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Ausgabe 06/2013 - Kulturnews

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www.tropen.de / byers<br />

Buchkritiken<br />

Katherine hasst<br />

Männer, David<br />

Vegetarier und<br />

Nathan seine<br />

Mutter<br />

Sam Byers: Idiopathie<br />

Aus dem Englischen von Barbara Heller<br />

und Rudolf Hermstein<br />

378 Seiten, geb. , € 21,95 (D)<br />

Auch als E-Book erhältlich<br />

Während in einer<br />

Klein stadt im<br />

Norden Eng lands<br />

die Kühe reglos ins<br />

Leere starren, käut<br />

die Genera tion der<br />

Dreißig jährigen ihre<br />

Probleme wieder.<br />

Sam Byers erzählt<br />

mit Humor und<br />

Tiefgang von der<br />

Möglichkeit und<br />

Unmög lich keit der<br />

Liebe einer selbstbezo<br />

ge nen<br />

Generation vor dem<br />

Hinter grund von<br />

Hippie-Protes ten,<br />

Selbst fin dungs schwindeleien<br />

und kränkelnden<br />

Kühen.<br />

darum geht es im dritten Band –<br />

und natürlich irgendwie auch<br />

noch um ein paar Tote. Aber die<br />

Beziehungen von Ruth zu ihrem<br />

Baby Kate und von Nelson zu<br />

seiner heimlichen Tochter stehen<br />

doch im Vordergrund. Ruth versucht,<br />

sich in ihre Doppelrolle<br />

als Wissenschaftlerin und Mutter<br />

einzufinden. Der verheiratete<br />

Nelson versucht, Kontakt mit<br />

Kate zu bekommen, ohne aufzufliegen.<br />

Im Vergleich dazu mutet<br />

der Fall, den die forensische<br />

Anthropologin und der Inspector<br />

diesmal zusammen lösen, fast<br />

leicht an: Sechs alte Leichen<br />

werden am Strand von Norfolk<br />

entdeckt. Es stellt sich heraus,<br />

dass es Nazis waren und dass<br />

die Homeguard-Truppe des kleinen<br />

Örtchens wohl mit dem Tod<br />

der deutschen Soldaten zu tun<br />

hatte. Eigentlich nicht so spannend<br />

… Denn auch wenn Mord<br />

offiziell nicht verjährt, sind die<br />

meisten Beteiligten entweder tot<br />

oder im Greisenalter. Als jedoch<br />

genau diese Rentner plötzlich<br />

sterben, einer von ihnen eine rätselhafte<br />

Botschaft hinterlässt und<br />

am Strand noch eine weitere, frischere<br />

Leiche auftaucht, bekommt<br />

das ganze Schwung –<br />

und am Ende sogar eine fast zu<br />

actionreiche und überraschende<br />

Auflösung. Trotzdem ein solider<br />

England-Krimi mit stürmischdüsterer<br />

Atmosphäre. (kab)<br />

David Baddiel<br />

Halb so wild<br />

Aus d. Engl. v. Friedrich Mader<br />

Blessing, <strong>2013</strong><br />

544 S.; 19,99 Euro<br />

Wer sich von den vielen Figuren<br />

in David Baddiels viertem<br />

Roman nicht abschrecken lässt,<br />

wird merken, dass alles halb so<br />

wild ist. Denn nur die Hälfte von<br />

ihnen spielt wirklich eine Rolle<br />

im Leben von Protagonist Eli<br />

Gold, dem im Sterben liegenden<br />

87-jährigen Autoren von<br />

Weltrang. Da ist Colette, die<br />

achtjährige Tochter aus fünfter<br />

und jüngster Ehe, die den Zirkus<br />

um ihren Vater beobachtet, den<br />

sowohl Medien als teilweise<br />

auch Mutter Freda veranstalten.<br />

Da ist Harvey, therapieerfahrener<br />

Sohn aus dritter Ehe, der anreist,<br />

um sich von dem Mann zu verabschieden,<br />

mit dem ihn außer<br />

dem Namen so gut wie nichts<br />

verbindet. Eine spezielle Rolle<br />

