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Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit

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<strong>Verfassungsmäßigkeit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Gesetzes</strong> <strong>zur</strong> <strong>Regelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Tarifeinheit</strong> 39–43<br />

Eine halbwegs plausible Bestandsgefährdung droht mithin allenfalls kleinen<br />

Berufsgruppengewerkschaften, <strong>der</strong>en Existenz gerade darauf beruht, daß<br />

diese Berufsgruppen in <strong>der</strong> großen Einheitsgewerkschaft mit <strong>der</strong>en Tarifverträgen<br />

unzufrieden gewesen sind. So mag man für die Vereinigung Cockpit<br />

hierüber nachdenken. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist auch das nicht ausgemacht:<br />

Gerade die Vereinigungen <strong>der</strong> »Funktionseliten« – also solcher Schlüsselgruppen,<br />

<strong>der</strong>en Arbeitsleistung für den Arbeitgeber beson<strong>der</strong>s wichtig ist<br />

und die im Arbeitskampf große Schlagkraft entwickeln können auch in<br />

Kooperation mit an<strong>der</strong>en Gewerkschaften ihre Interessen vertreten. So war<br />

Cockpit seit <strong>der</strong> Gründung 1968 in einer Tarifgemeinschaft mit <strong>der</strong> DAG (bis<br />

2000) und brachte ihre tarifpolitischen Vorstellungen dort <strong>zur</strong> Geltung. Als<br />

Koalition war sie trotz fehlen<strong>der</strong> tarifpolitischer Eigenständigkeit existent.<br />

Und so schließt <strong>der</strong> VAA als Führungskräfteverband <strong>der</strong> Chemischen Industrie<br />

mit dem BAVC Tarifverträge in Anlehnung an die Tarifverträge mit <strong>der</strong><br />

IG BCE, und dies lange schon.<br />

Ein weiteres Beispiel: Die heutige Gewerkschaft <strong>der</strong> Flugsicherung (GdF) ist<br />

zwei nicht-tariffähigen Verbänden – dem Verband Deutscher Flugleiter (VDF)<br />

und dem Verband Deutscher Flugsicherungs-Techniker und –Ingenieure (FTI)<br />

hervorgegangen. Die tarifpolitischen Interessen ihrer Mitglie<strong>der</strong> brachten<br />

beide bis 2003 in einem Kooperationsvertrag mit DAG/ver.di <strong>zur</strong> Geltung.<br />

Ihre Existenz hing also nicht von <strong>der</strong> tarifpolitischen Eigenständigkeit ab.<br />

Der Schutzbereich ist insoweit nicht betroffen.<br />

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c. Koalitionszweckautonomie – autonome Organisationszuständigkeit<br />

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet die Koalitionszweckautonomie. Jede (Arbeitnehmer-)Koalition<br />

bestimmt grundsätzlich selbst, für welche »Berufe« iSv<br />

Art. 9 Abs. 3 GG sie sich öffnen will – und welchen Beschäftigtengruppen sie<br />

sich verschließen will. Diese autonome Entscheidung rechnet zum Kernbereich<br />

<strong>der</strong> Koalitionsfreiheit und ist staatlicher Einflußnahme prinzipiell<br />

entzogen.<br />

BVerfG vom 4.7.1995 – 1 BvF 2/86 u.a. – BVerfGE 92, 365 = NZA 1995, 754,<br />

760: »Die Abgrenzung nach Fachbereichen o<strong>der</strong> Branchen entspricht einem<br />

überkommenen Ordnungsprinzip <strong>der</strong> Koalitionen.«; BAG vom 22.11.1988 – 1<br />

ABR 6/87 – NZA 1989, 561; Junker, Die Tarifzuständigkeit als Wirksamkeitserfor<strong>der</strong>nis<br />

des Tarifvertrages, ZfA 2007, 229 ff; ErfK/Dieterich, 10. Auflage<br />

(2010) Art. 9 Rn 68 ff; Heinze, Tarifzuständigkeit von Gewerkschaften und<br />

Arbeitgebern/Arbeitgeberverbänden, DB 1997, 2122; Greiner, Rechtsfragen<br />

<strong>der</strong> Koalitions-, Tarif- und Arbeitskampfpluralität (2010) 90.<br />

Kraft autonomer Zwecksetzung entscheidet die Gewerkschaft selbst, ob sie<br />

als Einheitsgewerkschaft für alle Beschäftigten einer Branche agieren will<br />

o<strong>der</strong> ob sie – wie dies Art. 9 Abs. 3 GG ausdrücklich nennt – berufsbezogen<br />

organisiert sein will. Eine Ärztegewerkschaft wie <strong>der</strong> Marburger Bund kann<br />

42<br />

43<br />

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