Armutsbericht der Stadt Konstanz - ISG
Armutsbericht der Stadt Konstanz - ISG
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<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Bearbeitung:<br />
Dr. Dietrich Engels und Christine Sellin<br />
unter Mitarbeit von Sandra Horimbere und Miriam Martin<br />
<strong>ISG</strong> Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e.V.<br />
Köln, den 26. März 2002<br />
Otto-Blume-Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e. V. Postfach 26 02 44 . D-50515 Köln .<br />
Barbarossaplatz 2 . D-50674 Köln - Telefon: 02 21 / 23 54 73 . Telefax: 02 21 / 21 52 67 – e-mail: info@isg-institut.de<br />
Vorstand:<br />
Bankverbindung:<br />
Dr. Wilhelm Breuer (Vors.)<br />
<strong>Stadt</strong>sparkasse Köln<br />
Dr. Dietrich Engels Konto-Nr. 77 620 32<br />
Dr. Werner Friedrich BLZ 370 501 98
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
1. <strong>Armutsbericht</strong>erstattung auf <strong>der</strong> Grundlage eines<br />
mehrdimensionalen Konzepts <strong>der</strong> Lebenslage 1<br />
1.1 Armut und Lebenslagen 2<br />
1.2 Untersuchung <strong>der</strong> Lebenslagen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> 6<br />
1.3 Methoden <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung 10<br />
2. Monetäre Armut und Sozialhilfebezug 12<br />
2.1 Verteilung von Einkommen und Vermögen 12<br />
2.2 Wohngeldbezug als Indikator niedrigen Einkommens 14<br />
2.3 Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> 15<br />
2.4 Leben in <strong>der</strong> Sozialhilfe: Ergebnisse einer Analyse von Sozialhilfeakten 19<br />
3. Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit 34<br />
3.1 Wirtschaftliche Entwicklung und Entwicklung des Arbeitsmarktes 34<br />
3.2 Arbeitskraftpotenzial unter den Beziehern von Hilfe zum Lebensunterhalt 40<br />
3.3 Vermittlungshemmnisse und Wege zur Selbstständigkeit 42<br />
3.4 Hilfe zur Arbeit in <strong>Konstanz</strong> 46<br />
4. Schulische Bildung und berufliche Qualifikation 51<br />
4.1 Schulausbildung 51<br />
4.2 Berufliche Qualifikation 55<br />
5. Familiäre Netzwerke und <strong>der</strong>en Entlastung 56<br />
5.1 Kin<strong>der</strong> und Jugendliche im Sozialhilfebezug 56<br />
5.2 Sozialhilfe und Jugendhilfe 60<br />
5.3 Einrichtungen für Kin<strong>der</strong> 62<br />
5.4 Angebote <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit 64<br />
5.5 Weitere Angebote 67<br />
5.6 Der „Sozialpass“ als kommunales Instrument zur Entlastung von Familien 67<br />
6. Wohnen und Wohnumfeld 73<br />
6.1 Quantitative Versorgung mit Wohnraum 74<br />
6.2 Wohnqualität 76<br />
6.3 Wohngebiete in <strong>Konstanz</strong> unter sozialen und ökologischen Aspekten 77<br />
7. Die Situation pflegebedürftiger Menschen 80<br />
7.1 Umfang, Struktur und Entwicklung des Pflegebedarfs in <strong>Konstanz</strong> 80<br />
7.2 Pflegerische Versorgungsstruktur 84<br />
8. Personengruppen in beson<strong>der</strong>s belasteten Lebenslagen 86<br />
8.1 Hilfen nach § 72 BSHG im bundesweiten Vergleich 86<br />
8.2 Beson<strong>der</strong>s belastete Personen in <strong>Konstanz</strong>: Charakteristik und Hilfebedarf 87<br />
8.3 Angebotsspektrum für Personen in beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten 91<br />
9. Empfehlungen zur Armutsbekämpfung in <strong>Konstanz</strong> 94<br />
9.1 Zusammenfassung <strong>der</strong> wichtigsten Ergebnisse 94<br />
9.2 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 97<br />
Anhang 107
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
1. <strong>Armutsbericht</strong>erstattung auf <strong>der</strong> Grundlage eines mehrdimensionalen<br />
Konzepts <strong>der</strong> Lebenslage<br />
Die Bekämpfung von Armut in den unterschiedlichen Ausprägungen, in denen sie in<br />
Erscheinung tritt, ist vor allem eine Aufgabe auf kommunaler Ebene, wo die Verantwortung<br />
für eine umfassende Daseinsvorsorge für Bürgerinnen und Bürger liegt. In einer<br />
Wohlstandsgesellschaft wie <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland geraten Armutsphänomene<br />
leicht aus dem Blick; dies hängt unter an<strong>der</strong>em damit zusammen, dass<br />
herkömmliche Armutsbil<strong>der</strong>, wie z.B. die in den 1950er und 1960er Jahren noch sichtbare<br />
Altersarmut, sich verän<strong>der</strong>t haben. Damit hat sich jedoch nicht die Armutsproblematik<br />
insgesamt entschärft, son<strong>der</strong>n lediglich auf an<strong>der</strong>e Lebenslagen und Problemgruppen<br />
verlagert: Armutsbil<strong>der</strong> werden heute unter An<strong>der</strong>em durch Langzeitarbeitslosigkeit,<br />
Alleinerziehung, Migration, Kin<strong>der</strong>reichtum, chronische Krankheit und Suchtkrankheit<br />
geprägt und weisen damit ein heterogenes und weit verzweigtes Profil auf.<br />
Städte und Gemeinden sehen sich diesbezüglich einer hohen und nicht leicht zu bewältigenden<br />
Belastung ausgesetzt. Um diesen Formen von Armut aktiv begegnen zu<br />
können, ist eine differenzierte Kenntnis ihrer Ausprägungen und Ursachen erfor<strong>der</strong>lich;<br />
nur auf einer hinreichend informativen und gesicherten empirischen Grundlage ist es<br />
möglich, Gegenstrategien spezifisch abzustimmen und vorausschauend zu planen.<br />
Vor diesem Hintergrund hat <strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>at <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> das Institut für Sozialforschung<br />
und Gesellschaftspolitik e.V. beauftragt, einen <strong>Armutsbericht</strong> zu erstellen.<br />
Die Zielsetzung dieses Berichtes ist es, Strukturen sozialer Ungleichheit in <strong>Konstanz</strong><br />
aufzuzeigen und Erkenntnisse für eine Armutsprävention zu liefern.<br />
Obwohl die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> keine kreisfreie <strong>Stadt</strong> ist, weist sie doch eine Reihe von<br />
typisch „großstädtischen“ Merkmalen auf, und zwar nicht nur hinsichtlich ihrer Bedeutung<br />
als regionales Zentrum, son<strong>der</strong>n auch hinsichtlich <strong>der</strong> sozialstrukturellen Belastungen.<br />
Hierzu gehören auch eine für baden-württembergische Verhältnisse vergleichsweise<br />
hohe Empfängerdichte <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt und entsprechend<br />
hohe Sozialausgaben. 1 Der Sozialhilfebezug ist im Kontext von Wirtschaftsstruktur,<br />
Arbeitsmarkt und Bevölkerungsstruktur zu sehen. Bereits seit Jahren weist <strong>der</strong> Arbeitsamtsbezirk<br />
<strong>Konstanz</strong> eine <strong>der</strong> höchsten Arbeitslosenquoten in Baden-<br />
Württemberg auf. Weiterhin ist das soziodemografische Profil <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> durch eine hohe<br />
Anzahl von allein lebenden Personen geprägt; <strong>der</strong>en einkommensschwacher Teil<br />
trat bereits bei früheren Analysen deutlich ins Blickfeld. 2 Die großstädtische sozialstrukturelle<br />
Belastung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> wird durch die Kumulation weiterer Faktoren wie Universität<br />
1<br />
2<br />
Dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> eine doppelt so hohe Empfängerdichte aufweist wie <strong>der</strong> umgebende<br />
Landkreis, war eines <strong>der</strong> Ergebnisse eines Gutachtens, das das <strong>ISG</strong> im Auftrag<br />
des Landkreises <strong>Konstanz</strong> erstellt hatte; vgl. C. Sellin/ D. Engels, Gutachten zu Struktur<br />
und Rahmenbedingungen im Landkreis <strong>Konstanz</strong>, Köln 1999.<br />
Ebd.<br />
1
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
und ihr Umfeld, Zentrum für Psychiatrie mit Umfeld, eine überproportionale Zuweisung<br />
von Aussiedlern und Asylbewerbern sowie die Grenznähe noch verstärkt.<br />
Der belasteten Sozialstruktur <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> korrespondiert ein gut ausgebautes<br />
Netz an sozialen Einrichtungen einschließlich aktivieren<strong>der</strong> Strukturen <strong>der</strong> „Hilfe zur<br />
Arbeit“. Die Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung besteht somit in einer detaillierten<br />
Analyse von<br />
• Belastungen in verschiedenen Lebensbereichen,<br />
• <strong>der</strong>en Erscheinungsformen und Ursachen,<br />
• den in beson<strong>der</strong>er Weise belasteten Bevölkerungsgruppen sowie<br />
• den vorhandenen Hilfestrukturen.<br />
Auf dieser Grundlage sind Ansatzpunkte zur Optimierung <strong>der</strong> kommunalen Armutsbekämpfung<br />
zu entwickeln. Bevor die Ergebnisse dieser Analysen dargestellt werden,<br />
sollen zunächst die zu Grunde gelegten Konzepte von „Armut“ und „Lebenslage“ sowie<br />
die methodische Vorgehensweise expliziert werden.<br />
1.1 Armut und Lebenslagen<br />
Eine erste Annäherung an die Beschreibung von „Armut“ kann von dem Armutsverständnis<br />
ausgehen, das auf europäischer Ebene entwickelt wurde. Demnach gelten die<br />
Personen, Familien und Gruppen als arm,<br />
„die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von <strong>der</strong><br />
Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum<br />
annehmbar ist“. 3<br />
Dieses Armutsverständnis bezieht sich auf die Ausgrenzung von einem gesellschaftlich<br />
akzeptablen, mittleren Lebensstandard in mehreren monetären und nicht-monetären<br />
Lebensbereichen. In vielen Studien, die an diese Definition anknüpften, wurde aber<br />
diese Mehrdimensionalität auf den monetären Aspekt verkürzt, da zum einen monetäre<br />
Armut häufig eine Unterversorgung auch in an<strong>der</strong>en Lebensbereichen zur Folge hat<br />
und zum an<strong>der</strong>n dieser Aspekt eher auch statistisch messbar ist. 4<br />
Weitgehen<strong>der</strong> Konsens besteht aber mittlerweile darüber, dass sich eine <strong>Armutsbericht</strong>erstattung<br />
nicht nur auf materielle Armut und den Bezug von Sozialhilfe beschränken<br />
darf, son<strong>der</strong>n auch nicht-monetäre Faktoren einbeziehen muss. Dieses umfassen-<br />
3<br />
4<br />
Rat <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften, Beschluss vom 19.12.1984, Abl. Nr. L 2/24<br />
Hieraus ergab sich die bekannte Operationalisierung, <strong>der</strong> zu Folge „arm“ ist, wer über<br />
weniger als 50% des durchschnittlichen äquivalenzgewichteten Nettoeinkommens verfügt.<br />
2
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
de Verständnis von Armut kommt im Konzept <strong>der</strong> „Lebenslage“ zum Ausdruck, das seit<br />
Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts in <strong>der</strong> Sozialwissenschaft ausgearbeitet wurde und auch<br />
<strong>der</strong> Armuts- und Reichtumsberichterstattung auf nationaler Ebene als Leitprinzip dient. 5<br />
Dem Lebenslagenansatz liegt ein weit gefasstes Verständnis von Armut zugrunde, das<br />
neben den materiellen Lebensverhältnissen auch weitere Einflussfaktoren wie Bildung,<br />
Beschäftigung bzw. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Wohnsituation, Trennung und Alleinerziehung,<br />
soziale Netzwerke und an<strong>der</strong>es berücksichtigt. 6 Zwar darf das Gewicht des<br />
finanziellen Faktors nicht übersehen werden – monetäre Armut hat auch innerhalb des<br />
Lebenslagekonzeptes einen zentralen Stellenwert und wirkt sich in an<strong>der</strong>en Dimensionen<br />
des Lebens aus; z.B. wohnen in Substandardwohnungen in <strong>der</strong> Regel Haushalte<br />
mit geringem Einkommen. Es gibt aber auch Defizite, die mit zusätzlichen finanziellen<br />
Mitteln nicht zu beheben sind: So wird z.B. im Falle von Ehescheidung und <strong>der</strong>en psycho-sozialen<br />
Folgen o<strong>der</strong> auch bei Krankheit, Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Pflegebedürftigkeit<br />
und <strong>der</strong>en psycho-somatischen Folgen die Lebenslage von Faktoren bestimmt, die<br />
nicht unmittelbar mit dem Einkommen und Vermögen in Zusammenhang stehen.<br />
Ursprünglich wurde das Konzept <strong>der</strong> „Lebenslage“ mit unterschiedlichen Akzentuierungen<br />
formuliert: Otto Neurath, <strong>der</strong> diesen Begriff einführte, betont die Mehrdimensionalität<br />
<strong>der</strong> Lebensumstände und <strong>der</strong>en subjektive Perzeption, wenn er „Lebenslage“ definiert<br />
als den „Inbegriff all <strong>der</strong> Umstände, die verhältnismäßig unmittelbar die Verhaltensweise<br />
eines Menschen, seinen Schmerz, seine Freude bedingen. Wohnung, Nahrung,<br />
Kleidung, Gesundheitspflege, Bücher, Theater, freundliche menschliche Umgebung,<br />
all das gehört zur Lebenslage ...“ 7 Gerhard Weisser legt in einer Weiterentwicklung<br />
dieses Konzepts den Akzent stärker auf die Handlungsmöglichkeiten zur Realisierung<br />
von Lebenschancen; unter einer „Lebenslage“ versteht er den „Spielraum, den<br />
einem Menschen (einer Gruppe von Menschen) die äußeren Umstände nachhaltig für<br />
die Befriedigung <strong>der</strong> Interessen bieten, die den Sinn seines Lebens bestimmen.“ 8<br />
In Anknüpfung daran wird das Lebenslagekonzept heute einerseits als Multidimensionalität<br />
<strong>der</strong> objektiven gesellschaftlichen Lebensbedingungen interpretiert und an<strong>der</strong>erseits<br />
als subjektive Nutzung von Handlungsspielräumen auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> persönlichen<br />
Fähigkeiten und Ressourcen, mit denen <strong>der</strong> Einzelne ausgestattet ist. 9 Wie in<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.), Lebenslagen in Deutschland.<br />
Der erste Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung, Bonn 2001<br />
D. Engels/ C. Sellin, Konzept- und Umsetzungsstudie zur Vorbereitung des Armuts- und<br />
Reichtumsberichtes <strong>der</strong> Bundesregierung, Forschungsbericht des Bundesministeriums<br />
für Arbeit und Sozialordnung Nr. 278, Bonn 1999<br />
O. Neurath, Empirische Soziologie, 1931, zit. nach W. Glatzer/ W. Hübinger, Lebenslagen<br />
und Armut, in: Döring/ Hanesch/ Huster 1990, S. 31 ff, hier S. 35<br />
G. Weisser, Artikel „Wirtschaft“, in: W. Ziegenfuss (Hrsg.), Handbuch <strong>der</strong> Soziologie,<br />
Stuttgart 1956, S. 986<br />
Zur aktuellen Diskussion vgl. D. Engels (Red. Bearb.), Tagungsdokumentation „Perspektiven<br />
<strong>der</strong> Armuts- und Reichtumsberichterstattung in Deutschland“, hrsg. vom Bundesmi-<br />
3
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
den Anfängen <strong>der</strong> Konzeptentwicklung, so wird hier „Armut“ als eine Einschränkung<br />
von individuellen Handlungsspielräumen bzw. „Verwirklichungschancen“ verstanden;<br />
parallel dazu wird in Politik und Fachdiskussion aber auch das Verständnis von „Armut“<br />
als gesellschaftlicher „Ausgrenzung“ verstanden, wie es in <strong>der</strong> Definition enthalten ist,<br />
die auf europäischer Ebene zur Orientierung dient. 10<br />
Wie man die Aufgabe <strong>der</strong> Armutsbekämpfung auch sieht: als eine Erweiterung von<br />
Spielräumen o<strong>der</strong> als eine Überwindung von Ausgrenzung, in jedem Falle stehen zunächst<br />
die monetären Ressourcen im Vor<strong>der</strong>grund. Ein regelmäßiges Einkommen in<br />
ausreichen<strong>der</strong> Höhe, ergänzend auch Vermögenswerte, sichern nicht nur den täglichen<br />
Lebensunterhalt, son<strong>der</strong>n eröffnen auch Spielräume in <strong>der</strong> Gestaltung des Lebensstils,<br />
<strong>der</strong> Freizeit, <strong>der</strong> Wohnsituation und an<strong>der</strong>em. Umgekehrt werden diese<br />
Spielräume eingeengt o<strong>der</strong> verschlossen, wenn die gesamten Einkünfte eines Haushalts<br />
für den Lebensunterhalt nicht ausreichen. In diesen Fällen greift die Kommune<br />
mit sozialen Transferleistungen in Form <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt unterstützend<br />
ein.<br />
Wenn materielle Armut aber nicht nur ein kurzer, vorüber gehen<strong>der</strong> Ausnahmezustand<br />
ist, son<strong>der</strong>n eine sich verfestigende Lebenslage, so wirkt sie in an<strong>der</strong>e Lebensbereiche<br />
hinein. Die Größe, Qualität und auch die Lage <strong>der</strong> Wohnung sind dann nicht mehr frei<br />
wählbar, son<strong>der</strong>n werden durch enge finanzielle Spielräume vorgegeben. Lebensstil,<br />
Kleidung und Möglichkeiten <strong>der</strong> Freizeitgestaltung werden ebenfalls durch fehlende<br />
Ressourcen unmittelbar eingeschränkt. Bereits hier wird aber die Mehrdimensionalität<br />
<strong>der</strong> Armutsproblematik deutlich: Einschränkungen in verschiedenen Lebensbereichen<br />
verstärken sich wechselseitig und führen zu einer komplexen Verflechtung von Belastungen<br />
und Barrieren, die insgesamt eine gesellschaftlich als „normal“ akzeptierte Lebensweise<br />
verhin<strong>der</strong>n.<br />
10<br />
Dies wird um so deutlicher, wenn man versucht, die Ursachen von unzureichendem<br />
Einkommen zu rekonstruieren. Das System <strong>der</strong> Erwerbsarbeit bildet die zentrale Dimension<br />
zur Erzielung eines Einkommens, das den angestrebten Lebensstandard ermöglicht<br />
(während größere Vermögen bzw. Kapitaleinkünfte als Alternative nur kleinen<br />
Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen). Der Zugang zur Beschäftigung lässt sich<br />
aber nicht „erkaufen“, son<strong>der</strong>n ist an nicht-monetäre Kriterien wie schulische und berufnisterium<br />
für Arbeit und Sozialordnung, Reihe Lebenslagen in Deutschland, Bonn 2002,<br />
hier insbeson<strong>der</strong>e die Beiträge von J. Volkert: „Systematisierung <strong>der</strong> Armuts- und Reichtumsmessung<br />
in Deutschland“, sowie W. Voges: „Perspektiven des Lebenslagekonzeptes“.<br />
Dies kommt u.a. in den europaweit erstellten „Nationalen Aktionsplänen zur sozialen Inklusion“<br />
zum Ausdruck, die Maßnahmen zur Überwindung von Exklusionsmechanismen<br />
enthalten sollen.<br />
4
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
liche Qualifikation, psychische und physische Leistungsfähigkeit, das Vorliegen einer<br />
Arbeitserlaubnis, objektive Arbeitsmarktlage und subjektive Motivation gebunden.<br />
Die Übergänge von einem System zum an<strong>der</strong>en funktionieren nicht immer reibungslos:<br />
Die als „Output“ des Bildungssystems erreichten Qualifikationen können an<strong>der</strong>e sein,<br />
als das Beschäftigungssystem als „Input“ benötigt. In Zeiten einer starken Nachfrage<br />
des Arbeitsmarktes nach gering qualifizierten Arbeitskräften können die Zugangsbedingungen<br />
in je<strong>der</strong> Hinsicht (Qualifikation, Leistungsfähigkeit, Arbeitsberechtigung etc.)<br />
gering sein, ohne den Zugang auszuschließen. Umgekehrt kann es in Zeiten eines<br />
angespannten Arbeitsmarktes erfor<strong>der</strong>lich sein, dass in allen vorgelagerten Systemen<br />
ein optimales „Output“ erreicht wird, um überhaupt Zugangschancen zu erhalten. In<br />
diesem Fall wirken sich fehlende Schul- bzw. Berufsabschlüsse als gravierende<br />
Hemmnisse aus, weiterhin gesundheitliche Beeinträchtigungen wie eine Behin<strong>der</strong>ung,<br />
eine chronische Krankheit o<strong>der</strong> Suchtkrankheit. Wem <strong>der</strong> Zugang ins Erwerbssystem<br />
nicht gelingt, weil eine o<strong>der</strong> mehrere dieser Einschränkungen auf ihn zutreffen, ist in<br />
erhöhtem Maße auch dem Risiko materieller Armut ausgesetzt.<br />
Abbildung 1:<br />
Bildung<br />
Familie,<br />
soziales Netzwerk<br />
Dimensionen <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
Mikro-Ebene<br />
Qualifizierung,<br />
berufl. Bildung<br />
Kin<strong>der</strong>betreuung<br />
Kollegen<br />
Kapital<br />
Beschäftigung<br />
physische + mentale<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Transfers<br />
Wohnqualität<br />
Arbeitsbedingungen<br />
Motivation<br />
Gesundheit<br />
bürgerliche<br />
Rechte<br />
Wohnen,<br />
Umwelt<br />
Persönlichkeit<br />
monetärer<br />
Bereich<br />
Einkommen<br />
Lebensstandard<br />
Arbeitserlaubnis<br />
Kultur<br />
Partizipation<br />
Freizeit<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Diese Zugangskriterien sind aber wie<strong>der</strong>um das Ergebnis von Prozessen, die sich in<br />
an<strong>der</strong>en Lebensbereichen bzw. in an<strong>der</strong>en gesellschaftlichen Systemen abspielen.<br />
5
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Wie erfolgreich das duale Bildungssystem durchlaufen wird, entscheidet darüber, ob<br />
die qualifikatorischen Zugangsbedingungen erfüllt werden. Die Nutzung <strong>der</strong> Dienste<br />
und Einrichtungen des Gesundheitssystems entscheidet mit darüber, wie gut Behin<strong>der</strong>ungen<br />
kompensiert und Krankheiten therapiert werden können. Und das System <strong>der</strong><br />
sozialen Dienste unterstützt in vielfältiger Weise sowohl die Erwerbsfähigen, die einer<br />
Hilfe zum Erwerb <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Zugangsvoraussetzungen bedürfen, als auch die<br />
nicht Erwerbsfähigen, die je nach Lebenssituation unterschiedliche Hilfestellungen benötigen.<br />
Der Prozess <strong>der</strong> Einbindung in unterschiedliche Lebensbereiche wird flankiert durch<br />
die sozialen, insbeson<strong>der</strong>e familiären Netzwerke, die einerseits an vielen Stellen kompensieren<br />
und Defizite ausgleichen, an<strong>der</strong>erseits aber auch Störungen produzieren<br />
können. Wo diese Ressource nur beschränkt zur Verfügung steht (wie etwa bei allein<br />
Lebenden ohne Sozialkontakte o<strong>der</strong> bei allein Erziehenden), steigt das Risiko, auf sozialstaatliche<br />
Unterstützung angewiesen zu sein.<br />
Wenn mehrfache Belastungen sich in bestimmten sozialen Gruppen und auch räumlich<br />
in bestimmten Wohngebieten konzentrieren, spricht man von einem belasteten „Milieu“.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> kommunalen Sozialplanung besteht daher eine wichtige Aufgabe darin,<br />
für die Wohngebiete, in denen Personengruppen mit Einschränkungen verdichtet<br />
anzutreffen sind, spezifische Konzepte zu entwickeln.<br />
1.2 Untersuchung <strong>der</strong> Lebenslagen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage eines mehrdimensionalen Lebenslagekonzeptes (Teil 1) erscheint<br />
es sinnvoll, die kommunale <strong>Armutsbericht</strong>erstattung in folgenden Schritten aufzubauen:<br />
Teil 2: Monetäre Armut und Sozialhilfebezug<br />
Der Bereich monetärer Armut dient als zentraler Ausgangspunkt, da sich die Einkommenssituation<br />
prägend auf die gesamte Lebenslage auswirkt. Daten zur Einkommensund<br />
Vermögenssituation insgesamt sind auf kommunaler Ebene kaum verfügbar. Monetäre<br />
Armut wird aber in Form <strong>der</strong> Angewiesenheit auf Sozialhilfe und Wohngeld erkennbar.<br />
Zu untersuchen ist,<br />
• welche Formen von Einkommensarmut in <strong>Konstanz</strong> vorherrschen,<br />
• welche Relation zwischen Wohnungseigentümern und Wohnungsmietern in <strong>Konstanz</strong><br />
besteht,<br />
• welche Personengruppen auf Wohngeld angewiesen sind,<br />
6
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• wie hoch die Angewiesenheit auf Sozialhilfe insgesamt und insbeson<strong>der</strong>e auf Hilfe<br />
zum Lebensunterhalt ist, welche Personengruppen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen,<br />
welche Ursachen jeweils dafür ausschlaggebend sind und welche Ausstiegschancen<br />
jeweils bestehen,<br />
• welche Bevölkerungsgruppen von Verschuldung bzw. Überschuldung betroffen<br />
sind.<br />
Teil 3: Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit<br />
Als nächster Bereich tritt Erwerbstätigkeit als die wichtigste Einkommensquelle ins<br />
Blickfeld. Die Fragen nach <strong>der</strong> Beteiligung am Erwerbssystem und den qualifikationsund<br />
leistungsbezogenen Zugangskriterien richten sich in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung<br />
insbeson<strong>der</strong>e auf die Ausgrenzung von Erwerbstätigkeit in Form von<br />
Arbeitslosigkeit. Diesbezüglich sind folgende Fragestellungen zu beantworten:<br />
• Wie stellt sich die Arbeitsmarktlage in <strong>Konstanz</strong> <strong>der</strong>zeit dar, und wie hat sie sich in<br />
den vergangenen Jahren entwickelt?<br />
• Welche soziodemografische Struktur weisen die Erwerbstätigen auf (unter Berücksichtigung<br />
von Geschlecht und Alter sowie vollzeit-, teilzeit- und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen),<br />
und welche Struktur haben die Arbeitslosen (unter Berücksichtigung<br />
von Geschlecht und Alter sowie Nationalität, Qualifikation und Dauer<br />
<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit)?<br />
• Wie hoch ist das Nettoarbeitspotenzial unter den Sozialhilfeempfängern, welche<br />
Strukturen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit bestehen in <strong>Konstanz</strong> (Vermittlung in den 1. o<strong>der</strong> 2.<br />
Arbeitsmarkt, sog. geschützte Arbeitsverhältnisse in Werkstätten behin<strong>der</strong>te Menschen)?<br />
• Welche Probleme <strong>der</strong> Arbeitsmarktintegration bestehen für einzelne Personengruppen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e für junge Erwachsene und für Migranten (Auslän<strong>der</strong>, Spätaussiedler)?<br />
Teil 4: Schulische Bildung und berufliche Qualifikation<br />
Als zentrale Zugangsvoraussetzungen zum System <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit gelten die<br />
Schulbildung und die berufliche Ausbildung. Defizite in diesem Bereich sind angesichts<br />
<strong>der</strong> steigenden Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen des Arbeitsmarktes mit einem hohen Armutsrisiko<br />
verbunden. Die Weichenstellungen, die im Kin<strong>der</strong>- und Jugendalter erfolgen,<br />
haben in <strong>der</strong> Regel lebenslange Auswirkungen. In dieser Perspektive ist zu untersuchen,<br />
7
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• welchen schulischen Bildungsstand die <strong>Konstanz</strong>er Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen haben<br />
(stichtagsbezogene Verteilung nach Schulformen, analysiert nach Geschlecht<br />
und Nationalität) und welchen Bildungsstand im Vergleich dazu Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
mit Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt haben,<br />
• über welche beruflichen Ausbildungsabschlüsse die erwachsene Bevölkerung<br />
(schwerpunktmäßig junge Erwachsene) und im Vergleich dazu die Bezieher von<br />
Hilfe zum Lebensunterhalt verfügen.<br />
Teil 5: Familiäre Netzwerke und <strong>der</strong>en Entlastung<br />
Die Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen entscheiden sich aber nicht<br />
erst in <strong>der</strong> Schule, son<strong>der</strong>n einen weiteren Faktor bildet die Situation <strong>der</strong> Familien sowie<br />
<strong>der</strong>en Entlastung durch kommunale Dienste und Einrichtungen. Fragestellungen<br />
unter dem Aspekt <strong>der</strong> Unterstützung von Familien sind:<br />
• Wie hoch sind Anzahl und Quote (bezogen auf die gleichaltrige Bevölkerung) <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen mit Sozialhilfebezug, und in welchen familiären Konstellationen<br />
leben diese Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen?<br />
• Wie hoch ist <strong>der</strong> Bedarf an Leistungen <strong>der</strong> Jugendhilfe, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Hilfen zu<br />
Erziehung, und welche Erkenntnisse liegen über den Zusammenhang des Bedarfs<br />
an Sozialhilfe und Jugendhilfe vor?<br />
• Welche Anhaltspunkte gibt es dafür, dass in bestimmten <strong>Stadt</strong>teilen, Milieus und/<br />
o<strong>der</strong> Bevölkerungsgruppen erschwerte Entwicklungschancen für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
bestehen?<br />
• Welche Angebote und Versorgungsstrukturen (von Kin<strong>der</strong>betreuung bis zu Jugendzentren)<br />
bestehen für unterschiedliche Altersgruppen?<br />
• Welche Hilfestrukturen (einschließlich gezielter Angebote im Freizeitbereich) bestehen<br />
in <strong>Konstanz</strong> mit dem Ziel, Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu<br />
för<strong>der</strong>n und Benachteiligungen abzubauen?<br />
Teil 6: Problematische Wohnsituation<br />
Die Qualität <strong>der</strong> Wohnungen hängt weitgehend von <strong>der</strong> Einkommens- und Vermögenssituation<br />
ab. Dennoch spielen im Falle von Wohnungsnotfällen weitere Problemlagen<br />
eine Rolle, sodass es einer geson<strong>der</strong>ten Untersuchung bedarf, wie sich die Wohnverhältnisse<br />
im unteren Einkommensbereich darstellen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
• in welcher Wohnqualität die Bezieher unterer Einkommen (hier: Wohngeldbezieher)<br />
leben,<br />
8
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• in welchem Maße Wohnungsnotfälle (von Räumungsklagen bis hin zur Obdachlosigkeit)<br />
vorliegen und<br />
• welche sozialräumliche Struktur („Milieus“) die einzelnen <strong>Stadt</strong>teile von <strong>Konstanz</strong><br />
aufweisen.<br />
Teil 7: Menschen mit Pflegebedarf<br />
Gesundheitliche Beeinträchtigungen stellen eine beson<strong>der</strong>e Belastung dar, wenn sie<br />
chronisch werden und zur Angewiesenheit auf Pflegeleistungen führen. Diese Problemlage<br />
wird analysiert unter den Fragestellungen,<br />
• wie hoch die Zahl und die Bevölkerungsanteile pflegebedürftiger Personen in <strong>Konstanz</strong><br />
sind, und welche Entwicklung in Zukunft zu erwarten ist,<br />
• welche Struktur <strong>der</strong> Pflegebedarf nach Pflegestufen sowie ambulantem und stationärem<br />
Hilfebedarf hat,<br />
• in welchem Maße Pflegebedürftigkeit mit monetärer Armut verknüpft ist und<br />
• welche pflegerischen Versorgungsstrukturen für Pflegebedürftige in <strong>Konstanz</strong> zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Teil 8: Personengruppen in beson<strong>der</strong>s belasteten Lebenslagen<br />
Ein Schwerpunkt <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung wurde schließlich auf die Personengruppen<br />
gelegt, bei denen erhebliche Defizite und Belastungen in mehreren Dimensionen<br />
<strong>der</strong> Lebenslage auftreten und sich wechselseitig verstärken. Das Risiko, aus <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
ausgegrenzt zu werden o<strong>der</strong> auch durch eine Verweigerung von Hilfe sich<br />
selbst auszugrenzen, ist bei diesen Personen sehr hoch. In diesem Zusammenhang<br />
sind folgende Fragestellungen relevant:<br />
• Wie viele Personen werden in <strong>Konstanz</strong> durch Hilfen nach § 72 BSHG erreicht?<br />
• Wie lassen sich die Lebenslagen von Obdachlosen, Suchtkranken, Strafentlassenen,<br />
verhaltensgestörten Menschen und Personen in gewaltgeprägten Lebensumständen<br />
im Einzelnen charakterisieren?<br />
• Wie sind die Hilfestrukturen für diese Personengruppen ausgebaut?<br />
• Welche Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Hilfegewährung wurden durch die neue Verordnung<br />
bewirkt, und welche Verän<strong>der</strong>ungen sind im Hinblick auf § 93 BSHG zu erwarten?<br />
• Durch welche Maßnahmen lassen sich die Situation <strong>der</strong> Betroffenen und die Effektivität<br />
<strong>der</strong> Hilfestrukturen verbessern?<br />
9
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abschließend werden in Teil 9 Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Bereiche<br />
<strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Sozialpolitik zur Bekämpfung von Armut entwickelt. Hierzu gehören<br />
Möglichkeiten zur Überwindung des Sozialhilfebezugs, aber auch die Fragen <strong>der</strong> Gestaltung<br />
des <strong>Konstanz</strong>er „Sozialpasses“ sowie die Diskussion um eine Ermäßigung von<br />
Kin<strong>der</strong>gartenbeiträgen.<br />
1.3 Methoden <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung<br />
Das Konzept des <strong>ISG</strong> zur Erstellung eines <strong>Armutsbericht</strong>es <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> wurde<br />
in mehreren methodischen Schritten umgesetzt, die statistische Auswertungen, eine<br />
Reihe von themenbezogenen Fachgesprächen und eine Analyse von Akten von Beziehern<br />
<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt umfassten. Weiterhin wurden Stellungnahmen<br />
und Kommentare von Experten, Organisationen und Betroffeneninitiativen für den Bericht<br />
ausgewertet.<br />
(a)<br />
Statistische Auswertungen<br />
Die Analyse von Armut und Lebenslagen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> erfor<strong>der</strong>te eine intensive<br />
Recherche statistischen Materials, auf dessen Grundlage themenspezifische Auswertungen<br />
vorgenommen wurden. Hierzu gehören u.a. Einwohnerstatistik, Wohngeldstatistik,<br />
Sozialhilfestatistik sowie Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfestatistik. Dieses Datenmaterial<br />
wurde von <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> zur Verfügung gestellt; darüber hinaus wurden Unterlagen<br />
<strong>der</strong> Arbeitsverwaltung (Erwerbstätigen- und Arbeitslosenstatistik) sowie statistisches<br />
Material sozialer Einrichtungen und Dienste ausgewertet. Ergänzend wurde<br />
eine Son<strong>der</strong>auswertung <strong>der</strong> Einkommensteuerstatistik durch das Statistische Landesamt<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
(b)<br />
Versorgungssystem und Hilfestrukturen in <strong>Konstanz</strong><br />
Zur <strong>Armutsbericht</strong>erstattung gehört weiterhin eine Bestandsaufnahme des Spektrums<br />
an Beratungs- und Hilfestrukturen, die den von schwierigen Lebenslagen betroffenen<br />
Bürgerinnen und Bürgern zugänglich sind und die auf eine Abmil<strong>der</strong>ung, Verbesserung<br />
o<strong>der</strong> Überwindung ihrer Lage ausgerichtet sind.<br />
(c)<br />
Fachgespräche mit Experten<br />
Statistisches Material allein reicht nicht aus, um Bedarfslagen und Defizite adäquat<br />
einschätzen zu können. Ergänzend wurden vier Round-Table-Gespräche mit Fachleuten<br />
geführt, die in <strong>Konstanz</strong> in den einzelnen Bereichen <strong>der</strong> sozialen Arbeit und <strong>der</strong><br />
Sozialverwaltung tätig sind. Diese Gespräche dienten dazu, die empirischen Analysen<br />
10
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
zu vertiefen, <strong>der</strong>en Hintergründe und Begleitumstände zu erörtern und Handlungskonsequenzen<br />
aus praktischer Sicht abzuleiten. Diese Arbeitsform wurde aus mehreren<br />
Gründen gewählt: Zum einen können die in empirischen Untersuchungen ermittelten<br />
Daten zwar aus externer Sicht ausgewertet werden, ihre Einordnung und Wertung in<br />
den lokalen Kontext setzt aber eine „Insi<strong>der</strong>sicht“ voraus. Zum an<strong>der</strong>n sollen die Analysen<br />
des <strong>Armutsbericht</strong>es praktische Konsequenzen haben, die sich zwar aus wissenschaftlicher<br />
Sicht skizzieren lassen, <strong>der</strong>en Feinkonzeption und Umsetzungsmodalitäten<br />
aber nur gemeinsam mit denjenigen entwickelt werden können, die mit <strong>der</strong> späteren<br />
Umsetzung befasst sein werden. Schließlich ist die Motivation dieser Akteure, sich bei<br />
<strong>der</strong> Umsetzung zu engagieren, größer, wenn sie bereits in die Gestaltung <strong>der</strong> Feinkonzeption<br />
einbezogen wurden, als wenn ihnen abgeschlossene Konzepte vorgesetzt<br />
werden.<br />
(d)<br />
Analyse von Sozialhilfeakten<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung erhält die detaillierte Kenntnis <strong>der</strong> Lebenslagen<br />
von Sozialhilfeempfängern ein beson<strong>der</strong>es Gewicht. Deshalb wurde eine vertiefte<br />
Analyse von Sozialhilfeakten durchgeführt, um auf <strong>der</strong> Ebene von Einzeldatensätzen<br />
nicht nur Merkmale in aggregierter Form, son<strong>der</strong>n auch Verknüpfungen von Merkmalskombinationen<br />
auswerten zu können. Dazu wurde ein Erhebungsbogen entwickelt, <strong>der</strong><br />
auf die in den Sozialhilfeakten enthaltenen Angaben abgestimmt war. Dieser Bogen<br />
