Mediation, eine spezielle Verhandlungsmethode
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Ausschuss für <strong>Mediation</strong> und Konfliktmanagement<br />
0BMerkblatt zur <strong>Mediation</strong><br />
<strong>Mediation</strong> ist <strong>eine</strong> Methode der Konfliktlösung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass<br />
die Konfliktparteien miteinander verhandeln bis sie <strong>eine</strong> Lösung gefunden haben, die<br />
den Interessen aller Beteiligten gerecht wird. Der Mediator ist ihnen dabei als neutraler<br />
Vermittler behilflich. Er ist kein Schiedsrichter und hat k<strong>eine</strong> Entscheidungsbefugnisse.<br />
Konflikte lassen sich auf verschiedene Weise lösen. Eine Möglichkeit besteht darin,<br />
den Konflikt durch <strong>eine</strong>n Dritten, <strong>eine</strong>n Richter oder Schiedsrichter entscheiden zu<br />
lassen. Eine weitere ist die Lösung des Konfliktes durch die Parteien selbst, und zwar<br />
auf dem Verhandlungsweg, entweder mit oder ohne Vermittler.<br />
<strong>Mediation</strong> bietet sich vor allem an,<br />
wenn die Parteien die Lösung des Konfliktes selbst bestimmen und <strong>eine</strong><br />
Konfliktlösung gegen ihren Willen ausschließen wollen,<br />
wenn die Interessen der Parteien darauf gerichtet sind, sowohl möglichst<br />
günstige Ergebnisse für sich selbst zu erzielen, als auch ihre persönlichen<br />
oder geschäftlichen Beziehungen zu der anderen Partei zu erhalten. Dies<br />
gilt z.B. für Eltern, die sich getrennt haben, für Geschäftspartner, für<br />
Gesellschafter oder Nachbarn,<br />
wenn es den Parteien darauf ankommt, den mit <strong>eine</strong>m mehrstufigen<br />
Gerichtsverfahren verbundenen finanziellen und zeitlichen Aufwand zu<br />
vermeiden, z.B. in Konflikten, die, wenn sie rechtshängig gemacht werden,<br />
mit zeit- und geldraubenden Sachverständigengutachten sein können<br />
verbunden wären, wie etwa in Bau- oder Arzthaftungsprozessen,<br />
wenn der dem Konflikt zugrundeliegende Sachverhalt komplex oder die<br />
Beweislage schwierig ist und die Parteien das mit <strong>eine</strong>m ungewissen<br />
Prozessergebnis verbundene Risiko vermeiden wollen,
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wenn mit dem Konflikt zusammenhängende Sachverhalte vertraulich und<br />
nicht öffentlich behandelt werden sollen.<br />
Nicht geeignet für die <strong>Mediation</strong> sind Fälle,<br />
deren Streitgegenstand nicht zur Disposition der Parteien steht, die also<br />
nicht vergleichsfähig sind,<br />
in denen <strong>eine</strong> der Parteien auf sofortigen Rechtsschutz angewiesen ist.<br />
Unter subjektiven Kriterien kommt <strong>Mediation</strong> nicht in Betracht,<br />
wenn der Konflikt dermaßen eskaliert ist, dass die Chancen, sich zu einigen,<br />
minimal sind, sei es, weil das gegenseitige Mistrauen zu groß oder <strong>eine</strong><br />
Kommunikation nicht mehr möglich ist,<br />
wenn <strong>eine</strong> Partei sich gar nicht einigen will, z.B. weil sie aus strategischen<br />
Gründen ein Gerichtsurteil als Präjudiz erstreiten will,<br />
wenn <strong>eine</strong> Partei es ausschließlich auf <strong>eine</strong>n Missbrauch der<br />
Verhandlungsbereitschaft der anderen Partei anlegt, z.B. um Zeit zu<br />
gewinnen oder Informationen auszuforschen,<br />
wenn die Parteien bereits ein obligatorisches Schlichtungsverfahren<br />
durchlaufen haben und <strong>eine</strong> richterliche Entscheidung erwarten.<br />
In der Regel geht nach Ausbruch <strong>eine</strong>s Konfliktes die Kommunikation zwischen den<br />
Parteien zurück, oft kommt sie völlig zum Erliegen. Sie entfernen sich voneinander,<br />
nehmen starre, oft überzogene Positionen ein. Der Konflikt eskaliert und schränkt die<br />
Fähigkeit, miteinander zu verhandeln, drastisch ein.<br />
Mit s<strong>eine</strong>r kommunikativen Kompetenz kann der Mediator den Parteien dazu<br />
verhelfen, das Sachgespräch wieder aufzunehmen und das strukturelle<br />
Einigungshindernis der Kommunikationsstörung zu überwinden.<br />
Der Mediator kann die Kommunikation auf dreifache Weise verbessern:<br />
Über die Art s<strong>eine</strong>r Fragen kann er Einfluss darauf nehmen, was die<br />
Parteien besprechen und so den Informationsfluss in <strong>eine</strong>r Verhandlung<br />
erleichtern.
