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Der Bierstaedter Juli 2011

Bierstaedter Juli 2011

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Seite 6<br />

<br />

Kulmbachs STARKe Geschichte<br />

„...und wollten uns eilend den Durchschlag in Brunnen machen“<br />

– von einem Versuch der Plassenburg das Wasser abzugraben<br />

Es ist der 26. November 1553 – eine Woche<br />

lang war es den wehrfähigen Bürgern zusammen<br />

mit den zwei Fähnlein Landsknechten,<br />

die Markgraf Albrecht Alcibiades zur<br />

Verteidigung Kulmbachs in die Stadt gelegt<br />

hatte, gelungen dem heftigen Beschuss der<br />

bamberger, nürnberger und braunschweiger<br />

Truppen, welche die obergebirgische Residenzstadt<br />

ihres fürstlichen Todfeindes und die<br />

hoch über ihren Dächern thronende Plassenburg<br />

belagerten, zu trotzen.<br />

Den antikaiserlichen Fürstenaufstand von<br />

1552 hatte Markgraf Albrecht Alcibiades von<br />

Brandenburg-Kulmbach dazu benutzt, den<br />

Krieg nach Franken zu tragen. Die Fürstbischöfe<br />

von Bamberg und Würzburg und selbst<br />

die hochgerüstete und kriegserfahrene Reichsstadt<br />

Nürnberg konnten der Gewalt der markgräflichen<br />

Söldnerhaufen nicht lange widerstehen.<br />

Als jedoch Albrecht Alcibiades dem im<br />

Sommer 1552 geschlossenen Passauer Vertrag<br />

nicht beitreten wollte und weiterhin Angst<br />

und Schrecken über Franken und weite Teile<br />

Südwestdeutschlands verbreitete, formierte<br />

sich der Widerstand gegen den Markgrafen.<br />

Um dem Angriff seiner Hauptgegner, des Kurfürsten<br />

Moritz von Sachsen und des Herzogs<br />

Heinrich von Braunschweig entgegenzutreten,<br />

zog Albrecht im Juni 1553 ins Braunschweigische,<br />

wo er am 9. <strong>Juli</strong> 1553 bei Sievershausen<br />

vernichtend geschlagen wurde.<br />

Die Nachricht von der Niederlage des<br />

Markgrafen ließen nun in Franken die Dämme<br />

brechen und von allen Seiten rückten feindliche<br />

Truppen in Albrechts Fürstentum ein, um<br />

das Land zu besetzen. So kam es schließlich<br />

zu den Ereignissen vom Conraditag, dem 26.<br />

November 1553, der als der schwärzeste Tag<br />

in der Geschichte Kulmbachs gilt. Die feindliche<br />

Artillerie hatte eine Bresche in die Stadtmauer<br />

geschossen, worauf die Verteidiger<br />

eilends aus der Stadt flüchteten. Vorher aber<br />

zündeten sie die Stadt an verschiedenen<br />

Stellen an, um dem Feind die Möglichkeit zu<br />

nehmen, sich darin zu verschanzen und die<br />

darin gelagerten Vorräte zu vernichten. Viele<br />

Kulmbacher wurden vom Feuer oder den eindringenden<br />

Feinden überrascht, kamen in den<br />

Flammen um oder wurden von plündernden<br />

Landsknechten erschlagen.<br />

Nachdem Kulmbach gefallen war, zogen<br />

die Feinde den Belagerungsring um die Plassenburg<br />

enger. Auf der Burg, die damals wohl<br />

rund 1000 Menschen beherbergte, hatte man<br />

sich auf eine längere Belagerung eingerichtet.<br />

Neben den Vorräten an Fleisch und Getreide<br />

legte man großen Wert auf „flüssige<br />

Nahrung“. Obgleich die Landsknechte täglich<br />

Wein und Bier haben wollten, um sich Mut<br />

anzutrinken, besaß natürlich die Versorgung<br />

der Festung mit Trinkwasser oberste Priorität.<br />

Seit dem 15. Jahrhundert versorgte eine<br />

Wasserleitung die Plassenburg mit Quellwasser.<br />

Zusätzlich gab es im inneren Burghof<br />

noch einen tief in den Burgberg getriebenen<br />

Grundwasserbrunnen. Die Belagerten hatten<br />

