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Erziehung zum Wein<br />
Winzer Franz Männle über den Rebschnitt im Winter<br />
Die Pflanzen schlafen, der Mensch nicht. Wenn im Winter die<br />
Reben in ihrer Saftruhe verharren, heißt es für Winzer raus, Reben<br />
schneiden. Was dran bleibt und was weg kommt, erklärt<br />
Franz Männle (49) vor Ort mit Blick ins Rheintal unter einem<br />
strahlend blauen Himmel.<br />
Herr Franz Männle, der Rebschnitt ist kein simples Herumschnippeln,<br />
sondern ...<br />
... Erziehen. <strong>Das</strong> bedeutet, dass wir beim Weinstock eine Qualitätsstruktur<br />
anlegen. Von allen Ruten, die am Kopf herauswachsen,<br />
suchen wir eine gesunde und vielversprechende aus<br />
und schneiden die anderen ab. Später im Jahr müssen wir wieder<br />
etwas kappen und das Laub ausdünnen. Aber der eigentliche<br />
Grundstein für Qualität ist der Rebschnitt.<br />
Warum sind Januar und Februar die besten Monate für den<br />
Rebschnitt?<br />
Weil die Rebe in der Saftruhe ist. Der Rebschnitt kann nach dem<br />
natürlichen Blattfall im Herbst beginnen und sollte kurz vor<br />
dem Austrieb beendet sein.<br />
Wie viele Knospen lassen Sie dran?<br />
Wir lassen pro Rebstock circa zehn Knospen dran, manchmal<br />
auch zwölf. <strong>Das</strong> ist natürlich immer eine Qualitätsfrage. Nur bei<br />
Reben mit sehr kleinen Trauben lassen wir mehr dran.<br />
Hat sich der Rebschnitt im Lauf der Geschichte verändert?<br />
Nein, im Grunde hat sich in den letzten 50 Jahren nicht viel verändert,<br />
heute wird lediglich aus Qualitätsgründen ein kürzerer<br />
Anschnitt gemacht. In alten Zeiten wurde noch jeder Rebstock<br />
an einem einzelnen Holzpfahl hochgezogen, da wurde dann<br />
auch ganz anders geschnitten.<br />
Welche Form soll die Rebe haben?<br />
Standard ist die sogenannte Spalier-Erziehung. Die Fruchtrute<br />
wird über einen Biegedraht angelegt. Aus der Rute wachsen die<br />
Triebe in den sogenannten „Badischen Drahtrahmen“ hinein.<br />
Wichtig ist, dass wir schon im Aufwuchs eine luftige Struktur<br />
anlegen. <strong>Das</strong> ist das A und O.<br />
Warum?<br />
Weil so der Weinstock besser durchlüftet ist, was ansonsten bei<br />
Niederschlägen und Feuchtigkeit zu Pilzen und Fäulnis an Rebe<br />
und Traube führen kann.<br />
Auf welche Lagen müssen Sie besonders aufpassen?<br />
Auf die spätreifenden, weil eine zu üppige Ernte nicht die gewünschte<br />
Qualität erwarten lässt.<br />
Ihr Handwerkszeug?<br />
Eine Rebschere. Es gibt die herkömmlichen und elektronische,<br />
mit denen es leichter geht. Wenn Sie jeden Tag ein paar tausend<br />
Mal zudrücken, spüren Sie den Unterschied.<br />
Wie viele Reben schaffen Sie an einem Tag?<br />
Wann habe ich das zum letzten Mal gezählt? Ich kann Ihnen<br />
spontan keine Zahl sagen. Es ist auch von Rebsorte zu Rebsorte<br />
unterschiedlich. Riesling, Scheurebe und Sauvignon blanc ranken<br />
extrem stark und bleiben dadurch mehr an den Drähten<br />
hängen. Bei den Burgundersorten fallen die Ruten nach dem<br />
Schnitt fast von allein aus dem Drahtrahmen.<br />
Wie geht’s jetzt weiter?<br />
Wenn wir mit dem Rebschnitt durch sind, bessern wir Pfähle<br />
aus und spannen Drähte nach, damit die Anlage windstabil ist.<br />
Kurz vor dem Aufbruch der Knospen biegen wir die Fruchtrute.<br />
Zur Person<br />
Der gelernte Winzer Franz Männle (49) betreibt in der<br />
dritten Generation Weinbau im Oberkircher Ortsteil<br />
Bottenau. Auf seinen sieben Hektar Reben bewirtschaftet<br />
er das „typisch Oberkircher Sortiment“, also<br />
vornehmlich Riesling, Spätburgunder, Grauburgunder<br />
und Müller-Thurgau. Der politisch engagierte<br />
Franz Männle sieht die vordringlichen Aufgaben im<br />
demografischen Wandel und der EU-Agrarpolitik, die<br />
auch Reben in der Rheinebene erlauben will. Trotz<br />
der Steillagen und den damit verbundenen Mühen ist<br />
Männle „zuversichtlich, dass der Weinbau in der Ortenau<br />
erhalten bleibt.“ Seine Aufgabe als zukünftiger<br />
Vorstandsvorsitzender der Oberkircher Winzer sieht<br />
er darin, „viele Köpfe zusammenzuführen“, für ihn<br />
„die Kunst erfolgreich zu sein.“<br />
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