Brandzeichen ansehen (PDF) - Welke Consulting Gruppe
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Marketing<br />
Als Martin Lindstrom vor zwei Jahren die Gehirnaktivitäten<br />
von iPhone-Besitzern untersuchte, staunte er<br />
nicht schlecht. Eigentlich hatten der dänische Neuromarketing-Pionier<br />
und sein Team herausfinden wollen,<br />
ob ein Mobiltelefon genauso abhängig machen kann<br />
wie Drogen, Alkohol oder Zigaretten. Zu diesem Zweck<br />
spielten sie einem guten Dutzend Probanden Audio-<br />
und Videoaufnahmen eines klingelnden iPhones<br />
vor. Und dann das: Aktiv waren nicht etwa jene<br />
Synapsenverbindungen, die auf zwanghaftes Verhalten<br />
hinweisen. Nein. Stattdessen leuchteten Hirnregionen<br />
auf, die für Liebe und Zuneigung zuständig sind.<br />
Die Gehirne der Probanden reagierten auf das iPhone<br />
so wie auf die Präsenz eines geliebten Menschen!<br />
Die Mär vom Homo oeconomicus<br />
Hätte Lindstrom die Probanden statt dessen nach ihren<br />
Beweggründen gefragt, ein iPhone zu besitzen, hätte er<br />
wahrscheinlich Antworten erhalten wie: „Wegen der intuitiven<br />
Bedienbarkeit“, „Weil es eine tolle Auflösung hat“<br />
oder „Wegen des schnellen Ladens von Internetseiten“.<br />
Emotionen, so die Ansicht Vieler, sind im Geschäftsleben<br />
generell und bei Kaufentscheidungen im Speziellen fehl<br />
am Platze. Hier sind vor allem Sachlichkeit, Nüchternheit<br />
und das Abwägen von Fakten gefragt. Doch inzwischen<br />
ist unbestritten, dass nicht Fakten und Zahlen ausschlaggebend<br />
für das Kaufverhalten sind, sondern Emotionen.<br />
Der Mensch ist kein Homo oeconomicus. Er kauft das,<br />
was ihm – aus welchen Gründen auch immer – ein gutes<br />
Gefühl gibt.<br />
Den Homo Oeconomicus<br />
gibt es nicht.<br />
Die Trennung von Ratio und Gefühl ist ein Mythos. Dies<br />
wurde lange Zeit nur vermutet, ist aber mittlerweile – vor<br />
allem durch die Forschungsarbeit des portugiesischen<br />
Neurologen António Damásio – belegt. Im Rahmen seiner<br />
Arbeit mit Menschen, die durch Hirnschädigungen<br />
Einbußen im emotionalen Bereich erlitten hatten, konnte<br />
Damásio nachweisen, dass ein Mangel an Gefühlen die<br />
Entscheidungsfähigkeit herabsetzt, selbst wenn alle kognitiven<br />
Fähigkeiten noch vorhanden sind.<br />
Das 40-Bits-Bewusstsein<br />
Andere Studien der modernen Hirnforschung haben gezeigt,<br />
dass unser Gehirn in jeder Sekunde 11 Millionen<br />
Bits Information verarbeiten kann, dass aber nur ein verschwindend<br />
geringer Teil davon – nämlich etwa 40 bis<br />
50 Bits – von unserem Bewusstsein verarbeitet wird. Der<br />
Mensch verarbeitet also fast 100 Prozent der aufgenommenen<br />
Daten unbewusst! Emotionen dienen ihm bei Entscheidungen,<br />
und eben auch bei Kaufentscheidungen,<br />
als Wahrnehmungsfilter. Er bevorzugt Dinge, zu denen<br />
das limbische System seines Gehirns – also der Ort, wo<br />
die Emotionen sitzen – eine Beziehung herstellen kann.<br />
Wir kennen dies von unserem eigenen Kaufverhalten:<br />
Wenn wir vor einem Supermarktregal stehen und uns zwischen<br />
den 20 verschiedenen dort angebotenen Waschmitteln<br />
entscheiden sollen, beginnen wir nicht etwa,<br />
die Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen miteinander zu<br />
vergleichen. Dies wäre nicht nur zeitraubend und ermüdend,<br />
95 Prozent von uns hätten schlichtweg nicht das<br />
chemische Wissen, die angezeigten Zahlen und Fakten<br />
zu beurteilen. Wenn wir nicht gerade aufgrund unserer<br />
finanziellen Lage dazu gezwungen sind, immer das günstigste<br />
Produkt zu nehmen, so entscheiden wir uns für<br />
das Waschmittel, das uns irgendwie sympathisch ist.<br />
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