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Vergleich der subjektiven Einschätzung des kardiovaskulären ...

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sundheit und Krankheitsvorsorge einzelner, beson<strong>der</strong>s benachteiligter<br />

Gruppen einzugehen. Beson<strong>der</strong>s die „Unterschätzer“ ihrer<br />

Risiken, die vier- bis fünfmal so häufig in den Mittel- und Unterschichten<br />

als in <strong>der</strong> Oberschicht zu finden sind, könnten von<br />

gezielteren hausärztlichen Beratungen, die an den Ressourcen<br />

<strong>der</strong> Menschen mit erhöhten Risiken ansetzen und ihre gesundheitsbezogenen<br />

Kompetenzen för<strong>der</strong>n, profitieren.<br />

ed and un<strong>der</strong>estimated risks should be focused and their<br />

health-related competences should be promoted in the GPs consultation.<br />

Schlüsselwörter<br />

Risikoeinschätzung · Risikokommunikation · Gesundheitsberatung<br />

· Sozialepidemiologie<br />

Key words<br />

Risk assessment · risk communication · health promotion ·<br />

socio-economic status<br />

Originalarbeit<br />

436<br />

Einleitung<br />

Weltweit gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten<br />

To<strong>des</strong>ursachen. Sie sind in westlichen Län<strong>der</strong>n für 45 % und<br />

in Entwicklungslän<strong>der</strong>n für 24,5% <strong>der</strong> Gesamtmortalität verantwortlich.<br />

Seit 1975 sind die Mortalitätsraten für kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen in den meisten Län<strong>der</strong>n um 24–28% gesunken.<br />

Etwa 45 % dieser Reduktion sind <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Therapien<br />

für KHK zuzuschreiben, die restlichen 55 % werden einer Reduktion<br />

<strong>der</strong> Risikofaktoren, vor allem dem Rückgang <strong>des</strong> Rauchens<br />

und <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Hypertonie, zugeschrieben [1].<br />

Kardiovaskuläre Erkrankungen nehmen in <strong>der</strong> Hausarztpraxis<br />

großen Raum ein. Neben den zahlreichen Betroffenen glauben<br />

viele Patienten, in Zukunft davon betroffen sein zu können o<strong>der</strong><br />

aber sie unterschätzen ihr Erkrankungsrisiko. Gesundheitspsychologische<br />

Studien haben gezeigt, dass es sowohl zur Unterschätzung<br />

<strong>des</strong> eigenen Risikos als auch zur Überschätzung kommen<br />

kann. Nach einer Studie von Kreuter und Stretcher 1995 [2]<br />

unterschätzten 46 % <strong>der</strong> Befragten ihr Schlaganfall-Risiko, während<br />

lediglich 19 % ihr Risiko überschätzten, wobei diese stärker<br />

für Präventionsmaßnahmen ansprechbar waren. Erst das Erleben<br />

persönlicher Betroffenheit führe zudem zu einem intensiveren<br />

präventionsorientierten Handeln [3].<br />

Risikokommunikationsforschung ist in den 80er-Jahren im Zusammenhang<br />

mit Akzeptanzproblemen bei Großtechnologien<br />

(z.B. Kernenergie, Müllverbrennung, Mobilfunk) entstanden. Experten<br />

gehen zumeist von einem quantifizerbarem Risiko aus,<br />

dem Produkt aus möglicher Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit.<br />

