11.05.2014 Aufrufe

Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit

Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit

Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Verfassungsmäßigkeit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Gesetzes</strong> <strong>zur</strong> <strong>Regelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Tarifeinheit</strong> 21–23<br />

B. Gutachten<br />

Jede einfachgesetzliche <strong>Regelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Tarifeinheit</strong> ist an höherrangigem<br />

Recht zu messen. Einschlägig und im Zentrum <strong>der</strong> Überlegungen steht die<br />

Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG: Insoweit ist zu fragen: Beeinträchtigen<br />

die vorgeschlagenen Regeln <strong>zur</strong> <strong>Tarifeinheit</strong> die individuelle und/o<strong>der</strong><br />

kollektive Koalitions(betätigungs)freiheit, insbeson<strong>der</strong>e die Tarifautonomie<br />

in verfassungswidriger Weise dadurch,<br />

• daß sie die Tarifverträge <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heitsgewerkschaft im Betrieb nicht<br />

gelten lassen, nur damit Arbeitgeber und Mehrheitsgewerkschaft nicht<br />

in ihrem »Tarifgeschäft« gestört werden;<br />

• daß die Tarifverträge <strong>der</strong> Mehrheitsgewerkschaft eine gesetzliche<br />

Friedenspflicht auch für die Min<strong>der</strong>heitsgewerkschaft auslösen und<br />

dieser damit fremdbestimmend das Recht zum Streik nehmen<br />

• daß die <strong>der</strong> Tatbestand des »Mehrheitstarifvertrages« vom Arbeitgeber<br />

beeinflußt (manipuliert) werden kann und zweitens die Mehrheitsfeststellung<br />

in einem anonymen Beweisverfahren vor dem Notar erfolgt?<br />

21<br />

Daß (potentielle) Min<strong>der</strong>heitsgewerkschaften, wie die Auftraggeber dieses<br />

Gutachtens, ihre Koalitionsrechte gefährdet sehen, liegt auf <strong>der</strong> Hand.<br />

Ergänzend ist – vor allem mit Blick auf den zusätzlichen Rechtsbehelf zum<br />

Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – an die Gewährleistung <strong>der</strong><br />

Koalitionsfreiheit in Art. 11 EMRK zu denken. Die EMRK ist zwar kein<br />

»höherrangiges« unmittelbar geltendes Recht, son<strong>der</strong>n hat nur den Rang<br />

einfachen Bundesrechts.<br />

Art. II Abs. 1 des Ratifikationsgesetzes; BVerfG vom 30.7.1952 – 1 BvF 1/52 –<br />

BVerfGE 1, 396, 411; vom 26.3.1987 – 2 BvR 589/79 – BVerfGE 74, 358, 370 =<br />

NJW 1987, 2427; BVerfG vom 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04 – NJW 2004,<br />

3407, 3408: »Innerhalb <strong>der</strong> deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische<br />

Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle – soweit sie<br />

für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind – im Range <strong>eines</strong><br />

Bundesgesetzes […].«<br />

22<br />

Doch sorgt die völkerrechtliche Verpflichtung dafür, daß die Bundesrepublik<br />

entsprechende Entscheidungen des EGMR ungeachtet <strong>der</strong> Normenhierarchie<br />

umsetzt (dazu Rn 421 ff).<br />

I. Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG<br />

1. Personeller Schutzbereich<br />

Das Grundrecht <strong>der</strong> Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet<br />

in personeller Hinsicht die Freiheit für »je<strong>der</strong>mann« und »alle Berufe«, »<strong>zur</strong><br />

Wahrung und För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen<br />

zu bilden«. Der Schutzbereich umfaßt jedenfalls die koalitionsmäßige<br />

Betätigung natürlicher Personen. Anerkannt ist auch, daß die<br />

23<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!