Ein Magazin über Uhren und Schmuck - Nansen & Piccard
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aute 1971 seine erste Minifarm, die kurz darauf von einem<br />
Tsunami weggespült wurde. Auch der zweite Versuch<br />
scheiterte. Branellec, inzwischen mit einer Vietnamesin namens<br />
Anne-Marie verheiratet <strong>und</strong> Vater, brach zu einer<br />
zweijährigen Weltumsegelung auf. Je entlegener die Ziele,<br />
desto besser.<br />
Die Jacht segelte zu den Kanaren, den Galapagos-Inseln,<br />
nach Fidschi <strong>und</strong> Französisch-Polynesien, die Familie <strong>über</strong>lebte<br />
mehrere Tropenstürme. 1979 schließlich Ankunft auf<br />
Palawan. Mit dem reichen Unternehmersohn Manuel<br />
Cojuangco ging er vor dessen Privatinseln tauchen. Branellec<br />
entdeckte das ideale Ökosystem, um Perlen zu züchten:<br />
kristallklares Wasser, eine leichte Strömung <strong>und</strong> viel Plankton.<br />
Nur die Austern fehlten. Branellec <strong>und</strong> sein neuer<br />
Geschäftspartner fanden sie im Süden der Philippinen <strong>und</strong><br />
flogen sie mit einer alten Propellermaschine ein.<br />
Dann begann der schwierige Teil. Zehn Jahre brauchte<br />
Branellec, um eine Methode zur Massenzüchtung der Pinctada<br />
maxima zu entwickeln. Weitere zehn, bis seine Perlen<br />
ihr einzigartiges Markenzeichen entwickelten: die goldene<br />
Farbe. Nach 20 Jahren Zuchtforschung ist Jewelmer die einzige<br />
Firma auf der Welt, die es schafft, goldene Perlen in Serie<br />
herzustellen. 1999 reiste Branellec mit seiner ersten Ernte auf<br />
eine Messe in Monaco. Er präsentierte die goldenen Riesenperlen<br />
der versammelten High Society – sein Durchbruch.<br />
Heute lebt Branellec die meiste Zeit in Manila. Als<br />
zweimal geschiedener »Singlegroßvater«, wie er<br />
sagt. Branellec hat acht Kinder von sechs Frauen,<br />
dazu sieben Enkel. Zu seiner Südseefarm gehören acht<br />
Privatinseln, drei Helikopter, 140 Boote. Sein Unternehmen<br />
beschäftigt vier Piloten, 50 Biologen, 30 Perlenchirurgen,<br />
200 Taucher – <strong>und</strong> 100 Sicherheitsleute. Fast wirkt es, als<br />
habe der Franzose hier ein Mini-Imperium errichtet: Von<br />
Wasser- <strong>und</strong> Stromleitungen, Laboren <strong>und</strong> Arbeiterwohnheimen<br />
bis zu Helikopterlandeplätzen <strong>und</strong> Booten lässt er<br />
alles selbst bauen. Die philippinische Regierung, von der er<br />
das Meer gepachtet hat, hat dem Unternehmen die Küstenautorität<br />
<strong>über</strong>lassen. Das Inselarchipel ist ein Hochsicherheitstrakt<br />
<strong>und</strong> nur von zwei Seiten zu erreichen, jede von<br />
bewaffneten Küstenpatrouillen bewacht. Würde Branellec<br />
hier heimlich eine Unterwasserraketenbasis betreiben,<br />
niemand würde es merken.<br />
Der Sicherheitsaufwand soll vor Piraten <strong>und</strong> Dynamitfischern<br />
schützen. Die meisten <strong>Ein</strong>heimischen auf den<br />
Nachbarinseln leben ohne Strom <strong>und</strong> Wasser. Um <strong>über</strong>haupt<br />
ein <strong>Ein</strong>kommen zu verdienen, werfen viele Sprengsätze<br />
ins Meer, um mehr Fische auf einmal zu töten, andere<br />
holzen illegal den Regenwald ab. Ist es da nicht obszön,<br />
Perlen zu produzieren, die mehrere Tausend Euro kosten?<br />
Am Horizont hat sich der Himmel violett gefärbt, Branellec<br />
steht mit einem Mai Tai am Strand. »Nein, wieso?«, antwortet<br />
er. »Wir geben den Menschen Arbeit, wir zerstören<br />
nicht die Natur. Im Gegenteil, wir geben ihr etwas zurück.«<br />
Die Austern locken Fische, Korallen <strong>und</strong> Mikroorganismen<br />
an, seit es die Farm gebe, sei die Artenvielfalt gestiegen.<br />
Die Natur, der er sein Produkt verdankt, macht ihm wiederum<br />
das Leben schwer: Bereits sechsmal vernichteten<br />
schwere Taifune <strong>und</strong> Tsunamis die Farm, sechsmal musste<br />
alles neu aufgebaut werden. Branellec zeigt auf eine Mauer,<br />
die die Strandhütten vor den Gezeiten schützen soll. Als er<br />
sie baute, war sie drei Meter hoch, jetzt ist sie nahezu vollständig<br />
im Sand versunken. Der Meeresspiegel steigt.<br />
»Die Erderwärmung erleben wir täglich vor der Haustür.«<br />
Branellec blickt in die Ferne. In spätestens fünf Jahren wird<br />
sich das Meer die Farm ein weiteres Mal nehmen, schätzt<br />
er. Die Häuser müssen dann abgerissen <strong>und</strong> einige Meter<br />
höher wieder errichtet werden.<br />
Branellecs Inselreich ist ein Hochsicherheitstrakt.<br />
Würde er<br />
eine Raketenbasis betreiben –<br />
niemand würde es merken<br />
Wenn man so will, hat Branellec ein knappes Zeitfenster<br />
genutzt. Die Technik ist weit genug für die industrielle<br />
Perlenzucht, das Meer noch nicht so verseucht, um sie unmöglich<br />
zu machen. Und in zehn Jahren? Branellec zuckt<br />
mit den Schultern. Seine Perlen, glaubt er, wird es einst nur<br />
noch im Museum geben.<br />
Es ist inzwischen Nacht, die Mitarbeiter der Farm haben<br />
am Strand Scheinwerfer <strong>und</strong> Musikboxen aufgebaut. Carl,<br />
der Tauchlehrer, legt Gangnam Style auf. Der Vollmond scheint<br />
auf Branellecs Glatze, er trägt jetzt ein rosa Hippiehemd <strong>und</strong><br />
sitzt in einem massiven Schaukelstuhl aus Holz. <strong>Ein</strong> bisschen<br />
sieht er aus wie ein Stammeshäuptling. Dann mischt er sich<br />
unter seine Leute <strong>und</strong> tanzt. Bis die Flut kommt.<br />
<br />
Xifan Yang schätzte Austern bislang nur als Nahrungsmittel. Jetzt kann sie<br />
sich auch vorstellen, Perlen zu tragen. Aber nur die der Pinctada margaritifera –<br />
in ihrer Lieblingsfarbe Schwarz.<br />
Das Leben ist eine<br />
Beachparty: Branellecs<br />
Definition eines<br />
Feierabends, natürlich<br />
am Privatstrand.<br />
©T&CO. 2013<br />
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