Geschäftsbericht (pdf, 1.2Mb) - Psychiatrie Baselland PBL
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Defizite eines Menschen ausgerichtet. Unsere Haltung kann anhand von drei Prinzipien geprüft<br />
werden:<br />
1. «Unsere Bewohnerinnen und Bewohner können nichts!» Hier gibt es keinen Spielraum. Kein Bereich<br />
zur Möglichkeit von Selbstbestimmung. Die Menschen mit einer psychischen Behinderung werden<br />
total fremdbestimmt.<br />
2. «Unsere Bewohnerinnen und Bewohner können Manches.» Spielräume sind vorhanden.<br />
Wahlmöglichkeiten existieren. Die Menschen mit einer psychischen Behinderung werden teilweise<br />
in Entscheidungen ihres Lebens und der Institution miteinbezogen.<br />
3. «Unsere Bewohnerinnen und Bewohner können alles.» Die Fragestellung, was man nicht kann, hat<br />
nicht erste Priorität. Hier werden selbstständige und eigenverantwortliche Entscheidungen zum<br />
Normalfall.<br />
Aus der Sicht der Menschen mit einer psychischen Behinderung und somit der Betroffenen bedeuten<br />
Selbstbestimmung und Selbstverantwortlichkeit oft, die verlorenen Fähigkeiten, Macht bzw. den<br />
Einfluss zurückzugewinnen. Professionelle Arbeit kann diese Prozesse nur fördern und unterstützen,<br />
sie jedoch nicht primär bewirken.<br />
Oft führt die Aktivität der Professionellen zur Passivität der Betroffenen. Professionell Tätigen fällt das<br />
Nichthandeln schwerer als das Handeln. Dabei ermöglicht gerade die professionelle Zurückhaltung,<br />
dass Menschen mit einer psychischen Behinderung ihre Fähigkeiten entdecken und nutzen lernen.<br />
Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie erledigt, was sie selbst tun könnten.<br />
Empowerment-Prozesse lassen sich nicht planen, erst recht nicht von professioneller Seite. Sie verlaufen<br />
weder gradlinig, noch sind sie Erfolgsgeschichten. Ein gangbarer Weg braucht viel Zeit. Gerade bei<br />
schwer beeinträchtigten Menschen vollzieht sich Veränderung in einer anderen Geschwindigkeit als<br />
im Leben der professionell Tätigen. «Professionelle Fertigprodukte» (Keupp 1993) beinhalten immer<br />
die Gefahr, dass sie den Menschen mit einer psychischen Behinderung überfordern und ihn gleichzeitig<br />
daran hindern, die eigenen Ressourcen zu mobilisieren.<br />
Gerade die Bemühungen des Qualitätsmanagements können dazu führen, dass die Eigenzeitlichkeit<br />
(Knuf 2001) der Menschen mit einer psychischen Behinderung und ihre Fähigkeiten zur individuellen<br />
Problemlösung den strukturierten und zeitlich «vorgegebenen» Förderplanungen geopfert werden.<br />
Oft stehen die Professionellen in psychiatrischen Einrichtungen unter Erfolgsdruck. Sie sollen<br />
positive Veränderungen vorweisen, andernfalls wird ihre Arbeit als nicht erfolgreich betrachtet.<br />
Dieser Leistungsdruck und die damit verbundene Ungeduld verhindern Empowerment-Prozesse.<br />
Professionell Tätige lassen sich dann schnell dazu verleiten, positive Veränderungen gemäss eigener<br />
Vorstellung zu planen. Notwendig ist vielmehr grosser Respekt vor der eigenen Zeit der Menschen<br />
mit psychischer Behinderung. Das heisst, dass auf zu sehr strukturierte Förderplanungen und zu eng<br />
gefasste Zeithorizonte zu verzichten ist.<br />
Erika Hüsler, Heimleiterin Wohnheim Wägwiiser