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Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit

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<strong>Verfassungsmäßigkeit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Gesetzes</strong> <strong>zur</strong> <strong>Regelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Tarifeinheit</strong> 130–132<br />

III. <strong>Tarifeinheit</strong> als Ausgestaltung kollektiver Handlungsbefugnisse<br />

1. Ausgestaltung versus Eingriff<br />

a. Ausgestaltungsbedürftigkeit<br />

[1] Normgeprägte Grundrechtsausübung<br />

Die Koalitionsfreiheit ist nur im Ansatz ein klassisches Freiheitsrecht, das den<br />

status negativus verteidigt – nämlich soweit es um Gründung und Beitritt<br />

sowie Fernbleiben, Austritt und Auflösung <strong>der</strong> Koalition geht, also das »Ob«<br />

einer Koalitionsbetätigung. Ansonsten bedarf die Koalitionsfreiheit und<br />

insbeson<strong>der</strong>e die kollektive Betätigungsfreiheit einer umfassenden Ausgestaltung<br />

durch die einfache Rechtsordnung. Art. 9 Abs. 3 GG ist als normgeprägtes<br />

Grundrecht prinzipiell ausgestaltungsbedürftig – nicht an<strong>der</strong>s als<br />

die allgemeine Vertragsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG, die Arbeitsvertragsfreiheit<br />

nach Art. 12 Abs. 1 GG o<strong>der</strong> Eigentum und Ehe.<br />

Etwa Dreier/Bauer, GG, 2. Auflage (2004) Art. 9 GG Rn 91 mwN.<br />

Schon mit Blick auf diese Statusrechte hängt die Freiheitsverwirklichung <strong>der</strong><br />

Individuen und Vereinigungen von <strong>der</strong> (allgemeinen) Rechtsordnung ab, die<br />

etwa für den Eintritt einen wirksamen Aufnahmevertrag verlangt und dem<br />

Beitrittswilligen zwar einen Aufnahmeanspruch gegen Gewerkschaften als<br />

Quasi-Monopolverbände zubilligt – <strong>der</strong> gerade die individuelle Koalitionsfreiheit<br />

gegen die kollektive stärkt – aber für dessen rechtsförmige Durchsetzung<br />

womöglich Jahre benötigt. Daß <strong>der</strong> Austritt an (richterrechtlich im<br />

Interesse <strong>der</strong> negativen Koalitionsfreiheit gegenüber § 39 BGB verkürzte)<br />

Höchstfristen gebunden ist und an<strong>der</strong>s als nach § 10 Abs. 2 Satz 3 PartG<br />

nicht je<strong>der</strong>zeit fristlos möglich ist, ist gleichfalls Ausgestaltung. Nichts<br />

an<strong>der</strong>es gilt für die Mindestgründungsmitglie<strong>der</strong>zahl von sieben (§ 56 BGB)<br />

und die (richterrechtlich weithin überwundene) Scheidung von rechtsfähigem<br />

und nichtrechtsfähigem Verein.<br />

Im Mitbestimmungsurteil hat das BVerfG das so formuliert: »Vereinigungsfreiheit<br />

ist … auf <strong>Regelung</strong>en angewiesen, welche die freien Zusammenschlüsse<br />

und ihr Leben in die allgemeine Rechtsordnung einfügen, die<br />

Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleisten, Rechte <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> sichern<br />

und den schutzwürdigen Belangen Dritter o<strong>der</strong> auch öffentlichen Interessen<br />

Rechnung tragen.«<br />

BVerfG vom 1.3.1979 – 1 BvR 532/77 ua – BVerfGE 50, 290, 354 = NJW 1979,<br />

699, 706.<br />

130<br />

131<br />

132<br />

Diese Ausgestaltungsbedürftigkeit besteht hinsichtlich <strong>der</strong> Koalitionsgründungsfreiheit<br />

etwa bei <strong>der</strong> Bereitstellung von Organisationsformen –<br />

also den Rechtsformen des Vereins- und Gesellschaftsrechts – und im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Koalitionsbetätigungsfreiheit im Bezug auf die Ausgestaltung<br />

des Systems <strong>der</strong> Tarifautonomie. Nur wenn <strong>der</strong> Gesetzgeber diese Institute<br />

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