutzerfreundliches Bedienkonzept und die Anb<strong>in</strong>dung an e<strong>in</strong>e zentrale Wissensbasis<br />
ermöglichen e<strong>in</strong>e anwendergerechte Diagnose. Zudem deckt das beschriebene Konzept<br />
die weitergehenden Schritte der Fehlerbehebung mit Hilfe <strong>in</strong>teraktiver Assistenzfunktionen<br />
ab, sodass das Diagnosegerät auch hierbei e<strong>in</strong>e größtmögliche Unterstützung bietet.<br />
SCHLAGWÖRTER Fehlerdiagnose / Fehlerbehebung / Benutzerfreundlichkeit /<br />
Assistenzfunktionen<br />
Us<strong>in</strong>g smart phones as a universal diagnostic tool –<br />
A user-friendly fault diagnosis concept<br />
Fault diagnosis is usually dealt with by experts. Ord<strong>in</strong>ary users rarely understand the detailed<br />
<strong>in</strong>ternal structure of an automated system and the associated diagnostic methods.<br />
The result is that systems which could easily be made to work aga<strong>in</strong> are either thrown away<br />
or an elaborate service process has to be started <strong>in</strong>volv<strong>in</strong>g calls to various service hotl<strong>in</strong>es.<br />
This paper presents a diagnosis approach for ord<strong>in</strong>ary users without diagnostic expertise.<br />
A commercially available smart phone equipped with a diagnostic application serves as a<br />
mobile diagnostic tool. An <strong>in</strong>tuitive user <strong>in</strong>terface concept and a connection to a central<br />
knowledge base enable user-friendly diagnosis. Further steps are described for <strong>in</strong>teractive<br />
troubleshoot<strong>in</strong>g, so that the diagnosis tool provides maximum support here too.<br />
KEYWORDS fault diagnosis / troubleshoot<strong>in</strong>g / usability<br />
42<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
ANDREAS FRIEDRICH, PETER GÖHNER, Universität Stuttgart<br />
Moderne automatisierte Systeme entwickeln<br />
sich ständig weiter, die an sie gestellten Anforderungen<br />
werden laufend größer. Dies<br />
führt dazu, dass die Komplexität solcher Systeme<br />
zunimmt, was sich auch auf das Gebiet<br />
der Fehlerdiagnose erschwerend auswirkt, also das Auff<strong>in</strong>den<br />
der Ursache von Fehlfunktionen. Kaum e<strong>in</strong> Anwender<br />
ist heute noch selbst <strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong>en aufgetretenen<br />
Fehler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em automatisierten System zu lokalisieren<br />
und diesen zu beheben. Der Anwender ist <strong>in</strong> der<br />
Regel mit der Bedienung e<strong>in</strong>es automatisierten Systems<br />
vertraut, nicht jedoch mit den Details zu dessen technischem<br />
Innenleben. Die Durchführung e<strong>in</strong>er erfolgreichen<br />
Fehlerdiagnose wird zudem durch die Benutzungsschnittstelle<br />
erschwert, da die Interaktion zwischen Anwender<br />
und System meist durch wenig verfügbare oder<br />
geeignete Bedien- und Anzeigeelemente begrenzt ist. Dies<br />
lässt ke<strong>in</strong>e detaillierte Aussage über Betriebszustände,<br />
erkannte Fehler oder Abweichungen vom Normalzustand<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für den Anwender verständlichen Weise zu.<br />
Die e<strong>in</strong>zige Alternative ist daher, Techniker mit der Fehlerdiagnose<br />
und Wartung zu beauftragen. Durch die steigende<br />
Komplexität der Systeme ist e<strong>in</strong> immer höheres Fachwissen<br />
nötig, welches von immer weniger Service-Technikern<br />
beherrscht wird. Deshalb nimmt der Mangel an entsprechenden<br />
Fachkräften bereits heute zu [1]. Der demografische<br />
Wandel <strong>in</strong> Deutschland verstärkt diesen Effekt, sodass sich<br />
der Mangel <strong>in</strong> den kommenden Jahren deutlich spürbar verschärfen<br />
wird. Die Anwender werden sich an Situationen<br />
gewöhnen müssen, wie sie von Arzt-Besuchen bekannt s<strong>in</strong>d:<br />
Um e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> bei e<strong>in</strong>em Service-Techniker zu erhalten,<br />
bedarf es mehrerer Wochen Wartezeit.<br />
Die Entwicklung e<strong>in</strong>es universellen Diagnosekonzepts<br />
kann diesen Problemen entgegenwirken. Das Hauptziel<br />
dieses Konzepts ist es, Anwendern ohne spezielles Wissen<br />
über Diagnoseverfahren und den exakten technischen<br />
Aufbau e<strong>in</strong>es Systems e<strong>in</strong>e selbstständige Durchführung<br />
von Wartungsarbeiten zu ermöglichen. Dies gilt<br />
für Produktautomatisierungssysteme, wie zum Beispiel<br />
Haushaltsgeräte im privaten Umfeld, und für <strong>in</strong>dustrietechnische<br />
Anlagen.<br />
1. HERAUSFORDERUNGEN IN DER FEHLERDIAGNOSE<br />
In der Automobilbranche ist der E<strong>in</strong>satz moderner Diagnoseverfahren<br />
weit vorangeschritten. Mit Hilfe universeller<br />
mobiler Diagnosegeräte können Informationen<br />
ausgelesen und entsprechende Änderungen am Fahrzeug<br />
vorgenommen werden. Nahezu jede Werkstatt setzt solche<br />
Geräte mittlerweile e<strong>in</strong>, ohne die e<strong>in</strong>e Diagnose<br />
kaum noch möglich wäre. In der Automatisierungstechnik<br />
h<strong>in</strong>gegen ist e<strong>in</strong> solcher universeller Diagnosestandard<br />
bislang nicht vorhanden. Viele Systeme besitzen<br />
ke<strong>in</strong>erlei <strong>in</strong>tegrierte Diagnosefunktionalität, andere Systeme<br />
verstecken diese h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er undurchschaubaren<br />
Benutzungsschnittstelle. So müssen teilweise mehrere<br />
Tasten parallel oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Reihenfolge<br />
gedrückt werden, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Diagnosemenü zu gelangen.<br />
Die Bedienung der Diagnoseprogramme ist dadurch erschwert,<br />
genauso wie die Auswertung der Ergebnisse:<br />
Da nur selten große Displays vorhanden s<strong>in</strong>d, um umfangreiche<br />
Diagnoseergebnisse darzustellen, muss die<br />
Ausgabe über e<strong>in</strong>zelne Signallampen oder 7-Segment-<br />
Anzeigen erfolgen. Die Zuordnung dieser Informationen<br />
ist ausschließlich durch Fachpersonal möglich oder mit<br />
großem E<strong>in</strong>arbeitungsaufwand verbunden.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Herausforderung <strong>in</strong> der Diagnose automatisierter<br />
Systeme ist die zur Verfügung stehende Rechenleistung:<br />
Aus Kostengründen ist die zentrale Steuerungse<strong>in</strong>heit<br />
so kle<strong>in</strong> dimensioniert, wie dies für den Anwendungszweck<br />
tatsächlich notwendig ist. Der Rechenaufwand<br />
für e<strong>in</strong>e vollständige Diagnose e<strong>in</strong>es automatisierten<br />
Systems ist <strong>in</strong> der Regel um e<strong>in</strong> Vielfaches größer, als dies<br />
für den normalen Betrieb der Fall ist. Hier s<strong>in</strong>d für die<br />
Durchführung der Diagnose also zusätzliche Rechenkapazitäten<br />
nötig, die dauerhaft oder im Bedarfsfall flexibel<br />
zur Verfügung gestellt werden müssen.<br />
E<strong>in</strong> weiteres Problem stellen veraltete Informationen dar:<br />
Die Handbücher sowie sämtliche Software- und Diagnoseprogramme<br />
s<strong>in</strong>d auf dem Stand des Auslieferungszeitpunktes.<br />
Spätere Erkenntnisse des Herstellers und darauf aufbauende<br />
Schlussfolgerungen werden bei e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> das System<br />
<strong>in</strong>tegrierten Fehlerdiagnose nicht berücksichtigt, was zur<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
43
HAUPTBEITRAG<br />
Folge hat, dass die Fehlererkennungsrate schlechter ausfällt,<br />
als dies mit aktuellem technischen Wissen möglich wäre.<br />
Hier wäre e<strong>in</strong>e Zugriffsmöglichkeit auf e<strong>in</strong>e Wissensbasis<br />
mit tagesaktuellen Informationen also zielführender.<br />
2. MOBILES DIAGNOSEKONZEPT<br />
Die genannten Herausforderungen bei der Diagnose von<br />
automatisierten Systemen sollen durch den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es<br />
neuartigen Diagnosekonzepts berücksichtigt werden.<br />
Zentraler Bestandteil des Konzepts ist e<strong>in</strong> universelles<br />
mobiles Diagnosegerät. Es stellt die notwendige Rechenleistung<br />
zur Verfügung und wird über e<strong>in</strong>e Schnittstelle<br />
an das automatisierte System angebunden (siehe Bild 1).<br />
Das mobile Diagnosegerät besitzt e<strong>in</strong>e Benutzungsschnittstelle,<br />
über die der Anwender E<strong>in</strong>gaben tätigt und<br />
über welches Resultate des Diagnosevorgangs zurückgemeldet<br />
werden. Außerdem besitzt das mobile Diagnosegerät<br />
e<strong>in</strong>e weitere Schnittstelle zu e<strong>in</strong>er zentralen Wissensbasis,<br />
die <strong>in</strong> räumlicher Nähe oder auch im Internet<br />
beheimatet se<strong>in</strong> kann, ähnlich dem <strong>in</strong> [2] vorgestellten<br />
Konzept. Das bedarfsorientierte Nachladen von Daten<br />
ermöglicht e<strong>in</strong>e Diagnose mit tagesaktuellen Informationen.<br />
Nicht vorhandene Daten über den Systemaufbau,<br />
passende Diagnoseprogramme, Fehlerlisten, berechnete<br />
Fehlerraten [3] und mehr können nachgeladen und müssen<br />
nicht permanent <strong>in</strong> allen Varianten für alle Systeme<br />
auf dem Diagnosegerät vorgehalten werden.<br />
Damit das mobile Diagnosegerät mit dem automatisierten<br />
System e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung aufbauen kann, braucht das<br />
zu diagnostizierende System e<strong>in</strong>e externe Schnittstelle<br />
(Interface). Über diese Schnittstelle werden sämtliche<br />
für die Diagnose relevanten Daten bereitgestellt und Befehle<br />
entgegengenommen. Sofern die Diagnosefunktionalität<br />
vollständig auf dem externen mobilen Diagnosegerät<br />
abläuft, s<strong>in</strong>d neben der Diagnoseschnittstelle ke<strong>in</strong>e<br />
weiteren Anforderungen an die Hardware des automatisierten<br />
Systems gegeben. Sollte aus strategischen Gründen<br />
e<strong>in</strong> Teil der Diagnosefunktionalität direkt auf dem<br />
automatisierten System ablaufen, ist zusätzliche Rechenkapazität<br />
und Hardware erforderlich, zum Beispiel,<br />
wenn Daten unter starken Echtzeitanforderungen verarbeitet<br />
werden müssen. Grundsätzlich wird <strong>in</strong> diesem<br />
Diagnosekonzept jedoch das Ziel verfolgt, möglichst<br />
wenig Änderungen an der Hardware des automatisierten<br />
Systems vornehmen zu müssen, um die Kosten und den<br />
Aufwand auf e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>imalen Niveau zu halten.<br />
Durch die Zielvorgabe, dass die Diagnose nicht nur von<br />
Fachpersonal, sondern auch vom klassischen Anwender<br />
durchgeführt wird, ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tuitives Bedienkonzept [4]<br />
erforderlich. Dies be<strong>in</strong>haltet unter anderem, dass für den<br />
Anwender s<strong>in</strong>nvolle Ergebnisse herausgefiltert und nur<br />
diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geeigneten Form ausgegeben werden. Dabei<br />
muss der Fehler so exakt wie möglich benannt werden.<br />
Intelligente Diagnoseprogramme s<strong>in</strong>d dazu nötig, die automatisiert<br />
ablaufen und als Resultat konkrete Ergebnisse<br />
liefern, wie beispielsweise den Defekt e<strong>in</strong>es Bauteils.<br />
E<strong>in</strong>e Auswahl der großen Anzahl von Verfahren, die e<strong>in</strong>en<br />
Fehler genau e<strong>in</strong>grenzen können, wird <strong>in</strong> [5] beschrieben.<br />
Durch gezielte Ansteuerung von Aktoren sowie<br />
direktes Auslesen der im automatisierten System<br />
enthaltenen Sensoren können Informationen über die<br />
korrekte Funktionsweise der beteiligten Bauteile gewonnen<br />
werden. Softwareprozesse <strong>in</strong>nerhalb des Systems<br />
können durch Steuerbefehle ebenfalls vom Diagnoseprozess<br />
angestoßen und die resultierenden Ergebnisse weiterverarbeitet<br />
werden (die auftretenden Datenflüsse s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> Bild 2 abgebildet). Im Idealfall besitzt das automatisierte<br />
System e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tegrierten Fehlerspeicher, <strong>in</strong> dem<br />
während der gesamten Betriebszeit Unregelmäßigkeiten<br />
dokumentiert werden. Durch das Auslesen des Fehlerspeichers<br />
stehen zusätzliche Informationen für den Fehlerlokalisationsprozess<br />
zur Verfügung. Jeder erkannte<br />
Fehler wird nach der erfolgreichen Lokalisierung e<strong>in</strong>er<br />
Fehlerklasse zugeordnet (siehe Tabelle 1).<br />
Neben der Fehlerdiagnose wird im Rahmen dieses Konzepts<br />
auch der weitere Fehlerbehebungsprozess betrachtet<br />
und aktiv unterstützt. Je nach identifizierter Fehlerklasse<br />
sieht der Fehlerbehebungsprozess unterschiedlich aus. Bei<br />
Fehlern der Klasse 1 kann das Diagnosegerät zunächst versuchen,<br />
den Fehler vollautomatisiert selbst zu lösen. E<strong>in</strong>e<br />
erkannte Verschmutzung e<strong>in</strong>es Leitungssystems könnte<br />
beispielsweise durch e<strong>in</strong>en Spülvorgang selbstständig beseitigt<br />
werden. Tritt e<strong>in</strong> Fehler der Klasse 2 auf, ist e<strong>in</strong><br />
manueller E<strong>in</strong>griff des Anwenders <strong>in</strong> das System nötig.<br />
Dabei wird er mit Hilfe <strong>in</strong>teraktiver Assistenzfunktionen<br />
durch den E<strong>in</strong>griff geführt und weitestgehend unterstützt.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist die manuelle Re<strong>in</strong>igung e<strong>in</strong>es Filters<br />
von groben Schmutzpartikeln oder das Überprüfen e<strong>in</strong>er<br />
Wasserzuleitung. Wird e<strong>in</strong> Fehler der Klasse 3 gemeldet,<br />
wurde e<strong>in</strong> Defekt e<strong>in</strong>er austauschbaren Systemkomponente<br />
festgestellt. In diesem Fall kann über das mobile Diagnosegerät<br />
direkt e<strong>in</strong> passendes Ersatzteil beim Hersteller<br />
bestellt werden. Hier entfällt also e<strong>in</strong> aufwendiger Bestellprozess<br />
mit Kontaktaufnahme zu e<strong>in</strong>em Händler. Der E<strong>in</strong>bau<br />
des Ersatzteils kann dann mit Hilfe e<strong>in</strong>er mitgelieferten<br />
ausführlichen E<strong>in</strong>bauanleitung erfolgen, alternativ auch<br />
über e<strong>in</strong>e im Diagnosegerät enthalte <strong>in</strong>teraktive Assistenzfunktion.<br />
Fehler der Klasse 4 s<strong>in</strong>d ohne geschulte Wartungskräfte<br />
nicht zu beheben. In diesem Fall muss also e<strong>in</strong><br />
Techniker mit der Problemlösung beauftragt werden. In<br />
e<strong>in</strong>em ersten Schritt werden hierfür auf dem Diagnosegerät<br />
die Kontaktdaten von Servicetechnikern angezeigt, die sich<br />
mit dem passenden System auskennen und den Fehler beheben<br />
können. Nach der Auswahl e<strong>in</strong>er Firma wird e<strong>in</strong><br />
detailliertes Fehlerprotokoll erzeugt, welches die bereits<br />
gewonnenen Informationen enthält, <strong>in</strong>klusive eventuell<br />
benötigter Ersatzteile. Diese Daten werden direkt dem ausgewählten<br />
Servicetechniker übertragen. Sowohl für den<br />
Anwender als auch für den Techniker bietet dies Vorteile:<br />
Dem Anwender bleiben zeitraubende Gespräche mit Service-Hotl<strong>in</strong>es<br />
erspart und der Techniker kann sich bestmöglich<br />
auf se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz vorbereiten. Fehler der Klasse<br />
5 signalisieren, dass e<strong>in</strong>e Reparatur nicht mehr unter wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten durchführbar ist. Diese Aussage<br />
