Projekt "Energiewende" - Gemischter Chor der Polizei Berlin e. V.
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Titelthema - Energiewende<br />
Erst knapp 100 Jahre später, „als man begann,<br />
sehr lange Übertragungsstrecken für<br />
sehr hohe Übertragungsleistungen zu konzipieren,<br />
erlebte die Gleichstrom-Hochspannungsübertragung<br />
einen späten Durchbruch.<br />
Mit <strong>der</strong> Verfügbarkeit von mo<strong>der</strong>nen Leistungshalbleitern<br />
ist die Frage Dreh- o<strong>der</strong><br />
Gleichstrom für viele Aufgaben hochaktuell,<br />
etwa wenn es um die Kopplung großer synchroner<br />
Drehstromsysteme geht.“<br />
Der Strommarkt<br />
In den Anfängen lag <strong>der</strong> Schwerpunkt <strong>der</strong><br />
Elektroindustrie im Beleuchtungswesen, im<br />
Gegensatz zu heute, wo dieses nur noch<br />
einen geringen Anteil am Stromverbrauch<br />
hat. In einem ersten Betriebsjahr 1894 nahm<br />
beispielsweise das Elektrizitätswerk in Frankfurt<br />
a. M. 527 000 Mark für 1,4 Millionen Kilowattstunden<br />
ein, davon 88 Prozent für<br />
Licht-, 11 für Kraft- und 1 Prozent für Wärmestrom.<br />
Dies än<strong>der</strong>te sich in den folgenden<br />
Jahren deutlich: rasch stieg die Zahl <strong>der</strong> Abnehmer<br />
von Kraftstrom zum Antrieb von<br />
Elektromotoren und ebenso die Verwendung<br />
von Strom zum Betrieb elektrischer Straßenbahnen.<br />
Mit <strong>der</strong> Abnehmerzahl stieg auch<br />
<strong>der</strong> Energiebedarf, so dass zwischen 1890<br />
und 1905 1145 neue Elektrizitätskraftwerke<br />
gebaut wurden. Da trotz <strong>der</strong> steigenden<br />
Nachfrage beson<strong>der</strong>s kleine Kraftwerke nicht<br />
ausreichend ausgelastet waren, speicherte<br />
man in Akkumulatorstationen Energie, die<br />
bei steigen<strong>der</strong> Nachfrage eingesetzt werden<br />
konnte. Außerdem war es durch den Einsatz<br />
von Akkumulatoren auch möglich, Personalkosten<br />
zu sparen, denn nachts mussten kein<br />
Schaltwärter o<strong>der</strong> Maschinist eingesetzt werden.<br />
1905, als noch die Gleichstromzentralen<br />
dominierten, wurden ca. 15 % <strong>der</strong> Gesamtleistung<br />
auf diese Weise erbracht. Mit dem<br />
Anstieg <strong>der</strong> Abnehmerleistung fielen die<br />
Strompreise: anfänglich hatte eine Kilowattstunde<br />
80 Pfennig gekostet, 1905 waren es<br />
nur noch etwas mehr als 20 Pfennig. Laut<br />
TRURNIT waren 80 Pfennig in Frankfurt a. M.<br />
<strong>der</strong> Arbeiterlohn von zwei Stunden o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Preis für 27 Eier o<strong>der</strong> ein Pfund Butter. Strom<br />
war also extrem teuer. Die so genannte Edison-A-Lampe<br />
kostete fünf Mark und hatte<br />
eine Lebensdauer von 1000 Stunden bei 100<br />
Volt. Zusammen mit den Anschlusskosten<br />
kam man auf etwa 10 Pfennig pro Betriebsstunde.<br />
So konnte ein Facharbeiter mit seinem<br />
Stundenlohn eine A-Lampe vier Stunden<br />
und 1905 schon ca. 16 Stunden betreiben. Im<br />
Vergleich dazu wären es heute rund 3200<br />
Stunden bei gleicher Helligkeit. Elektrizität<br />
