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Alb Magazin - Ausgabe Heidengraben 3/2012

Regional Magazin auf der Schwäbischen Alb für die Region Heidengraben, Grabenstetten, Hülben, Erkenbrechtsweiler, Hochwang und Böhringen

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Interview Dr. Krausse<br />

<strong>Alb</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>Ausgabe</strong> 3/<strong>2012</strong><br />

Prof. Dr. Dirk Krausse über das Keltenjahr <strong>2012</strong><br />

und die Kelten als „sympathische Verlierer“<br />

Professor Dirk Krausse ist als Landeskonservator und Referatsleiter<br />

des Regierungspräsidiums Stuttgart Koordinator der archäologischen<br />

Denkmalpflege im Land. Sein Spezialgebiet ist die Eisenzeit, damit ist<br />

er prädestiniert für die Erforschung keltischer Fundstätten wie den<br />

<strong>Heidengraben</strong>. Obendrein obliegt dem gebürtigen Rheinländer seitens<br />

des Landes die Abstimmung sämtlicher Aktionen zum Keltenjahr <strong>2012</strong>.<br />

„Am <strong>Heidengraben</strong> sollte wieder im großen Stil Forschung betrieben<br />

werden“, sagte Dirk Krausse im Gespräch mit Kerstin Dannath.<br />

Herr Krausse, warum sind die Kelten in?<br />

Dirk Krausse: Die Kelten sind eine wunderbare<br />

Projektionsfläche für das eigene<br />

Vorstellungsvermögen – man weiß über<br />

sie relativ wenig, aber immerhin genug um<br />

sie fassen zu können. Sie kamen sozusagen<br />

aus dem Dunkel der Geschichte und<br />

sind eine der ersten Kulturgruppen, deren<br />

Name man kennt. Sie bieten sich ausgezeichnet<br />

für die professionelle archäologische<br />

Forschung an, bieten aber auch<br />

immer mehr Menschen Anlass und Gelegenheit<br />

sich ehrenamtlich und hobbymäßig<br />

mit Archäologie und Geschichte direkt<br />

vor der eigenen Haustüre zu beschäftigen.<br />

Obendrein haben sie den Touch sympathischer<br />

Verlierer.<br />

Wie ist das zu verstehen?<br />

Dirk Krausse: Während die siegreichen<br />

Römer eher mit Perfektion und Fortschritt<br />

identifiziert werden, umweht die unterlegenen<br />

Kelten in der Vorstellung der Leute<br />

etwas Ursprünglicheres, Geheimnisvolles<br />

und Natürlicheres. Anders als die<br />

Germanen, die gerade in Deutschland<br />

von Nazi-Propaganda und Nazi-Ideologie<br />

missbraucht wurden, kann die Beschäftigung<br />

mit den Kelten als viel unbelasteter<br />

und unverdächtiger gelten. Dazu passt,<br />

dass die groß angelegten Programme zur<br />

Erforschung keltischer Fundstätten, etwa<br />

des Fürstensitzes Heuneburg oder des<br />

Oppidums von Manchings, erst nach dem<br />

zweiten Weltkrieg in den 1950er Jahren<br />

anliefen. Hinzu kommt, dass die meisten<br />

Menschen die Kelten nicht unbedingt mit<br />

jenen archäologischen Kulturen, die zum<br />

Beispiel den <strong>Heidengraben</strong> bevölkert haben,<br />

verbinden. Verbunden werden sie<br />

heute von Laien mit den Stämmen, die<br />

in England, Schottland oder Wales lebten.<br />

Diese Gegenden haben als Urlaubslandschaften<br />

ein positive Image.<br />

Und nun wurde für <strong>2012</strong> in Baden Württemberg<br />

das Keltenjahr ausgerufen.<br />

Dirk Krausse: Die große Landesausstellung<br />

„Die Welt der Kelten: Zentren der<br />

Macht – Kostbarkeiten der Kunst“, die ab<br />

Mitte September in Stuttgart zu sehen ist,<br />

ist seit 2008 geplant. Da entstand die Idee<br />

über das gesamte Jahr hinweg ein Begleitprogramm<br />

auf die Beine zu stellen. Die<br />

Vorlaufzeit hierfür war allerdings wesentlich<br />

kürzer. Wir als Landesamt für Denkmalpflege<br />

haben vor Jahresfrist die Initiative<br />

ergriffen und uns mit den Kommunen<br />

zusammengesetzt. Die Resonanz war sehr<br />

gut. Das zeigt schon allein der Umfang der<br />

Infobroschüre mit einer Vielzahl an Aktionen.<br />

