Biotreibstoffe im Fokus - umwelttechnik.at
Biotreibstoffe im Fokus - umwelttechnik.at
Biotreibstoffe im Fokus - umwelttechnik.at
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Biotreibstoffe</strong> <strong>im</strong> <strong>Fokus</strong><br />
www.biomasseverband.<strong>at</strong>
2<br />
Kraft-Stoffe Wussten Sie, dass ...?<br />
... der Chefökonom der Intern<strong>at</strong>ionalen Energieagentur, F<strong>at</strong>ih Birol,<br />
appelliert, „das Öl zu verlassen, bevor es uns verlässt“? Laut seinen<br />
Aussagen sind – um bei Öl auf dem heutigen Produktionsniveau zu<br />
bleiben – jährlich Investitionen von ca. 300 Mrd. Euro notwendig. 1<br />
In Österreich produzierte <strong>Biotreibstoffe</strong> stehen für:<br />
• Diversifik<strong>at</strong>ion und Absicherung in der Energieversorgung<br />
• rasche CO2-Reduktion <strong>im</strong> Verkehrssektor<br />
• Wertschöpfung <strong>im</strong> ländlichen Raum<br />
und das, ohne die Lebensmittelpreise in die Höhe zu treiben,<br />
ohne neg<strong>at</strong>ive Auswirkungen auf die Umwelt<br />
und die Nahrungsmittel-Versorgungssicherheit.
<strong>Biotreibstoffe</strong> <strong>im</strong> Überblick<br />
3<br />
<strong>Biotreibstoffe</strong> sind derzeit die einzige Möglichkeit, die neg<strong>at</strong>iven Kl<strong>im</strong>a-Auswirkungen der fossilen Treibstoffe<br />
rasch zu verringern, ohne dass sich <strong>im</strong> Mobilitätsverhalten der Bevölkerung gravierend etwas ändern müsste. Sie<br />
sind jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zur gänzlichen Energiewende <strong>im</strong> Verkehrsbereich. Langfristig gesehen<br />
wird hier die Elektromobilität, verbunden mit der stärkeren Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, eine gewichtigere<br />
Rolle spielen müssen.<br />
ist ein hochwertiger, reiner Alkohol. Ausgangsprodukte sind stärke- und zuckerhaltige<br />
Rohstoffe. Aus Getreide, Mais oder Zuckerrübendicksaft (bzw. Mischungen davon)<br />
wird eine Maische hergestellt und durch Zugabe von Enzymen die Al ko holgärung eingeleitet.<br />
Die Gärung erzeugt ein Produkt mit max<strong>im</strong>al 18 % Ethanol, das anschließend destilliert wird.<br />
Für die Verwendung als Treibstoff wird die Ethanol-Konzentr<strong>at</strong>ion durch Wasserentzug auf<br />
annähernd 100 % erhöht. Das so erzeugte Bioethanol wird derzeit mit einem Anteil von rund<br />
5 % dem fossilen Benzinkraftstoff beigemischt. Für die „Reinverwendung“ als E 85-Kraftstoff<br />
(in Österreich Superethanol genannt, besteht bis zu 85 % aus Bioethanol und zum Rest aus<br />
BIOETHANOL<br />
Benzin) sind eigene Fahrzeuge, sogenannte FlexFuel-Vehicles (FFV), notwendig,<br />
die mit jeglicher Mischung aus Superethanol und Benzin be trieben werden<br />
können. Durch die Trocknung der destillierten Maische wird als Nebenprodukt ein<br />
hochwertiges Eiweißfuttermittel (Distillers Dried Grains with Solubles – DDGS,<br />
„Actiprot“) erzeugt, das speziell in der Rinderfütterung gut ein gesetzt werden und<br />
rund ein Drittel der derzeitigen Sojaschrot<strong>im</strong>porte ersetzen kann.<br />
Wussten Sie, dass ...?<br />
... sich <strong>Biotreibstoffe</strong> preisdämpfend auf den<br />
Rohölpreis auswirken? Einem Bericht des Wall<br />
Street Journal zufolge würde ein sofortiger<br />
Verzicht auf <strong>Biotreibstoffe</strong> zu einer Rohölpreiserhöhung<br />
von 10 bis 15 % führen.
<strong>Biotreibstoffe</strong> <strong>im</strong> Überblick<br />
4<br />
BIOMETHAN<br />
BIODIESEL<br />
Die Erzeugung von<br />
erfolgt durch Auspressen oder Extrahieren des in der Ölsa<strong>at</strong> (z. B. Raps, Sonnenblumen)<br />
enthaltenen Öles. Der Presskuchen bzw. der Extraktionsschrot kann wiederum als Eiweißfuttermittel eingesetzt<br />
werden. Das gereinigte Pflanzenöl oder Altspeiseöl wird anschließend durch Zugabe von rund 10 % Methanol<br />
und einem K<strong>at</strong>alys<strong>at</strong>or zu Biodiesel verestert. Die aktuell gültige Be<strong>im</strong>ischung von etwa 7 % Biodiesel zum fossilen<br />
Diesel ist für alle Fahrzeuge ohne Adaptierung des Motors möglich und in Österreich gängige Praxis. Bei Verwendung<br />
von höheren Be<strong>im</strong>ischungsr<strong>at</strong>en bzw. reinem Biodiesel ist hingegen eine Freigabe durch den Fahrzeughersteller<br />
Voraussetzung. Biodiesel in Reinverwendung kommt derzeit vorwiegend <strong>im</strong> Transportwesen (Lkw- und Busflotten)<br />
zum Eins<strong>at</strong>z, weiteres Potenzial besteht beispielsweise <strong>im</strong> Tief- und Bergbau sowie in der Binnenschifffahrt.<br />
entsteht bei der anaeroben Vergärung (unter Luftabschluss) von<br />
landwirtschaftlicher Biomasse oder biogenen Rest- und Abfallstoffen. Das so erzeugte<br />
Gas besteht zu etwa 60 % aus Methan (CH4) und kann durch Verbrennung<br />
in Strom und Wärme umgewandelt werden. Durch Reinigung des Biogases, bei<br />
der <strong>im</strong> Wesentlichen Kohlendioxid (CO2), Schwefelwasserstoff (H2S) und Wasser<br />
entfernt werden, kann der Methangehalt auf fast 100 % angehoben werden. Das<br />
so gewonnene Biomethan h<strong>at</strong> dann Erdgasqualität und kann in Gasfahrzeugen als<br />
Treibstoff eingesetzt werden. Der Eins<strong>at</strong>z von reinem Biogas als Treibstoff spielt<br />
derzeit noch eine untergeordnete Rolle in Österreich. Zwar kann hier die höchste<br />
Kilometerausbeute pro Hektar Ackerland erreicht werden, es fallen jedoch keine<br />
Nebenprodukte an.