war also zunächst ein reines Luxusgut, dessen<br />
Markt von einigen wenigen Firmen beherrscht<br />
und kontrolliert wurde. So verwun<strong>der</strong>t<br />
es kaum, dass OSKAR VON MILLER, <strong>der</strong><br />
die Idee vom „sozialen Strom“ verwirklichen<br />
wollte, von seinen Zeitgenossen angefeindet<br />
wurde, dies, obwohl er sich in den Anfängen<br />
stark für Öffentlichkeitsarbeit einsetzte, mit<br />
<strong>der</strong> er dem Einzelnen die Vorteile des elektrischen<br />
Stroms vor Augen führen wollte, um<br />
damit den Energiekonzernen einen großen<br />
Kundenkreis zu bescheren. Dann allerdings<br />
wichen seine Ziele stark von denen <strong>der</strong> Energieversorger<br />
ab: VON MILLER wollte das Luxusgut<br />
Strom zum Allgemeingut werden<br />
lassen und för<strong>der</strong>te eine Stromversorgung<br />
des Handwerks und Kleingewerbes. Die dafür<br />
nötigen niedrigen Strompreise und daraus resultierende<br />
Entwicklung von Kleinmotoren,<br />
mit denen es auch Kleinunternehmern möglich<br />
wurde, wirtschaftlich und preisgünstig zu<br />
produzieren, waren den großen Energie-und<br />
Industriekonzernen ein Dorn im Auge.<br />
Stromleitung<br />
– Leitungsmaterialien<br />
Sind in einigen Sammlungen noch zahlreiche<br />
Schalter, Steckdosen und Glühbirnen erhalten,<br />
so gestaltet sich die Suche nach Leitungen<br />
<strong>der</strong> Hausinstallation aus den Anfängen<br />
<strong>der</strong> Elektrizität nahezu aussichtslos. Da diese<br />
in alten Gebäuden meist das größte Risiko<br />
darstellten, wurden sie undokumentiert entsorgt,<br />
was erstens die spärlichen Bestände<br />
und zweitens das Fehlen einer entsprechenden<br />
Fachliteratur erklärt. Die Literaturrecherche<br />
zu diesem Thema lieferte einen Aufsatz<br />
von JOACHIM GEYLER von 1971 in <strong>der</strong> Technikgeschichte,<br />
in dem er die Entwicklung <strong>der</strong><br />
Starkstrom-Installationsleitungen darlegt.<br />
Weitere Informationen konnten aus Monteurschriften<br />
und Handbüchern <strong>der</strong> Firma SIE-<br />
MENS gewonnen werden, die aus den<br />
1920er-Jahren stammen, aber dennoch für<br />
einen Teil <strong>der</strong> erhaltenen Leitungen im<br />
Schloss Bad Homburg zutreffend sind.<br />
Als zu Beginn des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts die Wissenschaft<br />
das Gebiet <strong>der</strong> Elektrizität eroberte,<br />
die damals noch ausschließlich durch Reibung<br />
erzeugt werden konnte, begann man<br />
sich auch mit <strong>der</strong> Stromleitung zu befassen.<br />
Dabei erwiesen sich Metalldrähte bald als am<br />
besten geeignet für die Stromübertragung.<br />
Auch die Isolierung spielte schon eine –<br />
wenn auch untergeordnete – Rolle. So wurden<br />
die Drähte zum Beispiel an Seidenfäden<br />
aufgehängt o<strong>der</strong> durch Glasröhrchen gezogen.<br />
Mit <strong>der</strong> Erfindung des Galvanischen Elements<br />
1800 durch VOLTA war es möglich,<br />
stärkere Ströme zu erzeugen. Diese leitete<br />
man durch Drähte, die mit Bespinnung o<strong>der</strong><br />
Beflechtung aus mit harz- o<strong>der</strong> asphalthaltigen<br />
