Reader zur Tagung - Deutsches Polen Institut
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Dr. Martin Faber (Freiburg i. Br.)<br />
Sarmatismus – die politische Ideologie des polnischen Adels in der frühen Neuzeit<br />
Martin Faber (geb. 1964). Ab 1983 Studium der Theologie und Philosophie in Frankfurt/Main, Rom<br />
und Münster. Ab 1988 Studium der Germanistik, Geschichte, Lateinischen Philologie an der Universität<br />
Freiburg. 1995/1996 Sprachlektor der Robert Bosch Stiftung am <strong>Institut</strong> für Germanistik der Pädagogischen<br />
Hochschule in Rzeszów/<strong>Polen</strong>. 1996-2002 Promotion <strong>zur</strong> frühneuzeitlichen Papstgeschichte<br />
in Freiburg bei Prof. Wolfgang Reinhard. Seit 2002 Arbeit am Habilitationsprojekt Die sarmatische<br />
Ideologie des polnischen Adels. 2004-2006 Forschungsaufenthalt an der Universität Posen.<br />
2007 und 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Freiburg.<br />
Der Begriff »Sarmatismus« wird in <strong>Polen</strong> gelegentlich<br />
auch heute noch in der aktuellen<br />
politischen Auseinandersetzung gebraucht,<br />
als Vorwurf gegen eine Haltung, die sich auf<br />
Werte <strong>zur</strong>ückzieht, die man für traditionell<br />
polnisch hält und sich gegen moderne, zumal<br />
aus dem Ausland kommende Ansichten<br />
abschottet. Der Begriff entstand aber schon<br />
am Ende des 18. Jh. im Kreis aufgeklärter Reformer<br />
als Bezeichnung für die konservative<br />
Mentalität des polnischen Adels, der seine<br />
Herkunft vom antiken Volk der Sarmaten ableitete.<br />
Ein großer Teil der Szlachta hielt die<br />
polnisch-litauische Adelsrepublik für den besten<br />
Staat der Welt und sah jeden Versuch einer<br />
Reform des traditionellen Systems der<br />
Adelsherrschaft als Angriff auf die »polnische<br />
Freiheit« an. Der Sarmatismus ist in <strong>Polen</strong> bislang<br />
relativ wenig untersucht worden. Die<br />
polnische Historiographie <strong>zur</strong> Adelsrepublik<br />
konzentriert sich eher auf die Reformer oder<br />
versucht, die Adelsrepublik als Vorläufer moderner<br />
Demokratie und Bürgergesellschaft zu<br />
interpretieren. Das Projekt will den Sarmatismus<br />
als spezifisch polnische Ausprägung eines<br />
gesamteuropäischen Phänomens in den<br />
Blick nehmen: als Verteidigungsstrategie eines<br />
frühneuzeitlichen Adels, der seine privilegierte<br />
Stellung erhalten will. Dabei war der<br />
polnische Adel sogar lange besonders erfolgreich,<br />
hat dabei allerdings die staatliche<br />
Zentralmacht so geschwächt, dass der Staat<br />
am Ende des 18. Jh. ohne große Schwierigkeiten<br />
von seinen Nachbarn aufgeteilt werden<br />
konnte. Im Rahmen des Projekts soll insbesondere<br />
die sarmatische Ideologie untersucht<br />
werden, also die Argumente, mit denen<br />
der polnische Adel das System seiner politischen<br />
und sozialen Herrschaft gerechtfertigt<br />
und verteidigt hat. Diese Ideologie soll in<br />
ihren Inhalten wie in ihrer Entwicklung vom<br />
16.-18. Jahrhundert rekonstruiert werden.<br />
<br />
Jochen Enders (Wiesbaden)<br />
Kazimierz Łyszczyński (1634-1689)<br />
Eine Rezeptions- und Wirkungsgeschichte von Leben und Werk Kazimierz Łyszczyńskis<br />
vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart<br />
Jochen Enders, Chemielaborant und Osteuropahistoriker, Abiturient des Zweiten Bildungsweges.<br />
Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Mainz, Warschau und Glasgow. Als Postgraduierter<br />
2007 in Lublin (KUL), Forschungsprojekt Das philosophische Werk Andrzej Nowickis.<br />
Prozess und Hinrichtung des Adeligen und<br />
›mutmaßlichen‹ Atheisten Kazimierz Łyszczynski<br />
im Jahre 1689 in Warschau gehörten<br />
zu den herausragenden Ereignissen während<br />
der Regierungszeit Jan III. Sobieskis. Im Laufe<br />
der Jahrhunderte erfuhr das Gedenken an<br />
Łyszczyński einen Wandel. Von einer transnationalen<br />
Erinnerungsfigur innerhalb der<br />
Szlachta, stehend für die ›goldene Freiheit‹,<br />
wandelte sich das Bild Łyszczyńskis hin zu einem<br />
nationalen (polnischen, litauischen oder<br />
weißrussischen) Heroen. Die Vereinnahmung<br />
des Andenkens an Łyszczyński erfolgte hierbei<br />
auch von politischer Seite. Liberale,<br />
Kommunisten und Konservative nutzten das<br />
Andenken seiner im Rahmen ihrer Ideologie.<br />
Künstler nahmen sich der Figur Łyszczyżnskis<br />
an und schufen Gemälde, Skulpturen, Romane<br />
sowie Musikwerke. Die Dissertation ist<br />
epochen- und nationenübergreifend angelegt.<br />
Es gewährt beispielsweise neue Einblicke<br />
in die Ausgestaltung der relgiösen Toleranz in<br />
der Adelsrepublik sowie in die Religionspolitik<br />
›kommunistischer‹ Parteien.<br />
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