wurde von den Sachbearbeitern ausgefüllt und in anonymer Form an das <strong>ISG</strong> weitergeleitet,<br />
wo Dateneingabe und -auswertung vorgenommen wurden. Die Stichprobe war<br />
als repräsentative Zufallsauswahl mit einem Umfang von 25% aller Bedarfsgemeinschaften<br />
konzipiert, was eine Fallzahl von 390 Akten ergab.<br />
(e)<br />
Kommunale Interventionen und Ansatzpunkte zur Bekämpfung von Armut<br />
Eine detaillierte Analyse von Armut und sozialer Ungleichheit sowie <strong>der</strong>en quantitativer<br />
und qualitativer Ausprägungen (Bedarfsanalyse) sowie eine Systematisierung und<br />
Auswertung <strong>der</strong> jeweils erhältlichen Unterstützungsmöglichkeiten (Strukturanalyse)<br />
bilden die Grundlage für eine Analyse <strong>der</strong> Stärken und Schwächen des <strong>Konstanz</strong>er<br />
Systems <strong>der</strong> Versorgung und Unterstützung (Defizit- und Leistungsanalyse). Aus den<br />
Ergebnissen dieser Analyse sollen Empfehlungen und Handlungskonzepte zur verbesserten<br />
Bekämpfung von Armut und Ungleichheit in allen Dimensionen, in denen sie<br />
auftreten, abgeleitet werden.<br />
11
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
2. Monetäre Armut und Sozialhilfebezug<br />
2.1 Verteilung von Einkommen und Vermögen<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> hat nicht zuletzt ihrer privilegierten geografischen Lage wegen den<br />
Ruf einer wohlhabenden <strong>Stadt</strong>. Dieser Eindruck lässt sich nur schwer überprüfen, da<br />
über die Einkommenssituation kaum Daten auf kommunaler Ebene verfügbar sind; die<br />
großen Haushaltsbefragungen wie Mikrozensus o<strong>der</strong> Einkommens- und Verbrauchsstichprobe<br />
lassen sich auf Grund ihrer Fallzahl nicht auf die kommunale Ebene herunterbrechen.<br />
Eine Ausnahme bildet die Einkommensteuerstatistik, in <strong>der</strong> als Vollerhebung<br />
auch die kommunale Ebene separat auswertbar ist. 11 Allerdings nimmt sie nur die<br />
steuerpflichtigen Personen selbst in den Blick und nicht <strong>der</strong>en Haushaltsformen und<br />
Lebensbedingungen. Außerdem erfolgt die Aufbereitung <strong>der</strong> Daten mit erheblichem<br />
Zeitverzug; die zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Berichterstellung aktuellsten Daten stammen aus<br />
dem Jahr 1995.<br />
Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen führt die Analyse <strong>der</strong> Einkommensteuerstatistik<br />
dennoch zu einem interessanten Ergebnis: Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt<br />
sind die Einkommen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> niedriger. Ein Drittel <strong>der</strong> Steuerpflichtigen<br />
in <strong>Konstanz</strong> hatten ein Jahreseinkommen unter 30.000 DM, 54% hatten<br />
ein Jahreseinkommen zwischen 30.000 und 100.000 DM und 13% kamen auf Einkommen<br />
über 100.000 DM pro Jahr (darunter 10 Einkommensmillionäre, was einem<br />
Anteil von 0,04% entspricht).<br />
Bundesweit liegen ebenfalls 13% im oberen Einkommensbereich, allerdings ist <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> Millionäre doppelt so hoch wie in <strong>Konstanz</strong>. Vor allem aber ist <strong>der</strong> Anteil im<br />
unteren Einkommensbereich (bis 30.000 DM) bundesweit um 5 Prozentpunkte geringer<br />
und im mittleren Bereich 5 Prozentpunkte höher als in <strong>Konstanz</strong>. Betrachtet man die<br />
nachfolgend abgebildeten Kurven, so ist die Grenze, bis zu <strong>der</strong> die Anteile in <strong>Konstanz</strong><br />
höher sind als im Bundesdurchschnitt, bei 30.000 DM Jahreseinkommen zu erkennen.<br />
11<br />
Vgl. J. Merz, Hohe Einkommen, ihre Struktur und Verteilung – Mikroanalysen auf Basis<br />
<strong>der</strong> Einkommensteuerstatistik, in: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.),<br />
Reihe Lebenslagen in Deutschland, Bonn 2001<br />
12
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 2:<br />
Vergleich <strong>der</strong> Einkommensverteilung in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
mit Deutschland im Jahr 1995<br />
14%<br />
Steuerpflichtige Personen<br />
12%<br />
10%<br />
8%<br />
6%<br />
4%<br />
2%<br />
Deutschland<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
0%<br />
1 - unter 5.000<br />
5.000 - unter 10.000<br />
10.000 - unter 15.000<br />
15.000 - unter 20.000<br />
20.000 - unter 25.000<br />
25.000 - unter 30.000<br />
30.000 - unter 40.000<br />
40.000 - unter 50.000<br />
50.000 - unter 60.000<br />
60.000 - unter 75.000<br />
75.000 - unter 100.000<br />
Jahreseinkommen in DM<br />
100.000 - unter 250.000<br />
250.000 - unter 500.000<br />
500.000 - unter 1 Million<br />
1 Million und mehr<br />
Im mittleren Einkommensbereich zwischen 30.000 DM und 100.000 DM pro Jahr ist<br />
<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er niedriger als im Bundesdurchschnitt, und nur im Einkommenssegment<br />
zwischen 100.000 DM und 250.000 DM übersteigt die <strong>Konstanz</strong>er Verteilung<br />
wie<strong>der</strong> geringfügig die für Deutschland geltende Kurve, bevor dann im Bereich<br />
des hohen Einkommensreichtums beide Kurven auf gleichem Niveau liegen. Daraus ist<br />
ersichtlich, dass die Einkommenssituation des überwiegenden Teils <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er<br />
Bevölkerung schlechter ist als im Bundesdurchschnitt.<br />
Über die Vermögenssituation liegen noch weniger Daten vor als zum Einkommen. Einen<br />
groben Eindruck vermittelt allenfalls die Gebäude- und Wohnungszählung des<br />
Jahres 1987, <strong>der</strong> sich Hinweise auf die Verbreitung von Wohneigentum zum damaligen<br />
Zeitpunkt entnehmen lassen. Im Mai 1987 wurden in <strong>Konstanz</strong> 33.487 Wohnungen<br />
gezählt, davon waren 7.660 Eigentümerwohnungen und 25.827 Mietwohnungen. Daraus<br />
errechnet sich eine Wohneigentumsquote von 22,9%, die deutlich unter dem Landesdurchschnitt<br />
von 44,7% liegt. Auf <strong>der</strong> Landesebene liegen aktuellere Daten vor,<br />
denen zufolge die Eigentümerquote Baden-Württembergs bis zum Jahr 1998 auf<br />
48,3% angestiegen ist. Sie liegt über dem Durchschnitt des früheren Bundesgebietes<br />
von 43%. Bei einer landesdurchschnittlichen Steigerungsrate dürfte die Wohneigentumsquote<br />
in <strong>Konstanz</strong> <strong>der</strong>zeit bei etwa 25% liegen, während 75% Mietwohnungen<br />
sind. Dieses Berechnungsergebnis enthält zwei Informationen: Zum einen ist das Immobilienvermögen<br />
in Form von Wohneigentum in <strong>Konstanz</strong> weniger ausgeprägt als im<br />
13
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Durchschnitt Baden-Württembergs, was einen eher mäßigen Wohlstand <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
erkennen lässt. Zum an<strong>der</strong>n ist eine Wohneigentumsquote in dieser Größenordnung<br />
typisch für Großstädte, während ein höherer Eingentumsanteil sich eher in ländlichen<br />
Gebieten findet.<br />
2.2 Wohngeldbezug als Indikator niedrigen Einkommens<br />
Das Mietniveau liegt in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> um schätzungsweise 15% bis 25% über<br />
dem Durchschnitt des früheren Bundesgebietes; dies entspricht <strong>der</strong> „Mietstufe 5“, die<br />
nur von wenigen Städten und Gemeinden überboten wird. 12 Am Jahresende 2000 bezogen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> insgesamt 2.100 Haushalte Wohngeld, jeweils zur Hälfte<br />
allgemeines Wohngeld und „beson<strong>der</strong>en Mietzuschuss“ (vor Januar 2001 „pauschaliertes<br />
Wohngeld“). Der Anteil <strong>der</strong> Haushalte mit Wohngeldbezug liegt in <strong>Konstanz</strong> mit 53<br />
je 1.000 Haushalte fast 0,6 Prozentpunkte über dem Durchschnitt in Baden-Württemberg<br />
von 47,5, aber noch deutlich unter dem Niveau des früheren Bundesgebietes.<br />
Tabelle 1:<br />
Bezieher von Wohngeld<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> im Vergleich<br />
<strong>Stadt</strong> Baden- Früheres<br />
Haushalte mit Bezug von <strong>Konstanz</strong> Württemberg Bundesgebiet<br />
Wohngeld insgesamt 2.100 225.137 2.067.597<br />
je 1.000 Haushalte 53,1 47,5 66,6<br />
allgemeines Wohngeld 1.019 102.010 930.398<br />
beson<strong>der</strong>er Mietzuschuss* 1.081 123.127 1.137.199<br />
Anteil bes. Mietzuschuss 51% 55% 55%<br />
Quelle: Wohngeldstatistik 2000<br />
* früher "pauschaliertes Wohngeld"; für <strong>Konstanz</strong> bereinigte Zahl des SJA<br />
Daraus ist zu schließen, dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> nicht nur hinsichtlich <strong>der</strong> Quote <strong>der</strong><br />
Sozialhilfeempfänger, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Bezieherquote von Wohngeld eine für Baden-<br />
Württemberg vergleichsweise hohe Problemdichte aufweist. Rd. 70% <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er<br />
Bedarfsgemeinschaften <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen den beson<strong>der</strong>en Mietzuschuss,<br />
bundesweit liegt dieser Anteil mit 88% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften höher.<br />
Eine Auswertung des Sozial- und Jugendamtes <strong>Konstanz</strong> hat ergeben, dass von den<br />
12<br />
In Baden-Württemberg wurden Städte wie Stuttgart, Heidelberg und Tübingen dieser<br />
Mietstufe zugeordnet, während die höchste Stufe 6 nicht besetzt ist.<br />
14
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
übrigen 30 % Bedarfsgemeinschaften <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt etwa ein Fünftel<br />
das allgemeine Wohngeld (6%) beziehen. Mietfrei wohnen 6 % <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften,<br />
in Übergangseinrichtungen 13 - wie dem Wohnheim für Strafentlassene, dem<br />
Übergangswohnheim für Aussiedler o<strong>der</strong> dem Frauenhaus – leben 4 % <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften.<br />
2.3 Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Die Angewiesenheit auf Sozialhilfe und insbeson<strong>der</strong>e auf Leistungen <strong>der</strong> Hilfe zum<br />
Lebensunterhalt ist zwar nicht per se mit „Armut“ gleich zu setzen, da es ja gerade die<br />
Aufgabe dieser Transferleistungen ist, unzureichendes Einkommen auf das zum Lebensunterhalt<br />
notwendige Niveau anzuheben. Dieses Niveau ist aber nur so bemessen,<br />
dass es kaum Spielräume zur Verbesserung des Lebensstandards belässt; insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei länger andauerndem Hilfebezug nähert sich daher die Lebenslage von<br />
Sozialhilfeempfängern einem Leben in Armut an.<br />
Am Ende des Jahres 2001 bezogen 2.677 Personen in 1.550 Bedarfsgemeinschaften<br />
laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Nachdem in <strong>der</strong> 2. Hälfte <strong>der</strong> 1990er Jahre <strong>der</strong>en<br />
Zahl zunächst angestiegen war, ging sie im Jahr 1999 deutlich zurück (–12%), was<br />
sich in den Jahren 2000 und 2001 in abgeschwächter Form fortsetzte. Die Zahl <strong>der</strong><br />
Bedarfsgemeinschaften weist einen geringeren Rückgang auf, was damit zusammen<br />
hängt, dass <strong>der</strong>en durchschnittliche Größe seit 1998 tendenziell rückläufig ist.<br />
13<br />
Hier handelt es sich nicht um Wohnraum im Sinne des Wohngeldgesetzes; die Bewilligung<br />
von Wohngeld in diesen Fällen ist nicht möglich<br />
15
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 2:<br />
Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Stichtag 31. Dezember<br />
Bedarfsge-<br />
Verän<strong>der</strong>ung Relation <strong>der</strong> Bezieher<br />
Jahr meinschaften Bezieher ggü. Vorjahr je BG je 100 Einw.<br />
1995 1.506 2.666 / 1,77 3,5<br />
1996 1.691 2.961 11,1% 1,75 3,9<br />
1997 1.762 3.155 6,6% 1,79 4,1<br />
1998 1.914 3.413 8,2% 1,78 4,4<br />
1999 1.710 2.992 -12,3% 1,75 3,8<br />
2000 1.585 2.743 -8,3% 1,73 3,5<br />
2001 1.550 2.677 -2,4% 1,73 3,4<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Ein Anteil von 3,4% <strong>der</strong> Bevölkerung war auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen,<br />
was etwa <strong>der</strong> Quote des Jahresendes 1995 entspricht, nachdem zwischenzeitlich eine<br />
Quote von 4,4% erreicht worden war (Jahresende 1998). Damit liegt <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er<br />
Bevölkerungsanteil mit Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt im Durchschnitt des früheren<br />
Bundesgebietes, wo in den Jahren 1995 und 2000 jeweils 3,4% <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen (mit einem zwischenzeitlichen Anstieg auf 3,8% im<br />
Jahr 1997). Diese Entspannung geht einher mit einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt,<br />
ohne aber damit unmittelbar verbunden zu sein (s.u. Abschnitt 3).<br />
Die Altersstruktur <strong>der</strong> Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt (Jahresende 2001) weist<br />
zwei markante Abweichungen von <strong>der</strong> Altersstruktur <strong>der</strong> wohnberechtigten Bevölkerung<br />
auf:<br />
• Zum einen ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> unter den Sozialhilfeempfängern mit 32% mehr<br />
als doppelt so hoch wie in <strong>der</strong> Bevölkerung mit 14%.<br />
• Zum an<strong>der</strong>n ist in den Altersgruppen <strong>der</strong> jungen Erwachsenen sowie <strong>der</strong> Älteren<br />
(beson<strong>der</strong>s deutlich über 65 Jahren) <strong>der</strong> Anteil unter den Sozialhilfeempfängern geringer<br />
als an den entsprechenden Altersgruppen in <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />
Oberhalb eines Alters von 45 Jahren gehen beide Verteilungen scherenförmig auseinan<strong>der</strong>.<br />
16
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 3:<br />
Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt und Bevölkerung<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Jahresende 2001 nach Altersgruppen<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
0-7 Jahre<br />
8-17 Jahre<br />
18-25 Jahre<br />
26-35 Jahre<br />
36-45 Jahre<br />
46-55 Jahre<br />
56-65 Jahre<br />
über 65 Jahre<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
HLU-Bezieher<br />
wohnberechtigte Bevölkerung<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Genauere Auskunft über das Risiko, auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen zu<br />
sein, gibt eine Berechnung von HLU-Quoten, also des Anteils an <strong>der</strong> jeweiligen Bevölkerungsgruppe,<br />
<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht. Differenziert man diese Daten<br />
nicht nur nach Alter, son<strong>der</strong>n auch nach Geschlecht, so ergibt sich folgendes Bild:<br />
Mit 55% unter den Hilfebeziehern liegt <strong>der</strong> Frauenanteil hier etwas höher als in <strong>der</strong><br />
Gesamtbevölkerung (52%). Entsprechend ist die HLU-Quote mit 3,6 Hilfebezieherinnen<br />
je 100 Einwohnerinnen höher als die <strong>der</strong> Männer (3,1 Hilfebezieher je 100 Einwohner).<br />
Unter den erwachsenen Sozialhilfeempfängern weisen die Frauen zwischen<br />
26 und 45 Jahren überdurchschnittliche HLU-Quoten auf. Bei den Männern sind die<br />
Altersjahrgänge zwischen 46 und 55 Jahren überrepräsentiert, <strong>der</strong> Schwerpunkt liegt<br />
hier somit bei den etwas älteren Hilfebeziehern. Deutlich niedriger ist aber <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> Sozialhilfebeziehern unter den Männern im Rentenalter, von denen nur 1,5% auf<br />
Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind. Diese Strukturunterschiede lassen unterschiedliche<br />
Problemzusammenhänge erkennen: Unter den Frauen sind es zu einem<br />
hohen Teil allein Erziehende, die Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, während bei<br />
den Männern die Gruppe <strong>der</strong> älteren arbeitslosen Hilfeempfänger den Schwerpunkt<br />
bilden dürfte.<br />
17
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 4:<br />
Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
nach Alter und Geschlecht<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Jahresende 2001<br />
HLU-Quote*<br />
männlich<br />
weiblich<br />
HLU-Quote*<br />
0-7 Jahre<br />
8-17 Jahre<br />
18-25 Jahre<br />
26-35 Jahre<br />
36-45 Jahre<br />
46-55 Jahre<br />
56-65 Jahre<br />
über 65 Jahre<br />
8,5<br />
6,9<br />
199<br />
230<br />
210<br />
218<br />
9,1<br />
6,7<br />
1,7 84<br />
145<br />
2,6<br />
2,1<br />
2,8<br />
153<br />
189<br />
264<br />
252<br />
4,0<br />
3,9<br />
3,4<br />
2,7<br />
150<br />
123<br />
115<br />
120<br />
2,5<br />
2,5<br />
1,5 72<br />
154<br />
2,0<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
*Quote: HLU-Bezieher je 100 <strong>der</strong> altersgleichen Bevölkerung<br />
Abbildung 5:<br />
Auslän<strong>der</strong>anteile in <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
Vergleich <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> mit Deutschland<br />
25%<br />
<strong>Konstanz</strong> 2000 Deutschland 1999<br />
20%<br />
19%<br />
15%<br />
10%<br />
14%<br />
9%<br />
15%<br />
11%<br />
13%<br />
13%<br />
8%<br />
6%<br />
5%<br />
3%<br />
2%<br />
2%<br />
0%<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Gesamt<br />
0 - 19 Jahre<br />
20 - 39 Jahre<br />
40 - 59 Jahre<br />
60 - 79 Jahre<br />
80 Jahre und älter<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>; Statistisches Bundesamt<br />
18
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Eine Auswertung <strong>der</strong> Staatsangehörigkeit ergibt, dass Auslän<strong>der</strong> unter den Beziehern<br />
von Hilfe zum Lebensunterhalt deutlich überrepräsentiert sind. Der Auslän<strong>der</strong>anteil an<br />
<strong>der</strong> Gesamtbevölkerung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> liegt mit 14% über dem Bundesdurchschnitt<br />
von 9%, beson<strong>der</strong>s fällt die Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren ins Gewicht.<br />
Auch unter den Beziehern von laufen<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt fällt <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil<br />
in <strong>Konstanz</strong> mit 28% beson<strong>der</strong>s hoch aus (gegenüber Deutschland: 22%,<br />
früheres Bundesgebiet: 25% Auslän<strong>der</strong> unter den Sozialhilfeempfängern).<br />
Die Möglichkeiten für eine nähere Untersuchung <strong>der</strong> Ursachen des Sozialhilfebezugs<br />
sind auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Gesamtstatistik allerdings sehr begrenzt; mehr Möglichkeiten<br />
bietet dazu die Analyse von Sozialhilfeakten.<br />
2.4 Leben in <strong>der</strong> Sozialhilfe: Ergebnisse einer Analyse von Sozialhilfeakten<br />
Im Rahmen des vorliegenden <strong>Armutsbericht</strong>es <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> wurde <strong>der</strong> Struktur<br />
und den Ursachen von Sozialhilfebedürftigkeit beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit gewidmet.<br />
Um zusätzliche Informationen über den betroffenen Personenkreis zu erhalten, wurde<br />
eine Aktenanalyse durchgeführt, in <strong>der</strong> detaillierte Angaben zu den<br />
Bedarfsgemeinschaften mit Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt ausgewertet wurden.<br />
Von den 1.585 Bedarfsgemeinschaften, die am Jahresende 2000 in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen waren, wurden in einer 25%-Stichprobe 390<br />
Sozialhilfeakten gezogen, <strong>der</strong>en Daten in einen Erhebungsbogen übertragen und in a-<br />
nonymer Form ausgewertet wurden. Untersucht wurden allgemeine Angaben zur Bedarfsgemeinschaft<br />
(BG), Details über den Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU),<br />
die Einkommensverhältnisse <strong>der</strong> Hilfeempfänger sowie Angaben zur Berufs- und Erwerbstätigkeit.<br />
Mit den Aktenbögen wurden jeweils Bedarfsgemeinschaften dokumentiert,<br />
sodass die Auswertungen sich zumeist auf die gesamte Bedarfsgemeinschaft beziehen.<br />
Je nach Erfor<strong>der</strong>nis erfolgte die Auswertung <strong>der</strong> Daten aber auch bezogen auf<br />
einzelne Personen <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft, wie beispielsweise den Haushaltsvorstand<br />
(HHV) o<strong>der</strong> die im Haushalt lebenden Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen.<br />
2.4.1 Struktur <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften<br />
Insgesamt wurden durch die Aktenbögen 390 Bedarfsgemeinschaften mit zusammen<br />
rd. 720 Mitglie<strong>der</strong>n erfasst. Durchschnittlich wurden demnach 1,83 Personen pro Bedarfsgemeinschaft<br />
dokumentiert, was etwas über dem <strong>Konstanz</strong>er Durchschnitt von<br />
1,73 und näher an dem Bundesdurchschnitt von 1,9 Personen pro Bedarfsgemeinschaft<br />
liegt (Abbildung 6). 54% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften in <strong>der</strong> Stichprobe bestehen<br />
nur aus einer Person, die Hilfe empfängt. Dieser Anteil ist um rd. 10 Prozentpunkte<br />
höher als im gesamten Bundesgebiet, was eine <strong>Konstanz</strong>er Beson<strong>der</strong>heit erkennen<br />
lässt: Auch in <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung liegt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Ein-Personen-Haushalte mit<br />
51% deutlich höher als im Bundesdurchschnitt (36%). Dies schlägt sich in <strong>der</strong> Struktur<br />
19
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
<strong>der</strong> Sozialhilfeklientel in nochmals verstärkter Form nie<strong>der</strong>. Identisch ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
Zwei-Personen-Haushalte von knapp einem Viertel. Auf größere Bedarfsgemeinschaften<br />
entfallen in <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Stichprobe entsprechend geringere Anteile als in <strong>der</strong><br />
amtlichen Sozialhilfestatistik.<br />
Abbildung 6:<br />
SozialhilfeempfängerInnen pro Bedarfsgemeinschaft<br />
Sozialhilfestatistik Deutschland 2000<br />
Aktenanalyse <strong>Konstanz</strong> 2001<br />
eine Person<br />
45 %<br />
54 %<br />
2 Personen<br />
3 Personen<br />
Durchschnitt: 1,91<br />
24 %<br />
15 %<br />
12 %<br />
24 %<br />
Durchschnitt: 1,83<br />
4 Personen<br />
8 %<br />
6 %<br />
5 Personen<br />
4 %<br />
2 %<br />
6 und mehr<br />
Personen<br />
3 %<br />
2 %<br />
60 % 40 % 20 % 0 % 20 % 40 % 60 %<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Familienstand und Wohnform<br />
Vom Familienstand her ist <strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong> erwachsenen Bezieher von Hilfe zum<br />
Lebensunterhalt ledig (47%). 28% <strong>der</strong> Haushaltsvorstände sind verheiratet, 21% sind<br />
geschieden.<br />
Mehr als <strong>der</strong> Familienstand sagt aber die Wohnform etwas über das soziale Netzwerk<br />
aus. Etwa die Hälfte sind Bedarfsgemeinschaften von allein lebenden Hilfeempfängern,<br />
ist <strong>der</strong>en Anteil etwas höher als im Durchschnitt des früheren Bundesgebietes. Paare<br />
ohne Kin<strong>der</strong> machen 9% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften aus, Paare mit Kin<strong>der</strong>n etwa<br />
11%. Der Anteil <strong>der</strong> allein Erziehenden in <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Stichprobe liegt mit 29% über<br />
dem in <strong>der</strong> westdeutschen Sozialhilfestatistik ausgewiesenen Anteil von 24%; überwiegend<br />
haben sie ein Kind, <strong>der</strong> kleinere Teil von ihnen hat zwei o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>.<br />
20
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 7:<br />
Typ <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft<br />
allein Lebende<br />
45%<br />
50%<br />
Paar ohne Kind<br />
Paar mit 1 Kind<br />
Paar mit mind. 2 Kin<strong>der</strong>n<br />
allein Erziehende, 1 Kind<br />
allein Erz., mind. 2 Kin<strong>der</strong><br />
9%<br />
9%<br />
4%<br />
4%<br />
7%<br />
7%<br />
18%<br />
13%<br />
11%<br />
11%<br />
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />
<strong>Konstanz</strong><br />
Westdeutschland<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
an 100% fehlend = sonstige Bedarfsgemeinschaft<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Auch in den hier ausgewerteten Sozialhilfeakten liegt <strong>der</strong> Frauenanteil unter den Hilfebeziehern<br />
mit 56% über dem <strong>der</strong> Männer, was vor allem auf den hohen Anteil <strong>der</strong> allein<br />
Erziehenden zurück zu führen ist. Betrachtet man nur die Haushaltsvorstände, so ergibt<br />
sich ein deutliches Übergewicht von weiblichen Haushaltsvorständen mit 62% gegenüber<br />
38% männlichen Haushaltsvorständen.<br />
An<strong>der</strong>s als die amtliche Sozialhilfestatistik ermöglicht es die Aktenanalyse, nicht nur<br />
zwischen deutschen und ausländischen Hilfebeziehern, 14 son<strong>der</strong>n auch zwischen einheimischen<br />
deutschen Hilfebeziehern und Spätaussiedlern zu unterscheiden, die in <strong>der</strong><br />
amtlichen Statistik auf Grund ihres offiziellen Status als „Deutsche“ registriert werden,<br />
obwohl sie hinsichtlich ihrer kulturellen und bildungsbezogenen Biografie ebenso wie<br />
hinsichtlich ihrer Sprachkompetenzen ähnliche o<strong>der</strong> sogar noch größere Schwierigkeiten<br />
haben als in Deutschland lebende Auslän<strong>der</strong>.<br />
14<br />
Der Auslän<strong>der</strong>anteil an den untersuchten Bedarfsgemeinschaften liegt mit 20% etwas<br />
niedriger als unter den <strong>Konstanz</strong>er HLU-Beziehern insgesamt.<br />
21
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 8:<br />
Nationalität des Haushaltsvorstands<br />
Sozialhilfeakten <strong>Konstanz</strong><br />
Sozialhilfestatistik Westdeutschland<br />
Deutsche<br />
74,0%<br />
Deutsche*<br />
75,0%<br />
Flüchtl./ Asylber.<br />
6,0%<br />
sonstige Auslän<strong>der</strong><br />
deutsche Aussiedler<br />
7,0%<br />
6,0%<br />
EU-Auslän<strong>der</strong><br />
7,0%<br />
Flüchtl./ Asylber.<br />
3,0%<br />
EU-Auslän<strong>der</strong><br />
3,0% sonstige Auslän<strong>der</strong><br />
19,0%<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
* einschließlich deutsche Aussiedler<br />
Drei Viertel <strong>der</strong> HLU-Empfänger in den analysierten Sozialhilfeakten sind einheimische<br />
Deutsche, hinzu kommen 6% deutsche Aussiedler. Die übrigen 20% verteilen sich zu<br />
etwa gleichen Anteilen auf (Kontingent-) Flüchtlinge bzw. Asylberechtigte (6%), EU-<br />
Auslän<strong>der</strong> und sonstige Auslän<strong>der</strong> (jeweils 7%). Die Quote <strong>der</strong> Sozialhilfe beziehenden<br />
Auslän<strong>der</strong> liegt in <strong>Konstanz</strong> mit 5,4% höher als die <strong>der</strong> Deutschen mit 3,5%.<br />
2.4.2 Merkmale des Sozialhilfebezugs<br />
Die Bezugsdauer ist ein wichtiger Indikator für die Problematik <strong>der</strong> Lebenslage. Während<br />
eine einmalige Angewiesenheit auf Hilfe zum Lebensunterhalt von kurzer Dauer<br />
ohne größere Folgeprobleme zu bewältigen sein dürfte, ist ein langfristiger Bezug ein<br />
Anzeichen dafür, dass eine Verfestigung <strong>der</strong> „Armutskarriere“ droht. Wenn sich diese<br />
Angewiesenheit mehrmals wie<strong>der</strong>holt, kann daraus zwar geschlossen werden, dass in<br />
diesen Fällen Selbsthilfekräfte vorhanden sind, die eine Überwindung <strong>der</strong> Notlage<br />
möglich erscheinen lassen; eine dauerhafte Überwindung ist dort offensichtlich aber<br />
nicht gelungen.<br />
Insgesamt dauerte <strong>der</strong> aktuelle (ununterbrochene) Hilfebezug <strong>der</strong> erfassten Bedarfsgemeinschaften<br />
bis zum September 2001 durchschnittlich 55 Monate bzw. gut 4,5 Jahre.<br />
Betrachtet man die Verteilung <strong>der</strong> Bezugsdauer, so fällt auf, dass fast 40% <strong>der</strong> Be-<br />
22
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
darfsgemeinschaften seit mehr als 4 Jahren laufende Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen,<br />
dies sind deutlich mehr als im gesamten Bundesgebiet. Hingegen bezieht bundesweit<br />
ein deutlich höherer Anteil die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt seit weniger<br />
als 6 Monaten.<br />
Tabelle 3:<br />
Bezugsdauer <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
kursiv: kumulierte Prozente<br />
Sozialhilfeakten<br />
<strong>Konstanz</strong><br />
Sozialhilfestatistik<br />
Deutschland<br />
weniger als 6 Monate 12% 12% 20% 20%<br />
6 bis 12 Monate 11% 23% 12% 32%<br />
1 bis 1,5 Jahre 10% 33% 10% 42%<br />
1,5 bis 2 Jahre 6% 39% 7% 49%<br />
2 bis 2,5 Jahre 8% 47% 6% 55%<br />
2,5 bis 3 Jahre 5% 52% 5% 60%<br />
3 bis 4 Jahre 9% 61% 9% 69%<br />
mehr als 4 Jahre 39% 100% 30% 99%<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
In 84% <strong>der</strong> Fälle handelt es sich beim aktuellen HLU-Bezug um einen Erstbezug. Lediglich<br />
16% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften haben bereits früher laufende Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
bezogen, wobei z.T. saisonabhängige, befristete Arbeitsverhältnisse<br />
einen vorüber gehenden Ausstieg aus <strong>der</strong> Hilfebedürftigkeit ermöglichen. Die gesamte<br />
Dauer des Hilfebezugs ist bei Erstbeziehern durchschnittlich höher als bei Mehrfachbeziehern.<br />
Ein Mehrfachbezug kann also auch mit Potenzialen zum eigenständigen<br />
Einkommenserwerb verbunden sein, während die Kategorie des Einmalbezugs sowohl<br />
Personen mit kurzfristigem Hilfebedarf als auch Langzeitfälle ohne realistische Ausstiegschancen<br />
umfasst.<br />
Ein Langzeitbezug, <strong>der</strong> in den ausgewerteten Sozialhilfeakten bis zu einem Höchstwert<br />
von 37 Jahren reicht, steht in enger Verbindung mit dem Alter des Haushaltsvorstands.<br />
So steigt die durchschnittliche Bezugsdauer von 18 Monaten <strong>der</strong> jungen Erwachsenen<br />
über 34 bzw. 57 Monate in den mittleren Altersgruppen auf durchschnittlich 100 Monate<br />
bzw. acht Jahre in <strong>der</strong> Altersgruppe <strong>der</strong> 60-jährigen und älteren Bezieher.<br />
23
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 4:<br />
Dauer des Hilfebezugs<br />
nach Alter des Haushaltsvorstands<br />
durchschnittliche Bezugsdauer (Monate)<br />
Altersgruppe arithmetisches Mittel * Median **<br />
Anzahl<br />
SH-Akten<br />
18 - 24 Jahre 18,0 11,0 43<br />
25 - 39 Jahre 34,3 25,0 145<br />
40 - 59 Jahre 56,5 37,0 105<br />
ab 60 Jahren 100,1 78,1 83<br />
Insgesamt 53,3 32,0 376<br />
* arithmetisches Mittel: Durchschnitt unter Berücksichtigung aller Werte<br />
** Median: <strong>der</strong> Wert, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Personengruppe findet<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Die gleiche Tendenz zeigt sich auch, allerdings auf einem niedrigeren Niveau, wenn<br />
man statt des Mittelwerts den Median 15 betrachtet, <strong>der</strong> die Extremwerte am unteren<br />
und oberen Rand <strong>der</strong> Altersverteilung unberücksichtigt lässt: Dann steigt die Bezugsdauer<br />
von durchschnittlich 11 Monate <strong>der</strong> jungen Erwachsenen auf 78 Monate <strong>der</strong> Senioren<br />
an. Während bei jüngeren Hilfebeziehern offenbar die Chance besteht, nach<br />
einem gewissen Bezugszeitraum wie<strong>der</strong> ohne Sozialhilfe auskommen zu können, erscheint<br />
mit zunehmendem Alter eine Überwindung des Hilfebezugs eher unrealistisch.<br />
Mehrbedarfszuschläge<br />
Eine große Rolle beim Bezug <strong>der</strong> laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt spielen die<br />
Mehrbedarfszuschläge. In 42% <strong>der</strong> erfassten <strong>Konstanz</strong>er Bedarfsgemeinschaften erhält<br />
mindestens ein Haushaltsmitglied einen Mehrbedarfszuschlag.<br />
15<br />
„Median“ ist <strong>der</strong> Wert, <strong>der</strong> innerhalb einer Verteilung in <strong>der</strong> Mitte aller Fälle liegt. Gegenüber<br />
extrem verzerrten Werten an den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Verteilung ist er unempfindlich.<br />
24
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 9:<br />
Mehrbedarfszuschläge<br />
(Mehrfachnennungen)<br />
allein Erziehende<br />
49%<br />
kostenaufwendige Ernährung<br />
26%<br />
ältere Gehbehin<strong>der</strong>te<br />
13%<br />
erwerbsunfähige Gehbehin<strong>der</strong>te<br />
8%<br />
Schwangere<br />
5%<br />
Behin<strong>der</strong>te<br />
3%<br />
sonstige<br />
6%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Fast die Hälfte davon erhält einen Mehrbedarfszuschlag für allein Erziehende. Jedoch<br />
sind es lediglich 79 <strong>der</strong> insgesamt 100 allein erziehenden Hilfeempfängerinnen, die<br />
diesen Zuschlag in Höhe von durchschnittlich 229 DM pro Monat erhalten, während bei<br />
den übrigen 21% die gesetzlichen Altersgrenzen für einen Anspruch auf diesen Zuschlag<br />
(bei einem Kind: „unter 7 Jahren“, bei mehreren Kin<strong>der</strong>n: „unter 16 Jahren“)<br />
überschritten werden. Einen hohen Anteil machen mit 26% auch die Mehrbedarfszuschläge<br />
für kostenaufwendigere Ernährung (von durchschnittlich 75 DM pro Monat)<br />
aus. Die früher altersbedingt zustehenden Zuschläge, die jetzt an das Vorliegen einer<br />
Gehbehin<strong>der</strong>ung gekoppelt sind, spielen dem gegenüber eine geringere Rolle.<br />
Einkommenssituation<br />
Über zwei Drittel <strong>der</strong> erfassten Bedarfsgemeinschaften verfügen über ein Einkommen,<br />
das auf den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet wird. Die Summe<br />
<strong>der</strong> tatsächlichen Einkünfte dieser Haushalte (vor Abzug von Freibeträgen und ohne<br />
HLU und Wohngeld) beträgt im Durchschnitt monatlich 1.076 DM. Dabei variieren die<br />
einzelnen Angaben allerdings zwischen minimal 48 DM und maximal 3.368 DM im Monat.<br />
Bezieht man die Bedarfsgemeinschaften ohne Einkommen in die Auswertung mit<br />
ein, so liegt <strong>der</strong> Durchschnitt <strong>der</strong> Haushaltseinkünfte bei rd. 740 DM pro Monat.<br />
25
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Am häufigsten genannt wird als angerechnetes Einkommen das Kin<strong>der</strong>geld (von 60%<br />
<strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften mit Einkommensanrechnung). Des Weiteren ist bei 30%<br />
<strong>der</strong>jenigen, die über ein Einkommen verfügen, ein Nettoarbeitsentgelt Teil <strong>der</strong> Einkünfte,<br />
und zwar in einer durchschnittlichen Höhe von 596 DM pro Monat.<br />
Tabelle 5:<br />
Art und Höhe des angerechneten Einkommens (MFN)<br />
arithm. Mittel Maximum Minimum gültige Fälle<br />
abs. in %<br />
Nettoarbeitsentgelt 596 DM 2.163 DM 5 DM 78 29,5%<br />
Arbeitslosengeld 911 DM 1.315 DM 274 DM 11 4,2%<br />
Arbeitslosenhilfe 857 DM 1.725 DM 237 DM 19 7,2%<br />
privater Unterhalt 523 DM 1.820 DM 26 DM 48 18,2%<br />
Rente (Alter / Unfall) 808 DM 1.523 DM 122 DM 70 26,5%<br />
Kin<strong>der</strong>geld 447 DM 1.500 DM 63 DM 159 60,2%<br />
Sonstiges (UHV) 414 DM 1.347 DM 36 DM 48 18,2%<br />
Gesamt 264 100%<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Es folgen Rentenbezüge in durchschnittlicher Höhe von rd. 800 DM bei 27% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften.<br />
Jeweils gleiche Anteile (18% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften) machen<br />
private Unterhaltsleistungen (durchschnittlich 523 DM) und Unterhaltsvorschüsse<br />
aus. 16 Arbeitslosengeld sowie Arbeitslosenhilfe stellen zwar die durchschnittlich betragsmäßig<br />
höchsten Einkommensarten dar, nehmen in <strong>der</strong> Rangliste <strong>der</strong> angerechneten<br />
Einkommensarten aber die letzten Plätze ein.<br />
Höhe <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
Ohne einmalige Leistungen beträgt die tatsächliche Leistung <strong>der</strong> laufenden Hilfe zum<br />
Lebensunterhalt, die den dokumentierten Bedarfsgemeinschaften gewährt wird, durchschnittlich<br />
rd. 770 DM im Monat. Für die einzelnen Bedarfsgemeinschaftstypen ergeben<br />
sich folgende durchschnittlichen Leistungsbeträge:<br />
16<br />
Unterhaltsvorschüsse machen den überwiegenden Teil <strong>der</strong> „sonstigen“ Einkommensarten<br />
