Leseprobe - Zeit, sich einzumischen
Zwei Männer haben sich auf eine Reise begeben. Der langjährige Chef von Greenpeace International und der Schauspieler Walter Sittler. Sie sprechen mit WikiLeaks-Aktivisten. Und mit Politikern wie Griechenlands Ex-Premier Papandreou. Die Eindrücke ihrer Begegnungen mischen sich mit Autobiografischem. Und verdichten sich zu einer faszinierenden Bestandsaufnahme der Herausforderungen, die sich unserer Zivilgesellschaft im 21. Jahrhundert stellen. Ein literarisches Roadmovie - spannend, hochinformativ und berührend.
Zwei Männer haben sich auf eine Reise begeben. Der langjährige Chef von Greenpeace International und der Schauspieler Walter Sittler. Sie sprechen mit WikiLeaks-Aktivisten. Und mit Politikern wie Griechenlands Ex-Premier Papandreou. Die Eindrücke ihrer Begegnungen mischen sich mit Autobiografischem. Und verdichten sich zu einer faszinierenden Bestandsaufnahme der Herausforderungen, die sich unserer Zivilgesellschaft im 21. Jahrhundert stellen. Ein literarisches Roadmovie - spannend, hochinformativ und berührend.
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Reykjavík<br />
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bauen. Und ist er einmal aufgebaut, gibt es keinen Unterschied<br />
mehr zu den bestehenden Parteien.<br />
Die Piraten haben diese Erfahrung gemacht. Sie haben<br />
zwar ihre Liquid Democracy, eine Art internetbasierter, direkter<br />
Demokratie – aber sie haben ihre Parteimitglieder, ihre<br />
Parteitage, es ist dasselbe System. Unser Prinzip hat den Vorteil,<br />
dass wir uns heute keinen Blödsinn von Leuten unserer<br />
eigenen Partei anhören müssen. Wir sind weniger eine Partei,<br />
eher ein Ensemble, wie eine Band.«<br />
Das kommt mir vertraut vor. »Mich erinnert das an ein<br />
Theaterensemble«, sage ich. »Die Intendanz wird für einen<br />
bestimmten <strong>Zeit</strong>raum gewählt. Und der Intendant bringt sein<br />
Team mit – den Dramaturgen, den künstlerischen Betriebsdirektor,<br />
den kaufmännischen Direktor, das Ensemble. Und<br />
das Team bekommt einen Vertrag für vier Spielzeiten.«<br />
»Genau. Viele Menschen nehmen an, dass wir alle schon<br />
vorher gute Freunde waren, aber das ist nicht der Fall.<br />
Wir kannten uns kaum. Ich dachte: Wie wäre es, wenn ich<br />
diese guten Leute alle kriegen würde? Und so haben wir die<br />
›Beste Partei‹ organisiert. Ich sehe es als ein laufendes Ex -<br />
pe riment. Wir sind mitten in diesem Experiment. Deshalb ist<br />
es schwierig, jetzt Schlüsse daraus zu ziehen.«<br />
»Wie organisieren Sie in Ihrem System die Bürgerbeteiligung?«,<br />
interessiert mich. »Können die Menschen auch<br />
außerhalb der Wahlen am politischen Leben teilhaben?<br />
Können sie auch Nein sagen, wenn ihnen die Inszenierung<br />
nicht gefällt?«<br />
»Wir haben eine Software eingeführt, eine Webseite, die<br />
›Besseres Reykjavík‹ heißt und ein Instrument für die Bürger<br />
zur direkten Demokratie ist. Das ganze Jahr über kann man<br />
Ideen posten und über Ideen abstimmen, die dort virulent<br />
sind. Wir haben beschlossen, die Ideen mit den meisten Stimmen<br />
umzusetzen. Eine sehr beliebte Idee war, unsere<br />
Haupteinkaufsmeile zu einer Fußgängerzone zu machen. Wir<br />
haben das zuerst zwei Monate lang im Sommer ausprobiert,