<strong>Biotreibstoffe</strong> <strong>im</strong> Überblick<br />
5<br />
PFLANZENÖL<br />
Die Verwendung von reinem<br />
als Kraftstoff h<strong>at</strong><br />
derzeit nur in Nischen Bedeutung. Im agrarischen Produktionskreislauf<br />
stellt Pflanzenöl, insbesondere wenn der Presskuchen in<br />
der Region verfüttert werden kann, eine sinnvolle Altern<strong>at</strong>ive dar.<br />
Vor allem in ökologisch sensiblen Gebieten (z. B. Wasserschutzgebiete,<br />
Skipisten, Forstbereich) können sich in Zukunft verstärkt<br />
Eins<strong>at</strong>zmöglichkeiten auftun.<br />
BIOKRAFTSTOFFE DER 2. GENERATION<br />
– flüssige oder<br />
gasförmige Treibstoffe - lassen sich aus fester Biomasse über<br />
den Weg der thermischen Vergasung oder durch verschiedene<br />
Bio masse-Verölungsverfahren herstellen. Eine weitere Möglichkeit<br />
besteht in der Ethanolerzeugung mittels thermischer oder<br />
enzym<strong>at</strong>ischer Verfahren. Dafür können alle Formen zellulosehaltiger<br />
Biomasse (Ganzpflanzennutzung) verwendet werden.<br />
Ausgehend von den jahrzehntelangen Forschungsarbeiten gibt<br />
es mittlerweile k<strong>at</strong>alytisch gesteuerte Verölungsverfahren <strong>im</strong><br />
Versuchsmaßstab. Einzelne Forschungs- und Demonstr<strong>at</strong>ionsanlagen sind <strong>im</strong> Probebetrieb, kommerzielle Großanlagen<br />
gibt es bis d<strong>at</strong>o keine. Die Markteinführung dieser Technologie bedarf weiterer intensiver Forschung und Entwicklung,<br />
vor allem in den Bereichen Upscaling (Anwendung <strong>im</strong> großtechnischen Maßstab) und Rohstoffaufschluss.
Verzicht bedeutet Risiko!<br />
6<br />
Ein Verzicht auf <strong>Biotreibstoffe</strong> zum jetzigen Zeitpunkt würde nichts anderes bedeuten, als Milliarden Euro<br />
an kl<strong>im</strong>awirksamen Investitionen abzuschreiben, die <strong>im</strong> Verkehr anfallenden Treibhausgase weiter zu steigern und<br />
die Preise der fossilen Brenn- und Treibstoffe zusätzlich nach oben zu treiben. In der Beurteilung der <strong>Biotreibstoffe</strong><br />
muss eines <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> <strong>Fokus</strong> stehen: Es gibt keine positiven Umwelt- und Wirtschaftseffekte von <strong>im</strong>portiertem<br />
fossilen Öl und Gas! Die CO2-Emissionen be<strong>im</strong> Abfackeln des „Nebenproduktes“ Gas bei der Erdölerzeugung und die<br />
durch Leckagen in den Transporteinrichtungen in die Umwelt gelangenden Mengen an Öl und Gas müssen genauso<br />
mit auf die Gesamtrechnung wie unvorstellbares menschliches Leid und Billionen Kosten durch militärische Interventionen<br />
zur Ressourcenabsicherung.<br />
<strong>im</strong> Öl<br />
verendeter<br />
Vogel<br />
Explosion<br />
auf der<br />
Deepw<strong>at</strong>er<br />
Horizon<br />
Ölsandabbau in Kanada
Rekordausgaben für Öl<strong>im</strong>porte<br />
7<br />
Österreichische Energie-Außenhandelsbilanz 2003 bis 2011<br />
Milliarden Euro<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
-3<br />
-4<br />
-5<br />
-6<br />
-7<br />
-8<br />
-9<br />
-10<br />
-11<br />
-12<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Netto-Exporte<br />
Netto-Importe<br />
Strom<br />
Kohle, Koks,<br />
Briketts<br />
Öl und<br />
Ölprodukte<br />
Gas<br />
Quelle: St<strong>at</strong>istik<br />
Austria, Außenhandelsbilanzen<br />
2003 bis 2011<br />
Etwa zwei Drittel des östERreichischen<br />
Energiebedarfs<br />
werden überwiegend in Form von<br />
Öl, Gas und Kohle <strong>im</strong>portiert. Daraus<br />
ergab sich für das Jahr 2011<br />
ein Netto-Importvolumen von 11,5<br />
Milliarden Euro, eine Rekordmarke.<br />
Im Jahr 2003 lag dieser Wert noch<br />
bei 4,5 Milliarden Euro. Der Großteil<br />
des Defizits 2011 entfiel mit<br />
fast 8 Milliarden Euro auf Erdöl<br />
und Erdölerzeugnisse. In Österreich<br />
stammen diese Produkte zu großen<br />
Teilen aus politisch instabilen Ländern<br />
wie Kasachstan, dem Irak oder<br />
Libyen – die kurzfristige Versorgungssicherheit<br />
muss hier infrage<br />
gestellt werden. Die Preissprünge<br />
aufgrund des Arabischen Frühlings<br />
<strong>im</strong> Jahr 2011 sprechen für sich.