spielt Elis erste Frau Violet, die<br />

ihn über 50 Jahre lang nicht<br />

gesehen hat und sein Sterben<br />

vor dem Fernseher in einem<br />

Londoner Altenheim verfolgt.<br />

Und dann ist da noch Elis<br />

Exschwager, der mit dem ohnehin<br />

Todgeweihten noch eine<br />

Rechnung zu begleichen hat.<br />

Vier Handlungsstränge und 542<br />

Seiten später lässt sich sagen,<br />

dass Baddiel zu viele Handlungsstränge<br />

etabliert, die im Kopf der<br />

Leser etliche Fragezeichen aufploppen<br />

lassen – wovon einige<br />

nicht mehr wegploppen. Viele<br />

Fragen bleiben ungeklärt und<br />

manche Figur etwas oberflächlich.<br />

Was aber nicht so schlimm<br />

ist, da Baddiel auf sprachlicher<br />

Ebene mit ganz und gar eigenen<br />

Bildern und Vergleichen entschädigt.<br />

Facebook-Nachricht,<br />

Protokoll oder iPhone-Playlist:<br />

Die verschiedenen Textformen<br />

vermitteln zudem sehr gelungen<br />

einen 2.0-Charakter. Überzeugend<br />

auch der Schluss, der so<br />

unspektakulär ist, dass er perfekt<br />

zum Titel passt. (awb)<br />

Sabrina Janesch<br />

Katzenberge<br />

Deutsche Grammophon, <strong>2013</strong><br />

4 CDs; 14,99 Euro<br />

Das ist mal eine echte Entdeckung.<br />

Nein, nicht „Katzenberge“<br />

an sich. Das Buch ist klasse<br />

und hat seine Preise (Mara-<br />

Cassens-Preis 2010, Anna-<br />

Seghers-Preis 2011) zu Recht<br />

abgeräumt. Aber Sabrina Janeschs<br />

Debüt ist ja nicht brandneu. Neu<br />

ist Nina Reithmeier als Sprecherin<br />

für anspruchsvolle Hörbücher. Mit<br />

ihrer hellen, teils fast kindlichen<br />

Stimme verleiht sie der Halbpolin<br />

Nele, die sich auf die Suche nach<br />

den Wurzeln ihres Großvaters<br />

macht, der einst von Galizien<br />

nach Schlesien umgesiedelt<br />

wurde, etwas Wissendes und<br />

gleichzeitig etwas Fragendes. Sie<br />

lässt Nele ebenso elegant zwischen<br />

Verunsicherung und Mut<br />

schwanken wie sie die Zeitebenen<br />

der Geschichte scheinbar mühelos<br />

miteinander verquickt. Mal dringt<br />

man tief in die Welt der Großeltern<br />

ein, deren Kämpfe, Gedanken und<br />

Aberglauben, dann wieder ist man<br />

im Hier und Jetzt mit Nele. Das<br />

Hörbuch ist eine großartige<br />

Umsetzung eines großartigen<br />

Buches. Zeitgleich erscheint<br />

auch Sabrina Janeschs zweiter<br />

Roman „Ambra“ als Hörbuch,<br />

wieder mit Nina Reithmeier als<br />

Sprecherin. (kab)<br />

Björn Bicker<br />

Was wir erben<br />

Kunstmann, <strong>2013</strong><br />

288 S.; 19,95 Euro<br />

Die Ausgangssituation bekommt<br />

keinen Preis für Originalität: Ein<br />

junge Frau ist halbwegs gesettlet<br />

im Leben, Job funktioniert,<br />

Liebesleben auch, es gibt<br />

Sinnkrisen, klar, aber irgendwie<br />

ist alles in Ordnung. Und plötzlich<br />

meldet sich ein bislang<br />

unbekannter Halbbruder: Der<br />

verstorbene Vater hatte eine<br />

Affäre, und nun gerät das funktionierende<br />

Leben ins Rutschen.<br />

Björn Bicker beginnt seinen<br />

Roman „Was wir erben“ auf ganz<br />

kleiner Flamme: Wenig passiert<br />

jenseits kleiner Erschütterungen,<br />

die Nachkriegszeit drängt in die<br />

Gegenwart, die Kindheit des<br />

Vaters in der DDR, die Ausreise<br />

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