Schlösslipost 2009/2010 - Schloessli Ins
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THEMEN Erlebnispädagogik<br />
Erlebnispädagogik THEMEN<br />
Ihnen ganz aus dem Vollen meines<br />
Wesens schöpfen und die Dinge so<br />
hinstellen, wie ich es, wie ich sie als<br />
Wahrheit empfinde.<br />
Und es ist dann ein grosses Echo da,<br />
das mich enthusiasmiert. Wenn ich<br />
bei Ihnen bin und spreche, habe ich<br />
das Gefühl aus der Fülle meiner<br />
«Lebensernte» meines nicht immer<br />
ganz einfachen Lebens Brot statt<br />
Steine verteilen zu können. Und ich<br />
möchte es immer mehr.<br />
Aber … und da ist der Schicksalsknoten.<br />
Sie sagen: «Fahrende Hochschule»<br />
– das ist sehr gut charakterisiert. Das<br />
kann ich aber nur, wenn ich ganz aus<br />
dem bei mir vielleicht extrem ausgebildeten<br />
Willensorganismus lebe und der<br />
hängt natürlich mit meiner zu klein<br />
geratenen Gestalt unmittelbar zusammen<br />
(das ist auch ein anschaubar gewordenes<br />
Mysterium!). Doch das Leben<br />
und Wirken aus dem Willen, dem echten<br />
Willen, zerstört natürlich nach<br />
Steiner extrem auch den physischen<br />
Leib. Denn der Wille lebt aus dem<br />
Feuer und verbrennt alles Physische<br />
(siehe Vincent van Gogh z.B.). Und so<br />
komme ich mir in letzter Zeit einfach<br />
manchmal so vor wie eine Kerze, die<br />
man an beiden Enden angezündet<br />
hat. Das kann natürlich nicht gut<br />
gehen, zu viel vom alchemistischen<br />
Sulphur in sich zu haben. Und so<br />
bin ich gezwungen, wider meine eigene<br />
Natur, mich zu bremsen, es leiser angehen<br />
zu lassen, wenn ich noch etwas<br />
leben will. Denn das möchte ich. Diese<br />
trotz allem schöne Erde mit ihren herrlichen<br />
Freuden auch des Leibes vorschnell<br />
zu verlassen ist eigentlich nicht<br />
meine Absicht. Nur: ich muss lernen,<br />
mich zu beherrschen!<br />
Doch vorerst freuen wir uns auf die<br />
Aussicht, Sie mit den Seminaristen<br />
im Februar 1986 vielleicht in Cunit zu<br />
sehen. Das wäre ganz grossartig, wenn<br />
es klappte! Es ist zu dieser Zeit alles<br />
frei und ich bin bereit, Ihnen schöne<br />
Sachen zu zeigen und Enthusiasmierendes<br />
zu erzählen! Die Atmosphäre<br />
des Hauses ähnelt, aufs Spanische<br />
übertragen, der von <strong>Ins</strong>. Die Besucher<br />
fühlen sich wohl, geborgen, aber auch<br />
nur dann, wenn sie den Zug zur Persönlichkeit<br />
und zum Sozialen haben! …<br />
Lieber Freund Ueli, ich muss schliessen.<br />
Ich danke Ihnen nochmals für<br />
Ihren freundschaftlichen Brief und<br />
schliesse Sie alle, die lieben Freunde<br />
aus dem Schlössli, geistig in meine<br />
Arme, wie es auch meine Frau tut.<br />
Ihr Diether Rudloff<br />
Wir besuchten dann Rudloffs mit<br />
dem Schlössli-Seminar in Spanien.<br />
Er führte uns eindrücklich in die<br />
romanische Kunst Katalaniens, wie er<br />
dies in seinem Buch im Urachhaus-<br />
Verlag dargestellt hatte. Dieses Buch<br />
ist kürzlich mit der finanziellen Hilfe<br />
der Stiftung für Heimpädagogik Schlössli<br />
<strong>Ins</strong> in katalanischer und spanischen<br />
Sprache herausgekommen.<br />
Diether, begleitet von Waldraut, seiner<br />
Frau, reiste z. T. mit Schlössli – Hilfe in<br />
die Schweiz und hielt Vorträge.<br />
Am 22. September 1988 stirbt Waldraut<br />
an Krebs, die ihn als Ehefrau die letzten<br />
14 Jahre in Spanien betreut hatte.<br />
Diether war seit seiner Geburt körperlich<br />
behindert. Er schreibt am 9.November<br />
1988 folgenden Brief an seine Freunde,<br />
wo er seine Troubadour – Liebe zu<br />
seiner Frau wunderbar beschreibt.<br />
Hier kommt zur Freiheit die Liebe, hier<br />
exemplarisch in diesem Brief dargestellt.<br />
Rudolf Steiner zeigt diesen Zusammenhang<br />
in der Philosophie der<br />
Freiheit mit folgendem Zitat:<br />
Leben in der Liebe zum Handeln im<br />
Verständnisse des fremden Wollens<br />
ist die Grundmaxime der freien<br />
Menschen.<br />
«Die höchste Ausdrucksform<br />
des Eros ist die aufopfernde<br />
Liebe, die sich in die Gemeinschaft<br />
mit dem anderen<br />
hineinbegibt, in zweckfreier<br />
Freude und im Dienst am<br />
geliebten Menschen oder an<br />
Gott.»<br />
Leonardo Boff<br />
Liebe Freunde, die Sie sich Waltraud<br />
Anna Rudloff verbunden fühlen!<br />
Es ist bei mir eine solche Fülle von<br />
schriftlichen Zeugnissen der Anteilnahme<br />
am Tode unserer geliebten<br />
Verstorbenen eingegangen, die selbst<br />
mich überrascht hat, der ich doch<br />
um ihre grosse Ausstrahlung wusste.<br />
Fast immer ist von der tiefen Betroffenheit<br />
die Rede, jemanden sterben<br />
sehen zu müssen, der doch so gesund,<br />
jung und heiter schien, von dem man<br />
es also am wenigsten erwartet hätte.<br />
Jedem von Ihnen möchte ich am<br />
liebsten persönlich antworten, aber<br />
die Überfülle Ihrer Teilnahmebriefe<br />
macht es mir unmöglich. So verzeihen<br />
Sie bitte, dass ich die Form dieses<br />
Allgemeinbriefes wähle, in dem ich<br />
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