Nr. 57 - Soziale Welt
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BETROFFENE<br />
Obdachlosenunterkunft-<br />
Wohnwagen völlig ausgebrannt<br />
Seckbach. Am Samstag, den 20.12.2009 gegen 4.50 Uhr, brannte auf dem Gelände der<br />
Maria-Rosenkranz-Gemeinde in der Wilhelmshöher Straße 64 ein Wohnwagen aus, der als<br />
Obdachlosenunterkunft diente. Als die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr an der Brandstelle<br />
eintrafen, stand der Wagen bereits total in Flammen. Der Brand drohte auf einen zweiten<br />
Wagen überzugreifen. Die beiden Männer, die zu dieser Zeit in den Wagen untergebracht<br />
waren, hatten sich noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr in Sicherheit bringen können. Ein<br />
Bewohner zog sich eine Rauchvergiftung und Unterkühlung zu und musste in eine Klinik zur<br />
weiteren Versorgung gebracht werden. Denn er war bei Temperaturen von minus 14/15 Grad,<br />
nur mit Unterhose bekleidet, nach draußen gesprungen. Laut seiner Auskunft war er am<br />
Abend zwischen 20:00 und 21:00 Uhr nach Hause gekommen, hatte die Heizung auf großer<br />
Stufe eingeschaltet und sich schlafen gelegt. Als er durch Brandgeruch wach wurde, brannte<br />
der Wagen im Vorderbereich schon. Er warf seine Kleidung, die er fand, hinaus und sprang<br />
hinterher. Mit seinem Handy alarmierte er die Feuerwehr. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr<br />
entfernte er noch sämtliche Gasflaschen vom Wagen, unter Gefährdung seiner selbst. Inzwischen<br />
ist der Betroffene wieder in einem Wohnwagen untergebracht und hat das Erlebnis<br />
einigermaßen gut verkraftet. Also doch noch Glück im Unglück.<br />
Wir wünschen ihm alles Gute fürs neue Jahr. Der Sachschaden wird auf ca. 20.000 Euro<br />
geschätzt. Über die Brandursache liegen noch keine Erkenntnisse vor. Die Polizei hat die Ermittlungen<br />
aufgenommen.<br />
Bruno Szrubin<br />
Interviews mit Bewohnern des Wohnheims<br />
in der Weserstraße<br />
Urbas: Vielen Dank, Antonio, dass du dich heute hier bereit erklärst dieses Interview zu führen. Du<br />
weißt ja, dass in diesem Jahr wird das Hartz IV-Programm 5 Jahre alt. Was hälst du denn von diesem<br />
sozialen Versicherungssystem?<br />
Antonio: Ich halte nicht viel davon. Man wird von diesem Programm nur ausgenutzt.<br />
Urbas: Wer nutzt dich aus?<br />
Antonio: Ja, das ist so, dass ich hierfür das Haus 70,- EURO bezahlen muß, weil ich hier übernachte<br />
und das wird mir von meiner Unterstützung abgezogen, ohne dass ich in irgendeiner Form da Einfluß<br />
nehmen kann und das finde ich sehr ungerecht. Die machen mit uns was sie wollen. Wir werden da<br />
nicht gefragt.<br />
Urbas: Hast du den mit deinem Sachbearbeiter auf dem Amt schon gesprochen?<br />
Antonio: Ja, der kann aber auch nichts machen. Er sagt, er ist gebunden an bestimmte Weisungen.<br />
Urbas: Also bist du insgesamt mit dem Hart IV-System nicht zufrieden?<br />
Antonio: Das ist richtig, ich bin sehr unzufrieden damit. Wir haben kaum Möglichkeiten uns darin zu<br />
bewegen, wir bekommen alles vorgeschrieben, es wird einfach mit uns gemacht, was man will.<br />
Urbas: Vielen Dank für das Gespräch.<br />
Brennender Wohnwagen<br />
Bericht von einem Bewohner des abgebrannten Wohnwagens<br />
(FOTO: Feuerwehr Frankfurt a-M.)<br />
H.U. (Name ist der Redaktion bekannt) ist ein 70-jähriger geborener Frankfurter und<br />