mit durchschnittlich rd. 400 DM pro Monat dar, hier wurde lediglich das Vorliegen dieser<br />
Einkommenart angegeben. Die einzige nennenswerte weitere Einkommensart sind<br />
Einglie<strong>der</strong>ungshilfen (4 Fälle).<br />
26
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 6:<br />
Bedarf und Leistung <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
Durchschnittsbeträge (DM / Monat):<br />
Typ <strong>der</strong> Bedarf an angerechnete Netto- Anzahl <strong>der</strong><br />
Bedarfsgemeinschaft HLU Einkommen leistung Bedarfsgem.<br />
allein Lebende 1.030 325 705 189<br />
Paare ohne Kind 1.571 697 874 35<br />
Paare mit Kind(ern) 2.602 1.719 883 42<br />
mit 1 Kind 2.271 1.170 1.101 15<br />
mit 2 o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n 2.808 1.998 810 27<br />
allein Erziehende 2.053 1.197 856 113<br />
mit 1 Kind 1.548 769 778 69<br />
mit 2 o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n 2.451 1.611 840 44<br />
Insgesamt 1.507 736 771 386<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Betrachtet man die durchschnittlichen Nettoleistungen <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt,<br />
so sind die Varianzen nicht so groß, wie <strong>der</strong> Bruttoanspruch hätte vermuten lassen, da<br />
Bedarfsgemeinschaften mit höheren Bedarfen auch über höhere anrechenbare Einkommen<br />
verfügen. Allein Lebende beziehen zwar etwas niedrigere Nettoleistungen als<br />
Mehr-Personen-Haushalte, aber zwischen diesen sind die Unterschiede relativ gering.<br />
Wohnkosten<br />
Einer <strong>der</strong> höchsten Posten <strong>der</strong> monatlichen Ausgaben stellt auch für Empfänger von<br />
laufen<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt die Miete dar. Die erfassten <strong>Konstanz</strong>er Bedarfsgemeinschaften<br />
zahlen im Durchschnitt 728 DM für die monatliche Warmmiete, davon<br />
654 DM Kaltmiete (Bruttokaltmiete incl. Nebenkosten, aber ohne Heizung und Warmwasser)<br />
und 74 DM Heizkosten.<br />
27
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 7:<br />
Kosten <strong>der</strong> Miete und Heizung<br />
Durchschnittsbeträge (DM / Monat):<br />
Typ <strong>der</strong> Kalt- Heiz- Warm- Anzahl <strong>der</strong><br />
Bedarfsgemeinschaft miete kosten miete Bedarfsgem.<br />
allein Lebende 533 56 589 185<br />
Paare ohne Kind 656 59 715 34<br />
Paare<br />
mit 1 Kind 824 95 918 13<br />
mit 2 o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n 964 122 1.086 26<br />
allein Erziehende<br />
mit 1 Kind 677 89 766 62<br />
mit 2 o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n 906 104 1.010 43<br />
Insgesamt 654 74 728 363<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Die Mietkosten werden in 9% <strong>der</strong> Fälle gekürzt, als Grund dafür wird in fast allen Fällen<br />
eine zu hohe Miete genannt. Darüber hinaus wird bei rd. 70% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften<br />
berücksichtigt, dass <strong>der</strong> Warmwasseranteil an den Heizkosten bereits in <strong>der</strong> Regelsatzleistung<br />
enthalten ist.<br />
Insgesamt beziehen 84% <strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Aktenanalyse untersuchten Bedarfsgemeinschaften<br />
Wohngeld in Höhe von durchschnittlich 321 DM monatlich. Es handelt<br />
sich dabei fast ausschließlich um einen beson<strong>der</strong>en Mietzuschuss (zu 79%), 5% <strong>der</strong><br />
Bedarfsgemeinschaften erhalten allgemeines Wohngeld und 16% erfüllen nicht die<br />
Voraussetzungen für einen Wohngeldbezug. 17<br />
Einmalige Leistungen<br />
Zusätzlich zur laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt haben über 90% <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er<br />
Bedarfsgemeinschaften in den letzten 12 Monaten einmalige Leistungen erhalten.<br />
Hauptsächlich wurden diese für Bekleidung gewährt: Fast 90% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften,<br />
die einmalige Leistungen empfingen, erhielten u.a. Leistungen für Bekleidung.<br />
Weihnachtsbeihilfe wurden 82% <strong>der</strong> betreffenden Bedarfsgemeinschaften gewährt.<br />
Rd. 30% dieser Bedarfsgemeinschaften wurden einmalige Leistungen für Hausrat<br />
bewilligt. Vielfältig sind die sonstigen Angaben über einmalige Leistungen, die 36%<br />
<strong>der</strong> betreffenden Bedarfsgemeinschaften erhielten.<br />
17<br />
Dieses Ergebnis spiegelt nicht ganz das Ergebnis <strong>der</strong> statistischen Auswertung wi<strong>der</strong>,<br />
<strong>der</strong> zufolge in <strong>Konstanz</strong> 70% <strong>der</strong> Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt beson<strong>der</strong>en<br />
Mietzuschuss erhielten (vgl. oben Abschnitt 2.2).<br />
28
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 10:<br />
Einmalige Leistungen<br />
Bekleidung<br />
88%<br />
Weihnachtsbeihilfe<br />
82%<br />
Hausrat<br />
31%<br />
sonstige<br />
36%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Von den Bedarfsgemeinschaften, die in den letzten 12 Monaten „sonstige einmalige<br />
Leistungen“ erhielten, bekamen 34% Unterstützung für Nebenkosten und Müllgebühren,<br />
17% wurden einmalige Leistungen für Renovierungen und Reparaturen gewährt.<br />
Ebenfalls in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Wohnung stehen einmalige Leistungen für Umzugskosten<br />
(10% <strong>der</strong> „Sonstigen“) und für Brennstoff bzw. Heizkosten (9% <strong>der</strong> „Sonstigen“).<br />
Des Weiteren werden Beihilfen für Schulbedarf (13% <strong>der</strong> „Sonstigen“) und Babyausstattung<br />
(11% <strong>der</strong> „Sonstigen“) genannt.<br />
Parallelbezug von Hilfe in beson<strong>der</strong>en Lebenslagen<br />
Leistungen <strong>der</strong> Hilfe in beson<strong>der</strong>en Lebenslagen können parallel zur laufenden Hilfe<br />
zum Lebensunterhalt in Anspruch genommen werden. Nach den Ergebnissen <strong>der</strong> Aktenanalyse<br />
bezieht in knapp einem Viertel <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften mindestens ein<br />
Haushaltsmitglied neben <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt auch Hilfe in beson<strong>der</strong>en Lebenslagen.<br />
In fast allen dieser Fälle handelt es sich dabei um Krankenhilfe; dies betrifft<br />
zum Teil Personen, die keinen Krankenversicherungsschutz genießen, aber auch bestimmte<br />
Leistungen für krankenversicherte Hilfeempfänger (z.B. Hilfen zur Familienplanung<br />
und Eigenanteile bei Krankenhausaufenthalt), die nicht vom Leistungsspektrum<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung erfasst werden.<br />
Weitere Parallelbezüge von Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in beson<strong>der</strong>en Lebenslagen<br />
gibt es nur noch vereinzelt, so wird die Hilfe zur Pflege in ambulanter Form<br />
29
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> insgesamt nur 11 Personen gewährt, die gleichzeitig auf Hilfe<br />
zum Lebensunterhalt angewiesen sind.<br />
2.4.3 Ursachen des gegenwärtigen Sozialhilfebezugs<br />
Um geeignete Wege zur Überwindung <strong>der</strong> Sozialhilfebedürftigkeit aufweisen zu können,<br />
sind vor allem die Ursachen des Sozialhilfebezugs von Interesse. Daher wurden<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Aktenanalyse Angaben über die Ursachen des gegenwärtigen HLU-<br />
Bezugs ausgewertet. Im Folgenden werden zunächst die am häufigsten genannten<br />
Ursachenkomplexe ausgewertet; weitere Anwendung finden die Ergebnisse <strong>der</strong> Ursachenanalyse<br />
bei <strong>der</strong> Suche nach geeigneten Hilfemöglichkeiten.<br />
Für fast die Hälfte <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Bedarfsgemeinschaften aus <strong>der</strong> Stichprobe ist <strong>der</strong><br />
HLU-Bezug durch Arbeitslosigkeit (mit) verursacht. Bundesweit sind 40% <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger<br />
im arbeitsfähigen Alter offiziell arbeitslos gemeldet, einschließlich <strong>der</strong> sog.<br />
„stillen Reserve“ dürfte <strong>der</strong> Anteil in ähnlicher Höhe liegen wie in <strong>Konstanz</strong>. Ebenfalls<br />
auf die Erwerbssituation beziehen sich Gründe wie geringes bzw. kein (Erwerbs-) Einkommen,<br />
die in 21% bzw. 11% <strong>der</strong> Fälle als Ursachen genannt werden.<br />
Weitere Ursachen des Hilfebezugs werden in <strong>der</strong> bundesweiten Sozialhilfestatistik nur<br />
für ein Viertel <strong>der</strong> Hilfeempfänger (unter <strong>der</strong> Rubrik „beson<strong>der</strong>e soziale Situation“) ermittelt,<br />
sodass die Ergebnisse <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Aktenanalyse diesbezüglich aufschlussreicher<br />
sind.<br />
Ein zentraler Bereich, <strong>der</strong> in die Abhängigkeit von laufen<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
führt, ist die familiäre Situation. Trennung bzw. Scheidung (21%) und die Geburt eines<br />
Kindes (17%) werden vor allem hinsichtlich <strong>der</strong> großen Gruppe <strong>der</strong> allein Erziehenden<br />
(in <strong>Konstanz</strong> 29% gegenüber 25% im Bundesdurchschnitt) als Gründe für den gegenwärtigen<br />
Sozialhilfebezug angegeben.<br />
Ein dritter Ursachenkomplex ist mit <strong>der</strong> gesundheitlichen Situation <strong>der</strong> Hilfeempfänger<br />
verbunden. So stellen Krankheit (19%) sowie speziell Suchtkrankheit (9%) weitere Ursachen<br />
dar. Weitere Ursachen sind z.B. Immigration und damit verbundene Sprachprobleme<br />
o<strong>der</strong> die Tatsache, dass sich Hilfeempfänger in einer Ausbildung bzw. Umschulung<br />
befinden.<br />
30
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 11:<br />
Ursachen des Sozialhilfebezugs<br />
bezogen auf Bedarfsgemeinschaften (MFN)<br />
Arbeitslosigkeit<br />
48%<br />
Trennung/Scheidung<br />
geringes Einkommen<br />
Krankheit<br />
Geburt eines Kindes<br />
21%<br />
21%<br />
19%<br />
17%<br />
kein Einkommen<br />
Suchtkrankheit<br />
9%<br />
11%<br />
ohne eigene Wohnung<br />
Tod eines Familienmitglieds<br />
Überschuldung<br />
Freiheitsentzug/Haftentlassung<br />
3%<br />
2%<br />
1%<br />
1%<br />
an<strong>der</strong>e<br />
9%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Nur in sehr wenigen Fällen wird „Überschuldung“ als Ursache genannt. Diese geringe<br />
Anzahl ist wohl auch darauf zurück zu führen, dass in 65% <strong>der</strong> Fälle keine Informationen<br />
über die Verschuldung <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften bekannt sind.<br />
Überschuldung<br />
Schulden zu haben, ist so lange unproblematisch, wie die Höhe <strong>der</strong> Schulden in vertretbarer<br />
Relation zum Einkommen steht, <strong>der</strong>en Tilgung realistisch geplant ist und<br />
durch laufende Zahlungen umgesetzt wird. 17% <strong>der</strong> deutschen Haushalte müssen (laut<br />
SOEP 18 ) Schulden bzw. Kredite zurück zahlen. Die Schuldenproblematik verschärft<br />
sich aber, wenn <strong>der</strong> Schuldner nicht mehr in <strong>der</strong> Lage ist, die Schulden in geregelter<br />
Form zurück zu zahlen; in diesem Falle spricht man von „Überschuldung“. Da die Ü-<br />
bergangsschwelle von „Verschuldung“ zu „Überschuldung“ nicht eindeutig definiert ist,<br />
liegen zum Anteil <strong>der</strong> überschuldeten Bevölkerung keine exakten Daten, son<strong>der</strong>n nur<br />
Schätzungen vor. Der Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung schätzt<br />
(unter Berufung auf ein Gutachten von Korczak 2000), dass etwa 7% <strong>der</strong> Haushalte in<br />
Deutschland in diesem Sinne überschuldet seien. 19 Demzufolge wäre für die <strong>Stadt</strong><br />
18<br />
19<br />
Analyse <strong>der</strong> Daten des vom DIW Berlin betreuten sozio-ökonomischen Panels (SOEP),<br />
Welle 15, 1998; Berechnung des <strong>ISG</strong><br />
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.), Lebenslagen in Deutschland.<br />
Erster Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung, Bonn 2001, S. 68 ff<br />
31
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
<strong>Konstanz</strong> von rd. 2.700 bis 2.800 überschuldeten Haushalten auszugehen. Diese<br />
Schätzung scheint allerdings, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, eher eine Obergrenze<br />
darzustellen; <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> überschuldeten Haushalte unter den Empfängern<br />
von Hilfe zum Lebensunterhalt ist bundesweit mit 1% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften deutlich<br />
geringer.<br />
Da eine Situation <strong>der</strong> Verschuldung und insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Überschuldung für die zukünftigen<br />
(Selbst-) Hilfemöglichkeiten eine wichtige Beeinträchtigung darstellen können,<br />
wurde die Schuldensituation <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften in einer geson<strong>der</strong>ten<br />
Fragestellung erhoben.<br />
Abbildung 12:<br />
Höhe <strong>der</strong> Schulden<br />
(N=20; fehlende Kategorien unbesetzt)<br />
bis 5.000 DM<br />
55,0%<br />
10.000 bis 50.000 DM<br />
20,0%<br />
über 100.000 DM<br />
25,0%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Daraus geht hervor, dass 11% <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Bedarfsgemeinschaften verschuldet<br />
sind, was aber nicht in allen Fällen eine „Überschuldung“ bedeuten muss. Die Höhe<br />
<strong>der</strong> Schulden konnte nicht in allen Fällen ermittelt werden, sodass hierüber nur für 20<br />
Bedarfsgemeinschaften eine Aussage möglich ist. Betrachtet man diese Fälle, so ergeben<br />
sich dort durchschnittliche Schulden in Höhe von fast 100.000 DM. Aufgrund<br />
von so genannten „Ausreißern“, das heißt Bedarfsgemeinschaften mit extrem hohen<br />
Schulden (maximal 800.000 DM), ist dieser Mittelwert jedoch verzerrt. Nur ein Viertel<br />
<strong>der</strong> verschuldeten Bedarfsgemeinschaften haben mehr als 100.000 DM Schulden, wei-<br />
32
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
tere 20% haben Schulden zwischen 10.000 und 50.000 DM. Bei <strong>der</strong> Mehrheit (55%)<br />
<strong>der</strong> Verschuldeten handelt es sich aber um Beträge bis 5.000 DM.<br />
Abbildung 13:<br />
Verschuldung und <strong>der</strong>en Ursachen<br />
Arbeitslosigkeit<br />
46%<br />
60%<br />
58%<br />
74%<br />
Trennung/ Scheidung<br />
17%<br />
28%<br />
24%<br />
24%<br />
Geburt eines Kindes<br />
14%<br />
18%<br />
20%<br />
29%<br />
Krankheit eines Familienmitglieds<br />
23%<br />
20%<br />
26%<br />
24%<br />
Suchtkrankheit<br />
7%<br />
10%<br />
11%<br />
26%<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
mit Schulden ohne Schulden unbekannt gesamt<br />
Ob eine Verschuldung vorliegt, hängt auch mit an<strong>der</strong>en Ursachen zusammen:<br />
• Eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung hat dabei die Kombination von Arbeitslosigkeit und<br />
Verschuldung – bei drei Vierteln <strong>der</strong> verschuldeten Bedarfsgemeinschaften wird<br />
Arbeitslosigkeit als Ursache des Hilfebezugs genannt, aber nur bei 46% <strong>der</strong> nicht<br />
verschuldeten Bedarfsgemeinschaften.<br />
• Weiterhin zeigt sich, dass suchtkranke Sozialhilfeempfänger überwiegend auch<br />
verschuldet sind.<br />
• Dagegen steht <strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Verschuldung mit den familienbezogenen Ursachen<br />
in keinem näheren Zusammenhang.<br />
Die Auswertung <strong>der</strong> Ursachen macht deutlich, dass Arbeitslosigkeit zwar eine wesentliche,<br />
aber nicht die einzige Ursache <strong>der</strong> Angewiesenheit auf Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
ist. Das Absinken unter die Armutsgrenze ist durch vielfältige Faktoren bedingt und<br />
erfor<strong>der</strong>t eine entsprechend differenzierte Unterstützung seitens des Sozialamtes.<br />
33
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
3. Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit<br />
Die Integration in den Arbeitsmarkt wird vielfach als <strong>der</strong> Schlüssel zur Überwindung<br />
von Armutslagen und zur gesellschaftlichen Integration gesehen. Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> ist vor dem Hintergrund <strong>der</strong> regionalen Arbeitsmarktentwicklung<br />
zu analysieren, welche Chancen <strong>der</strong> Arbeitsmarktintegration für<br />
einzelne Personengruppen bestehen, was in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> bisher dazu unternommen<br />
wurde und welche weiteren Maßnahmen möglich bzw. erfor<strong>der</strong>lich sind. In<br />
diesem Zusammenhang erhalten die Instrumente <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit zur Vermittlung<br />
von Sozialhilfeempfängern in eine Beschäftigung einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert.<br />
3.1 Wirtschaftliche Entwicklung und Entwicklung des Arbeitsmarktes<br />
Für die Entwicklung des Arbeitsmarktes stellt die wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige<br />
Rahmenbedingung dar. Zwar schlägt sich ein wirtschaftlicher Aufschwung nicht<br />
unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt nie<strong>der</strong>, da er mit Umstrukturierungen verbunden sein<br />
kann, die meist in Richtung auf eine geringere Nachfrage nach Arbeitskräften bei<br />
gleichzeitig höheren Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen weisen. Umgekehrt ist aber mit einer<br />
positiven Arbeitsmarktentwicklung nur in <strong>der</strong> Folge einer positiven Wirtschaftsentwicklung<br />
zu rechnen. Wirtschaftliches Wachstum ist also eine notwendige, aber nicht hinreichende<br />
Bedingung für eine Steigerung <strong>der</strong> Nachfrage nach Arbeitskräften.<br />
Über die wirtschaftliche Entwicklung in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> liegen keine aufschlussreichen<br />
Indikatoren vor (wie etwa Umsatzzahlen über mehrere Jahre), son<strong>der</strong>n nur die<br />
Zahlen <strong>der</strong> Arbeitsmarktstatistik. Daher kann hier die wirtschaftliche Entwicklung nur<br />
indirekt anhand <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit analysiert werden (und das auch<br />
nur bis zur Jahresmitte 2000, da aktuellere Daten nicht vorliegen).<br />
Die Arbeitsmarktstatistik unterscheidet zwischen drei Bereichen, auf die sich die Beschäftigten<br />
im früheren Bundesgebiet folgen<strong>der</strong>maßen verteilen (Stand: Juni 2000): Ein<br />
Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten arbeitet im produzierenden Gewerbe, 23% im Bereich Handel/<br />
Gastgewerbe/ Verkehr und 44% in sonstigen Dienstleistungen.<br />
Für den Arbeitsamtsbezirk <strong>Konstanz</strong> konnten diesbezügliche Daten nur für die Jahre<br />
1995 bis 1998 ausgewertet werden, neuere Daten liegen noch nicht vor. Die Struktur<br />
<strong>der</strong> Beschäftigungsbereiche hat sich in <strong>Konstanz</strong> in ähnlicher Weise entwickelt wie im<br />
westlichen Bundesgebiet: Der Anteil des produzierenden Gewerbes ist kontinuierlich<br />
von 35% im Jahr 1995 auf 31% im Jahr 1998 zurück gegangen, während <strong>der</strong> Anteil<br />
des Dienstleistungssektors im gleichen Zeitraum von 49% auf 52% gestiegen ist. Der<br />
Bereich Handel/ Gastgewerbe/ Verkehr ist in diesem Zeitraum in etwa konstant bei<br />
34
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
17% geblieben. Im Vergleich zur Verteilung im westlichen Bundesgebiet weist damit<br />
<strong>Konstanz</strong> einen hohen Dienstleistungsanteil auf, während das produzierende Gewerbe<br />
und Handel/ Gastgewerbe/ Verkehr unter dem westlichen Durchschnitt liegen.<br />
Tabelle 8:<br />
Struktur <strong>der</strong> Beschäftigung nach Branchen<br />
produzierendes Handel, Gastge- Sonstige<br />
Jahr Gewerbe werbe, Verkehr Dienstleistungen<br />
<strong>Konstanz</strong><br />
1995 34,6% 16,8% 48,6%<br />
1996 34,1% 16,8% 49,1%<br />
1997 33,3% 16,9% 49,8%<br />
1998 31,3% 17,1% 51,6%<br />
Westdeutschl.<br />
1998 34,2% 23,0% 42,8%<br />
2000 33,5% 23,0% 43,5%<br />
Quelle: Arbeitsamt <strong>Konstanz</strong>; Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2002; Berechnungen<br />
des <strong>ISG</strong><br />
Vergleicht man die Struktur <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in <strong>Konstanz</strong><br />
mit <strong>der</strong> Struktur in Deutschland (Stand: Juni 2000), so zeigen sich folgende Unterschiede:<br />
• Der Anteil <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung<br />
liegt in <strong>Konstanz</strong> (mit 29%) unter dem Bundesdurchschnitt (34%).<br />
• In <strong>Konstanz</strong> machen Frauen die Hälfte dieser Beschäftigten aus und kommen damit<br />
auf einen höheren Anteil als in Deutschland insgesamt (44%).<br />
• Der Schwerpunkt auf dem Dienstleistungssektor, <strong>der</strong> bereits bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong><br />
Wirtschaftsbereiche deutlich wurde, kommt auch in einem vergleichsweise geringen<br />
Arbeiteranteil von 32% gegenüber 43,5% im Bundesdurchschnitt zum Ausdruck.<br />
• Relativ hoch ist dagegen in <strong>Konstanz</strong> <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Teilzeitbeschäftigten mit rd.<br />
20% gegenüber nur 14% im Bundesdurchschnitt, was unter An<strong>der</strong>em auch in Verbindung<br />
mit <strong>der</strong> höheren Beschäftigungsquote von Frauen zu sehen ist.<br />
• Die stärksten Abweichungen zeigen sich jedoch bezüglich <strong>der</strong> ausländischen und<br />
<strong>der</strong> älteren Arbeitnehmern: Die Anteile bei<strong>der</strong> Beschäftigtengruppen sind in <strong>Konstanz</strong><br />
etwa doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.<br />
35
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 9:<br />
Erwerbstätigkeit in <strong>Konstanz</strong><br />
Umfang und Struktur 1995 - 2000 (Jahresmitte)<br />
Jahres- Beschäftigte Anteil an darunter: Teilzeit- ab 60<br />
mitte (Sozialvers.) Bevölkerung Frauen Arbeiter beschäftigte Jahre Auslän<strong>der</strong><br />
1995 22.314 29,4% 48,4% 35,0% 16,3% 4,5% 14,6%<br />
1996 22.034 28,9% 49,0% 34,5% 17,1% 4,7% 14,7%<br />
1997 21.930 28,5% 49,0% 34,4% 18,5% 4,6% 14,3%<br />
1998 21.677 28,1% 48,9% 34,2% 19,3% 5,1% 14,1%<br />
1999 21.977 28,4% 49,2% 34,8% 21,9% 5,3% 13,6%<br />
2000 22.658 29,1% 49,5% 32,3% k.A. k.A. 13,1%<br />
Deutschland<br />
27,8 Mio. 33,8% 44,2% 43,5% 14,0% 2,6% 7,1%<br />
Quelle: Arbeitsamt <strong>Konstanz</strong>, Arbeitsmarktdaten; Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch<br />
2002; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Der Anteil <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an <strong>der</strong> Wohnbevölkerung ist<br />
in den Jahren 1995 bis 1998 leicht gesunken, um dann bis Mitte des Jahres 2000 wie<strong>der</strong><br />
auf den in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre erreichten Wert anzusteigen. Darin spiegelt<br />
sich die im westlichen Bundesgebiet insgesamt zu beobachtende positive Arbeitsmarktentwicklung<br />
<strong>der</strong> Jahre 1999 und 2000 wi<strong>der</strong>.<br />
Für einzelne Gruppen von Erwerbstätigen hat sich dieser generelle Trend unterschiedlich<br />
ausgewirkt:<br />
• Der Arbeiteranteil unter den Erwerbstätigen verlief bis 1999 parallel zum generellen<br />
Beschäftigungstrend, geht im Jahr 2000 aber zurück auf seinen niedrigsten Wert.<br />
• Der Frauenanteil nimmt 1998 leicht ab und seit 1999 wie<strong>der</strong> leicht zu, bleibt aber<br />
insgesamt relativ konstant bei 49%.<br />
• Der Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten ab 60 Jahren weist, gegenläufig zum generellen<br />
Trend, eine fast durchweg steigende Tendenz auf. Dies ist einerseits bemerkenswert,<br />
da ältere Arbeitnehmer einem höheren Risiko <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit ausgesetzt<br />
sind. Diese Zunahme kann an<strong>der</strong>erseits auch demografisch bedingt sein, da die<br />
Jahrgänge, die die Altersgrenze von 60 Jahren überschreiten, von Jahr zu Jahr<br />
stärker besetzt sind.<br />
• Der Auslän<strong>der</strong>anteil an den Beschäftigten ist im beobachteten Zeitraum linear gesunken,<br />
d.h. dass die Erholung <strong>der</strong> Jahre 1999 und 2000 diese Gruppe nicht erfasst<br />
hat.<br />
• Der Anteil <strong>der</strong> Teilzeitbeschäftigten ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen:<br />
Während im Juni 1995 <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> in Teilzeit Beschäftigten bei 16% lag,<br />
stieg er über 18,5% im Juni 1997 auf 22% im Juni 1998. Diese Zunahme geht al-<br />
36
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
lerdings nicht, wie häufig zu beobachten, mit steigen<strong>der</strong> Frauenerwerbstätigkeit<br />
einher, da diese in <strong>Konstanz</strong> auf relativ konstantem Niveau bleibt.<br />
Vor diesem Hintergrund sind Quoten und Struktur <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit zu bewerten.<br />
Hierzu liegen Daten bis zur Jahresmitte 2001 vor. Vergleicht man die Situation in <strong>Konstanz</strong><br />
mit <strong>der</strong> in Baden-Württemberg und in Deutschland insgesamt, so sind folgende<br />
Trends erkennbar:<br />
Die Arbeitslosenquoten sind von 1995 bis 1997 angestiegen und anschließend zurück<br />
gegangen bis auf ihren bisher niedrigsten Stand im Juni 2001. Das Land Baden-<br />
Württemberg weist im Vergleich zum Durchschnitt des westlichen Bundesgebietes die<br />
niedrigste Arbeitslosenquote auf. Der Arbeitsamtsbezirk <strong>Konstanz</strong> liegt etwas darüber.<br />
Abbildung 14:<br />
Arbeitslosenquoten im Vergleich<br />
10,0<br />
9,0<br />
8,0<br />
7,0<br />
6,0<br />
Bundesgebiet West<br />
Baden- Württemberg<br />
Arbeitsamtsbezirk <strong>Konstanz</strong><br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
5,0<br />
4,0<br />
3,0<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />
Jahresmitte<br />
Quelle: Arbeitsamt <strong>Konstanz</strong>, Arbeitsmarktdaten; Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch<br />
2002; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
In <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> war von 1995 bis 1997 die Arbeitslosenquote niedriger als im<br />
Arbeitsamtsbezirk und im Land insgesamt, von 1997 bis 2000 lag sie – parallel zur<br />
Entwicklung im Bezirk – über dem Landesdurchschnitt und näherte sich im Juni 2001<br />
dem niedrigen Landeswert an. Somit ist zwischen 1999 und 2001 eine spürbare Entspannung<br />
des Arbeitsmarktes zu beobachten.<br />
37
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Die absoluten Zahlen <strong>der</strong> Arbeitslosen haben von 1995 bis 1997 zugenommen, bis<br />
1999 stagniert und in den Jahren 2000 und 2001 um 11% bzw. 15% abgenommen.<br />
Tabelle 10:<br />
Struktur <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit in <strong>Konstanz</strong><br />
Jahres- Zahl <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>g. darunter Anteile von: Langzeit- Schwermitte<br />
Arbeitslosen ggü. Vorj. Frauen Arbeitern Auslän<strong>der</strong>n arbeitslosen behin<strong>der</strong>ten<br />
1995 1.904 / 40,5% 51,3% 19,4% 26,9% 5,8%<br />
1996 2.037 7,0% 40,1% 51,9% 19,4% 26,3% 5,1%<br />
1997 2.582 26,8% 41,0% 53,6% 19,3% 27,0% 4,5%<br />
1998 2.558 -0,9% 42,0% 53,4% 21,4% 34,8% 5,5%<br />
1999 2.570 0,5% 40,7% 57,1% 21,7% 30,4% 4,4%<br />
2000 2.284 -11,1% 42,1% 58,7% 20,4% 33,5% 4,7%<br />
2001 1.951 -14,6% 43,1% 57,9% 19,8% 27,8% 5,1%<br />
Deutschl.<br />
2000 2,4 Mio. -5,1% 48,5% 62,2% 11,9% 36,4% 4,7%<br />
Quelle: Arbeitsamt <strong>Konstanz</strong>, Arbeitsmarktdaten; Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch<br />
2002; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Im Vergleich zu den Arbeitsmarktdaten für Deutschland insgesamt fallen die höheren<br />
Anteile von Auslän<strong>der</strong>n unter den <strong>Konstanz</strong>er Arbeitslosen auf, während die Anteile <strong>der</strong><br />
Arbeiter sowie <strong>der</strong> Langzeitarbeitslosen (d.h. mindestens seit einem Jahr arbeitslos) in<br />
<strong>Konstanz</strong> niedriger sind als im Bundesdurchschnitt. Für einzelne Bevölkerungsgruppen<br />
lässt sich feststellen:<br />
• Von dieser Entspannung haben Männer eher profitiert als Frauen, denn <strong>der</strong>en Anteil<br />
an den Arbeitslosen ist in den letzten Jahren etwas gestiegen.<br />
• In noch stärkerem Maße sind Arbeiter in <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit verblieben, <strong>der</strong>en Anteil<br />
ist von 51% im Jahr 1995 fast kontinuierlich auf <strong>der</strong>zeit 58% gestiegen.<br />
• Der Auslän<strong>der</strong>anteil ist im Vergleichszeitraum (bis auf eine vorüber gehende leichte<br />
Zunahme 1998 und 1999) relativ konstant bei rd. 20% geblieben.<br />
• Langzeitarbeitslose verblieben in den Aufschwungjahren 1998 bis 2000 zu einem<br />
relativ hohen Anteil in Arbeitslosigkeit, bei ihnen wird eine Entspannung erst mit<br />
Verzögerung zur Jahresmitte 2001 spürbar. (Die gleiche Entwicklung zeigt sich bei<br />
den älteren Arbeitslosen über 55 Jahren, was auf eine weitgehende Überschneidung<br />
bei<strong>der</strong> Gruppen zurück zu führen sein dürfte.)<br />
• Der Anteil <strong>der</strong> Schwerbehin<strong>der</strong>ten an den Arbeitslosen schwankt (wie in Deutschland<br />
insgesamt) um die 5%, sein höchster Wert lag bei 5,8% im Jahr 1995 (bei insgesamt<br />
niedriger Arbeitslosigkeit) und sein niedrigster Wert bei 4,4% im Jahr 1999<br />
(bei insgesamt hoher Arbeitslosigkeit). Dies lässt erkennen, dass die Beschäfti-<br />
38
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
gungssituation <strong>der</strong> relativ kleinen Gruppe von schwer behin<strong>der</strong>ten Arbeitslosen<br />
(zwischen 100 und 120 Personen im Arbeitsamtsbezirk <strong>Konstanz</strong>) nur in geringem<br />
Maße durch die allgemeine Beschäftigungslage beeinflusst wird.<br />
Mit Blick auf die weitere Entwicklung in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des Jahres 2001 ist allerdings<br />
darauf hinzuweisen, dass <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit gestoppt wurde. Für<br />
die risikoreichen Problemgruppen bedeutet dies, dass die leichte Entspannung zur<br />
Jahresmitte zu spät eintrat und zu kurz gedauert hat, als dass ein merklicher Abbau<br />
<strong>der</strong> „Sockelarbeitslosigkeit“ hätte erreicht werden können.<br />
Ein wichtiger Indikator für geringe Reintegrationschancen ist die Dauer <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit.<br />
Nach einer Auswertung des Arbeitsamts <strong>Konstanz</strong> war im September 2001<br />
etwas mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Arbeitslosen im Bezirk <strong>Konstanz</strong> nur bis zu einem halben<br />
Jahr ohne Arbeit (38% bis zu 3 Monate arbeitslos, 15% 3 bis 6 Monate), 18% waren<br />
zwischen einem halben und einem ganzen Jahr arbeitslos und 30% waren Langzeitarbeitslose<br />
(ein Jahr und länger arbeitslos).<br />
Die Dauer <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit hängt in entscheiden<strong>der</strong> Weise mit dem Alter des Arbeitslosen<br />
zusammen. Anhand <strong>der</strong> vom Arbeitsamt <strong>Konstanz</strong> zur Verfügung gestellten<br />
Strukturdaten lässt sich dieser Zusammenhang eindrücklich darstellen:<br />
Abbildung 15:<br />
Arbeitslose<br />
nach Alter und Dauer <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />
insgesamt<br />
unter 25 Jahre<br />
25 bis unter 35 Jahre<br />
35 bis unter 45 Jahre<br />
45 bis unter 55 Jahre<br />
55 bis unter 65 Jahre<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
bis unter 6 Monate 6 b. u. 12 Monate 1 b. u. 2 Jahre 2 Jahre und länger<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Arbeitsamt <strong>Konstanz</strong>, Arbeitsmarktdaten; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
39
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Während die Arbeitslosen unter 25 Jahren überwiegend (zu 90%) für höchstens ein<br />
halbes Jahr arbeitslos waren, sinkt dieser Anteil <strong>der</strong> Kurzzeitarbeitslosigkeit über 57%<br />
<strong>der</strong> 35- bis 45-Jährigen auf nur noch 26% <strong>der</strong> älteren Arbeitslosen (55 bis unter 65<br />
Jahre). Von diesen sind hingegen mehr als die Hälfte langzeitarbeitslos, und zwar 20%<br />
seit einem bis zwei Jahren und 36% seit mehr als zwei Jahren.<br />
3.2 Arbeitskraftpotenzial unter den Beziehern von Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
Zum Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
Auf den Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Angewiesenheit auf Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
wird häufig hingewiesen: In Zeiten einer angespannten Arbeitsmarktlage<br />
haben eher die gut qualifizierten und flexiblen Bewerber jüngeren bis mittleren Alters<br />
gute Beschäftigungschancen, während gering qualifizierten und älteren Arbeitslosen<br />
eine längerfristige Arbeitslosigkeit droht. Auf Leistungen <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
sind vor allem zwei Gruppen angewiesen: Junge Erwachsene, die keine Ansprüche auf<br />
Lohnersatzleistungen haben (Berufseinstieg wegen unzureichen<strong>der</strong> Qualifikation o<strong>der</strong><br />
persönlichen Schwierigkeiten gescheitert) und Langzeitarbeitslose, die nicht mehr Arbeitslosengeld,<br />
son<strong>der</strong>n die geringere Arbeitslosenhilfe beziehen. Für letztere Gruppe<br />
bildet sich <strong>der</strong> Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und HLU-Bezug erst zeitlich versetzt<br />
ab. Auch eine Verbesserung <strong>der</strong> Arbeitsmarktlage wirkt sich erst mit einem gewissen<br />
Zeitverzug auf die Hilfe zum Lebensunterhalt aus, da eine steigende Nachfrage<br />
nach Arbeitskräften zunächst die besser qualifizierten bzw. erst kurzfristig Arbeitslosen<br />
abschöpft, während Arbeitslose mit geringeren Beschäftigungschancen nur bei einem<br />
längerfristigen Wirtschaftsaufschwung erreicht werden.<br />
An<strong>der</strong>erseits gibt es aber auch grundlegende Unterschiede zwischen beiden Gruppen<br />
von Hilfebeziehern und entsprechende Divergenzen in <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Bezieherzahlen.<br />
Die Auswertung <strong>der</strong> Sozialhilfestatistik und die Analyse <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Sozialhilfeakten<br />
ergeben:<br />
• Unter allen HLU-Beziehern im früheren Bundesgebiet sind nur 23% arbeitslos gemeldet,<br />
unter den 15- bis 64-Jährigen sind es 38% (davon rd. 40% mit Bezug und<br />
rd. 60% ohne Bezug von Lohnersatzleistungen). In <strong>Konstanz</strong> ist ein Viertel aller<br />
HLU-Empfänger arbeitslos, unter den 15- bis 64-Jährigen sind es 42%. D.h. drei<br />
Viertel aller Bezieher und rd. 60% <strong>der</strong> Bezieher im arbeitsfähigen Alter sind nicht<br />
wegen Arbeitslosigkeit, son<strong>der</strong>n aus an<strong>der</strong>en Gründen auf Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
angewiesen.<br />
• Auch wird nur ein Teil <strong>der</strong> HLU-Bezieher als „arbeitsfähig“ beurteilt: Bei rd. 30% <strong>der</strong><br />
Hilfeempfänger zwischen 15 und 59 Jahren ist dies „uneingeschränkt“ <strong>der</strong> Fall,<br />
43% sind nur „eingeschränkt“ arbeitsfähig und für die übrigen 30% <strong>der</strong> HLU-<br />
40
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Bezieher im arbeitsfähigen Alter kommt eine Arbeitsaufnahme <strong>der</strong>zeit nicht in Frage.<br />
So bleibt festzuhalten: Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug sind auf unterschiedliche<br />
Probleme zurück zu führen, die sich nur teilweise überschneiden – die Ursachen für<br />
eine Angewiesenheit auf Hilfe zum Lebensunterhalt sind heterogen (siehe auch oben<br />
Abbildung 11). Für eine aktive Sozialhilfepolitik bietet sich an dieser Stelle aber am<br />
ehesten ein Ansatzpunkt, um auf eine Überwindung des Hilfebezugs hinzuwirken.<br />
Brutto- und Nettoarbeitskräftepotenzial<br />
In <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> waren am Jahresende 2000 insgesamt 2.742 Personen in 1.585<br />