Rohölpreis explodiert!<br />
8<br />
Von 1998 bis 2008 h<strong>at</strong> sich der<br />
Jahresdurchschnittspreis für<br />
Rohöl mehr als versiebenfacht – oder<br />
anders ausgedrückt: Er ist um mehr<br />
als 600 % gestiegen. Mit 111 US-Dollar<br />
erreichte der durchschnittliche Preis<br />
für ein Barrel Rohöl <strong>im</strong> Jahr 2011<br />
einen Rekordwert. Gründe für diese<br />
Preis explosion sehen führende Wissenschaftler<br />
<strong>im</strong> Phänomen „Peak Oil“.<br />
Dieses besagt, dass ab einem best<strong>im</strong>mten<br />
Zeitpunkt die Förderung von Öl<br />
nicht mehr gesteigert werden kann. Die<br />
Folge wäre eine Angebotsverknappung,<br />
die bei weiter steigendem Verbrauch<br />
mit einer regelrechten Preisexplosion<br />
und einem anschließenden Einbruch<br />
der Weltwirtschaft einherginge. Pess<strong>im</strong>istische<br />
Einschätzungen halten diesen<br />
Zeitpunkt bereits für gekommen.<br />
Entwicklung des Rohölpreises von 1970 bis Juli 2011<br />
OPEC Ölembargo<br />
1. Golfkrieg, Iran vs. Irak<br />
Revolution <strong>im</strong> Iran<br />
2. Golfkrieg, Irak überfällt Kuwait<br />
OPEC erhöht Fördermengen<br />
Hurrikans <strong>im</strong> Golf von Mexiko<br />
3. Golfkrieg, US-Einmarsch <strong>im</strong> Irak<br />
9/11<br />
Wirtschaftskrise in Asien<br />
Steigender Verbrauch v. a. in Asien,<br />
stagnierende Förderung, Peak Oil?<br />
reale Preise<br />
nominale Preise<br />
Finanzkrise<br />
Rohölpreis<br />
in US-$<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010<br />
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung EIA (2011), D<strong>at</strong>enquelle: EIA (2011), Index Mundi (2011)
Was treibt Österreich?<br />
9<br />
Österreich h<strong>at</strong> sich zu 10-prozentigem<br />
Erneuerbaren-Anteil <strong>im</strong> Verkehr verpflichtet<br />
Ziele für den Eins<strong>at</strong>z von Biokraftstoffen <strong>im</strong> Verkehrssektor nach 2010 wurden in der EU-Richtlinie zur Förderung<br />
Erneuerbarer Energieträger definiert – diese Ziele haben verbindlichen Charakter. Die Mitgliedssta<strong>at</strong>en haben<br />
lt. RL 2009/28/EG bis 2020 einen Mindestanteil von 10 % des Energieeins<strong>at</strong>zes <strong>im</strong> Verkehrssektor durch erneuerbare<br />
Energieträger zu substituieren (sektorales Ziel). Zur Zielerreichung können Biokraftstoffe erster und zweiter<br />
Gener<strong>at</strong>ion, die strenge Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, sowie Strom aus erneuerbaren Quellen herangezogen<br />
werden. Die Kriterien, denen Biokraftstoffe unterliegen, umfassen neben einem Mindestreduktionsziel an Treibhausgasemissionen<br />
auch Verbotszonen für den Rohstoffanbau. Ökologisch wertvolle Gebiete oder Flächen mit<br />
hohem Kohlenstoffbestand, wie zum Beispiel Pr<strong>im</strong>ärwald, Feuchtgebiete,<br />
kontinuierlich bewaldete Flächen sowie Grünland mit großer biologischer<br />
Vielfalt, sind von einer Änderung der Bewirtschaftung bzw. des Flächenst<strong>at</strong>us<br />
für die Rohstoffproduktion ausgeschlossen. Spezielle Biokraftstoffe,<br />
wie z. B. Biodiesel aus Altspeisefetten oder Bioethanol aus Stroh, werden für<br />
die Zielerreichung mit dem Faktor Zwei gewichtet. Damit soll ein Anreiz für<br />
besonders umweltfreundliche Bioenergieträger und kaskadische Nutzungsformen<br />
geschaffen werden. Erneuerbarer Strom, der in Schienen- und Straßenfahrzeugen<br />
zum Eins<strong>at</strong>z kommt, wird mit dem Faktor 2,5 gewichtet.<br />
Wussten Sie, dass ...?<br />
... „E10“ in einigen Bundessta<strong>at</strong>en der USA bereits<br />
in den 1980er-Jahren eingeführt wurde? Manche<br />
Bundessta<strong>at</strong>en setzen bereits seit mehreren Jahren<br />
auf „E 15“. In Brasilien beträgt der Ethanolanteil<br />
<strong>im</strong> Benzin mindestens 20 und bis zu 100 %.<br />
Die Autos dafür stammen auch von europäischen<br />
Autokonzernen, die sich hierzulande vehement<br />
gegen die Einführung von Biokraftstoffen stellen.
Treibhausgas-Emissionen <strong>im</strong> Verkehrssektor wachsen rasant<br />
10<br />
Bis 2020 muss Österreich laut EU-Vorgabe zur Bekämpfung des<br />
Kl<strong>im</strong>awandels seine CO2-Emissionen <strong>im</strong> Vergleich zu 2005 um 16 %<br />
senken. Der Verkehrsbereich entwickelt sich bezüglich seiner Treibhausgas-Emissionen<br />
jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Zwischen 1990<br />
und 2010 wurden die positiven Entwicklungen in den Bereichen Industrie<br />
und Gewerbe, Raumwärme und Kleinverbrauch, Landwirtschaft sowie<br />
Abfallwirtschaft durch den rasanten Anstieg der Treibhaus gas-Emissionen<br />
<strong>im</strong> Verkehrssektor (plus 60 %) zunichtegemacht. Das Umweltbundesamt<br />
h<strong>at</strong> nach der positiven Entwicklung der Treibhaus gas-Emissionen <strong>im</strong><br />
Verkehrsbereich in jüngerer Vergangenheit – verursacht durch Biotreibstoff-Be<strong>im</strong>ischung<br />
und 2009 auch durch die Wirtschaftskrise – aufgrund<br />
der steigenden Wirtschaftsleistung für 2010 wieder steigende Emissionen<br />
ausgewiesen. Laut Umweltbundesamt sind die bestehenden Maßnahmen<br />
nicht ausreichend, um eine signifikante Reduktion der Emissionen zu<br />
erreichen. Im vorgeschlagenen Maßnahmenpaket ist der vermehrte Eins<strong>at</strong>z<br />