muss ausführlich begründet werden, um ihre Glaubhaftigkeit<br />
zu unterstreichen.<br />
3. SMARTPHONE ALS UNIVERSELLES DIAGNOSEGERÄT<br />
Um das genannte Diagnosekonzept umsetzen zu können,<br />
musste zunächst e<strong>in</strong> passendes mobiles Diagnosegerät<br />
konzipiert werden. Wie <strong>in</strong> der Automobilbranche üblich,<br />
könnte e<strong>in</strong>e spezielle Hardware-Lösung entwickelt wer-<br />
44<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Automatisiertes System<br />
Mobiles Diagnosegerät<br />
Technischer Prozess<br />
µC Speicher<br />
Benutzungsschnittstelle<br />
Benutzungsschnittstelle<br />
Steuerung<br />
externes<br />
Interface<br />
Diagnose<br />
Fehler -<br />
behebung<br />
Betriebssystem<br />
Software<br />
externes<br />
Interface<br />
Wartung<br />
Update<br />
Zentrale Datenbank<br />
Gerätedaten<br />
Diagnosedaten<br />
Fehlerbehebungsdaten<br />
Bedienungsanleitungen<br />
Technikerdaten<br />
Firmwaredaten<br />
Funktionsdaten<br />
(im Netzwerk / Internet)<br />
Anwender<br />
BILD 1: Systemaufbau<br />
des Diagnose-Konzepts<br />
Automatisiertes System<br />
Rückmeldungen<br />
Sensorsignale<br />
Aktorsignale<br />
Fehlerspeicher<br />
Steuerbefehle<br />
Diagnose<br />
Wartung<br />
Software (Mobiles Diagnosegerät)<br />
Fehlerbehebung<br />
Update<br />
Service -<br />
anweisungen<br />
Serviceergebnisse<br />
Fehlerbehebungsmaßnahmen<br />
Anwender<br />
(Servicetätigkeiten)<br />
BILD 2: Auftretende<br />
Datenflüsse, die im<br />
Rahmen der<br />
Servicetätigkeiten<br />
verarbeitet werden.<br />
Geräte-&<br />
Funktionsdaten<br />
Interaktive<br />
Bedienungsanleitungen<br />
Fehler- &<br />
Diagnosedaten<br />
Firmwaredaten<br />
Technikerdaten<br />
Zentrale Datenbank<br />
Hersteller,<br />
Servicetechniker<br />
Fehlerklasse<br />
Fehlerart<br />
1 Der Fehler kann möglicherweise vom Diagnosesystem selbst behoben werden.<br />
2 Der Fehler kann nur durch e<strong>in</strong>en manuellen E<strong>in</strong>griff des Anwenders behoben werden.<br />
3 Der Fehler kann durch den Austausch e<strong>in</strong>es oder mehrerer Ersatzteile behoben werden.<br />
4 Der Fehler kann ausschließlich von e<strong>in</strong>em Service-Techniker behoben werden.<br />
5 E<strong>in</strong>e Fehlerbehebung ist wirtschaftlich nicht durchführbar.<br />
TABELLE 1: Fehlerklassen im Diagnosekonzept<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
45
HAUPTBEITRAG<br />
den, die die gewünschten Anforderungen abdeckt. Das<br />
Ergebnis wäre e<strong>in</strong> universelles Diagnosegerät, was jedoch<br />
e<strong>in</strong>en teuren Entwicklungsprozess und damit e<strong>in</strong>en<br />
hohen Stückpreis zur Folge hätte. E<strong>in</strong>e günstigere<br />
Alternative bietet der Ansatz, bestehende mobile Computersysteme<br />
zu analysieren und auf deren Eignung als<br />
mobiles Diagnosegerät zu untersuchen. E<strong>in</strong>ige Hersteller<br />
setzen heute auf Diagnose-Software, die auf e<strong>in</strong>em Laptop<br />
<strong>in</strong>stalliert ist und beim Kunden vor Ort e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wird. Der E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es Laptops als mobiles Diagnosegerät<br />
wäre bei dem oben beschrieben Diagnoseverfahren<br />
auch möglich, das Konzept würde sich jedoch nicht <strong>in</strong><br />
allen Punkten – Mobilität, Bedienkonzepte und Schnittstellenvielfalt<br />
– umsetzen lassen. Als beste Hardwareplattform<br />
für das vorgestellte Diagnosekonzept hat<br />
sich das Smartphone herausgestellt.<br />
Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong> Mobiltelefon, das aus<br />
funktioneller Sicht e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Computer darstellt. Die<br />
Möglichkeit des Telefonierens spielt nur noch e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />
Rolle; das Smartphone kann durch zahlreiche<br />
Anwendungen (Apps) erweitert und an die eigenen<br />
Bedürfnisse angepasst werden. Smartphones enthalten<br />
von Grund auf e<strong>in</strong>e große Anzahl an Sensoren und Aktoren,<br />
die sich für vielfältige Anwendungszwecke nutzen<br />
lassen. Zentraler Bestandteil ist e<strong>in</strong> großes berührungsempf<strong>in</strong>dliches<br />
Farbdisplay, auf welchem durch<br />
F<strong>in</strong>gerbewegungen E<strong>in</strong>gaben getätigt werden können.<br />
Diverse Lautsprecher und e<strong>in</strong>gebaute Mikrofone lassen<br />
auch andere Modalitäten <strong>in</strong> der Bedienung zu, beispielsweise<br />
e<strong>in</strong>e Steuerung über Sprache<strong>in</strong>gabe, die besonders<br />
im Rahmen von Wartungstätigkeiten, wenn beide Hände<br />
für die Arbeiten benötigt werden, hilfreich ist. Smartphones<br />
bieten e<strong>in</strong>e Reihe an Schnittstellen, die sich dazu<br />
eignen, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung mit dem automatisierten System<br />
aufzubauen. Davon s<strong>in</strong>d besonders die Funktechnologien<br />
wie WLAN, Bluetooth oder NFC (Near Field Communication)<br />
[6] <strong>in</strong>teressant, die e<strong>in</strong>en flexiblen mobilen<br />
E<strong>in</strong>satz des Smartphones ermöglichen.<br />
Der E<strong>in</strong>satz von NFC-Technologie br<strong>in</strong>gt zudem weitere<br />
Möglichkeiten mit sich: So können <strong>in</strong>telligente Typenschilder<br />
am automatisierten System angebracht werden,<br />
die e<strong>in</strong> NFC-Tag enthalten. Bewegt sich e<strong>in</strong> angeschaltetes<br />
Smartphone <strong>in</strong> die Nähe e<strong>in</strong>es solchen Tags, wird<br />
automatisch e<strong>in</strong>e Diagnoseanwendung geöffnet und e<strong>in</strong>e<br />
Verb<strong>in</strong>dung zum gewünschten System hergestellt. Der<br />
Anwender muss sich dadurch ke<strong>in</strong>e Gedanken um die<br />
Auswahl der richtigen Anwendung und Details zur Verb<strong>in</strong>dungsherstellung<br />
machen. Geräte ohne NFC-Technologie<br />
müssen dennoch nicht auf diesen Komfort verzichten:<br />
Über e<strong>in</strong>en optischen QR- oder DataMatrix-Code, der<br />
auf dem Typenschild ebenfalls angebracht ist, kann mit<br />
der <strong>in</strong> Smartphones fast immer enthaltenen Kamera e<strong>in</strong><br />
ähnlicher Vorgang <strong>in</strong>itiiert werden.<br />
Das Smartphone bietet also die ideale Grundlage für<br />
e<strong>in</strong> modernes, flexibles Diagnosegerät zur Umsetzung<br />
des vorgestellten Konzepts. Die Diagnosefunktionalität<br />
kommt <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Smartphone-Anwendung (App)<br />
auf das Gerät. Der Hersteller kann diese Anwendung<br />
kostenfrei zur Verfügung stellen oder diese als zusätzliche<br />
Service-Leistung über die bereits existieren App-<br />
Stores verkaufen. Sie kann speziell auf e<strong>in</strong> bestimmtes<br />
zu diagnostizierendes System ausgelegt se<strong>in</strong> oder auch<br />
als universelle Diagnoseanwendung auf mehrere Systeme<br />
e<strong>in</strong>es Herstellers. Durch die Verb<strong>in</strong>dung zum Internet,<br />
die bei nahezu allen Smartphones ständig vorhanden<br />
ist, können gerätespezifische Daten bei Bedarf nachgeladen<br />
werden. Auch die automatische Bestellung von<br />
Ersatzteilen oder das Versenden e<strong>in</strong>es Service-Auftrags<br />
an e<strong>in</strong>en Wartungstechniker kann über das Internet bequem<br />
durchgeführt werden (siehe Bild 3).<br />
Die Verbreitung von Smartphones ist e<strong>in</strong> weiteres Argument,<br />
welches für den E<strong>in</strong>satz als Diagnosegerät<br />
Datenkommunikation:<br />
Geräte-Identifikation<br />
Steuer-& Sensordaten<br />
Diagnose-Daten<br />
Bedienung:<br />
Anzeige von Ergebnissen<br />
Bedienung per F<strong>in</strong>ger<br />
Sprache<strong>in</strong>-/ausgabe<br />
Anwenderrückmeldungen<br />
Automatisiertes<br />
System<br />
mit Diagnoseschnittstelle<br />
Smartphone<br />
Anwender<br />
(Person ohne<br />
Fachwissen)<br />
Wartungstechniker<br />
Gerätedaten<br />
Diagnosedaten<br />
Fehlerbehebungsdaten<br />
Bedienungsanleitungen<br />
Technikerdaten<br />
Firmwaredaten<br />
Funktionsdaten<br />
Zentrale Datenbank<br />
(Wissensbasis)<br />
Hersteller<br />
BILD 3:<br />
Datenkommunikation<br />
bei der Smartphonebasierten<br />
Diagnose<br />
46<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
spricht: So ist die Hardware heute <strong>in</strong> vielen Haushalten<br />
bereits verfügbar und muss nicht extra gekauft werden.<br />
Laut [7] besitzen heute bereits mehr als 50% der unter<br />
30-Jährigen e<strong>in</strong> Smartphone, der Trend geht stark nach<br />
oben. Die Rechenleistung aktueller Geräte muss sich<br />
nicht h<strong>in</strong>ter gewöhnlichen PC-Systemen verstecken. Mit<br />
teilweise 4 Prozessorkernen und hohen Taktraten ist die<br />
Leistungsfähigkeit selbst für größere Rechenoperationen<br />
ausreichend. Doch auch <strong>in</strong> diesem Punkt gibt es nach<br />
oben ke<strong>in</strong>e Grenze. Durch das Cloud-Comput<strong>in</strong>g-Pr<strong>in</strong>zip<br />
Infrastructure as a Service [8] können sehr rechen<strong>in</strong>tensive<br />
Prozesse an zentrale Server ausgelagert werden. Die<br />
dafür nötigen Voraussetzungen br<strong>in</strong>gen alle gängigen<br />
Smartphones vom Werk aus mit.<br />
Der Preis <strong>in</strong> der Anschaffung e<strong>in</strong>es Diagnosegeräts ist<br />
letztlich auch ausschlaggebend, ob e<strong>in</strong> solches Konzept<br />
e<strong>in</strong>e Chance auf dem Markt hat. Selbst wer bisher noch<br />
ke<strong>in</strong> Smartphone besitzt, kann von den günstigen Preisen<br />
dank der Massenproduktion profitieren. Spezielle Diagnosegeräte<br />
mit vergleichbarer Funktionalität wären um e<strong>in</strong><br />
Vielfaches teurer und auf die Funktionalität der Diagnose<br />
beschränkt. Wer e<strong>in</strong> aktuelles Smartphone besitzt, muss<br />
nur noch die passende App herunterladen, vorausgesetzt,<br />
das automatisierte System bietet e<strong>in</strong>e entsprechende Diagnoseschnittstelle.<br />
Der Aufwand zur Integration e<strong>in</strong>er<br />
solchen Diagnoseschnittstelle hält sich für den Hersteller<br />
<strong>in</strong> Grenzen, im Idealfall beschränkt sich die Arbeit auf<br />
ger<strong>in</strong>ge Software-Anpassungen zur Weiterleitung der gewünschten<br />
Daten von und zu e<strong>in</strong>er externen Schnittstelle.<br />
Das Thema Sicherheit wird im Rahmen von Cloud<br />
Comput<strong>in</strong>g und Vernetzung öfters angesprochen. Das<br />
vorgestellte Diagnosekonzept hat den Vorteil, dass das<br />
automatisierte System nicht direkt mit dem Netzwerk<br />
oder Internet verbunden ist. Stattdessen stellt das Smartphone<br />
die Verb<strong>in</strong>dung während des Diagnosevorgangs<br />
als Zwischenglied her und vermittelt nur diejenigen Informationen,<br />
die für den Diagnosevorgang notwendig<br />
s<strong>in</strong>d. Je nach Auswahl der Funktechnologie muss der<br />
Anwender bis auf 5 cm an das System herantreten, um<br />
die Verb<strong>in</strong>dung herzustellen. Der Zugriff Unbefugter ist<br />
<strong>in</strong> diesem Fall also nahezu unmöglich.<br />
4. MÖGLICHE NEUE BEDIENKONZEPTE<br />
Neben der gesamten Diagnosefunktionalität stehen beim<br />
E<strong>in</strong>satz dieses Konzepts e<strong>in</strong>e Reihe weiterer E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />
offen: Durch die Verb<strong>in</strong>dung zwischen automatisiertem<br />
System und Smartphone kann das Mobiltelefon<br />
auch als flexibles Bediengerät genutzt werden. Dies<br />
ermöglicht e<strong>in</strong>e Vielfalt an neuen Interaktionsmöglichkeiten.<br />
E<strong>in</strong>erseits ist <strong>in</strong> den meisten Fällen e<strong>in</strong> deutlich<br />
größeres Anzeigedisplay vorhanden, auf dem zusätzliche<br />
Informationen dargestellt werden können. E<strong>in</strong>e Steuerung<br />
per Sprache<strong>in</strong>gabe, die Bedienung durch Gesten<br />
oder die Verwendung des Neigungssensors im Smartphone<br />
s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige der neuen Interaktionsmöglichkeiten.<br />
Zudem kann das automatisierte System Nachrichten,<br />
zum Beispiel über den aktuellen Betriebszustand, an den<br />
Anwender senden, der zeitnah darauf reagieren kann.<br />
Auch das Konfigurieren von Systemen stellt oft e<strong>in</strong>e<br />
große Herausforderung dar. Viele Optionen überfordern<br />
den Anwender, da die E<strong>in</strong>stellmöglichkeiten aufgrund<br />
begrenzter Displaygrößen nicht ausreichend genau erklärt<br />
s<strong>in</strong>d. Auf dem Smartphone lassen sich durch den<br />
größeren Bildschirm zusätzliche erklärende Texte darstellen,<br />
die jede Option kurz beschreiben. Weitergehende<br />
Hilfeangebote können mit e<strong>in</strong>em Klick erreicht werden.<br />
Modelle zum flexiblen Firmware-Update s<strong>in</strong>d durch<br />
den E<strong>in</strong>satz von Smartphones ebenfalls denkbar: Da der<br />
Anteil an Software <strong>in</strong> heutigen automatisierten Systemen<br />
immer weiter zunimmt, besteht hier die Möglichkeit,<br />
diesen Teil auf e<strong>in</strong>en neueren Stand zu br<strong>in</strong>gen. Aktuell<br />
scheitert dies meist an e<strong>in</strong>er fehlenden Internetverb<strong>in</strong>dung,<br />
die nicht vorhanden oder auch nicht gewollt ist.<br />
Das Smartphone stellt diese fehlende Komponente zur<br />
Verfügung, es lädt e<strong>in</strong>en neuen Softwarestand herunter<br />
und überspielt diesen unter Berücksichtigung aktueller<br />
Sicherheitsstandards auf das gewünschte System.<br />
Im Home-Enterta<strong>in</strong>ment-Bereich s<strong>in</strong>d solche Konzepte<br />
heute schon gängig. Der Fernseher oder die Beleuchtung<br />
zu Hause lassen sich bereits mit dem Smartphone<br />
steuern und konfigurieren. In der Automatisierungstechnik<br />
ist dieser Schritt längst überfällig.<br />
5. PROTOTYPISCHE REALISIERUNG DES KONZEPTS<br />
Am Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik<br />
wurde das beschriebene Konzept bereits an zwei Demonstratoren<br />
prototypisch umgesetzt. E<strong>in</strong> handelsüblicher<br />
Waschtrockner wurde mit e<strong>in</strong>er Diagnoseschnittstelle<br />
auf WLAN-Basis erweitert, die den Zugriff auf die<br />
im System enthaltenen Sensoren und Aktoren im Rahmen<br />
der Diagnose ermöglicht. Mit e<strong>in</strong>em Smartphone<br />
und der passenden darauf laufenden Anwendung kann<br />
nun e<strong>in</strong>e vollständige Diagnose des Waschtrockners<br />
durchgeführt werden. E<strong>in</strong> Teil der Diagnosefunktionalität<br />
wird direkt vom Smartphone aus gesteuert, e<strong>in</strong> anderer<br />
Teil wird <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er separaten Diagnose-Software-Komponente<br />
vom Smartphone auf den Waschtrockner<br />
übertragen, wo diese im Anschluss ausgeführt<br />
wird. Künstliche <strong>in</strong> den Waschtrockner e<strong>in</strong>gebaute<br />
Hardware-Fehler werden von der Diagnosesoftware zuverlässig<br />
erkannt und geeignete Schritte zur Fehlerbehebung<br />
auf dem Smartphone-Display angezeigt.<br />
Das Konzept wurde ebenfalls bei e<strong>in</strong>em am Markt erhältlichen<br />
Kaffeevollautomat angewandt. Der Kaffeevollautomat<br />
hatte den entscheidenden Vorteil, dass er bereits<br />
über e<strong>in</strong>e auf CAN basierende Diagnoseschnittstelle<br />
verfügte. So musste hardwareseitig lediglich e<strong>in</strong> Adaptermodul<br />
