Leseprobe - Zeit, sich einzumischen
Zwei Männer haben sich auf eine Reise begeben. Der langjährige Chef von Greenpeace International und der Schauspieler Walter Sittler. Sie sprechen mit WikiLeaks-Aktivisten. Und mit Politikern wie Griechenlands Ex-Premier Papandreou. Die Eindrücke ihrer Begegnungen mischen sich mit Autobiografischem. Und verdichten sich zu einer faszinierenden Bestandsaufnahme der Herausforderungen, die sich unserer Zivilgesellschaft im 21. Jahrhundert stellen. Ein literarisches Roadmovie - spannend, hochinformativ und berührend.
Zwei Männer haben sich auf eine Reise begeben. Der langjährige Chef von Greenpeace International und der Schauspieler Walter Sittler. Sie sprechen mit WikiLeaks-Aktivisten. Und mit Politikern wie Griechenlands Ex-Premier Papandreou. Die Eindrücke ihrer Begegnungen mischen sich mit Autobiografischem. Und verdichten sich zu einer faszinierenden Bestandsaufnahme der Herausforderungen, die sich unserer Zivilgesellschaft im 21. Jahrhundert stellen. Ein literarisches Roadmovie - spannend, hochinformativ und berührend.
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Reykjavík<br />
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sollen die denn bitte schön repräsentieren? So war die Demokratie<br />
ursprünglich nicht vorgesehen! Die Politiker sollten Repräsentanten<br />
sein. Aber da <strong>sich</strong> die Menschheit vergrößert<br />
hat, steht jeder Repräsentant für so viele Menschen und kann<br />
nicht mehr wirklich repräsentativ sein. Früher gab es Landwirte,<br />
Ärzte und alle möglichen unterschiedlichen Berufe, die<br />
ihre Leute repräsentierten.«<br />
»Sind Sie gegen Berufspolitiker?«, fragt Gerd.<br />
»Ja, absolut. Ich versuche herauszufinden, wie wir unsere<br />
Demokratien wieder zurückgewinnen können. Wieso protestieren<br />
denn die Menschen weltweit? Sie protestieren, weil sie<br />
am eigenen Leib erfahren haben, dass das System für sie nicht<br />
mehr funktioniert. Unsere Gesetze sind so kompliziert! Ich<br />
meine: Haben Sie mal versucht, das Europäische Gesetzbuch<br />
zu lesen?«<br />
»Das ist unmöglich«, bestätigt Gerd.<br />
»Niemand versteht es! Selbst unsere lokalen Gesetze sind<br />
so komplex geworden, dass wir sie nicht mehr verstehen. Und<br />
wenn wir sie nicht verstehen, können sie auch nicht für uns<br />
funktionieren. Das war einer der Gründe, wieso ich in die<br />
Politik gegangen bin: um das System zu verstehen. Es wird gar<br />
nicht erst versucht, in der Öffentlichkeit ein Interesse für den<br />
Gesetzgebungsprozess zu wecken.«<br />
»Man soll einfach die Klappe halten«, stimme ich ihr zu.<br />
»Ja, genau: Halt die Klappe und vertraue den Juristen! Der<br />
Trend im Parlament geht dahin, dass wir Berufspolitiker haben,<br />
die Juristen sind. Sehen Sie <strong>sich</strong> den Verfassungsprofessor<br />
an, der die Vereinigten Staaten regiert. Bevor die Verhandlung<br />
gegen Bradley Manning überhaupt begonnen hat, hat er ihn<br />
für schuldig erklärt. Er steht über dem Gericht! Das ist verrückt.<br />
Es scheint überall dasselbe Problem zu sein.«<br />
»Also denken Sie, wir brauchen neue politische Strukturen?«,<br />
fragt Gerd.<br />
»Selbstverständlich. Wir leben in einer völlig anderen Welt<br />
als zu der <strong>Zeit</strong>, in der unsere Demokratien gegründet wurden.