von Biokraftstoffen ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Ziele.<br />
Im Jahr 2010 konnten durch den Eins<strong>at</strong>z von Biokraftstoffen 1,7 Millionen<br />
Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden. Ohne die Forcierung von<br />
Biokraftstoffen ist die Erreichung der angepeilten Ziele nicht möglich.<br />
Änderung der Emissionen zwischen<br />
1990 und 2010<br />
Millionen Tonnen<br />
10<br />
7,5<br />
5,0<br />
2,5<br />
0<br />
-2,5<br />
-5,0<br />
+ 8,4 Verkehr<br />
+ 0,5 Energieaufbringung<br />
± 0,0 Fluorierte Gase<br />
± 0,0 Sonstige Emissionen<br />
– 1,2 Landwirtschaft<br />
– 1,8 Abfallwirtschaft<br />
– 3,0 Raumwärme und Kleinverbrauch<br />
– 3,4 Industrie u. prod. Gewerbe<br />
Quelle: Umweltbundesamt<br />
Wussten Sie, dass ...?<br />
... der EU-Energiekommissar Günther Öttinger davon<br />
ausgeht, dass die weltweit verfügbare Ölmenge ihren<br />
Höhepunkt bereits überschritten h<strong>at</strong>? 2
<strong>Biotreibstoffe</strong> aus Österreich sparen mehr als 50 % CO2<br />
11<br />
Biogene Treibstoffe, hergestellt aus he<strong>im</strong>ischen Rohstoffen, wie Getreide, Zuckerrüben oder Pflanzenöl, können<br />
sehr schnell und unkompliziert eingesetzt werden und leisten dadurch einen wertvollen Kl<strong>im</strong>aschutzbeitrag. Wissenschaftliche<br />
Untersuchungen von he<strong>im</strong>ischen <strong>Biotreibstoffe</strong>n (Bioethanol und Biodiesel), die die gesamte Produktionskette<br />
(Lebenszyklusanalyse nach Richtlinie 2009/28/EG) betrachten, bestätigen, dass der Eins<strong>at</strong>z dieser Produkte<br />
mehr als 50 % Treibhausgasemissionen <strong>im</strong> Vergleich zu fossilen Treibstoffen einspart. Darüber hinaus basieren<br />
diese Berechnungen auf Vergleichen mit fossilen Treibstoffen aus konventioneller Ölgewinnung. Fossile Treibstoffe<br />
aus Ölsanden, Tiefseebohrungen etc. verursachen weit höhere Emissionen und Energieaufwendungen und weisen<br />
teilweise sehr große Landnutzungseffekte auf. Vergleicht man <strong>Biotreibstoffe</strong> mit derartig gewonnenen Treibstoffen,<br />
könnte daher die CO2-Einsparung noch deutlich höher sein.<br />
Treibhausgasemissionen von<br />
Bio- und fossilen Treibstoffen*<br />
Gramm CO2-Äquivalent/MJ<br />
Benzin und Diesel<br />
84 g<br />
Biodiesel (Mix) 36 g -57 %<br />
Bioethanol (Mais) 40 g -53 %<br />
*Produktionsstandort<br />
Österreich<br />
Quelle: Joanneum Research Graz, 2010<br />
Nachhaltige Rohstoffproduktion als Grundvoraussetzung: Neben<br />
der Einhaltung der strengen Nachhaltigkeitskriterien der EU-Kommission<br />
für <strong>Biotreibstoffe</strong> (Mindest-Treibhausgasemissionseinsparung,<br />
Flächennutzungseinschränkungen, soziale Kriterien etc.), die unter anderem<br />
auch den viel diskutierten Landnutzungsänderungen einen Riegel<br />
vorschieben, sind europäische Landwirte auch <strong>im</strong> Zuge der Cross Compliance<br />
(festgelegte Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit<br />
und Tierschutz) an strenge Auflagen gebunden, die sowohl für<br />
die Lebensmittel- als auch für alle anderen Produktionsformen gelten.
Anteil der Biokraftstoffe in Österreich liegt bei 6,6 %<br />
12<br />
Der österreichische<br />
Treibstoffverbrauch<br />
steigt seit den 1980er-Jahren<br />
rasant und lag 2005 bei<br />
8,34 Millionen Tonnen bzw.<br />
357 Petajoule (PJ). Seither<br />
ist er leicht rückläufig und<br />
betrug 2010 etwa 8,1 Millionen<br />
Tonnen bzw. 340 PJ.<br />
Die Diesel-Nachfrage h<strong>at</strong><br />
sich in den letzten 20 Jahren<br />
mehr als vervierfacht. Gründe<br />
für den zunehmenden<br />
Treibstoffverbrauch sind die<br />
steigende Transportleistung<br />
<strong>im</strong> Güterverkehr, die um ein<br />
Drittel gewachsene Pkw-<br />
Flotte, der Tanktourismus<br />
sowie die gestiegene Fahrleistung<br />
pro Kopf.<br />
Kraftstoffeins<strong>at</strong>z <strong>im</strong> Verkehrssektor 2010*<br />
Diesel<br />
Gesamt:<br />
340 PJ<br />
Benzin<br />
Biogene<br />
Biodiesel<br />
sonstige<br />
Biogene<br />
flüssig<br />
Bioethanol<br />
72,0 % Diesel<br />
6,6 % Biogener Anteil<br />
4,7 % Biodiesel<br />
(427.900 t) (Be<strong>im</strong>ischung)<br />
1 % sonst. Biogene flüssig<br />
(91.156 t) (Biodiesel pur und<br />
Pflanzenöle)<br />
0,9 % Bioethanol<br />
(106.201 t) (Be<strong>im</strong>ischung)<br />
21,4 % Benzin<br />
Quelle: Umweltbundesamt 2011<br />
*exkl. Gas und elektrische Energie<br />
Seit 2005 müssen fossilen Treibstoffen biogene Treibstoffe beigemischt werden<br />
(EU-Richtlinie 2003/30/EG). Der Eins<strong>at</strong>z von <strong>Biotreibstoffe</strong>n stieg zwischen 2005 und<br />
2010 von 2,3 PJ auf 22,4 PJ und erreichte damit einen energetischen Anteil von 6,6 %.<br />
18,6 PJ Biodiesel, 2,9 PJ Bioethanol und 0,6 PJ Pflanzenöl wurden 2010 in Österreich<br />
eingesetzt. Biodiesel wurde zu 85 % in der gesetzlich vorgegebenen Be<strong>im</strong>ischung zu<br />
fossilem Diesel abgesetzt, 15 % wurden in Reinform oder anderen Mischungsverhältnissen<br />
verwendet. Bioethanol wurde fast ausschließlich als Be<strong>im</strong>ischung zu Benzin,<br />
Pflanzenöl in Reinform genutzt. Die Be<strong>im</strong>ischungsanteile von Biokraftstoffen liegen<br />
aktuell bei 5 % für Benzin und 7 % für Diesel.