Massen getränkter Jute, Baumwolle,<br />
Seide und an<strong>der</strong>en Faserstoffen isoliert wurden.<br />
Da es für die Telegraphie notwendig war,<br />
Leitungen auch unterirdisch zu verlegen und<br />
die genannten Materialien nicht ausreichend<br />
Schutz vor Feuchtigkeit boten, wurden Experimente<br />
mit Gummibän<strong>der</strong>n durchgeführt,<br />
die man um die textilisolierten Leitungen wickelte,<br />
und Glasrohren, die mit Gummimuffen<br />
verbunden wurden. Für diese Verlegungsart<br />
war die Entdeckung <strong>der</strong> Guttapercha bahnbrechend.<br />
WERNER SIEMENS erschloss den<br />
deutschen Markt um 1846 mit einer Probe,<br />
die er von seinem Bru<strong>der</strong> Wilhelm aus London<br />
zugeschickt bekam. SIEMENS schrieb:<br />
„Die ausgezeichneten Eigenschaften dieser<br />
Masse, in erwärmtem Zustand plastisch zu<br />
werden und, wie<strong>der</strong> erkaltet, ein guter Isolator<br />
<strong>der</strong> Elektrizität zu sein, erregten meine<br />
Aufmerksamkeit. Ich überzog einige Drahtproben<br />
mit <strong>der</strong> erwärmten Masse und fand,<br />
dass sie sehr gut isoliert waren […]“<br />
Die Leitungsdrähte wurden mittels Walzen<br />
mit <strong>der</strong> Guttaperchamasse isoliert, wobei<br />
Walznähte entstanden, die nach einiger Zeit<br />
aufgingen. HANCOCK entwickelte eine Guttaperchapresse<br />
zur industriellen nahtlosen<br />
Beschichtung von Kupferdrähten. Kurz drauf<br />
konstruierte SIEMENS eine Schraubenpresse<br />
für diesen Zweck (Abb. 7) und erzielte damit<br />
eine dauerhafte Isolation. „[…] Es stellte sich<br />
aber heraus, dass die Walznaht sich mit <strong>der</strong><br />
Zeit löste. Ich konstruierte daher eine Schraubenpresse,<br />
durch welche die erwärmte Guttapercha<br />
unter Anwendung hohen Druckes<br />
ohne Naht um den Kupferdraht gepresst<br />
wurde. Die mit Hilfe einer solchen, von Halske<br />
ausgeführten Modellpresse überzogenen Leitungsdrähte<br />
erwiesen sich als gut isoliert und<br />
behielten ihre Isolation dauernd bei. Im Sommer<br />
1847 wurde die erste längere unterirdische<br />
Leitung von <strong>Berlin</strong> bis Großbeeren mit<br />
<strong>der</strong>artig isolierten Drähten von mir gelegt […<br />
] In <strong>der</strong> Tat sind seit jener Zeit nicht nur die<br />
unterirdisch geführten Landlinien, son<strong>der</strong>n<br />
auch die submarinen Kabellinien fast ausnahmslos<br />
in dieser Weise isoliert […]“ Der<br />
Vorteil <strong>der</strong> Guttapercha, bei Wärme verformbar<br />
zu sein, war zugleich auch ihr Nachteil:<br />
ein Einsatz in Räumen mit hoher Temperatur<br />
war nicht möglich. So konnten in den Maschinen-und<br />
Kesselhäusern <strong>der</strong> Lichtstationen<br />
keine mit Guttapercha isolierten Leitungen<br />
verlegt werden, da sie sich durch Stromwärme<br />
verformten. Bis zur Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />
war Guttapercha von großer<br />
Bedeutung für die Elektroindustrie, beson<strong>der</strong>s<br />
für die Isolierung von Unterwasserkabeln.<br />
Zwischen 1845 und 1896 wurden allein<br />
10 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Ausgabe 4/2013