wohl damit gerechnet, dass ihnen die bequeme<br />

Quellwasserleitung nicht mehr lange zur<br />

Verfügung stehen würde. Zum 29. November<br />

1553, also den dritten Tag nach der<br />

Einnahme Kulmbachs durch den Feind, notierte<br />

der damalige Schlossprediger Georg Thiel in<br />

seine Belagerungschronik: „...Und auf den<br />

Tag gruben sie uns die Brunnen im Buch ab,<br />

die ins Haus herein gefast waren, aber sie<br />

haben uns damit nicht fast Schaden gethan,<br />

denn der Brunnen im innern Schloß zu aller<br />

Notturft, auch zu etlichen Gepreu Biers Waßer<br />

genug geben, die ganze Belagerung uber. So<br />

haben wir den Main darzu offen gehabt und<br />

uns die Feind nie erwehren können noch<br />

mögen.“<br />

Auch die Belagerer wussten, dass sie den<br />

Verteidigern der Plassenburg durch das Abgraben<br />

ihrer Wasserleitung keinen großen<br />

Schaden zugefügt hatten. Deshalb fassten sie<br />

den Entschluss einen Stollen in den Burgberg<br />

zu treiben um den Tiefen Brunnen der<br />

Festung unbrauchbar machen zu können.<br />

Georg Thiel berichtet zu diesem Projekt:<br />

„Montags den 11. Decembris fingen die Berkhauer<br />

an zu graben in eim Keller in Wilhelms<br />

von Steins Haus hinder der Kirchen und wolten<br />

uns eilend den Durchschlag in Brunnen<br />

machen, das Rundel und Mauern untergraben<br />

und Sprengen, richteten aber nichts aus.“<br />

216 Tage lang widerstanden die Belagerten<br />

allen Angriffen des Feindes. Erst nachdem<br />

Markgraf Albrecht Alcibiades am 15. Juni<br />

1554 bei Schwarzach in der Nähe von<br />

Kitzingen ein letztes Mal geschlagen wurde<br />

und nach Frankreich flüchtete, entschlossen<br />

sich die Verteidiger der Plassenburg zur<br />

Kapitulation. Am 21. Juni, nach siebenmonatiger<br />

Belagerung, einen Tag bevor die<br />

Brotvorräte aufgebraucht waren, wurde die<br />

Plassenburg den Belagerern übergeben. <strong>Der</strong><br />

Markgräflerkrieg war zu Ende.<br />

<strong>Der</strong> Festungsberg gleicht einem „Schweizer Käse“<br />

Seitdem ich beim Studium von Pfarrer Thiels<br />

Belagerungsbeschreibung vor Jahren auf die<br />

zitierte Stelle gestoßen bin, war ich auf der<br />

Suche nach dem ominösen, 1553 in den Fels<br />

des Burgberges geschlagenen Stollen. Nach<br />

den zahlreichen Legenden von unterirdischen<br />

Fluchtwegen, die von der Plassenburg nach<br />

Kulmbach führen sollen, endlich ein archivarischer<br />

Hinweis auf einen mit der Plassenburg im<br />

Zusammenhang stehenden Gang! Die Richtung<br />

der Suche ist durch die Hinweise auf das<br />

Haus Wilhelms v. Stein und dessen Lage hinter<br />

der Kirche vorgegeben. Leider ließ sich der<br />

genannte Wilhelm v. Stein in der einschlägigen<br />

Literatur nicht nachweisen und auch in dem<br />

vom Kulmbacher Stadtarchivar Richard Lenker<br />

zusammengetragenen Kulmbacher Häuserbuch<br />

ließ sich keine Spur von ihm finden. Die sich<br />

heute hinter der Petrikirche hangseitig an der<br />

Burgauffahrt hinziehenden Wohnhäuser sind<br />

aus sogenannten „Kellerhäusern“ hervorgegangen.<br />

Die zahlreichen, hier in den Fels gegrabenen<br />

Keller dienten den brauberechtigten<br />

Bürgern der Stadt früher als Gär- und Lagerkeller<br />

für den in den Kommunbrauhäusern gebrauten<br />

Gerstensaft. Eine schöne Beschreibung zu<br />

Anzeigen<br />

Sinn und Zweck der den Felsenkellern vorgebauten<br />

Kellerhäuser bietet der Eintrag im Steuerkataster<br />

von 1812 für das 1799 als neu erbautes<br />