Laien hingegen berücksichtigen bei ihrer Einschätzung<br />

oft nicht objektiv messbare qualitative Faktoren (Kontext,<br />

sozio-kulturelle, moralische Aspekte, Bekanntheit, Schrecklichkeit).<br />

Für die klinische Forschung sind das Erkrankungs- und<br />

Sterberisiko (Inzidenz- und Mortalitätsrisiko) an definierten Erkrankungen<br />

von Interesse [4]. Eine Risikoanalyse ist <strong>der</strong> Versuch,<br />

mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden die Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />

von konkreten Schadensfällen o<strong>der</strong> die Wahrscheinlichkeitsfunktion<br />

von Schadensereignissen so realitätsgetreu<br />

wie möglich zu ermitteln.<br />

Mit Risikowahrnehmung wird die Einschätzung einer Risikosituation<br />

aufgrund intuitiver Beurteilung, persönlicher Erfahrung<br />

und aufgenommener Informationen (z.B. durch Medien)<br />

bezeichnet. Im Zuge <strong>der</strong> Verfügbarkeit von Risikoalgorithmen<br />

können subjektive Risikosichten in Form von Patienteneinschätzungen<br />

mit berechneten Morbiditätswahrscheinlichkeiten kontrastiert<br />

werden. Als wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche<br />

Risikokommunikation werden die Schaffung von Vertrauen und<br />

Glaubwürdigkeit, Information und Wissensvermittlung und eine<br />

wechselseitige Kommunikation angesehen. Hausärzte sind in<br />

<strong>der</strong> Regel die ersten Experten, die bei Fragen zur Gesundheit aufgesucht<br />

und um Rat gefragt werden. In diesem Kontext nehmen<br />

sie die Rolle <strong>des</strong> Risikoabschätzers und Risikokommunikators in<br />

<strong>der</strong> Beratung von Patienten ein. Risikowahrnehmungen von Patienten<br />

und ihren Ärzten müssen dabei keineswegs kongruent<br />

sein, da diese auf unterschiedlichen Erfahrungen, Wissen und<br />

Verhaltensmustern beruhen.<br />

Eine grundlegende Fragestellung dieser Untersuchung war, inwieweit<br />

die Patienten ihr Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung<br />

(Herzinfarkt o<strong>der</strong> Schlaganfall) zu erkranken, selbst<br />

realistisch einschätzen konnten. Diese Ergebnisse wurden in Beziehung<br />

gesetzt zu ihrem tatsächlich vorhandenen, aufgrund ihrer<br />

individuellen Risikofaktoren berechnetem Risiko. Die vorliegende<br />

Untersuchung hat das Ziel, Zusammenhänge zwischen<br />

den Einschätzungen <strong>der</strong> Erkrankungsrisiken in Abhängigkeit<br />

von sozialepidemiologischen Faktoren (sozio-ökonomische Variablen<br />

und Schichtzugehörigkeit) und dem individuellen Wissen<br />

<strong>der</strong> Patienten über Risiken nachzuweisen, um Grundlagen<br />

für geeignete Beratungsstrategien zu identifizieren.<br />

Methoden<br />

Beschreibung <strong>der</strong> Studie<br />

Die Erhebung <strong>der</strong> Daten dieser Querschnittstudie erfolgte im<br />

Zeitraum von Juni 2004 bis September 2005. Auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

von Befragungen von Hausärzten und <strong>der</strong>en Patienten lagen<br />

675 Datensätze vor, von denen 557 Patienten aus Berlin und<br />

118 Patienten aus Sachsen-Anhalt teilnahmen. Jede beteiligte<br />

Arztpraxis hatte min<strong>des</strong>tens sieben und maximal 20 Patienten<br />

für die Untersuchung rekrutiert. Einschätzungen <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeiten<br />

<strong>des</strong> zukünftigen Eintretens von Schlaganfall<br />

und Herzinfarkt wurden von den Patienten und ihren behandelnden<br />

Hausärzten unabhängig voneinan<strong>der</strong> zum selben Zeitpunkt<br />

durchgeführt.<br />

Einschlusskriterien für die teilnehmenden Patienten waren neben<br />

dem Alter von 40–75 Jahren das Vorliegen von min<strong>des</strong>tens<br />

einem von 7 definierten Risikofaktoren für Schlaganfall/Herzinfarkt:<br />

Lorenz H-J et al. <strong>Vergleich</strong> <strong>der</strong> <strong>subjektiven</strong>… Z Allg Med 2006; 82: 435 – 440

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