Bedarfsgemeinschaften auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Gut die Hälfte davon<br />
(1.500 Personen bzw. 55%) waren im arbeitsfähigen Alter zwischen 15 und 59<br />
Jahren. Rd. 660 Sozialhilfeempfänger (also rd. 44% dieser Gruppe) waren arbeitslos<br />
gemeldet, überwiegend ohne Lohnersatzleistungen zu beziehen.<br />
Abbildung 16:<br />
Arbeitsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> 15- bis 59jährigen<br />
uneingeschränkt<br />
30%<br />
eingeschränkt<br />
43%<br />
in "Hilfe zur Arbeit"-Maßnahme<br />
6%<br />
Schüler/ Studenten<br />
7%<br />
nicht arbeitsfähig<br />
14%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Nicht alle Hilfeempfänger im arbeitsfähigen Alter stehen aber dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt<br />
zur Verfügung, da sie wegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen o<strong>der</strong><br />
41
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
häuslicher Bindung nicht für jedes auf den ersten Blick passende Arbeitsangebot geeignet<br />
sind. Die Zahl <strong>der</strong> Personen im arbeitsfähigen Alter, die dem Arbeitsmarkt „uneingeschränkt<br />
zur Verfügung stehen“, wurde auf rd. 30% <strong>der</strong> Empfänger eingeschätzt,<br />
hochgerechnet sind dies ca. 450 Personen. Ein Teil davon (rd. 230 Personen bzw. 41<br />
% <strong>der</strong> Personen, die uneingeschränkt zur Verfügung stehen) ist bereits erwerbstätig,<br />
aber auf Grund niedriger Entlohnung, Teilzeitbeschäftigung o<strong>der</strong> eines hohen Bedarfs<br />
dennoch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Für diese Teilgruppe<br />
wäre ein Ausstieg aus <strong>der</strong> Sozialhilfe durch Ausweitung <strong>der</strong> Beschäftigung o<strong>der</strong> durch<br />
eine besser entlohnte Stelle möglich, sofern entsprechende Arbeitsplätze zur Verfügung<br />
stehen. Weitere rd. 70 Hilfeempfänger waren am Stichtag <strong>der</strong> Statistikerhebung<br />
in Ausbildung. Bei den übrigen rd. 150 Hilfeempfängern im arbeitsfähigen Alter erscheint<br />
eine verstärkte Bemühung zur Vermittlung in eine Erwerbstätigkeit aussichtsreich.<br />
Dies gilt kaum für die 43% <strong>der</strong> Hilfeempfänger im Alter zwischen 15 und 59 Jahren, die<br />
als nur „eingeschränkt arbeitsfähig“ (wegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen,<br />
häuslicher Bindung u.a.) eingeschätzt werden. Außerdem waren 14% wegen schwerer<br />
Krankheit o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung gar nicht arbeitsfähig und für weitere 13% steht eine Arbeitsvermittlung<br />
nicht unmittelbar zur Debatte, da sie zurzeit in schulischer Ausbildung<br />
o<strong>der</strong> in einer Hilfe-zur-Arbeit-Maßnahme sind.<br />
3.3 Vermittlungshemmnisse und Wege zur Selbstständigkeit<br />
Die Chancen zur Aufnahme einer Beschäftigung hängen in starkem Maße von <strong>der</strong><br />
Qualifikation ab. Wichtig ist hierfür vor allem das Niveau <strong>der</strong> schulischen und beruflichen<br />
Ausbildung (vgl. hierzu Teil 4), aber darüber hinaus spielen auch weitere Faktoren<br />
eine Rolle, die teils durch die Persönlichkeit und teils durch die Lebenslage beeinflusst<br />
werden.<br />
Vermittlungshemmnisse<br />
Vor allem die Tatsache, dass nur je<strong>der</strong> zweite Sozialhilfeempfänger überhaupt einen<br />
beruflichen Abschluss hat, dürfte ein erhebliches Beschäftigungshemmnis darstellen.<br />
Allerdings garantieren auch höhere berufliche Abschlüsse nicht immer gute Arbeitsmarktchancen,<br />
vor allem wenn an<strong>der</strong>e Hemmnisse wie z.B. psychische Krankheit o<strong>der</strong><br />
die „häusliche Bindung“ von allein Erziehenden eine Beschäftigungsaufnahme erschweren.<br />
Solche Hemmnisse, die zur fehlenden schulischen und beruflichen Abschlüssen hinzu<br />
kommen können, sind in erster Linie <strong>der</strong> Faktor „Alter“ bzw. eine schon lange bestehende<br />
Arbeitslosigkeit (19%), (meist bei allein Erziehenden) häusliche Bindung (19%)<br />
42
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
und gesundheitliche Einschränkungen bzw. Behin<strong>der</strong>ungen (16%). Hier zeigt sich eine<br />
gewisse Parallele zu den Ursachen des Sozialhilfebezugs, die ebenfalls in bestimmten<br />
familiären Situationen und gesundheitlichen Einschränkungen gesehen werden.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Auswertungen <strong>der</strong> „Hilfe zur Arbeit“ wurde die mangelnde berufliche<br />
Qualifikation am häufigsten als Vermittlungshemniss genannt. 20<br />
Abbildung 17:<br />
Vermittlungshemmnisse<br />
Bericht "Hilfe zur Arbeit" 2000 (N = 167, Mehrfachnennungen)<br />
49%<br />
keine Berufsausbildung<br />
46%<br />
kein Führerschein<br />
32%<br />
gesundheitliche Einschränkungen<br />
19%<br />
Sprachprobleme<br />
16%<br />
Suchtabhängigkeit<br />
15%<br />
mangelnde Schulbildung<br />
14%<br />
Alleinerziehung/ häusl. Bindung<br />
10%<br />
Alter/ Langzeitarbeitslosigkeit<br />
10%<br />
Überschuldung<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bericht 2000: Hilfe zur Arbeit nach dem<br />
BSHG<br />
Bei Aussiedlern und Flüchtlingen stehen sprachliche Schwierigkeiten und unzureichende<br />
Qualifikationen im Vor<strong>der</strong>grund. Für einen kleineren Teil <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger<br />
sind psychische Probleme und Motivationsprobleme sowie Suchtabhängigkeit<br />
zu nennen.<br />
Überwindungsmöglichkeiten<br />
Die genannten Vermittlungshemmnisse, die eine Arbeitsaufnahme erschweren, scheinen<br />
also in vielen Fällen auch Ursachen des Sozialhilfebezugs zu sein, denn auch un-<br />
20<br />
Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bericht 2000: Hilfe zur Arbeit nach dem<br />
BSHG, <strong>Konstanz</strong> 2001, S. 7<br />
43
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
ter den Möglichkeiten zur Überwindung des Sozialhilfebezugs nimmt die Arbeitsaufnahme<br />
eine vorrangige Stellung ein.<br />
Wenn die Sachbearbeiter danach gefragt werden, welche Möglichkeit sie zur Überwindung<br />
des Hilfebezugs sehen, so ist allerdings die häufigste Nennung, dass zurzeit keine<br />
Möglichkeit gesehen wird (41% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften; Ergebnis <strong>der</strong> Aktenanalyse<br />
2001). Aussiedlern wird eine solche Aussichtslosigkeit allerdings (mit 9%) in<br />
deutlich geringerem Maße attestiert.<br />
• Für insgesamt gut die Hälfte <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften bedeutet die Aufnahme<br />
(für 37% genannt) o<strong>der</strong> Ausweitung einer Erwerbstätigkeit (für 15% genannt) eine<br />
geeignete Möglichkeit zur Überwindung des Hilfebezugs, bei Aussiedlern und Auslän<strong>der</strong>n<br />
wird darin sogar für 2/3 <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften <strong>der</strong> Schwerpunkt gesehen.<br />
• Eine Qualifizierungsmaßnahme wäre für 21% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften <strong>der</strong> geeignete<br />
Weg, auch dies gilt beson<strong>der</strong>s für Aussiedler.<br />
• Die Realisierung von Unterhaltsansprüchen und sonstigen vorrangigen Ansprüchen<br />
wird in zusammen 15% <strong>der</strong> Fälle als Ausweg aus <strong>der</strong> Sozialhilfe gesehen.<br />
• Ein Sprachkurs (insgesamt 7%) wird insbeson<strong>der</strong>e bei Flüchtlingen (dort 33%) und<br />
Aussiedlern (23%) für hilfreich gehalten.<br />
• Der größte Teil <strong>der</strong> „sonstigen Möglichkeiten“ (9%) bezieht sich auf Suchtkranke<br />
und sieht demnach Entzug und Therapien als vorrangigen Weg zur Überwindung<br />
<strong>der</strong> Sozialhilfe an. Des Weiteren empfehlen die Sachbearbeiter/innen eine Unterstützung<br />
bei <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung vor allem für allein Erziehende.<br />
Die folgende Grafik lässt erkennen, dass gerade bei Aussiedlern zwar viele Defizite<br />
genannt, aber auch viele Ansatzpunkte zur Überwindung gesehen werden.<br />
44
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 18:<br />
Möglichkeiten zur Überwindung<br />
des Hilfebezugs<br />
zurzeit keine Möglichkeit<br />
Arbeitsaufnahme<br />
Ausweitung <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit<br />
Qualifizierung<br />
Sprachkurs<br />
Realis. von Unterhaltsansprüchen<br />
Realis. sonst. vorrangiger Ansprüche<br />
sonstige Möglichkeit<br />
9%<br />
15%<br />
14%<br />
7%<br />
10%<br />
9%<br />
5%<br />
14%<br />
9%<br />
9%<br />
21%<br />
23%<br />
37%<br />
41%<br />
41%<br />
50%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
gesamt<br />
Aussiedler<br />
Um das Selbsthilfepotenzial des Hilfeempfängers zu aktivieren, könnte eine intensive<br />
Beratung hilfreich sein. Relativ zuversichtlich hinsichtlich des Selbsthilfepotenzials<br />
werden 46% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften eingeschätzt, während für immerhin 12% das<br />
eher negative Urteil „keine Aussicht auf Erfolg“ gefällt wird. Ein Beratungserfor<strong>der</strong>nis<br />
wird bei jeweils 22% <strong>der</strong> deutschen Bedarfsgemeinschaften deutlich bzw. eventuell<br />
gesehen. In 45% <strong>der</strong> Fälle ist eine solche Beratung nicht erfor<strong>der</strong>lich, während bei 11%<br />
<strong>der</strong> deutschen Bedarfsgemeinschaften keine Aussicht auf Erfolg gesehen wird.<br />
45
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 19:<br />
Beratungsbedarf<br />
nach Nationalität<br />
ja<br />
eventuell<br />
22%<br />
18%<br />
22%<br />
22%<br />
18%<br />
21%<br />
21%<br />
27%<br />
Deutsche<br />
Aussiedler<br />
Auslän<strong>der</strong><br />
gesamt<br />
nicht erfor<strong>der</strong>lich<br />
45%<br />
41%<br />
45%<br />
51%<br />
keine Erfolgsaussicht<br />
11%<br />
14%<br />
10%<br />
12%<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Eine höhere Effektivität wird <strong>der</strong> Beratung von Aussiedlern beigemessen, hier wird in<br />
27% <strong>der</strong> Fälle eine Beratung für sinnvoll gehalten. Allerdings ist auch <strong>der</strong> Anteil, bei<br />
dem eine Beratung aussichtslos erscheint, bei den Aussiedlern mit 14% am höchsten.<br />
Unterdurchschnittlich werden die Erfolgsaussichten <strong>der</strong> Beratung bei Auslän<strong>der</strong>n eingeschätzt,<br />
was vor allem daran liegt, dass in <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Fälle eine solche Beratung<br />
nicht erfor<strong>der</strong>lich sei.<br />
3.4 Hilfe zur Arbeit in <strong>Konstanz</strong><br />
Die Strukturen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit wurden im Landkreis und in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> in<br />
den letzten Jahren zielgerichtet weiter entwickelt:<br />
• Die zentrale Arbeitsgruppe „Berufliche Einglie<strong>der</strong>ung / Hilfe zur Arbeit“ betreibt Arbeitsvermittlung<br />
im Sinne eines Case Management, indem sie „systematisch, gezielt<br />
und möglichst passgenau die Fähigkeiten und Fertigkeiten arbeitssuchen<strong>der</strong><br />
Hilfebezieher/innen und die vorhandenen o<strong>der</strong> durch gezielte Ansprache von Arbeitgebern<br />
angebotenen Arbeitsplätze“ zusammen führt (HZA 2001: 5).<br />
46
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• Die Anbieter von Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Bildungsmaßnahmen haben<br />
sich zu einem Trägerverbund zusammen geschlossen, um auch auf <strong>der</strong> Angebotsseite<br />
eine bessere Abstimmung und Vernetzung zu erreichen.<br />
Die Leistungen <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Hilfe zur Arbeit bestehen aus drei Komplexen (HZA<br />
2001: 6 ff):<br />
• Im Vorfeld <strong>der</strong> Vermittlungsbemühungen steht eine genaue Bestandsaufnahme <strong>der</strong><br />
Fähigkeiten und Probleme des Klienten sowie seiner spezifischen Lebenssituation.<br />
Ein Ergebnis ist die Zuordnung zu 5 abgestuften Kategorien <strong>der</strong> Vermittelbarkeit, an<br />
<strong>der</strong> sich die Suche nach einer geeigneten Beschäftigung orientieren kann.<br />
• Den Kernbereich bilden die Versuche zur Vermittlung auf den 1. o<strong>der</strong> 2. Arbeitsmarkt,<br />
in eine Beschäftigungsmaßnahme im Rahmen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit o<strong>der</strong> in eine<br />
Schulungs- bzw. Qualifizierungsmaßnahme (zu den Beschäftigungsangeboten<br />
vgl. HZA 2001: 8 f).<br />
• Den dritten Schritt bildet eine Beobachtung des Beschäftigungsverlaufs und eine<br />
Auswertung <strong>der</strong> Vermittlungserfolge.<br />
Das Spektrum <strong>der</strong> Kooperationspartner, denen arbeitsfähige Klienten vermittelt werden,<br />
reicht von Firmen des ersten Arbeitsmarktes über Zeitarbeitsfirmen bis zu Beschäftigungsgesellschaften<br />
und Bildungsträgern. Im Einzelnen werden folgende Leistungsbausteine<br />
<strong>der</strong> Kooperationspartner genannt:<br />
• Qualifizierung und Arbeitnehmerüberlassung: Gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung<br />
im bfz, Man-Power<br />
• Gemeinnützige und zusätzliche Arbeiten: kommunale Behörden, Wohlfahrtsverbände,<br />
Krankenhäuser, TBK-Projekt, Neue Arbeit, Fairkauf<br />
• Versicherungspflichtige Beschäftigung mit Sozialbetreuung: Neue Arbeit, Fairkauf,<br />
AGJ<br />
• Qualifizierungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt: JoB-Master,<br />
Jugend-Arbeit-Zukunft, Gewerbeakademie/ Handwerkskammer („Fidelia“)<br />
• Tagesstrukturierung: AGJ, Krankenhaus, Tagestreff „Die Brücke“. 21<br />
21<br />
Im weiteren Umfeld sind außerdem Qualifizierungsangebote zu nennen, die zum Teil in<br />
Kooperation mehrerer Organisationen angeboten werden. Beispiele dafür sind die „<strong>Konstanz</strong>er<br />
Lehr- und Lerntage“ des För<strong>der</strong>kreises Wirtschaft im Landkreis <strong>Konstanz</strong> und das<br />
Projekt „Selbstgesteuertes Lernen am praktischen Beispiel“, das die Impuls Lernagentur<br />
in Zusammenarbeit mit Volkshoschschule, Gewerbeschule, Handwerkskammer und<br />
Fachhochschule <strong>Konstanz</strong> konzipiert hat.<br />
47
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Im Verlauf des Jahres 2000 wurden 372 Vermittlungsversuche unternommen, von denen<br />
211 (56%) erfolgreich waren (HZA 2001: 10). An erster Stelle standen sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigungsmaßnahmen (59 Personen bzw. 16% <strong>der</strong> Vermittlungsversuche),<br />
gefolgt von Vermittlungen auf den 1. Arbeitsmarkt (34 Personen bzw.<br />
9% <strong>der</strong> Vermittlungsversuche), in Beschäftigungsmaßnahmen mit Mehraufwandsentschädigung<br />
(33 Personen bzw. 9% <strong>der</strong> Vermittlungsversuche) und Arbeitstrainingsmaßnahmen<br />
(31 Personen bzw. 8% <strong>der</strong> Vermittlungsversuche).<br />
Im Zuge <strong>der</strong> Auswertungen wurde auch die Beobachtung gemacht, dass die Vermittlungsbemühungen<br />
nicht beliebig steigerbar sind, son<strong>der</strong>n an eine Grenze stoßen,<br />
wenn <strong>der</strong> besser qualifizierte Teil <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger bereits vermittelt ist und<br />
man sich den Personengruppen mit größeren Vermittlungshemmnissen zuwendet<br />
(HZA 2001: 10). Eine solche „Erschöpfung“ <strong>der</strong> Hilfemöglichkeiten wird durch den objektiven<br />
Faktor eines sich verschlechternden Arbeitsmarktes verstärkt.<br />
Die meisten Teilnehmer an Maßnahmen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit wurden im Laufe des Jahres<br />
2000 in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse auf dem 2. Arbeitsmarkt<br />
nach § 19 Abs. 2 Alt. 1 BSHG vermittelt (35%). An zweiter Stelle stehen<br />
Mehraufwandsentschädigungen nach § 19 Abs. 2 Alt. 2 BSHG und Arbeitgeberzuschüsse<br />
nach § 18 Abs. 4 BSHG, auf die jeweils ein Anteil von 20% entfiel. Arbeitstrainingsmaßnahmen<br />
nach § 20 BSHG machten in diesem Zeitraum 18% <strong>der</strong> Vermittlungen<br />
aus, während an Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen nur einzelne Hilfeempfänger<br />
teilnahmen. Die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 1 sowie<br />
Arbeitnehmerzuschüsse nach § 18 Abs. 5 BSHG spielten im untersuchten Jahr<br />
keine Rolle.<br />
48
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 20:<br />
Teilnehmer an Maßnahmen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit<br />
HzA-Bericht <strong>Konstanz</strong> (Jahr 2000)<br />
Arbeitgeberzuschuss (§ 18 Abs. 4 BSHG)<br />
20%<br />
Arbeitsentgelt (§ 19 Abs. 2, 1. Alt.)<br />
35%<br />
Mehraufwandsentschädigung (§ 19 Abs. 2, 2. Alt.)<br />
20%<br />
Prüfung d. Arbeitsbereitschaft (§ 20 BSHG)<br />
18%<br />
Qualifizierungsmaßnahmen<br />
1%<br />
Umschulung durch Arbeitsamt 5%<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bericht 2000: Hilfe zur Arbeit nach dem<br />
BSHG<br />
Auch <strong>der</strong> Frage, wohin die Teilnehmer nach Beendigung <strong>der</strong> Maßnahmen vermittelt<br />
wurden, geht <strong>der</strong> HzA-Bericht des Sozialamtes <strong>Konstanz</strong> nach. Das Sozialamt verfolgt<br />
bei <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit ein stufenweises Einglie<strong>der</strong>ungskonzept. Diesen Auswertungen<br />
zufolge wurden von Teilnehmern <strong>der</strong> im Jahr 2000 abgeschlossenen Maßnahmen<br />
insgesamt 46% auf den 1. Arbeitsmarkt vermittelt (und zwar 71% von den Teilnehmern,<br />
<strong>der</strong>en Maßnahme auch auf dem 1. Arbeitsmarkt durchgeführt worden war), 26%<br />
wurden im Anschluss auf dem 2. Arbeitsmarkt beschäftigt, 10% bezogen Lohnersatzleistungen<br />
und 9% wechselten in eine Projektteilnahme über. Davon konnten von den<br />
Teilnehmern, die über eine gemeinnützige Tätigkeit an den Arbeitsmarkt herangeführt<br />
werden, mit Lohnkostenzuschüssen 6 % in den ersten und 26 % in den zweiten Arbeitsmarkt<br />
vermittelt werden. Insgesamt leben 66 Teilnehmer jetzt unabhängig von<br />
Sozialhilfe.<br />
49
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 11:<br />
Vermittlungserfolge nach Maßnahmen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit<br />
Auswertungen des Sozialamts <strong>Konstanz</strong> (Mai 2001, S.13)<br />
Art <strong>der</strong> HzA-Maßnahme<br />
Nach Abschluss <strong>der</strong> Maßnahme<br />
vermittelt in:<br />
1. Arbeitsmarkt 2.Arbeitsmarkt<br />
Mehraufwandsentschädigung<br />
Arbeitsaufnahme 1.Arbeitsmarkt 17 60,7% 29 47,5% 6 8,7%<br />
darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU 3<br />
SH För<strong>der</strong>ung Lohnkosten 10 2<br />
Beschäftigung 2. Arbeitsmarkt 0 0% 2 3,3% 27 39,1%<br />
darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU<br />
SH För<strong>der</strong>ung Lohnkosten 2 27<br />
Projektteilnahme Arbeitsamt 1 3,6% 4 6,6% 1 1,4%<br />
darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU 1 2 1<br />
SH För<strong>der</strong>ung Lohnkosten<br />
Wechsel in TBK-Projekt 1 3,6% 1 1,6% 1 1,4%<br />
darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU 1 1 1<br />
SH För<strong>der</strong>ung Lohnkosten<br />
Bezug von Lohnersatzleistungen 2 7,1% 8 13,1% 1 1,4%<br />
darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU 1 2<br />
SH För<strong>der</strong>ung Lohnkosten<br />
Aus <strong>der</strong> HzA-Maßnahme<br />
4 14,3% 11 18,0% 33 47,8%<br />
ausgeschieden aus gesundheitlichen<br />
o<strong>der</strong> sonstigen<br />
Gründen, darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU 2 5 30<br />
Verbleib unbekannt 3 10,7% 6 9,8%<br />
Teilnehmer zusammen 28 61 69<br />
darunter:<br />
mit ergänzen<strong>der</strong> HLU 8 10 32<br />
SH För<strong>der</strong>ung Lohnkosten 0 12 29<br />
Aus <strong>der</strong> SH ausgeschieden 20 Teilnehmer 39 Teilnehmer 8 Teilnehmer<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bericht 2000: Hilfe zur Arbeit nach dem<br />
BSHG<br />
50
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
4. Schulische Bildung und berufliche Qualifikation<br />
4.1 Schulausbildung<br />
Entscheidend für die zukünftigen Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
ist ihre schulische Ausbildung. Eine statistische Auswertung <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Schülerinnen<br />
und Schüler des Schuljahres 2000/ 2001 ergibt, dass Jungen auf weiterführenden<br />
Schulen größere Schwierigkeiten haben als Mädchen: Während in <strong>der</strong> Grundschule die<br />
Geschlechterrelation noch ausgewogen ist, steigt <strong>der</strong> Mädchenanteil in weiterführenden<br />
Schulen über 52% in <strong>der</strong> Realschule bis zu 55% im Gymnasium. Dies entspricht<br />
auch bundesweiten Ergebnissen.<br />
Als beson<strong>der</strong>s schwierig erweist sich auf Grund dieser Analyse die Situation <strong>der</strong> ausländischen<br />
Kin<strong>der</strong>. Deren Anteil von 18% in <strong>der</strong> Grundschule steigt in <strong>der</strong> Hauptschule<br />
auf fast ein Drittel an. In <strong>der</strong> Realschule sind sie dagegen mit 10% und im Gymnasium<br />
mit 6% <strong>der</strong> Schüler zunehmend unterrepräsentiert. Die För<strong>der</strong>schule wird zu über 50%<br />
von ausländischen Schülern in Anspruch genommen. Auch diese Tendenz lässt sich<br />
bundesweit beobachten, wenn auch auf niedrigerem Niveau, da <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil<br />
unter den Schülern, wie auch an <strong>der</strong> Bevölkerung insgesamt, mit 9% niedriger als in<br />
<strong>Konstanz</strong> liegt. 22 In <strong>der</strong> Grundschule liegt <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil bundesweit bei 11%, in<br />
<strong>der</strong> Hauptschule bei 15%. In den weiter führenden Schulen sinkt er auf 6% (Realschule)<br />
bzw. 4% (Gymnasium) ab.<br />
Hohe Auslän<strong>der</strong>anteile in <strong>der</strong> Wohnbevölkerung finden sich z.B. in den <strong>Stadt</strong>teilen Petershausen-West<br />
(20%), Königsbau (22%), Fürstenberg und Altstadt (jeweils 14%).<br />
Dies spiegelt sich auch in den Auslän<strong>der</strong>anteilen <strong>der</strong> dort ansässigen Grundschulen<br />
wi<strong>der</strong>, da diese in <strong>der</strong> Regel den umgebenden Wohnbezirk als Einzugsgebiet haben.<br />
Sehr hohe Anteile ausländischer Schülerinnen und Schüler werden an <strong>der</strong> Gebhard-<br />
Schule in Petershausen (35%) und an <strong>der</strong> Berchen-Grundschule in Wollmatingen<br />
(43%) unterrichtet, außerdem weisen die Grundschulen in Altstadt, Paradies und Königsbau<br />
überdurchschnittliche Auslän<strong>der</strong>anteile auf. Beson<strong>der</strong>s niedrig ist <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil<br />
dagegen in den Schulen in Allmannsdorf (7%) sowie Litzelstetten, Dingelsdorf<br />
und Dettingen (2% - 5%). In diesen <strong>Stadt</strong>teilen liegt auch <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil in <strong>der</strong><br />
Gesamtbevölkerung in dieser Größenordnung.<br />
22<br />
Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.): Erster Armuts- und<br />
Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung, Bonn 2001, S. 121<br />
51
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 12:<br />
Schuljahr 2000/01 nach Geschlecht und Nationalität<br />
Mädchen- Auslän<strong>der</strong><br />
Schulart Gesamt anteil in % insgesamt in %<br />
Grundschule 2.589 48,7 476 18,4<br />
Altstadt/ Paradies 693 53,0 128 18,5<br />
Stephan (Altstadt) 298 42,6 47 15,8<br />
Wallgut (Paradies) 267 41,9 51 19,1<br />
Zoffingen (Altstadt) 128 100,0 30 23,4<br />
Petershausen/ Königsbau 608 47,2 143 23,5<br />
Gebhard (Petershausen) 204 44,6 71 34,8<br />
Sonnenhalde (Königsbau) 404 48,5 72 17,8<br />
Allmannsdorf 230 44,8 16 7,0<br />
Haidelmoos (Fürstenberg) 267 46,1 50 18,7<br />
Wollmatingen 409 46,0 123 30,1<br />
Berchen (Wollmatingen) 184 46,7 79 42,9<br />
Wollmatingen 225 45,3 44 19,6<br />
Litzelstetten 137 49,6 7 5,1<br />
Dingelsdorf 94 47,9 2 2,1<br />
Dettingen 151 53,0 7 4,6<br />
Hauptschule 969 47,5 300 31,0<br />
Altstadt 266 61,7 111 41,7<br />
Stephan 143 28,7 73 51,0<br />
Zoffingen 123 100,0 38 30,9<br />
Gebhard 200 47,0 79 39,5<br />
Berchen 161 43,5 60 37,3<br />
Dettingen 100 44,0 7 7,0<br />
Geschwister-Scholl 242 36,4 43 17,8<br />
Realschule 1.352 51,9 130 9,6<br />
Mädchenrealschule Zoffingen 352 100,0 42 11,9<br />
Theodor-Heuss-Realschule 509 30,1 67 13,2<br />
Geschwister-Scholl 491 40,1 21 4,3<br />
Gymnasium 2.661 54,5 148 5,6<br />
Alexan<strong>der</strong>-von-Humboldt 939 41,4 66 7,0<br />
Ellenrie<strong>der</strong> 561 78,8 37 6,6<br />
Heinrich-Suso 508 56,5 24 4,7<br />
Geschwister-Scholl 653 50,8 21 3,2<br />
För<strong>der</strong>schule Comenius 102 39,2 55 53,9<br />
Gesamt 7.673 51,0 1.109 14,5<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, eigene Berechnungen<br />
Übergang zu weiter führenden Schulen<br />
Der Übergang von <strong>der</strong> Grundschule zu einer weiter führenden Schule bildet eine zentrale<br />
Schnittstelle, an <strong>der</strong> die weiteren Lebenschancen maßgeblich vorgezeichnet werden.<br />
Zwar sind auch spätere Übergänge möglich, wie z.B. <strong>der</strong> Übergang auf das Gymnasium<br />
nach Abschluss <strong>der</strong> Realschule o<strong>der</strong> später auf dem zweiten Bildungsweg<br />
nachgeholte Abschlüsse. Während zwischen Realschule und Gymnasium eine gewisse<br />
Fluktuation in beide Richtungen besteht (aber eben zwischen weiter führenden<br />
52
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Schulen), spielen nachträgliche Übergänge, die von <strong>der</strong> Hauptschule aus gelingen,<br />
statistisch eine vergleichsweise geringe Rolle, sodass <strong>der</strong> hohe Stellenwert <strong>der</strong> Weichenstellung<br />
zwischen Grund- und weiter führen<strong>der</strong> Schule dadurch nicht geschmälert<br />
wird.<br />
Der bundesweiten Schülerstatistik sind keine Angaben zu Übergängen auf weiter führende<br />
Schulen zu entnehmen. Diese liegen aber für <strong>Konstanz</strong> vor, und die zuvor aufgezeigten<br />
Unterschiede zwischen den <strong>Stadt</strong>teilen lassen sich auch in dieser Hinsicht<br />
beobachten. 23<br />
Tabelle 13:<br />
Übergänge auf weiterführende Schulen zum Schuljahr 2000/01<br />
Aufnehmende weiterführende Schule<br />
Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamt<br />
Abgebende Grundschule<br />
Paradies/ Altstadt 48 46 73 167<br />
in % 28,7 27,5 43,7 28,1<br />
Petershausen/ Königsbau 66 44 69 179<br />
in % 36,9 24,6 38,5 30,1<br />
Allmannsdorf, Staad/ Egg 7 9 48 64<br />
in % 10,9 14,1 75,0 10,8<br />
Fürstenberg 16 25 31 72<br />
in % 22,2 34,7 43,1 12,1<br />
Wollmatingen, Industriegebiet 35 25 38 98<br />
in % 35,7 25,5 38,8 16,5<br />
Litzelstetten 3 11 18 32<br />
in % 9,4 34,4 56,3 5,4<br />
Dingelsdorf 5 11 14 30<br />
in % 16,7 36,7 46,7 5,0<br />
Dettingen 5 16 22 43<br />
in % 11,6 37,2 51,2 7,2<br />
Gesamt 185 187 313 685<br />
in % 27,0 27,3 45,7 100,0<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, eigene Berechnungen<br />
Durchschnittlich gehen nach Ende <strong>der</strong> Grundschulzeit 46% <strong>der</strong> Schüler zum Gymnasium<br />
und 27% zur Realschule, während 27% nur die Hauptschule besuchen. In Petershausen,<br />
Königsbau, Wollmatingen und Industriegebiet liegen die Anteile <strong>der</strong> Hauptschüler<br />
mit 36% - 37% am höchsten; von dort gehen nur 38% - 39% zum Gymnasium.<br />
Dagegen besuchen aus Litzelstetten, Dingelsdorf und Dettingen durchschnittlich nur<br />
23<br />
In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass Schüler/innen auch von<br />
außerhalb <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> Schulen in <strong>Konstanz</strong> besuchen; lt. Schulentwicklungsplan versorgen<br />
die weiterführenden Schulen in <strong>Konstanz</strong> rd. 17% auswärtiger Schüler. Vgl. Projektgruppe<br />
Bildung und Region, Schulentwicklungsplan <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bonn 2001<br />
53
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
12% die Hauptschule, aber 51% das Gymnasium. In Allmannsdorf, Staad und Egg<br />
gehen sogar 75% zum Gymnasium gegenüber 11% Hauptschülern.<br />
Schulbildung und Armut<br />
Ein zunehmend gravierendes Problem stellt die Verweigerung des Schulbesuchs bzw.<br />
das Scheitern selbst bei niedrigen Abschlüssen dar. Die Analyse <strong>der</strong> Sozialhilfeakten<br />
ergibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen mangelhafter Schulbildung und<br />
späteren Armutsrisiken. Von den erwachsenen Sozialhilfebeziehern, <strong>der</strong>en Schulabschluss<br />
bekannt ist und die nicht mehr in Ausbildung sind, haben 13% keinen schulischen<br />
Abschluss und die Hälfte hat lediglich einen Hauptschulabschluss. Diese Anteile<br />
spiegeln weitgehend die Bildungsstruktur <strong>der</strong> Sozialhilfebezieher auf Bundesebene<br />
wi<strong>der</strong>, während in <strong>der</strong> gesamten erwachsenen Bevölkerung die Anteile mit Hauptschulabschluss<br />
etwas geringer (45%) und die ohne Abschluss (3%) deutlich geringer<br />
sind.<br />
Abbildung 21:<br />
Schulabschluss<br />
<strong>der</strong> erwachsenen Hilfebezieher<br />
kein Schulabschluss<br />
3%<br />
13%<br />
13%<br />
Hauptschulabschluss<br />
45%<br />
50%<br />
51%<br />
Realschule<br />
20%<br />
19%<br />
31%<br />
16%<br />
(Fach)Hochschule<br />
8%<br />
22%<br />
sonst. Schulabschluss<br />
2%<br />
1%<br />
8%<br />
Sozialhilfeakten <strong>Konstanz</strong><br />
Sozialhilfe Deutschland<br />
Bevölkerung Deutschland<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Auffällig ist <strong>der</strong> hohe Anteil von höher gebildeten Hilfeempfängern in <strong>Konstanz</strong>. 16%<br />
<strong>der</strong> erwachsenen Hilfeempfänger verfügen über die Fachhochschul- o<strong>der</strong> Hochschulreife,<br />
dieser Anteil ist doppelt so hoch wie in <strong>der</strong> bundesweiten Sozialhilfestatistik. Dies<br />
dürfte durch den universitären Charakter <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> bedingt sein.<br />
54
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
4.2 Berufliche Qualifikation<br />
Doch die schulische Ausbildung ist nur ein Indikator unter an<strong>der</strong>en; von starker Relevanz<br />
für die Beschäftigungschancen ist vor allem <strong>der</strong> berufliche Abschluss. Keinen<br />
Berufsabschluss hat etwa die Hälfte aller erwachsenen Hilfebezieher, <strong>der</strong>en Berufsabschluss<br />
bekannt ist und die nicht mehr in Ausbildung sind. Dieses Ergebnis, das in<br />
<strong>Konstanz</strong> nur wenig niedriger als im Bundesdurchschnitt ausfällt, dürfte ein wichtiger<br />
Einflussfaktor für die geringen Beschäftigungschancen sein.<br />
Abbildung 22:<br />
Berufsabschluss<br />
<strong>der</strong> erwachsenen Hilfebezieher<br />
kein berufl. Abschluss<br />
20%<br />
48%<br />
53%<br />
abgeschl. Lehre/ berufl.-schul Ausb.<br />
35%<br />
37%<br />
56%<br />
Fachabschluss<br />
2%<br />
4%<br />
9%<br />
(Fach)Hochschulabschluss<br />
4%<br />
8%<br />
15%<br />
sonst. berufl. Abschluss<br />
5%<br />
5%<br />
Sozialhilfeakten <strong>Konstanz</strong><br />
Sozialhilfe Deutschland<br />
Bevölkerung Deutschland<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Eine abgeschlossene Lehre bzw. eine beruflich-schulische Ausbildung haben zusammen<br />
35% <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Sozialhilfeempfänger; bundesweit liegt dieser Anteil unter<br />
den Sozialhilfeempfängern in ähnlicher Höhe, während er unter <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung<br />
deutlich höher ist. Höhere berufliche Abschlüsse (Fachabschluss wie Meister o<strong>der</strong><br />
Techniker, Fachhochschul- o<strong>der</strong> Hochschulabschluss) haben 12% <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger<br />
in <strong>Konstanz</strong>, dieser Anteil ist doppelt so hoch wie unter den Sozialhilfeempfänger<br />
in Deutschland insgesamt, aber nur halb so hoch wie in <strong>der</strong> bundesdeutschen Bevölkerung.<br />
55
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
5. Familiäre Netzwerke und <strong>der</strong>en Entlastung<br />
„Kin<strong>der</strong>armut“ bildet ein Reizwort in <strong>der</strong> Armutsdiskussion, wobei die hohen Anteile von<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen mit Sozialhilfebezug als Beleg angeführt werden. Erschwerte<br />
Lebensbedingungen beschränken sich aber nicht nur auf den (häufig durch Alleinerziehung<br />
bedingten) Sozialhilfebezug, son<strong>der</strong>n durchziehen weitere Bereiche wie Bildungschancen,<br />
Erziehungsschwierigkeiten und Nutzung von Freizeitangeboten. Entsprechend<br />
umfassend müssen auch Handlungskonzepte angelegt sein, mit denen auf<br />
eine Verbesserung <strong>der</strong> Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen hingewirkt<br />
werden soll, um Benachteiligungen abbauen und för<strong>der</strong>nde Strukturen weiter ausbauen<br />
(unter Umständen auch räumlich breiter streuen) zu können.<br />
5.1 Kin<strong>der</strong> und Jugendliche im Sozialhilfebezug<br />
Familien mit Kin<strong>der</strong>n als Bezieher <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
Über ein Drittel <strong>der</strong> Bezieher laufen<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen<br />
in Deutschland sind unter 18 Jahren alt. Diese Relation stellt sich in <strong>Konstanz</strong>,<br />
wo 31% <strong>der</strong> Hilfeempfänger Kin<strong>der</strong> und Jugendliche unter 18 Jahren sind, nicht<br />
ganz so ausgeprägt dar. Angesichts eines Bevölkerungsanteils dieser Altersgruppe<br />
von nur 14% sind sie in <strong>der</strong> Sozialhilfe deutlich überrepräsentiert.<br />
Tabelle 14:<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche im Sozialhilfebezug<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, 31. 12. 2001<br />
Bevölkerung HLU-Bezug von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
Altersgruppe insgesamt Anzahl HLU-Quote SH-Akten<br />
unter 4 Jahren 1.959 211 10,8% 13,5%<br />
4 bis 7 Jahre 2.705 198 7,3% 8,7%<br />
8 bis 17 Jahre 6.554 448 6,8% 7,6%<br />
zusammen 11.218 857 7,6% 8,9%<br />
Personen insgesamt 79.883 2.742 3,4% 3,4%<br />
Kin<strong>der</strong>anteil 14% 31% 34%<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001; Sozialhilfe-Aktenanalyse des <strong>ISG</strong> 2001;<br />
Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Während die HLU-Quote <strong>der</strong> gesamten wohnberechtigten Bevölkerung in <strong>Konstanz</strong><br />
3,4% beträgt (Stand: Dezember 2001), sind durchschnittlich 7,6% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Ju-<br />
56
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
gendlichen auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen (gegenüber einer Quote von 9%<br />
in Deutschland insgesamt). Am höchsten ist die HLU-Quote bei Kin<strong>der</strong>n bis unter 4<br />
Jahren: Jedes 10. Kind in diesem Alter lebt in einem Haushalt mit HLU-Bezug. 24<br />
Was sind die Ursachen für diesen Befund? Häufig wird in diesem Zusammenhang auf<br />
hohe Auslän<strong>der</strong>anteile an <strong>der</strong> Bevölkerung verwiesen: Ausländische Haushalte haben<br />
in <strong>der</strong> Regel mehr Kin<strong>der</strong> und einen niedrigeren Lebensstandard als deutsche Haushalte.<br />
Daher ist die HLU-Quote <strong>der</strong> ausländischen Bevölkerung insgesamt deutlich<br />
höher als die <strong>der</strong> deutschen. Dies wirkt sich auch auf die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen aus:<br />
Während die deutschen Kin<strong>der</strong> in <strong>Konstanz</strong> eine HLU-Quote von 6% aufweisen, liegt<br />
sie bei den ausländischen Kin<strong>der</strong>n bei 16%, in <strong>der</strong> Altersgruppe unter vier Jahren sogar<br />
über 20%.<br />
Tabelle 15:<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche im Sozialhilfebezug nach Nationalität<br />
Bevölkerung darunter:<br />
darunter mit HLU-Bezug (Hochrechnung)<br />
Altersgruppe insgesamt Deutsche Auslän<strong>der</strong> Deutsche Quote Auslän<strong>der</strong> Quote<br />
