Pfarrbrief Advent - Weihnachten 2013 - gemeinde-leben.com
Pfarrbrief Advent - Weihnachten 2013 - gemeinde-leben.com
Pfarrbrief Advent - Weihnachten 2013 - gemeinde-leben.com
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Liebe Mitglieder unserer fünf<br />
Gemeinden, liebe Leser unseres<br />
<strong>Pfarrbrief</strong>es,<br />
der Song auf der Titelseite des <strong>Pfarrbrief</strong>es war<br />
einem Weihnachtspiel vorangestellt, das 1976 in<br />
Eilenburg von Jugendlichen aufgeführt wurde. Als<br />
Vikar habe ich 11 Jahre lang Spiele zu<br />
Kinderwallfahrten und auch zu <strong>Weihnachten</strong> für<br />
Kinder und Jugendliche verfasst. Meist sind sie in<br />
Zusammenarbeit mit den Kindern und Jugendlichen<br />
entwickelt worden.<br />
Die vielleicht etwas makabre Story: Heiligabend.<br />
Ein bewusst kinderloses Ehepaar weiß nicht so<br />
richtig, was mit <strong>Weihnachten</strong> anzufangen.<br />
<strong>Weihnachten</strong> fehlen eben doch Kinder. Da klingelt<br />
es an der Tür. Ein Weihnachtsmann steht davor. Erst<br />
denkt jeder von den beiden, der andere wollte ihn<br />
überraschen. Aber nach einer Ansage im Radio, dass<br />
ein nicht ungefährlicher Mann aus der nahen<br />
Nervenheilanstalt ausgebrochen sei, schwant ihnen<br />
immer mehr Furchtbares. Der Weihnachtsmann will<br />
mit ihnen <strong>Weihnachten</strong> feiern. Er erklärt, es ginge<br />
heute Abend um alles. Deshalb möchte er wissen,<br />
ob an <strong>Weihnachten</strong> etwas dran ist. Schließlich ginge<br />
es ihm um die Frage, ob es sich überhaupt lohnt,<br />
weiter zu <strong>leben</strong> oder man sich nicht lieber gleich<br />
umbringen sollte.<br />
Da klingelt es wieder an der Tür. Vier Jugendliche<br />
mit einem Bierkasten suchen lärmend nach einem<br />
Ort, wo sie feiern können. In ihren Familien ist es<br />
ihnen zu öde. Ein Mädchen hat ein Geschenk von<br />
ihrer Oma mitgebracht: eine alte Familienbibel. Sie<br />
wollen gerade anfangen, die anderen zum Trinken<br />
und Kartenspielen einzuladen, da fährt der<br />
Weihnachtsmann dazwischen: Kein Kartenspiel! Sie<br />
sollen das Weihnachtsspiel spielen, sagt er den Verblüfften.<br />
Und er droht: In seinem Sack stecke eine<br />
selbst gebastelte Bombe. Er fragt: „Bin ich irre, weil<br />
ich nach einem Sinn von <strong>Weihnachten</strong> suche? Oder<br />
sind die anderen irre, die es nicht tun? Bin ich irre,<br />
wenn ich heute alles in die Luft jage, wenn ich keine<br />
Antwort auf die Frage gefunden habe, warum man<br />
überhaupt weiter<strong>leben</strong> soll? Aber vielleicht gibt es ja<br />
die Antwort und sie steckt in der<br />
Weihnachtsgeschichte.“ Er lässt sich die alte Bibel<br />
geben, fängt an, in ihr zu lesen, verteilt die Rollen.<br />
Und zwingt die Jugendlichen und das Ehepaar, die<br />
Geschichte von der Verkündigung durch den Engel<br />
und von der Geburt Jesu zu spielen: „In jener Zeit<br />
wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in die<br />
Stadt Nazareth zu einer Jungfrau, die hieß Maria…<br />
Und sie gebar ihren Sohn und legte ihn in eine<br />
Krippe…weil in der Herberge kein Platz für sie<br />
war.“ Da kommt doch Gott gar nicht vor“, sagt das<br />
Mädchen, das Maria spielen muss. „Ja“, sagt der<br />
Irre: „ Vielleicht nicht der Gott, den wir Menschen<br />
uns gemacht haben, um dann zu sagen: Es gibt ihn<br />
gar nicht. Aber wenn Gott ganz anders ist als unsere<br />