Wir bieten sozusagen die Plattform<br />

für Kommunen und Vereine. Ich bin fast<br />

selbst überrascht, dass so viele Veranstaltungen<br />

zusammengekommen sind.<br />

Auch am <strong>Heidengraben</strong> sind einige Veranstaltungen<br />

geplant. Ist das ein Chance<br />

das ehemalige Oppidum mehr in den Blickpunkt<br />

der Öffentlichkeit zu rücken?<br />

Dirk Krausse: Der <strong>Heidengraben</strong> ist nach<br />

§12 der Landesdenkmalschutzgesetzes<br />

ein Denkmal von besonderer Bedeutung.<br />

Das hat schon einen sehr hohen Stellenwert,<br />

höher ist nur noch der Status UN-<br />

ESCO Weltkulturerbe einzuschätzen. Der<br />

<strong>Heidengraben</strong> als größtes Oppidum von<br />

der Flächenausdehnung her ist einzigartig.<br />

Der <strong>Heidengraben</strong> ist einfach gigantisch<br />

und war vielleicht in früheren Zeiten der<br />

zentrale Ort der Kelten für weite Teile der<br />

Schwäbischen <strong>Alb</strong>. Durch die Aktionen wird<br />

der <strong>Heidengraben</strong> mehr in die Köpfe der<br />

Menschen gerückt.<br />

Was würden Sie sich denn für die Zukunft<br />

des Geländes wünschen?<br />

Dirk Krausse: Einerseits den Schutz, dass<br />

zumindest nicht jedes Jahr in den sensiblen<br />

Bereichen vieles kaputt gepflügt<br />

wird. Andererseits die Fortsetzung der Forschungsarbeiten.<br />

Am <strong>Heidengraben</strong> sollte<br />

wieder im großen Stil Forschung betrieben<br />

werden. Es wäre vernünftig im Schulterschluss<br />

mit der Universität Tübingen die<br />

Arbeiten, die es in den 1990er Jahren ja<br />

schon einmal gab, fortzusetzen. Das Land<br />

hat hierzu aber nicht die nötigen finanziellen<br />

Mittel. Es gibt aber Überlegungen zusammen<br />

mit der Uni einen gemeinsamen<br />

Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

zu stellen. Das wäre die ideale<br />

Kombination von Forschung und Lehre.<br />

Bislang ist am <strong>Heidengraben</strong> nur verhältnismäßig<br />

wenig Fläche tatsächlich ausgegraben<br />

worden. Allein von der riesigen<br />

Gesamtfläche her, können auf dem Areal<br />

noch Dinge versteckt sein, von denen wir<br />

heute keine Ahnung haben.<br />

Und was ist mit den Bestrebungen ein<br />

Besucherzentrum zu errichten?<br />

Dirk Krausse: Wenn es so zu einer vernünftigen<br />

Vermittlung des Geländedenkmals<br />

und der aktuellen Forschungsergebnisse<br />

käme und auch die belange des Denkmalschutz<br />

gewahrt bleiben, warum nicht? Aber<br />

allein schon aufgrund des gigantischen<br />

Geländes müsste man vielleicht auch<br />

ganz neue Wege hinsichtlich der Präsentation<br />

gehen – das zum Beispiel anhand<br />

von GPS-Daten gleich die gewünschten<br />

Informationen auf das I-Phone gesendet<br />

werden. Die Steuerung müsste dann über<br />

das Informationszentrum erfolgen. FAKT<br />

(Förderverein für Archäologie, Kultur und<br />

Tourismus, Anmerk. der Red.) und die<br />

Bürgermeister von Erkenbrechtsweiler,<br />

Hülben und Grabenstetten sind hier auf<br />

einem guten Weg die Kräfte zu bündeln.<br />

Man muss immer auch schauen, dass man<br />

die Kosten auch dauerhaft schultern kann<br />

und ein Konzept finden, um die Betriebstragfähigkeit<br />

zu sichern. Hierfür sind die<br />

Voraussetzungen am <strong>Heidengraben</strong> gut.<br />

Text: Kerstin Dannath<br />

Veranstaltung am <strong>Heidengraben</strong><br />

im Keltenjahr <strong>2012</strong>:<br />

www.heidengraben.com<br />

Wie wohnten die Kelten?<br />

Ein Jahr tausend Siedlungsgeschichte<br />

vor den Römern“, Vortrag von<br />

Prof. Dr. Martin Bartelheim im<br />

Bürgerhaus Erkenbrechtsweiler –<br />

Freitag 09.11.<strong>2012</strong>, 19:00 Uhr<br />

Zerspanungswerkzeuge vom Feinsten www.duemmel.de<br />

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