entwickelt werden, welches e<strong>in</strong>e drahtlose<br />
Kommunikation mit dem Diagnose-CAN-Bus erlaubt.<br />
Über e<strong>in</strong>e entwickelte Smartphone-Software ist es möglich,<br />
e<strong>in</strong>e Fehlerdiagnose der Kaffeemasch<strong>in</strong>e vom Mobiltelefon<br />
aus durchzuführen. Zudem wurde hier e<strong>in</strong>e<br />
weitere Anwendung entwickelt, die auch die Bedienung<br />
der Kaffeemasch<strong>in</strong>e zulässt. So kann e<strong>in</strong> Kaffee mit den<br />
gewünschten Parametern nun bequem vom Handy angefordert<br />
werden. Durch e<strong>in</strong>e im Smartphone enthaltene<br />
Spracherkennungsfunktion kann der Kaffee auf Wunsch<br />
verbal bestellt werden. Selbst unscharfe Aussagen, wie<br />
„ich möchte e<strong>in</strong>en großen lauwarmen Milchkaffee“ können<br />
durch <strong>in</strong> der Software h<strong>in</strong>terlegte Mechanismen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e konkrete Anweisung umgesetzt werden, die per<br />
Funk an die Kaffeemasch<strong>in</strong>e übertragen wird.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
47
HAUPTBEITRAG<br />
FAZIT<br />
Mit diesem neuartigen Diagnosekonzept ist es Anwendern<br />
möglich, e<strong>in</strong>e Fehlerdiagnose und -behebung eigenständig<br />
durchzuführen. Der E<strong>in</strong>satz von Smartphones aus dem<br />
Bereich der Consumer Electronics ergibt e<strong>in</strong>e kostengünstige<br />
Lösung, die ohne weitere teure Hardware auskommt<br />
[9]. Auf Seite der zu diagnostizierenden automatisierten<br />
Systeme s<strong>in</strong>d nur ger<strong>in</strong>ge Änderungen notwendig, die sich<br />
neben dem E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er geeigneten Hardwareschnittstelle<br />
größtenteils auf Softwareanpassungen beschränken.<br />
Herausforderungen ergeben sich noch <strong>in</strong> der Entwicklung<br />
der Diagnoseanwendungen unter anderem dadurch,<br />
dass zahlreiche Smartphone-Betriebssysteme auf dem<br />
Markt vorhanden s<strong>in</strong>d, für die jeweils eigenständige Anwendungen<br />
entwickelt werden müssen. So müsste derzeit<br />
jede Diagnose-Anwendung für Apples IOS und Googles<br />
Android entwickelt werden, um 85% der Smartphone-<br />
Besitzer zu erreichen [10]. Um hier die Entwicklungsarbeit<br />
aus Sicht der Hersteller zu m<strong>in</strong>imieren, werden am Institut<br />
für Automatisierungs- und Softwaretechnik der Universität<br />
Stuttgart Forschungsarbeiten durchgeführt, um<br />
solche Diagnose-Anwendungen über e<strong>in</strong> Art Baukasten-<br />
Pr<strong>in</strong>zip plattformübergreifend erstellen zu lassen. Durch<br />
e<strong>in</strong>en hohen Grad an Wiederverwendung und komponentenbasierter<br />
Entwicklung muss nicht für jedes System<br />
e<strong>in</strong>e vollständig neue Anwendung entworfen werden.<br />
Für Anwender und Hersteller gilt es, Aufwand und<br />
Kosten durch die E<strong>in</strong>führung des Diagnosekonzepts so<br />
ger<strong>in</strong>g wie möglich zu halten. Es ist zu erwarten, dass die<br />
entstehenden Mehrkosten von den Kunden durch den<br />
deutlich erkennbaren Mehrwert getragen werden. Überflüssige<br />
Anrufe bei Service-Hotl<strong>in</strong>es gehören der Vergangenheit<br />
an, ebenso unnötige Technikerbesuche oder lange<br />
Ausfallzeiten. Letztlich trägt dies zu e<strong>in</strong>er nachhaltig<br />
höheren Lebensdauer von automatisierten Systemen bei.<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
08.10.2012<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
AUTOREN<br />
REFERENZEN<br />
Dipl.-Ing. ANDREAS FRIEDRICH (geb. 1984)<br />
arbeitet seit September 2011 als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Institut für Automatisierungs-<br />
und Softwaretechnik (IAS) der<br />
Universität Stuttgart auf dem Gebiet der<br />
benutzerorientierten Automatisierung.<br />
Er ist an der Durchführung mehrerer Industrie-Forschungsprojekte<br />
beteiligt und hat sich<br />
auf den E<strong>in</strong>satz mobiler Endgeräte <strong>in</strong> der<br />
Automatisierungstechnik spezialisiert.<br />
Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,<br />
Universität Stuttgart,<br />
Pfaffenwaldr<strong>in</strong>g 47, D-70550 Stuttgart,<br />
Tel. +49 (0) 711 68 56 72 93,<br />
E-Mail: andreas.friedrich@ias.uni-stuttgart.de<br />
Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. PETER GÖHNER<br />
(geb. 1950) leitet das Institut für Automatisierungs-<br />
und Softwaretechnik (IAS) an der<br />
Universität Stuttgart. Se<strong>in</strong>e Hauptarbeitsgebiete<br />
s<strong>in</strong>d agentenorientierte Konzepte <strong>in</strong> der<br />
Automatisierungstechnik, benutzerorientierte<br />
Automatisierung, Energieoptimierung <strong>in</strong><br />
technischen Systemen, Lernfähigkeit von<br />
automatisierten Systemen, Verlässlichkeit<br />
von automatisierten Systemen und Wiederverwendungskonzepte<br />
<strong>in</strong> der Automatisierungstechnik.<br />
Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,<br />
Universität Stuttgart,<br />
Pfaffenwaldr<strong>in</strong>g 47, D-70550 Stuttgart,<br />
Tel. +49 (0) 711 68 56 73 01,<br />
E-Mail: peter.goehner@ias.uni-stuttgart.de<br />
[1] Bundesagentur für Arbeit: Perspektive 2025:<br />
Fachkräfte für Deutschland, Januar 2011.<br />
http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/<br />
Veroeffentlichungen/Sonstiges/Perspektive-2025.pdf<br />
[2] Jazdi, N.; Konnertz, J.; Traumüller, J.: E<strong>in</strong>satz von<br />
Web-Technologien bei der Entwicklung moderner<br />
e<strong>in</strong>gebetteter Systeme. In: Proc. 12th Int. IFIP Workshop<br />
on Distributed and Parallel Embedded Systems (DIPES<br />
2000), 2000.<br />
http://www.ias.uni-stuttgart.de/forschung/veroeffentlichungen/pdf/iwk2000_paper_ja.pdf<br />
[3] Jazdi, N.; Koller, O.; Hipp, U.; Liedtke, T.; Göhner, P.;<br />
Mayer, A.: Ausfallraten unter Feldbed<strong>in</strong>gungen<br />
berechnen, <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische<br />
Praxis 53(10), S.888-895, 2011<br />
[4] Yazdi, F.; Vieritz, H.; Jazdi, N.; Schilberg, D.; Göhner, P.;<br />
Jeschke, S.: A Concept for User-centered Development of<br />
Accessible User Interfaces for Industrial Automation<br />
Systems and Web Applications. In: Proc. 6th Int. Conf.<br />
Universal access <strong>in</strong> human-computer <strong>in</strong>teraction: applications<br />
and services (UAHCI'11), S.301-310. Spr<strong>in</strong>ger 2011<br />
[5] Traumüller, O.: Flexible <strong>in</strong>ternetbasierte Ferndiagnose<br />
e<strong>in</strong>gebetteter Systeme, Dissertation Universität<br />
Stuttgart, 03/2007<br />
[6] Want, R.: Near Field Communication. In:<br />
Proc. IEEE Pervasive Comput<strong>in</strong>g 10(3), S. 4-7, 2011<br />
[7] BITKOM: Jeder Dritte hat e<strong>in</strong> Smartphone, 2012.<br />
http://www.bitkom.org/de/presse/74532_71854.aspx<br />
[8] NIST: The NIST Def<strong>in</strong>ition of Cloud Comput<strong>in</strong>g (Draft), 2011<br />
[9] Schamari, U.-W.: Masch<strong>in</strong>ensteuerung läuft jetzt per<br />
Smartphone. VDI Nachrichten 8.6.2012<br />
[10] the guardian uk: Android tightens grip on smartphone<br />
market <strong>in</strong> second quarter of 2012, 2012.<br />
http://www.guardian.co.uk/technology/blog/2012/<br />
aug/10/android-smartphone-market-2012-apple<br />
48<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
<strong>atp</strong> kompakt<br />
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SCHLAGWÖRTER Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen / Modellbasierte<br />
UI-Entwicklung<br />
Context-sensitive user <strong>in</strong>terfaces –<br />
Interaction for the tomorrow’s factories<br />
Context-sensitive user <strong>in</strong>terfaces promise to further <strong>in</strong>crease the usability of mobile universal<br />
user <strong>in</strong>terfaces for ma<strong>in</strong>tenance tasks. A model-based architecture is presented that<br />
describes a systematic approach for the development of such user <strong>in</strong>terfaces. This architecture<br />
def<strong>in</strong>es three core-models that support the description of the user <strong>in</strong>terface at different<br />
levels of abstraction and allows the adaptation of the user <strong>in</strong>terface dur<strong>in</strong>g run-time.<br />
KEYWORDS context-sensitive user <strong>in</strong>terfaces / model-based user <strong>in</strong>terface development<br />
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MARC SEISSLER, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Kaiserslautern<br />
KAI BREINER, Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g (IESE)<br />
Die Popularität von Smartphones und Tablets<br />
hat zur Verbreitung mobiler <strong>in</strong>teraktiver Systeme,<br />
zum Beispiel <strong>in</strong> Form von universellen<br />
Benutzungsschnittstellen, <strong>in</strong> Produktionsumgebungen<br />
geführt. Dort e<strong>in</strong>gesetzt, unterstützen<br />
diese das Personal, Instandhaltungsaufgaben<br />
durchzuführen, wie die Parametrierung von Feldgeräten<br />
und Masch<strong>in</strong>en. Der durch die mobilen Benutzungsschnittstellen<br />
ermöglichte zeit- und ortsunabhängige<br />
Informationszugriff bietet dem Instandhaltungspersonal<br />
e<strong>in</strong>en neuen Grad an Flexibilität. Ebenfalls kann<br />
durch diese universelle Schnittstelle e<strong>in</strong> homogenisiertes<br />
Interaktionskonzept umgesetzt werden, bei dem die<br />
häufig m<strong>in</strong>imalistischen Benutzungsschnittstellen von<br />
Feldgeräten durch e<strong>in</strong>e konsistente Schnittstelle subsumiert<br />
werden.<br />
Die Mobilität und der allgegenwärtige Informationszugriff<br />
bergen jedoch auch Gefahren. Im Gegensatz zu<br />
stationären Benutzungsschnittstellen ist der Bedienort<br />
der Benutzer nicht mehr festgelegt, wodurch unter Umständen<br />
die Gefahr e<strong>in</strong>er fehlerhaften Informationsbereitstellung<br />
(beispielsweise Darstellung irrelevanter<br />
Anlagen<strong>in</strong>formationen) wächst. Im schlimmsten Fall<br />
kann sich die zunehmende Informationsdichte auf die<br />
Informationswahrnehmung der Benutzer auswirken und<br />
die Identifikation wichtiger Funktionalitäten bee<strong>in</strong>trächtigen<br />
(zum Beispiel entfernter Roboterzugriff).<br />
Kontextsensitive Benutzungsschnittstellen, die den<br />
Nutzungskontext <strong>in</strong> Form des aktuellen Bedienortes der<br />
Benutzer bei der Informationsdarstellung berücksichtigen,<br />
s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen.<br />
Jedoch ergeben sich aus der Entwicklung solch mobiler,<br />
kontextsensitiver Benutzungsschnittstellen für die Entwickler<br />
neue Herausforderungen. So muss bereits bei der<br />
Gestaltung dieser Schnittstelle der spätere Nutzungskontext<br />
der Benutzer erfasst und die Adaptionen der Benutzungsschnittstelle<br />
formal spezifiziert werden. In den<br />
folgenden Abschnitten wird e<strong>in</strong>e modellgetriebene Entwicklungsmethodik<br />
vorgestellt, welche kontextsensitive<br />
und laufzeitadaptive Benutzungsschnittstellen systematisch<br />
unterstützt.<br />
1. INFORMATIONSFILTERUNG MITHILFE DES BEDIENORTS<br />
In den letzten zehn Jahren wurde e<strong>in</strong>e Vielzahl kontextsensitiver<br />
Benutzungsschnittstellen vorgestellt, die die<br />
Benutzer durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Informationsdarstellung<br />
unterstützen. E<strong>in</strong>e populäre Ausprägung solcher<br />
kontextsensitiver Schnittstellen ist die dynamische Anpassung<br />
der Sortierreihenfolge von Menüe<strong>in</strong>trägen, zum<br />
Beispiel anhand derer Aufrufhäufigkeiten [1] oder die<br />
dynamische Anpassung der Größe von Interaktionsobjekten<br />
der Benutzungsschnittstelle (beispielsweise Ribbon-Bar<br />
<strong>in</strong> Microsoft Office). Neben der Anpassung der<br />
Präsentationsaspekte wurde <strong>in</strong> verschiedenen Arbeiten<br />
die Benutzungsunterstützung mittels e<strong>in</strong>er dynamischen<br />
Anpassung der Funktions- und Informationsdarstellung<br />
untersucht [2].<br />
In ambient-<strong>in</strong>telligenten Produktionsumgebungen, wie<br />
der SmartFactory-KL [13], lassen sich ebenfalls Adaptionen<br />
e<strong>in</strong>setzen, um die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit<br />
von mobilen, universellen Benutzungsschnittstellen<br />
zu steigern. So können mit Lokalisierungssystemen<br />
Interaktionszonen def<strong>in</strong>iert werden, <strong>in</strong> denen den<br />
Benutzern die für ihre Aufgaben relevanten Informationen<br />
e<strong>in</strong>geblendet und weniger relevante Informationen<br />
ausgeblendet werden [3, 4]. Weiterh<strong>in</strong> lassen sich so auch<br />
Wirkbereiche def<strong>in</strong>ieren, <strong>in</strong> denen bestimmte Funktionen<br />
den Benutzern zugänglich gemacht werden. Die<br />
Wirkbereichsbegrenzung stellt sicher, dass sicherheitskritische<br />
Funktionen (zum Beispiel Roboter<strong>in</strong>teraktionen)<br />
nur von e<strong>in</strong>em als sicher def<strong>in</strong>ierten Ort ausgeführt<br />
werden dürfen, siehe Bild 1.<br />
Für die Erfassung der Orts<strong>in</strong>formationen <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriellen<br />
Umgebungen wurden <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />
unterschiedliche Technologien und Architekturen vorgestellt,<br />
deren Vor- und Nachteile <strong>in</strong> anderen Vorarbeiten<br />
näher betrachtet wurden [15, 5]. Während die Kontextbeschreibung<br />
und Bereitstellung der Orts<strong>in</strong>formationen<br />
mittels e<strong>in</strong>es offenen Lokalisierungssystems die Grundlage<br />
für die Umsetzung e<strong>in</strong>er kontextsensitiven Benutzungsschnittstelle<br />
darstellt, ist es weiterh<strong>in</strong> notwendig,<br />
die Auswirkungen des Nutzungskontextes auf die Be-<br />
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HAUPTBEITRAG<br />
nutzungsschnittstelle spezifizieren zu können. Da diese<br />
Anpassungen zur Laufzeit der Benutzungsschnittstelle<br />
durchgeführt werden, bedarf es e<strong>in</strong>er Architektur, die<br />
den Entwicklern die Beschreibung der Kontextauswirkungen<br />
auf die Gestaltungsaspekte ermöglicht.<br />
2. ARCHITEKTUR<br />
Um die Entwickler bei der Spezifikation der kontextsensitiven<br />
Benutzungsschnittstelle zu unterstützen, wurde<br />
e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur entwickelt, die die Beschreibung<br />
der verschiedenen Schnittstellenaspekte<br />
(Präsentations-, Verhaltens- und Adaptionsaspekte) <strong>in</strong><br />
getrennten Modellen ermöglicht. Während <strong>in</strong> früheren<br />
Entwicklungsansätzen raumbasierte Benutzungsmodelle<br />
(RUM) [3, 6] als Grundlage für die Modellierung e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wurden, zeigten Evaluierungen mit e<strong>in</strong>em Testsystem,<br />
dass diese e<strong>in</strong>e ungenügende Unterstützung bei<br />
der Gestaltung der Benutzungsschnittstelle bieten. Defizite<br />
des Ansatzes waren beispielsweise, dass die Präsentation<br />
und das (Adaptions-)Verhalten der Benutzungsschnittstelle<br />
nur implizit beschrieben werden konnten,<br />
was die Gestaltungsflexibilität e<strong>in</strong>schränkte und zur<br />
Generierung von Schnittstellen mit e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Gebrauchstauglichkeit<br />
führte [7].<br />
Um diese Defizite zu adressieren, wurde e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur<br />
entwickelt, die sich am Cameleon<br />