Biodiesel – He<strong>im</strong>ische Produktion und Importe<br />
aus dem zentraleuropäischen Raum<br />
13<br />
2010 gab es in Österreich 14 Biodiesel-Produktionsanlagen mit einer jährlichen Produktionskapazität von<br />
rund 650.000 Tonnen. Der Biodieselbedarf infolge der Be<strong>im</strong>ischungsverpflichtung könnte damit aus he<strong>im</strong>ischer<br />
Produktion hinreichend abgedeckt werden. Bei Pflanzenölen für die Biodieselproduktion ist Österreich jedoch auf<br />
Rohstoff<strong>im</strong>porte angewiesen. Selbst wenn der Dieselverbrauch spürbar sinkt, wird die notwendige Menge für die<br />
Biodieselbe<strong>im</strong>ischung nicht zur Gänze in Österreich erzeugt werden können. Hier braucht Österreich die Nachbarn <strong>im</strong><br />
EU-Binnenmarkt, speziell <strong>im</strong> mittel- und osteuropäischen Raum (Slowakei,<br />
Ungarn, Tschechien, Rumänien, Bulgarien). Die regionalen Versorgungskonzepte<br />
beschränken sich dabei auf einen Einzugsradius von<br />
rund 800 Kilometern um den Produktionsstandort. Die für den Kauf<br />
der Rohstoffe erforderlichen Mittel fließen nicht wie be<strong>im</strong> Import von<br />
Erdöl in teilweise instabile Sta<strong>at</strong>ssysteme <strong>im</strong> Nahen Osten, sondern<br />
helfen EU-Mitgliedssta<strong>at</strong>en, ihre Wertschöpfung zu steigern und das<br />
Produktionspotenzial in der Landwirtschaft weiterzuentwickeln. In den<br />
genannten Ländern können größere Mengen an Rohstoffen bei kurzen<br />
Transportdistanzen via Bahn und Schiff nachhaltig bereitgestellt werden.<br />
Ein Drittel der zur Biodiesel-Erzeugung erforderlichen Ressourcen<br />
stammt aus Altspeiseöl und Reststoffen. In Österreich werden derzeit<br />
und auch in naher Zukunft aus ökologischen, ökonomischen und<br />
technischen Gründen faktisch keine Rohstoffe aus Übersee, insbesondere<br />
kein Palmöl, zur Produktion von Biodiesel verwendet.
Rohstoffströme für die Treibstoffproduktion<br />
14<br />
KASACHSTAN<br />
IRAK<br />
Einzugsgebiet Biotreibstoffproduktion<br />
Top 3 Rohöllieferanten 2010<br />
Quelle: St<strong>at</strong>istik Austria, Außenhandelsbilanz<br />
LIBYEN
Nahrungsmittelproduktion h<strong>at</strong> Priorität<br />
15<br />
Klares Bekenntnis: Teller > Trog > Tank<br />
In Österreich werden etwa 32 % der Getreideproduktion für die Nahrungsmittelproduktion, 47 % für die Futtermittelproduktion<br />
und 8,5 % für die Energieproduktion eingesetzt – in Europa nur 3 % zur Energiegewinnung. Bei<br />
der Produktion von Bioethanol und Biodiesel werden zudem Eiweißfuttermittel erzeugt, die <strong>im</strong> Inland 6.000 Hektar<br />
Futtergetreide und 59.000 Hektar Anbauflächen – mit zum Teil genverändertem<br />
– Soja in Südamerika ersetzen und damit die Importabhängigkeit<br />
auf diesem Sektor verringern. Im Jahr 2010 wurden – die<br />
Flächeneinsparung durch diese Effekte abgezogen – nur etwa 1,5 % der<br />
Ackerfläche für <strong>Biotreibstoffe</strong> genutzt. Die Nahrungsmittelproduktion<br />
h<strong>at</strong> und h<strong>at</strong>te in Österreich <strong>im</strong>mer die oberste Priorität in der Landwirtschaft.<br />
Zudem wird die Wertschöpfung aus der Produktion qualit<strong>at</strong>iv<br />
hochwertiger Nahrungsmittel bzw. deren Ausgangsstoffen langfristig<br />
<strong>im</strong>mer höher sein als jene aus der Energieerzeugung. Jedoch sind nicht<br />
alle Flächen für diese Art der Produktion geeignet.<br />
Wussten Sie, dass ...?<br />
… weltweit bis zu einer Milliarde Menschen an Unterernährung, gleichzeitig<br />
aber mehr als 1,5 Milliarden Menschen an Übergewicht, dem laut WHO wichtigsten<br />
Gesundheitsproblem (Diabetes II etc.) der westlichen Welt, leiden?
Verwendung der österreichischen Ackerfläche 2010<br />
16<br />
Futtermittel<br />
Lebensmittel<br />
Ölfrüchte<br />
Ackerfläche<br />
insgesamt:<br />
1.363.769 ha<br />
1,5 % Nettofläche-<strong>Biotreibstoffe</strong> (20.000 ha)<br />
4,8 % Substitutionseffekte-Biotreibstoffproduktion (65.000 ha)<br />
47,2 % Futtermittel (644.000 ha)<br />
31,7 % Lebensmittel (432.000 ha)<br />
8,9 % Ölfrüchte (121.000 ha)<br />
0,9 % Sonstiges (9.000 ha)<br />
3,1 % Brachflächen (42.000 ha)<br />
2,2 % Sonstige Bioenergie (30.000 ha):<br />
Biogas, Miscanthus, Kurzumtrieb<br />
Quelle: BMLFUW, Grüner Bericht 2011<br />
Fläche <strong>Biotreibstoffe</strong>:<br />
Getreide: 60.000 ha<br />
Raps: 25.000 ha<br />
Brutto: 85.000 ha (6,3 %)<br />
Flächensubstitution:<br />
Futter: Minus 65.000 ha<br />
Netto: 20.000 ha (1,5 %)<br />
Flächensubstitution<br />
durch Nebenprodukte:<br />
Futtergetreide in Österreich:<br />
6.000 ha<br />
Soja in Südamerika:<br />
59.000 ha<br />
Zusammen:<br />
65.000 ha<br />
Wussten Sie, dass ...?<br />
... ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel entsorgt wird? Laut UNO<br />
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganis<strong>at</strong>ion (FAO) sind das jährlich 1,3 Milliarden<br />
Tonnen Nahrungsmittel. Das ist mehr als die Hälfte der weltweiten Getreideernte.<br />
In Österreich wandern jährlich verpackte und unverbrauchte Lebensmittel mit<br />
einem Flächenäquivalent von 50.000 Hektar Weizen in den Müll. Insgesamt landen<br />
pro Tag etwa 30 Tonnen Lebensmittel <strong>im</strong> Abfalle<strong>im</strong>er. In Wien wird dieselbe Menge<br />
Brot weggeworfen, die in Graz verbraucht wird.
