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Leserbriefe, Kommentare, Aufsätze und Traktate - Twoday

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möchte ich da ein paar Anregungen<br />

loswerden.<br />

Natürlich lernt man im Vorschulalter<br />

leicht, auch Sprachen, doch sollten in<br />

dieser Zeit andere Dinge vermittelt<br />

werden: ein allgemeines Verständnis<br />

von der Welt <strong>und</strong> wie sie in den<br />

Gr<strong>und</strong>zügen funktioniert, soziales<br />

Verhalten, Rücksichtnahme, auch<br />

schon Konflikt- <strong>und</strong> Teamfähigkeit, die<br />

Fähigkeit zu spielen, Geschicklichkeit<br />

auszubilden, zu sehen, zu erkennen<br />

<strong>und</strong> darüber zu sprechen <strong>und</strong> von mir<br />

aus auch ein paar vorbereitende<br />

schulische Dinge, aber Englisch?<br />

Vermutlich halten die Initiatoren es für<br />

Intelligenzförderung <strong>und</strong> meinen es<br />

zweifelos gut damit <strong>und</strong> wie man in<br />

letzter Zeit so hört, bereitet das<br />

Kultusministerium da noch ganz<br />

andere Dinge vor, etwa die frühere<br />

Einschulung.<br />

Warum müssen wir immer von einem<br />

Extrem ins andere fallen? Den<br />

Kindergarten, wie ich ihn eingangs<br />

skizziert habe <strong>und</strong> wie ich ihn vor über<br />

drei Jahrzehnten in Westberlin<br />

während Praktikas auch ausprobieren<br />

konnte, gibt es natürlich auch heute<br />

noch nicht <strong>und</strong> wenn, dann nur<br />

ansatzweise, dank besonderem<br />

Engagement von einzelnen<br />

Erzieherinnen. Als Mann hatte ich in<br />

Bayern übrigens keine Chance<br />

angestellt zu werden (es gibt auch<br />

diese Art von<br />

Geschlechterdiskriminierung). Und<br />

was ich dann selber über meine Kinder<br />

<strong>und</strong> Enkel von bayerischer<br />

Kindergartenarbeit erleben durfte, war<br />

entmutigend. Da gab es die „Tanten“<br />

die mit den Kindern nur Kitsch <strong>und</strong><br />

Papierkram bastelten <strong>und</strong> Gebete<br />

ratschten. Dann wurde es modern, die<br />

Kinder nur noch spielen zu lassen <strong>und</strong><br />

zu hoffen, dass die größeren die<br />

kleineren fördern. (Ich kenne<br />

verbürgte Fälle wo angehende<br />

Erzieherinnen, die mit den Kindern<br />

etwas machen wollten, aus den Teams<br />

geekelt wurden!) Und nun soll<br />

Englisch gelernt werden, da raufe ich<br />

mir meine letzten Haare!<br />

Doch die Rahmenbedingungen haben<br />

nicht die Erzieherinnen zu<br />

verantworten, sondern die meist<br />

kirchlichen Träger <strong>und</strong> die schwarze<br />

Politik. Gruppenstärken von 25 -30<br />

Kinder, altersmäßig bunt<br />

zusammengewürfelt, das ist einfach<br />

nur Wahnsinn! Oder die fünfjährige<br />

Ausbildung! Da ging es nur um billige<br />

Praktikanten für die Träger <strong>und</strong><br />

frühzeitige Abrichtung der<br />

Auszubildenden, an die Akademie<br />

darf man erst, wenn man sich erst zwei<br />

Jahre rechtlos durchgebuckelt hat.<br />

Immerhin werden heute die<br />

Vorpraktikanten wenigstens schulisch<br />

begleitet, wie oft hatte ich das in<br />

Briefen ans Kultusministerium in den<br />

achtziger Jahren gefordert! Doch bis in<br />

die neunziger Jahre hat man die<br />

Schulabgänger ohne einen Funken<br />

pädagogisches Wissen zwei Jahre lang<br />

in die Gruppen gesteckt. In Berlin<br />

hatten wir damals altersgestaffelte 15er<br />

Gruppen. Mit denen konnte man<br />

durch die Stadt spazieren <strong>und</strong> die Welt<br />

erk<strong>und</strong>en, Wirtschaftsbetriebe aller Art<br />

besuchen (vom Bauernhof bis zum E-<br />

Werk) <strong>und</strong> später dann das Gesehene<br />

durchsprechen, davon malen <strong>und</strong><br />

singen <strong>und</strong> Rollenspiele darüber<br />

machen. Unsere Kinder konnten zwar<br />

kein Englisch, hatten dafür aber ein<br />

vernetztes Verständnis von der Welt,<br />

auf das die Schulen aufbauen konnten.<br />

Dass Englischkenntnisse nicht mit<br />

Intelligenz gleichzusetzen sind,<br />

beweist wohl die Realität. Die

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