Referenzframework (CRF) [8] orientiert. Mit dem CRF<br />
wird e<strong>in</strong>e zur Model-Driven-Architecture (MDA)-konforme<br />
Vorgehensweise für die plattformunabhängige Entwicklung<br />
von Benutzungsschnittstellen def<strong>in</strong>iert, welche<br />
die unterschiedlichen Schnittstellenaspekte auf vier<br />
Abstraktionsebenen <strong>in</strong> expliziten Modellen getrennt<br />
vone<strong>in</strong>ander beschreibt. Diese werden wiederum mithilfe<br />
von Transformationen und Abbildungen schrittweise<br />
<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander überführt und verfe<strong>in</strong>ert.<br />
Das Ergebnis dieser Anpassung ist die <strong>in</strong> Bild 2 dargestellte<br />
Modellierungsarchitektur für die Entwicklung<br />
kontextsensitiver Benutzungsschnittstellen, die sich aus<br />
den ausgelagerten Analyse-, Anlagen- und Kontextmodellen<br />
sowie drei Laufzeitmodellen zusammensetzt [4].<br />
Die Analysemodelle dienen der <strong>in</strong>formellen und semiformalen<br />
Dokumentation der Nutzungsanforderungen,<br />
die beispielsweise e<strong>in</strong>e aufgabenorientierte Sicht auf die<br />
zu entwickelnde Benutzungsschnittstelle geben.<br />
BILD 1: Darstellung e<strong>in</strong>er Wirkbereichse<strong>in</strong>grenzung<br />
mittels Interaktionszonen<br />
BILD 2: SmartMote-Modellierungsarchitektur<br />
für die Entwicklung kontextsensitiver<br />
Benutzungsschnittstellen<br />
BILD 3: Struktur des<br />
useDM-Meta-Modells<br />
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Neben den Analysemodellen zeichnet sich die Architektur<br />
zusätzlich durch die Integration e<strong>in</strong>es expliziten,<br />
extern beschriebenen Funktionsmodells aus, das die von<br />
den Feldgeräten und Masch<strong>in</strong>en bereitgestellten Dienste<br />
und Funktionen def<strong>in</strong>iert. Das ausgelagerte Kontextmodell<br />
h<strong>in</strong>gegen def<strong>in</strong>iert den Nutzungskontext <strong>in</strong> Form<br />
von Interaktionszonen, <strong>in</strong> denen sich der Benutzer bewegt,<br />
welche durch e<strong>in</strong>en Interpretation Server [5] zur<br />
Laufzeit zur Verfügung gestellt werden.<br />
Die Laufzeitmodelle repräsentieren den Kern der Architektur<br />
und beschreiben die Benutzungsschnittstelle<br />
konform zum CRF mittels e<strong>in</strong>es abstrakten und konkreten<br />
Benutzungsschnittstellenmodells sowie e<strong>in</strong>es expliziten<br />
Adaptionsmodells.<br />
2.1 Das abstrakte Benutzungsschnittstellenmodell<br />
Das abstrakte Benutzungsschnittstellenmodell (AUI-<br />
Modell) dient der modalitätenunabhängigen Interaktionsbeschreibung<br />
zwischen dem Benutzer und der Benutzungsschnittstelle.<br />
Für die Spezifikation der AUI<br />
wurde die XML-basierte Useware Dialog Model<strong>in</strong>g Language<br />
(useDM) [4] e<strong>in</strong>geführt. Die Entwicklung der Sprache<br />
baut auf den Kernkonzepten der Dialog and Interface<br />
Specification Language (DISL) [10] auf und erweitert<br />
diese für e<strong>in</strong>e effektive Beschreibung von kontextsensitiven<br />
Benutzungsschnittstellen.<br />
Für die Beschreibung der statischen Benutzungsschnittstellenstruktur<br />
und der Präsentationsaspekte<br />
dienen <strong>in</strong> useDM Dialoge, deren Inhalt durch sechs abstrakte,<br />
modalitätenunabhängige Interaktionsobjekte<br />
beschrieben werden kann (vergleiche Bild 3). Die fünf<br />
abstrakten Interaktionsobjekte (Elemente Input, Output,<br />
Change, Select und Trigger) basieren dabei auf den elementaren<br />
Benutzungsobjekten von useML [3, 9], die den<br />
atomaren, modalitätenunabhängigen Informationsaustausch<br />
zwischen dem Benutzer und der Masch<strong>in</strong>e repräsentieren.<br />
Das Conta<strong>in</strong>er-Element dient zusätzlich der<br />
Gruppierung und hierarchischen Strukturierung der<br />
abstrakten Interaktionsobjekte und ermöglicht es so, den<br />
untergeordneten Elementen e<strong>in</strong>e weitere Bedeutung zuzuordnen.<br />
So können beispielsweise Navigationsobjekte<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Conta<strong>in</strong>er gruppiert und mittels e<strong>in</strong>er Abbildungsregel<br />
auf e<strong>in</strong> konsistentes Layout <strong>in</strong> der konkreten<br />
Benutzungsschnittstelle abgebildet werden.<br />
Während das Präsentationsmodell die Spezifikation<br />
der statischen Benutzungsschnittstellenaspekte wie<br />
Struktur und Inhalt erlaubt, dient das Dialogmodell zur<br />
Beschreibung der dynamischen Aspekte. Hierzu steht <strong>in</strong><br />
useDM e<strong>in</strong> Event-Condition-Action (ECA)-basiertes Dialogmodell<br />
zur Verfügung. Das Behavior-Element erlaubt<br />
die Spezifikation von globalen Variablen und Bed<strong>in</strong>gungen,<br />
die <strong>in</strong> Transitionen referenziert werden können.<br />
Transitionen stellen den Kern der Verhaltensbeschreibung<br />
dar. Mit diesen Elementen lassen sich komplexe<br />
Benutzungsschnittstellenverhalten mittels vier verschiedener<br />
Aktions-Typen beschreiben.<br />
Das Call-Element dient der Verknüpfung der Benutzungsschnittstelle<br />
mit den Feldgeräte- und Masch<strong>in</strong>enfunktionen,<br />
deren Anb<strong>in</strong>dung im Funktionsmodell der<br />
Architektur implementiert s<strong>in</strong>d und durch Schnittstellen<br />
<strong>in</strong> der Architektur bereitgestellt werden.<br />
Das Statement-Element erlaubt die Anpassung von<br />
Attribut-Werten der abstrakten Interaktionsobjekte des<br />
Präsentationsmodells (zum Beispiel Titel e<strong>in</strong>es abstrakten<br />
Interaktionsobjekts) sowie von Variablenwerten des<br />
Dialogmodells.<br />
Das Navigation-Element ermöglicht die Spezifikation<br />
absoluter und relativer Dialogwechsel der Benutzungsschnittstelle.<br />
Die absolute Navigation dient dabei der Spezifikation<br />
von gezielten Dialogaufrufen und wird mit dem<br />
Absolute-Navigation-Element spezifiziert. Der aufzurufende<br />
Zieldialog wird durch se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige ID angegeben.<br />
Die relative Navigation h<strong>in</strong>gegen dient der Spezifikation<br />
von generischen Dialogaufrufen, die sich aus der<br />
aktuellen Dialogordnung ergeben und mittels def<strong>in</strong>ierter<br />
Symbole umgesetzt werden (beispielsweise next, parent).<br />
Das Restructure-Element bildet die Grundlage für die<br />
Implementierung von Strukturänderungen im Präsentationsmodell<br />
der abstrakten Benutzungsschnittstelle. So<br />
erlaubt das Element die dynamische E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von<br />
zuvor def<strong>in</strong>ierten Templates, die wiederverwendbare UI-<br />
Strukturen beschreiben.<br />
Der <strong>in</strong> Bild 4 dargestellte useDM-Modell-Ausschnitt<br />
beschreibt e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen Dialog für e<strong>in</strong> Plat<strong>in</strong>en-Magaz<strong>in</strong>,<br />
<strong>in</strong> dem der Benutzer über das Element pcbStatus<br />
<strong>in</strong>formiert wird, ob e<strong>in</strong>e Plat<strong>in</strong>e ausgeworfen wurde.<br />
Über das Element pcbEject kann der Benutzer die Funktion<br />
zum Auswerfen e<strong>in</strong>er Plat<strong>in</strong>e auslösen, die über das<br />
Call-Element <strong>in</strong> der Verhaltensbeschreibung mit der entsprechenden<br />
Funktion des Funktionsmodells verknüpft<br />
ist. Die Navigation zu weiteren Dialogen ist über die Elemente<br />
homeDialog und nextModule und ihre relativen<br />
Navigationen <strong>in</strong> der Verhaltensbeschreibung abgebildet.<br />
2.2 Das konkrete Benutzungsschnittstellenmodell<br />
Nach der Def<strong>in</strong>ition der abstrakten Benutzungsschnittstelle<br />
gilt es, die <strong>in</strong> der abstrakten Schnittstelle def<strong>in</strong>ierten<br />
Informationen und Funktionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Zielmodalität<br />
abzubilden und zu verfe<strong>in</strong>ern. Hierzu dient nach dem<br />
CRF das konkrete Benutzungsschnittstellenmodell (CUI-<br />
Modell), welches die Schnittstelle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Zielmodalität (zum Beispiel grafische oder sprachbasierte<br />
Benutzungsschnittstelle), jedoch möglichst unabhängig<br />
von der späteren Zielplattform, beschreibt. Für e<strong>in</strong><br />
grafisches CUI-Modell bedeutet dies zum Beispiel, dass<br />
die abstrakten Interaktionsobjekte des AUI-Modells auf<br />
konkrete Interaktionsobjekte abgebildet (beispielsweise<br />
e<strong>in</strong> Trigger-Element auf e<strong>in</strong> Button-Element) sowie <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Layout angeordnet werden müssen. Die CUI kann<br />
dann zusätzlich um weitere Fe<strong>in</strong>gestaltungsaspekte (wie<br />
Farbgestaltung, Bilder) verfe<strong>in</strong>ert werden.<br />
Für die plattformunabhängige Beschreibung der grafischen,<br />
konkreten Benutzungsschnittstelle wird <strong>in</strong> der<br />
vorgestellten Modellierungsarchitektur die User Interface<br />
Markup Language 4.0 (UIML) [14] e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Da die konkrete Benutzungsschnittstelle, im Gegensatz<br />
zu den <strong>in</strong> anderen Arbeiten vorgestellten Architekturen,<br />
lediglich die Gestaltungsaspekte der im AUI-Mo-<br />
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HAUPTBEITRAG<br />
BILD 6: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em Adaptionsmodell<br />
BILD 4: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em useDM-Modell<br />
BILD 5: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em CUI-Modell<br />
BILD 7: Ausschnitt der generierten, kontextsensitiven<br />
SmartMote-Benutzungsschnittstelle<br />
dell def<strong>in</strong>ierten Informationsarchitektur spezifiziert,<br />
musste die Sprache um e<strong>in</strong>en zusätzlichen Abbildungsmechanismus<br />
erweitert werden, der e<strong>in</strong>e Abbildung der<br />
abstrakten Interaktionsobjekte des AUI-Modells auf die<br />
konkreten Interaktionsobjekte im CUI-Modell erlaubt.<br />
In Bild 5 ist e<strong>in</strong>e Aufbereitungsregel für e<strong>in</strong> Conta<strong>in</strong>er-<br />
Element mit der ID dialog_<strong>in</strong>fo e<strong>in</strong>es useDM-Modells<br />
spezifiziert. Für alle useDM-Elemente, auf die diese Regel<br />
zutrifft, wird der im Effect-Abschnitt spezifizierte<br />
UIML-Ausschnitt angewandt und <strong>in</strong> e<strong>in</strong> globales UIML-<br />
Dokument e<strong>in</strong>gefügt, welches abschließend von e<strong>in</strong>em<br />
UIML-Renderer <strong>in</strong>terpretiert wird.<br />
Diese Verknüpfung der Elemente ist notwendig, um<br />
e<strong>in</strong>e redundanzfreie Verfe<strong>in</strong>erung der Elemente des AUI-<br />
Modells zu gewährleisten. Durch diese Erweiterung der<br />
Sprache lässt sich die konkrete Benutzungsschnittstelle<br />
zur Laufzeit aus dem zugrunde liegenden AUI-Modell<br />
erzeugen und anschließend <strong>in</strong>terpretieren.<br />
2.3 Das Adaptionsmodell<br />
Für die Beschreibung der Laufzeitanpassung der Benutzungsschnittstelle<br />
dient e<strong>in</strong> eigens entwickeltes Adapti-<br />
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onsmodell [4], das das durch den Interpretation-Server<br />
bereitgestellte, assoziierte Kontextmodell mit dem AUIund<br />
CUI-Modell <strong>in</strong> Form von Adaptionsregeln verknüpft.<br />
Durch die Verknüpfung mit dem AUI- und CUI-Modell<br />
können Adaptionen auf unterschiedlichem Abstraktionsniveau<br />
beschrieben werden. So wirken sich modalitätenunabhängige<br />
Adaptionsregeln, die der situationsgerechten<br />
Informationsanzeige dienen, auf das AUI-Modell<br />
aus, während modalitätenspezifische Adaptionsregeln,<br />
die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Informationsaufbereitung (zum<br />
Beispiel Farbe, Größe, Layout) haben, sich auf das CUI-<br />
Modell auswirken.<br />
Die <strong>in</strong> Bild 6 dargestellte Adaptionsregel beschreibt<br />
e<strong>in</strong>en Warnh<strong>in</strong>weis des Benutzers, wenn er e<strong>in</strong>en Gefahrenbereich,<br />
beispielsweise des Roboters, betritt. Tritt der<br />
Benutzer <strong>in</strong> die Interaktionszone Hazardous Interaction<br />
Zone e<strong>in</strong>, so werden die H<strong>in</strong>tergrundfarbe und der Text<br />
des Ausgabe-Interaktionsobjekts Current_IAZ des CUI-<br />
Modells angepasst.<br />
Während jedes der drei Kernmodelle e<strong>in</strong>en Teilaspekt<br />
der Benutzungsschnittstelle beschreibt, ergeben diese <strong>in</strong><br />
ihrer Gesamtheit die kontextsensitive Benutzungsschnittstelle,<br />
die zur Laufzeit adaptiert wird. Für die<br />
Erzeugung der f<strong>in</strong>alen Benutzungsschnittstelle bedarf es<br />
weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Modell<strong>in</strong>terpreters, der im nächsten Abschnitt<br />
vorgestellt wird.<br />
3. SMARTMOTE-RENDERER<br />
Für die Demonstration der zuvor vorgestellten Modellierungsarchitektur<br />
wurde der prototypische SmartMote-<br />
Renderer [11], entwickelt, welcher die Generierung e<strong>in</strong>er<br />
laufzeitadaptiven Benutzungsschnittstelle unterstützt.<br />
Als Anwendungsfall der Architektur wurde e<strong>in</strong>e kontextsensitive<br />
Benutzungsschnittstelle für den durch das<br />
Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz<br />
(DFKI) sowie weitere Forschungspartner auf der Hannover<br />
Messe 2012 vorgestellten Systemdemonstrator e<strong>in</strong>es<br />
cyber-physischen Produktionssystems [12] entwickelt.<br />
Dieser setzt sich aus vier Modulen zusammen, die die<br />
automatisierte Fertigung und Montage e<strong>in</strong>es kunden<strong>in</strong>dividuellen,<br />
<strong>in</strong>telligenten Key-F<strong>in</strong>ders demonstrieren.<br />
Um die Kernaspekte der kontextsensitiven Benutzungsschnittstelle<br />
<strong>in</strong> den Vordergrund zu stellen, wurde die<br />
Interaktion mit dem Kommissionier- und Montagemodul<br />
fokussiert, welche die Bauteile des Key-F<strong>in</strong>ders mit e<strong>in</strong>em<br />
Roboter handhaben und automatisiert montieren.<br />
Für die situationsgerechte Informationsbereitstellung<br />
wurden um die beiden Systemmodule Interaktionszonen<br />
def<strong>in</strong>iert, <strong>in</strong> denen die Benutzungsschnittstelle jeweils<br />
die entsprechenden Informationen für das Modul aufruft,<br />
<strong>in</strong> dessen Wirkbereich sich der Benutzer bef<strong>in</strong>det.<br />
Als Ergebnis der Modellierung der Benutzungsschnittstelle<br />
ergeben sich unter anderem die <strong>in</strong> Bild 7 dargestellten<br />
Dialoge Montagemodul-Dialog und Kommissioniermodul-Dialog.<br />
Für die Unterstützung des Benutzers wurde e<strong>in</strong>e dynamische<br />
Navigation zwischen den Dialogen Montagemodul-Dialog<br />
und Kommissioniermodul-Dialog umgesetzt,<br />
bei der die Dialoge <strong>in</strong> Abhängigkeit zu der aktuell<br />
REFERENZEN<br />
[1] Mal<strong>in</strong>owski, U., Kühme, T., Dieterich, H., Schneider-Hufschmidt, M.:<br />
Computer-Aided Adaptation of User Interfaces with Menus and Dialog<br />
Boxes. In: Salvendy, G., Smith, M.J. (Hrsg.) Proc. 5th Int. Conf. Human-<br />
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for Plastic User Interfaces: Models, Methods, and Pr<strong>in</strong>ciples. In:<br />
Tzovaras, D. (Hrsg.) Multimodal User Interfaces. From Signals to<br />
Interaction, S. 61-84. Berl<strong>in</strong>, Spr<strong>in</strong>ger 2008<br />