Höhere Ethanolbe<strong>im</strong>ischung erfordert keine<br />
zusätzlichen landwirtschaftlichen Flächen<br />
17<br />
Bereits jetzt wird in Österreich die Menge an Ethanol produziert, die für eine höhere Be<strong>im</strong>ischung von z. B. 10 %<br />
Ethanol zu Benzin erforderlich wäre. Mit einer Jahresproduktionskapazität von 240.000 m 3 (~190.000 Tonnen) Bioethanol<br />
kann die gesamte he<strong>im</strong>ische Nachfrage nach Bioethanol aus der Produktion in Pischelsdorf/NÖ bedient<br />
werden. Die derzeit nicht am österreichischen Markt absetzbaren Überschussmengen werden in benachbarte EU-Mitgliedssta<strong>at</strong>en<br />
exportiert, mit dem neg<strong>at</strong>iven Effekt, dass die CO2-Einsparungspotenziale <strong>im</strong> Verkehrssektor ans Ausland<br />
verschenkt werden. Die Einführung einer Kraftstoffsorte mit 10 % Ethanol in Österreich erfordert daher keine zusätzlichen<br />
Produktionsflächen in der Landwirtschaft. Als Rohstoffe dienen vorwiegend strukturelle Weizen- und Maisüberschüsse<br />
aus dem mittel- und osteuropäischen Raum sowie Getreidequalitäten, die für die Nahrungsmittelproduktion<br />
weniger gut geeignet sind. Betrachtet man den Außenhandel mit Getreide für das Jahr 2010, wird ersichtlich, dass<br />
Biokraftstoffproduktion in Österreich 2004 bis 2011<br />
Tausend Tonnen<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Biodiesel -<br />
Produktionskapazität<br />
Biodiesel -<br />
produziert<br />
Bioethanol -<br />
Produktionskapazität<br />
Bioethanol -<br />
produziert<br />
Quelle: Umweltbundesamt,<br />
Arge Biokraft<br />
Österreich trotz der Bioethanol-Produktion und gesteigerten<br />
stofflichen Verwertung von Getreide wertmäßig ein Netto-Exporteur<br />
von Getreide ist. Importen in Höhe von 263,7 Millionen<br />
Euro standen Exporte von 269,1 Millionen Euro gegenüber<br />
und ergaben einen Exportüberschuss von 5,4 Millionen Euro.<br />
Grundsätzlich werden schlechtere Qualitäten für die energetische<br />
und stoffliche Verwertung <strong>im</strong>portiert (Generierung he<strong>im</strong>ischer<br />
Wertschöpfung durch Verarbeitung zu hochwertigen<br />
Produkten – Bioethanol, Futtermittel, Zitronensäure etc.) und<br />
sehr gute Qualitäten, wie etwa Hartweizen für die Nudelproduktion<br />
in Italien, exportiert.
Wertschöpfung durch regionale Getreideverwertung<br />
18<br />
Österreich ist bei Premium- und Qualitätsgetreide nach<br />
wie vor Nettoexporteur, wohingegen bei anderen Qualitäten in<br />
jüngerer Vergangenheit die Importe ausgedehnt wurden. Insgesamt<br />
herrscht <strong>im</strong> mitteleuropäischen Raum ein struktureller<br />
Getreideüberschuss vor. Jahrelang wurde Getreide, das in der<br />
EU nicht am Markt abgesetzt werden konnte, von öffentlichen<br />
Stellen aufgekauft. Jährlich wurden so 16 bis 22 Mio. Tonnen,<br />
vorwiegend zu marktstabilisierenden Zwecken, aus dem Markt<br />
genommen. Durch die Abschaffung dieser Regelung muss diese<br />
Menge entweder unter hoher Kostenbelastung auf Märkten<br />
mit Überangebot abgesetzt oder einer altern<strong>at</strong>iven regionalen<br />
Verwertung zugeführt werden. Aufgrund logistischer Einschränkungen<br />
und entsprechender Transportkostenbelastung können<br />
diese Mengen nicht oder nur in geringem Ausmaß in Bedarfsregionen<br />
gebracht werden. Durch die Steigerung der stofflichen<br />
Verwertung von strukturellem Überschussgetreide in Mitteleuropa<br />
(Import von niederwertigem Getreide zur Veredelung<br />
in Zitronensäure, Stärke, Futtermittel, Bioethanol etc.) konnte<br />
eine sinnvolle Verwertung und deutliche Entlastung in der von<br />
großem Marktdruck geprägten Region erreicht werden.<br />
Produktion und Verbrauch von Getreide<br />
in Österreich und Zentraleuropa 2011/2012<br />
Netto<strong>im</strong>portland: Österreich<br />
in tausend t<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0<br />
Weizen Gerste Mais<br />
Weizen:<br />
1.676 Produktion<br />
1.365 Verbrauch<br />
Gerste:<br />
842 Produktion<br />
864 Verbrauch<br />
Mais:<br />
2.179 Produktion<br />
2.466 Verbrauch<br />
Nettoexportregion: Österreich, Slowakei, Tschechien, Ungarn<br />
in tausend t<br />
14<br />
Weizen:<br />
12<br />
11.079 Produktion<br />
8.281 Verbrauch<br />
10<br />
8<br />
Gerste:<br />
3.879 Produktion<br />
6<br />
3.564 Verbrauch<br />
4<br />
Mais:<br />
2<br />
13.042 Produktion<br />
0<br />
7.315 Verbrauch<br />
Weizen Gerste Mais<br />
Quelle: AMA
<strong>Biotreibstoffe</strong> taugen nicht als Sündenbock<br />
für die Preissteigerung bei Lebensmitteln<br />
19<br />
Zu den größten PreistreiberN bei Lebensmitteln<br />
zählen n<strong>at</strong>ürliche Produktionsschwankungen durch extreme<br />
Witterungsereignisse (Dürren, Überschwemmungen) bedingt<br />
durch den zunehmenden Kl<strong>im</strong>awandel, die Spekul<strong>at</strong>ionen<br />
mit Agrarrohstoffen bzw. Nahrungsmitteln <strong>im</strong> großen Stil<br />
und n<strong>at</strong>ürlich die Steigerung des Rohölpreises.<br />
Wussten Sie, dass ...?<br />
... in Österreich <strong>im</strong> Jahr 2009 12,1 % der Haushaltsausgaben<br />
auf Lebensmittel und antialkoholische<br />
Getränke entfielen? Im Jahr 1954 lag dieser Anteil bei<br />
44 %. Die Ausgaben für Lebensmittel sinken <strong>im</strong> langjährigen<br />
Vergleich kontinuierlich.<br />
In der EU lag die Bandbreite der jährlichen Getreideernte in<br />
den vergangenen Jahren zwischen 250 und 320 Millionen<br />
Tonnen. Die großteils witterungsbedingten Schwankungen<br />
liegen <strong>im</strong> Bereich von 60 Millionen Tonnen. Im Vergleich<br />
dazu wurden 2010 in der EU nur etwa 9 Millionen Tonnen<br />
der Getreideernte energetisch verwertet. Auch der Ölpreis<br />
schlägt auf die Lebensmittelpreise durch. Steigt er, wachsen<br />
auch die Kosten für Produktion, Transport und Manipul<strong>at</strong>ion/<br />
Lagerung. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang<br />
der oftmals sehr geringe Anteil der Rohstoffkosten am<br />
Endprodukt. Am Beispiel von einem Kilogramm Brot wird<br />
dies deutlich: Von einem Euro, den ein Verbraucher für Brot<br />
bezahlt, erhält ein Landwirt etwa vier bis fünf Cent.