unter 4 Jahren 1.959 86,7% 13,3% 152 9,0% 59 22,6%<br />
4 bis 7 Jahre 2.705 86,5% 13,5% 137 5,8% 61 16,7%<br />
8 bis 17 Jahre 6.554 85,8% 14,2% 317 5,6% 131 14,1%<br />
zusammen 11.218 86% 14% 606 6,3% 251 16,1%<br />
Bevölkerung 79.883 87% 13% 1.448 2,1% 1.294 12,9%<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001; Sozialhilfe-Aktenanalyse des <strong>ISG</strong> 2001;<br />
Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Eine genauere Analyse des Immigrantenstatus ergibt, dass 72% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen<br />
in Haushalten mit deutschem Haushaltsvorstand leben, und zwar 68% in<br />
Haushalten von langfristig hier wohnenden Deutschen und 4% in Aussiedlerhaushalten.<br />
Jeweils 11% wohnen in Haushalten von Flüchtlingen bzw. Asylberechtigten und<br />
von EU-Auslän<strong>der</strong>n, 7% in Haushalten von sonstigen Auslän<strong>der</strong>n.<br />
24<br />
Eine Hochrechnung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen, die in <strong>der</strong> Aktenanalyse erfasst wurden,<br />
ergibt leicht höhere Werte, die aber von ihrer Struktur und Tendenz her ein angemessenes<br />
Bild zeichnen (vgl. rechte Spalte <strong>der</strong> Tabelle).<br />
57
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 16:<br />
Nationalität des Haushaltsvorstands<br />
Analyse von SH-Akten<br />
Deutsche insgesamt Auslän<strong>der</strong> insgesamt Alters-<br />
Altersgruppe Deutsche Aussiedler Flüchtling EU-Ausl. sonstige struktur<br />
unter 4 Jahren 69% 3% 12% 9% 6% 27%<br />
4 bis 9 Jahre 67% 0% 8% 13% 11% 36%<br />
10 bis 13 Jahre 68% 9% 13% 9% 0% 22%<br />
14 bis 17 Jahre 65% 5% 11% 14% 5% 15%<br />
zusammen 68% 4% 11% 11% 7% 100%<br />
Bevölkerung 68% 7% 8% 8% 8%<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Der wichtigste Grund, aus dem Kin<strong>der</strong> und Jugendliche auf Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
angewiesen sind, ist jedoch, dass sie in Haushalten von allein Erziehenden leben. Auf<br />
Grund eingeschränkter Erwerbsfähigkeit und unzureichen<strong>der</strong> bzw. ausbleiben<strong>der</strong> Unterhaltszahlungen<br />
sind allein Erziehende in starkem Maße auf die Unterstützung <strong>der</strong><br />
Sozialhilfe angewiesen. Im früheren Bundesgebiet hat sich dieser Haushaltstyp in den<br />
vergangenen beiden Jahrzehnten zu einer zentralen Problemgruppe (mit <strong>der</strong>zeit 23%<br />
<strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften laufen<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt) entwickelt, in den<br />
neuen Län<strong>der</strong>n machen sie sogar 27% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften aus. In <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Konstanz</strong> liegt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> allein Erziehenden mit 26% über dem westdeutschen<br />
Durchschnitt.<br />
58
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 23:<br />
Haushaltsformen<br />
in denen Kin<strong>der</strong> mit HLU-Bezug leben<br />
unter 4 Jahren (65*)<br />
3%<br />
29%<br />
68%<br />
4 bis 9 Jahre (89)<br />
3%<br />
28%<br />
69%<br />
10 bis 13 Jahre (53)<br />
2%<br />
36%<br />
62%<br />
14 bis 17 Jahre (39)<br />
10%<br />
41%<br />
49%<br />
zusammen (246)<br />
4%<br />
32%<br />
64%<br />
Paar mit Kin<strong>der</strong>n allein Erziehende sonst. Bedarfsgemeinschaft<br />
<strong>ISG</strong> 2001 *Kin<strong>der</strong> insgesamt<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Nur ein Drittel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt lebt in Haushalten<br />
von Paaren, während 64% in Haushalten von allein Erziehenden leben (sonstige Bedarfsgemeinschaften<br />
machen mit 4% nur einen kleinen Teil aus). Vor allem Kin<strong>der</strong> unter<br />
10 Jahren leben in Haushalten von allein Erziehenden, hier erreicht <strong>der</strong> Anteil fast<br />
70%.<br />
Somit lässt sich das Fazit ziehen: Die „Kin<strong>der</strong>armut“ im Sinne <strong>der</strong> Angewiesenheit auf<br />
Hilfe zum Lebensunterhalt ist zu einem überwiegenden Teil durch den hohen Anteil<br />
allein Erziehen<strong>der</strong> bedingt. Damit ist sie ein Problem, aber kein Skandal: In verschiedenen<br />
Untersuchungen dieses Aspekts wurde wie<strong>der</strong>holt darauf hingewiesen, dass die<br />
Sozialhilfe damit auch eine Schutzfunktion für diese Familienform und die darin lebenden<br />
Kin<strong>der</strong> realisiert. 25<br />
25<br />
Vgl. M. Ludwig, Armutskarrieren. Zwischen Abstieg und Aufstieg im Sozialstaat, Wiesbaden<br />
1996<br />
59
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
5.2 Sozialhilfe und Jugendhilfe<br />
Ein weiterer Indikator für belastete Lebenslagen ist <strong>der</strong> Bedarf an Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfe,<br />
insbeson<strong>der</strong>e an Leistungen <strong>der</strong> „Hilfe zur Erziehung“. Leistungen <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
wurden am Jahresbeginn 2001 in <strong>Konstanz</strong> in insgesamt 370 Fällen gewährt, davon<br />
365 ambulante, teilstationäre und familienersetzende und 5 sonstige Hilfen nach dem<br />
SGB VIII. Gegenüber dem Jahresbeginn 1999 entspricht dies einem Zuwachs von 9%.<br />
Ambulante Hilfen haben etwas stärker, familienersetzende Hilfen etwas weniger zugenommen.<br />
Dadurch hat sich die Struktur <strong>der</strong> Hilfen im hier betrachteten Zeitraum aber<br />
kaum verän<strong>der</strong>t.<br />
Tabelle 17:<br />
Leistungen <strong>der</strong> Jugendhilfe in <strong>Konstanz</strong><br />
gesetzl. im Januar des Jahres Verteilung Verteilung Verän<strong>der</strong>ung<br />
Hilfeart Grundlage 1999 2000 2001 am 1.1.99 am 1.1.01 99 bis 01<br />
familienersetzende Hilfen 124 125 131 37% 36% 6%<br />
Vollzeitpflege § 33 51 61 62 15% 17% 22%<br />
Heimunterbringung § 34 56 48 51 17% 14% -9%<br />
Betreutes Wohnen § 34 15 13 14 4% 4% -7%<br />
Seelische Behin<strong>der</strong>ung § 35a 2 3 4 1% 1% 100%<br />
ambulante Hilfen 101 103 112 30% 31% 11%<br />
pädagogische Lernhilfe § 16 54 42 54 16% 15% 0%<br />
Erziehungsbeistand § 30 15 21 25 4% 7% 67%<br />
Sozialpäd. Familienhilfe § 31 32 40 33 10% 9% 3%<br />
teilstationäre Hilfen § 32 111 112 122 33% 33% 10%<br />
Jugendhilfe zusammen SGB VIII 336 340 365 100% 100% 9%<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001<br />
Im Vergleich mit <strong>der</strong> Bundesjugendhilfestatistik wird deutlich, dass die ambulanten und<br />
teilstationären Formen <strong>der</strong> Jugendhilfe in <strong>Konstanz</strong> deutlich stärker gewichtet werden<br />
als im Bundesdurchschnitt: Dort macht die ambulante Hilfe 16% aus (gegenüber 20%<br />
in <strong>Konstanz</strong>, ohne Hilfe nach § 16 SGB VIII), die teilstationäre Hilfe 10% aller Hilfen<br />
(gegenüber 38% in <strong>Konstanz</strong>). Demnach sind bundesweit 74% familienersetzende<br />
Hilfen, die in <strong>der</strong> Regel einen größeren Einschnitt in die Lebenswelt des Jugendlichen<br />
bedeuten und zudem kostenintensiver sind. In <strong>Konstanz</strong> ist es dagegen im Bemühen<br />
um eine Reduzierung <strong>der</strong> familienersetzenden Formen <strong>der</strong> Jugendhilfe auf das unbedingt<br />
notwendige Maß gelungen, alle drei Formen <strong>der</strong> Hilfe in etwa gleich zu gewichten.<br />
60
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 24:<br />
Leistungsstruktur <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> im bundesweiten Vergleich (Jahreswechsel 1999 / 2000)<br />
familienersetzende Hilfen<br />
Vollzeitpflege § 33<br />
Heimerziehung, betr. Wohnen § 34<br />
Intensive Einzelbetreuung § 35<br />
1%<br />
2%<br />
20%<br />
29%<br />
20%<br />
42%<br />
46%<br />
74%<br />
ambulante Hilfen<br />
Erziehungsbeistand/Betreuungsh. § 30<br />
Sozialpäd. Familienhilfe § 31<br />
20%<br />
16%<br />
7%<br />
8%<br />
13%<br />
9%<br />
teilstationäre Hilfen § 32<br />
10%<br />
38%<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Deutschland<br />
<strong>ISG</strong> 2002<br />
ohne pädagogische Lernhilfe nach § 16 SGB VIII<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001; Statistisches Jahrbuch 2001<br />
Eine stärkere Belastung <strong>der</strong> familiären Lebenslage ist anzunehmen, wenn Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Jugendhilfe mit dem Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt kumulieren.<br />
Tabelle 18:<br />
Hilfeart<br />
Jugendhilfe und Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
SGB VIII<br />
Hilfen zum<br />
1.1.2001<br />
ambulant:<br />
Pädagogische Lernhilfen § 16 54 12 22%<br />
Erziehungsbeistandschaft § 30 25 7 28%<br />
Sozialpäd. Familienhilfe § 31 33 6 18%<br />
teilstationär:<br />
Sozialpäd. Tagesgruppe § 32 122 43 35%<br />
stationär:<br />
Vollzeitpflege § 33 62 26 42%<br />
Heimerziehung § 34 51 13 25%<br />
Betreutes Wohnen § 34 14 3 21%<br />
Seelische Behin<strong>der</strong>ung § 35a 4 0 0%<br />
Jugendhilfe insgesamt 365 110 30%<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001<br />
darunter: Familien mit HLU-<br />
Bezug<br />
61
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Von den 365 ausgewerteten Bezugsfällen <strong>der</strong> Jugendhilfe-Leistungen lebten 110<br />
(30%) in Familien, die auch auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen waren. Dieser<br />
Anteil ist bei den Fällen <strong>der</strong> Vollzeitpflege mit 42% überdurchschnittlich hoch, und auch<br />
in sozialpädagogischen Tagesgruppen liegt die Bezugsquote von HLU mit 35% recht<br />
hoch. Dies ist darauf zurück zu führen, dass die Tagesgruppen insbeson<strong>der</strong>e in sozial<br />
stark belasteten Wohngebieten eingeführt wurden. In geringerem Maße überschneiden<br />
sich beide Hilfearten bei betreutem Wohnen (21%) und in <strong>der</strong> sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe (18%).<br />
5.3 Einrichtungen für Kin<strong>der</strong><br />
Am Jahresende 2000 gab es in <strong>Konstanz</strong> insgesamt 56 Tageseinrichtungen für Kin<strong>der</strong><br />
mit 2.870 Plätzen. Dieses Angebot wird zum überwiegenden Teil von den 32 Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />
mit insgesamt 1.860 Plätzen (darunter 147 Ganztagsplätze) gestellt. Zusätzlich<br />
gab es 460 Plätze in Kin<strong>der</strong>häusern, 158 Plätze in Son<strong>der</strong>einrichtungen, 93 Plätze<br />
in Schülerhorten, 26 Plätze in Krippen und 273 Plätze in Elterninitiativen und Spielgruppen.<br />
Strukturiert man dieses Platzangebot nach <strong>der</strong> Zielgruppe, so stehen (ohne<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Elterninitiativen und Spielgruppen, für die eine solche Differenzierung<br />
nicht möglich ist) insgesamt 88 Plätze für Kleinkin<strong>der</strong>, 2.205 Plätze für Kin<strong>der</strong> im<br />
Kin<strong>der</strong>gartenalter sowie 304 Plätze für Schulkin<strong>der</strong> zur Verfügung.<br />
Tabelle 19:<br />
Tageseinrichtungen für Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> - Stand: 31.12.2000<br />
Art <strong>der</strong> Einrich- Plätze darunter für:<br />
Einrichtung tungen insgesamt Kleinkind Kin<strong>der</strong>garten Schulkind<br />
1. Kin<strong>der</strong>gärten und -tagesstätten 32 1.860 16 1.836 8<br />
dar. mit Ganztagsbetreuung 6 147<br />
2. Kin<strong>der</strong>häuser, altersgemischt 2-10 J. 6 460 46 299 115<br />
dar. mit Mittagessen 276<br />
3. Son<strong>der</strong>einrichtungen 5 158 70 88<br />
4. Schülerhorte 2 93 93<br />
5. Krippen 2 26 26<br />
6. Elterninitiativen und Spielgruppen 9 273<br />
Gesamt 56 2.870 88 2.205 304<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001<br />
Die Versorgung mit Kin<strong>der</strong>gartenplätzen kann seit <strong>der</strong> bundesweiten Geltung <strong>der</strong> entsprechenden<br />
Garantie als unproblematisch betrachtet werden. In den Kin<strong>der</strong>gärten <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> wurden am Jahresende 88% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zwischen 3 und 6 Jahren betreut.<br />
Rechnet man die Kin<strong>der</strong> in dieser Altersgruppe hinzu, die auf weiteren 150 Spiel-<br />
62
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
gruppenplätzen untergebracht sind, so steigt die Versorgungsquote in diesem Bereich<br />
auf 94%.<br />
Weniger befriedigend sieht das Bild allerdings aus, wenn man die Versorgung unterhalb<br />
des Kin<strong>der</strong>gartenalters mit Plätzen in Kin<strong>der</strong>krippen, oberhalb des Kin<strong>der</strong>gartenalters<br />
mit Plätzen in Kin<strong>der</strong>horten sowie im Kin<strong>der</strong>gartenalter mit Ganztagsplätzen auswertet.<br />
Bezieht man die Zahl <strong>der</strong> Plätze auf alle Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> entsprechenden Zielgruppe,<br />
so ergeben sich nach einer differenzierten Berechnung des Sozial- und Jugendamtes<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> am Jahresende 2000 folgende Versorgungsquoten:<br />
Tabelle 20:<br />
Kin<strong>der</strong> nach Altersgruppen und Versorgungsgrad mit Kin<strong>der</strong>gartenplätzen<br />
Altersgruppe<br />
Versorgungsgrad mit Plätzen in *<br />
<strong>Stadt</strong>teil unter 3 J. 3 -5 Jahre 6-11 Jahre B 1a B 1b B 2 B 3<br />
Altstadt/ Paradies 456 372 711 1,8% 17,5% 27,4% 11,3%<br />
Petershausen/ Königsbau 631 597 1.187 9,5% 9,5% 27,0% 16,2%<br />
Allmansdorf/ Staad/ Egg 183 185 414 / 29,5% / /<br />
Fürstenberg/ Wollmatingen/<br />
Industriegebiet 507 515 1.034 3,9% 22,3% 6,8% 3,1%<br />
Litzelstetten 104 106 196 / 28,8% / /<br />
Dingelsdorf 54 64 153 / / / /<br />
Dettingen 92 94 192 / 26,1% / /<br />
Wallhausen 49 47 55 / / / /<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> insgesamt 2.076 1.980 3.942 4,2% 17,4% 15,1% 7,7%<br />
* B 1a: 0 - 3 Jahre, Krippenplätze sowie Plätze in Kin<strong>der</strong>häusern und Kin<strong>der</strong>tagesstätten unter 3 Jahren<br />
B 1b: 0 - 3 Jahre, inkl. Spielgruppen; B 2: 3 - 6 Jahre, Ganztagsplätze; B 3: 6-12 Jahre, Hortplätze<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Nur für 4% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> unter drei Jahren stehen professionelle Versorgungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung (Bereich 1a); bezieht man die Plätze in Spielgruppen mit ein (Bereich<br />
1b), erhöht sich die Versorgungsquote auf 17%, d.h. für 83% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gibt es<br />
kein entsprechendes Angebot bzw. keine entsprechende Nachfrage. Eine überdurchschnittliche<br />
Versorgung ergibt sich für diese Altersgruppe in den kleineren <strong>Stadt</strong>gebieten<br />
Allmannsdorf/ Staad/ Egg und Dettingen, während in Petershausen/ Königsbau nur<br />
10% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong>artige Versorgungsmöglichkeiten haben. Allerdings kann diese Versorgungsquote<br />
nur im überregionalen Vergleich angemessen bewertet werden. Im<br />
63
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Durchschnitt des früheren Bundesgebiets liegt die Versorgungsquote <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> unter<br />
drei Jahren mit 3% ebenfalls sehr niedrig. 26<br />
Für Kin<strong>der</strong> im Kin<strong>der</strong>gartenalter sieht die Versorgungslage ebenfalls deutlich schlechter<br />
aus, wenn nur Ganztagsplätze in Betracht gezogen werden. Dann liegt die Versorgungsquote<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in dieser Altersgruppe bei nur noch 15%, wobei diese Plätze<br />
sehr ungleichmäßig auf das <strong>Stadt</strong>gebiet verteilt sind: In Altstadt/ Paradies sowie in Petershausen/<br />
Königsbau stehen für ein gutes Viertel in dieser Altersgruppe Ganztagsplätze<br />
zur Verfügung, im übrigen <strong>Stadt</strong>gebiet gibt es sie kaum.<br />
Unbefriedigend stellt sich die Versorgungslage auch für Schulkin<strong>der</strong> zwischen sechs<br />
und elf Jahren dar: Nur 8% von ihnen verfügen über einen Hortplatz o<strong>der</strong> einen Platz<br />
für Schulkin<strong>der</strong> in einem Kin<strong>der</strong>haus, während 92% diese Möglichkeit nicht haben. Im<br />
überregionalen Vergleich liegt <strong>Konstanz</strong> allerdings im oberen Bereich. Im früheren<br />
Bundesgebiet liegen die Versorgungsquoten <strong>der</strong> Schulkin<strong>der</strong> mit Hortplätzen zwischen<br />
0,3% in Bayern und 10% in Nordrhein-Westfalen. 27<br />
5.4 Angebote <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit<br />
Für Schulkin<strong>der</strong> und Jugendliche weist die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> ein breites Spektrum an<br />
Angeboten <strong>der</strong> offenen Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit auf. Ein Bericht des Sozial- und Jugendamtes<br />
weist neben einem Kin<strong>der</strong>KulturZentrum und Jugendzentrum in städtischer<br />
Trägerschaft vier weitere Einrichtungen freier Träger aus, darüber hinaus sind für den<br />
Bereich Berchen / Öhmdwiesen je ein weiterer stadtteilorientierter Kin<strong>der</strong>- und Jugendtreff<br />
vom Gemein<strong>der</strong>at beschlossen und in Planung. 28 Der hohe Stellenwert dieser<br />
Arbeit lässt sich u.a. mit Hinweis auf die zunehmenden gesellschaftlichen Belastungen,<br />
denen Kin<strong>der</strong> und Jugendliche gerade aus sozial schwächeren Familien ausgesetzt<br />
sind, begründen. Die Familien selbst sind mit <strong>der</strong> Kompensation dieser Belastungen<br />
häufig überfor<strong>der</strong>t, zudem können sie auf Grund interner Spannungen nicht nur eine<br />
ent-, son<strong>der</strong>n auch eine belastende Auswirkung haben. Eine „familienergänzende“<br />
Funktion <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit kann hier zum Ausgleich von Spannungen, zur<br />
Verarbeitung von Belastungen und zum Lernen sozialer Verhaltensweisen beitragen.<br />
26<br />
27<br />
28<br />
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.): Erster Armuts- und Reichtumsbericht<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung, Bonn 2001, S. 111<br />
Pressemeldung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom<br />
11. März 2002<br />
Vgl. Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bericht über die offene Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit<br />
in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sitzungsvorlage für den Jugendhilfeausschuss am<br />
29.09.98 sowie Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Mobile Jugendarbeit. Jahresbericht<br />
1999<br />
64
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Das inhaltliche Angebot reicht von offenen Besuchercafés über allgemeine Information<br />
und Beratung, Ausflüge und an<strong>der</strong>e Freizeitangebote bis zu interessenspezifischen<br />
Kursen, Angeboten <strong>der</strong> ergänzenden Versorgung und kin<strong>der</strong>- und jugendspezifischen<br />
Veranstaltungsreihen bzw. Großveranstaltungen. Dabei orientieren sich alle genannten<br />
Einrichtungen an gemeinsamen konzeptionellen Eckpunkten, die im zitierten Bericht<br />
von 1998 erläutert werden:<br />
• Integration und Vermeidung von Ausgrenzung: Die unterschiedlichen Migrantengruppen<br />
wie z.B. Flüchtlinge, Asylbewerber, Spätaussiedler und die dritte Generation<br />
<strong>der</strong> bereits längerfristig in Deutschland lebenden Auslän<strong>der</strong> bilden eine inhomogene<br />
Gruppe mit hohem Konfliktpotenzial, das intensive Bemühungen zur Integration<br />
erfor<strong>der</strong>lich macht. Der überproportionale Zuzug von Migranten nach<br />
<strong>Konstanz</strong> verstärkt dieses Erfor<strong>der</strong>nis.<br />
• Geschlechtsspezifische Angebote: Zu den eher belastenden Sozialisationseinflüssen<br />
gehören auch konflikterhöhende Rollenmuster wie aggressives Verhalten auf<br />
<strong>der</strong> einen und mangelndes Selbstbewusstsein zur Entgegnung auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite. Um den Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen zu einer stärker kommunikationsorientierten<br />
Identitätsfindung verhelfen zu können, werden geschlechtsspezifische Angebote<br />
für Jungen und Mädchen mit einer entsprechenden Zielsetzung durchgeführt.<br />
• Sucht- und gewaltpräventive Angebote: Der grundsätzlichen Zielsetzung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>-<br />
und Jugendarbeit entspricht eine Schwerpunktsetzung auf Prävention, um<br />
Fehlentwicklungen frühzeitig entgegen wirken zu können. In den <strong>Konstanz</strong>er Einrichtungen<br />
werden vor allem die Sucht- und Gewaltprävention überwiegend als<br />
Querschnittstrategie in allen Situationen verfolgt. Flankierend wird dieses Vorgehen<br />
durch themenspezifische Angebote ergänzt.<br />
• Beratungsangebote und Angebote <strong>der</strong> ergänzenden Versorgung: Neben spezifischer<br />
Information und Beratung wird auch die Übernahme herkömmlicher Familienfunktionen<br />
geleistet, was insbeson<strong>der</strong>e Mahlzeitenversorgung (Mittagstisch für<br />
Schüler) und Hausaufgabenbetreuung betrifft. Gerade diese regelmäßigen Formen<br />
<strong>der</strong> Unterstützung können langfristig eine stabilisierende Funktion erfüllen und ermöglichen<br />
es darüber hinaus, im akuten Falle Probleme erkennen und mit entsprechen<strong>der</strong><br />
Hilfestellung intervenieren zu können.<br />
• <strong>Stadt</strong>teilübergreifende Angebote: In einer <strong>Stadt</strong> <strong>der</strong> Größenordnung von <strong>Konstanz</strong><br />
ist es möglich und sinnvoll, ergänzend zu den stadtteilorientierten Angeboten <strong>der</strong><br />
offenen Treffs stadtteilübergreifende Angebote und Maßnahmen zu konzipieren,<br />
um ein breites Spektrum von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen aus dem gesamten <strong>Stadt</strong>gebiet<br />
zu erreichen.<br />
• Ferienangebote: Eine gewisse Familien entlastende Funktion erfüllt das jährliche<br />
von vielen Vereinen und Institutionen getragene Sommerferienprogramm, das ge-<br />
65
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
rade auch für Kin<strong>der</strong> aus Familien konzipiert ist, die sich einen regelmäßigen Sommerurlaub<br />
nicht leisten können.<br />
• Weitere Angebote: Eine Reihe weiterer Angebote werden in dem Bericht genannt,<br />
bei denen vor allem hervor zu heben ist, dass sowohl die Aspekte <strong>der</strong> Selbstbeteiligung<br />
und Aktivierung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen als auch <strong>der</strong> flankierenden Elternarbeit<br />
einbezogen werden.<br />
Seit 1996 wird darüber hinaus seitens des Sozial- und Jugendamtes <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> Mobile<br />
Jugendarbeit mit zwei Schwerpunkten geleistet:<br />
• Im Innenstadtbereich richtet sich die szeneorientierte Arbeit an eine Zielgruppe<br />
Jugendlicher und junger Erwachsener im Alter von 17 – 25 Jahren, die sich überwiegend<br />
dem Punk-Lebensstil zuordnen lassen. Ihr Alltag ist zumeist von zugespitzten<br />
Lebenslagen und Mehrfachproblematik geprägt. Hier stehen zunächst alltagsorientierte<br />
Beratung und individuelle Hilfen im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
• Im Rahmen stadtteilorientierter Arbeit im Wohngebiet Berchen / Öhmdwiesen werden<br />
Jugendlichen, die sich vor allem in Cliquen im öffentlichen Raum aufhalten,<br />
Gruppenangebote und Treffmöglichkeiten wie auch Freizeitaktivitäten angeboten,<br />
die im Wesentlichen die oben skizzierten konzeptionellen Ziele <strong>der</strong> Jugendeinrichtungen<br />
in zugehen<strong>der</strong> Form verfolgen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang<br />
<strong>der</strong> Bericht über die Erfahrung, dass bei gelungenem Zugang zu den Jugendlichen<br />
über die Freizeitangebote auch Ansatzpunkte für weiter gehende individuelle<br />
Hilfeleistungen gewonnen werden, die in eine intensive Problembearbeitung führen<br />
können. 29<br />
Diese kurze Überblicksdarstellung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit; vor<br />
allem im Bereich <strong>der</strong> Vereine und Kirchengemeinden wird es noch weitere Angebote<br />
geben, die vergleichbare Zielsetzungen verfolgen, ohne hier explizit aufgeführt worden<br />
zu sein. Die Darstellung macht aber deutlich, dass im Bereich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit<br />
eine vielgestaltige Arbeit geleistet wird, und dass dabei die zentralen Problembereiche<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen in belasteten Lebenslagen konzeptionell<br />
reflektiert und praktisch bearbeitet werden.<br />
29<br />
Vgl. Mobile Jugendarbeit. Jahresbericht 1999, S. 4<br />
66
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
5.5 Weitere Angebote<br />
Über die genannten Angebote hinaus gibt es in <strong>Konstanz</strong> weitere Beratungsstellen und<br />
Unterstützungsstrukturen in <strong>der</strong> Trägerschaft <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>, <strong>der</strong> Wohlfahrtsverbände und<br />
<strong>der</strong> Kirchengemeinden. Dabei handelt es sich überwiegend um professionelle bzw.<br />
hauptamtlich geleistete Tätigkeiten und zu einem kleineren Teil um ehrenamtlich und in<br />
Selbsthilfe angebotene Leistungen; sie erstrecken sich vor allem über die Bereiche<br />
• Altenhilfe/ Pflege<br />
• Kin<strong>der</strong>/ Familien<br />
• Jugend/ Ausbildung<br />
• Arbeit/ Beschäftigung<br />
• Behin<strong>der</strong>ung/ Gesundheit<br />
• beson<strong>der</strong>e soziale Schwierigkeiten<br />
• allgemeine Bürgerberatung (darunter spezielle Beratungsangebote für Frauen und<br />
Migranten).<br />
Weiterhin gibt es eine Reihe von Projekten und Gremien, die die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> initiiert<br />
hat und die zur Optimierung <strong>der</strong> sozialen Arbeit in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> beitragen. 30<br />
Diese vielfältige, nach unterschiedlichen sozialen Bereichen differenzierte Struktur<br />
lässt erkennen, dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> über ein gut ausgebautes Informations-, Beratungs-<br />
und Unterstützungsnetz verfügt. Zwar kann an dieser Stelle keine exakte quantitative<br />
Analyse <strong>der</strong> Bedarfsdeckung vorgenommen werden – dies wäre Thema einer<br />
eigenständigen Untersuchung, die für jede Einrichtung Größen wie Personalkapazität,<br />
finanzielles Budget und erbrachte Leistungen ermittelt und analysiert. Es bleibt aber<br />
fest zu halten, dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> über Hilfestrukturen in allen wesentlichen Bereichen<br />
verfügt und dass auf dieser Ebene <strong>der</strong> Analyse kein Defizit deutlich wird.<br />
5.6 Der „Sozialpass“ als kommunales Instrument zur Entlastung von Familien<br />
Eine Möglichkeit zur weiteren Entlastung von Familien stellen diverse Vergünstigungen<br />
dar, die in <strong>der</strong> Regel beson<strong>der</strong>s Familien zu Gute kommen. Die Gestaltung des <strong>Konstanz</strong>er<br />
Sozialpasses wurde in einem Expertengespräch im Vergleich mit den Erfahrungen<br />
an<strong>der</strong>er Kommunen erörtert. Dazu wurden zunächst Erfahrungen aus an<strong>der</strong>en<br />
Städten ausgewertet.<br />
30<br />
Vgl. Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> (Hg.), Geschäftsbericht 1999 / 2000, S.<br />
83 ff<br />
67
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Ergebnisse <strong>der</strong> Studie <strong>der</strong> Universität Trier „Zusatzleistungen für Sozialhilfeempfänger“<br />
An einer zunächst bundesweit geplanten Studie, die Krug/ Ernst im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Arbeit und Sozialordnung im Zeitraum von 2000 bis 2002 erstellen,<br />
31 nahmen Städte und Landkreise aus Rheinland-Pfalz sowie 7 Städte aus Baden-<br />
Württemberg teil. Einige zentrale Ergebnisse, die in einem Zwischenbericht präsentiert<br />
werden, sind auch für die Diskussion in <strong>Konstanz</strong> von Interesse.<br />
• Bereiche: Die Begünstigungen werden vor allem in den Bereichen Kultur und Bildung<br />
gewährt, in Baden-Württemberg folgt an dritter Stelle die Ermäßigung von<br />
Fahrpreisen bei <strong>der</strong> Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.<br />
• Art <strong>der</strong> Begünstigung: Überwiegend werden die Vergünstigungen in Form von<br />
Preisnachlässen und Ermäßigungen gewährt; nur im Freizeitbereich gibt es häufiger<br />
vollständige Befreiungen von den Kosten.<br />
• Vergabeverfahren: Überwiegend werden diese Vergünstigungen über die Vergabe<br />
eines „Passes“ geregelt, nur die haushaltsbezogenen Leistungen werden in allen<br />
Fällen als Einzelleistung gewährt. Die Bezeichnung dieses Passes variiert in den 7<br />
beteiligten Städten aus Baden-Württemberg: Die häufigste Bezeichnung ist „Sozialpass“,<br />
an zweiter Stelle steht „Familienpass“, weiterhin gibt es diverse Bezeichnungen<br />
in Verbindung mit dem Wort „Karte“ bzw. „Card“.<br />
31<br />
W. Krug/ N. Ernst, Zusatzleistungen für Sozialhilfeempfänger, Untersuchung im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, 1. Zwischenbericht, Trier 2001<br />
68
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 21:<br />
Zusatzleistungen für Sozialhilfeempfänger<br />
Ergebnisse einer Studie <strong>der</strong> Universität Trier (Krug/ Ernst 2001)<br />
Anteil <strong>der</strong> Nennungen<br />
Bereich Leistungen Rheinl.Pfalz Baden-W.<br />
Art <strong>der</strong> Vergünstigung<br />
in Baden-Württemberg<br />
Bildung Teilnahme an VHS-Kursen 32% 25% 93% Ermäßigung<br />
Nutzung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>bibliothek 7% Befreiung<br />
Kin<strong>der</strong>gärten und Horte<br />
Kultur städtische Bühnen 24% 23% 85% Ermäßigung<br />
Opern und Konzerte 15% Befreiung<br />
Museumsbesuche<br />
Sport Frei- und Hallenbä<strong>der</strong> 15% 12% 71% Ermäßigung<br />
Nutzung <strong>der</strong> Sporthallen 29% Befreiung<br />
Teilnahme an Sportkursen<br />
Freizeit Kin<strong>der</strong>- und Jugendfreizeiten 15% 16% 44% Ermäßigung<br />
Seniorenerholung 56% Befreiung<br />
Zoobesuche/ städtische Parks<br />
Verkehr ÖPNV 8% 19% 91% Ermäßigung<br />
Behin<strong>der</strong>tenfahrdienste 9% Befreiung<br />
Haushalt Futtergeld für Haustiere 1% 2% 100% Ermäßigung<br />
Hundesteuerermäßigung 0% Befreiung<br />
Quelle: Krug/ Ernst 2001<br />
• Auflagen: Die Nutzung <strong>der</strong> Vergünstigungen ist teilweise an bestimmte Auflagen<br />
geknüpft wie zeitliche Vorgaben (z.B. Nutzung <strong>der</strong> öffentlichen Verkehrsmittel zu<br />
bestimmten Zeiten), altersbedingte Einschränkungen (Ermäßigung von Freizeiten<br />
bis zu einem gewissen Alter), quantitative Auflagen (z.B. bis zu zwei Kursen pro<br />
Jahr) und auslastungsabhängige Auflagen (Theaterbesuche bei nicht ausverkauften<br />
Veranstaltungen).<br />
• Zielgruppen: Die Vergünstigungen richten sich meist an mehrere Zielgruppen.<br />
Nach Krug/ Ernst 2001 sind dies vor allem HLU-Empfänger und in Baden-<br />
Württemberg auch kin<strong>der</strong>reiche Familien.<br />
69
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 22:<br />
Zielgruppen von Zusatzleistungen <strong>der</strong> Kommunen<br />
Ergebnisse einer Studie <strong>der</strong> Universität Trier (Krug/ Ernst 2001)<br />
Personengruppen<br />
Anteil <strong>der</strong> Nennungen<br />
in Baden-Württemberg<br />
HLU-Empfänger 100%<br />
kin<strong>der</strong>reiche Familien 71%<br />
Haushalte mit geringem Einkommen 57%<br />
Arbeitslose 57%<br />
Senioren 43%<br />
allein Erziehende 29%<br />
Quelle: Krug/ Ernst 2001<br />
Vergleich <strong>der</strong> Pässe in vier Städten<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung für die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> hat das <strong>ISG</strong> außerdem<br />
einen Detailvergleich des <strong>Konstanz</strong>er Sozialpasses mit den Vergünstigungsregelungen<br />
in den Städten Stuttgart, Köln und Berlin vorgenommen. Dabei wurden folgende Unterschiede<br />
deutlich:<br />
• Die Bereiche, in denen Vergünstigungen gewährt werden, und die einzelne Definition<br />
<strong>der</strong> Leistungen sind meist ähnlich, nur in Stuttgart ist das Konzept mit einem<br />
jährlichen Guthaben auf einer Chipkarte grundsätzlich an<strong>der</strong>s strukturiert.<br />
• Die begünstigten Personenkreise sind recht unterschiedlich: In <strong>Konstanz</strong> werden<br />
nur (erwachsene) Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger begünstigt, in Stuttgart nur<br />
Kin<strong>der</strong> bis 16 Jahre aus einkommensschwachen Familien, in Köln und Berlin dagegen<br />
unterschiedliche Zielgruppen. In Köln ist (trotz <strong>der</strong> Bezeichnung mit „Familien“-<br />
Bezug) <strong>der</strong> Charakter als „Sozialpass“ am deutlichsten ausgeprägt.<br />
70
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 23:<br />
Vergleich unterschiedlicher Modelle eines Sozialpass / Familienpass<br />
Kategorie <strong>Konstanz</strong> Stuttgart Köln Berlin<br />
Bezeichnung Sozialpass Familiencard Familien-Pass FamilienPass*<br />
(Vs: <strong>Konstanz</strong>er Karte)<br />
(vorher: Köln-Pass)<br />
Leistungen/ Ermäßigungen<br />
Fahrpreisermäßigung<br />
öffentliche Benutzung <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Fahrpreisermäßigungen für<br />
(nur für einkommensabhängig<br />
Verkehrsmittel Verkehrsmittel zum Kin<strong>der</strong>tarif<br />
begünstigten Personenkreis<br />
begünstigten Personenkreis)<br />
Freibad /<br />
Hallenbad<br />
Kultur<br />
Bildung<br />
Ausflüge / Natur<br />
unspezifische<br />
Vergünstigungen<br />
Voraussetzungen<br />
Begünstigter<br />
Personenkreis<br />
soziale Lage<br />
Besuch <strong>der</strong> städt. Frei- und<br />
Hallenbä<strong>der</strong> zum Kin<strong>der</strong>tarif<br />
Besuch von kulturellen<br />
Veranstaltungen zum<br />
Studentenpreis<br />
Ermäßigung bei<br />
Veranstaltungen <strong>der</strong> VHS<br />
Ermäßigung zum Besuch <strong>der</strong><br />
Insel Mainau<br />
Bezieher von Arbeitslosenhilfe<br />
o<strong>der</strong> HLU und <strong>der</strong>en im HH<br />
lebende unterhaltsberechtigte<br />
Angehörige<br />
gültiger Bescheid :<br />
*des Arbeitsamtes<br />
*des Sozialamtes<br />
Ermäßigung in Höhe von 20%<br />
auf die Gebühren <strong>der</strong><br />
Musikhochschule<br />
Ermäßigung in Höhe von 20%<br />
auf die Elternbeiträge <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong>ran<strong>der</strong>holung<br />
Guthaben von 120 DM jährlich,<br />
das für diverse Freizeit- und<br />
Bildungsangebote verwendet<br />
werden kann<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche bis<br />
einschließlich 16 Jahre, in<br />
<strong>der</strong>en Familie gewisse<br />
Einkünfte nicht überschritten<br />
werden<br />
Gesamtbetrag <strong>der</strong> Einkünfte:<br />
*Alleinerz.: 80.000 DM<br />
*Verheir.: 160.000 DM<br />
Ermäßigung für städtische<br />
Hallen- und Freibä<strong>der</strong><br />
Eintrittsermäßigung in allen<br />
Schwimmbä<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Berliner Bä<strong>der</strong>-Betriebe<br />
Ermäßigung für städtische<br />
Museen, die Philharmonie, die ermäßigter o<strong>der</strong> freier<br />
Oper, das Schauspielhaus und Eintritt bei diversen Museen<br />
sonstige Bühnen <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> und Ausstellungen<br />
Köln<br />
Ermäßigung bei<br />
Veranstaltungen <strong>der</strong> VHS,<br />
Vergünstigungen in <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong>bücherei<br />
Ermäßigung für Zoo und<br />
Aquarium, für die<br />
Rheinseilbahn und die<br />
Rheinschifffahrt<br />
Ermäßigte Gebühren und<br />
Preise für Leistungen<br />
städtischer Einrichtungen und<br />
städtischer sowie sonstiger<br />
Gesellschaften<br />
ohne Einkommensnachweis:<br />
Familien mit drei und mehr<br />
Kin<strong>der</strong>n sowie Alleinerziehende<br />
und<br />
einkommensabhängig:<br />
Empfänger/innen von HLU,<br />
Alten- und Pflegeheimbewohner/innen,<br />