[3] Görlich, D., Bre<strong>in</strong>er, K.: Intelligent Task-oriented User Interfaces <strong>in</strong><br />
Production Environments. In: Goetz Botterweck (Hrsg.) Proc. Workshop<br />
Model-Driven User-Centric Design & Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g (MDUCDE'07), 10th<br />
IFAC/IFIP/IFORS/IEA Symposium on Analysis, Design, and Evaluation of<br />
Human-Mach<strong>in</strong>e-Systems, CEUR-WS.org 2007<br />
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universal control device for ambient <strong>in</strong>telligent production environments.<br />
2012: http://www.w3.org/wiki/images/0/06/2012-02-09_Smart-<br />
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[5] Stephan, P.: Entwicklung e<strong>in</strong>er Referenzarchitektur zur Nutzung<br />
semantisch <strong>in</strong>terpretierter Orts<strong>in</strong>formationen am Beispiel der<br />
Instandhaltung. Dissertation TU Kaiserslautern, 2012<br />
[6] Bre<strong>in</strong>er, K., Görlich, D., Masch<strong>in</strong>o, O., Meixner, G., Zühlke, D.: Run-Time<br />
Adaptation of a Universal User Interface for Ambient Intelligent<br />
Production Environments. In: Jacko, J.A. (Hrsg.) Proc. 13th Int. Conf.<br />
Human-Computer Interaction. Part IV: Interact<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Various Application<br />
Doma<strong>in</strong>s, S. 663-672. Berl<strong>in</strong>, Spr<strong>in</strong>ger 2009<br />
[7] Seissler, M., Meixner, G., Bre<strong>in</strong>er, K.: Us<strong>in</strong>g HCI Patterns with<strong>in</strong> the<br />
Model-Based Development of Run-Time Adaptive User Interfaces. In:<br />
Vanderhaegen, F. (Hrsg.) Proc. 11th IFAC/IFIPS/IFORS/IEA Symposium<br />
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Vanderdonckt, J.: A Unify<strong>in</strong>g Reference Framework for multi-target<br />
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multimodale Benutzungsschnittstellen. Dissertation TU Kaiserslautern,<br />
2010<br />
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Int. Conf. System Sciences (HICSS'04), 2004. doi:10.1109/<br />
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- E<strong>in</strong> HCI-Pattern-basiertes universelles Bediengerät für <strong>in</strong>telligente<br />
Produktionsumgebungen. In: Tagungsband USEWARE 2010, S. 59-66.<br />
Düsseldorf, VDI-Verlag 2010<br />
[12] Schlick, J., Stephan, P.: Die vierte <strong>in</strong>dustrielle Revolution wird kommen,<br />
2012: http://www.konstruktion.de/topstory/die-vierte-<strong>in</strong>dustriellerevolution-wird-kommen/<br />
[13] SmartFactoryKL e.V. – The <strong>in</strong>telligent factory of the future: http://www.<br />
SmartFactory.de<br />
[14] OASIS: User Interface Markup Language (UIML) Version 4.0 – Committee<br />
Draft, 23.01.2008: https://www.oasis-open.org/committees/<br />
download.php/28457/uiml-4.0-cd01.pdf<br />
[15] Stephan, P., Heck, I., Kraus, P., Frey, G.: Evaluation of Indoor Position<strong>in</strong>g<br />
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Information Control Problems <strong>in</strong> Manufactur<strong>in</strong>g (INCOM 09), S. 870-875.<br />
IFAC-PapersOnl<strong>in</strong>e 2009<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
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HAUPTBEITRAG<br />
betretenen Interaktionszone automatisch aufgerufen<br />
werden und so der manuelle Navigationsaufwand reduziert<br />
wird. Zusätzliche Adaptionsregeln spezifizieren die<br />
Aktivierung und Deaktivierung von sicherheitskritischen<br />
Funktionen abhängig vom Interaktionsbereich des<br />
Benutzers. So deaktiviert die Benutzungsschnittstelle<br />
zum Beispiel die Funktionen zur manuellen Steuerung<br />
des Roboters im Kommissioniermodul-Dialog, wenn der<br />
Benutzer die Interaktionszone sicher verlässt und ke<strong>in</strong>e<br />
Sicht auf den Roboter hat (siehe Bild 7).<br />
Die konkreten Adaptionsregeln dienen zusätzlich<br />
dazu, die Präsentationsaspekte der grafischen Benutzungsschnittstelle<br />
zur Laufzeit anzupassen. Durch die<br />
Anpassung des Farbschemas kann die Aufmerksamkeit<br />
des Benutzers gezielt gesteuert und beispielsweise auf<br />
sich ändernde Umgebungseigenschaften, die e<strong>in</strong>en Effekt<br />
auf die Benutzungsschnittstelle haben, h<strong>in</strong>gewiesen werden.<br />
Im hier präsentierten Anwendungsfall dient die<br />
dynamische Anzeige der aktuell aktiven Interaktionszone<br />
mittels e<strong>in</strong>es Farbschemas der direkten Informationsrückkopplung,<br />
an welchem Ort sich der Benutzer <strong>in</strong> der<br />
Anlage gerade bef<strong>in</strong>det. Dadurch werden Adaptionen,<br />
wie zum Beispiel der Dialogwechsel beziehungsweise<br />
das De-/Aktivieren von Interaktionsobjekten für den Benutzer<br />
besser ersichtlich und es kann leichter nachvollzogen<br />
werden, wann welche Funktionen ausführbar s<strong>in</strong>d<br />
und wann die Adaptionen durchgeführt werden.<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />
In diesem Beitrag wurde e<strong>in</strong>e Modellierungsarchitektur<br />
für die Entwicklung kontextsensitiver, universeller Benutzungsschnittstellen<br />
für die Unterstützung der mobilen<br />
Instandhaltung <strong>in</strong> ambient-<strong>in</strong>telligenten Produktionsumgebungen<br />
vorgestellt. Durch die drei Kernmodelle,<br />
die die getrennte Beschreibung der Präsentations- und<br />
Adaptions-Verhaltensaspekte der Benutzungsschnittstelle<br />
erlauben, wird e<strong>in</strong>e systematische Modellierung von<br />
kontextsensitiven Benutzungsschnittstellen für die Unterstützung<br />
der mobilen Instandhaltung möglich. Als<br />
Machbarkeitsstudie wurde der SmartMote-Renderer<br />
entwickelt, der aus diesen drei Modellen zur Laufzeit die<br />
kontextsensitive Benutzungsschnittstelle generiert.<br />
Um den Benutzern zukünftig e<strong>in</strong>e umfassendere Unterstützung<br />
bei der Durchführung von Instandhaltungsaufgaben<br />
zu bieten, eignet sich neben der re<strong>in</strong>en<br />
Betrachtung des Bedienortes die Berücksichtigung weiterer<br />
Kontexte bei der Informationsaufbereitung. So<br />
lässt sich e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>granularere Erfassung der Benutzungssituation<br />
(zum Beispiel <strong>in</strong> Form des Anlagenzustandes)<br />
zu e<strong>in</strong>er Darstellung von präventiven Warnh<strong>in</strong>weisen<br />
nutzen. Um die Anwendbarkeit des Ansatzes<br />
sicherzustellen, bedarf es zudem e<strong>in</strong>er stärkeren Berücksichtigung<br />
von Sicherheitsaspekten, wie der Authentifizierung<br />
der Benutzer.<br />
DANKSAGUNG<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
31.10.2012<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Die dargestellten Ergebnisse wurden im Forschungsprojekt<br />
„Generierung aufgabenorientierter<br />
Benutzungsschnittstellen für <strong>in</strong>telligente Produktionsumgebungen“<br />
(GaBi) entwickelt, welches von der<br />
Deutschen Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft (DFG) unter<br />
den Geschäftszeichen ZU 79/16-1 und -2 sowie<br />
RO 3343/1-1 und -2 f<strong>in</strong>anziert wurde.<br />
AUTOREN<br />
Dipl.-Inf. MARC SEISSLER<br />
(geb. 1985) studierte Angewandte<br />
Informatik an der<br />
TU Kaiserslautern. Seit 2009<br />
forscht er als Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der<br />
TU Kaiserslautern sowie als<br />
Researcher am DFKI an der<br />
modellbasierten Entwicklung<br />
von <strong>in</strong>telligenten Benutzungsschnittstellen<br />
<strong>in</strong> smarten Produktionsumgebungen.<br />
Deutsches Forschungszentrum<br />
für Künstliche Intelligenz,<br />
Trippstadter Str. 122, D-67663 Kaiserslautern,<br />
Tel. +49 (0) 631 205 75 51 39,<br />
E-Mail: marc.seissler@dfki.de<br />
Dipl.-Inf. KAI BREINER<br />
(geb. 1980) arbeitete von<br />
2006 bis 2012 als wissenschaft<br />
licher Mitarbeiter an<br />
der TU Kaiserslautern.<br />
2012 reichte er se<strong>in</strong>e<br />
Dissertation zum Thema<br />
„Benutzungs <strong>in</strong>ter aktion-<br />
Forensik“ an der TU Kaiserslautern<br />
e<strong>in</strong>. Seit 2012 arbeitet er als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Fraunhofer IESE.<br />
Fraunhofer-Institut<br />
für Experimentelles Software Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g (IESE),<br />
Fraunhofer-Platz 1, D-67663 Kaiserslautern,<br />
Tel. +49 (0) 631 68 00 22 79,<br />
E-Mail: kai.bre<strong>in</strong>er@iese.fraunhofer.de<br />
56<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Herausforderung<br />
Automatisierungstechnik<br />
Mit dem <strong>atp</strong>-award werden zwei Autoren der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
für hervorragende Beiträge ausgezeichnet. Ziel dieser<br />
Initiative ist es, Wissenschaftler und Praktiker der<br />
Automatisierungstechnik anzuregen, ihre Ergebnisse<br />
und Erfahrungen <strong>in</strong> Veröffentlichungen zu fassen und<br />
die Wissenstransparenz <strong>in</strong> der Automatisierungstechnik<br />
zu fördern.<br />
Teilnehmen kann jeder Autor der zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre ist. Nach<br />
Veröffentlichung e<strong>in</strong>es Beitrags ist der Autor, wenn er<br />
die Bed<strong>in</strong>gung erfüllt, automatisch im Pool. Die Auswahl<br />
des Gew<strong>in</strong>ners übernimmt die <strong>atp</strong>-Fachredaktion.<br />
Derjenige Autor, der im Autorenteam der jüngste ist,<br />
erhält stellvertretend für alle Autoren die Auszeichnung.<br />
Der Preis wird <strong>in</strong> zwei Kategorien ausgelobt:<br />
Industrie und Hochschule. Die Kategorien ermittlung<br />
ergibt sich aus der <strong>in</strong> dem Beitrag angegebenen Adresse<br />
des jüngsten Autors.<br />
Veröffentlichungen – Beitrag zum Wissenspool<br />
im Fachgebiet Automatisierungstechnik<br />
Die Entwicklung e<strong>in</strong>es Wissensgebietes erfolgt durch<br />
e<strong>in</strong>en kooperativen Prozess zwischen wissenschaftlicher<br />
Grundlagenforschung, Konzept- und Lösungsentwicklung<br />
und Anwendung <strong>in</strong> der Praxis. E<strong>in</strong> solcher<br />
Prozess bedarf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Informationsplattform.<br />
Veröffentlichungen s<strong>in</strong>d die essentielle Basis<br />
e<strong>in</strong>es solchen Informationspools.<br />
Der <strong>atp</strong>-award fördert den wissenschaftlichen Austausch<br />
im dynamischen Feld der Automationstechnik.<br />
Nachwuchs<strong>in</strong>genieure sollen gezielt ihre Forschungen<br />
präsentieren können und so leichter den Zugang zur<br />
Community erhalten. Der Preis ist mit e<strong>in</strong>er Prämie<br />
von jeweils 2000 € dotiert.<br />
Die Auswahl erfolgt <strong>in</strong> zwei Stufen:<br />
Voraussetzung für die Teilnahme ist die Veröffentlichung<br />
des Beitrags <strong>in</strong> der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>. Jeder Aufsatz,<br />
der als Hauptbeitrag für die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> e<strong>in</strong>gereicht<br />
wird, durchläuft das Peer-Review-Verfahren. Die<br />
letzte Entscheidung zur Veröffentlichung liegt beim<br />
Chefredakteur. Wird e<strong>in</strong> Beitrag veröffentlicht, kommt<br />
er automatisch <strong>in</strong> den Pool der <strong>atp</strong>-award-Bewerber,<br />
vorausgesetzt e<strong>in</strong>er der Autoren ist zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre. Ausgezeichnet<br />
wird der jüngste Autor stellvertretend für alle<br />
Autoren der Gruppe. E<strong>in</strong>e Jury aus Vertretern der <strong>atp</strong>-<br />
Fachredaktion und des -Beirats ermittelt schließlich<br />
den Gew<strong>in</strong>ner <strong>in</strong> den jeweiligen Kategorien Hochschule<br />
und Industrie. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Beiträge richten Sie bitte an:<br />
Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas<br />
Chefredakteur<br />
c/o Technische Universität Dresden<br />
Institut für Automatisierungstechnik<br />
Professur für Prozessleittechnik<br />
01062 Dresden<br />
Tel. +49 351 463-39614, Fax -39681<br />
M +49 177 466-5201<br />
E-Mail: urbas@di-verlag.de<br />
Beachten Sie die Autorenh<strong>in</strong>weise der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
für Hauptbeiträge unter folgendem L<strong>in</strong>k:<br />
http://www.<strong>atp</strong>-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Vom Wettbewerb ausgeschlossen s<strong>in</strong>d Mitarbeiter des Deutschen Industrieverlags. Wird e<strong>in</strong> Beitrag von mehreren Autoren e<strong>in</strong>gereicht, gelten die Bed<strong>in</strong>gungen für den Erstautor. Der Preis<br />
als ideeller Wert geht <strong>in</strong> diesem Fall an die gesamte Autorengruppe, die Dotierung geht jedoch exklusiv an den jüngsten Autor. Grundlage der Teilnahme am Wettbewerb ist die E<strong>in</strong>sendung<br />
e<strong>in</strong>es Hauptaufsatz-Manuskriptes an die <strong>atp</strong>-Chefredaktion.<br />
www.<strong>atp</strong>-onl<strong>in</strong>e.de
HAUPTBEITRAG<br />
Smartphones und Tablets <strong>in</strong><br />
der <strong>in</strong>dustriellen Produktion<br />
Nutzerfreundliche Bedienung von Feldgeräten<br />
Die zunehmende Komplexität von flexiblen Produktionssystemen <strong>in</strong> der wandlungsfähigen<br />
Fabrik der Zukunft stellt neue Herausforderungen an die sichere und <strong>in</strong>tuitive Bedienung<br />
heutiger Produktionssysteme. Dabei führt der Trend weg von stationären h<strong>in</strong> zu<br />
mobilen, universellen Bediengeräten. Smartphones und Tablets haben sich zu multimedialen<br />
Alleskönnern entwickelt und halten zunehmend E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die <strong>in</strong>dustrielle Produktion.<br />
Bei der <strong>in</strong>itialen Inbetriebnahme oder Parametrisierung können die Vorteile<br />
solcher mobiler Bediensysteme voll ausgeschöpft werden. In diesem Beitrag wird e<strong>in</strong><br />
Ansatz aufgezeigt, wie sich mittels mobiler Bediengeräte des Konsumgütermarkts e<strong>in</strong>e<br />
signifikante Verbesserung h<strong>in</strong>sichtlich der Gebrauchstauglichkeit und Anwenderakzeptanz<br />
gegenüber konventionellen Bediensystemen erreichen lässt. Das generische Konzept<br />
zur nutzerzentrierten Erstkommunikation zwischen <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten und mobilen<br />
Endgeräten wurde am DFKI entwickelt, <strong>in</strong> verschiedenen Demonstratoren umgesetzt<br />
und unter realitätsnahen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> der SmartFactory-KL evaluiert.<br />
SCHLAGWÖRTER Mobile Bediensysteme / nutzerfreundliche Erstkommunikation /<br />
generische Geräteidentifikation / ubiquitous manufactur<strong>in</strong>g<br />
Smart phones and tablets <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustrial production –<br />
User-friendly operation of field devices<br />
The <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g complexity of flexible production systems <strong>in</strong> the factory of the future<br />
presents new challenges for a secure and <strong>in</strong>tuitive operation of production systems. There<br />
is a trend towards us<strong>in</strong>g universal mobile devices <strong>in</strong> the field of <strong>in</strong>dustrial production.<br />
As multimedia-based all-rounders, devices such as smartphones and tablets offer significant<br />
advantages compared to conventional devices, particularly dur<strong>in</strong>g communication<br />