Entwicklung der Lebensmittelpreise:<br />
Steigerungen haben viele Gründe<br />
20<br />
Preisindex 2002 = 1<br />
Lebensmittelpreisindex<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010<br />
1973<br />
Erste Ölkrise,<br />
steigende Preise<br />
für Agrarrohstoffe<br />
und Betriebsmittel,<br />
weltweite<br />
Rezession<br />
1979<br />
Zweite Ölkrise<br />
1970er<br />
Infolge der Ölkrise steigt Mitte der<br />
1970er-Jahre die Verschuldung der Entwicklungsländer,<br />
die ihre Agrargüter zu<br />
Niedrigstpreisen abgeben müssen.<br />
1994<br />
Welthandelsorganis<strong>at</strong>ion<br />
(WTO)<br />
gegründet, schrittweise<br />
Öffnung und<br />
Intensivierung des<br />
Weltagrarhandels<br />
2001<br />
Abwertung<br />
des US-Dollar,<br />
weltweit hohe<br />
Getreidevorräte<br />
2004<br />
Erdölpreis bei<br />
60 US-$/Barrel,<br />
dadurch Anstieg<br />
der Düngemittelpreise<br />
1980er<br />
Weltbank und Weltwährungsfonds fördern massenhafte<br />
Agrarexporte von Entwicklungsländern,<br />
Preisverfall durch Überproduktion und Exportsubventionen<br />
von EG und USA.<br />
2007<br />
Nach US-Immobilienkrise<br />
drängen<br />
Spekulanten<br />
auf Agrarmärkte,<br />
Ernteausfälle<br />
durch Dürren in<br />
Hauptanbauländern<br />
2008<br />
Erdölpreis bei<br />
100 US-$/Barrel,<br />
steigende Nachfrage<br />
nach Futtermitteln<br />
und Getreide<br />
in Schwellenländern<br />
2009<br />
Weltfinanzkrise,<br />
Zusammenbruch<br />
aller Rohstoffpreise,<br />
Überangebot<br />
durch erneute<br />
Rekordernte bei<br />
Getreide<br />
Quelle: IATRC 2009, Weltwährungsfonds, Agentur für Erneuerbare Energien e.V.
Franz Josefs-Kai 13, 1010 Wien<br />
Telefon +43 1 533 07 97<br />
Fax +43 1 533 09 97-90<br />
E-Mail: office@biomasseverband.<strong>at</strong><br />
www.biomasseverband.<strong>at</strong><br />
Mit<br />
Unterstützung<br />
des<br />
lebensministerium.<strong>at</strong><br />
21<br />
Quellenangaben: St<strong>at</strong>istik Austria (2010): Energiebilanzen Österreich 1970–2009; St<strong>at</strong>istik Austria (2010): Bodennutzung in Österreich 2006–2010; St<strong>at</strong>istik Austria (2010): Anbau auf dem<br />
Ackerland 2010; St<strong>at</strong>istik Austria (2011): Konsumentenerhebung 2009/10; FAO (2011): Global Food Losses And Food Waste; ARGE Kompost & Biogas (2011): Presseaussendung, 30. Mai 2011;<br />
ORF (03.01.2008): Am Schaupl<strong>at</strong>z; Spiegel Online (28.12.2010): Bundeswehrstudie warnt vor dram<strong>at</strong>ischer Ölkrise; Wall Street Journal (24.02.2008): As biofuels c<strong>at</strong>ch on, next task is to deal with<br />
environmental, economic <strong>im</strong>pact; Die Presse (17.02.2011): Shell warnt vor dem „Weiter-so“; Umweltbundesamt (2011): Kl<strong>im</strong>aschutzbericht 2011; Umweltbundesamt (2011): Biokraftstoffe <strong>im</strong><br />
Verkehrssektor 2010; ÖBMV (2011): Basisd<strong>at</strong>en Bioenergie 2011; ÖBMV (2009): Peak Oil; Agentur für Erneuerbare Energien e. V. (2010): Der volle Durchblick in Sachen Bioenergie; BMLFUW (2011):<br />
Grüner Bericht 2011; Landwirtschaftskammer Österreich (2010): Brennpunkt <strong>Biotreibstoffe</strong>; Joanneum Research (2009): Treibhausgasemissionen bei der Verwendung von Bioethanol aus der Anlage<br />
in Pischelsdorf, Treibhausgasemissionen bei der Verwendung von Biodiesel aus der Anlage von Münzer Bioindustrie GmbH; BOKU (2010): Melanie Manuela Selzer, Die Entsorgung von Lebensmitteln<br />
in Haushalten: Ursachen – Flüsse – Zusammenhänge; Erwin Wagenhofer (2007): We feed the World, Tagesschau Online (29.11.2011): Weltweit mehr übergewichtige als hungernde Menschen<br />
Originalzit<strong>at</strong>e zur Energieversorgungssitu<strong>at</strong>ion: 1) F<strong>at</strong>ih Birol: Intern<strong>at</strong>ionale Politik 4/2008. Zitiert in www.oecd.org/document/36/0,3343,de_34968570_35008940_40585636_1_1_1_1,00.<br />
html [Zugriff am 27.12.2010]; Originalzit<strong>at</strong>: „Ja, eines Tages wird es definitiv zu Ende sein! Und ich denke, wir sollten das Öl verlassen, bevor das Öl uns verlässt.“ und World Energy Outlook<br />
2010; 2) Günther Öttinger: www.finanznachrichten.de/nachrichten-2010-11/18507103-global-oil-availability-has-peaked-eu-energy-chief-020.htm [Zugriff am 27.12.2010]; Originalzit<strong>at</strong>:„My fear<br />
is th<strong>at</strong> the global consumption of oil is going to increase, but European oil consumption has already reached its peak. The amount of oil available globally, I think, has already peaked“; 3) Christophe<br />
de Margerie: Zitiert in „Total says oil output near peak“ www.ft.com/cms/s/0/d25b8d2c-fb97-11dd-bcad-000077b07658.html#axzz1LUAuClUY [Zugriff am 28.3.2011]; Originalzit<strong>at</strong>:„The world will<br />