Vorstellungen von ihm? Wenn er uns zeigen will,<br />
wie das geht: richtige Menschen zu werden. Wenn<br />
es Gott wirklich gibt, findet ihr es dann nicht auch<br />
unglaublich, dass Gott Mensch wird? Ich möchte<br />
verstehen, was wir dann <strong>Weihnachten</strong> wirklich<br />
feiern?“<br />
Im Nachspielen der Weihnachtsgeschichte geraten<br />
sie immer mehr in die Geschichte hinein. Bis der<br />
Irre plötzlich fragt: „Könnte es nicht sein, dass Gott<br />
den Schrei der Menschen nach Sinn gehört hat und<br />
dass <strong>Weihnachten</strong> seine Antwort darauf ist. Aber die<br />
Menschen haben das Fest zugemüllt und keinen<br />
Platz für diese Antwort Gottes.“ „Er kam in sein<br />
Eigentum und sie nahmen ihn nicht auf“, findet er in<br />
der Bibel. Auch diesen Satz: „Alle, die ihn aufnahmen<br />
gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.<br />
Alle, die nicht aus dem Wollen des Mannes, nicht<br />
aus dem Begehren der Frau, sondern aus Gott<br />
geboren sind.“ Und der Irre will die Jugendlichen<br />
und auch das Ehepaar zwingen, den Ausgang der<br />
Weihnachtsgeschichte noch zu spielen: „Und<br />
plötzlich war bei dem Engel eine große himmlische<br />
Heerschar, die Gott lobte und sang: Ehre sei Gott in<br />
der Höhe und Friede auf Erden den Menschen.“ Und<br />
dann beginnt er das Lied anzustimmen „Stille<br />
Nacht…“<br />
Da klingelt es an der Tür. Zwei Wärter aus der<br />
Anstalt stehen da mit einer Jacke und einer Spritze,<br />
um den Irren einzufangen. Er geht widerstandslos<br />
mit. „Nur eine Spielzeugbombe, die er immer mit<br />
sich herumschleppt“, sagen die Wärter und lachen.<br />
Das Ehepaar bleibt allein zurück: „Weißt du, wie ich<br />
mich fühle?“ sagt die Frau. „Wie jemand, der die<br />
ganze Zeit einen kostbaren Schatz im Haus hat, aber<br />
es nicht weiß.“ Und der Mann: „Wenn das stimmt,<br />
ist unser Leben, unsere Ehe nicht mehr so leer.“ Die<br />
Frau: „Wir müssen diesen Schatz suchen.“ Der<br />
Mann: „Fangen wir erst einmal damit an, unsere<br />
Bibel zu suchen:“<br />
Ich habe auch noch vier Texte gefunden, über die<br />
wir damals in Eilenburg diskutiert haben. Sie sind<br />
vielleicht nicht einfach zu verstehen. Aber versuchen<br />
Sie doch weiter zu lesen. Ein Text stammt von dem<br />
marxistischen Philosophen Ernst Bloch: „Zu einem<br />
Kind, das im Stall geboren ist, wird gebetet. Näher,<br />
niedriger, heimlicher kann kein Blick in die Höhe<br />
umgebrochen werden. Zugleich ist der Stall wahr,<br />
eine so niedrige Herkunft des Stifters wird nicht<br />
erfunden. Sage macht keine Elendsmalerei. Der<br />
Stall, der Galgen am Ende, das ist aus<br />
geschichtlichem Stoff, nicht aus dem goldenen, den<br />
die Sage liebt. Ein Mensch wirkt hier als schlechthin<br />
gut, das kam noch nicht vor. Mit einem Zug nach<br />
unten, zu den Armen und Verachteten, dabei keineswegs<br />
gönnerisch.“<br />
Ein weiterer Text stammt vom Nobelpreisträger und<br />
kritischen Katholiken Heinrich Böll und ist uns<br />
Christen ins Gewissen geschrieben: „Das<br />
Merkwürdige an ihnen ist: „Sie beten einen<br />
menschgewordenen Gott an, der sie lehrte, einander<br />
zu lieben; sie stellen ihn auch - da sie sich gar nicht<br />
anders als menschlich ausdrücken können - auf<br />
ihren Bildnissen als Menschen dar; sie selbst aber -<br />
und das ist das Merkwürdige an ihnen - gebärden