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Durch s<strong>eine</strong> Gesprächsmoderation kann er beeinflussen, wie etwas gesagt<br />
wird, indem er die Äußerungen der Parteien auf <strong>eine</strong>r sachlichen Ebene<br />
zusammenfasst, die das Weiterführende an dem Gesagten erkennen lässt.<br />
Er kann die Richtung des Gesprächs in <strong>eine</strong> Lösungsorientierung lenken<br />
und damit verhindern, dass die Parteien in alte destruktive Feindseligkeiten<br />
zurückfallen.<br />
Indem der Mediator die Kommunikation der Parteien in dieser Weise lenkt, kann<br />
er dazu beitragen, dass die Parteien Sachfragen von Fragen, die ihre Beziehung<br />
zueinander betreffen, trennen, gegenseitige Abwertungen begrenzen und <strong>eine</strong><br />
konstruktive Verhandlung zum beiderseitigen Vorteil zustande bringen.<br />
Außerdem kann der Mediator zu interessenorientiertem Verhandeln beitragen,<br />
indem er<br />
das Augenmerk der Parteien aus der Vergangenheit in die Zukunft richtet,<br />
das gegenseitige Verständnis der Parteien für die jeweiligen Interessen und<br />
Motive erhöht, indem er jede Partei mit ihrer eigenen Wahrnehmung, die oft<br />
von der der anderen weit entfernt ist, respektiert und sie mit ihren Emotionen<br />
ernst nimmt,<br />
das Gespräch auf die hinter den Positionen liegenden Interessen der<br />
Parteien lenkt und mit den Parteien recherchiert, wo sich ihre Interessen<br />
treffen,<br />
darauf hinwirkt, dass auch die Interessen anderer von dem Konflikt<br />
betroffener Personen zur Sprache kommen und gegebenenfalls diese<br />
Personen in die Verhandlungen mit einbezogen werden.<br />
Das Ergebnis <strong>eine</strong>r gelungenen <strong>Mediation</strong> ist <strong>eine</strong> Vereinbarung, die die Interessen<br />
aller Konfliktbeteiligten berücksichtigt und deshalb die Chance bietet, dauerhaft<br />
akzeptiert zu werden.<br />
Zum Unterschied zwischen Vergleichsgesprächen mit dem zuständigen Gericht<br />
und <strong>eine</strong>r <strong>Mediation</strong>
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Vielfach wenden Richter in der mündlichen Verhandlung ebenso wie Mediatoren<br />
kommunikative und verhandlungsrelevante Techniken an und moderieren<br />
interessenorientierte Vergleichsverhandlungen.<br />
Allerdings kann dem Richter die Zeit fehlen, die oft erforderlich ist, um <strong>eine</strong>n<br />
kooperativen Verhandlungsprozess in Gang zu setzen und zu <strong>eine</strong>m für die Parteien<br />
zufriedenstellenden Ergebnis zu bringen. Dies gilt insbesondere für all jene Fälle, in<br />
denen der Kern des Problems in Konflikten zu suchen ist, die außerhalb des rechtlich<br />
relevanten Streitgegenstandes liegen (wenn z.B. der Gesellschafterbeschluss, der in<br />
<strong>eine</strong>m Gerichtsverfahren angefochten wird, nur die Spitze des Eisberges von<br />
