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Vom Redner. De Oratore

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so scheint dieser Ausdruck seinen Ursprung daher zu leiten, daß er sich nicht zu schicken<br />

wisse 258 , und dies hat in unserem Sprachgebrauch einen weiten Umfang. <strong>De</strong>nn wer, was<br />

die Zeit fordert, nicht sieht oder wer zuviel redet oder von sich viel Aufhebens macht oder<br />

auf die Würde und den Vorteil derer, mit denen er verkehrt, keine Rücksicht nimmt oder<br />

endlich in irgendeiner Beziehung den Anstand verletzt 259 oder aufdringlich ist, von dem<br />

sagt man, er handele unschicklich. 18. Das ist ein Fehler, mit dem die sonst so gebildete<br />

Nation der Griechen in vollem Maß behaftet ist. Daher haben die Griechen, weil sie das<br />

Wesen dieses Übels nicht kennen, auch diesem Fehler keinen Namen gegeben. <strong>De</strong>nn<br />

mag man auch alles durchsuchen, so wird man kein Wort finden, mit dem die Griechen<br />

den unschicklich Handelnden bezeichneten 260 . Unter allen Unschicklichkeiten aber, deren<br />

es unzählige gibt, dürfte vielleicht keine größer sein, als wenn man, wie jene zu tun<br />

pflegen, an jedem Ort und unter allen Menschen, wo es auch immer belieben mag, über<br />

Gegenstände, die entweder sehr schwierig oder nicht nötig sind, einen spitzfindigen<br />

Vortrag hält. Und dies zu tun, sowenig es auch meiner Neigung zusagte und sosehr ich<br />

mich auch weigerte, haben mich gestern diese jungen Männer genötigt.”<br />

V. 19. Hierauf sagte Catulus: “Auch die Griechen, mein Crassus, die in ihren Staaten<br />

berühmt und groß waren, so wie du es bist und wir alle in unserem Staat zu sein<br />

wünschen, waren den jetzigen Griechen, die sich unseren Ohren aufdringen, nicht<br />

ähnlich, und doch verschmähten sie in Mußestunden solche Gespräche und gelehrte<br />

Vorträge nicht. 20. Und wenn dir diejenigen, welche auf Zeit, auf Ort und Personen keine<br />

Rücksicht nehmen, unschicklich zu handeln scheinen, wie sie es auch müssen – meinst<br />

du denn, dieser Ort sei nicht passend, wo schon diese Säulenhalle, in der wir<br />

umherwandeln, und die Ringschule und die Sitzplätze an so vielen Orten gewissermaßen<br />

die Erinnerung an die Gymnasien und die gelehrten Vorträge der Griechen hervorrufen?<br />

Oder die Zeit sei nicht gelegen bei so vieler Muße, die sich uns selten darbietet und jetzt<br />

sich so ganz nach Wunsch dargeboten hat? Oder die Menschen seien einem derartigen<br />

Vortrag abhold, da wir doch alle die Überzeugung hegen, daß ein Leben ohne diese<br />

wissenschaftlichen Beschäftigungen gar keinen Wert habe?” 21. “Dieses alles”, erwiderte<br />

258Quem enim nos ineptum vocamus, is mihi videtur ab hoc nomen habere ductum, quod non sit aptus.<br />

259inconcinnus.<br />

260Die Griechen haben allerdings mehrere Ausdrücke, die dem lateinischen ineptus nahekommen, aber<br />

kein Wort erschöpft gänzlich den umfassenden Begriff von ineptus.<br />

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