<strong>in</strong>itiation. A concept is presented for user-friendly communication <strong>in</strong>itiation to reach<br />
better usability and acceptance. This generic concept was developed by the German Research<br />
Centre for Artificial Intelligence, implemented <strong>in</strong> several demonstrators, and evaluated<br />
<strong>in</strong> the SmartFactory-KL.<br />
KEYWORDS mobile devices / user-friendly communication <strong>in</strong>itiation /<br />
generic device identification / ubiquitous manufactur<strong>in</strong>g<br />
58<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
MATHIAS SCHMITT, DETLEF ZÜHLKE, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Kaiserslautern<br />
Stationäre und proprietäre Bediensysteme beherrschen<br />
derzeit den Markt bei <strong>in</strong>dustriellen<br />
Anlagen. Jede Masch<strong>in</strong>e besitzt e<strong>in</strong> eigenes auf<br />
sie zugeschnittenes System mit oftmals herstellerspezifischen<br />
Benutzungs- und Kommunikationsschnittstellen<br />
sowie Bedienphilosophien. Da dem<br />
Anwender ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche und universelle Schnittstelle<br />
zur Verfügung steht, gibt es das Problem der Anb<strong>in</strong>dung<br />
des Bediengerätes an das Feldgerät. Mit der Anzahl<br />
der Varianten von Bediengeräten steigt der Schulungs-<br />
und E<strong>in</strong>arbeitungsaufwand der Nutzer für die<br />
e<strong>in</strong>zelnen Masch<strong>in</strong>en und die Gefahr von Fehlbedienungen.<br />
Zudem kann der Ausfall e<strong>in</strong>es Bediengerätes zum<br />
unvermeidlichen Komplettausfall der jeweiligen Masch<strong>in</strong>e<br />
und gegebenenfalls zu erheblichen E<strong>in</strong>schränkungen<br />
<strong>in</strong> der gesamten Produktionskette führen.<br />
Seit e<strong>in</strong>iger Zeit lässt sich jedoch im Bereich der <strong>in</strong>dustriellen<br />
Bedienung e<strong>in</strong> Wandel erkennen. Der Trend<br />
führt weg von stationären h<strong>in</strong> zu mobilen, universellen<br />
Bediengeräten, die zunächst nur als Ergänzungen zu<br />
stationären Lösungen e<strong>in</strong>gesetzt wurden [5, 6]. E<strong>in</strong>en<br />
Ansatz, um die Bedienkomplexität für den Menschen<br />
signifikant zu reduzieren, stellt dabei der Transfer moderner<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
(IKT) aus dem Konsumgütermarkt <strong>in</strong> die Fabrikwelt dar.<br />
Dabei können moderne IKT, wie mobile Bediengeräte<br />
und Funktechnologien, als e<strong>in</strong>e der wichtigsten Schlüsselfaktoren<br />
für die zukünftige Entwicklung der Produktionsautomatisierung<br />
angesehen werden [4].<br />
1. POTENZIALE MOBILER INTERAKTIONSSYSTEME<br />
E<strong>in</strong>heitliche und universelle Bediensysteme lassen sich<br />
zur Steuerung e<strong>in</strong>er Vielzahl von Masch<strong>in</strong>en und Anlagen<br />
nutzen ohne dass der Anwender die Bedienhardware<br />
wechseln muss. Die Flexibilität und der hohe Sicherheitsstandard<br />
ermöglichen e<strong>in</strong>e effiziente Inbetriebnahme,<br />
Steuerung und Wartung der Anlage sowie der Masch<strong>in</strong>enteile<br />
[13, 18]. Neben den benötigten Ressourcen der<br />
bedienten Masch<strong>in</strong>e, wie beispielsweise die Benutzungsschnittstellen,<br />
kann auch der Energiebedarf und die Anzahl<br />
der Fehlbedienungen durch Vere<strong>in</strong>heitlichung verm<strong>in</strong>dert<br />
werden. E<strong>in</strong> weiterer Vorteil solcher Bediensysteme<br />
besteht <strong>in</strong> der verbesserten Ergonomie, welche<br />
durch die Mobilität erreicht wird. Durch den E<strong>in</strong>satz von<br />
Funktechnologien, zum Beispiel Bluetooth, WLAN oder<br />
ZigBee, als Schnittstelle zwischen Bediengerät und Anlage<br />
kann e<strong>in</strong>e Ortsungebundenheit erreicht werden [12].<br />
Aufgrund der Mobilität und der universellen E<strong>in</strong>setzbarkeit<br />
können diese Bediengeräte von e<strong>in</strong>em beliebigen Ort<br />
aus verschiedene Masch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der Anlage ansteuern [6].<br />
1.1 Transfer aus dem Konsumgütermarkt <strong>in</strong> die Industrie<br />
Im Zusammenhang mit der zunehmenden Mobilität der<br />
Nutzer und des Erfolgs heutiger mobiler, <strong>in</strong>teraktiver Systeme<br />
im Konsumgüterbereich, stellt die Verwendung mobiler<br />
Interaktionssysteme e<strong>in</strong>en vielversprechenden Lösungsansatz<br />
für die Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Interaktion <strong>in</strong> der<br />
Industrie dar. Die Etablierung und Verbreitung von persönlichen,<br />
mobilen Geräten im Konsumgütermarkt führt<br />
dazu, dass die Akzeptanz solcher Geräte für den <strong>in</strong>dustriellen<br />
E<strong>in</strong>satz steigt, weil unter anderem dem Anwender<br />
fortlaufend neue Dienste und Möglichkeiten eröffnet werden<br />
[5]. Die Komb<strong>in</strong>ation aus modernen Interaktionsparadigmen<br />
(zum Beispiel Multitouch) und die Öffnung der<br />
Interaktionsplattformen für neuartige Drittanwendungen<br />
(zum Beispiel <strong>in</strong>dustrielle Apps) bieten dabei die Grundlage<br />
für e<strong>in</strong>e steigende Flexibilität bei der Funktionsbereitstellung.<br />
Zusätzlich ergibt sich e<strong>in</strong>e deutlich höhere<br />
Gebrauchstauglichkeit und Anwenderfreundlichkeit [19].<br />
E<strong>in</strong>e Neuentwicklung dedizierter, mobiler Geräte- und<br />
Softwareplattformen für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz stellt<br />
unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgrund ger<strong>in</strong>ger<br />
Absatzmengen und hoher Entwicklungskosten nur<br />
bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Lösungsansatz dar. Die Adaption und Integration<br />
bestehender Hardware- (zum Beispiel Smartphone,<br />
Tablet) und Software-Technologien (zum Beispiel<br />
Android, IOS, W<strong>in</strong>dows) aus dem Konsumgütermarkt<br />
erweisen sich als vielversprechend, um den E<strong>in</strong>satz neu-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
59
HAUPTBEITRAG<br />
artiger Interaktionstechnologien <strong>in</strong> der Industrie zu ermöglichen.<br />
Die im Konsumgüterbereich etablierten<br />
Technologien und Interaktionskonzepte müssen daher<br />
für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz erweitert werden [19].<br />
Funkbasierte Kommunikationstechnologien s<strong>in</strong>d bereits<br />
seit e<strong>in</strong>igen Jahren <strong>in</strong> der Produktionsautomatisierung<br />
im E<strong>in</strong>satz. Hierfür wurden mobile, <strong>in</strong>dustrielle<br />
Bediengeräte entwickelt, die am Markt erhältlich s<strong>in</strong>d;<br />
unter anderem das Siemens Simatic Mobile Panel 277<br />
IWLAN oder das UCP 450 von der Firma unipo. Weitverbreitete<br />
Standards wie Radio Frequency Identification<br />
(RFID) und Near Field Communication (NFC) ermöglichen<br />
zudem e<strong>in</strong>e direkte Interaktion mit Feldgeräten<br />
auf der Automatisierungsebene. Demnach s<strong>in</strong>d die<br />
technologischen Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e Integration<br />
mobiler Interaktionstechniken <strong>in</strong> die <strong>in</strong>dustrielle Produktion<br />
gegeben [12].<br />
1.2 Herausforderungen im Produktionsumfeld<br />
Neben den genannten Potenzialen ergeben sich neue Herausforderungen,<br />
denen sich diese Bediensysteme im<br />
<strong>in</strong>dustriellen Umfeld, zum Beispiel aufgrund ihrer Flexibilität<br />
und Mobilität, stellen müssen [2, 3]. Für den<br />
wirtschaftlichen E<strong>in</strong>satz mobiler Bediensysteme muss<br />
e<strong>in</strong>e ad hoc Kommunikation gewährleistet se<strong>in</strong>. Zum<br />
Beispiel <strong>in</strong>dem der erste, zeitaufwändige Schritt der Konfiguration<br />
durch e<strong>in</strong>en automatischen Kommunikationsaufbau<br />
ersetzt wird. Im Bereich der <strong>in</strong>dustriellen Steuerungstechnik<br />
ist dies bislang nicht Stand der Technik.<br />
Die Problematik liegt <strong>in</strong> der Identifikation des zu bedienenden<br />
Feldgerätes. Anders als bei kabelgebundenen<br />
existiert bei den mobilen Bediensystemen ke<strong>in</strong>e physische<br />
Verb<strong>in</strong>dung. Da moderne Feldgeräte oftmals mehr<br />
als e<strong>in</strong>e Schnittstelle besitzen, besteht e<strong>in</strong>e weitere<br />
Schwierigkeit <strong>in</strong> der Auswahl und Konfiguration e<strong>in</strong>er<br />
geeigneten Kommunikationsschnittstelle.<br />
Ziel ist es, e<strong>in</strong>en generischen Ansatz zu etablieren, der<br />
e<strong>in</strong>e automatisierte Konfiguration und Inbetriebnahme<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustriellen Kommunikationsschnittstelle unterstützt,<br />
unter Berücksichtigung der Anforderungen e<strong>in</strong>es<br />
universellen Bediengerätes [7].<br />
1.3 Bisherige Forschungsergebnisse<br />
Im Forschungsbereich für Innovative Fabriksysteme des<br />
Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz<br />
(DFKI) wurde bereits e<strong>in</strong>e Vielzahl an Vorarbeiten<br />
im Bereich der mobilen und universellen Bedienung im<br />
<strong>in</strong>dustriellen Umfeld durchgeführt. Entstanden s<strong>in</strong>d realitätsnahe<br />
Demonstratoren, die auf technologisch unterschiedlichen<br />
Wegen den Kommunikationsaufbau und<br />
die Interaktion realisieren [13, 14, 15].<br />
Mobile Bediensysteme für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz<br />
unterscheiden sich durch zwei wesentliche Identifikationspr<strong>in</strong>zipien:<br />
Die erste Gruppe betrachtet konventionelle<br />
Identifikationsmethoden, basierend auf mobilen<br />
Bediengeräten, die speziell für den <strong>in</strong>dustriellen E<strong>in</strong>satz<br />
entwickelt wurden und auf dem Markt verfügbar s<strong>in</strong>d.<br />
Der Kommunikationsaufbau zwischen dem Bediengerät<br />
und dem zu identifizierenden Feldgerät <strong>in</strong> der Anlage<br />
wird beispielsweise über die Auswahl aus e<strong>in</strong>er Geräteliste<br />
durch den Anwender <strong>in</strong>itiiert. Die Geräteliste muss<br />
dafür statisch im Bediengerät h<strong>in</strong>terlegt werden [13].<br />
E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit ist die skizzenhafte Darstellung<br />
relevanter Anlagenteile über e<strong>in</strong>e grafische Benutzungsschnittstelle.<br />
Die Auswahl der Feldgeräte f<strong>in</strong>det<br />
hierbei über e<strong>in</strong>en berührungssensitiven Bildschirm oder<br />
über Softkeys statt [12]. Für den Datenaustausch werden<br />
funkbasierte Technologien verwendet (Bild 1). Beide Interaktionspr<strong>in</strong>zipien<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Industrie im E<strong>in</strong>satz.<br />
Die zweite Gruppe von Identifikationspr<strong>in</strong>zipien basiert<br />
auf mobilen Bediengeräten, die aus dem Konsumgüterbereich<br />
stammen. Für die mobile Inbetriebnahme, Parametrisierung<br />
und Steuerung von <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten nutzen<br />
Unternehmen gewöhnliche Smartphones und Tablets.<br />
Zur Initiierung e<strong>in</strong>es Kommunikationsaufbaus benötigen<br />
diese Identifikationsmethoden zum Beispiel e<strong>in</strong>en Berührungskontakt<br />
zwischen Bedien- und Feldgerät. Dadurch<br />
wird sichergestellt, dass der Datenaustausch mit dem richtigen<br />
Kommunikationspartner stattf<strong>in</strong>det. Diese Art von<br />
Berührungskontakt wird auch als Touch-and-Connect-<br />
Pr<strong>in</strong>zip bezeichnet. Zur Realisierung stehen unterschiedliche,<br />
passive Datenspeicher, wie magnetische und elektrische<br />
Identifier zur Verfügung (RFID, NFC, WLAN). Alternativ<br />
dazu lassen sich optische Datenspeicher (1D/2D-Barcode,<br />
QR-Code) verwenden, die mit der im Bediengerät<br />
<strong>in</strong>tegrierten Kamera erfasst werden. Dadurch wird e<strong>in</strong><br />
ad-hoc-Kommunikationsaufbau unterstützt, ohne dass e<strong>in</strong>e<br />
Vorkonfiguration oder -programmierung notwendig ist.<br />
Die wesentlichen Aspekte der zweiten Methodengruppe<br />
s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>tuitive Identifikation der Feldgeräte, die<br />
automatische Konfiguration der Kommunikationsschnittstelle<br />
sowie die Organisation von Mehrnutzerverhalten<br />
und die sichere Handhabung von N:M-Kommunikationsverb<strong>in</strong>dungen<br />
[1, 7].<br />
2. ANSATZ ZUR INTUITIVEN ERSTKOMMUNIKATION<br />
Der Verb<strong>in</strong>dungsaufbau mittels e<strong>in</strong>es universellen Bediengeräts<br />
zwischen Nutzer und Feldgerät stellt den<br />
ersten Schritt der Interaktion dar. Hierfür muss das zu<br />
verb<strong>in</strong>dende Feldgerät durch das Bediengerät identifiziert<br />
werden. Heute sieht der Ablauf für den Aufbau<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustriellen Erstkommunikation zu e<strong>in</strong>em Feldgerät<br />
vor, dass der Typ des Feldgeräts anhand Dokumentationen<br />
oder Typenschildern ermittelt, die Konfigurationsparameter<br />
nachgeschlagen und diese Parameter <strong>in</strong><br />
die oftmals proprietären Konfigurationsumgebungen<br />
der beiden Kommunikationsparameter e<strong>in</strong>getragen werden.<br />
Dies geschieht meist textuell über Auswahllisten,<br />
wobei vorkonfigurierte, verfügbare Geräte zur Auswahl<br />
stehen, oder alternativ mittels e<strong>in</strong>er grafischen Darstellung<br />
der Anlage.<br />
Ist die Erstkommunikation aufgebaut, ergeben sich für<br />
den Spezialfall mobiler Bediengeräte weitere Herausforderungen<br />
(zum Beispiel Zugriffsrechte und Mehrnutzerverhalten).<br />
Aufgrund des mobilen Charakters dieser<br />
Geräte ist es e<strong>in</strong>em Nutzer nicht möglich, festzustellen,<br />
ob noch e<strong>in</strong> weiterer Nutzer mit dem <strong>in</strong>dustriellen Feldgerät<br />
verbunden ist. Diese Unsicherheit birgt viele mögliche<br />
Fehlerquellen. Im Fall der simultanen Bedienung<br />
(zum Beispiel Interaktion mit Robotern im Gefahrenbereich)<br />
können sich diese von Produktionsausfällen bis<br />
h<strong>in</strong> zu Gefahrensituationen erstrecken (Bild 2).<br />
60<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Es hat sich gezeigt, dass e<strong>in</strong> Informationsdefizit für den<br />
E<strong>in</strong>satz von mobilen Bediengeräten zur Kommunikation mit<br />
zuvor unbekannten <strong>in</strong>dustriellen Geräten für den Anwendungskontext<br />
e<strong>in</strong>er wandlungsfähigen Fabrik besteht. Die<br />
notwendigen Voraussetzungen müssen geschaffen werden,<br />
um e<strong>in</strong> mobiles Bediengerät <strong>in</strong>tuitiv und effizient <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
wandlungsfähigen Fabrikumgebung an zuvor unbekannte,<br />
<strong>in</strong>dustrielle Geräte und deren Kontext unter Berücksichtigung<br />
der funktionalen Sicherheit zu adaptieren (Bild 3).<br />
2.1 Konzeptionelle Anforderungen<br />
Der <strong>in</strong>tuitive und sichere Verb<strong>in</strong>dungsaufbau zwischen<br />
Feldgeräten und mobilen Bediengeräten stellt e<strong>in</strong> wesentliches<br />
Kriterium dar, um die notwendige Akzeptanz von<br />
mobilen Systemen zu erreichen. Deshalb muss die Frage<br />
nach der automatischen Konfiguration der Kommunikationsschnittstelle<br />
beantwortet werden. Dafür müssen<br />
generische Attribute erhoben werden, welche die verschiedenen,<br />
direkten und <strong>in</strong>direkten Zugangsmöglichkeiten<br />
zu <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten, deren Kommunikationsschnittstellen<br />