Kellerhaus erstmals genannte Anwesen<br />

Festungsberg Nr. 8: „Kellerhaus, halb aus<br />

Stein, halb aus Riegelfach, mit 2 Stuben und<br />

unten einem Raum zur Aufbewahrung der<br />

Fässer“. Die genannten Stuben mögen zu jener<br />

Zeit schon als Mietwohnungen an Handwerksgesellen<br />

oder Tagelöhner vermietet worden<br />

sein, so dass die Kellerhäuser bereits damals<br />

teilweise zu Wohnzwecken dienten.<br />

Begehungen verschiedener Keller im Festungsberg<br />

bestätigten den bei der Durchsicht<br />

des im Stadtarchiv Kulmbach vorhandenen<br />

Planmaterials zu Kulmbacher Felsenkellern<br />

gewonnenen Eindruck, dass der Burgberg hinter<br />

der Petrikirche von Kellern in verschiedenen<br />

Ebenen geradezu durchlöchert ist. Allerdings<br />

fand sich in den besichtigten Kellern kein<br />

Hinweis auf die 1553 unter die Plassenburg<br />

getriebene Mine. Erst der Hinweis auf einen in<br />

den Keller des Anwesens Festungsberg 2 a<br />

(alte Haus-Nr. 205) mündenden, etwa mannshohen<br />

Gang, führte die Suche zu einem erfolgreichen<br />

Ende.<br />

Plan zum Bau des Gebäudes Festungsberg 2a aus dem Jahr 1881 (StadtA. Kulmbach)<br />

<strong>Der</strong> wiederentdeckte Minierstollen<br />

Das Kellerhaus der Exportbierbrauers-Witwe Reichel<br />

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts vollzog<br />

sich in Kulmbach der Wandel des bisherigen<br />

sen Bau bis jetzt einen Plan vorgelegt und<br />

genehmigt erhalten zu haben.“ Deshalb verfügte<br />

Kommunbrauwesens hin zur Brauindustrie.<br />

das Bezirksamt die sofortige<br />

In den Jahren nach 1870 entstanden in der<br />

Stadt eine Reihe von Großbrauereien. Wohl<br />

1856 begann Johann Wolfgang Reichel mit<br />

dem Bau eines Brauhauses in der Sutte (es<br />

stand im Bereich der heutigen Stadthalle),<br />

das nach seinem 1857 erfolgten Ableben<br />

von seiner Witwe Margarete vollendet wurde<br />

und 1858 seinen Betrieb aufnahm. Neben<br />

der in der sumpfigen Niederung des Main gelegenen<br />

Braustätte benötigte man für den<br />

Braubetrieb auch ausgedehnte Gär- und Lagerkeller,<br />

von denen es gerade unter dem<br />

Festungsberg bereits viele gab.<br />

Am 15. Mai 1881 erhielt der Stadtmagistrat<br />

Kulmbach vom Bezirksamt die Mitteilung,<br />

dass die „Exportbierbrauers-Witwe Reichel<br />

Einstellung der Bauarbeiten. <strong>Der</strong> daraufhin<br />

eingereichte Plan „zur Erbauung eines<br />

Gährkeller-Gebäudes, bis[her] Haus-Nr. 205,<br />

Pl.-Nro. 343 1 / 2 & Pl.-Nro ..., für Frau Marg.<br />

Reichel, Exportbier-Brauereybes[itzers]W[it]-<br />

we dahier“ datiert vom 21. Mai 1881 zeigt<br />

den Grundriss der beiden Geschosse, einen<br />

Längsschnitt sowie einen Fassadenaufriss<br />

des Gebäudes. Leider ist der durch den<br />

Korridor im rechten Teil des Erdgeschosses zu<br />

betretende Felsenkeller im Plan nicht mit dargestellt.<br />

1895 nahm das neue Brauereigebäude der<br />

Firma J. W. Reichel an der Lichtenfelser<br />

Strasse seinen Betrieb auf. Die im Neubau<br />

entstandenen Gär- und Lagerkeller reichten<br />

an der Fahrstrasse zur Plassenburg den Bau für die volle Ausnutzung der Sudwerke aus<br />

eines Kellerhauses in Angriff genommen und und wurden durch zwei grosse Linde’sche<br />

bereits in den Umfassungswänden des ersten Kälteerzeugungsmaschinen und durch Natureis<br />

gekühlt. Auch wenn der Keller am<br />

Stockwerks vollendet und den Aufsatz des<br />

zweiten Stockwerks theilweise bis zur Festungsberg dadurch wohl überflüssig<br />

