06/07 - Kirchengemeinde Wöbbel, Belle und Billerbeck
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ANDACHT<br />
Das Wagnis zu Singen<br />
Das Wagnis zu Singen von<br />
Stephan de Jong , übersetzt von<br />
Bettina Hanke-Postma<br />
Nach einer langen Reise kam die<br />
Taube zurück zu den Tieren. Sie<br />
kam immer wieder zurück, wo immer<br />
sie auch gewesen war – quer über<br />
den Ozean, von einem abgelegenen<br />
Land hinter dem Horizont oder hoch<br />
oben aus dem Himmel. Manchmal<br />
brachte die Taube etwas mit von ihren<br />
Reisen. Dieses Mal war es etwas<br />
ganz Exotisches. Es stammte<br />
aus dem Himmel <strong>und</strong> die Tiere hatten<br />
es noch nie gesehen. Sie staunten<br />
es von allen Seiten an, rochen<br />
daran, pickten es an – aber niemand<br />
wusste, was es war. Die Taube<br />
wusste es wohl: Es ist ein Lied, erklärte<br />
sie. Es ist ein Geschenk des<br />
Himmels für euch alle.<br />
Die Tiere wollten wissen, was sie mit<br />
einem Lied anfangen sollten. Ihr<br />
könnt es singen, sagte die Taube!<br />
Singen? Auch davon hatten die Tiere<br />
noch nie gehört. Nehmt das Lied,<br />
sagte die Taube, ihr werdet merken,<br />
dass ihr es singen könnt. Macht es<br />
mal – ihr <strong>und</strong> die Welt werdet fröhlicher<br />
dadurch.<br />
Die Tiere fanden es sonderbar. Sie<br />
warteten ab. Der Löwe räusperte<br />
sich schließlich <strong>und</strong> sprach: Ich wünsche<br />
mir königliche Würde <strong>und</strong> ich<br />
werde mich nicht lächerlich machen<br />
mit so etwas Komischen wie Singen.<br />
Er sah sich um <strong>und</strong> heftig mit dem<br />
Schwanz wedelnd lief er weg.<br />
Der Fuchs wollte wissen, welchen<br />
Vorteil er von einem Lied haben<br />
könnte. Würde es ihn noch schlauer<br />
machen oder würde er mit einem<br />
Lied leichter an sein Futter kommen?<br />
Die Taube antwortete, dass<br />
niemand durch ein Lied schlauer<br />
werde <strong>und</strong> niemand dadurch leichter<br />
sein Futter finden könne! Ein Lied<br />
würde die Erde nur fröhlicher <strong>und</strong><br />
schöner machen. Der Fuchs bedankte<br />
sich enttäuscht – das fand<br />
er zu wenig. Er drehte den Tieren<br />
sein Hinterteil zu <strong>und</strong> trabte von<br />
dannen.<br />
Auch die anderen Tiere wollten<br />
nichts von dem Lied wissen. Der<br />
Eule schien es von nicht genügend<br />
Weisheit zu zeugen, einfach so ein<br />
Liedchen zu singen. Das Eichhörnchen<br />
meinte, es sei zu beschäftigt<br />
mit Nüsse sammeln. Es habe keine<br />
Zeit, um sie mit Singen zu vergeuden.<br />
Alle Tiere hatten sehr gute<br />
Gründe, das Geschenk des Himmels<br />
nicht annehmen zu können.<br />
Bis auf die kleinen Vögel. Sie fühlten<br />
sich nicht zu wichtig <strong>und</strong> sie hatten<br />
Zeit. Und darüber hinaus kamen<br />
sie überall hin <strong>und</strong> wussten, wie<br />
hässlich <strong>und</strong> verdrießlich die Erde<br />
sein kann: Streit, Ärger, Hass <strong>und</strong><br />
Neid. So dachten sie, dass es eine<br />
Workshop Teilnehmer<br />
sehr gute Idee sei, die Erde fröhlicher<br />
<strong>und</strong> schöner zu machen. Deshalb baten<br />
sie die Taube um das Geschenk aus<br />
dem Himmel. Seitdem hörst du die kleinen<br />
Vögel singen. Sie wagten es, das<br />
Geschenk des Himmels anzunehmen.<br />
Was wäre die Erde ohne das Tschilpen<br />
der Spatzen am Morgen, ohne das Jubilieren<br />
der Lerche am Mittag, ohne das<br />
Lied der Amsel am Abend oder ohne<br />
den Gesang der Nachtigall in der<br />
Nacht?<br />
Darum: Wagt es zu singen!<br />
Mit einem herzlichen Gruß zum Jahr der<br />
Kirchenmusik von<br />
Holger Postma <strong>und</strong> Bettina<br />
Hanke-Postma<br />
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