Personen mit<br />
geringem Einkommen und<br />
Personen, die Leistungen <strong>der</strong><br />
"Wirtschaflichen Erziehungshilfe"<br />
beziehen<br />
* Den Berliner FamilienPass können grundsätzlich alle Familien erwerben (5 DM). Einige Vergünstigungen gelten aber nur für den<br />
begünstigten Personenkreis.<br />
Quelle: <strong>ISG</strong> Köln, eigene Recherche<br />
Vergünstigungen bei den<br />
VHS für begünstigten<br />
Personenkreis<br />
Ermäßigung für Zoo und<br />
Tierpark und für best.<br />
Schiffsausflugsfahrten<br />
Familien mit geringem<br />
Einkommen<br />
Härtefallbescheinigung<br />
einer gesetzlichen<br />
Krankenkasse (SGB<br />
V, § 61)<br />
Untersuchung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>marketing-Arbeitsgruppe in <strong>Konstanz</strong><br />
Im Oktober 2000 führte eine „<strong>Stadt</strong>marketing-Arbeitsgruppe“ in <strong>Konstanz</strong> eine Befragung<br />
zur Bewertung des <strong>Konstanz</strong>er Sozialpasses durch, an <strong>der</strong> sich 95 Personen<br />
beteiligten. Die wichtigsten Ergebnisse dieser (nicht repräsentativen) Befragung sind: 32<br />
• Nur gut die Hälfte <strong>der</strong> einbezogenen Sozialhilfeempfänger gab an, einen Sozialpass<br />
zu besitzen.<br />
32<br />
D. Bellmann u.a., Ergebnisse und Empfehlungen <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>marketing-Arbeitsgruppe zum<br />
<strong>Konstanz</strong>er Sozialpass, <strong>Konstanz</strong> 2000, S. 4 f<br />
71
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• Am häufigsten wurde <strong>der</strong> Sozialpass zur Nutzung <strong>der</strong> öffentlichen Verkehrsmittel<br />
und <strong>der</strong> Schwimm- und Hallenbä<strong>der</strong> eingesetzt.<br />
• Weniger wurden die kulturellen Angebote <strong>der</strong> Volkshochschule, <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>bücherei<br />
und eines vergünstigten Zeitungsabonnements in Anspruch genommen.<br />
• Ein gutes Drittel <strong>der</strong> Befragten bezeichnete es als unangenehm, den Sozialpass<br />
vorzuweisen.<br />
• Mehrere Befragte regten an, Aufmachung und Bezeichnung des Sozialpasses zu<br />
verän<strong>der</strong>n. Als alternativer Namen wurden unter an<strong>der</strong>em „<strong>Konstanz</strong>er Ausweis“,<br />
„<strong>Konstanz</strong>-Card“, „<strong>Stadt</strong>pass“ o<strong>der</strong> „Ermäßigungsausweis“ vorgeschlagen.<br />
• Weitere Än<strong>der</strong>ungsvorschläge bezogen sich auf eine Erweiterung des Angebotes,<br />
eine weiter gehende Reduktion von Eintrittspreisen sowie eine Erweiterung <strong>der</strong><br />
Zielgruppe.<br />
In <strong>der</strong> abschließenden Bewertung formuliert die Arbeitsgruppe eine Reihe von Empfehlungen<br />
zur Neugestaltung des Sozialpasses, insbeson<strong>der</strong>e: 33<br />
• Zu Layout und Bezeichnung wird eine Karte im Scheckkarten-Format in neutraler<br />
Aufmachung und Farbe empfohlen.<br />
• Die Gruppe <strong>der</strong> Begünstigten sollte auf alle Bezieher von Niedrigeinkommen (einschließlich<br />
<strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Wohnungslosen) erweitert werden.<br />
• Das Angebot sollte sinnvoll erweitert werden, indem es z.B. nicht nur den Kauf von<br />
Einzelfahrscheinen, son<strong>der</strong>n auch von Monatskarten vergünstigt.<br />
• Die Information über das Angebot sollte verbessert werden.<br />
Die Anregungen <strong>der</strong> Arbeitsgruppe sind grundsätzlich bedenkenswert; es ist allerdings<br />
im Einzelnen zu prüfen, ob sie auch alle praktikabel sind – Schwierigkeiten bereitet<br />
etwa eine Erweiterung <strong>der</strong> Zielgruppe auf Bezieher niedriger Einkommen, wenn dies<br />
einen detaillierten Einkommensnachweis voraussetzen würde. Die hier zu bedenkenden<br />
Entscheidungskriterien werden in Abschnitt 9.2 erörtert.<br />
33<br />
A.a.O. S. 10 f<br />
72
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
6. Wohnen und Wohnumfeld<br />
Die unmittelbare Wohnqualität, d.h. die Größe, bauliche Qualität und Ausstattung <strong>der</strong><br />
Wohnung, ist in hohem Maße mit <strong>der</strong> Höhe von Einkommen und Vermögen verknüpft.<br />
Insofern erscheint es zunächst fraglich, ob dieser Aspekt <strong>der</strong> Lebenslage überhaupt<br />
eine eigenständige Dimension darstellt. Die Eigenständigkeit ist jedoch unstrittig, wenn<br />
die Perspektive auf das Wohnumfeld erweitert wird. So sind beispielsweise ökologische<br />
Belastungen in <strong>der</strong> Regel nicht eng eingrenzbar, sodass auch Wohlhabende, die<br />
ihr Einkommen innerhalb <strong>der</strong> belasteten Region erwerben, sich <strong>der</strong>en Wirkungen nicht<br />
entziehen können.<br />
Der Themenbereich Wohnen und Wohnumfeld innerhalb <strong>der</strong> kommunalen <strong>Armutsbericht</strong>erstattung<br />
lässt sich, beginnend mit eher monetär beeinflussbaren Gesichtspunkten,<br />
folgen<strong>der</strong>maßen unterglie<strong>der</strong>n: 34<br />
• Die quantitative Versorgung mit hinreichendem Wohnraum kann als Minimalanfor<strong>der</strong>ung<br />
betrachtet werden, um ein soziokulturelles Existenzminimum zu gewährleisten.<br />
Unter diesem Aspekt tritt „Armut“ in Form von beengtem Wohnen bis hin zum<br />
Wohnen in Notunterkünften bzw. zur Obdachlosigkeit in Erscheinung.<br />
• Die Qualität des Wohnens bemisst sich an Standards, die sich an die architektonische<br />
und bauliche Qualität des Hauses ebenso wie an die Ausstattung <strong>der</strong> Wohnungen<br />
anlegen lassen. Eine Armutsschwelle wird in dieser Hinsicht durch Substandard-Kriterien<br />
definiert.<br />
• Das Wohnumfeld ist unter dem Aspekt seiner sozialen Charakteristik durch Merkmale<br />
wie „privilegierte Wohnlage“ mit hohem ästhetischem und hohem Freizeitwert<br />
beschreibbar; <strong>der</strong>en Gegenteil wäre eine unattraktive Wohngegend bzw. ein „belastetes<br />
Milieu“, das als Kumulation problematischer Einzelfaktoren entsteht.<br />
• Unter ökologischem Aspekt kann das Wohnumfeld schließlich durch Kriterien wie<br />
„natürliche“ im Gegensatz zu einer durch Schadstoffe, Lärm- o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gesundheitsschädigende<br />
Belastungen beeinträchtigten Wohngegend bzw. Region charakterisiert<br />
werden.<br />
Eine Schwierigkeit einer <strong>der</strong>art umfassenden Thematisierung <strong>der</strong> Dimension des Wohnens<br />
liegt allerdings in <strong>der</strong> unzureichenden Datenlage, um diese einzelnen Aspekte auf<br />
kommunaler Ebene empirisch untersuchen zu können. Detaillierte statistische Daten<br />
zu Wohnquantität und Wohnqualität liegen selbst auf Bundesebene nicht in aktueller<br />
34<br />
Vgl. auch Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.), Kapitel VI. Wohnen, in:<br />
Lebenslagen in Deutschland. Erster Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung,<br />
Bonn 2001, S. 159 ff; dort wird allerdings <strong>der</strong> Aspekt des Wohnumfeldes nicht thematisiert.<br />
73
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Form vor; zwar gibt die „Bautätigkeitsstatistik“ rudimentäre Auskünfte über Quantität<br />
und technische Qualität neu errichteter Wohnungen, aber Daten über soziale Merkmale<br />
<strong>der</strong> Verteilung von Wohnraum kann nur eine „Statistik des Wohnungswesens“ liefern,<br />
die im Jahre 1987 erhoben und zuletzt 1993 durch eine Teilstichprobe aktualisiert<br />
wurde. 35 Der Zusammenhang von quantitativer Wohnraumversorgung, Wohnqualität<br />
und <strong>der</strong> sozialen und ökonomischen Lage <strong>der</strong> in den Wohnungen lebenden Haushalte<br />
kann auf Bundesebene behelfsweise durch repräsentative Befragungen wie den Mikrozensus<br />
o<strong>der</strong> das sozioökonomische Panel beschrieben werden. Diese lassen sich<br />
jedoch auf Grund des begrenzten Umfangs <strong>der</strong> Stichprobengröße nicht auf die kommunale<br />
Ebene herunterbrechen.<br />
6.1 Quantitative Versorgung mit Wohnraum<br />
Sichtet man zunächst die verfügbaren Informationen zum quantitativen Wohnungsbestand<br />
in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, so liegen jährliche Fortschreibungen des Wohngebäudeund<br />
Wohnungsbestandes auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Gebäude- und Wohnungszählung 1987<br />
vor. Demnach gab es im Mai 2000 in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> in 9.483 Wohngebäuden<br />
39.353 Wohnungen mit insgesamt 151.881 Räumen. Die Zahl <strong>der</strong> Wohnungen entspricht<br />
in etwa <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Haushalte in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, wobei allerdings unterschiedliche<br />
Bevölkerungszahlen zu Grunde gelegt werden. Geht man von <strong>der</strong> „Wohnbevölkerung“<br />
aus, so werden alle Personen berücksichtigt, die in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> mit erstem<br />
Wohnsitz gemeldet sind. Die Wohnbevölkerung belief sich am Jahresende 2000 auf<br />
73.804 Einwohnerinnen und Einwohner. Bezogen auf die Zahl <strong>der</strong> Wohnungen ergibt<br />
sich daraus eine Belegung mit durchschnittlich 1,9 Personen. Die „wohnberechtigte<br />
Bevölkerung“ in Höhe von 79.305 Personen (dies entspricht 2,0 Personen pro Wohnung)<br />
umfasst darüber hinaus auch diejenigen Haushalte, die nur mit zweitem Wohnsitz<br />
in <strong>Konstanz</strong> gemeldet sind. Dies sind im Wesentlichen zwei Gruppen: In <strong>Konstanz</strong><br />
als Universitätstadt wohnen auch Studenten, die ihren ersten Wohnsitz am Herkunftsort<br />
beibehalten haben; in <strong>Konstanz</strong> als Urlaubsort verfügen darüber hinaus weitere<br />
Personen über Ferienwohnungen.<br />
35<br />
Statistisches Bundesamt (Hg.), Abschnitt 10 „Bautätigkeit und Wohnungen“ in: Statistisches<br />
Jahrbuch 2001, Wiesbaden, S. 235 ff<br />
74
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 24:<br />
Strukturdaten zum Wohnungsbestand<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> im Vergleich<br />
<strong>Stadt</strong> Baden- Früheres<br />
<strong>Konstanz</strong> Württemberg Bundesgebiet<br />
Wohnungen<br />
insgesamt 39.353 465.326 30.407.885<br />
je 1.000 Einwohner 533 444 454<br />
Räume<br />
insgesamt in 1.000 151,9 21.131,5 135.264,8<br />
je Einwohner 2,1 2,0 2,0<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt<br />
Im Vergleich mit dem Land Baden-Württemberg sowie mit dem früheren Bundesgebiet<br />
erweist sich die quantitative Wohnungsversorgung in <strong>Konstanz</strong> als gut: Je 1.000 Einwohnern<br />
(Wohnbevölkerung) stehen 533 Wohnungen zur Verfügung gegenüber 444 in<br />
Baden-Württemberg und 454 im früheren Bundesgebiet. Selbst wenn man <strong>der</strong> Berechnung<br />
die wohnberechtigte Bevölkerung zu Grunde legt, ergibt sich mit 496 Wohnungen<br />
je 1.000 Einwohner noch eine gute Versorgungslage. Allerdings würde sich bei dieser<br />
Berechnungsgrundlage <strong>der</strong> Indikator „Anzahl <strong>der</strong> Räume je Einwohner“ von den überdurchschnittlichen<br />
2,1 Räumen je Einwohner (Wohnbevölkerung) auf 1,9 Räume<br />
(wohnberechtigte Bevölkerung) verschlechtern.<br />
Die Versorgungslage mit Wohnungen ist also in <strong>Konstanz</strong> den Durchschnittswerten<br />
zufolge als gut zu beurteilen. Fraglich ist allerdings, ob dies auch in Zukunft so bleiben<br />
wird. Im Gemein<strong>der</strong>at wurde im Juni 2001 einerseits zwar über die Resultate <strong>der</strong> kommunalen<br />
Wohnungsbauför<strong>der</strong>ung berichtet, an<strong>der</strong>erseits aber vor einer Verschlechterung<br />
<strong>der</strong> Versorgungslage gewarnt: Die Landesför<strong>der</strong>ung konzentriere sich zunehmend<br />
auf die För<strong>der</strong>ung von Wohneigentum zu Lasten <strong>der</strong> Mietwohnungen, und auch die<br />
Bundesför<strong>der</strong>ung für den sozialen Wohnungsbau sei tendenziell rückläufig. 36 Es wird<br />
befürchtet, dass diese Entwicklung längerfristig die Wohnsituation von Familien verschlechtern<br />
könnte. Diese Befürchtungen werden durch Auswertungen <strong>der</strong> städtischen<br />
WOBAK gestützt, die im Laufe des Jahres 2001 eine Zunahme <strong>der</strong> Bewerber um<br />
Wohnungen in Höhe von 43% registriert hat. 37<br />
36<br />
37<br />
Sitzungsvorlage des Amtes für Wohnungswesen für den Gemein<strong>der</strong>at zum Sitzungsdatum<br />
28.06.2001 (GR 2001/146)<br />
Telefonische Auskunft <strong>der</strong> Geschäftsstelle <strong>der</strong> Wohnungsbaugesellschaft <strong>Konstanz</strong><br />
(WOBAK), März 2002.<br />
75
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
6.2 Wohnqualität<br />
Über die Qualität <strong>der</strong> Wohnungen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> liegen nur wenige Daten vor.<br />
Ein Hinweis zum Anteil von Substandardwohnungen lässt sich <strong>der</strong> Wohngeldstatistik<br />
entnehmen. Geht man davon aus, dass in Substandardwohnungen in <strong>der</strong> Regel einkommensschwache<br />
Haushalte leben, die auf Grund dessen auch überwiegend wohngeldberechtigt<br />
sind, 38 so kann <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wohngeldstatistik ausgewiesene Anteil von<br />
Substandardwohnungen als Indikator für die Wohnungen mit geringer Qualität interpretiert<br />
werden. Die Wohngeldstatistik unterscheidet hier in „Kategorie A: mit Sammelheizung<br />
und/ o<strong>der</strong> mit Bad (Duschraum)“ und „Kategorie B: ohne Sammelheizung und<br />
ohne Bad (Duschraum)“. 39<br />
Tabelle 25:<br />
Wohngeldbezug und Wohnqualität<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> im Vergleich<br />
<strong>Stadt</strong> Baden- Früheres<br />
Haushalte mit Bezug von <strong>Konstanz</strong> Württemberg Bundesgebiet<br />
Wohngeld insgesamt 2.579 225.137 2.067.597<br />
dar. Kategorie A 2.499 211.451 1.914.011<br />
Kategorie B 80 13.686 153.586<br />
Anteil Kat. B 3,1% 6,1% 7,4%<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 40<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Wohnungen mit min<strong>der</strong>er Qualität ist somit Entwarnung angezeigt: Nur<br />
80 Wohnungen fallen unter diese Kategorie, dies entspricht einem Anteil von 0,2% an<br />
allen Haushalten (im Durchschnitt des früheren Bundesgebietes ist dieser Anteil mehr<br />
als doppelt so hoch).<br />
38<br />
39<br />
40<br />
Diese Annahmen müssen nicht in allen Fällen zutreffen, da für die Wohngeldberechtigung<br />
neben dem Haushaltseinkommen auch die Haushaltsgröße, das Baujahr und die<br />
Mietkosten ausschlaggebend sind.<br />
Statistisches Bundesamt (Hg.), Fachserie 13 Reihe 4 „Wohngeld“, Wiesbaden 2001<br />
Die Gesamtzahl weicht von <strong>der</strong> bereinigten Zahl des Sozial- und Jugendamtes <strong>Konstanz</strong><br />
ab (vgl. oben Tabelle 1), was aber für die hier vorgenommene Strukturauswertung unerheblich<br />
ist.<br />
76
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
6.3 Wohngebiete in <strong>Konstanz</strong> unter sozialen und ökologischen Aspekten<br />
Das <strong>Konstanz</strong>er Amt für Statistik und Wahlen unterscheidet insgesamt 15 <strong>Stadt</strong>teile.<br />
Über die Hälfte <strong>der</strong> Einwohner lebt in den vier <strong>Stadt</strong>teilen Altstadt, Fürstenberg sowie<br />
Petershausen-West und -Ost. Einen ersten Hinweis auf die soziale Struktur <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>teile<br />
gibt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> dort lebenden Auslän<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Regel als Indikator für industriell<br />
orientierte Wohngebiete mit unterdurchschnittlicher Wohnqualität gewertet<br />
werden kann. Insgesamt sind 13% <strong>der</strong> wohnberechtigten Bevölkerung in <strong>Konstanz</strong><br />
Auslän<strong>der</strong> (gegenüber 9% im gesamten Bundesgebiet).<br />
Tabelle 26:<br />
Wohnberechtigte Bevölkerung und Auslän<strong>der</strong>anteile (1999)<br />
Gesamt-<br />
darunter:<br />
<strong>Stadt</strong>teil bevölkerung Verteilung Auslän<strong>der</strong> Anteil<br />
Altstadt 11.363 14,4% 1.639 14%<br />
Paradies 5.581 7,1% 851 15%<br />
Petershausen-West 13.313 16,8% 2.613 20%<br />
Petershausen-Ost 6.798 8,6% 510 8%<br />
Königsbau 5.749 7,3% 1.270 22%<br />
Allmansdorf 5.197 6,6% 343 7%<br />
Staad 1.802 2,3% 101 6%<br />
Fürstenberg 12.158 15,4% 1.740 14%<br />
Wollmatingen 4.885 6,2% 596 12%<br />
Industriegebiet 887 1,1% 241 27%<br />
Egg 498 0,6% 18 4%<br />
Litzelstetten 4.015 5,1% 221 6%<br />
Dingelsdorf 2.221 2,8% 81 4%<br />
Dettingen 3.189 4,0% 169 5%<br />
Wallhausen 1.426 1,8% 82 6%<br />
Insgesamt 79.082 100,0% 10.475 13%<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Amt für Statistik und Wahlen<br />
Beson<strong>der</strong>s hohe Auslän<strong>der</strong>anteile weisen die <strong>Stadt</strong>teile Königsbau (22%) und Petershausen-West<br />
(20%) auf. 41 Weiterhin liegen die entsprechenden Anteile in Paradies,<br />
Altstadt und Fürstenberg über dem Durchschnitt, wobei dies vor allem im Innenstadtbereich<br />
nicht immer auf ausländische Arbeiterschaft, son<strong>der</strong>n teilweise auch auf ausländischen<br />
Mittelstand (Gastronomie, Einzelhandel, Kleinhandwerk) hindeutet.<br />
41<br />
Der ebenfalls hoch erscheinende Anteil im Industriegebiet (27%) ist vor dem Hintegrund<br />
zu relativieren, dass es sich um ein sehr kleines Wohngebiet handelt.<br />
77
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Die hohen Integrationsanfor<strong>der</strong>ungen, die durch den überproportionalen Auslän<strong>der</strong>anteil<br />
bedingt sind, stellen eine nicht zu unterschätzende Aufgabe für die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
dar. Um dies zu unterstreichen, weist das Sozial- und Jugendamt auch auf die Belastung<br />
hin, die durch weitere Zuweisungen von Migranten erst geschaffen werden. Innerhalb<br />
des Landkreises befinden sich in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> 65 % <strong>der</strong> Aussiedlerplätze<br />
in Übergangswohnheimen (mit entsprechenden nachfolgenden Zuzügen in die <strong>Stadt</strong>)<br />
und 27 % <strong>der</strong> Unterkunftsplätze für Asylbewerber; diese Gesamtquote von 40 % aller<br />
Landkreisplätze in Wohnheimen für Aussiedler und Asylbewerber übersteigt den Bevölkerungsanteil<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> (30% <strong>der</strong> Einwohner des Landkreises) um ein Viertel, sodass<br />
die „gewachsene“ Migration durch eine politisch gesteuerte Migration zusätzlich<br />
verstärkt wird. Alleine in den letzten 10 Jahren zogen schätzungsweise 1.000 Spätaussiedler<br />
nach <strong>Konstanz</strong>, <strong>der</strong>en sprachliche, kulturelle und berufliche Voraussetzungen<br />
teilweise problematischer als die <strong>der</strong> länger in Deutschland lebenden Migranten<br />
sind (vgl. oben Abschnitt 3.3) Dies bedeutet eine hohe Herausfor<strong>der</strong>ung an die Integrationskapazität<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>.<br />
Eine Analyse <strong>der</strong> sozialen Belastung kann weiterhin die Anteile <strong>der</strong> Bezieher von Sozialhilfe<br />
und Jugendhilfe auf <strong>Stadt</strong>teilebene auswerten.<br />
Abbildung 25:<br />
Sozialhilfe- und Jugendhilfedichte in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Sozialhilfequote (n=2472 Personen) auf je 1.000 Einwohner bzw. Jugendhilfequote (n=348 / 296 Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche) je 1.000 Einwohner unter 21 Jahren<br />
70<br />
66<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
31<br />
30<br />
24 23<br />
20<br />
15<br />
16<br />
14 13<br />
10<br />
0<br />
Altstadt<br />
Paradies<br />
Petershausen West<br />
66<br />
56<br />
42<br />
1817<br />
13<br />
11 11<br />
8<br />
Petershausen Ost<br />
Königsbau<br />
Allmannsdorf<br />
67<br />
52<br />
37 37 37<br />
33<br />
30<br />
16<br />
14<br />
7<br />
4 4<br />
Staad<br />
Fürstenberg<br />
Wollmatingen<br />
Industriegebiet<br />
2<br />
0 0<br />
Egg<br />
Litzelstetten<br />
12<br />
9<br />
6 7<br />
4<br />
2<br />
Dingelsdorf<br />
SH<br />
je 1000 Einwohner (n=2.472)<br />
JH (mit §16 KJHG)<br />
je 1000 Ew. < 21 J.<br />
(n=348)<br />
JH (ohne §16 KJHG)<br />
je 1000 Ew. < 21 J.<br />
(n = 296)<br />
Dettingen<br />
16 16<br />
8 8<br />
Wallhausen<br />
1 1<br />
35<br />
Gesamtdurchschnitt<br />
23<br />
19<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt 2001<br />
78
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Eine entsprechende Analyse des Sozial- und Jugendamtes <strong>Konstanz</strong> führt zu dem<br />
Ergebnis, dass<br />
• die Sozialhilfedichte am höchsten ist in den <strong>Stadt</strong>teilen Petershausen-West (6,6%),<br />
Fürstenberg (5,2%) und Königsbau/ Stockacker (4,2%).<br />
• die Jugendhilfedichte liegt, wenn man die „weichen“ Angebote nach § 16 SGB VIII<br />
außer Betracht lässt, beson<strong>der</strong>s hoch im <strong>Stadt</strong>teil Königsbau/ Stockacker (6,6% <strong>der</strong><br />
unter 21-Jährigen), Fürstenberg (3,3%) und Petershausen-West (3,1% <strong>der</strong> unter<br />
21-Jährigen).<br />
Aus dieser Analyse geht recht eindeutig hervor, dass die <strong>Stadt</strong>teile Petershausen-<br />
West, Fürstenberg und Königsbau/ Stockacker zu den sozial belasteten Wohngebieten<br />
gehören. Geringe soziale Belastungen zeigen demgegenüber die kleineren, teilweise<br />
ländlich strukturierten <strong>Stadt</strong>teile Litzelstetten, Dingelsdorf, Allmannsdorf, Staad, Egg,<br />
Dettingen und Wallhausen.<br />
Unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> ökologischen Wohnqualität dürfte hingegen die Belastung<br />
im gesamten <strong>Stadt</strong>gebiet <strong>Konstanz</strong> sehr gering sein. Eine geringe Dichte an Industrie,<br />
insbeson<strong>der</strong>e das Fehlen von umweltschädlichen Branchen wie Schwerindustrie,<br />
Großchemie, Bergbau und Atomwirtschaft tragen ebenso zur hohen Umweltqualität<br />
bei wie die Seelage und <strong>der</strong> damit verbundene Erholungswert <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>.<br />
79
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
7. Die Situation pflegebedürftiger Menschen<br />
Ein Anstieg <strong>der</strong> Lebenserwartung, fortgeschrittene Möglichkeiten <strong>der</strong> medizinischen<br />
Behandlung und Rehabilitation im Krankheitsfall sowie ein im Durchschnitt früherer<br />
Ausstieg aus dem Berufsleben haben dazu geführt, dass die nachberufliche Phase des<br />
Älterwerdens sich vom zeitlichen Umfang her ausgedehnt hat. Auch <strong>der</strong> biografische<br />
Stellenwert des Alters hat sich damit verän<strong>der</strong>t: An die Stelle eines „Ruhestands“ im<br />
Sinne einer mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> kurzen Restphase des Lebens ist ein eigenständiger<br />
Lebensabschnitt getreten, <strong>der</strong> bei weitgehend guter Gesundheit und materieller Absicherung<br />
für den überwiegenden Teil <strong>der</strong> älteren Menschen neue Möglichkeiten <strong>der</strong><br />
inhaltlichen Gestaltung eröffnet. Trotz dieser Entwicklung nimmt aber nach wie vor das<br />
Risiko chronischer Krankheit o<strong>der</strong> zumindest <strong>der</strong> Einschränkung von Mobilität und<br />
selbstständiger Lebensführung mit höherem Alter deutlich zu: Die Anteile <strong>der</strong>er, die<br />
regelmäßig auf Pflege o<strong>der</strong> Hilfe im Haushalt angewiesen sind, steigen von rd. 8% <strong>der</strong><br />
65- bis 69-Jährigen über 19% <strong>der</strong> 75- bis 79-Jährigen auf rd. 55% <strong>der</strong> Hochaltrigen (im<br />
Alter von 85 und mehr Jahren) deutlich an. 42 Dabei entspricht dem zeitgemäßen Verständnis<br />
von Lebensqualität eine möglichst individuell zugeschnittene, in <strong>der</strong> vertrauten<br />
Wohnumgebung geleistete Hilfe und Pflege eher als eine frühe Übersiedlung in eine<br />
Einrichtung; diese wird von den meisten Älteren erst für den Fall ins Auge gefasst,<br />
dass alle Möglichkeiten, den Hilfe- und Pflegebedarf über familiäre und professionelle<br />
ambulante Unterstützung abzudecken, ausgeschöpft sind. 43<br />
7.1 Umfang, Struktur und Entwicklung des Pflegebedarfs in <strong>Konstanz</strong><br />
Demografie und Pflegebedarf<br />
Die Altersstruktur <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Bevölkerung weicht zwar in den unteren und mittleren<br />
Altersgruppen von <strong>der</strong> Altersstruktur in Deutschland ab, nicht aber bei den 60-<br />
Jährigen und Älteren: Insgesamt 22-23% <strong>der</strong> Bevölkerung sind im Alter von 60 und<br />
mehr Jahren, darunter 5% im Alter von 75 bis 84 Jahren und 2% Hochaltrige ab 85<br />
Jahren.<br />
42<br />
43<br />
U. Schneekloth/ P. Potthoff, Hilfe- und Pflegebedürftige in privaten Haushalten, hrsg. vom<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Schriftenreihe Bd. 111.2,<br />
Stuttgart 1996, S. 111<br />
Vgl. D. Engels/ H. Engel, Lebenssituation und Verän<strong>der</strong>ungswünsche älterer Bürgerinnen<br />
und Bürger in Lahnstein, <strong>ISG</strong> Köln 2000<br />
80
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 27:<br />
Altersgruppen im Vergleich (31.12.2000)<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> Deutschland<br />
Altersgruppe Anzahl Struktur Struktur<br />
bis unter 18 Jahren 11.841 15% 19%<br />
18 - 59 Jahre 49.970 63% 58%<br />
ab 60 Jahren 17.494 22% 23%<br />
darunter:<br />
60 - 74 Jahre 11.514 15% 16%<br />
75 - 84 Jahre 4.150 5% 5%<br />
ab 85 Jahren 1.830 2% 2%<br />
Gesamt 79.305 100% 100%<br />
Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Sozial- und Jugendamt; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Genaue Angaben über die Zahl und Struktur <strong>der</strong> Pflegebedürftigen sind auf kommunaler<br />
Ebene nur schwer zu ermitteln. Jedoch haben sich die auf Altersgruppen bezogenen<br />
Pflegequoten als relativ stabil erwiesen, sodass davon auszugehen ist, dass mit<br />
einer Übertragung dieser Quoten auf kommunale Bevölkerungsstrukturen eine recht<br />
verlässliche Schätzung erreicht werden kann. 44<br />
Legt man die Zahl und Altersstruktur <strong>der</strong> Bevölkerung am Jahresende 2001 zu Grunde,<br />
so waren zu diesem Zeitpunkt in <strong>Konstanz</strong> 1.880 Personen pflegebedürftig im Sinne<br />
des Pflegeversicherungsgesetzes, das sind 2,5% <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung (was gleichzeitig<br />
bedeutet, dass immerhin 97,5% <strong>der</strong> Bevölkerung nicht pflegebedürftig sind.) Davon<br />
wohnten schätzungsweise rd. 1.300 Personen (1,8% <strong>der</strong> Bevölkerung) in Privathaushalten<br />
und rd. 590 Personen in stationären Pflegeeinrichtungen (0,8% <strong>der</strong> Bevölkerung).<br />
Etwa die Hälfte aller Pflegebedürftigen (rd. 1.000 Personen) war im Alter von 80 und<br />
mehr Jahren. Dies entspricht einer Quote von rd. 30% <strong>der</strong> Bevölkerung in dieser Altersgruppe,<br />
rd. 70% <strong>der</strong> Hochaltrigen sind also nicht pflegebedürftig. 19% <strong>der</strong> Hochaltrigen<br />
werden aber trotz Pflegebedürftigkeit noch im Privathaushalt gepflegt, sodass nur<br />
je<strong>der</strong> 10. unter den Hochaltrigen ab 80 Jahren auf ein Pflegeheim angewiesen ist (rd.<br />
390 Personen bzw. 12% dieser Altersgruppe).<br />
44<br />
Vgl. D. Engels, Pflegebedarf in Baden-Württemberg: Derzeitiger Stand und zukünftige<br />
Entwicklung. Beitrag zur Vorbereitung des Landespflegeplans im Auftrag des Sozialministeriums<br />
Baden-Württemberg, Köln 2000<br />
81
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Tabelle 28:<br />
Schätzung <strong>der</strong> Empfänger von Leistungen <strong>der</strong> sozialen Pflegeversicherung in <strong>Konstanz</strong><br />
Zahl und Quote nach drei Altersgruppen und Pflegestufen am 31. Dezember 2001<br />
Art und Grad des Insgesamt unter 60 Jahren 60 bis 79 Jahre ab 80 Jahren<br />
Pflegebedarfs Anzahl Quote* Anzahl Quote* Anzahl Quote* Anzahl Quote*<br />
häusliche Pflege 1.293 1,8% 294 0,5% 389 2,8% 610 18,7%<br />
darunter:<br />
Stufe I 696 0,9% 131 0,2% 220 1,6% 344 10,6%<br />
Stufe II 461 0,6% 112 0,2% 135 1,0% 214 6,5%<br />
Stufe III 136 0,2% 51 0,1% 34 0,2% 52 1,6%<br />
stationäre Pflege 589 0,8% 77 0,1% 125 0,9% 387 11,9%<br />
darunter:<br />
Stufe I 221 0,3% 54 0,1% 47 0,3% 120 3,7%<br />
Stufe II 246 0,3% 12 0,0% 51 0,4% 183 5,6%<br />
Stufe III 121 0,2% 11 0,0% 26 0,2% 84 2,6%<br />
Leistungsempfänger<br />
zusammen 1.881 2,5% 371 0,7% 514 3,7% 997 30,5%<br />
darunter:<br />
Stufe I 917 1,2% 185 0,3% 268 1,9% 465 14,2%<br />
Stufe II 707 1,0% 124 0,2% 186 1,4% 397 12,2%<br />
Stufe III 257 0,3% 62 0,1% 60 0,4% 135 4,1%<br />
* Anteil <strong>der</strong> Leistungsbezieher an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung in <strong>der</strong> jeweiligen Altersgruppe<br />
Quelle: Bundesarbeitsblatt 9/2001; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Prognose <strong>der</strong> Bedarfsentwicklung<br />
Die zukünftige Entwicklung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Pflegebedürftigen lässt sich nur ungefähr abschätzen.<br />
Sie wird maßgeblich durch die demografische Entwicklung beeinflusst; hierzu<br />
liegen Vorausberechnungen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg vor,<br />
die auch die Grundlage <strong>der</strong> Landespflegeplanung bildeten. 45 Diese Berechnungen gehen<br />
davon aus, dass die Zahl <strong>der</strong> Senioren ab 60 Jahren im Landkreis <strong>Konstanz</strong> insgesamt<br />
zwischen den Jahren 2000 und 2005 um 6% zunehmen wird und bis zum Jahr<br />
2010 um weitere 4%. Bezogen auf die Zahl <strong>der</strong> 80-Jährigen und Älteren sieht die Entwicklung<br />
noch dramatischer aus: Deren Zunahme wird auf 14% (2000 - 2005) bzw.<br />
12% (2005 - 2010) geschätzt. Unter den Voraussetzungen, dass diese Entwicklung<br />
eintritt, dass die <strong>der</strong>zeitigen Pflegequoten konstant bleiben und dass die Tendenz für<br />
die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> ähnlich sein wird wie für den Landkreis, wird die Zahl <strong>der</strong> älteren<br />
Pflegebedürftigen (ab 60 Jahren) in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> von 990 im Jahr 2000 um 10%<br />
auf rd. 1.090 im Jahr 2010 steigen. Die Zahl <strong>der</strong> Hochaltrigen, die in <strong>der</strong> Regel einen<br />
45<br />
Auf Basis <strong>der</strong> Daten <strong>der</strong> 9. koordinierten Bevölkerungsvorausrechnung wurde die Entwicklung<br />
des zukünftigen Pflegebedarfs in den Städten und Landkreisen Baden-<br />
Württembergs abgeschätzt; vgl. D. Engels, Pflegebedarf in Baden-Württemberg, Köln<br />
2000<br />
82
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
intensiveren Pflegebedarf aufweisen, wird dieser Berechnung zufolge sogar um 27%<br />
steigen.<br />
Tabelle 29:<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Pflegebedürftigkeit <strong>der</strong> Älteren<br />
Jahr Jahr Verän- Jahr Verän-<br />
Pflegebedürftige 2000 2005 <strong>der</strong>ung 2010 <strong>der</strong>ung<br />
ab 60 Jahren 990 1.049 6,0% 1.092 4,1%<br />
darunter:<br />
60 - 79 Jahre 431 413 -4,2% 381 -7,8%<br />
ab 80 Jahren 559 637 13,9% 712 11,8%<br />
Quelle: Bundesarbeitsblatt 9/2001; Berechnungen des <strong>ISG</strong><br />
Pflegebedürftigkeit und Armut<br />
Was die materielle Lage <strong>der</strong> Pflegebedürftigen betrifft, so führten die stark steigenden<br />
Kosten insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> stationären Pflege bis Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre dazu, dass<br />
zwei Drittel <strong>der</strong> Heimbewohner auf die Unterstützung <strong>der</strong> Sozialhilfe (in Form <strong>der</strong> Hilfe<br />
zur Pflege) angewiesen waren. Die Einführung <strong>der</strong> Pflegeversicherung hat diese Unterstützung<br />
zwar nicht völlig erübrigt, da ihre Leistungen begrenzt sind; sie hat jedoch<br />
für einen erheblichen Teil <strong>der</strong> Pflegebedürftigen zu einer deutlichen Verbesserung ihrer<br />
materiellen Lage geführt.<br />
Eine beson<strong>der</strong>s schwierige Lebenssituation liegt dann vor, wenn Pflegebedürftigkeit mit<br />
einem geringen Einkommen verbunden ist. Derzeit sind in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> nur 11<br />
Personen registriert, die gleichzeitig auf ambulante Hilfe zur Pflege und Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
angewiesen sind, wobei zu beachten ist, dass die Hilfe zur Pflege nach<br />
dem BSHG gegenüber den Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung nachrangig ist. Inwieweit<br />
bei Pflegebdürftigkeit Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung mit <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
verbunden sind, lässt sich nicht feststellen, weil darüber keine statistischen<br />
Daten vorliegen.<br />
83
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
7.2 Pflegerische Versorgungsstruktur<br />
Für die Versorgung <strong>der</strong> pflegebedürftigen Personen stehen mit Stand April 2002 in<br />
<strong>Konstanz</strong> folgende Dienste und Einrichtungen (einschließlich Neubau Margarethenheim)<br />
zur Verfügung:<br />
Tabelle 30:<br />
Einrichtungen <strong>der</strong> Altenhilfe in <strong>Konstanz</strong><br />
Einrichtungstyp Anzahl Plätze<br />
stationäre und teilstationäre Pflegeeinrichtungen<br />
Pflegeheime 8 540<br />
Kurzzeitpflegeeinrichtungen 3 9<br />
Tagespflegeeinrichtungen 3 29<br />
ambulante Pflege- und Hilfsdienste<br />
ambulante Pflegedienste 15<br />
hauswirtschaftliche Dienste 8<br />
Hausnotruf-Anbieter 2<br />
mobile Mahlzeitendienste 3<br />
Wohnangebote für Ältere Häuser Wohnungen<br />
Seniorenwohnungen 21 620<br />
darunter "betreutes Wohnen" 536<br />
Quelle: Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Eine Bewertung <strong>der</strong> quantitativen Versorgungsdichte 46 führt zu folgendem Ergebnis:<br />
Die Zahl <strong>der</strong> zur Verfügung stehenden stationären Pflegeplätze liegt etwas niedriger<br />
als die hochgerechnete Zahl <strong>der</strong> stationär Pflegebedürftigen. Dieses Ergebnis bestätigt<br />
die Feststellung einer noch unzureichenden Bedarfsdeckung im Geschäftsbericht des<br />
Sozialamts. 47<br />
Der Bedarf an Plätzen <strong>der</strong> Tagespflege und Kurzzeitpflege kann nicht eindeutig bestimmt<br />
werden. Orientiert man sich an bundesweiten Durchschnittswerten, so ist von<br />
annäherungsweise 14.200 Kurzzeitpflege- und 13.400 Tagespflegeplätzen auszuge-<br />
46<br />
47<br />
Dies impliziert keine qualitative Bewertung, da dazu intensive Analysen erfor<strong>der</strong>lich wären.<br />
Sozial- und Jugendamt <strong>Konstanz</strong>, Geschäftsbericht 1999/ 2000, S. 30<br />
84
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
hen. 48 Bezogen auf die pflegebedürftige Bevölkerung ab 60 Jahren in Privathaushalten<br />
entspricht dies einer Versorgungsquote von 1,4% (Kurzzeitpflege) bzw. 1,3% (Tagespflege).<br />
Für die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> würde dies einer Kapazität von 14 Kurzzeitpflege- und<br />
13 Tagespflegeplätzen entsprechen. Die quantitative Versorgung in <strong>Konstanz</strong> ist somit<br />
im Bereich <strong>der</strong> Tagespflege überdurchschnittlich, während im Bereich <strong>der</strong> Kurzzeitpflege<br />
eine Unterversorgungslage festzustellen ist.<br />
Über die Versorgungsdichte mit ambulanten Pflegediensten und mit betreuten Wohnungen<br />
liegen noch wenig Informationen vor. Wenn man für das betreute Wohnen<br />
bundesweit von einer Versorgungsquote von etwa 2% <strong>der</strong> älteren Bevölkerung ab 60<br />
Jahren ausgeht, bedeutet dies für <strong>Konstanz</strong> einen Bedarf von rd. 340 Plätzen, dem ein<br />
hinreichendes Angebot von 536 Wohnungen gegenüber steht.<br />
48<br />
U. Schneekloth/ U. Müller, Wirkungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung, Schriftenreihe des Bundesministeriums<br />
für Gesundheit Bd. 127, Baden-Baden 1999, S. 188<br />
85
