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EUR - Deutsch-Polnische Gesellschaft Berlin

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Welche größte Schwierigkeit gemeistert?<br />

Schwierigkeiten gab es keine, die nicht gelöst werden konnten.<br />

Da bin und bleibe ich stets Optimist. Übrigens habe ich<br />

das Glück, in <strong>Deutsch</strong>land wie in Polen großartige Partner zu<br />

haben.<br />

Schon mal in ein deutsch-polnisches Fettnäpfchen getreten?<br />

Nein, soweit ist weiß, nicht. Vielleicht liegt es auch ein wenig<br />

an meiner prinzipiellen Zurückhaltung.<br />

Was lieben Sie am meisten an Polen?<br />

Seine Menschen mit ihrer immer wieder neuen Sichten auf die<br />

Geschichte und Kultur ihres Landes. Die Begeisterung für das<br />

„Gemeinsame Kulturerbe“ von Polen und <strong>Deutsch</strong>e. Es war<br />

beeindruckend zu sehen, wie junge Menschen mit Liebe,<br />

Kenntnis und Engagement während eines Sommerkurses der<br />

Universität Breslau von „ihrem“ Land und „ihrer“ Stadt sprachen,<br />

die sie auch mit ihrer „deutschen“ Geschichte wahrnahmen.<br />

Was können <strong>Deutsch</strong>e von Polen lernen?<br />

Den ernsthaften und mutigen Rückgriff auf die Geschichte,<br />

mit der sie die Diskussion um europäische Werte bereichern<br />

können. Der lange Kampf für die Freiheit eines zerteilten<br />

Landes und die Kraft ihrer Solidarität, sich dem Druck nicht<br />

zu beugen, dies nötigt mir höchste Achtung ab. Alles spiegelt<br />

sich im Schicksal von Menschen! Das wird einem gerade in<br />

Polen deutlich.<br />

<strong>Polnische</strong> Spuren in <strong>Berlin</strong><br />

Der Polenprozess von 1847 –<br />

im „Geschichtspark ehemaliges Zellengefängnis<br />

Moabit“ keine Erinnerung wert?<br />

Wenn man aus dem Nordausgang des neuen Hauptbahnhofs<br />

heraustritt, blickt man auf der anderen Straßenseite auf eine<br />

lange, meterhohe Mauer. Was hinter dieser Mauer in den letzten<br />

Jahren geschah, wurde kaum wahrgenommen, wenn<br />

nicht am Tag des Offenen Denkmals im September interessierte<br />

Bürger das Gelände besichtigt hätten. Seit Anfang<br />

November 2006 ist das Geheimnis gelüftet, der „Geschichtspark<br />

ehemaliges Zellengefängnis Moabit“ wurde eingeweiht<br />

und ist jetzt für die Öffentlichkeit zugänglich. Das drei Hektar<br />

große, ehemalige Gefängnisgelände befindet sich an der<br />

Invalidenstraße/Ecke Minna-Cauer-Straße.<br />

In den Berichten zur Eröffnung des Geschichtsparks wurde<br />

ausführlich über die Historie dieses Ortes geschrieben: Vor<br />

fast 160 Jahren (1842-1849) entstand auf dem Gelände der<br />

–9–<br />

ehemaligen Königlichen Pulvermühle das Zellengefängnis<br />

Moabit. Es wurde als erstes Mustergefängnis für Preußen<br />

nach einem Entwurf des Architekten Carl Ferdinand Busse<br />

gebaut. Nach einer von König Friedrich-Wilhelm IV. eingeleiteten<br />

Gefängnisreform sollten die Gefangenen nicht länger in<br />

Gemeinschaftszellen, sondern in Einzelzellen untergebracht<br />

werden. Das Gefängnis war Aufenthaltsort prominenter<br />

Gefangener: Vom Schuster Wilhelm Voigt, als Hauptmann von<br />

Köpenick bekannt, bis zu den Widerstandskämpfern des 20.<br />

Juli 1944 sowie den Schriftstellern Wolfgang Borchert, Alfred<br />