Konflikten unter den Gesellschaftern selbst ist) und in denen andere als die<br />
Prozessparteien in die Konfliktlösung mit einbezogen werden müssen.<br />
In dieser Hinsicht unterscheiden sich gerichtliche Vergleichsverhandlungen und<br />
<strong>Mediation</strong>en nur graduell.<br />
Strukturell unterscheidet sich der Richter von dem Mediator durch s<strong>eine</strong> Verpflichtung,<br />
den Konflikt, falls die Vergleichsverhandlungen scheitern, durch s<strong>eine</strong> Entscheidung<br />
zu regeln.<br />
Der Richter behält, auch wenn er sich während der Vergleichsverhandlung in die Rolle<br />
des Vermittlers begibt, s<strong>eine</strong> Funktion als Richter. Scheitert die<br />
Vergleichsverhandlung, entscheidet er durch Urteil.<br />
Dies wirkt sich auf die Dynamik der Verhandlungen aus.<br />
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Parteien bei ihren Verhandlungen mit dem<br />
Richter nicht aus dem Auge verlieren, dass er den Rechtsstreit entscheiden wird.<br />
Dadurch kann es den Parteien erschwert werden, unbefangen und orientiert an ihren<br />
Interessen miteinander zu verhandeln.<br />
Ihr Verhandlungsstil kann davon geprägt sein,<br />
die Äußerungen und Interventionen des Richters daraufhin durchleuchten zu<br />
wollen, ob sich daraus Rückschlüsse für s<strong>eine</strong> Auffassung, wie sie im Urteil<br />
zum Ausdruck kommen wird, ziehen lassen,
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zu versuchen, durch taktisches Geschick den Richter auf ihre Seite zu<br />
ziehen, beispielsweise, indem sie sich selbst aufwerten, die andere Partei<br />
abwerten,<br />
sich nicht in der Lage zu sehen, Hintergründe des Rechtsstreits oder<br />
sonstige Sachverhalte zur Sprache zu bringen, weil sie befürchten, dies<br />
könne ihre Chancen, den Prozess zu gewinnen, beeinträchtigen,<br />
zu befürchten, vor dem Richter sich ihres Rechts unsicher oder<br />
unglaubwürdig zu ersch<strong>eine</strong>n, wenn sie sich auf Kompromisse einlassen.<br />
Derartige Konstellationen können zu <strong>eine</strong>r Verfestigung der gegensätzlichen<br />
Positionen führen. Sie bergen die Gefahr in sich, dass der Kern des Problems gar<br />
nicht zur Sprache kommt und es den Parteien nicht gelingt, zu konstruktiven<br />
Verhandlungsergebnissen zu kommen.<br />
<strong>Mediation</strong> ist nicht auf vor- und außergerichtliche Auseinandersetzungen beschränkt.<br />
Auch nach Einleitung <strong>eine</strong>s Gerichtsverfahrens kann sich für die Parteien der Versuch<br />
lohnen, den Konflikt in <strong>eine</strong>r <strong>Mediation</strong> zu lösen. Dadurch können den Parteien,<br />
Anwälten und Richtern zeitraubende Beweisaufnahmen und damit verbundene<br />
Erörterungen erspart bleiben. Gelingt die <strong>Mediation</strong>, kann das in der <strong>Mediation</strong><br />
ausgehandelte Ergebnis gerichtlich protokolliert werden.