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
8. Personengruppen in beson<strong>der</strong>s belasteten Lebenslagen<br />
Personen in beson<strong>der</strong>s belasteten Lebenslagen haben ein hohes Risiko, aus <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
ausgegrenzt zu werden o<strong>der</strong> sich selbst auszugrenzen (bis hin zu einer<br />
grundlegenden Verweigerung von Hilfe). Die in diesem Bereich tätigen Fachkräfte sehen<br />
sich vor das Problem gestellt, dass die erfor<strong>der</strong>lichen Hilfeleistungen einerseits<br />
aufwendig und beratungsintensiv sind, an<strong>der</strong>erseits aber innerhalb des städtischen<br />
Sozialsystems nur eine marginale Rolle spielen. Zudem bestehen häufig Zweifel hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong> Hilfe.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> hat das <strong>ISG</strong> amtliche Statistiken,<br />
Materialien von sozialen Diensten und Einrichtungen sowie Darstellungen aus<br />
<strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Betroffeneninitiative ausgewertet. In einem Fachgespräch wurden diese<br />
Ergebnisse vorgestellt und im Hinblick darauf erörtert, welche Möglichkeiten und<br />
Schwierigkeiten einer wirksamen Hilfe in <strong>der</strong> Praxis gesehen werden.<br />
8.1 Hilfen nach § 72 BSHG im bundesweiten Vergleich<br />
Aus Anlass <strong>der</strong> neuen Verordnung zu § 72 BSHG, die seit August 2001 in Kraft ist, hat<br />
das <strong>ISG</strong> im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung eine bundesweite<br />
Untersuchung <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Praxis <strong>der</strong> Hilfe für Personen in beson<strong>der</strong>en<br />
Schwierigkeiten durchgeführt. 49 Die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchung sollen<br />
hier kurz referiert werden, da sie einen guten Überblick über Klientel und Problematik<br />
in diesem Bereich vermitteln.<br />
• Trägerschaft: Generell sind die überörtlichen Sozialhilfeträger für die Kosten <strong>der</strong><br />
vollstationären und teilstationären Hilfe zuständig, die örtlichen Sozialhilfeträger für<br />
die <strong>der</strong> ambulanten Hilfen. Baden-Württemberg gehört zu den neun Bundeslän<strong>der</strong>n,<br />
in denen <strong>der</strong> überörtliche Sozialhilfeträger auch für die „ambulante Sesshaftmachung“<br />
(meist in Form von „betreutem Wohnen“) zuständig ist.<br />
• Durchführung: Die Durchführung <strong>der</strong> Hilfen erfolgt überwiegend durch die örtlichen<br />
Träger.<br />
• Klientel: Die Klientendichte variiert erheblich zwischen städtischem und ländlichem<br />
Raum: Während in kreisfreien Städten durchschnittlich 2,3 Klienten pro 1.000 Einwohner<br />
registriert wurden, sind es in Landkreisen nur 0,6 Klienten pro 1.000 Ein-<br />
49<br />
Dabei stand zunächst eine Bestandsaufnahme <strong>der</strong> vor diesem Zeitpunkt praktizierten<br />
Hilfe im Vor<strong>der</strong>grund, um später in einem zweiten Schritt den Effekt <strong>der</strong> neuen Verordnung<br />
ermitteln zu können; vgl. D. Engels, Vorarbeiten für einen Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
über die praktischen Auswirkungen <strong>der</strong> neuen VO zu § 72 BSHG, über die Kostenentwicklung<br />
und <strong>der</strong>en Ursachen, Köln 2001<br />
86
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
wohner. Nach <strong>der</strong> früher geltenden Kategorisierung sind 38% dieser Klienten „Personen<br />
ohne ausreichende Unterkunft“, 35% sind „Nichtsesshafte“, 18% sind Haftentlassene<br />
und 3% sind „verhaltensgestörte junge Menschen“. Der Anteil <strong>der</strong> als<br />
„nicht sesshaft“ zugeordneten Personen hängt auch davon ab, wer die Kosten<br />
trägt: Wo (wie auch in Baden-Württemberg) <strong>der</strong> überörtliche Träger dafür zuständig<br />
ist, werden 56% aller Hilfeempfänger dieser Kategorie zugeordnet, in den an<strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n nur 14%. Die Klienten sind überwiegend Männer; <strong>der</strong> Frauenanteil ist mit<br />
durchschnittlich 14% sehr niedrig.<br />
• Auswirkung <strong>der</strong> neuen Verordnung: Nennenswerte Verän<strong>der</strong>ungen werden durch<br />
die neue VO kaum erwartet. Zum Teil wurde die neue Zielgruppenbeschreibung<br />
schon vorher eingeführt, sodass kein abrupter Übergang stattgefunden hat.<br />
Unabhängig von <strong>der</strong> neuen VO ist die Hilfe nach § 72 BSHG in mehreren Punkten<br />
konzeptionell weiter entwickelt worden. Dazu gehört insbeson<strong>der</strong>e die Einführung einer<br />
meist 3-monatigen „Clearingphase“, innerhalb <strong>der</strong>er die Klienten zunächst probeweise<br />
in eine Einrichtung aufgenommen werden, um durch eine genaue Abklärung von Hilfebedarf<br />
und geeignet erscheinenden Maßnahmen eine vorschnelle Institutionalisierung<br />
zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
8.2 Beson<strong>der</strong>s belastete Personen in <strong>Konstanz</strong>: Charakteristik und Hilfebedarf<br />
Wie viele Personen in beson<strong>der</strong>en Schwierigkeiten es in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> gibt, ist<br />
nicht eindeutig dokumentiert. Geht man zunächst von den in <strong>der</strong> o.g. Untersuchung<br />
ermittelten Durchschnittswerten aus, so müsste <strong>der</strong>en Zahl zwischen 50 und 180 Personen<br />
liegen – je nach dem, ob für <strong>Konstanz</strong> <strong>der</strong> für Landkreise o<strong>der</strong> <strong>der</strong> für kreisfreie<br />
Städte ermittelte Durchschnitt zu Grunde gelegt wird. Rechnet man die Zahl <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Sozialhilfeaktenanalyse erfassten Personen mit diesem Problemprofil hoch, so dürfte<br />
die Zahl bei insgesamt etwa 100 Personen liegen, darunter etwa die Hälfte Obdachlose<br />
und ein hoher Anteil mit Suchtproblematik.<br />
Diese Ergebnisse werden durch die Einrichtungsstatistiken tendenziell bestätigt. Die<br />
Tagesstätte Lutherplatz, die sich <strong>der</strong> Arbeit mit Obdachlosen widmet, zählte im Jahr<br />
2000 insgesamt rd. 280 Besucher, <strong>der</strong> Frauenanteil darunter lag bei 14%. Im Herbst<br />
2001 ergab eine von <strong>der</strong> LIGA durchgeführte Stichtagserhebung (am 28. September<br />
2001) eine Besucherzahl von 56 Personen, darunter waren 11 Frauen. Hinzu kommt<br />
eine kleinere Gruppe jüngerer Obdachloser, die diese Einrichtung nicht besuchen.<br />
Zu den Besuchern <strong>der</strong> Tagesstätte liefert die Stichtagserhebung folgende weiteren<br />
Informationen: Das mittlere Alter liegt bei 40 Jahren, jeweils die Hälfte <strong>der</strong> Besucher<br />
87
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
war jünger o<strong>der</strong> älter; 5 Personen waren unter 20 Jahren. Im betreuten Wohnen waren<br />
mehr als die Hälfte über 40 Jahre alt, und in <strong>der</strong> stationären Einrichtung steigt <strong>der</strong>en<br />
Anteil auf zwei Drittel. Die Wohnsituation ist in den beiden letztgenannten Einrichtungen<br />
vorgegeben, bei den Besuchern <strong>der</strong> Beratungsstelle und Tagesstätte aber heterogen.<br />
Die meisten Klienten beziehen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Bezug in<br />
Form von Tagessätzen kommt nur bei den Besuchern <strong>der</strong> Beratungsstelle und Tagesstätte<br />
vor. Festes Arbeitseinkommen (auf dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt) beziehen<br />
30% <strong>der</strong> Bewohner <strong>der</strong> stationären Einrichtung, bei den an<strong>der</strong>en Einrichtungen ist<br />
dieser Anteil geringer; hier kommt eher noch <strong>der</strong> Bezug von Lohnersatzleistungen hinzu.<br />
Tabelle 31:<br />
Wohnungslose in <strong>Konstanz</strong><br />
Stichtagserhebung <strong>der</strong> AGJ am 28.09.2001<br />
Beratungsstelle KN betr. Wohnen KN station. Einrichtung RZ<br />
Besucher insgesamt 56 100% 21 100% 32 100%<br />
darunter: Männer 45 80% 18 86% 30 94%<br />
Frauen 11 20% 3 14% 2 6%<br />
Alter: unter 20 J. 5 9%<br />
20-29 Jahre 11 20% 3 14% 4 13%<br />
30-39 Jahre 11 20% 6 29% 7 22%<br />
40-49 Jahre 18 32% 8 38% 12 38%<br />
ab 50 Jahren 11 20% 4 19% 9 28%<br />
Unterkunft: station. Unterbringung 32 100%<br />
betreutes Wohnen 21 100%<br />
ohne Unterkunft 18 32%<br />
Notwohnung 19 34%<br />
Pension 1 2%<br />
Individualwohnraum 6 11%<br />
bei Bekannten 10 18%<br />
Sonstiges 2 4%<br />
Einkommen: laufende HLU 30 54% 7 33% 20 63%<br />
HLU-Tagessätze 9 16% 0 0% 0 0%<br />
Arbeitseinkommen 9 16% 3 14% 10 31%<br />
Lohnersatzleistungen 6 11% 8 38% 0 0%<br />
Rente 2 4% 0 0% 2 6%<br />
Sonstiges 0 0% 3 14% 0 0%<br />
Quelle: Stichtagserhebung <strong>der</strong> AGJ, September 2001<br />
Da die belasteten Personen überwiegend laufende Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen,<br />
erscheint ein Teil von ihnen auch in den Sozialhilfeakten, die im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Armutsbericht</strong>erstattung<br />
geson<strong>der</strong>t ausgewertet wurden. Diese Personen sind zwar auf<br />
Grund <strong>der</strong> geringen Anzahl nicht repräsentativ für den gesamten Personenkreis, dennoch<br />
lässt <strong>der</strong>en Analyse einige Grundprobleme erkennen, die typisch sein dürften.<br />
88
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Die beson<strong>der</strong>s belasteten Personen sind fast ausschließlich deutscher Nationalität<br />
(93% gegenüber 74% aller HLU-Bezieher). Von <strong>der</strong> Altersstruktur her überwiegen Personen<br />
unter 40 Jahren; vor allem die wohnungslosen Klienten sind vorwiegend junge<br />
Erwachsene, 42% von ihnen sind jünger als 25 Jahre.<br />
Abbildung 26:<br />
Altersgruppen<br />
Personen in beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten (Haushaltsvorstand, N=50)<br />
6%<br />
18-24 Jahre<br />
11%<br />
42%<br />
25-39 Jahre<br />
33%<br />
38%<br />
47%<br />
50%<br />
40-59 Jahre<br />
25%<br />
25%<br />
28%<br />
41%<br />
60 und älter<br />
6%<br />
22%<br />
25%<br />
Suchtkrankheit Freiheitsentz./ Haftentl. ohne eigene Wohnung gesamt*<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
*zu 100% fehlende = unter 18 Jahren<br />
Von allen Sozialhilfeempfängern in <strong>Konstanz</strong> ist die Hälfte allein lebend, aber unter den<br />
beson<strong>der</strong>s belasteten Personen leben 67% <strong>der</strong> Personen mit Wohnungsproblemen,<br />
80% <strong>der</strong> Haftentlassenen und 85% <strong>der</strong> Suchtkranken alleine.<br />
89
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 27:<br />
Typ <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft<br />
Haushalte in beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten (N=50)<br />
allein lebend<br />
50%<br />
67%<br />
85%<br />
80%<br />
Paar ohne Kind<br />
3%<br />
8%<br />
9%<br />
Paar mit Kind(ern)<br />
allein erziehend<br />
sonstige BG<br />
17%<br />
10%<br />
6%<br />
8%<br />
26%<br />
6%<br />
20%<br />
6%<br />
Suchtkrankheit<br />
Freiheitsentz./ Haftentl.<br />
ohne eigene Wohnung<br />
HLU insgesamt<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
Von ihren Integrationsvoraussetzungen her weisen diese Personen erhebliche Defizite<br />
auf. Die Anteile unter ihnen, die einen Schul- o<strong>der</strong> Berufsabschluss haben, liegen<br />
durchweg niedriger als bei den HLU-Beziehern insgesamt. Als uneingeschränkt arbeitsfähig<br />
werden zwar 60% <strong>der</strong> Haftentlassenen, aber nur 15% <strong>der</strong> Suchtkranken eingeschätzt.<br />
Allerdings wird die Überwindung des Hilfebezugs bei den meisten dieser<br />
Klienten für möglich gehalten, wobei zumindest bei den Suchtkranken und Wohnungslosen<br />
mit einem intensiven Beratungsbedarf zu rechnen ist.<br />
90
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Abbildung 28:<br />
Integrationschancen<br />
für Personen in beson<strong>der</strong>n sozialen Schwierigkeiten<br />
uneingeschränkt arbeitsfähig:<br />
insgesamt<br />
27%<br />
Suchtkrankheit<br />
15%<br />
Freiheitsentz./ Haftentl.<br />
60%<br />
ohne eigene Wohnung<br />
33%<br />
Überwindung möglich:<br />
insgesamt<br />
59%<br />
Suchtkrankheit<br />
Freiheitsentz./ Haftentl.<br />
ohne eigene Wohnung<br />
73%<br />
75%<br />
80%<br />
Beratung (evtl.) erfor<strong>der</strong>lich:<br />
insgesamt<br />
43%<br />
Suchtkrankheit<br />
64%<br />
Freiheitsentz./ Haftentl.<br />
40%<br />
ohne eigene Wohnung<br />
67%<br />
<strong>ISG</strong> 2001<br />
Quelle: Analyse von Sozialhilfeakten in <strong>Konstanz</strong>, <strong>ISG</strong> Köln<br />
8.3 Angebotsspektrum für Personen in beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten<br />
Der für die Hilfe nach § 72 BSHG zuständige Landkreis <strong>Konstanz</strong> hat die „Arbeitsgemeinschaft<br />
für Gefährdetenhilfe und Jugendschutz in <strong>der</strong> Erzdiözese Freiburg“ (AGJ)<br />
mit <strong>der</strong> Durchführung dieser Hilfen beauftragt. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer,<br />
z.T. ehrenamtlicher Organisationen, die für spezielle Klientengruppen zusätzliche<br />
Hilfen anbieten.<br />
91
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
8.3.1 Hilfen für Wohnungslose<br />
Die AGJ hat sich zum Ziel gesetzt, mit Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen die sozialen<br />
Schwierigkeiten unter Berücksichtigung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Lebensverhältnisse zu überwinden.<br />
Sie ist Träger einer geglie<strong>der</strong>ten Einrichtungsstruktur für Wohnungslose:<br />
• „Jakobushof“ in Radolfzell<br />
Die Facheinrichtung „Jakobushof“ in Radolfzell ist eine stationäre Einrichtung mit 34<br />
Plätzen für Männer und Frauen. Im Zuge <strong>der</strong> Einführung eine „Klärungsphase“ (vgl.<br />
Abschnitt 8.1) sind 12 von diesen Plätzen seit Januar 2002 in „Aufnahmeplätze“ umgewidmet<br />
worden. Der Aufenthalt ist grundsätzlich auf 18 Monate begrenzt. Neben den<br />
Angeboten <strong>der</strong> Beratung, Tagesgestaltung und Anleitung zur Selbstversorgung werden<br />
in geeigneten Fällen auch Hilfen zur Arbeit in Kooperation mit dem <strong>Konstanz</strong>er Beschäftigungsprojekt<br />
FAIRKAUF angeboten.<br />
Weiterhin werden im Jakobushof 14 Plätze des betreuten Wohnens sowie eine Fachberatungsstelle<br />
mit Sozialhilfeauszahlung und weiteren Angeboten betrieben, die aber<br />
eher für Klienten des Landkreises zuständig sind, während die <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> über<br />
eigene Angebote dieser Art verfügt.<br />
• Betreutes Wohnen in <strong>Konstanz</strong><br />
In <strong>Konstanz</strong> bietet die AGJ 21 Plätze des betreuten Wohnens an, darunter 15 Einzelzimmer<br />
in drei Wohngruppen und 6 Appartements. Auch hier ist die Aufenthaltsdauer<br />
auf 18 Monate begrenzt.<br />
• Fachberatungsstelle und Tagesstätte am Lutherplatz<br />
Eine wichtige Adresse für Wohnungslose in <strong>Konstanz</strong> ist <strong>der</strong> Lutherplatz 6, wo die AGJ<br />
eine Fachberatungsstelle mit Beratung, Sozialhilfeauszahlung und Abklärung des Hilfebedarfs<br />
betreibt. Hier steht außerdem eine ehrenamtlich betreute Tagesstätte zur<br />
Verfügung, in <strong>der</strong> neben einer Erfüllung <strong>der</strong> Grundbedürfnisse an Essen, Kleidung und<br />
Hygiene auch Freizeitangebote gemacht werden. An zwei Vormittagen pro Woche wird<br />
hier auch eine ambulante medizinische Versorgung durch eine Krankenschwester angeboten.<br />
Auch für die in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> betreuten Klienten gelten im Wesentlichen die Ziele<br />
einer Anleitung zur Selbstversorgung und in geeigneten Fällen Hilfen zur Arbeit in Kooperation<br />
mit dem Beschäftigungsprojekt FAIRKAUF.<br />
92
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
8.3.2 Betroffenen-Initiative <strong>Konstanz</strong> (BI)<br />
Eine ehrenamtliche Betreuung von wohnungslosen Personen leistet die Betroffenen-<br />
Initiative <strong>Konstanz</strong>, die schwerpunktmäßig Personen betreut, die in Notunterkünften<br />
(17 Plätze), in den Wohncontainern (8 Plätze) und auf <strong>der</strong> Straße leben. Die BI hat sich<br />
zum Ziel gesetzt, Kontakte zu allen Personen in schwierigen Lebenslagen herzustellen<br />
und zu pflegen, auch zu denen, die vom professionellen Versorgungssystem nur<br />
schwer zu erreichen sind. Praktiziert wird ein niedrigschwelliger Zugang zu diesen Personen,<br />
in dem keinerlei Voraussetzungen an Mitwirkungsbereitschaft o<strong>der</strong> Verpflichtungen<br />
<strong>der</strong> Zielgruppe geknüpft werden. Vielmehr werden <strong>der</strong>en Lebenswünsche (einschließlich<br />
ihres Alkohol- und Drogenkonsums sowie „anstößiger“ Verhaltens- und<br />
Kleidungsweisen) zunächst akzeptiert, um eine Kommunikation überhaupt in Gang zu<br />
setzen. Sozialtherapeutische Ziele sind dagegen nachrangig und werden eher indirekt<br />
verfolgt, indem – nach Aussage <strong>der</strong> Betroffeneninitiative – eine Heranführung des<br />
Klientels an das professionelle Hilfesystem (insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> AGJ) angestrebt wird.<br />
8.3.3 Bezirksverein für soziale Rechtspflege<br />
Der Bezirksverein für soziale Rechtspflege betreut straffällige Personen vor, während<br />
und nach <strong>der</strong> Haft. Seine Zielsetzung ist es, für diese und gemeinsam mit diesen die<br />
„Voraussetzungen für geordnete Lebensverhältnisse zu erarbeiten und ihnen die soziale<br />
und berufliche Integration zu erleichtern“. 50 Der Verein betreibt ein Wohnheim mit<br />
einem Aufnahmebereich und einer längerfristig betreuten Wohngruppe (zusammen 10<br />
Plätze, durchschnittliche Belegung im Jahr 2000: 8,9 Bewohner) sowie eine Beratungsstelle<br />
mit Tagestreffpunkt, die vor allem auch von ehemaligen Wohnheimbewohnern<br />
genutzt werden. Im Jahr 2000 wurden insgesamt 109 Personen betreut, was gegenüber<br />
dem Vorjahr einen geringfügigen Rückgang (vor allem im stationären Bereich)<br />
bedeutet. Die Klienten des Vereins sind vorwiegend Männer <strong>der</strong> Altersgruppe zwischen<br />
20 und 40 Jahren. Ein Schwerpunkt <strong>der</strong> Arbeit liegt auf <strong>der</strong> Vermittlung einer Beschäftigung,<br />
was in einem Drittel <strong>der</strong> Fälle gelingt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die<br />
Vermittlung in eine Wohnung. Beides dient in entscheiden<strong>der</strong> Weise auch <strong>der</strong> Rückfallprophylaxe,<br />
denn <strong>der</strong> Aufbau einer deliktfreien Existenz ist auf das Zusammenwirken<br />
mehrerer stabilisieren<strong>der</strong> Faktoren angewiesen.<br />
50<br />
Bezirksverein für soziale Rechtspflege <strong>Konstanz</strong> (Hg.), Jahresbericht 2000<br />
93
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
9. Empfehlungen zur Armutsbekämpfung in <strong>Konstanz</strong><br />
9.1 Zusammenfassung <strong>der</strong> wichtigsten Ergebnisse<br />
Der vorliegende Bericht hat ein mehrdimensionales Bild von Armutslagen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Konstanz</strong> gezeichnet, wobei die Schwerpunkte auf die Bereiche Einkommen und Sozialhilfebezug,<br />
Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, schulische und berufliche Ausbildung,<br />
familiäre Netzwerke und <strong>der</strong>en Entlastung, Wohnen und Wohnumfeld sowie beson<strong>der</strong>s<br />
belastete Lebenslagen gelegt wurden.<br />
Einkommenslage<br />
Der Ruf <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, eine wohlhabende <strong>Stadt</strong> zu sein, erweist sich bei näherer<br />
Betrachtung als brüchig: Die Einkommen in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> liegen leicht unter dem<br />
Bundesdurchschnitt. Dieser Befund weist auf eine Reihe von Problemlagen hin, die<br />
sich erst einer eingehen<strong>der</strong>en Analyse erschließen.<br />
Zieht man den Wohngeldbezug als Indikator heran, so liegt die entsprechende Quote<br />
in <strong>Konstanz</strong> um fast 0,6 Prozentpunkte über dem Durchschnitt in Baden-Württemberg,<br />
bleibt aber unter dem Niveau des früheren Bundesgebietes.<br />
Sozialhilfebezug: Umfang, Ursachen und Überwindungschancen<br />
Ein bundesweites Niveau wird hingegen bei <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt erreicht:<br />
3,4% <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Bevölkerung war auf diese Hilfe für einkommensschwache Personen<br />
angewiesen. <strong>Konstanz</strong> liegt in dieser Hinsicht deutlich über dem Durchschnitt<br />
Baden-Württembergs. Eine Analyse <strong>der</strong> Empfängerstruktur ergibt, dass Frauen zwischen<br />
26 und 45 Jahren und Männer zwischen 46 und 55 Jahren überdurchschnittliche<br />
HLU-Quoten aufweisen. Der Auslän<strong>der</strong>anteil unter den Beziehern von laufen<strong>der</strong> Hilfe<br />
zum Lebensunterhalt fällt in <strong>Konstanz</strong> mit 28% beson<strong>der</strong>s hoch aus, was auch durch<br />
den vergleichsweise hohen Auslän<strong>der</strong>anteil von 14% an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung bedingt<br />
ist. Von <strong>der</strong> Wohnform her liegen die Anteile <strong>der</strong> allein lebenden sowie <strong>der</strong> allein<br />
erziehenden Sozialhilfeempfänger in <strong>Konstanz</strong> über dem Bundesdurchschnitt.<br />
Für fast die Hälfte <strong>der</strong> <strong>Konstanz</strong>er Bedarfsgemeinschaften ist <strong>der</strong> Sozialhilfebezug<br />
durch Arbeitslosigkeit (mit) verursacht. Eine weitere Ursache ist die Brüchigkeit familiärer<br />
Netzwerke: Trennung bzw. Scheidung (21%) und die Geburt eines Kindes (17%)<br />
werden vor allem hinsichtlich <strong>der</strong> großen Gruppe <strong>der</strong> allein Erziehenden als Gründe für<br />
den gegenwärtigen Sozialhilfebezug angegeben. Ein dritter Ursachenkomplex ist mit<br />
<strong>der</strong> gesundheitlichen Situation <strong>der</strong> Hilfeempfänger verbunden. So stellen Krankheit<br />
94
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
(19%) sowie speziell Suchtkrankheit (9%) weitere Ursachen dar. Weitere Ursachen<br />
sind Immigration und die damit verbundenen Sprach- und Qualifikationsdefizite.<br />
Vor allem die Tatsache, dass nur je<strong>der</strong> zweite Sozialhilfeempfänger überhaupt einen<br />
beruflichen Abschluss hat, dürfte ein erhebliches Beschäftigungshemmnis darstellen.<br />
Allerdings garantieren auch höhere berufliche Abschlüsse nicht immer gute Arbeitsmarktchancen,<br />
vor allem wenn an<strong>der</strong>e Hemmnisse wie z.B. psychische Krankheit o<strong>der</strong><br />
die „häusliche Bindung“ von allein Erziehenden eine Beschäftigungsaufnahme erschweren.<br />
Nach Einschätzung <strong>der</strong> Sachbearbeiter haben 41% <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften<br />
kaum eine Möglichkeit zur Überwindung des Hilfebezugs. Für insgesamt gut<br />
die Hälfte <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaften wird die Aufnahme o<strong>der</strong> Ausweitung einer Erwerbstätigkeit<br />
als geeignete Möglichkeit gesehen, als weitere Ansätze werden Qualifizierungsmaßnahmen,<br />
die Realisierung von vorrangigen Ansprüchen, Sprachkurse für<br />
Migranten und Therapien für Suchtkranke genannt.<br />
Integration in den Arbeitsmarkt<br />
Die Integration in den Arbeitsmarkt wird vielfach als <strong>der</strong> Schlüssel zur Überwindung<br />
von Armutslagen und zur gesellschaftlichen Integration gesehen. Die Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen<br />
in <strong>Konstanz</strong> hat von 1995 bis 1997 zugenommen, bis 1999 stagniert und war bis<br />
Mitte des Jahres 2001 wie<strong>der</strong> rückläufig. Damit liegt <strong>Konstanz</strong> im Trend <strong>der</strong> bundesweiten<br />
Entwicklung, die sich allerdings im zweiten Halbjahr 2001 wie<strong>der</strong> verschlechtert<br />
hat. Im Vergleich zu Deutschland insgesamt fallen die höheren Anteile von Auslän<strong>der</strong>n<br />
unter den <strong>Konstanz</strong>er Arbeitslosen auf, während die Anteile <strong>der</strong> Arbeiter sowie <strong>der</strong><br />
Langzeitarbeitslosen (d.h. mindestens seit einem Jahr arbeitslos) in <strong>Konstanz</strong> niedriger<br />
sind als im Bundesdurchschnitt.<br />
Unter den Beziehern von Hilfe zum Lebensunterhalt stehen aber nicht alle Personen im<br />
arbeitsfähigen Alter dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung. Viele sind wegen<br />
gesundheitlicher Beeinträchtigungen o<strong>der</strong> häuslicher Bindung nicht in <strong>der</strong> Lage,<br />
eine Erwerbsarbeit aufzunehmen, an<strong>der</strong>e sind auf Grund ihrer Qualifikationsdefizite nur<br />
schwer vermittelbar. Die „Hilfe zur Arbeit“ leistet in dieser Hinsicht umfassende Unterstützung<br />
zum Einstieg in den Arbeitsmarkt.<br />
Armut an Bildung<br />
Entscheidend für die zukünftigen Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
ist ihre schulische Ausbildung. Als beson<strong>der</strong>s schwierig erweist sich auf Grund dieser<br />
Analyse die Situation <strong>der</strong> ausländischen Kin<strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Anteil in den <strong>Konstanz</strong>er<br />
Grundschulen bei 18% liegt, während sie in den Realschulen mit 10% und in den<br />
Gymnasien mit 6% <strong>der</strong> Schüler zunehmend unterrepräsentiert sind.<br />
95
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Bildungs- und Qualifikationsdefizite stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Zugangsschwierigkeiten<br />
zum Arbeitsmarkt und einer entsprechend hohen Sozialhilfequote.<br />
Von den erwachsenen Sozialhilfebeziehern in <strong>Konstanz</strong> haben 13% keinen schulischen<br />
Abschluss und die Hälfte hat lediglich einen Hauptschulabschluss. Noch stärker<br />
dürfte (gerade zu Zeiten eines angespannten Arbeitsmarktes) ins Gewicht fallen, dass<br />
etwa die Hälfte <strong>der</strong> erwachsenen Sozialhilfebezieher über keinen Berufsabschluss verfügt.<br />
Destabilisierte familiäre Netzwerke<br />
Etwa ein Drittel <strong>der</strong> Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt sind Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
unter 18 Jahren, dieser Anteil ist etwas niedriger als im Bundesdurchschnitt. Vor<br />
allem Kin<strong>der</strong> von allein Erziehenden sind in starkem Maße auf diese Unterstützung<br />
angewiesen, da diese auf Grund eingeschränkter Erwerbsfähigkeit und unzureichen<strong>der</strong><br />
bzw. ausbleiben<strong>der</strong> Unterhaltszahlungen nur unzureichende Einkünfte haben. In <strong>Konstanz</strong><br />
ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Haushalte von allein Erziehenden überdurchschnittlich hoch.<br />
Entwicklungsschwierigkeiten von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen bildet auch die Jugenhilfestatistik<br />
ab. Am Jahresende 2000 wurden in 370 Fällen Hilfen zur Erziehung geleistet,<br />
ein Drittel davon war auch auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Im Vergleich<br />
zur Bundesebene ist es in <strong>Konstanz</strong> besser gelungen, die familienersetzenden Hilfen<br />
auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren und dem gegenüber die ambulanten<br />
und teilstationären Formen <strong>der</strong> Hilfe stärker zu gewichten.<br />
Weiterhin wurden die Angebote für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in <strong>Konstanz</strong> untersucht mit<br />
dem Ergebnis, dass für Kleinkin<strong>der</strong> unterhalb des Kin<strong>der</strong>gartenalters sowie für die flankierende<br />
Schülerbetreuung ein weiterer Ausbau <strong>der</strong> Kapazitäten zu empfehlen ist,<br />
wenn sich auch die <strong>Konstanz</strong>er Versorgungslage im Bundesvergleich nicht schlecht<br />
darstellt.<br />
Darüber hinaus existiert ein vielfältiges Angebot <strong>der</strong> offenen Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfe.<br />
Überlegungen, welche weiteren familienergänzenden Hilfen in Form von städtischen<br />
Vergünstigungen in unterschiedlichen Bereichen gewährt werden sollten, stehen noch<br />
zur Diskussion.<br />
Wohnen und Wohnumfeld<br />
Im Vergleich mit dem Land Baden-Württemberg sowie mit dem früheren Bundesgebiet<br />
erweist sich die quantitative Wohnungsversorgung in <strong>Konstanz</strong> als gut, allerdings gibt<br />
es empirische Hinweise auf eine Tendenz zur Verschlechterung. Auch die Qualität <strong>der</strong><br />
Wohnungen ist in <strong>Konstanz</strong> besser als im Bundesdurchschnitt, nur 0,2% <strong>der</strong> Wohnun-<br />
96
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
gen sind Substandard-Wohnungen. Erweitert man den Blick auf das Wohnumfeld, so<br />
weisen einzelne Wohngebiete eine höhere Dichte an sozialen Belastungen auf als an<strong>der</strong>e.<br />
Umfang und Prognose <strong>der</strong> Pflegebedürftigkeit<br />
Derzeit sind in <strong>Konstanz</strong> schätzungsweise 1.880 Personen pflegebedürftig, etwa die<br />
Hälfte davon im Alter von 80 und mehr Jahren. In dieser Altersgruppe ist je<strong>der</strong> Dritte<br />
pflegebedürftig, je<strong>der</strong> Zehnte lebt in einem Pflegeheim. Bis zum Jahr 2010 wird die<br />
Zahl <strong>der</strong> Pflegebedürftigen ab 60 Jahren voraussichtlich um 10% steigen, die <strong>der</strong><br />
Hochaltrigen sogar um 27%. Die <strong>der</strong>zeitige Versorgungsstruktur für diese Personengruppe<br />
weist geringfügige Defizite auf, die aber angesichts <strong>der</strong> prognostizierten Entwicklung<br />
einen Handlungsbedarf erkennen lassen. Die Planungen <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> zur Schaffung<br />
weiterer Pflegeheimplätze greifen diesen Handlungsbedarf auf.<br />
Personen in beson<strong>der</strong>s belasteten Lebenslagen<br />
Einige zwar nicht sehr umfangreiche, aber von ihrer (meist kumulierten) Problemlage<br />
her in beson<strong>der</strong>er Weise belastete Personengruppen wurden intensiver betrachtet.<br />
Hierzu gehören vor allem Personen mit Wohnungsproblemen, Haftentlassene und<br />
Suchtkranke, viele von ihnen leben alleine und haben auch wenig Unterstützung durch<br />
an<strong>der</strong>e gesellschaftliche Strukturen. Von ihren Integrationsvoraussetzungen her weisen<br />
sie erhebliche Defizite auf. Die Anteile unter ihnen, die einen Schul- o<strong>der</strong> Berufsabschluss<br />
haben, liegen durchweg niedriger als bei den Sozialhilfebeziehern insgesamt.<br />
Ihr Bedarf an Beratung und sozialer Betreuung ist sehr hoch.<br />
9.2 Schlussfolgerungen und Empfehlungen<br />
Aus diesen Befunden und überwiegend deskriptiven Analysen können eine Reihe von<br />
Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, in welcher Richtung die Armutspolitik und<br />
Hilfegewährung in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> weiter entwickelt werden können. Diese Empfehlungen<br />
haben allerdings mehr noch als <strong>der</strong> deskriptive Teil einen vorläufigen Charakter;<br />
sie können lediglich Anstöße liefern für ein Handlungskonzept, das im Laufe<br />
eines Diskussionsprozesses gemeinsam mit allen Beteiligten zu entwickeln ist.<br />
Verbesserungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Sozialhilfegewährung<br />
Seit Oktober 2001 wird bei <strong>der</strong> Gewährung <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt in <strong>Konstanz</strong><br />
unterschieden in<br />
97
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• eine „aktivierende Sozialhilfe“ für Personen unter 60 Jahren und<br />
• eine „sichernde Sozialhilfe“ für Personen über 60 Jahre. 51<br />
Mit dieser Trennung wird versucht, in differenzierter Form auf unterschiedliche Strukturen,<br />
Hilfebedarfe und Überwindungschancen <strong>der</strong> Klienten einzugehen und die Hilferessourcen<br />
effektiv und zielgerichtet einzusetzen.<br />
Dieser Ansatz ist hilfreich und sollte im Prinzip weiter geführt werden. Allerdings wäre<br />
zu überlegen, diese Unterscheidung an <strong>der</strong> Bestimmung des Nettoarbeitspotenzials zu<br />
orientieren. In den Bereich <strong>der</strong> „sichernden Sozialhilfe“ würden demzufolge auch erwerbsunfähige<br />
Personen unter 60 Jahren fallen. Außerdem sollte angesichts <strong>der</strong> Arbeitsmarktchancen<br />
die Altersgrenze auf 55 Jahre herab gesetzt werden. Die weiteren<br />
organisatorischen Verän<strong>der</strong>ungen, die in diesem Zusammenhang genannt werden,<br />
sind ausdrücklich zu begrüßen.<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Beschäftigungsför<strong>der</strong>ung<br />
Die Strukturen <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit in <strong>Konstanz</strong> sind sowohl auf <strong>der</strong> Vermittlungsseite<br />
als auch auf <strong>der</strong> Anbieterseite reformiert worden, um eine hohe Effizienz erzielen zu<br />
können. Die im HzA-Bericht 2001 dargestellten Verfahren <strong>der</strong> individuellen Bestandsaufnahme<br />
und passgerechten Vermittlung entsprechen dem aktuellen Diskussionsstand<br />
und sind positiv hervor zu heben.<br />
Die Analyse <strong>der</strong> Leistungsdaten zeigt, dass die Zielsetzung <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit zu einem<br />
erheblichen Teil gelungen ist: Im Laufe des Jahres 2000 wurde in 372 Fällen ein<br />
Vermittlungsversuch unternommen, <strong>der</strong> in 211 Fällen erfolgreich verlaufen ist. Im Hinblick<br />
auf das geschätzte Nettoarbeitspotenzial 52 scheinen diese Vermittlungsbemühungen<br />
ausreichend zu sein, zumal dabei deutlich wurde, dass die Grenzen <strong>der</strong> Vermittelbarkeit<br />
wohl erreicht sind, da <strong>der</strong> Arbeitsmarkt für diese Personengruppe keinen hohen<br />
Bedarf zeigt.<br />
Zusammenarbeit von Schule und Jugendamt<br />
Die traditionelle Trennung von Schule als „Lernort“ und Wohnbereich als „Lebensort“<br />
kann nicht mehr aufrecht erhalten werden: Einerseits werden soziale Spannungen mit<br />
in die Schule getragen, und an<strong>der</strong>erseits müssen schulische Lernschwierigkeiten auch<br />
im außerschulischen Bereich aufgefangen und bearbeitet werden. Diese verän<strong>der</strong>te<br />
51<br />
52<br />
Vgl. Geschäftsbericht 1999 / 2000, S. 24 ff<br />
vgl. oben Abschnitt 3.2<br />
98
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Problemlage erfor<strong>der</strong>t entsprechende Konzepte, wie sich auch in dem Fachgespräch<br />
herauskristallisierte.<br />
Auf schulischer Seite ist eine Ausdehnung <strong>der</strong> täglichen Schulzeit zu empfehlen, um<br />
die Wie<strong>der</strong>holung und Einübung von Lernstoff sicherstellen und darüber hinaus soziales<br />
Lernen intensivieren zu können. Beides soll vor allem den Kin<strong>der</strong>n zu Gute kommen,<br />
<strong>der</strong>en häusliches Milieu in dieser Hinsicht eher kontraproduktiv wirkt. (Wie für die<br />
Gebhardschule vorgesehen, so sollten auch weitere Schulen in sozial belasteten<br />
Wohngebieten zur Ganztagsschule ausgebaut werden.)<br />
Mit einer Erweiterung <strong>der</strong> schulspezifischen Aufgaben um den Aspekt des „sozialen<br />
Lernens“ sind die Lehrkräfte alleine überfor<strong>der</strong>t, da insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Umgang mit verhaltensauffälligen<br />
Kin<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> allgemeinen pädagogischen Ausbildung nicht hinreichend<br />
vermittelt wird. Dies stellt ein Aufgabenfeld mit stark sozialpädagogischer Ausrichtung<br />
dar, das nur von Schule und Jugendhilfe gemeinsam zu bewältigen ist. Die bei<br />
bestimmten Schülergruppen zu beobachtende Kumulation <strong>der</strong> Lernschwierigkeiten mit<br />
sozialen Schwierigkeiten erfor<strong>der</strong>t daher eine möglichst gut abgestimmte Jugendsozialarbeit<br />
an Schulen, an <strong>der</strong> Schule und Jugendamt im Rahmen ihrer gemeinsamen<br />
Verantwortung mitwirken sollten. Letztendlich wird sich eine präventive Schulsozialarbeit,<br />
die den steigenden Problemdruck frühzeitig auffängt und kooperativ bearbeitet,<br />