Haushofer und dem späteren Bischof Hans Lilje. Auch<br />

Juliusz Bursche, der evangelische Landesbischof von Polen,<br />

wurde fast 80-jährig aus dem KZ Sachsenhausen hierher verbracht<br />

und ist Anfang Februar 1942 auf ungeklärte Weise<br />

ums Leben gekommen.<br />

Das Zellengefängnis Moabit war in der Zeit des Nationalsozialismus<br />

das Symbol für politische Unterdrückung, Folter<br />

und Mord geworden, nachdem die Wehrmacht und die<br />

Gestapo mehrere Zellenflügel für ihr verbrecherisches Tun<br />

benutzt hatten. Alfred Haushofer verfasste in der Haft seine<br />

„Moabiter Sonetten“, bevor er in den letzten Kriegstagen mit<br />

anderen Gefangenen in unmittelbarer Nähe zum Gefängnis<br />

erschossen wurde. Kaum zerstört, wurde der Gebäudekomplex<br />

nach dem Krieg von den Alliierten als Haftanstalt<br />

genutzt, ehe er Ende der 50er Jahre abgerissen wurde. Teile<br />

der Gefängnismauer und drei Beamtenwohnhäuser blieben<br />

jedoch stehen. Weitere Bereiche des Gefängnis-Grundstückes<br />

wurden als Kleingärten sowie als Parkplatz genutzt.<br />

Das übrige Gelände diente dem Bezirk Tiergarten bis zu seiner<br />

Umwidmung als Lagerplatz. Nach langen Jahren dieser<br />

provisorischen Nutzung wurde 1990 im Rahmen eines<br />

Bebauungsplanverfahrens die historische Bedeutung des<br />

Geländes und der wenigen erhaltenen Spuren der Gefängnisnutzung<br />

herausgearbeitet und das Gelände für die Planung<br />

eines Geschichtsparks gesichert, bis man 2003 mit den<br />

eigentlichen Gestaltung des Geländes begann.<br />

Was bei der Beschreibung dieses historischen Geländes kaum<br />

erwähnt wird, aber mit zu der Geschichte dieses Ortes gehört,<br />

ist ein Ereignis, das bereits während des Gefängnisbaus im<br />

August 1847 stattfand. Es ging um einen Schauprozess gegen<br />

256 polnische „Separatisten“, unter ihnen auch der 33-jährige<br />

General und Publizist Ludwik Mieros¬awski. Das königliche<br />

Kammergericht war wegen der vielen Angeklagten in die extra<br />

für diesen Zweck umgestaltete Gefängniskirche des neuen<br />

Zellengefängnisses in Moabit umgezogen. Die später als<br />

„Polenprozess“ bekannt gewordene Gerichtsverhandlung<br />

begann am 2. August 1847 in <strong>Berlin</strong> und war der erste öffentliche<br />

politische Prozess der preußischen Geschichte. Den Polen<br />

wurde vorgeworfen, einen Aufstand geplant zu haben, der die<br />

Wiederherstellung des polnischen Staates in den Grenzen von<br />

1772 zum Ziel gehabt habe. Obwohl der Aufstand nicht zum<br />

Ausbruch kam, plädierte der Staatsanwalt nach viermonatiger<br />

Verhandlungsdauer auf Hochverrat. Acht Todesurteile, darunter<br />

gegen Ludwik Mieros¬awski, und 97 Haftstrafen wurden<br />

verhängt. Karol Libelt, polnischer Philosoph und Anführer der<br />

<strong>Polnische</strong>n Liga in <strong>Berlin</strong>, sollte für 20 Jahre hinter Gitter. Die<br />

verkündeten Todes- und Freiheitsstrafen wurden nie vollstreckt<br />

und die ersten Häftlinge des Mustergefängnisses nach<br />

zwei Monaten entlassen.<br />

Den angeklagten Polen schlug aus der Bevölkerung eine<br />

Welle der Sympathie entgegen. Der Kampf um einen unab-

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