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VERITAS - Das Genussmagazin / Ausgabe 11-2014

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Erziehung zum Wein<br />

Winzer Franz Männle über den Rebschnitt im Winter<br />

Die Pflanzen schlafen, der Mensch nicht. Wenn im Winter die<br />

Reben in ihrer Saftruhe verharren, heißt es für Winzer raus, Reben<br />

schneiden. Was dran bleibt und was weg kommt, erklärt<br />

Franz Männle (49) vor Ort mit Blick ins Rheintal unter einem<br />

strahlend blauen Himmel.<br />

Herr Franz Männle, der Rebschnitt ist kein simples Herumschnippeln,<br />

sondern ...<br />

... Erziehen. <strong>Das</strong> bedeutet, dass wir beim Weinstock eine Qualitätsstruktur<br />

anlegen. Von allen Ruten, die am Kopf herauswachsen,<br />

suchen wir eine gesunde und vielversprechende aus<br />

und schneiden die anderen ab. Später im Jahr müssen wir wieder<br />

etwas kappen und das Laub ausdünnen. Aber der eigentliche<br />

Grundstein für Qualität ist der Rebschnitt.<br />

Warum sind Januar und Februar die besten Monate für den<br />

Rebschnitt?<br />

Weil die Rebe in der Saftruhe ist. Der Rebschnitt kann nach dem<br />

natürlichen Blattfall im Herbst beginnen und sollte kurz vor<br />

dem Austrieb beendet sein.<br />

Wie viele Knospen lassen Sie dran?<br />

Wir lassen pro Rebstock circa zehn Knospen dran, manchmal<br />

auch zwölf. <strong>Das</strong> ist natürlich immer eine Qualitätsfrage. Nur bei<br />

Reben mit sehr kleinen Trauben lassen wir mehr dran.<br />

Hat sich der Rebschnitt im Lauf der Geschichte verändert?<br />

Nein, im Grunde hat sich in den letzten 50 Jahren nicht viel verändert,<br />

heute wird lediglich aus Qualitätsgründen ein kürzerer<br />

Anschnitt gemacht. In alten Zeiten wurde noch jeder Rebstock<br />

an einem einzelnen Holzpfahl hochgezogen, da wurde dann<br />

auch ganz anders geschnitten.<br />

Welche Form soll die Rebe haben?<br />

Standard ist die sogenannte Spalier-Erziehung. Die Fruchtrute<br />

wird über einen Biegedraht angelegt. Aus der Rute wachsen die<br />

Triebe in den sogenannten „Badischen Drahtrahmen“ hinein.<br />

Wichtig ist, dass wir schon im Aufwuchs eine luftige Struktur<br />

anlegen. <strong>Das</strong> ist das A und O.<br />

Warum?<br />

Weil so der Weinstock besser durchlüftet ist, was ansonsten bei<br />

Niederschlägen und Feuchtigkeit zu Pilzen und Fäulnis an Rebe<br />

und Traube führen kann.<br />

Auf welche Lagen müssen Sie besonders aufpassen?<br />

Auf die spätreifenden, weil eine zu üppige Ernte nicht die gewünschte<br />

Qualität erwarten lässt.<br />

Ihr Handwerkszeug?<br />

Eine Rebschere. Es gibt die herkömmlichen und elektronische,<br />

mit denen es leichter geht. Wenn Sie jeden Tag ein paar tausend<br />

Mal zudrücken, spüren Sie den Unterschied.<br />

Wie viele Reben schaffen Sie an einem Tag?<br />

Wann habe ich das zum letzten Mal gezählt? Ich kann Ihnen<br />

spontan keine Zahl sagen. Es ist auch von Rebsorte zu Rebsorte<br />

unterschiedlich. Riesling, Scheurebe und Sauvignon blanc ranken<br />

extrem stark und bleiben dadurch mehr an den Drähten<br />

hängen. Bei den Burgundersorten fallen die Ruten nach dem<br />

Schnitt fast von allein aus dem Drahtrahmen.<br />

Wie geht’s jetzt weiter?<br />

Wenn wir mit dem Rebschnitt durch sind, bessern wir Pfähle<br />

aus und spannen Drähte nach, damit die Anlage windstabil ist.<br />

Kurz vor dem Aufbruch der Knospen biegen wir die Fruchtrute.<br />

Zur Person<br />

Der gelernte Winzer Franz Männle (49) betreibt in der<br />

dritten Generation Weinbau im Oberkircher Ortsteil<br />

Bottenau. Auf seinen sieben Hektar Reben bewirtschaftet<br />

er das „typisch Oberkircher Sortiment“, also<br />

vornehmlich Riesling, Spätburgunder, Grauburgunder<br />

und Müller-Thurgau. Der politisch engagierte<br />

Franz Männle sieht die vordringlichen Aufgaben im<br />

demografischen Wandel und der EU-Agrarpolitik, die<br />

auch Reben in der Rheinebene erlauben will. Trotz<br />

der Steillagen und den damit verbundenen Mühen ist<br />

Männle „zuversichtlich, dass der Weinbau in der Ortenau<br />

erhalten bleibt.“ Seine Aufgabe als zukünftiger<br />

Vorstandsvorsitzender der Oberkircher Winzer sieht<br />

er darin, „viele Köpfe zusammenzuführen“, für ihn<br />

„die Kunst erfolgreich zu sein.“<br />

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