auch für beide Seiten auszahlen.<br />
Auch im außerschulischen Bereich stellt sich die Aufgabe einer ganzheitlichen Bearbeitung<br />
schulischer und sozialer Schwierigkeiten. In Kin<strong>der</strong>horten o<strong>der</strong> Treffpunkten mit<br />
Hausaufgabenbetreuung werden die schulischen Schwierigkeiten, die durch familiäre<br />
Unterstützung nicht mehr kompensiert werden können, offenkundig. 53 Vor diesem Hintergrund<br />
erscheint ein Ausbau des Betreuungsangebotes für Schulkin<strong>der</strong> höchst dringlich.<br />
In einem <strong>der</strong> Fachgespräche wurde am Beispiel <strong>der</strong> wohngebietsbezogenen Sozialarbeit<br />
im Sozialzentrum Stockacker dargestellt, welcher Problemdruck auf den Kin<strong>der</strong>n<br />
und Jugendlichen in einem schwierigen Wohngebiet lastet, aber auch, welche Präventionserfolge<br />
diese Arbeit hat: In den letzten Jahren konnten sowohl die Zahl <strong>der</strong> Heimunterbringungen<br />
als auch die Son<strong>der</strong>schulquoten in diesem Gebiet gesenkt werden.<br />
An diesem Beispiel wird aber auch deutlich, dass nachhaltige Wirkungen nur dadurch<br />
erzielbar sind, dass eine soziale Infrastruktur als langfristig verlässliche Struktur aufgebaut<br />
und aufrecht erhalten wird.<br />
53<br />
In dem Fachgespräch zur Situation von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen wurde darauf hingewiesen,<br />
dass „selbstverständliche Elternfunktionen heute nicht mehr selbstverständlich“<br />
seien.<br />
99
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Entlastung von Familien: Modelle nicht einkommensabhängiger Ermäßigung von Kin<strong>der</strong>gartenbeiträgen<br />
Kin<strong>der</strong> stellen nach wie vor ein Armutsrisiko dar, so lange <strong>der</strong> Familienleistungsausgleich<br />
nicht bedarfsdeckend geregelt ist. Insbeson<strong>der</strong>e Familien mit mehreren Kin<strong>der</strong>n<br />
benötigen mittlere bis höhere Einkommen, um nicht in den Bereich <strong>der</strong> einkommensschwachen<br />
Haushalte abzurutschen. Vor diesem Hintergrund gibt es aus Sicht <strong>der</strong><br />
Kommunen mehrere Möglichkeiten, für Familien mit Kin<strong>der</strong>n zusätzliche Entlastungen<br />
zu schaffen. Welche dieser Möglichkeiten am besten zum Ziel führt, hängt davon ab,<br />
wie dieses Ziel definiert worden ist und welche Konsequenzen für die Umsetzung bzw.<br />
Verwaltung damit verbunden sind.<br />
Grundsätzlich stehen drei Möglichkeiten zur Diskussion, die im Hinblick auf Ziele und<br />
Verfahren unterschiedlich zu bewerten sind: Eine Staffelung <strong>der</strong> Beiträge nach Einkommen,<br />
nach <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> weiteren Kin<strong>der</strong>, die eine<br />
Tageseinrichtung besuchen. Weiterhin wäre denkbar, unter den Familien für allein Erziehende<br />
geson<strong>der</strong>te Regelungen zu schaffen o<strong>der</strong> die Kriterien „kin<strong>der</strong>reich“ und „weitere<br />
Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Einrichtung“ zu verknüpfen. Je nach dem, welche Ziele in den Vor<strong>der</strong>grund<br />
gerückt werden, sind entsprechende Maßnahmen zu empfehlen. In <strong>der</strong> folgenden<br />
Übersicht wird die Eignung einer Maßnahme zur Umsetzung des jeweiligen<br />
Ziels durch die Anzahl <strong>der</strong> Sterne symbolisiert.<br />
Tabelle 32:<br />
Entlastungen für Familien mit Kin<strong>der</strong>n in Tageseinrichtungen<br />
finanzielle Familien- Ausgaben-<br />
Zielgruppen Entlastung för<strong>der</strong>ung kontrolle<br />
einkommensschwache Familien *** ***<br />
Familien mit Kin<strong>der</strong>n ***<br />
kin<strong>der</strong>reiche Familien (ab 3 Kin<strong>der</strong>n) *** **<br />
allein Erziehende ** ***<br />
Familien mit weiteren Kin<strong>der</strong>n in Einrichtungen * **<br />
kin<strong>der</strong>reiche Familien mit weiteren Kin<strong>der</strong>n in Einr. ** ***<br />
• Wer <strong>der</strong> finanziellen Entlastung <strong>der</strong> Zielgruppe höchste Priorität beimisst, kann dieses<br />
Ziel am ehesten durch Begünstigung einkommensschwacher Familien erreichen,<br />
weniger aber durch eine generelle Begünstigung von Familien mit Kin<strong>der</strong>n,<br />
da diese auch überwiegend wohlhabend sein können.<br />
100
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• Wenn an erster Stelle das Ziel <strong>der</strong> Familienför<strong>der</strong>ung steht, so kann dies durch alle<br />
Maßnahmen erreicht werden, die generell auf Familien zielen, nicht aber durch eine<br />
Einschränkung <strong>der</strong> Begünstigung auf diejenigen, die Kin<strong>der</strong> in Einrichtungen haben.<br />
• Würde hingegen das Ziel einer Ausgabenkontrolle stärker gewichtet als die übrigen<br />
Ziele, so ließe sich dies am besten durch eine weitest mögliche Eingrenzung <strong>der</strong><br />
Begünstigten erreichen, in diesem Falle also durch Begrenzung auf kin<strong>der</strong>reiche<br />
Familien mit weiteren Kin<strong>der</strong>n in Einrichtungen.<br />
Diese Bewertung kann auch an<strong>der</strong>s vorgenommen werden bzw. zu einem an<strong>der</strong>en<br />
Ergebnis kommen; wichtig ist jedoch, dass <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Entscheidungsfindung sich<br />
über die Priorität <strong>der</strong> Zielsetzungen verständigt und dann die Maßnahme auf diese<br />
Ziele hin abstimmt.<br />
In den einzelnen Bundeslän<strong>der</strong>n werden unterschiedliche Varianten favorisiert. In<br />
Nordrhein-Westfalen sind die Beiträge für das 1. Kind, das eine Einrichtung besucht,<br />
nach dem jährlichen Haushaltseinkommen (JE in DM) <strong>der</strong> Eltern gestaffelt. Liegt dieses<br />
Haushaltseinkommen unter 24.000 DM pro Jahr, werden keine Beiträge erhoben.<br />
Ansonsten gilt:<br />
• Kin<strong>der</strong>garten o<strong>der</strong> Hort: von 51 DM (über 24.000 DM JE) bis 296 DM (über 120.000<br />
DM JE)<br />
• Kin<strong>der</strong>garten über Mittag zusätzlich: von 31 DM (über 24.000 DM JE) bis 164 DM<br />
(über 120.000 DM JE)<br />
• Kin<strong>der</strong> unter 3 Jahren: von 133 DM (über 24.000 DM JE) bis 612 DM (über 120.000<br />
DM JE)<br />
Weitere Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Einrichtung sind in Nordrhein-Westfalen beitragsfrei. In Baden-<br />
Württemberg werden nur in 15% <strong>der</strong> Kommunen einkommensabhängige Staffelungen<br />
praktiziert. Ansonsten gelten unterschiedliche Regelungen in den beiden Landesteilen:<br />
In Baden orientieren sich die Beiträge nach <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Einrichtung, in<br />
Württemberg nach <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Familie. Die Beiträge sind so gestaffelt:<br />
• Baden: 61 € für das 1. Kind, 38 € für das 2. Kind in <strong>der</strong> Einrichtung, weitere Kin<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> Einrichtung sind beitragsfrei.<br />
• Württemberg: 67 € bei 1-Kind-Familien, 50 € je Kind bei Familien mit 2 Kin<strong>der</strong>n,<br />
34 € je Kind bei Familien mit 3 Kin<strong>der</strong>n, für jedes weitere Kind in <strong>der</strong> Familie 9 €.<br />
Die familienbezogene Regelung in Württemberg entlastet alle Familien mit mehreren<br />
Kin<strong>der</strong>n, während die einrichtungsbezogene Entlastung in Baden die Familien im Blick<br />
hat, die durch Beiträge zu Kin<strong>der</strong>tagesstätten belastet sind.<br />
101
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Die Regelungen kommen unterschiedlichen Interessen entgegen: Im Interesse <strong>der</strong><br />
Familien liegt generell eine Entlastung nach <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl insgesamt, im Interesse<br />
einkommensschwacher Familien eine einkommensbezogene Entlastung. Im Interesse<br />
<strong>der</strong> Kommunen liegt einerseits eine Entlastung <strong>der</strong> Familien, an<strong>der</strong>erseits aber auch<br />
eine Kontrolle <strong>der</strong> Ausgaben; Letzteres würde am ehesten durch eine Beschränkung<br />
<strong>der</strong> Vergünstigung auf kin<strong>der</strong>reiche Familien o<strong>der</strong> auf Familien mit mehreren Kin<strong>der</strong>n in<br />
einer Einrichtung.<br />
Bundesweit leben in 37% aller Haushalte Kin<strong>der</strong> unter 18 Jahren. Diese Haushalte<br />
teilen sich auf in zwei Drittel Haushalte mit einem Kind und ein Drittel Haushalte mit<br />
zwei o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n. Die Haushalte mit mehr als zwei Kin<strong>der</strong>n machen nur 2,9%<br />
aller Haushalte aus bzw. 8% <strong>der</strong> Haushalte mit Kin<strong>der</strong>n. Daraus ergibt sich, dass Vergünstigungen,<br />
die sich auf Familien mit mehreren Kin<strong>der</strong>n beziehen, nur einem Drittel<br />
aller Familien zu Gute kommen, aber auch entsprechend wenig kosten. Durch eine<br />
Bezugnahme auf weitere Kin<strong>der</strong> „in <strong>der</strong> Einrichtung“ wird <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Begünstigten<br />
nochmals erheblich eingeengt, da die Kin<strong>der</strong> von kin<strong>der</strong>reichen Familien sich in <strong>der</strong><br />
Regel über ein größeres Altersspektrum verteilen, als für die Tageseinrichtungen relevant<br />
ist.<br />
Diese Überlegungen führen für <strong>Konstanz</strong> zu folgen<strong>der</strong> Schlussfolgerung: Die Einführung<br />
einer einkommensabhängigen Gestaltung <strong>der</strong> Beiträge wurde in <strong>Konstanz</strong> ausführlich<br />
diskutiert und aus verschiedenen Gründen verworfen. Zudem ist zu berücksichtigen,<br />
dass für einkommensschwache Familien nach § 90 Abs. 3 SGB VIII ohnehin die<br />
Möglichkeit einer Ermäßigung bis hin zum vollständigen Erlass <strong>der</strong> Beiträge besteht.<br />
Damit stehen in <strong>Konstanz</strong> nur noch zwei Varianten zur Diskussion: Die Berücksichtigung<br />
von Kin<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Einrichtung und die Berücksichtigung von Kin<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Familie.<br />
• Eine Beitragsermäßigung bzw. –befreiung für weitere Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Einrichtung<br />
würde lt. Berechnungen des Jugendamtes jedes 10. Kind betreffen, da 10% <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> „Zweitkin<strong>der</strong>“ sind.<br />
• Würde eine Vergünstigung für „Zweitkin<strong>der</strong>“ bzw. Geschwisterkin<strong>der</strong> auf Familien<br />
mit mehr als 2 Kin<strong>der</strong>n beschränkt, so würde sie nur 2,5% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zu Gute<br />
kommen, da nur ein Viertel aller Geschwisterkin<strong>der</strong> aus kin<strong>der</strong>reichen Familien<br />
kommen (Bundesdurchschnitt).<br />
• Würde die Regelung für kin<strong>der</strong>reiche Familien auf Geschwisterkin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Einrichtung<br />
beschränkt, so käme sie praktisch niemandem zu Gute.<br />
So lässt sich festhalten: Je eingeschränkter <strong>der</strong> begünstigte Personenkreis ist, desto<br />
geringer sind zwar die Kosten für die Kommune; die Wirksamkeit <strong>der</strong> Maßnahme tendiert<br />
jedoch „gegen Null“.<br />
102
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Kriterien zur Neukonzeption des <strong>Konstanz</strong>er Sozialpasses<br />
Eine Neukonzeption des Sozialpasses erfor<strong>der</strong>t eine Klärung <strong>der</strong> inhaltlichen Zielsetzung,<br />
<strong>der</strong> zu begünstigenden Zielgruppen, <strong>der</strong> formalen Gestaltung und <strong>der</strong> Bezeichnung.<br />
Mögliche Zielsetzungen dieser Entlastungsform können sein:<br />
• finanzielle Entlastung<br />
• soziale Inklusion<br />
• Familienför<strong>der</strong>ung<br />
• Gesundheitsför<strong>der</strong>ung / Erholung<br />
Diesen Zielsetzungen entsprechen unterschiedliche Zielgruppen, die im Folgenden<br />
jeweils mit ihrem Anteil an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung (Bundesgebiet) aufgeführt sind:<br />
• alle Sozialhilfeempfänger 4%<br />
• HLU-Empfänger 3%<br />
• alle Sozialhilfeberechtigte (einschl. „Dunkelziffer“) 5%<br />
• Arbeitslose 5%<br />
• Haushalte mit geringem Einkommen (je nach Schwelle)<br />
• Familien mit Kin<strong>der</strong>n 25%<br />
• kin<strong>der</strong>reiche Familien (ab 3 Kin<strong>der</strong>n) 3%<br />
• allein Erziehende 5-8%<br />
Weitere mögliche Zielgruppen sind Senioren (23% ab 60 Jahren) o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>te, für<br />
die aber mit dem „Schwerbehin<strong>der</strong>tenausweis“ bereits eine Vergünstigungsmöglichkeit<br />
besteht.<br />
Weiterhin sind formale Kriterien <strong>der</strong> Gestaltung zu bedenken; dazu gehören:<br />
• eindeutige Definition <strong>der</strong> Leistung (z.B. Erwachsene und Kin<strong>der</strong>tarif)<br />
• leicht belegbare / überprüfbare Voraussetzungen (z.B. wenn an Alter o<strong>der</strong> Leistungsbezug<br />
geknüpft)<br />
• Vermeidung von Stigmatisierung (wie z.B. bei Bezugnahme auf Sozialhilfe)<br />
• akzeptable Bezeichnung<br />
• keine Quersubventionierung<br />
• keine Mitnahmeeffekte (z.B. kin<strong>der</strong>reiche Millionäre)<br />
• Bezahlbarkeit für die Kommune.<br />
Auf dieser Grundlage lassen sich folgende Entscheidungshilfen formulieren: Zunächst<br />
hängt <strong>der</strong> Zuschnitt <strong>der</strong> Zielgruppe und <strong>der</strong> Leistungen von <strong>der</strong> Gewichtung <strong>der</strong> Ziele<br />
ab:<br />
103
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
• Soll <strong>der</strong> Sozialpass vorrangig zur Entlastung finanziell schwacher Haushalte dienen,<br />
so könnte dies am ehesten durch eine Orientierung auf Sozialhilfeempfänger,<br />
insbeson<strong>der</strong>e auf Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt erreicht werden.<br />
• Steht allgemein eine soziale Inklusion von Benachteiligten im Vor<strong>der</strong>grund, so würden<br />
alle einkommensschwachen, aber auch an<strong>der</strong>weitig eingeschränkte Personen<br />
zum Kreis <strong>der</strong> Begünstigten zählen.<br />
• Wenn dagegen das Ziel <strong>der</strong> Familienför<strong>der</strong>ung höchste Priorität erhält, müsste dem<br />
gegenüber das Kriterium „Kin<strong>der</strong> im Haushalt“ beson<strong>der</strong>es Gewicht erhalten.<br />
• Sollen aber vor allem Gesundheit und Erholung geför<strong>der</strong>t werden, so denkt man<br />
zunächst an Senioren und Behin<strong>der</strong>te, erst zweitrangig an Familien.<br />
Tabelle 33:<br />
Neukonzeption Sozialpass <strong>Konstanz</strong>: Ziele und Zielgruppen<br />
finanzielle soziale Familien- Gesundheit,<br />
Personengruppen Entlastung Inklusion för<strong>der</strong>ung Erholung<br />
HLU-Empfänger *** ***<br />
alle Sozialhilfeempfänger ** *** *<br />
alle Sozialhilfeberechtigten (einschl. „Dunkelziff.“) *** ***<br />
Familien mit Kin<strong>der</strong>n ***<br />
kin<strong>der</strong>reiche Familien (ab 3 Kin<strong>der</strong>n) *** **<br />
allein Erziehende ** ***<br />
Haushalte mit geringem Einkommen *** ** *<br />
Arbeitslose * **<br />
Senioren ***<br />
Behin<strong>der</strong>te *** ***<br />
Weiterhin muss unter formalen Gesichtspunkten die Realisierung unterschiedlicher<br />
Kriterien ausbalanciert werden. Dabei ergeben sich folgende Spannungsfel<strong>der</strong>:<br />
Klarheit/ Überprüfbarkeit inhaltliche Ziele<br />
Bezahlbarkeit Wirksamkeit<br />
Stigmatisierung Nutzung<br />
Je genauer die inhaltlichen Ziele spezifiziert werden, desto schwieriger wird die Überprüfbarkeit.<br />
Je breiter die Wirksamkeit <strong>der</strong> Vergünstigungen konzipiert wird, desto problematischer<br />
wird <strong>der</strong>en Bezahlbarkeit. Und je größer umgekehrt <strong>der</strong> stigmatisierende<br />
Charakter <strong>der</strong> Vergünstigung, desto geringer wird die Nutzung sein. Zwischen diesen<br />
Zielen, Adressatengruppen und formalen Kriterien ist bei <strong>der</strong> Gestaltung abzuwägen.<br />
104
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Handlungsmöglichkeiten in den Bereichen Wohnen und Wohnungslosigkeit<br />
Die zu befürchtende allgemeine Verschlechterung des Wohnungsmarktes auf Grund<br />
verän<strong>der</strong>ter För<strong>der</strong>tendenzen <strong>der</strong> Landes- und Bundespolitik (vgl. Abschnitt 6.1) wirft<br />
die Frage auf, welche Handlungsspielräume seitens <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> bestehen. In diesem<br />
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Ende des Jahres 2001 ein städtisches<br />
För<strong>der</strong>programm beschlossen wurde, in dessen Rahmen 40 Wohnungen für einkommensschwache<br />
Familien erstellt werden sollen, woran eine Bereitschaft zum Handeln<br />
und auch zum finanziellen Engagement in diesem Bereich deutlich wird.<br />
Speziell für die Betreuung von Wohnungslosen wurde – hauptsächlich in Kooperation<br />
mit <strong>der</strong> AGJ – ein differenziertes ambulantes, teilstationäres und stationäres Angebot<br />
geschaffen. Allerdings sind in diesem Zusammenhang auch Konflikte zwischen <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, <strong>der</strong> AGJ und <strong>der</strong> Betroffenen-Initiative aufgetreten, die die Frage einer<br />
optimalen Zusammenarbeit, <strong>der</strong>en Chancen und Grenzen aufwerfen. Grundsätzlich<br />
werden dabei gegensätzliche Konzepte deutlich, die sich stichwortartig anhand <strong>der</strong><br />
folgenden Gegensatzpaare skizzieren lassen:<br />
• Ziel: Eine niedrigschwellige Konzeption sieht überhaupt die Erreichbarkeit <strong>der</strong><br />
Klientel als ihr vorrangiges Ziel (akzeptanzorientiert), während eine anspruchsvollere<br />
Konzeption mit einem Betreuungskontakt auch den Versuch einer Problemlösung<br />
(z.B. Therapie von Alkohol- und Drogenkonsum; pädagogische Orientierung)<br />
verknüpft. Konzeptionell entspricht dem das Sannungsfeld zwischen Autonomie<br />
und Gestaltungsspielräumen einerseits vs. Betreuung und professioneller Verantwortung<br />
an<strong>der</strong>erseits.<br />
• Angebotsform: Einerseits kann ein integriertes Angebot für alle Klienten angestrebt<br />
werden (was gegenseitige Rücksichtnahme erfor<strong>der</strong>t), an<strong>der</strong>erseits können, wenn<br />
dies nicht realistisch erscheint, auch gruppenspezifische Angebote erfor<strong>der</strong>lich<br />
werden.<br />
• Klienten: Einerseits ist eine gewisse Regelbeachtung die Voraussetzung einer jeden<br />
Einrichtung und muss auch bei <strong>der</strong> Vereinbarung von Hilfe berücksichtigt werden;<br />
an<strong>der</strong>erseits stellt die Verweigerung von Regelkonformität in diesem Bereich<br />
gerade ein Merkmal <strong>der</strong> Problemgruppe dar und kann deshalb in diesem Falle nicht<br />
vorausgesetzt, son<strong>der</strong>n muss erst erarbeitet werden. Dabei stellt sich die Frage,<br />
welches Maß <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Regelbeachtung zumutbar ist und ab wann diese zur<br />
Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zielgruppe führt.<br />
Nach dem Stand <strong>der</strong> Diskussion zeigen sich zwar beide Seiten grundsätzlich an einer<br />
Kooperation interessiert und halten eine Arbeitsteilung in einer – aus <strong>der</strong> Sicht des <strong>ISG</strong><br />
– gut ausgebauten und differenziert entwickelten Hilfestruktur für sinnvoll und notwen-<br />
105
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
dig. Dabei könnte die AGJ eine strukturelle Kontinuität sowie ein professionelles Leistungsprofil<br />
beitragen, während die BI den Akzent auf strukturelle Offenheit und Zugang<br />
zu schwer erreichbaren Zielgruppen legen könnte:<br />
Tabelle 34:<br />
Arbeitsteilung in <strong>der</strong> Hilfe für Obdachlose<br />
Betroffene<br />
Akteure<br />
Professionelle<br />
Strukturen<br />
Leistungen<br />
Offenheit<br />
Zugang,<br />
Kommunikationsaufbau<br />
Verlässlichkeit<br />
med. Behandlung<br />
prof. Beratung<br />
und Vermittlung<br />
Grundsätzlich ist eine Ausdifferenzierung des Hilfespektrums in Form eines mehrfach<br />
abgestuften Systems <strong>der</strong> Hilfe und Kontaktaufnahme zu befürworten. Empfehlungen,<br />
wie die Kooperations- und Handlungsmöglichkeiten weiter zu entwickeln sind, können<br />
im Rahmen des vorliegenden Berichtes aber nicht gegeben werden, da die Konfliktlage<br />
zwischen professionellem Hilfesystem und <strong>der</strong> Betroffeneninitiative aus <strong>der</strong> Distanz<br />
nicht angemessen beurteilt werden kann.<br />
106
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Anhang<br />
• Literaturverzeichnis<br />
• Fragebogen <strong>der</strong> Sozialhilfe-Aktenanalyse<br />
107
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Literaturverzeichnis<br />
Andreß, H.-J., Leben in Armut, Opladen 1999<br />
Becker, I./ R. Hauser (Hrsg.), Einkommensverteilung und Armut. Deutschland auf dem<br />
Weg zur Vierfünftel-Gesellschaft? Frankfurt 1997<br />
Bellmann, D. u.a., Ergebnisse und Empfehlungen <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>marketing-Arbeitsgruppe<br />
zum <strong>Konstanz</strong>er Sozialpass, <strong>Konstanz</strong> 2000<br />
Bezirksverein für soziale Rechtspflege <strong>Konstanz</strong> (Hg.), Jahresbericht 2000<br />
Böckmann-Schewe, L. / A. Röhrig, Hilfe zur Arbeit, Graue Reihe <strong>der</strong> Hans-Böckler-<br />
Stiftung, Düsseldorf 1997<br />
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hg.), Lebenslagen in Deutschland.<br />
Der erste Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung, Bonn 2001<br />
Döring, D./ W. Hanesch/ E.-U. Huster (Hg.), Armut im Wohlstand, Frankfurt 1990<br />
Engels, D., Zum Stand <strong>der</strong> „Hilfe zur Arbeit“ nach §§ 18 bis 20 BSHG, Köln 1998<br />
Engels, D./ C. Sellin, Konzept- und Umsetzungsstudie zur Vorbereitung des Armutsund<br />
Reichtumsberichtes <strong>der</strong> Bundesregierung, Forschungsbericht des Bundesministeriums<br />
für Arbeit und Sozialordnung Nr. 278, Bonn 1999<br />
Engels, D., Pflegebedarf in Baden-Württemberg: Derzeitiger Stand und zukünftige<br />
Entwicklung. Beitrag zur Vorbereitung des Landespflegeplans im Auftrag des<br />
Sozialministeriums Baden-Württemberg, Köln 2000<br />
Engels, D., Vorarbeiten für einen Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung über die praktischen<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> neuen VO zu § 72 BSHG, über die Kostenentwicklung und<br />
<strong>der</strong>en Ursachen, Köln 2001<br />
Engels, D. (Red. Bearb.), Tagungsdokumentation „Perspektiven <strong>der</strong> Armuts- und<br />
Reichtumsberichterstattung in Deutschland“, hrsg. vom Bundesministerium für<br />
Arbeit und Sozialordnung, Reihe Lebenslagen in Deutschland, Bonn 2002<br />
Frauen helfen Frauen in Not e.V. (Hg.), Bericht <strong>der</strong> Beratungsstelle 2000<br />
Glatzer, W./ W. Zapf (Hrsg.), Lebensqualität in <strong>der</strong> Bundesrepublik. Objektive Lebensbedingungen<br />
und subjektives Wohlbefinden, Frankfurt 1984<br />
Hanesch, W. u.a., Armut in Deutschland. Der <strong>Armutsbericht</strong> des DGB und des Paritätischen<br />
Wohlfahrtsverbands, Reinbek 1994<br />
Hanesch, W. / P. Krause/ G. Bäcker, Armut und Ungleichheit in Deutschland. Der neue<br />
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung, des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands,<br />
Hamburg 2000<br />
Klocke, A./ K. Hurrelmann (Hrsg.), Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in Armut, Wiesbaden 1998<br />
Krug, W./ Ernst, N., Zusatzleistungen für Sozialhilfeempfänger, Untersuchung im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, 1. Zwischenbericht,<br />
Trier 2001<br />
108
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Leibfried, S./ L. Leisering u.a., Zeit <strong>der</strong> Armut. Lebensläufe im Sozialstaat, Frankfurt<br />
1995<br />
Ludwig, M., Armutskarrieren. Zwischen Abstieg und Aufstieg im Sozialstaat, Wiesbaden<br />
1996<br />
Luhmann, N., Die Gesellschaft <strong>der</strong> Gesellschaft, Frankfurt 1997<br />
Merz, J., Hohe Einkommen, ihre Struktur und Verteilung – Mikroanalysen auf Basis <strong>der</strong><br />
Einkommensteuerstatistik, in: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung<br />
(Hg.), Reihe Lebenslagen in Deutschland, Bonn 2001<br />
Neurath, O., Empirische Soziologie, 1931, zit. nach W. Glatzer/ W. Hübinger, Lebenslagen<br />
und Armut, in: Döring/ Hanesch/ Huster 1990<br />
Projektgruppe Bildung und Region, Schulentwicklungsplan <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bonn 2001<br />
Rat <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften, Beschluss vom 19.12.1984, Abl. Nr. L 2/24<br />
Sellin, C. / D. Engels, Gutachten zu Struktur und Rahmenbedingungen im Landkreis<br />
<strong>Konstanz</strong>, Köln 1999<br />
Sitzungsvorlage des Amtes für Wohnungswesen für den Gemein<strong>der</strong>at zum Sitzungsdatum<br />
28.06.2001 (GR 2001/146)<br />
Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong> (Hg.), Geschäftsbericht 1999 / 2000<br />
Sozial- und Jugendamt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong>, Bericht 2000: Hilfe zur Arbeit nach dem<br />
BSHG, <strong>Konstanz</strong> 2001<br />
<strong>Stadt</strong> Koblenz (Hg.), Bericht zur sozialen Lage in Koblenz, Koblenz 1999<br />
Statistisches Bundesamt (Hg.), Abschnitt 10 „Bautätigkeit und Wohnungen“ in: Statistisches<br />
Jahrbuch 2001, Wiesbaden<br />
Statistisches Bundesamt (Hg.), Fachserie 14 Reihe 2 „Wohngeld“, Wiesbaden 2001<br />
Statistisches Bundesamt (Hg.), Fachserie 13 Reihe 4 „Wohngeld“, Wiesbaden 2001<br />
Voges, W., Perspektiven des Lebenslagekonzeptes, in: Tagungsdokumentation „Perspektiven<br />
<strong>der</strong> Armuts- und Reichtumsberichterstattung in Deutschland“, hrsg.<br />
vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bonn<br />
Volkert, J., Systematisierung <strong>der</strong> Armuts- und Reichtumsmessung in Deutschland, in:<br />
Tagungsdokumentation „Perspektiven <strong>der</strong> Armuts- und Reichtumsberichterstattung<br />
in Deutschland“, hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />
Bonn 2002<br />
Weisser, G., Artikel „Wirtschaft“, in: W. Ziegenfuss (Hrsg.), Handbuch <strong>der</strong> Soziologie,<br />
Stuttgart 1956<br />
109
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Fragebogen <strong>der</strong> Sozialhilfe-Aktenanalyse<br />
Fragebogen-Nr.:<br />
_____________<br />
A. Angaben zur Bedarfsgemeinschaft (BG)<br />
1. Familienstand des Haushaltsvorstandes<br />
ledig<br />
geschieden<br />
verheiratet<br />
verwitwet<br />
2. Typ <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft<br />
allein lebend<br />
Paar mit Kind(ern)<br />
sonstige Bedarfsgemeinschaft<br />
Paar ohne Kind<br />
allein erziehend<br />
3. Angaben zu den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> BG:<br />
Pers<br />
Nr. Mitglied<br />
1 Haushaltsvorstand<br />
2 Partner/in<br />
3 weitere Person<br />
4 weitere Person<br />
5 weitere Person<br />
6 weitere Person<br />
7 weitere Person<br />
Alter<br />
Geschl.<br />
M / W<br />
Nationalität*<br />
insgesamt: ___ Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft<br />
* 1=Deutsche/r, 2=deutsche Aussiedler, 3=Flüchtling/<br />
Kontingentflüchtling/ Asylberechtigte, 4=EU- Auslän<strong>der</strong>,<br />
5=sonst. Auslän<strong>der</strong><br />
B. Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU)<br />
4. Seit wann bezieht die BG laufende Hilfe<br />
zum Lebensunterhalt? (ununterbrochene<br />
Bezugsdauer)<br />
seit _____ / _____ (Monat / Jahr)<br />
5. Handelt es sich um Erstbezug, o<strong>der</strong> wurde<br />
bereits früher (d.h. im Laufe <strong>der</strong> letzten 3<br />
Jahre) HLU bezogen?<br />
Erstbezug<br />
bereits früherer Bezug,<br />
gesamte Bezugsdauer bis jetzt<br />
_____ Monate<br />
6. Beziehen ein o<strong>der</strong> mehrere Haushaltsmitglie<strong>der</strong><br />
neben <strong>der</strong> HLU auch:<br />
a) Hilfe in beson<strong>der</strong>en Lebenslagen (HbL)?<br />
nein ja wenn ja:<br />
Welche Person bezieht welche Hilfeart?<br />
Nr.*<br />
Hilfeart<br />
___<br />
_____________________<br />
* bitte Personen-Nr. aus Frage 3 übernehmen.<br />
b) Leistungen <strong>der</strong> Erziehungshilfe<br />
nach §§ 30 – 35a o<strong>der</strong> § 41 KJHG?<br />
nein ja wenn ja:<br />
Welche Person bezieht welche Hilfeart?<br />
Nr.*<br />
Hilfeart<br />
___<br />
_____________________<br />
* bitte Personen-Nr. aus Frage 3 übernehmen.<br />
7. Erhalten ein o<strong>der</strong> mehrere Haushaltsmitglie<strong>der</strong><br />
einen Mehrbedarfszuschlag?<br />
nein<br />
DM/ Monat<br />
ja, und zwar für:<br />
ältere Gehbehin<strong>der</strong>te<br />
______<br />
erwerbsunfähige Gehbehin<strong>der</strong>te ______<br />
Schwangere<br />
______<br />
allein Erziehende<br />
______<br />
Behin<strong>der</strong>te<br />
______<br />
Sonstige: __________<br />
______<br />
8. Ursachen des gegenwärtigen Sozialhilfebezugs<br />
(Mehrfachnennung möglich)<br />
Arbeitslosigkeit<br />
Trennung / Scheidung<br />
Geburt eines Kindes<br />
ohne eigene Wohnung<br />
Krankheit eines Familienmitglieds<br />
Tod eines Familienmitglieds<br />
Überschuldung<br />
Suchtkrankheit<br />
110
Freiheitsentzug / Haftentlassung<br />
An<strong>der</strong>e (bitte nennen): _______________<br />
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
C. Einkommensverhältnisse<br />
9. Wie hoch ist die Summe <strong>der</strong> tatsächlichen<br />
Einkünfte des Haushalts insgesamt? (Einkommen<br />
vor Abzug von Freibeträgen, ohne<br />
Hilfe zum Lebensunterhalt und Wohngeld)<br />
in Höhe von ___________ DM / Monat<br />
10. Welche Einkommensarten werden angerechnet<br />
und in welcher Höhe? (Einkommen<br />
nach Abzug von Freibeträgen)<br />
kein anzurechnendes Einkommen<br />
Einkommen wird angerechnet, und zwar:<br />
Einkommensart<br />
Nettoarbeitsentgelt<br />
Haushaltsvorstand<br />
Partner/in<br />
weitere<br />
Personen<br />
Arbeitslosengeld<br />
Arbeitslosenhilfe<br />
privater Unterhalt<br />
Rente (Alter / Unfall)<br />
Kin<strong>der</strong>geld<br />
sonstige Einkünfte:<br />
11. In welcher tatsächlichen Höhe wird <strong>der</strong><br />
BG monatlich laufende HLU gewährt?<br />
(ohne einmalige Leistungen)<br />
in Höhe von ___________ DM / Monat<br />
12. Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten<br />
für Miete und Heizung?<br />
Bruttokaltmiete: ________ DM / Monat<br />
Heizkosten: ________ DM / Monat<br />
Warmmiete: ________ DM / Monat<br />
13. In welcher Höhe werden die Kosten für<br />
Miete und Heizung anerkannt?<br />
in voller Höhe<br />
Kürzung <strong>der</strong> Kaltmiete um ____ DM/Monat<br />
Grund:<br />
zu hohe Miete<br />
zu große Wohnung<br />
Kürzung d. Heizkosten um ____ DM/Monat<br />
Grund:<br />
Warmwasseranteil<br />
sonstiger Grund (bitte nennen):<br />
____________________________<br />
111
14. Bezieht die Bedarfsgemeinschaft Wohngeld?<br />
nein<br />
Art des<br />
Wohngelds:<br />
ja, und zwar ______ DM/Monat<br />
beson<strong>der</strong>er Mietzuschuss<br />
allgemeines Wohngeld<br />
15. Wie hoch ist <strong>der</strong> monatliche Bruttobedarf<br />
<strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft an laufen<strong>der</strong><br />
HLU?<br />
________ DM /Monat<br />
16. Welche einmaligen Leistungen erhielt die<br />
BG in den letzten 12 Monaten?<br />
keine<br />
insgesamt _____ DM<br />
darunter: DM pauschaliert<br />
für Bekleidung _____ <br />
für Hausrat _____ <br />
für Sonstiges (bitte nennen):<br />
________________ _____ <br />
________________ _____ <br />
________________ _____ <br />
17. Ist ein Mitglied <strong>der</strong> BG verschuldet?<br />
nein<br />
ja, in Höhe von DM: _____________<br />
nicht bekannt<br />
D. Angaben zur Berufs- und Erwerbstätigkeit<br />
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Nur wenn HzA-Maßnahme: Fragen 19 – 21<br />
19. Welche HzA-Maßnahmen sind dies?<br />
(Mehrfachnennung möglich)<br />
§ 18 Abs. 4 BSHG: Arbeitgeberzuschuss<br />
§ 18 Abs. 5 BSHG: Arbeitnehmerzuschuss<br />
§ 19 Abs. 1 BSHG: Arbeitsgelegenheiten<br />
§ 19 Abs. 2, 1. Alternative: Arbeitsentgelt<br />
§ 19 Abs. 2, 2. Alt.: Mehraufwandsentsch.<br />
§ 20 BSHG: Prüfung d. Arbeitsbereitschaft<br />
sonstige Hilfe zur Arbeit (bitte nennen):<br />
_________________________________<br />
20. Wurde die Maßnahme vorzeitig beendet?<br />
kein Abbruch<br />
Abbruch<br />
in _____ Fällen<br />
in _____ Fällen<br />
Gründe des Abbruchs: _________________<br />
____________________________________<br />
21. Wohin wurde <strong>der</strong> Teilnehmer nach Beendigung<br />
<strong>der</strong> Maßnahme vermittelt?<br />
allgemeiner Arbeitsmarkt<br />
ABM-Maßnahme<br />
sonstige geför<strong>der</strong>te Maßnahme<br />
nicht vermittelt: arbeitslos gemeldet<br />
nicht vermittelt, nicht arbeitslos gemeldet<br />
Sonstiges: _________________________<br />
18. Wie viele Personen <strong>der</strong> BG im Alter zwischen<br />
15 und 59 Jahren stehen dem Arbeitsmarkt<br />
grundsätzlich zur Verfügung?<br />
(einschließlich für Hilfe zur Arbeit)<br />
a) uneingeschränkt stehen zur Verfügung (einschl.<br />
Berufstätige, Auszubildende; ohne Schüler, Studenten):<br />
_____ Personen<br />
b) eingeschränkt (z.B. wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen,<br />
häuslicher Bindung / Kin<strong>der</strong>erziehung,<br />
Sprachprobleme)<br />
stehen zur Verfügung: _____ Personen<br />
c) Teilnehmer an Maßnahmen <strong>der</strong><br />
Hilfe zur Arbeit:<br />
_____ Personen<br />
d) Schüler, Studenten, Absolventen eines Sprachkurses<br />
usw.:<br />
_____ Personen<br />
e) auf absehbare Zeit nicht arbeitsfähig (wg. schwerer<br />
Krankheit, Behin<strong>der</strong>ung etc.):<br />
_____ Personen<br />
22. Welche schulische und berufliche Ausbildung<br />
haben die erwachsenen Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft?<br />
(bitte Personen-Nummer aus Frage 3 übernehmen<br />
und Zutreffendes ankreuzen)<br />
Schulabschluss<br />
noch in Schulausbildung<br />
Hauptschulabschluss<br />
Realschule o<strong>der</strong> gleichwertig<br />
(Fach-) Hochschulreife/ Abi<br />
sonstiger Schulabschluss<br />
kein Schulabschluss<br />
Schulabschluss unbekannt<br />
Nr. Nr. Nr. Nr.<br />
112
eruflicher Abschluss<br />
noch in berufl. Ausbildung<br />
abgeschlossene Lehre<br />
abgeschl. berufl.-schul.Ausb.<br />
Meister, Techniker o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>er Fachabschluss<br />
(Fach-) Hochschulabschluss<br />
sonstiger berufl. Abschluss<br />
kein berufl. Abschluss<br />
berufl. Abschluss unbekannt<br />
Nr. Nr. Nr. Nr.<br />
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
23. Welche Vermittlungshemmnisse bestehen<br />
– aus Ihrer Sicht – bei den arbeitsfähigen<br />
Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft?<br />
(Nennen Sie die Vermittlungshemmnisse/ Schwierigkeiten,<br />
die eine Arbeitsaufnahme erschweren)<br />
____________________________________<br />
____________________________________<br />
____________________________________<br />
24. Welche Möglichkeiten <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft<br />
sehen Sie, den Hilfebezug zu<br />
überwinden? (Mehrfachnennung möglich)<br />
zurzeit keine Möglichkeit<br />
Arbeitsaufnahme<br />
Ausweitung <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit<br />
Qualifizierung<br />
Sprachkurs<br />
Realisierung von Unterhaltsansprüchen<br />
Realisierung sonst. vorrangiger Ansprüche<br />
sonstige Möglichkeit (bitte nennen):<br />
____________________________________<br />
25. Ist Ihrer Einschätzung nach eine intensive<br />
Beratung des Hilfeempfängers erfor<strong>der</strong>lich,<br />
um sein Selbsthilfepotenzial zu aktivieren?<br />
ja<br />
eventuell<br />
nein, keine weitere Beratung erfor<strong>der</strong>lich<br />
nein, keine Aussicht auf Erfolg<br />
113
<strong>Armutsbericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
114