Fensterbrüstung, theilweise bis zum Aufsatze geworden war, befand sich das Gebäude<br />

des Dachstuhls aufgeführt hat, ohne für die-<br />

noch bis 1950 im Besitz der Reichelbräu AG.<br />

Im Frühjahr 2004 habe ich den wiederentdeckten<br />

Minierstollen zusammen mit Mitgliedern<br />

der Forschungsgruppen Höhle und Karst<br />

Franken e. V. in Nürnberg ein erstes Mal begangen.<br />

Er beginnt heute am Ende des im<br />

19. Jahrhundert erweiterten Bierkellers, der<br />

vom Hausflur des Anwesens Festungsberg 2a<br />

zugänglich ist. Ursprünglich war der Gang<br />

mindestens 8 bis 10 Meter länger, denn bei<br />

der Erweiterung des Kellers ist der First des<br />

ehemaligen Minierganges beim Heraushauen<br />

stehengeblieben. Wo der ursprüngliche<br />

Eingang des Stollens war, lässt sich leider<br />

nicht mehr feststellen. <strong>Der</strong> Einstieg zum<br />

Stollen befindet sich heute drei Meter über<br />

der Kellersohle. Wie bei der Vermessung<br />

durch die Nürnberger Höhlenforscher festgestellt<br />

werden konnte, führt der Gang mit<br />

einer Generalrichtung von 30º in Richtung<br />

Plassenburg. Verlängert man diese Richtung,<br />

so hätte der Gang zumindest den Schönen<br />

Hof und damit in etwa auch den Tiefen<br />

Brunnen treffen können. Vergleicht man aber<br />

die bis zum Abbruch des Vortriebs nach etwa<br />

200 Tagen erreichte Stollenlänge von 60<br />

Metern mit der tatsächlichen Entfernung zum<br />

Brunnen von etwa 230 Metern, so wird<br />

deutlich, dass es einer Grabung von rund<br />

800 Tagen bedurft hätte, um den Brunnen<br />

überhaupt erreichen zu können. Dabei hätte<br />

man etwa 400 Kubikmeter Sandstein aus<br />

dem Burgberg herausmeißeln müssen. <strong>Der</strong><br />

Minierstollen hat eine Steigung von etwa<br />

10 %. Damit wäre er – wenn überhaupt –<br />

rund 40 Meter über dem Wasserspiegel auf<br />

den Brunnenschacht getroffen. Von einem<br />

Abgraben des Wassers hätte also keine Rede<br />

sein können!<br />

Harald Stark<br />

Mitglied der Forschungsgruppe Höhle und Karst<br />

Franken e. V. in Nürnberg bei der Erforschung des<br />

Minierstollens.<br />

Von der Forschungsgruppe erstellter Plan von<br />

Keller und Gang<br />

Für bestimmte Gebiete Austräger gesucht:<br />

Tel.: 09221 - 67495<br />

Galerie Ludwig<br />

Waaggasse · Kulmbach<br />

Maltag für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

Mittwoch 10.8.<strong>2011</strong>,<br />

9.30-11.30 Uhr – Kinder von 7-12 Jahren<br />

Kinder lieben Geschichten, Kinder lieben Farben und andere<br />

kreative Ausdrucksmittel. So passen diese beiden Medien,<br />

die in Windeseile in das Reich der Phantasie führen können,<br />

gut zusammen.<br />

Treffpunkt : Galerie Ludwig Waaggasse1<br />

Bitte alte Kleidung mitnehmen<br />

Thema: „Das seltsame Tier“<br />

Kursgebühr: 25 € incl. Material, max. 8 Kinder<br />

Mittwoch 10.08.<strong>2011</strong>,<br />

14-16 Uhr – Jugendliche von 12-16 Jahren<br />

Thema: „Ich als König“, Collagentechnik<br />

Malkursgebühr: 25 € incl. Material, max. 8 Personen<br />

Kursleiter: Martin Ludwig<br />

Kunst u. Kreativtherapeut<br />

Tel. Anmeldung 09261/51361<br />

www.galerie-ambiente.de

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