und zusätzlich den aufgabenspezifischen<br />
Kontext berücksichtigen, wie die Nutzeranforderungen<br />
und das Mehrnutzerverhalten. Auf Grundlage<br />
der erhobenen Attribute lässt sich e<strong>in</strong> generisches Datenformat<br />
entwickeln, welches den Anforderungen e<strong>in</strong>es<br />
automatischen Kommunikationsaufbaus genügt [7].<br />
Bei der technischen Realisierung gilt es, die beiden<br />
grundlegenden Anforderungen der <strong>in</strong>tuitiven Identifikation<br />
und der automatischen Konfiguration zu e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />
Methode zu überführen: Auf Grundlage des<br />
generischen Datenformats soll e<strong>in</strong> gerätespezifisches Datenformat<br />
abgeleitet werden, welches im Moment der<br />
Identifikation übertragen wird. Diese Informationen werden<br />
auf passiven Datenspeichern direkt am Feldgerät<br />
h<strong>in</strong>terlegt. Diese komb<strong>in</strong>ierte Methode wurde <strong>in</strong> der<br />
SmartFactory-KL umgesetzt und evaluiert.<br />
2.2 Technologischer Ansatz<br />
Kern des Konzeptes zur nutzerfreundlichen Erstkommunikation<br />
zwischen e<strong>in</strong>em stationären Feldgerät und mobilen<br />
Bediengeräten ist e<strong>in</strong> Referenzmodell, welches alle<br />
für den <strong>in</strong>itialen Kommunikationsaufbau relevanten Informationen<br />
<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es passiven Datenspeichers direkt<br />
am Feldgerät h<strong>in</strong>terlegt [16, 17].<br />
Die Etablierung des generischen Kommunikationsaufbaus<br />
zwischen zwei unbekannten Feldgeräten stellt e<strong>in</strong>e<br />
vielschichtige Herausforderung dar. Es wurde e<strong>in</strong> Konzept<br />
erarbeitet, welches die wesentlichen Informationen für<br />
den Kommunikationsaufbau zwischen e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dustriellen<br />
Feldgerät und e<strong>in</strong>em mobilen Bediengerät zusammenstellt<br />
und dadurch den automatischen Kommunikationsaufbau<br />
ermöglicht.<br />
Konventionell<br />
textuell<br />
Touch-and-<br />
Connect<br />
Touch-and-<br />
Connect<br />
elektronisch<br />
BILD 1: Übersicht<br />
Identifikationsmethoden<br />
mobiler Bediensysteme<br />
grafisch<br />
Touch-and-<br />
Connect<br />
optisch<br />
1. Identifizieren<br />
2. Konfiguration<br />
Schnittstelle und<br />
Kommunikationsaufbau<br />
3. Kommunizieren<br />
BILD 2: Vernetzte Automatisierung und<br />
E<strong>in</strong>satz mobiler Bediensysteme [11]<br />
BILD 3: Vorgehensweise zur generischen<br />
Geräteidentifikation mittels Touch and Connect [15]<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
61
HAUPTBEITRAG<br />
BILD 4: Universeller Geräte-Identifier<br />
BILD 5: Ermittlung des Kommunikationskontexts [15]<br />
BILD 6: Realisierung <strong>in</strong> der<br />
SmartFactory-KL<br />
BILD 7:<br />
Exemplarisches<br />
Bewertungsportfolio<br />
der evaluierten<br />
Bediengeräte [20]<br />
Grundlagen digitaler Datenspeicher<br />
Die Kommunikationsschnittstelle sowie das Feldgerät<br />
selbst werden durch das generische Schnittstellenmodell<br />
beschrieben. Hierbei ist es wichtig, alle relevanten<br />
Informationen e<strong>in</strong>zubeziehen. Der Nutzer kann dadurch<br />
identifiziert und die Zugriffsrechte <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Mehrnutzersystems verwaltet werden. Alle Informationen<br />
werden auf e<strong>in</strong>em passiven Datenspeicher h<strong>in</strong>terlegt,<br />
welcher direkt an dem entsprechenden Feldgerät<br />
angebracht wird.<br />
Die neuen Identifikationsmethoden basieren auf e<strong>in</strong>em<br />
generischen Referenzmodell. Unterschiedliche, passive<br />
Datenspeicher unterstützen e<strong>in</strong>en ad hoc Kommunikationsaufbau,<br />
ohne dass dabei e<strong>in</strong>e Vorkonfiguration oder<br />
-programmierung notwendig ist. Diese Identifikationsmethoden<br />
benötigen lediglich e<strong>in</strong>en physikalischen Verb<strong>in</strong>dungsaufbau<br />
zwischen Bediengerät und dem jeweiligen<br />
Identifier. Es wird zwischen elektrischen und optischen<br />
Identifikationsmethoden unterschieden.<br />
E<strong>in</strong> großer Vorteil von Barcodes und RFID- beziehungsweise<br />
NFC-Technik ist, dass Daten oder Informationen<br />
codiert und von e<strong>in</strong>em Lesegerät schnell e<strong>in</strong>gelesen<br />
werden können [9]. Da der Aufbau und die grundsätzliche<br />
Vorgehensweise bei RFID- und NFC-Systemen<br />
identisch s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>det zwischen den beiden passiven<br />
Datenspeichern ke<strong>in</strong>e Differenzierung statt. Im Gegensatz<br />
zur RFID-Technologie muss im Fall der optischen<br />
Datenspeicherung mittels e<strong>in</strong>es Barcodes e<strong>in</strong>e Sichtverb<strong>in</strong>dung<br />
bestehen, um e<strong>in</strong>e Datenübertragung zu <strong>in</strong>itialisieren<br />
(Bild 4).<br />
Optische und elektrische Identsysteme<br />
Optische Identsysteme, wie sie <strong>in</strong> der Industrie zum E<strong>in</strong>satz<br />
kommen, dienen meist zur automatischen Datenspeicherung<br />
und -erfassung. Es gibt e<strong>in</strong>e Vielzahl solcher<br />
Systeme, die sich <strong>in</strong> ihrer Leistungsfähigkeit und <strong>in</strong> den<br />
Kosten stark unterscheiden. Altbewährte und kostengünstige<br />
Systeme für die Massenanwendungen im Be-<br />
62<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
eich der Warenkennzeichnung s<strong>in</strong>d ebenso vorhanden<br />
wie zuverlässige und fälschungssichere Systeme <strong>in</strong> der<br />
Personenidentifikation [8].<br />
RFID ist wie die 1D-/2D-Codierverfahren für die Erfassung,<br />
Speicherung und Weitergabe von Informationen verwendbar<br />
und ermöglicht mittels e<strong>in</strong>es elektromagnetischen<br />
Feldes [9] e<strong>in</strong>e berührungslose Kommunikation, die ke<strong>in</strong>en<br />
Sichtkontakt erfordert. Informationen werden über dieses<br />
Feld durch den Sender an den Empfänger übertragen [10].<br />
NFC ist ebenfalls e<strong>in</strong>e kontaktlose Technologie zum Austausch<br />
von Daten und Nachrichten über kurze Distanzen.<br />
NFC verwendet bestehende Standards im Bereich von<br />
RFID-Technologien und Chipkarten und basiert somit auf<br />
e<strong>in</strong>er erprobten und ausgereiften Methode. Im Gegensatz<br />
zu Bluetooth oder anderen drahtlosen Kommunikationsnetzwerken<br />
sieht der E<strong>in</strong>satz vor, dass jede Aktion mit e<strong>in</strong>er<br />
bewussten Annäherung an e<strong>in</strong> NFC-Tag verbunden ist und<br />
somit mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen und willentlichen Zuordnung<br />
[8]. E<strong>in</strong> NFC-Tag ist ‐ entsprechend dem RFID-Tag ‐ e<strong>in</strong><br />
passiver Datenspeicher, auf dem Daten h<strong>in</strong>terlegt werden,<br />
die e<strong>in</strong> NFC-fähiges Smartphone lesen kann.<br />
2.3 Kontext<strong>in</strong>formationen<br />
Bei der Kommunikation mit e<strong>in</strong>em Feldgerät mittels Smartphone<br />
und Tablet müssen unterschiedlichste Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
beachtet werden, bevor e<strong>in</strong>e Bedienung möglich<br />
ist. In der <strong>in</strong>dustriellen Praxis werden viele dieser Bed<strong>in</strong>gungen<br />
durch den Masch<strong>in</strong>enbediener überprüft, und falls<br />
die Voraussetzungen nicht gegeben s<strong>in</strong>d, mit Hilfe se<strong>in</strong>es<br />
Expertenwissens nachträglich bereitgestellt. Ist dieses Expertenwissen<br />
nicht vorhanden, ist e<strong>in</strong>e Bedienung oft nur<br />
mit erhöhtem Zeitaufwand zu realisieren. Ausgehend von<br />
e<strong>in</strong>em automatischen Kommunikationsaufbau mittels e<strong>in</strong>es<br />
mobilen Bediengeräts resultiert die Anforderung, dieses<br />
Wissen formal zu beschreiben (Bild 5).<br />
Nutzerspezifischer Kontext<br />
Die Interaktion mit <strong>in</strong>dustriellen Feldgeräten setzt die Berücksichtigung<br />
von unterschiedlichen Nutzerqualifikationen,<br />
Zugriffsrechten der Nutzer und Aufgabenprioritäten<br />
voraus (Wer ist berechtigt e<strong>in</strong>e Aufgabe durchzuführen?).<br />
Die Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit von Informationen<br />
soll sichergestellt werden. Safety und Security<br />
spielen dabei e<strong>in</strong>e übergeordnete Rolle. Die Zugriffsberechtigungen<br />
der verschiedenen Anwender müssen bei Mehrnutzersystemen<br />
zentral geregelt werden (Wie viele Nutzer<br />
dürfen gleichzeitig <strong>in</strong>teragieren?). Dabei werden die Anwender<br />
<strong>in</strong> Nutzergruppen e<strong>in</strong>geteilt, denen über Prioritätsklassen<br />
Zugriffsrechte erteilt werden. Die Ausprägungen<br />
der Zugriffsrechte s<strong>in</strong>d unter anderem von der Qualifikation<br />
des Anwenders und der aktuell durchgeführten Aufgabe<br />
abhängig. So hat zum Beispiel e<strong>in</strong> Wartungstechniker<br />
andere Aufgabenbereiche als der Masch<strong>in</strong>enführer.<br />
Gerätespezifischer Kontext<br />
Die Konfiguration e<strong>in</strong>er sicheren Kommunikationsschnittstelle<br />
spielt vor allem <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>e auszuführende<br />
Aufgabe e<strong>in</strong>e große Rolle (Wie muss e<strong>in</strong>e Kommunikationsschnittstellen<br />
parametrisiert se<strong>in</strong>?). Dies be<strong>in</strong>haltet die<br />
Störsicherheit der Verb<strong>in</strong>dung und die zugesicherten Laufzeiten<br />
der Signale. Für <strong>in</strong>dustrielle Feldgeräte bedeutet<br />
dies die Berücksichtigung e<strong>in</strong>er Vielzahl von möglichen<br />
Kommunikationsschnittstellen. Unter der Annahme, dass<br />
e<strong>in</strong> universelles Bediengerät alle diese Schnittstellen bereitstellen<br />
kann, wurde e<strong>in</strong>e Möglichkeit geschaffen, universelle<br />
Bediengeräte automatisch entsprechend den Anforderungen<br />
der Kommunikationsschnittstelle des Feldgeräts<br />
zu konfigurieren.<br />
Die Frage nach der Aufgabenfreigabe hängt meist von<br />
dem aktuellen Zustand der gesamten Produktionse<strong>in</strong>heit<br />
ab (Wann darf <strong>in</strong>teragiert werden?). E<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Beobachtungsaufgabe<br />
des Nutzers ist bei jedem Anlagenzustand<br />
möglich. Die Änderung von Parametern ist jedoch nur unter<br />
gewissen Randbed<strong>in</strong>gungen und die Bedienung von<br />
sicherheitskritischen Funktionen nur bei Anlagenstillstand<br />
erlaubt, zum Beispiel bei Instandhaltungsarbeiten <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Roboterzelle.<br />
2.4 Mehrnutzerverhalten und Rechtevergabe<br />
Durch den mobilen Charakter des universellen Bediengeräts<br />
ist e<strong>in</strong>e Freigabe für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Nutzer nicht<br />
ausreichend. Deshalb wurde e<strong>in</strong>e Mehrnutzerverwaltung<br />
konzipiert, welche den Grundste<strong>in</strong> legt, um e<strong>in</strong>e simultane<br />
Bedienung <strong>in</strong>dustrieller Anlagen zu ermöglichen.<br />
Dazu ist es notwendig, den aktuellen Status bezüglich<br />
der Nutzer<strong>in</strong>teraktion e<strong>in</strong>es Feldgeräts zu kennen. Durch<br />
die Server-Anmeldung des Nutzers mittels e<strong>in</strong>es universellen<br />
Bediengeräts und der Anfrage auf Freigabe e<strong>in</strong>es<br />
spezifischen Feldgeräts ist lediglich die Information vorhanden,<br />
dass e<strong>in</strong> Nutzer e<strong>in</strong> Gerät durch se<strong>in</strong> universelles<br />
Bediengerät identifiziert hat. Der Nutzer-Server hat<br />
jedoch ke<strong>in</strong>erlei Informationen darüber, ob e<strong>in</strong> Nutzer<br />
tatsächlich mit dem Feldgerät <strong>in</strong>teragiert. Daher müssen<br />
zwischen dem Bediengerät und dem Nutzer-Server weitere<br />
Informationen bezüglich des Nutzerverhaltens übermittelt<br />
werden. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt genügt es, den<br />
Nutzer-Server über den Zeitpunkt zu <strong>in</strong>formieren, wann<br />
e<strong>in</strong> Nutzer <strong>in</strong> Interaktion mit dem Feldgerät getreten ist<br />
und zu welchem Zeitpunkt er diese Operation abgeschlossen<br />
hat. Das heißt, e<strong>in</strong> Nutzer ist über e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e<br />
Beobachtung von Prozessparametern h<strong>in</strong>aus mit der<br />
Prozessbedienung, der Parametrierung oder der Konfiguration<br />
des Feldgeräts beschäftigt [7].<br />
Alle<strong>in</strong>e auf Basis dieser Information ist der Server <strong>in</strong> der<br />
Lage, weiteren Nutzern, die über die re<strong>in</strong>e Prozessbeobachtung<br />
h<strong>in</strong>aus Operationen an dem Feldgerät durchführen<br />
wollen, den Zugriff zu verweigern und diese über den<br />
aktuellen Nutzer zu <strong>in</strong>formieren. Durch diese Information<br />
können zusätzliche Nutzer mit dem aktuellen Nutzer <strong>in</strong><br />
Kontakt treten und die nächsten Schritte planen.<br />
3. EVALUATION MOBILER BEDIENKONZEPTE<br />
Bei der Interaktion mit Feldgeräten <strong>in</strong> der wandlungsfähigen<br />
Fabrik muss der Mensch als Nutzer die bestmögliche<br />
Unterstützung erhalten, um die flexible Produktion<br />
effizient und zuverlässig zu gestalten. Daher sollte die<br />
nutzerfreundliche Gestaltung zukünftiger Produktionssysteme<br />
im Vordergrund jeglicher Entwicklung stehen<br />
[1, 2]. Das Konzept der generischen Geräteidentifikation<br />
wurde deshalb unter realitätsnahen Bed<strong>in</strong>gungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Gebrauchstauglichkeit und der Nutzerfreundlichkeit<br />
evaluiert.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
63
HAUPTBEITRAG<br />
3.1 Testumfeld SmartFactory-KL und Testbed<strong>in</strong>gungen<br />
Die SmartFactory-KL ist e<strong>in</strong>e Technologie<strong>in</strong>itiative mit<br />
dem Ziel, <strong>in</strong>novative Industrieanlagetechnik mit e<strong>in</strong>er<br />
weiten Bandbreite von Anwendungen <strong>in</strong> den verschiedensten<br />
Wirtschaftsbranchen zu entwickeln. Zusätzlich<br />
soll deren Anwendung und Verbreitung gefördert<br />
und die Grundlage für e<strong>in</strong>e breite Nutzung <strong>in</strong>novativer<br />
Techniken <strong>in</strong> Wissenschaft und Praxis geschaffen werden.<br />
Dabei verkörpert sie die Visionen modernster Produktionsumgebungen<br />
der nächsten Generation (Bild 6).<br />
Durch die Implementierung der Methoden zur Geräteidentifikation<br />
und die Durchführung der experimentellen<br />
Untersuchung <strong>in</strong> der SmartFactory-KL wurde für e<strong>in</strong><br />
realistisches Testumfeld gesorgt. Die experimentelle<br />
Untersuchung wurde mit repräsentativen Testpersonen<br />
durchgeführt.<br />
Für die Usability-Tests wurden Hypothesen aufgestellt,<br />
die im Zusammenhang mit der experimentellen Untersuchung<br />
überprüft wurden. Die generelle Hypothese,<br />
dass die Methoden zur Geräteidentifikation, die auf dem<br />
Touch-and-Connect-Pr<strong>in</strong>zip basieren, e<strong>in</strong>e höhere Gebrauchstauglichkeit<br />
beziehungsweise Nutzerfreundlichkeit<br />
aufweisen als die konventionellen Methoden zur<br />
Geräteidentifikation, konnte im Rahmen dieser experimentellen<br />
Untersuchung überprüft werden.<br />
3.2 Usability-Evaluation<br />
Gegenstand der experimentellen Untersuchung war der<br />