hatte ca. 1 Jahr in dem jetzt abgebrannten Wohnwagen gelebt. Was hat er nach dem<br />
folgenschweren Brand.erlebt? Hier sein Bericht:<br />
Da ich alle meine Papiere verlor, habe ich große Schwierigkeiten, bei Behörden Hilfe zu<br />
bekommen.<br />
Wenn mir die Betreuer vom Wohnwagen-Projekt nicht helfen würden, wäre ich ganz schön<br />
aufgeschmissen. Ich habe auch immer noch Schwierigkeiten, mich ganz zwanglos im neuen<br />
Wohnwagen zu bewegen. Zunächst wollte ich gar nicht mehr wieder in einen Wohnwagen<br />
einziehen.<br />
Aber, wo sollte ich denn nach meinem Krankenhausaufenthalt denn hin? Ich ging zwar nach<br />
der Entlassung für ein paar Wochen zu Bekannten, wo ich die Zeit über Weihnachten und<br />
Neujahr verbringen konnte. Noch heute halte ich mich lieber bei Freunden in Nordhessen<br />
auf. Auch reagiere ich, wenn ich im Wohnwagen bin, leicht schreckhaft auf jedes Geräusch,<br />
das ich höre. Was mich aber am Meisten an der ganzen Sache ärgert, ist, dass man ein<br />
Ermittlungs-Verfahren gegen mich in die Wege geleitet hat. Wegen grob fahrlässiger<br />
Brandstiftung. Dazu habe ich eine Aussage bei der Polizei machen müssen. Ich werde nun<br />
abwarten müssen, was dabei herauskommt. Da ich Rentner bin, habe ich viel Zeit zum<br />
Nachdenken und hoffe trotzdem, dass ich diese schreckliche Nacht bald vergessen kann. Des<br />
Weiteren würde es mich freuen, wenn es endlich mit dem Einzug in das Wohnstift klappen<br />
würde. Ich habe mich schon sehr lange vormerken lassen,. Dort würde ich dann endlich<br />
zur Ruhe kommen. Mein Leben war ja auch ganz schön bewegt, ich bin 30 Jahre zur See<br />
gefahren.<br />
Ich bedanke mich hier nochmal bei allen, die mir geholfen haben, wieder neu anzufangen.<br />
Ich freue mich auf alles, was in diesem neuen Jahr noch auf mich zu kommt.<br />
Urbas: Guten Tag Joachim. Ich freu mich, dass du bereit bist, hier für die Zeitung <strong>Soziale</strong> <strong>Welt</strong> ein Interview<br />
zu geben. Wie lange bist du schon im Wohnheim?<br />
Joachim: Ja, seit dem 17. diesen Monats.<br />
Urbas: Du weisst ja auch, dass die Hartz IV-Regelung, also relativ neue Regelung im Sozialbereich, fünf<br />
Jahre alt wird. Was hälst du denn davon?<br />
Joachim: Ich weiss davon sehr wenig. Ich bin erst seit einigen Tagen hier in der Bundesrepublik. Ich<br />
hatte in den Philippinen gelebt und wurde dort an sich nicht sehr gut von der dortigen Botschaft unterstützt.<br />
Ich habe 43 Jahre in den Philippinen wohnen müssen. Die deutsche Botschaft hat mir erst jetzt<br />
seit mehreren Anträgen einen Ausweis ausgestellt.<br />
Danke für alles - H.U.!<br />
Urbas: Das verstehe ich, dass du wenig dazu sagen kannst, vielleicht kannst du uns mal mitteilen, wie<br />
du dich in dem Wohnheim fühlst und was so deine Ziele sind?<br />
Joachim: Ja, ich finde es in dem Wohnheim sehr gut. Es ist sehr sauber und sehr ordentlich. Ich wünsche<br />
mir natürlich, dass ich meine Frau und meinen Kindern, die noch in den Philippinen sind, dass<br />
ich diese unterstützen kann und hoffe, dass meine Ziele, dass ich irgendwo hier festen Fuß fassen kann,<br />
sich umsetzen lassen.<br />
Urbas: Vielen Dank für die Bereitschaft auch für die Zeitung mal so deinen Lebensweg hier zu schildern.<br />
Wir drücken dir die Daumen, dass alles so klappt.