never be able to produce more than 89 million barrels a day of oil“<br />
Abbildungen: Seite 7: Österreichische Energie-Außenhandelsbilanz 2003 bis 2010, Quelle: Eigene Darstellung, St<strong>at</strong>istik Austria, Außenhandelsbilanzen 2003 bis 2010; Seite 8: Entwicklung des<br />
Rohölpreises 1970 bis Juli 2011, angegeben sind mon<strong>at</strong>liche Durchschnittswerte, Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung EIA (2011), Quelle der D<strong>at</strong>en: EIA (2011), Index Mundi (2011), angegeben<br />
sind die Preise für die Rohölsorte „Saudi Light“ (1970 bis 1973), ein für die USA repräsent<strong>at</strong>iver Sortenmix (1974 bis 1980) und Brent (ab 1981), Umrechnung auf Basis des Consumer Price Index<br />
(CPI) der USA; Seite 10: Änderungen der Treibhausgas-Emissionen zwischen 1990 und 2010, Quelle: Kl<strong>im</strong>aschutzbericht 2011, Umweltbundesamt; Seite 11: Treibhausgasemissionen <strong>im</strong> Vergleich zu<br />
fossilen Kraftstoffen, Quelle: Joanneum Research Graz 2010; Seite 12: Energetischer Endverbrauch <strong>im</strong> Verkehr 2010, Quelle: Umweltbundesamt 2011; Seite 14: Eigene Darstellung; Quelle: Angaben<br />
Biotreibstoff-Produzenten, Außenhandelsbilanz, St<strong>at</strong>istik Austria; Seite 16: Verwendung der österreichischen Ackerfläche 2010, Quelle: LK Österreich, Grüner Bericht 2011, Werte gerundet, ohne<br />
Im-/Exporte; Seite 17: Biokraftstoffproduktion in Österreich 2003 bis 2011, Quelle Umweltbundesamt, Arge Biokraft; Seite 18: Getreideproduktion und Verbrauch in Österreich und Zentraleuropa<br />
2011/12, Quelle: AgrarMarkt Austria, Pressekonferenz zur Getreideernte 2011; Seite 20: Entwicklung der Lebensmittelpreise weltweit, Darstellung: Agentur für Erneuerbare Energien e. V., D<strong>at</strong>enquelle:<br />
IATRC 2009, IMF Food Index des Weltwährungsfonds, Index: Durchschnitt der Lebensmittelpreise des Jahres 2002 = 1<br />
Impressum: Herausgeber, Eigentümer und Verleger: Österreichischer Biomasse-Verband, Franz Josefs-Kai 13, A-1010 Wien, Redaktion: DI Christoph Pfemeter, DI Alexander Bachler, FA Peter Liptay,<br />
Gestaltung: Wolfgang Krasny, wolfgang.krasny@gmail.com; Online-Broschüre; Die Inhalte dieser Broschüre wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität<br />
der Inhalte können die Autoren jedoch keine Gewähr übernehmen. Zahlenwerte sind teilweise gerundet; Bilder: Archiv Österreichischer Biomasse-Verband, Pitopia, Getty<strong>im</strong>ages, Bioenergie Mureck
Wussten Sie außerdem, dass ...?<br />
22<br />
... um 1900 mehr als ein Drittel der Getreideproduktion für die Bereitstellung von Mobilität, in Form von Futtermittel für Ochsen,<br />
Pferde und Esel, verwendet wurde? Pro Tier konnte man <strong>im</strong> Durchschnitt mit einem Futterflächenbedarf von einem Hektar pro Jahr<br />
rechnen. Auf derselben Fläche kann heute eine Bandbreite von mindestens der einfachen bis zur fünffachen durchschnittlichen Fahrleistung<br />
eines Pkws (~14.800 km/Jahr) erzeugt werden.<br />
... der Transport von Getreide aus Überschussregionen in vom Hunger betroffene Dritte-Welt-Regionen wegen der aufwendigen<br />
Logistik oft den Wert des Rohstoffes übersteigt? Das bedeutet, dass verschenktes Getreide aufgrund der Transportkosten<br />
beispielsweise in Zentralafrika mehr kosten würde als in Europa. Steigende Treibstoffpreise werden dieses Problem zunehmend verschärfen.<br />
... die Deutsche Bundeswehr ihre Regierung in einer Studie zu Peak Oil vor einem Komplettversagen der Märkte, vor schweren<br />
politischen und wirtschaftlichen Krisen sowie einer Verschiebung des weltweiten Machtgleichgewichts und einem Ressourcenkampf<br />
zwischen China und den USA warnt?<br />
... der Mineralölkonzern Shell in einem Bericht auf kommende Versorgungsengpässe mit fossilen Treibstoffen hinweist und<br />
von einer notwendigen „Mäßigung der Nachfrage“ spricht?<br />
... man aufgrund der für Deutschland vorliegenden Fahrzeugliste davon ausgehen kann, dass 90 bis 95 % der bestehenden<br />
benzingetriebenen Fahrzeugflotte E10-tauglich sind? Für die restlichen Fahrzeuge müssen aufgrund einer EU-Vorschrift weiterhin<br />
herkömmliche Treibstoffsorten mit einem geringeren Ethanol-Anteil (Bestandsschutzsorte) angeboten werden.<br />
... der Vorstandsvorsitzende des drittgrößten europäischen Ölkonzerns Total, Christophe de Margerie, davon ausgeht, dass<br />
es weltweit nicht möglich sein wird, mehr als 89 Millionen Barrel Öl an einem Tag zu produzieren (derzeit sind es etwa 85 Millionen<br />
Barrel). 3<br />
… die finanzielle Begünstigung/Förderung von fossilen Energieträgern weltweit fünfmal höher ist als die Förderung von<br />
biogenen Energieträgern und allein <strong>im</strong> Jahr 2010 um weitere 110 Milliarden Euro (oder 37 %) gesteigert wurde?