aufgabenbasierte Erstkommunikationsaufbau zu e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>dustriellen Feldgerät, weshalb die Untersuchungsschwerpunkte<br />
ausschließlich auf dem Identifikationsvorgang<br />
und dem <strong>in</strong>itialen Kommunikationsaufbau lagen.<br />
Messgrößen<br />
Um aussagekräftige Ergebnisse h<strong>in</strong>sichtlich der Usability<br />
zu erzielen, wurden gemäß DIN 9241-11 die Messgrößen<br />
Effektivität und Effizienz, die zusammen Auskunft<br />
über die Robustheit geben, und Zufriedenstellung berücksichtigt.<br />
REFERENZEN<br />
[1] Floerch<strong>in</strong>ger, F., Schmitt, M.: A Concept for a user-friendly<br />
first Communication Initiation between Stationary Field<br />
Devices and Mobile Interaction Devices. In: Proc. 18th IFAC<br />
World Congress, S. 1614-1619, IFAC 2011<br />
[2] Zuehlke, D.: SmartFactory – From Vision to Reality <strong>in</strong><br />
Factory Technologies. In: Proc. 17th IFAC World Congress,<br />
S. 82-89, IFAC 2008<br />
[3] Zuehlke, D.: SmartFactory – Towards a factory-of-th<strong>in</strong>gs.<br />
Annual Reviews <strong>in</strong> Control 34, S. 129-138, 2010<br />
[4] Terwiesch, P., Ganz, C.: Trends <strong>in</strong> Automation. In: Nof<br />
(Hrsg.), Spr<strong>in</strong>ger Handbook of Automation, S. 127-143,<br />
Spr<strong>in</strong>ger, Berl<strong>in</strong>, 2009.<br />
[5] Roussos, G., Marsh, A. J., Maglavera, S.: Enabl<strong>in</strong>g<br />
Pervasive Comput<strong>in</strong>g with Smart Phones, IEEE Pervasive<br />
Comput<strong>in</strong>g 4(2), S. 20-27, 2005<br />
[6] Joehnssen, O.: Flexibilität und Verfügbarkeit erhöhen<br />
- Anlagenweites mobiles Bedienen und Beobachten. IT<br />
Production 9, S. 22-24, 2010<br />
[7] Flörch<strong>in</strong>ger, F.: Entwicklung e<strong>in</strong>er generischen Geräteidentifikation<br />
zur Erstkommunikation mit <strong>in</strong>dustriellen<br />
Feldgeräten mittels mobiler Bediensysteme. Dissertation<br />
TU Kaiserlautern, 2012<br />
[8] Kern, C. J.: Anwendung von RFID-Systemen. Berl<strong>in</strong>,<br />
Spr<strong>in</strong>ger 2007<br />
[9] Ziegler, J., Urbas, L.: Advanced Interaction Metaphors for<br />
RFID-Tagged Physical Artefacts. In: Proc. IEEE Int. Conf. on<br />
RFID-Technologies and Applications, S. 73-80, doi:10.1109/<br />
RFID-TA.2011.6068619<br />
[10] F<strong>in</strong>kenzeller, K.: RFID-Handbuch : Grundlagen und<br />
praktische Anwendungen <strong>in</strong>duktiver Funkanlagen,<br />
Transponder und kontaktloser Chipkarten. München,<br />
Hanser 2006<br />
[11] Zuehlke, D.: SmartFactory - A Vision becomes Reality. In:<br />
Proc. 13th IFAC Symposium on Information Control Problems<br />
<strong>in</strong> Manufactur<strong>in</strong>g (INCOM 09), S. 31-39, ICS/RAS 2009<br />
[12] Schnurrer, M., Görlich, D.: Entwicklung e<strong>in</strong>es universellen<br />
Bediengerätes zur drahtlosen und mobilen Interaktion. In:<br />
Tagungsband AUTOMATION 2010, S. 401-405, Düsseldorf,<br />
VDI 2010<br />
[13] Görlich, D., Stephan, P., Quadflieg, J.: Demonstrat<strong>in</strong>g<br />
Remote Operation of Industrial Devices us<strong>in</strong>g Mobile<br />
Phones. In: Proc. 4th Int. Conf. Mobile Technology,<br />
Applications and Systems, S. 482-485, ACM 2007<br />
[14] Meixner, G.: Mobile Interaktionstechniken <strong>in</strong> der Fabrik der<br />
Zukunft. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> - Automatisierungstechnische Praxis<br />
54(12), S. 48-54, 2011<br />
[15] Floerch<strong>in</strong>ger, F., Seißler, M.: A concept for a first communication<br />
<strong>in</strong>itiation for ambient <strong>in</strong>telligent <strong>in</strong>dustrial environments.<br />
In: Proc. 1st Int. Jo<strong>in</strong>t Conf. on Ambient Intelligence,<br />
S. 270-275., Spr<strong>in</strong>ger, Berl<strong>in</strong>, 2011<br />
[16] Wahlster, W., Kröner, A., Schneider, M., Baus, J.: Shar<strong>in</strong>g<br />
Memories of Smart Products and their Consumers <strong>in</strong><br />
Instrumented Environments, it – Information Technology<br />
50(1), S. 45-50, 2008<br />
[17] Stephan, P., Flörch<strong>in</strong>ger, F.: Das Produkt als Informationsträger<br />
– Digitale Produktgedächtnisse als Medium zur<br />
Kommunikation <strong>in</strong> heterogenen Wertschöpfungsketten. In:<br />
Tagungsband AUTOMATION 2010, S. 343-348, Düsseldorf,<br />
VDI 2010<br />
[18] Meixner, G., Petersen, N., Koessl<strong>in</strong>g H.: User Interaction<br />
Evolution <strong>in</strong> the SmartFactoryKL. In: Proc. 24th BCS Int.<br />
Conf. Human Computer Interaction, S.211-220, BCI 2010<br />
[19] Verclas, S., L<strong>in</strong>nhoff-Popien, C. (Hrsg): Smart Mobile Apps.<br />
Mit Bus<strong>in</strong>ess-Apps <strong>in</strong>s Zeitalter mobiler Geschäftsprozesse.<br />
München, Spr<strong>in</strong>ger, 2010<br />
[20] Hassenzahl, M., Burmester, M., Koller, F.: AttrakDiff: E<strong>in</strong><br />
Fragebogen zur Messung wahrgenommener hedonischer<br />
und pragmatischer Qualität. In: Tagungsband Mensch &<br />
Computer 2003, S. 187-196, Teuber, 2003<br />
64<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Effektivität: Wurde die Anwendungsaufgabe<br />
korrekt und vollständig ausgeführt?<br />
Effizienz beziehungsweise Produktivität:<br />
Wurde die Aufgabe <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es akzeptablen<br />
Zeitrahmens abgeschlossen?<br />
Zufriedenheit: S<strong>in</strong>d die Anwender mit der<br />
Interaktion zufrieden?<br />
Die Interaktion bezeichnet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
das wechselseitige Aufe<strong>in</strong>anderwirken von Benutzer<br />
und Bediensystem. Sicherheitsaspekte spielten im Zuge<br />
dieser Untersuchung ke<strong>in</strong>e Rolle und wurden deshalb<br />
nicht als Messkriterium aufgenommen.<br />
Evaluationsauswertung<br />
Die Auswertung der experimentellen Evaluation zeigte<br />
deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen<br />
von Identifikationsmethoden, h<strong>in</strong>sichtlich der festgelegten<br />
Untersuchungskriterien. Die im Vorfeld aufgestellten<br />
Hypothesen zur Benutzerfreundlichkeit, Robustheit und<br />
Attraktivität der evaluierten Geräteidentifikationsmethoden<br />
konnten alle durch auswerten der erhobenen Messgrößen<br />
bestätigt werden.<br />
Die Identifikationsmethoden, die auf dem Touch-and-<br />
Connect-Pr<strong>in</strong>zip beruhen, lagen dabei bei allen Bewertungskriterien<br />
deutlich vor den konventionellen Identifikationsmethoden<br />
(Bild 7). Die Tatsache, dass der Kommunikationsaufbau<br />
alle<strong>in</strong>e durch die Informationen des Referenzmodells<br />
<strong>in</strong>itiiert wird, geht mit e<strong>in</strong>em großen<br />
Verbesserungspotenzial h<strong>in</strong>sichtlich der Ergonomie, der<br />
Fehlerhäufigkeit und dem Ressourcenverbrauch e<strong>in</strong>her [7].<br />
Während der Evaluation wurde ebenfalls die Zeit erfasst,<br />
die jeder Teilnehmer benötigte, um die Aufgaben<br />
effektiv zu lösen. Die Zeiterfassung diente als Maß der<br />
zeitlichen Effizienz. Im H<strong>in</strong>blick auf die Effektivität war<br />
von Interesse, wie hoch die Genauigkeit und die Vollständigkeit<br />
bei der eigentlichen Aufgabenlösung ist. Die<br />
Auswertung zeigte, dass die Touch-and-Connect-basierten<br />
Methoden h<strong>in</strong>sichtlich der Effizienz und Effektivität<br />
deutlich besser abschneiden, als die konventionellen<br />
Methoden [7].<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Touchand-Connect-basierten<br />
Identifikationsmethoden e<strong>in</strong>en<br />
vielversprechenden Ansatz darstellen, der das universelle<br />
und mobile Bedienen <strong>in</strong> Industrieanlagen grundlegend<br />
verändern kann. In der Fabrik von morgen können<br />
sich Bedien- und Feldgeräte ohne Konfigurationsaufwand<br />
verb<strong>in</strong>den und dem Anwender alle Funktionen<br />
entsprechend se<strong>in</strong>er Qualifikation bereitstellen [1, 7].<br />
FAZIT UND AUSBLICK<br />
Die generische Geräteidentifikation mittels mobiler Bediengeräte<br />
für e<strong>in</strong>en nutzerzentrierten und aufgabenbasierten<br />
Kommunikationsaufbau stellt e<strong>in</strong>en weiteren<br />
Schritt <strong>in</strong> Richtung <strong>in</strong>tuitiver Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Interaktion<br />
und damit <strong>in</strong> Richtung der nutzerfreundlichen<br />
Fabrik der Zukunft dar. Das Kernelement der Geräteidentifikation<br />
bildet dabei e<strong>in</strong> Referenzmodell, welches auf<br />
passiven Datenträgern abgelegt ist und als e<strong>in</strong>e Art „Anker<br />
der realen Welt“ Kontextquellen referenziert. Das<br />
angestrebte Ziel der generischen Geräteidentifikation ist,<br />
Daten nicht wie bisher üblich zu sammeln und dem stän-<br />
digen Aufwand der Datenpflege anheim zu fallen, sondern<br />
die Daten zum benötigten Zeitpunkt an ihrer Quelle<br />
zu ermitteln und zu bewerten. So ist die Schnittstellenbeschreibung<br />
direkt am Feldgerät h<strong>in</strong>terlegt. Die<br />
Nutzerqualifikation ist wiederum der Personaldatenbank<br />
zu entnehmen.<br />
Die Ergebnisse der Evaluation haben gezeigt, dass sich<br />
weiteres Engagement im Bereich der generischen Geräteidentifikation<br />
lohnt. Der E<strong>in</strong>satz von mobilen Bediengeräten,<br />
<strong>in</strong>sbesondere von Smartphones und Tablets, bietet<br />
den Vorteil, dass kostspielige, stationäre Schnittstellen<br />
e<strong>in</strong>gespart werden können. Außerdem ist die Akzeptanz<br />
des Nutzers durch die weite Verbreitung solcher Geräte<br />
auf dem Konsumermarkt gewährleistet. Damit stellt die<br />
Verwendung von Smartphones und Tablets e<strong>in</strong>en vielversprechenden<br />
Ansatz zur mobilen und universellen<br />
Bedienung im <strong>in</strong>dustriellen Umfeld dar.<br />
ANMERKUNG<br />
AUTOREN<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
01.10.2012<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Das Konzept der generischen Geräteidentifikation zur Erstkommunikation<br />
wurde im Rahmen der Dissertation von Herrn Dr.-Ing.<br />
Flörch<strong>in</strong>ger entwickelt und umgesetzt. Er ist seit Oktober 2011 für<br />
die BASF SE im Arbeitsgebiet Manufactur<strong>in</strong>g Execution Systems der<br />
Fachzentren für Automatisierung und Elektrotechnik tätig.<br />
Dipl.-Wirtsch.-Ing. MATHIAS SCHMITT<br />
(geb. 1983) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
am Deutschen Forschungszentrum für<br />
künstliche Intelligenz (DFKI) <strong>in</strong> Kaiserslautern.<br />
Im Bereich Innovativer Fabriksysteme<br />
beschäftigt er sich unter anderem<br />
mit der Entwicklung von <strong>in</strong>novativen<br />
Bedien konzepten im <strong>in</strong>dustriellen Umfeld.<br />
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH,<br />
Trippstadter Straße 122, D-67663 Kaiserslautern,<br />
Tel. +49 (0) 631 205 75 34 16, E-Mail: mathias.schmitt@dfki.de<br />
Prof. Dr.-Ing. DETLEF ZÜHLKE (geb. 1949)<br />
leitet den Forschungsbereichs Innovative<br />
Fabriksysteme (IFS) am Deutschen Forschungszentrum<br />
für Künstliche Intelligenz<br />
(DFKI) <strong>in</strong> Kaiserslautern. Er ist Inhaber des<br />
Lehrstuhls für Produktionsautomatisierung<br />
(pak) an der Technischen Universität <strong>in</strong><br />
Kaiserslautern.<br />
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH,<br />
Trippstadter Straße 122, D-67663 Kaiserslautern,<br />
Tel. +49 (0) 631 205 75 34 01, E-Mail: detlef.zuehlke@dfki.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013<br />
65
IMPRESSUM / VORSCHAU<br />
IMPRESSUM<br />
VORSCHAU<br />
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DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />
Arnulfstraße 124, D-80636 München<br />
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Telefax + 49 (0) 89 203 53 66 99<br />
www.di-verlag.de<br />
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Spartenleiter<strong>in</strong>:<br />
Anne Hütter<br />
Herausgeber:<br />
Dr.rer.nat. Thomas Albers<br />
Dr. Gunther Kegel<br />
Dipl.-Ing. Hans-Georg Kumpfmüller<br />
Dr.-Ing. Wilhelm Otten<br />
Beirat:<br />
Dr.-Ing. Kurt Dirk Bettenhausen<br />
Prof. Dr.-Ing. Christian Diedrich<br />
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Epple<br />
Prof. Dr.-Ing. Alexander Fay<br />
Prof. Dr.-Ing. Michael Felleisen<br />
Prof. Dr.-Ing. Georg Frey<br />
Prof. Dr.-Ing. Peter Göhner<br />
Dipl.-Ing. Thomas Gre<strong>in</strong><br />
Prof. Dr.-Ing. Hartmut Haehnel<br />
Dr.-Ing. Jörg Kiesbauer<br />
Dipl.-Ing. Rolf Marten<br />
Dipl.-Ing. Gerald Mayr<br />
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Dr.-Ing. Josef Papenfort<br />
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(VDI/VDE-Gesell schaft Messund<br />
Automatisierungs technik)<br />
und der NAMUR<br />
(Interessen geme<strong>in</strong>schaft<br />
Automatisierungs technik der<br />
Prozess<strong>in</strong>dustrie).<br />
Redaktion:<br />
Anne Hütter (ahü)<br />
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E-Mail: matos.feliz@di-verlag.de<br />
Es gelten die Preise der Mediadaten 2013<br />
Anzeigenverwaltung:<br />
Brigitte Krawczyk<br />
Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 12<br />
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Art Direction / Layout:<br />
deivis aronaitis design | dad |<br />
Druck:<br />
Druckerei Chmielorz GmbH<br />
Ostr<strong>in</strong>g 13,<br />
D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt<br />
Gedruckt auf chlor- und<br />
säurefreiem Papier.<br />
Die <strong>atp</strong> wurde 1959 als „Regelungstechnische<br />
Praxis – rtp“ gegründet.<br />
DIV Deutscher Industrieverlag<br />
GmbH München<br />
Die Zeitschrift und alle <strong>in</strong> ihr enthaltenen<br />
Beiträge und Abbildungen s<strong>in</strong>d urheberrechtlich<br />
geschützt. Mit Ausnahme der<br />
gesetzlich zugelassenen Fälle ist e<strong>in</strong>e<br />
Verwertung ohne E<strong>in</strong> willigung des Verlages<br />
strafbar.<br />
Gemäß unserer Verpflichtung nach § 8<br />
Abs. 3 PresseG i. V. m. Art. 2 Abs. 1c DVO<br />
zum BayPresseG geben wir die Inhaber<br />
und Beteiligungsverhältnisse am Verlag<br />
wie folgt an:<br />
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH,<br />
Arnulfstraße 124, D-80636 München.<br />
Alle<strong>in</strong>iger Gesellschafter des Verlages<br />
ist die ACM-Unternehmensgruppe,<br />
Ostr<strong>in</strong>g 13,<br />
D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt.<br />
ISSN 2190-4111<br />
DIE AUSGABE 4 / 2013 DER<br />
ERSCHEINT AM 02.04.2013<br />
MIT DEM SCHWERPUNKT<br />
„CYBER PHYSICAL SYSTEMS“<br />
AutoPnP – Plug&Produce <strong>in</strong><br />
der Automatisierungstechnik –<br />
Wandelbare Fabrik als<br />
Cyber Physical System<br />
Kontextsensitivität, Service-<br />
orientierung und Cloud<br />
Comput<strong>in</strong>g – Wie Cyber-<br />
Physische Systeme die Automatisierungstechnik<br />
verändern<br />
Cyber-Physical Programmable<br />
Logic Controllers<br />
Vom Spielzeug zum Werkzeug<br />
Aus aktuellem Anlass können sich die Themen<br />
kurzfristig verändern.<br />
LESERSERVICE<br />
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leserservice@di-verlag.de<br />
TELEFON:<br />
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66<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013
Erreichen Sie die Top-Entscheider<br />
der Automatisierungstechnik.<br />
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Inge Matos Feliz: Tel. +49 89 203 53 66-22<br />
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